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Seelensplitter

von

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Ägypten VIII: Heba und Atem

Atem wurde durch einen leisen Schrei aufgeweckt und saß sofort senkrecht im Bett. Nach einem Moment der Orientierungslosigkeit stellte er fest, daß er in Hebas Schlafzimmer war und sein Freund in der dritten Nacht in Folge von einem Alpdruck geplagt worden war.
 

„Heba?“ murmelte er leise und tastete nach dessen Hand. „Ich bin hier. Du bist sicher.“ In der Dunkelheit konnte er Hebas blasses Gesicht und schreckgeweitete Augen gerade so ausmachen. Atem legte seine Hand endlich auf Hebas und drückte sie sanft.
 

„A-atem?“ Heba keuchte, als wäre er gerannt. „Du bist da“, murmelte er schließlich erleichtert.
 

„Natürlich. Wo sollte ich sonst sein, mein Kleiner?“ versuchte Atem mit warmen Worten Heba Trost zu spenden. Er rückte näher und zog Hebas klammen Körper vorsichtig an den seinen. Isis hatte Heba zwar für geheilt erklärt, aber Atem hatte trotzdem noch Angst, daß eine falsche Bewegung oder etwas zu viel Druck die Rippe erneut brechen lassen könnte. Sacht streichelte er durch Hebas verschwitzte Haare.
 

„D-du hättest gehen können“, murmelte Heba und schlang seine Arme um Atems Hals.
 

„Nein, Heba. Nur ein Notfall könnte mich aus deinem Bett treiben“, erwiderte der leise. Er konnte noch in seinem Körper spüren wie heftig Hebas Herz schlug.
 

Seitdem Heba Atem vor vier Tagen gestattet hatte, ihm den Hof zu machen, hatten sie jede Nacht gemeinsam in Hebas Bett geschlafen. Dabei hatten sie sich in dieser Zeit noch nicht einmal geküßt. Während Atem in diesen Nächten nicht mehr von seinen Alpträumen geplagt wurde, hatte es bei Heba auf einmal angefangen.
 

Es war zu erwarten gewesen, nach allem, was er durchgemacht hatte, aber es bereitete Atem dennoch Sorgen. Er hatte Heba mit so vielen seiner eigenen Sorgen belastet und kaum daran gedacht, daß der selbst genug Probleme hatte. Das Resultat war, daß sein armer Heba nun auch schlecht träumte. Das schlechte Gewissen quälte Atem, ebenso wie seine Unfähigkeit, etwas daran zu ändern. Er konnte Heba nur nach den Alpträumen trösten, so gut er konnte, aber das war in seinen Augen viel zu wenig.
 

„Darüber bin ich froh“, wisperte Heba. Seine Stimme verriet, wie dankbar er war.
 

„Du fühlst dich kalt an“, murmelte Atem verlegen. „Warte, ich hole dir ein größeres Fell.“ Sanft ließ er Heba los und stieg aus dem Bett.
 

„Es geht schon“, wehrte Heba ab. „Wirklich...“
 

„Ich möchte nicht, daß du auch noch krank wirst.“ Atem öffnete die große Truhe am Bettende und zog ein großes, flauschiges Fell hervor. „Du schwitzt jede Nacht wegen der Träume, strampelst alle Decken und Felle ab und fühlst dich dann an, als hättest du stundenlang in kaltem Wasser gestanden. Du mußt dich danach so gut es geht warmhalten, sonst...“
 

„Schon gut“, gab Heba sich geschlagen. „Du hast ja nicht unrecht, aber... Ich will nicht, daß du dich ständig um mich sorgst. Ich will nicht, daß du denkst, ich bin ein kleines Kind.“ Heba hatte sich aufgesetzt, aber er hielt seinen Kopf gesenkt.
 

„Ich weiß, daß du kein Kind mehr bist“, erwiderte Atem. Sorgfältig mummelte er Heba in das dicke Fell. „Ich kann aber auch nicht ändern, daß ich mich um dich sorge. Ich möchte nur, daß es dir gutgeht und du glücklich bist. Aber ich habe das Gefühl, daß mir das nicht so recht gelingen will.“ Mit einem Seufzen setzte er sich neben Heba.
 

„Du machst mich aber glücklich“, wisperte Heba. „Merkst du das nicht? Allein daß du hier bist, hilft mir sehr. Dann habe ich nicht das Gefühl, einsam zu sein.“ Er hob seinen Kopf und lächelte Atem an. „Es tut mir nur leid, daß du... Ich weiß, daß du lieber ohne Schendit schlafen würdest.“
 

Atem mußte leise lachen. „Du sorgst dich darum, ob ich so auch gut schlafe? Das ist sehr lieb von dir, mein Kleiner.“ Zärtlich streichelte er über Hebas sich nun rötende Wange. „Es ist völlig in Ordnung, daß du es so lieber magst.“ Nach einer kurzen Pause fügte er schelmisch hinzu: „Im Moment.“
 

„Atem!“ Hebas Gesicht nahm eine interessante dunkelrote Färbung an. „Darü... Wir haben noch nicht mal...“ Seine Stimmlage wurde höher, wie immer wenn er sich aufregte oder ihm etwas peinlich war.
 

„Das war nur ein Witz“, beruhigte Atem ihn. „Mach dir darum keinen Kopf. Wir haben Zeit, um alles in Ruhe anzugehen. Ganz langsam.“
 

„Aber du würdest gerne....“
 

Atem unterbrach Heba: „Darum geht es nicht. Glaub mir, ich kann warten.“ Und das stimmte. Er würde Heba Zeit lassen und sich selbst auch. Irgendetwas zu überstürzen, würde mehr schaden als nützen.
 

Heba schwieg einen Moment nachdenklich, dann fragte er: „Würdest... würdest du mich küssen, wenn ich dich darum bäte, Atem?“
 

„Jederzeit“, versprach der inbrünstig. Um genau zu sein hätte er jetzt nichts lieber als genau das getan.
 

„Dann auch... jetzt?“ hakte Heba vorsichtig nach. Sein Gesicht glühte und er hielt sich an seinem Fell fest. Es war fast so, als ob er nicht wollte, daß Atem sich durch seine Bitte gestört fühlen könnte.
 

„Sicher doch.“ Atem lächelte und legte eine Hand auf Hebas weiche Wange. Sein Herz klopfte und er fragte sich, ob Hebas Lippen, die ihn an in Milch getauchte Rosenblüten erinnerten, auch so gut schmecken würden.
 

Heba wendete Atem überrascht sein Gesicht zu und Atem legte zärtlich seine Lippen auf Hebas. Hebas Lippen waren herrlich weich. Atem bewegte seine leicht und stupste dann mit seiner Zunge gegen Hebas Mund. Er schmeckte süß und Atem bekam Herzklopfen. Liebevoll glitt seine Zunge in Hebas nun leicht geöffneten Mund. Ein warmes Gefühl, das er nicht kannte, breitete sich in seinem Inneren aus.
 

Langsam, zögerlich erwiderte Heba den Kuß. Atem zog ihn noch näher, bis Heba auf seinem Schoß saß. Nach einer Weile lösten sie sich voneinander mit einem Lächeln und roten Wangen.
 

„Du schmeckst unglaublich süß, Heba“, wisperte Atem zärtlich. „Hat es dir gefallen?“
 

Heba wurde noch röter und nickte scheu. „Ich weiß n-nur nicht, wie d-das funktioniert“, gestand er.
 

„Küssen?“ Als Heba nickte, erwiderte Atem: „Du wirst es lernen. Hör einfach auf dein Bauchgefühl.“ Er küßte Heba kurz auf dessen Unterlippe, um dann sacht an ihr zu saugen. Dann drückte er Heba einen kleinen Kuß auf die Nasenspitze.
 

„Das kitzelt!“ wehrte Heba mit einem Lachen ab.
 

„Ist doch schön“, antwortete Atem und lachte ebenfalls. Er legte sich hin und zog Heba mit sich, so daß dieser halb auf ihm lag. „So ist es angenehm.“ Entspannt streichelte er durch das Fell über Hebas Rücken.
 

Heba nickte. „Wir sollten aber wieder schlafen gehen. Du mußt morgen früh raus.“
 

„Ja, leider“, murmelte Atem. Viel lieber würde er am frühen Morgen bei Heba bleiben, aber er mußte sich vor Tagesanbruch wie ein Dieb zurück in seine eigenen Gemächer schleichen, wo ihn Set dann wie jeden Morgen zum Reinigungsritual abholen würde. Vorerst wollte Atem nicht, daß irgendjemand erfuhr, daß er seine Nächte bei Heba verbrachte.
 

„Redet Nefertiti eigentlich wieder mit dir?“ fragte Heba schläfrig und streichelte über Atems Brust.
 

„Wenn es um Regierungsangelegenheiten geht...“ Dieses Thema hatte Atem den ganzen vorherigen Abend zu vermeiden gesucht.
 

„Hast du dich bei ihr entschuldigt?“
 

„Natürlich. Aber ich kann es ihr nicht verdenken, daß sie nach allem, was war, noch nicht bereit ist, mir zu vergeben. Sie war noch nie so lange wütend auf mich. Das ist neu...“
 

„Es gefällt dir nicht.“ Heba traf ins Schwarze.
 

„Nein“, gab Atem nach einer stillen Minute zu. „Ich weiß nicht, was daraus wird. Das beunruhigt mich.“ Er wartete einige Momente und als er keine Antwort bekam, sah er auf seine Brust.
 

Heba war eingeschlafen. Seine rechte Hand lag noch immer auf Atems Brust, direkt über dessen Herzen.
 

„Schlaf gut, mein Kleiner“, wisperte Atem. Bevor er auch wieder einschlief, nahm er sich fest vor, unbedingt morgen mit Nefertiti zu reden. Sie mußte wissen, daß er Gefühle für Heba hegte. Es war nur gerecht.
 

***
 

Die Möglichkeit, mit Nefertiti alleine zu sprechen, ergab sich nicht, bis die höfischen Geschäfte für diesen Tag am späten Nachmittag abgeschlossen waren. Atem hatte seine schweigende Gemahlin, wie auch die letzten Tage, zurück in ihre gemeinsamen Gemächer begleitet. Nefertiti warf dort ihren mit Pfauenfedern geschmückten Umhang über einen Stuhl, dann wandte sie sich ihrem Schlafzimmer zu.
 

„Können wir reden?“
 

„Über das Problem mit Bakuras Wegelagerern?“
 

„Nein, über das Problem zwischen uns“, antwortete Atem.
 

Nefertiti holte tief Luft, atmete aus und drehte sich dann um. „Du mußt dich nicht noch einmal entschuldigen. Ich habe dich bereits beim ersten Mal verstanden“, erklärte sie kühl.
 

„Ich würde gerne wissen, ob du mir eines Tages vergeben kannst.“ Atem sah sie hoffnungsvoll an. „Und ja, ich weiß, daß ich es nicht verdiene.“ Es war schwer, das zu sagen, aber es entsprach einfach der Wahrheit.
 

„Darum geht es nicht.“ Nefertiti setzte sich auf eine Liege, zog ihre Sandalen aus und massierte müde ihre Füße.
 

Atem nahm ihr gegenüber platz. „Worum dann? Wenn du es mir nicht sagst, kann ich es nicht ändern.“
 

„Du kannst es nicht ändern. Das hatten wir doch schon.“
 

Atem begann zu verstehen. „Es geht also nicht nur darum, daß ich dich geschlagen und Hetep-Heres verstoßen habe?“
 

„Es geht sogar nur darum.“ Nefertiti sah Atem eindringlich an. „Was ist dein Problem mit Frauen?“
 

Atem hob erstaunt eine Augenbraue. „Ich habe ein Problem mit Frauen?“
 

„Du kannst mit keiner schlafen, du schlägst mich, du verstößt deine eigene Schwester.“
 

„Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Sie ist eine Verbrecherin.“ Atem verschränkte seine Arme vor der Brust. „Soll ich ihre Taten billigen?“ Er nahm mehrere tiefe Atemzüge. Noch ein Streit wäre nur kontraproduktiv, um ihre Differenzen zu klären.
 

Nefertiti sah für einen Moment gedankenverloren aus, dann antwortete sie leise: „Nein, natürlich nicht. Ich habe nur das Gefühl, daß es sich häuft.“
 

„Ich war wütend, als ich dich geschlagen habe. Ich wußte selbst nicht, was ich tue. Nicht, daß das etwas besser macht, aber ich habe es nicht getan, weil ich Frauen hasse. Oder dich hasse.“
 

„Nein, du hast es getan, weil Heba dir viel bedeutet. Sehr viel.“ Nefertiti stand auf und starrte nachdenklich eine der Wandmalereien an. „Ich weiß, daß du die letzten Nächte bei ihm warst. Ich war besorgt.“
 

„Um Heba?“
 

Nefertiti drehte sich um und musterte Atem durchdringend, dann nickte sie langsam. „Ich weiß nicht, was ihm alles in Harda widerfahren ist. Dieses Wissen hat er nur dir anvertraut. Ich will wissen, was er für dich ist. Welche Bedeutung hat er?“
 

Atem fühlte sich mit einem Mal furchtbar klein. Darum ging es also in Wirklichkeit. „Ich mache ihm den Hof“, erwiderte er schließlich ehrlich. „Mit seiner Erlaubnis. Wir haben uns bisher nur geküßt und...“ Atem verstummte, als Nefertiti eine Hand abwehrend hob.
 

„Du mußt nicht ins Detail gehen.“ Sie lächelte auf einmal. „Werde glücklich, Atem. Werdet alle beide glücklich.“
 

„Nefertiti...“
 

Sie schüttelte den Kopf. „Laß mich ausreden. Ich bin froh, daß du jemanden gefunden hast, den du lieben kannst und der dich lieben kann. Und wegen dieser furchtbare Nacht... Ich vergebe dir.“
 

„Es wird kein zweites Mal geben“, versprach Atem und sprang auf. „Darauf hast du mein Wort.“
 

„Mehr kann ich nicht verlangen.“ Sie sah aus dem Fenster. „Die Sonne geht schon unter. Ich will mich fürs Abendessen frisch machen.“
 

Atem nahm sie an den Schultern und hauchte einen brüderlichen Kuß auf ihre Stirn. „Mach das.“
 

Als er alleine war, hatte er das Gefühl, noch nie im Leben so erleichtert gewesen zu sein. Er hatte sich das alles viel schwerer vorgestellt und jetzt war ihm nicht nur vergeben worden, Nefertiti hatte seine Beziehung zu Heba sogar gebilligt. Atem wollte sich irgendwie bei Nefertiti bedanken. Aber wie? Es dauerte nicht lange bis er eine Idee hatte.
 

***
 

„Eine Eins. Ich bin drin“, erklärte Atem zufrieden und nahm den zweiten Spielstein von dem Senet-Brett. „Noch ein Stein und ich habe gewonnen, Set.“
 

Set, der das Spielbrett wie ein Raubvogel fixierte, schnaufte.
 

Ihr kleines Spiel fand in Atems Wohnzimmer statt. Die Sonne war längst untergegangen und die Kühle der Nacht war eine willkommene Erfrischung nach dem heißen und harten Tag. Atem spielte regelmäßig mit Set Senet, denn der gehörte zu den wenigen, der Atem noch eine Herausforderung bieten konnte. Bevor aber Set dazu kam, mit den Stäbchen seinen nächsten Zug auszuwürfeln, betrat Akunadin das Zimmer.
 

„Ihr wolltet mich sprechen, Pharao?“ Sein Blick glitt kurz von Atem zu Set und dann wieder zurück. Set nickte Akunadin nur kurz zu.
 

„Ja, allerdings“, antwortete Atem. „Nefertiti und ich werden Amisi adoptieren.“
 

Falls Akunadin überrascht war, zeigte er es nicht. „Das ist eine gute und ehrenvolle Entscheidung.“
 

„Ich freue mich, daß du das auch so siehst.“ Atem lächelte etwas. „Ich will nicht, daß Amisi jemals etwas über ihre richtige Mutter erfährt. Ich überlasse es dir, dafür Sorge zu tragen, daß nicht über Hetep-Heres getratscht wird.“
 

„Natürlich, Majestät, aber darf ich fragen, was genau Ihr damit bezweckt?“ Akunadin strich sich über seinen weißen Bart.
 

„Amisi soll eine glückliche Kindheit haben. Das Wissen, daß ihre Mutter eine Mörderin und Verräterin ist, dürfte nicht dazu beitragen.“
 

„Das ist wohl wahr“, erwiderte Akunadin vorsichtig. „Gibt es noch mehr, daß ich tun kann?“
 

„Nein, den Rest erledigt Siamun. Er wird die entsprechenden Dokumente aufsetzen und dafür sorgen, daß Amisi, sollte der Fall eintreten, daß ich ohne leiblichen Erben versterbe, meine Nachfolgerin wird.“ Atem beobachtete aufmerksam die Reaktionen der beiden Männer.
 

Set sagte schließlich: „Das ist eine weise Entscheidung, mein Pharao. Es ist wichtig, einen Erben zu haben.“
 

Akunadin hingegen sah wenig begeistert aus. „Nicht, daß ich Set hier nicht zustimme, aber Amisi ist ein Mädchen. Es könnte schwer für sie werden, genug Unterstützung im Volk und am Hofe zu finden, um diese Position zu erklimmen, geschweige denn zu halten.“
 

„Du rätst mir ab?“
 

„Falls die Gerüchte stimmen, die ich gehört habe, daß Amisi tatsächlich Eure einzige Möglichkeit auf einen Thronerben ist“, antwortete Akunadin steif.
 

„Welche Gerüchte hast du gehört, werter Akunadin?“
 

„Daß die Große Königsgemahlin Nefertiti unfruchtbar ist und Ihr es offenbar nicht über Euch bringt, Euer Glück mit einer Eurer Nebenfrauen zu versuchen“, erklärte Akunadin. „Ich kann den Wahrheitsgehalt dieser Aussagen nicht überprüfen, aber wenn daran etwas Wahres sein sollte...“
 

„Es liegt nicht an Nefertiti“, unterbrach Atem Akunadin. „Und es liegt auch nicht an einer Nebenfrau. Das Problem liegt ganz allein bei mir.“
 

Akunadin erblaßte sichtlich. „Dann solltet Ihr schnellstmöglich die Heiler aufsuchen. Als Pharao muß Eure Fruchtbarkeit gesichert sein. Das Volk könnte sonst schnell an ein böses Omen glauben.“
 

„Es ist nichts, was die Heiler behandeln können, glaub es mir.“ Atem warf Set einen Blick zu, nur um festzustellen, daß dieser noch konzentrierter als vorhin auf das Spielbrett starrte. Entweder diese Diskussion war ihm ebenso peinlich wie Atem oder er wollte sein Amüsement darüber verbergen.
 

„Nun, das müßt natürlich Ihr wissen, aber ich halte es für keine gute Idee, Amisi als Eure Thronerbin einzusetzen.“
 

„Wir haben keine weiteren Möglichkeiten. Ich bin der letzte männliche Vertreter meiner Familie. Amisi wird sicher keine Enttäuschung sein. Sie kann lernen und sie wird meine Unterstützung haben.“
 

„Natürlich“, gab Akunadin sich geschlagen. Er sah noch einmal zu Set. „Ihr habt recht, mein Pharao. Ihr seid der letzte.“
 

„Dann wäre das auch geklärt. Du kannst jetzt gehen, Akunadin.“
 

Akunadin verneigte sich kurz, bevor er das Zimmer verließ.
 

„Irgendetwas stimmt nicht mit ihm.“
 

Atem sah Set an und hob eine Augenbraue. „Ach ja?“
 

„Ich kann es nicht benennen, es ist nur so ein Gefühl... Er ist ein kluger und weiser Mann und er hat mir immer sehr geholfen, aber in letzter Zeit wirkt er sehr oft abwesend, als würde ihn etwas sehr beschäftigen“, erklärte Set.
 

„Ich werde zu einem besseren Zeitpunkt mit ihm reden“, erwiderte Atem.
 

„Das ist eine gute Idee, Majestät. Ihr sollt wissen, daß ich Eure Pläne unterstütze.“ Set sah Atem ernst an.
 

„Gut zu wissen“, antwortete Atem. Er sah auf das Spielbrett. „Es ist noch immer dein Zug.“
 

Keine fünf Minuten später betrat ein Diener das Zimmer und warf sich zu Boden. Atem sah ihn, verärgert über die Störung, an und fragte: „Was gibt es?“
 

„Oh Pharao, Prinz Heba ist hier und möchte Euch sprechen“, erwiderte der Diener demutsvoll.
 

„Laß ihn herein. Immer, verstanden?“ befahl Atem. Sein Ärger löste sich in Luft auf. Was wollte Heba hier? Sie hatten sich eigentlich für später in Hebas Gemächern verabredet. War etwas passiert? Sorge stieg in ihm auf.
 

„Natürlich, Majestät.“ Der Diener sprang auf und verließ schnell und leise das Zimmer.
 

Vorsichtig tastete Heba sich gleich darauf mit seinem Stock und einer Hand am Türrahmen in das Zimmer. „Atem?“ fragte er leise.
 

Der sprang auf und eilte zu Heba. „Alles in Ordnung?“ erkundigte er sich leise, damit Set nichts hören konnte. „Ist etwas passiert?“
 

„Ja, in bester Ordnung. I-ich wollte mit dir reden“, flüsterte Heba und wurde rot. „Störe ich?“
 

„Nein, natürlich nicht. Ich spiele mit Set gerade etwas Senet. Ich habe ihn sicher bald geschlagen und dann kann ich mich ganz dir widmen“, antwortete Atem laut genug, sodaß Set es hören würde. Er war erleichtert, daß es Heba gutging. „Komm, setz dich zu uns.“
 

Set erhob sich und machte eine kleine Verbeugung in Hebas Richtung. „Prinz.“ Nachdem er sich wieder gesetzt hatte, sah er Atem grimmig an. „Noch habt Ihr nicht gewonnen. Ihr solltet nie mit einem Sieg prahlen, den Ihr noch nicht errungen habt.“
 

„Wahre Worte. Dann sollte ich wohl würfeln und sehen, ob sich mein Optimismus bezahlt gemacht hat, nicht wahr?“ Atem ließ Heba sich auf einer Liege hinsetzen, dann kehrte er zum Brett zurück, um zu würfeln. Er grinste zufrieden. „Genau was ich gebraucht habe.“ Atem schob seinen letzten Spielstein ins Ziel.
 

„Gut gespielt“, gab Set zu. „Das nächste Mal werdet Ihr aber nicht soviel Glück haben.“ Er erhob sich.
 

„Wir werden sehen, Set. Danke für das Spiel. Du kannst jetzt gehen.“
 

Set verneigte sich und zog sich dann zurück. Heba hingegen war aufgestanden und stand jetzt neben dem Spieltisch. Er streckte eine Hand aus und betastete das Senet-Brett.
 

„Heba? Geht es dir gut?“
 

„Ja. Ich habe nur daran gedacht, daß ich schon seit Jahren kein Senet mehr gespielt habe.“ In Hebas Augen lag eine Traurigkeit, die Atem einen Stich ins Herz gab.
 

„Heba...“ Atem zog ihn zu sich auf den Schoß. „Wir könnten eine Partie spielen“, schlug Atem leise vor und streichelte mit seinem Daumen über Hebas Wange.
 

„Nicht auf diesem Brett. Ich kann die Markierungen nicht fühlen“, erwiderte Heba, aber er lächelte. Atems Angebot freute ihn offensichtlich.
 

„Nefertiti hat ein Spielbrett und Zubehör mit Schnitzereien“, überlegte Atem laut. „Ich werde es holen. Sie hat sicher nichts dagegen, wenn wir es uns ausleihen.“
 

Heba rutschte von Atems Schoß und nahm auf dem Stuhl platz, auf dem vorher Set gesessen hatte. „Wegen Nefertiti...“
 

Atem stellte gerade sein Brett weg. „Gleich, ja?“ Er fragte sich, worum es gehen könnte. Wahrscheinlich darum, daß Heba Nefertiti nicht hintergehen wollte. Es würde ihn sicher beruhigen zu hören, daß Nefertiti bereits Bescheid wußte und einverstanden war.
 

„Ja, sicher.“ Heba rutschte nervös auf dem Stuhl herum. Seine Finger glitten unruhig über das leere Tischchen, als würde er etwas suchen, an dem er sich festhalten konnte.
 

Atem zögerte einen Moment, dann drehte er sich schnell um und holte das Spielbrett aus Nefertitis Zimmern. Er stellte es vor Heba auf den Tisch und schob ihm drei Spielsteine und, als Zeichen, daß er anfangen sollte, die Stäbchen in die ruhelosen Hände. Dann setzte er sich. „Was ist also mit Nefertiti?“ fragte er ruhig.
 

Heba befühlte die Stäbchen, bevor er sie warf. „Sie war nach dem Abendessen bei mir“, erklärte er. Nach einem Moment setzte er seinen Stein, bevor er die Stäbchen in Atems Richtung schob. „Sie schien mir traurig zu sein“, fuhr er leiser fort.
 

„Hat sie das gesagt?“ hakte Atem vorsichtig nach.
 

„Nein. Sie sagte, daß sie einverstanden sei mit dieser... Sache zwischen dir und mir. Ich habe dennoch bemerkt, daß sie traurig war. Ihre Stimme hatte gezittert.“ Heba starrte unsehend über Atems Kopf hinweg an die Wand. „Vielleicht wäre es doch besser, wenn wir beide nicht...“
 

„Nein!“ unterbrach Atem ihn hitzig, bevor die Stäbchen klappernd auf den Tisch fielen. Heba zuckte vom Tisch weg, als könnten sie ihn beißen. Ruhiger fuhr Atem fort: „Ich weiß auch, daß sie traurig ist. Daran kann aber ich nichts ändern und du genauso wenig. Es ist nett, daß du ihr helfen willst, aber so funktioniert es ganz sicher nicht. Dieses Problem zwischen Nefertiti und mir besteht schon länger. Schon bevor du wieder zurückgekommen bist. Wenn überhaupt, dann ist es meine Schuld.“ Er setzte ebenfalls seinen ersten Spielstein und gab Heba die Stäbchen zurück.
 

„Wieso ist es deine Schuld? Ich... ich meine, du kannst nicht ändern, wie du fühlst.“
 

„Nein, aber ich habe zugestimmt, Nefertiti zu heiraten. Hätte ich das nicht getan, hätte sie einen Mann heiraten können, der sie schätzt und wie eine Gemahlin lieben kann. Ich habe damals nur daran gedacht, daß es praktischer für mich wäre, sie zu heiraten als irgendeine Unbekannte. Ich habe Nefertitis Gefühle nicht bedacht.“ Atem beobachtete müde, wie Heba seinen nächsten Spielstein setzte und Atems dabei vom Brett warf. Atem seufzte.
 

„Dann wäre aber eine andere jetzt an deiner Seite unglücklich“, gab Heba zu bedenken. „Ob das besser wäre, wage ich zu bezweifeln.“
 

„Das ist wohl wahr, aber Nefertiti ist meine Schwester. Das verkompliziert es noch zusätzlich.“ Atem starrte nachdenklich Heba an, dann würfelte er und setzte erneut seinen Stein. Dieses Mal warf er einen von Hebas Steinen vom Feld. „Ich kann nur...“, begann er laut zu überlegen und verstummte dann.
 

„Was kannst du nur?“ Heba brachte seinen zweiten Stein wieder auf das Feld. „Es für sie erträglich machen?“
 

„So ungefähr. Ich habe alles in die Wege geleitet, damit sie und ich Amisi adoptieren können. Das einzige, was mir jetzt zu tun bleibt, ist, ihr zu erlauben, sich einen Liebhaber zu nehmen.“ Atem entschied sich, mit seinem Stein einen Zug zu machen, um vorerst aus Hebas Reichweite zu kommen.
 

Heba errötete. Diese Wendung ihres Gesprächs war ihm sichtlich unangenehm. Mit geschickten Fingern schätzte er dennoch seine Chancen im Spiel ab und setzte einen Stein, um Atems zu folgen. „Nun, das wäre jedenfalls gerecht“, erwiderte er schließlich leise.
 

„Allerdings.“ Atem lächelte. „Sie sagte, sie sei glücklich, daß ich dich hätte. Ich hoffe, ich kann ihr einmal sagen, daß ich glücklich bin, daß sie jemanden hat.“ Er holte seinen zweiten Stein auf das Spielfeld. „Ich kann es nicht ertragen, sie unglücklich zu sehen.“
 

„Ich weiß“, sagte Heba nur und warf Atems ersten Stein vom Spielbrett. „Ich wäre auch glücklich darüber, wenn es ihr gutgeht.“
 

„Ich weiß“, antwortete Atem mit einem Grinsen. „Ich hoffe, du willst jetzt deine Erlaubnis nicht mehr zurückziehen, mein Kleiner.“ Auch er konnte einen von Hebas Steinen vorerst wieder vom Brett nehmen. Er hatte aber das Gefühl, daß das noch ein langes und sehr schwieriges Spiel werden würde. Das gefiel ihm.
 

„Nein, ich möchte weiter in deiner Nähe sein, Atem.“ Heba zog mit seinem Spielstein weiter. Er lächelte verlegen. „Ich sagte ja schon, daß du mir sehr wichtig bist.“
 

„So wie du mir.“ Atem brachte seinen zweiten Stein wieder ins Spiel. „Bleibst du heute Nacht hier bei mir?“
 

„Wenn du das möchtest... Ich würde sehr gerne bleiben.“
 

„Sehr schön! Mein Bett ist groß. Es wird dir gefallen.“
 

„Bestimmt.“
 

Freundschaftliches Schweigen beherrschte die nächste Stunde, die nur ab und zu durch einen spielbezogenen Kommentar durchbrochen wurde. Heba hatte gerade seinen eigenen letzten Stein knapp vor Atems eigenem ins Ziel gebracht, als Nefertiti, gefolgt von einigen von Atems Nebenfrauen und ein paar Dienerinnen, das Zimmer betrat. Ihr Getuschel und Kichern erstarb als sie des Pharaos ansichtig wurden und sie erwiesen ihm hurtig Reverenz.
 

„Nefertiti, wünschst du, hier ein Fest zu veranstalten?“ erkundigte Atem sich amüsiert.
 

„Wir wollten uns die Sterne ansehen“, antwortete sie. „Sie sollen heute nacht besonders hell scheinen. Deshalb habe ich die Mädchen eingeladen, sie sich von meinem Balkon anzusehen. Es macht dir doch nichts aus, oder?“ Sie klimperte gekünstelt mit den Wimpern.
 

„Natürlich nicht. Verschwindet schon.“ Atem machte eine scheuchende Handbewegung und die Nebenfrauen und Dienerinnen, nach einer weiteren Verbeugung, gehorchten. Nur Nefertiti blieb zurück, um frech auf das Senet-Brett zu sehen.
 

„Gut gemacht, Heba!“ lobte sie. „Das sollte sein Ego für die nächsten... na, sagen wir mal drei Tage im Zaum halten“, blödelte sie, bevor sie kichernd die Flucht in ihre Gemächer antrat.
 

„Was meint sie damit?“ erkundigte Heba sich verwirrt, während Atem nur genervt mit den Augen rollte.
 

„Sie meint, es könne mir eines Tages zu Kopf steigen, daß ich Pharao bin“, erklärte Atem. „Deshalb macht sie ab und an solche Kommentare.“
 

„Verstehe. Aber ich glaube nicht, daß das in deiner Natur liegt.“ Heba lächelte Atem warm an.
 

„Danke, mein Kleiner. Möchtest du noch mal spielen?“
 

„Nein, du solltest gehen und dir auch die Sterne ansehen“, erwiderte Heba. Er ertastete seinen Gehstock, ergriff ihn und stand auf. „Ich werde mich derweil schon hinlegen.“
 

Atem starrte Heba an und begriff schließlich, daß dieser ihm nicht im Weg sein wollte. Wieviel Spaß konnte ein Blinder schon beim Sternkucken haben? „Ich möchte bei dir sein. Wir können uns auf meinen Balkon setzen und... und...“ Er dachte fieberhaft nach. „Ich zeige dir die Sterne“, sagte er schließlich. Gerade war ihm der rettende Einfall gekommen. So könnte es klappen.
 

Heba legte den Kopf schief. „Zeigen?“ wiederholte er ungläubig. „Wie?“
 

Atem stand auf und nahm Heba bei der Hand. „Laß mich nur machen“, versprach er. Er führte Heba durch seine Gemächer in sein Schlafzimmer, wo er noch ein warmes Fell mitnahm, und schließlich auf den kunstvoll verzierten Balkon, der die Palastgärten überschaute. Eine Bank aus Sandstein, allerdings größer als die auf Hebas Balkon, bot eine bequeme Sitzmöglichkeit, auf die Atem zuerst das Fell legte. „Setz dich, Heba. Aber mit dem Rücken zu mir.“
 

Heba folgte. „Und wie soll das jetzt funktionieren?“
 

Atem konnte direkt spüren, wie aufgeregt Heba durch die Aussicht auf dieses kleine Abenteuer war. „Paß auf“, sagte er leise und öffnete die Fibeln, die Hebas Tunika verschlossen. Der Stoff rutschte, gab blasse Haut zur Ansicht preis und bauschte sich um Hebas Hüften.
 

„A-atem!“ protestierte Heba unter heftigem Erröten. „Was machst du?“
 

„Ich zeige dir die Sterne“, antwortete Atem sanft. Mit seinem Zeigefinger malte er ein Sternbild auf Hebas Haut. „Kennst du das?“ fragte er.
 

„Das ist...“ Heba sah Atem über seine Schulter verblüfft an. „Der Pavian!“ Er mußte lachen. „Jetzt verstehe ich.“
 

Atem grinste. „Gut. Soll ich dir noch eins zeigen.“
 

„Bitte, ja!“
 

Die Begeisterung in Hebas Stimme war ansteckend und Atem gab seiner Bitte nur zu gerne nach. Atems Finger glitt über Hebas Rücken, auf dem sich Gänsehaut gebildet hatte. „Und was ist damit?“
 

Heba runzelte die Stirn und dachte nach. Schließlich schüttelte er den Kopf. „Das erkenne ich nicht.“
 

„Ibis“, verriet es ihm Atem. “Noch eines?“
 

„Gerne!“ Hebas Augen strahlten vor Freude und auf seinen Wangen lag eine, wie Atem fand, süße Röte.
 

Nachdem Atem sich einen Moment am Himmel orientiert hatte, zeichnete er ein neues Sternbild.
 

Heba brauchte dieses Mal gar nicht zu überlegen. „Der Falke!“ platzte es aus ihm heraus und er lachte.
 

„Mein Lieblingssternbild“, vertraute Atem Heba an. Er schlang beide Arme um Hebas Bauch und stützte sein Kinn auf dessen Schulter ab. „Hast du auch eines?“ Er konnte sehen, wie die weichen Haare um Hebas Ohr sich in seiner Atemluft bewegten.
 

„Auch der Falke“, gab Heba zu. „A-atem?“ fragte er zögerlich und leise.
 

„Was ist, mein Kleiner?“ Sanft streichelte Atem über Hebas Bauch. „Du bist so weich“, murmelte er.
 

Heba schloß die Augen und lehnte sich gegen Atems Brust. „Danke.“ Bei Atems Kommentar errötete er noch mehr. „Na ja, ich hab keine Muskeln und... und... ich sehe aus wie ein Mädchen“, erklärte er resigniert.
 

„Als ich das gesagt habe, war ich fünf Jahre alt und ahnungslos.“ Atem rieb entschuldigend seine Nase an Hebas Hals. „Oder hat das nach mir noch jemand zu dir gesagt?“
 

„Die Wachen.“ Heba schmiegte sich enger an Atem. „Ich habe dir doch erzählt, daß sie immer in meiner Nähe waren. Sie standen vor meiner Zimmertüre oder sie sind mit mir mit gegangen, selbst... selbst ins Bad.“ Schamesröte überzog sein Gesicht. „Ich habe das so gehaßt! Sie... sie haben mich gesehen und gesagt, daß ich aussähe wie ein Mädchen. Daß sie noch nie eine so lächerliche Ausrede für einen Jungen gesehen hätten.“ Er wischte sich vergeblich über die Augen.
 

Atem preßte Heba instinktiv näher an sich, als könne er so Heba vor diesen Erinnerungen beschützen. „Das ist nicht wahr und das weißt du“, erwiderte er sanft, auch wenn es in ihm vor Wut auf die grausamen Wachen nur so brodelte. Er verstand jetzt besser, warum Heba so auf seine Intimsphäre bedacht war. Atem streichelte durch Hebas Haare. „Ich liebe dich so wie du bist. Weich, warm, gutherzig, freundlich, liebevoll, klug, unschuldig, ein gerissener Senet-Spieler.“
 

Heba löste sich aus Atems Armen und drehte sich zu ihm um. Seine Augen waren noch größer vor Verwunderung. „Du... du liebst mich?“
 

Erst jetzt bemerkte Atem, was er gesagt hatte. Der Schreck hinterließ eine unangenehme Hitze in seinem Bauch, aber er riß sich zusammen und antwortete ehrlich: „So ist es. Ich erwarte nicht, daß du dieselben Gefühle für mich hegst.“ Wie um Heba dieser Tatsache zu versichern, legte er einen Finger auf Hebas leicht geöffnete Lippen. „Merk dir nur, was ich dir gerade anvertraut habe.“
 

Heba nahm Atems Hand und zog sie sanft von seinen Lippen fort. „Das werde ich. Aber wenn ich dieselben Gefühle für dich hege? Darf ich es dann sagen?“
 

Atem lehnte seine Stirn gegen die Hebas. „Natürlich“, erwiderte er. Das Herz klopfte ihm bis zum Halse.
 

„Ich liebe dich, Atem.“ Hebas Augen hatten einen herrlichen Glanz und er lächelte. „Genauso wie du bist. Mutig, stark, tapfer, treu, weise, gut, menschlich und ein gerissener Senet-Spieler.“ Er zwinkerte und Atem mußte vor lauter Glück lachen.
 

„Ich würde mich nicht als weise bezeichnen“, erwiderte Atem, als er sich wieder beruhigt hatte. „Aber ich nehme das als Zeichen, daß ich auf dem richtigen Weg bin.“ Er küßte Heba sanft auf die Lippen. „Bleib bei mir“, wisperte er.
 

„Natürlich schlafe ich heute Nacht bei dir“, antwortete Heba genauso leise.
 

„Ich meinte nicht nur heute. Bitte bleib für immer bei mir.“ Atem sah Heba direkt in die Augen.
 

„Nur zu gerne“, erwiderte Heba und küßte Atem lange.
 

Atem schlang beide Arme um ihn und zog ihn nahe an sich. „Ich verspreche, ich werde alles tun, damit du sicher bist und es dir gut geht.“ Er konnte sein Glück kaum fassen. Heba liebte ihn und sah mehr in ihm, als Atem je an sich bemerkt hatte.
 

„Und ich hoffe, ich kann mich eines Tages revanchieren.“ Heba umarmte Atem ebenfalls und lehnte seinen Kopf gegen dessen Brust.
 

„Das mußt du nicht.“
 

„Ich weiß, aber ich will es trotzdem.“ Heba hob den Kopf. „Es wird langsam kühl“, bemerkte er.
 

„Allerdings, du hast Gänsehaut.“ Atem streichelte über Hebas Rücken. „Gehen wir zu Bett“, schlug er vor und nahm Heba einfach auf die Arme.
 

„Gute Idee.“ Heba lachte und hielt sich an Atem fest.
 

Als Atem am nächsten Morgen aus seinen Gemächern in das gemeinsame Wohnzimmer trat, war alles, was Nefertiti gehörte, verschwunden. Einer der Diener berichtete Atem auf dessen Nachfrage, daß die Große Königsgemahlin andere Gemächer bevorzugen würde. Dafür hatte sie vorgeschlagen, daß Heba von nun an die Zimmer beziehen sollte, die sie verlassen hatte. Und so geschah es.
 

Von nun an teilte Heba die Gemächer mit Atem. Falls das zu Klatsch und Tratsch führte, bekam Atem es zu diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht mit. Auch von Siamun und Akunadin hörte er nichts zu diesem Thema, aber das war sicher nur eine Frage der Zeit. Atem derweil kaufte Mana einen neuen Fokusstab. Sie war mehr als nur begeistert, was ihn freute, denn Mahado benahm sich ihr gegenüber weiterhin merkwürdig. Atem versuchte, mit seinem ältesten Freund zu sprechen, aber wurde abgeblockt und danach mied Mahado ihn auch.
 

Nefertiti hingegen befaßte sich mit Feuereifer und der Unterstützung ihrer Mutter und Atems Nebenfrauen mit ihrer neuen Aufgabe als Mutter. Atem war erleichtert, sie seit so langem endlich wieder wirklich glücklich zu sehen. Sein Angebot, daß sie sich jederzeit einen Liebhaber nehmen könnte, nahm sie zur Kenntnis, aber erklärte, zumindest im Moment dafür keine Verwendung zu haben.

Politisch blieb alles relativ ruhig. Weder über den Apophis-Kult noch Bakuras Bande gab es Neues zu berichten, auch wenn Siamun beide Gruppierungen ausspionieren ließ. Übrig blieben die Probleme, die die Brände verursacht hatten und natürlich der ganz normale Alltag des Königshofes.
 

Atems Beziehung mit Heba festigte sich derweil mit jedem Tag mehr. Sie spielten oder redeten in jeder freien Minute, die Atem für seinen Liebsten erübrigen konnte. Zu gerne wäre er noch immer mit Heba einer Weile dem Palast entkommen, aber es bot sich keine Gelegenheit. Aber aufgeschoben, so sagte Atem sich, war ja nicht aufgehoben.

Eines Abends saß Atem bettfertig noch an dem kleinen Schreibtisch, der in seinem Schlafgemach stand, und las einen Bericht, als er ein leises Klopfen vernahm. „Komm rein, Heba“, rief er ohne aufzublicken. Sobald er die aktuelle Spalte zu ende gelesen hatte, hob er den Kopf.
 

Heba stand, nur mit einem Schendit bekleidet, etwas unsicher im Zimmer. „Störe ich, Atem?“
 

„Nein, ich bin hier in einem Moment fertig.“ Atem lächelte. „Leg dich ruhig schon hin, ich komme gleich zu dir.“ Er sah wieder auf den Papyrus, aber er nahm keines der Schriftzeichen wahr. Durch seine Gedanken huschte Hebas kaum bekleideter Körper. Auch wenn Heba selbst sich unattraktiv fand, Atem hatte nie jemand Schöneren gesehen. Er wünschte sich, er könnte Heba mehr als nur küssen, umarmen und streicheln. Seine Träume jedenfalls waren mit all den Dingen gefüllt, die sie noch nicht getan hatten. Heba unter sich zu fühlen, ihn zu hören, zu schmecken, zu riechen war Atems größter Wunsch.

Dennoch wagte er nicht, diese Dinge anzusprechen. Für Heba war das alles neu und er würde Zeit brauchen, um sich an den Gedanken von körperlicher Intimität zu gewöhnen. Atem würde ihn auf gar keinen Fall zu irgendetwas drängen. Sie hatten Zeit, ganz egal, was Atems Träume ihm suggerieren wollten oder wie unangenehm es ihm war, fast jeden Morgen mit einem feuchten Schendit aufzuwachen.

Atem warf den Papyrus auf den Tisch und stand auf. Heute würde er sowieso nichts mehr zustande bringen. Er rieb sich über die Augen und setzte sich neben Heba, der auf seinem Bett auf ihn gewartet hatte.
 

„Du solltest nicht so lange arbeiten“, meinte Heba.
 

„Manche Dinge dulden einfach keinen Aufschub“, antwortete Atem. Er legte sich aufatmend neben Heba. „Jetzt habe ich aber Zeit nur für dich“, versicherte er Heba und zog diesen in seine Arme.
 

„Das ist gut.“ Heba schmiegte sich grinsend an Atem. „Denn ich glaube, wenn du mich nicht bald wieder küßt, muß ich vor Sehnsucht vergehen.“
 

„Das wäre wirklich nicht gut.“ Der ebenfalls grinsende Atem rollte sich und Heba so, daß er auf Heba zu liegen kam. Zärtlich küßte er Heba, neckte dessen Zunge und strich durch dessen noch leicht feuchtes Haar. „Ich liebe dich“, flüsterte er Heba danach ins Ohr.
 

„Ich liebe dich, Atem“, antwortete Heba. „Ich fühle mich schon besser.“
 

„So siehst du auch aus. So schön rot...“ Atem verteilte kleine Küsse auf Hebas erhitzten Wangen und Nase. Wie gerne hätte er Heba auch noch an anderen Orten geküßt, aber er hielt sein Verlangen im Zaum.
 

Heba schlang seine Arme um Atems Nacken. „Du fühlst dich herrlich warm an“, seufzte er. „Und du riechst so gut.“ Seine Nase stupste in Atems Halsbeuge.
 

Atem lachte leise, dann sah er Heba tief in die Augen. Eine Hand legte er auf Hebas Wange, dann küßte er diesen erneut, aber verlangender und tiefer als zuvor. Er konnte von der Süße von Hebas Lippen einfach nie genug bekommen. Er hörte nicht auf, bis Hebas Lippen rot und geschwollen waren.
 

„A-atem! Bitte... nicht mehr!“ Heba drückte mit beiden Händen gegen Atems Schultern.
 

Innerlich widerwillig ließ sich Atem neben Heba fallen, aber die Sorge um seinen Liebsten war größer als alles andere. „Alles in Ordnung, Heba? Habe ich dir wehgetan?“
 

Heba schüttelte den Kopf und drehte hastig Atem den Rücken zu. Aber er war nicht schnell genug und Atem bemerkte die kleine Ausbuchtung in Hebas Schendit, die vorher nicht da gewesen war.
 

„Verstehe“, sagte Atem nur und sah an sich hinunter. „Falls es dich beruhigt, mir geht es im Moment auch nicht anders.“
 

„Ich weiß nicht, wovon du sprichst“, erwiderte Heba und steckte seinen Kopf unter eines der Kopfpolster. „Wir sollten schlafen gehen.“
 

„Heba, geht es dir wirklich gut?“ Atem ignorierte die Verlockung, sich selbst zu berühren... oder Heba.
 

„Ja, ich bin nur müde.“
 

„Ich glaube dir nicht.“
 

Heba seufzte. „E-es ist mir p-peinlich. K-können wir dieses Thema b-bitte abhaken?“
 

„Warum? Das ist ganz normal. Es passiert mir doch auch immer, wenn ich dich küsse.“ Atem rieb sich über das Gesicht.
 

„Wirklich? D-das hab ich gar nicht gemerkt“, murmelte Heba.
 

„Na ja, wenn wir nebeneinander sitzen...“
 

„Stimmt. A-atem?“
 

„Hm?“
 

„Was machst du, wenn... na, du weißt schon?“
 

„Ich steif werde?“ half Atem Heba und beobachtete vergnügt, wie der seinen roten Kopf in Atems Richtung wandte. „Na ja, kommt drauf an... Wenn ich ein paar Minuten für mich habe, dann fasse ich mich an. Ich denke, das macht jeder, oder?“
 

„Ich weiß nicht“, antwortete Heba leise. „Ich habe so was nie gemacht.“
 

Atem setzte sich auf. „Das kann ich kaum glauben!“
 

„Ich... Die Wachen vor meiner Tür... Sie sollten... nichts mitbekommen... oder reinkommen... oder....“ Heba hustete, als ob die Worte ihn zu ersticken drohten.
 

Atem rieb über Hebas Rücken, um ihn zu beruhigen. „Ich verstehe“, sagte er sanft.
 

Heba seufzte. „Ich bin alles andere als normal“, sagte er schließlich.
 

„Niemand ist normal“, erwiderte Atem. „Außerdem kannst du es doch jetzt probieren. Niemand wird dich dabei stören oder belauschen.“
 

„Jetzt wie jetzt sofort?“
 

Atem grinste. „Wenn es das ist, was du willst, ich halte dich nicht auf.“ Er küßte Hebas Nacken. „Ich kann ja rausgehen“, flüsterte er.
 

„Nein! D-du... kannst bleiben.“ Heba setzte sich ebenfalls auf.
 

„Sicher?“ Diese Wendung hatte Atem nicht erwartet.
 

„Ja, ganz sicher. I-ich h-hab keine Probleme d-damit, daß du mich so siehst.“ Hebas Stimme wurde immer leiser und er senkte seinen hochroten Kopf.
 

„In Ordnung.“ Atem hob Hebas Kopf und gab ihm einen sanften Kuß auf die Lippen. Dann streckte er sich lang neben Heba aus und wartete ab. Der Gedanke, Heba zu beobachten, wenn dieser sich selbst streichelte, ließ Hitze in seinen Bauch fließen. Leise öffnete er seinen beengenden Schendit. Die Luft des Raumes fühlte sich angenehm kühl an seinem erhitzten Schaft an.
 

Heba zerrte nervös an seinem Schendit bis es ihm gelang, das Kleidungsstück zu öffnen und abzulegen. Vorsichtig, fast schon scheu, glitt seine rechte Hand zwischen seine Schenkel. Nur mit den Fingerspitzen strich er zart über die Oberseite seines halbsteifen Schaftes. Ein leises Keuchen entschlüpfte dabei seinen Lippen.

Atem hingegen biß sich auf die Unterlippe, um keinen Laut von sich zu geben. Er wollte Heba nicht erschrecken. Natürlich mußte er zugeben, daß er auch ganz egoistische Gründe hatte, warum er nicht wollte, daß Heba aufhörte. Bewundernd glitt Atems Blick über Hebas schmale Brust, den flachen Bauch zu haarloser Haut und dann zu dem Körperteil, das Heba inzwischen mit geschlossenen Augen und einem glückseligen Gesichtsausdruck sanft streichelte.
 

Atem lächelte. Heba war einfach perfekt in allen Belangen. Er beobachtete wie Heba, scheinbar mutiger geworden, das Tempo erhöhte. Das Geräusch von aufeinanderreibender Haut und Hebas leise Laute der Lust füllten das Zimmer. Atem nahm seinen eigenen Schaft in die Hand und ahmte Hebas Bewegungen nach.

Er leckte sich über die Lippen. Er war sich sicher, daß Hebas Schaft zur Gänze problemlos in seinen Mund passen würde. Atem stellte sich vor, mehrmals daran zu saugen und mit seiner Zungenspitze über die empfindliche Unterseite zu streichen. Heba, unbeschnitten und so empfindsam, würde schnell kommen und Atems Mund mit seinem Samen füllen. Atems Fantasie wurde von Hebas Stimme durchbrochen.
 

„G-geht es dir gut?“
 

Atem schlug die Augen auf und sah, daß Heba den Kopf verwirrt in seine Richtung gedreht hatte. Die eben noch so beschäftigte Hand zwischen Hebas Schenkeln war zum Stillstand gekommen.
 

„Oh ja“, erwiderte Atem mit zufriedener Stimme. „Ich bin nur auch gerade dabei, mich...“
 

„Ah... ah so!“ unterbrach der rot anlaufende Heba Atem. Schüchtern ließ er seine Hand wieder über seinen Schaft gleiten.
 

„Du bist wunderschön so, mein Kleiner“, wisperte Atem rauh. „Du bringst mich auf so viele Ideen.“
 

„I-ideen?“ keuchte Heba und ließ sich nach hinten fallen. Seine Bewegungen wurden schneller und verloren ihren Rhythmus.
 

Atem stöhnte bei diesem Anblick. „Was wir alles machen könnten“, antwortete er schließlich.
 

Heba konnte nichts mehr erwidern, denn ein heftiges Zittern durchlief seinen Körper. Mit einem Keuchen ergoß sich sein Samen über Hand und Bauch, während Atem ihn beobachtete. Noch eine kleine Weile danach durchlief ihn ein Zittern. Hitze und Erregung hatten seine Haut herrlich gerötet. Heba schnaufte sehr, aber der glückliche Ausdruck in seinen Augen und das leichte Lächeln sprachen Bände.

Atem setzte sich auf und krabbelte neben Heba. Sanft küßte er dessen Brust, stupste mit der Zunge die weichen Knospen an und wanderte langsam tiefer, um mit seiner Zunge den Beweis für Hebas Vergnügen zu kosten.
 

„Was machst d-du da?“ Heba klang verwirrt.
 

„Sauber“, war Atems kurze und bündige Antwort. „Du schmeckst gut.“ Er leckte mehr der salzig-süßen Flüssigkeit auf.
 

„Schmeckt das überhaupt?“ fragte Heba verwundert.
 

„Mir schon. Wenn du herausfinden willst, ob es deins ist, mußt du selber kosten.“ Atem saß gerade der Schalk im Nacken.
 

Heba war im ersten Moment angeekelt, aber dann schien seine Neugier zu siegen. Oder er wollte nicht, daß Atem ihn für einen Feigling hielt. Was auch immer seine Beweggründe waren, er hob seine bekleckerte Hand zum Mund und leckte etwas der Flüssigkeit ab. „Irgendwie komisch“, war sein Kommentar.
 

Atem lachte nur leise. Dann machte er sich daran, den Rest von Hebas Bauch zu lecken. Langsam näherte er sich dabei dessen Unterleib und Heba fing an sich zu winden.
 

„Atem...“
 

„Soll ich aufhören?“ Atem krabbelte wieder nach oben und drückte Heba einen Kuß auf den Mund.
 

„Ich... ich weiß nicht“, antwortete Heba ehrlich. „Ich mag es, aber...es macht mich auch unsicher.“
 

Atem sah in Hebas Augen dessen Unentschlossenheit, welchem Gefühl dieser den Vorzug geben sollte. Zärtlich strich er Heba eine verschwitzte blonde Strähne aus der Stirn. „Du bestimmst das Tempo“, sagte er sanft. „Nur du.“
 

Heba lächelte, aber als Atem über ihm kurz das Gewicht verlagerte, um sich besser halten zu können, wurde er erneut ganz rot. „Atem? W-was ist mit dir?“
 

„Was sollte mit mir sein?“
 

„Du bist noch immer... erregt“, brachte Heba mühevoll hervor.
 

Als Atem an sich hinuntersah, stellte er fest, daß Heba recht hatte. Sein harter Schaft ruhte auf Hebas weichem Bauch. In seinem Versuch, Heba zu beruhigen, hatte er seinen eigenen Zustand völlig vergessen. „Ich kümmere mich schon darum“, erwiderte Atem und setzte sich auf. Er holte mehrmals tief Luft. Nein, seinem Drängen, Heba zu verführen, wollte er nicht heute abend nachgeben. Es würde bessere Abende geben. Atem wollte gerade vom Bett rutschen, als Heba sich aufsetzte und seinen Oberarm ergriff. Atem sah Heba verwundert an.
 

„Nein.“ Hebas Stimme war leise, aber fest. In seinen Augen glänzte es verdächtig. „Bitte bleib bei mir. Atem, ich...ich hatte immer solche Angst vor der Dunkelheit. Schon immer. Nach meinem Unfall dachte ich, ich würde für immer in Dunkelheit gefangen sein. Aber du... Du machst mein Leben hell und warm wie eine Flamme. Auch wenn du mich verbrennst, ich will, daß du bei mir bleibst.“ Heba tastete sich zu Atem und setzte sich auf dessen Schoß. „Liebe mich.“
 

Es war nur ein Hauch, aber Atem hörte die letzten Worte dennoch. „Ich werde dich nicht verbrennen“, versicherte er Heba verwirrt. „Aber bist du dir sicher?“
 

„Ja, das bin ich. Schon seit dem Tag als du mir deine Liebe gestanden hast. Ich wußte nur nie, wie ich es sagen soll. Ich... bin nicht gut in so was“, wisperte Heba und schlug seine Augen nieder. Unsicher streichelte er mit einer Hand über Atems Brust.
 

„Ich dachte, es wäre dir unangenehm? Sex, meine ich.“ Atem zog Heba nahe an sich und unterdrückte ein Stöhnen als dessen warme Haut über seinen Schaft glitt.
 

Heba schüttelte den Kopf. „Darüber zu reden ist mir unangenehm. Nicht zu wissen, wie ich es anfangen soll, ist mir auch unangenehm. Aber es ist mir nicht unangenehm mit dir... mit dir zu schlafen. Ich vertraue dir.“
 

Atem ließ Heba langsam auf die weichen Laken gleiten und legte sich dann langsam auf ihn.
 

„Und ich vertraue dir“, erwiderte Atem leise. Er küßte Heba auf die Nasenspitze und lachte leise, als Heba deshalb die kitzelige Nase runzelte. „Wenn du willst, daß ich dich liebe, dann werde ich gewiß nicht Nein sagen.“
 

„Ich will es“, bestätigte Heba und hielt sich an Atem fest. „Bitte.“
 

Atem antwortete mit einem langen, leidenschaftlichen Kuß. Seine Hände glitten über Hebas milchweiße Brust, bis jede eine der empfindlichen Knospen fand. Sanft streichelte er über diese, bis Heba leise stöhnte. Atems Mund wanderte über Hebas Wangen bis zu seinem Ohr. Atem nahm das Ohrläppchen zwischen seine heißen Lippen und saugte daran. Seine Hüften bewegten sich rhythmisch und er rieb sich an Hebas Unterleib, bis dessen Schaft sich hart und verlangend gegen Atems Bauch drückte.

Hebas Augen waren geschlossen, seine Wangen rot vor Erregung und er atmete schwer. Genauso wollte Atem ihn sehen.

Atem ließ von Hebas Ohrläppchen ab und küßte sich zu dessen Schwanenhals. Er knabberte leicht an der Haut, bevor er sie in seinen Mund sog. Er hörte erst auf, als er sich des roten Males sicher war, um tröstend über die Stelle zu lecken.

Heba indessen war auch nicht untätig. Seine Hände glitten rastlos über Atems Rücken und schließlich fuhr er mit einem Finger Atems Wirbelsäule nach. Dieser bäumte sich mit einem Keuchen auf.
 

„Heba!“ Atem klang seine eigene Stimme fremd, so sehr wurde er von den Gefühlen überrollt, die Heba in ihm auslöste. Mit einem Stöhnen beugte er sich wieder zu Heba hinunter und leckte über eine süße Knospe seines Liebsten.

Heba schrie beinahe, als Atem ihn weiter so liebkoste. Der lächelte zärtlich.

„Du bist wunderbar, mein Kleiner, mein Heba“, wisperte er. „Ich verspreche, ich bleibe bei dir, damit du nie wieder alleine bist. Ich beschütze dich vor der Dunkelheit.“
 

„Atem, mein Geliebter...“ Heba konnte nicht weitersprechen, denn ein weiterer Zungenschlag raubte ihm die Sprache. „Bitte...“
 

Atems Zunge glitt tiefer, umkreiste Hebas Bauchnabel, um kurz hineinzustupsen, und hielt schließlich auf Hebas rechter Hüfte. Atem küßte diese Stelle, während seine Fingerspitzen immer wieder über Hebas Seiten glitten und sie reizten, bis dieser vor Lust wimmerte.

Diese süßen, ekstatischen Laute wollte Atem hören. Sie waren so viel schöner als Musik oder Gesang und sie erhitzten sein Blut. Seine Lippen glitten nach unten über Hebas Schenkel und neckend ließ er immer wieder seine Zunge wie eine Eidechse hervorschnellen, um die milchweiße Haut zu kosten. Diese wunderbar helle Haut.

Atem beobachtete, wie seine eigenen dunkelhäutigen Hände forschend über Hebas Leib glitten. Der Kontrast, den sie beide abgaben, gefiel ihm. Hell und dunkel.

Heba keuchte und hatte seine Hände in die Laken gekrallt. Ab und zu entwich seinen Lippen ein Laut, den man mit viel Fantasie als „Atem“ erkennen konnte.
 

Dem gefiel das nur zu gut. Heba war in der Tat so empfindlich, wie es Atem angenommen hatte. Seine eigenen Schenkel waren durch gut ein Jahr im Sattel schon längst nicht mehr empfindlich und die Beschneidung hatte dazu geführt, daß sein Schaft nicht mehr so leicht zu reizen war wie davor. Aber Heba zuzuhören, ihm zuzusehen, erregte Atem auf eine Weise, wie es keine Berührung je vermocht hätte.

Atem krabbelte wieder nach oben und für einen Moment überlegte er, ob er seine Fantasie von vorhin nicht wahr machen und Hebas Schaft mit seinem Mund Vergnügen bringen sollte. Dann entschied er sich anders. Sein eigenes Verlangen drängte ihn und er wollte Hebas Wunsch erfüllen. „Warte eine Sekunde, mein Liebling“, wisperte Atem zärtlich, bevor er vom Bett sprang und sich eines der Ölkännchen griff, mit dessen Inhalt er normalerweise Haut und Haar vor Austrocknung schützte. Mit seiner Beute kehrte er zufrieden auf das Bett zurück.
 

„Atem? Was machst du?“ fragte Heba. Er hatte seine Augen wieder geöffnet und versuchte, sie auf Atems Gesicht gerichtet zu halten.
 

„Ich habe Öl geholt. Das werden wir brauchen, damit ich dich nehmen kann.“
 

„N-nehmen?“ Heba saß sofort senkrecht im Bett. „Wie nehmen?“
 

Die Verwirrung in Hebas Gesicht und Stimme sagte Atem, daß Heba wohl keine Ahnung von diesem Teil der Liebeskünste hatte. „In deinen Po.“ Atem entschloß sich, es ehrlich und einfach zu halten.
 

„Oh... T-tut das weh?“
 

„Kommt darauf an. Wenn du dich verkrampfst, tut es auf alle Fälle weh.“ Atem drehte das Kännchen in seinen Händen, um den Inhalt etwas zu erwärmen. „Je entspannter du bist, desto weniger tut es weh.“
 

„Ist das notwendig? Können wir nicht anders...? Ich wußte nichts davon.“ Heba fuhr sich durch seine zerzausten Haare.
 

„Ich verspreche, es fühlt sich sehr gut an. Besser als was du bis jetzt gespürt hast.“
 

Heba zauderte. „Wirklich?“
 

„Ja. Ich habe es schon selbst gespürt. Wenn du mich läßt, zeige ich dir erst mit nur einem Finger, was ich meine. Das mit den Fingern ist auch notwendig, damit du locker bist und ich das Öl gut verteilen kann.“
 

Heba zögerte noch einen Moment, dann legte er sich wieder hin. „In Ordnung“, antwortete er mit zitternder Stimme. „Ich bin nur etwas nervös.“
 

„Das war ich auch, als es um mein Hinterteil ging“, witzelte Atem, um Heba aufzumuntern. „Am besten atmest du die ganze Zeit tief ein und aus. Das entspannt.“
 

Heba nickte und machte sich daran, Atems Ratschlag in die Tat umzusetzen. Nach einigen Sekunden konnte Atem deutlich sehen, wie die ersten Spannungen aus Hebas Körper wichen. Sehr gut.

Atem gab eine mehr als großzügige Menge Öl auf seine Finger, dann spreizte er Hebas Schenkel. Der verspannte sich gleich wieder. Atem murmelte leise Worte der Beruhigung und ließ erst mal nur einen Finger in die warme Ritze gleiten. Sanft rieb er über den Ring und darum herum. Zum einen um das Öl zu verteilen, zum anderen um Heba Zeit zu geben, sich an die neuen Gefühle zu gewöhnen.

Heba entspannte sich nach einer Weile sichtlich. Seine Augen schlossen sich und er stöhnte wohlig.

Atem streichelte mit seiner anderen Hand über Hebas Schenkel, dann schob er langsam und vorsichtig seinen Zeigefinger in Hebas Eingang. Er spürte, wie die Muskeln im ersten Moment versuchten, seinen Finger wieder hinauszuschieben. Sobald er sicher war, daß Heba noch immer ruhig war, drang er weiter ein und genoß das Gefühl von Hebas warmen, seidenweichen Wänden.

Atem zog seinen Finger langsam etwas zurück. Hebas Aufschrei zeigte ihm, daß er den Punkt gefunden hatte, mit dem er diesen in die Ekstase treiben konnte. „Verstehst du jetzt?“ wisperte Atem.
 

Heba konnte nur schwach nicken, bevor Atems nächste Bewegung ihn erneut aufschreien ließ.

Atem stieß Heba zuerst nur langsam, aber je mehr er merkte, daß dessen Eingang sich lockerte, desto schneller wurde er. Hebas Lustschreie nahmen entsprechend zu. Schließlich ließ Atem noch einen zweiten und schließlich einen dritten Finger in Hebas Po gleiten. Vorsichtig spreizte er diese mehrmals.
 

„A... Atem!“ Heba keuchte und Schweiß tropfte von seiner roten Stirn. „Ich will dich! So sehr!“ Er versuchte, sein Becken gegen Atems Finger zu bewegen.
 

Atem lächelte zufrieden. Heba war jetzt wirklich bereit. „Ich will dich auch, Heba, mein Liebling. Bleib nur entspannt.“ Er verteilte eine großzügige Menge Öl auf seinem Schaft, dann spreizte er Hebas Beine weiter und ließ seine Arme unter sie gleiten, damit Heba deren Gewicht nicht alleine tragen mußte. Er beugte sich zu Heba hinunter und küßte und neckte dessen Halsbeuge. Langsam glitt sein Schaft in Hebas herrlich warmen und engen Eingang. Atem stöhnte in seinem Genuß.
 

Heba hatte die Augen geschlossen und umarmte Atem, als wolle er diesen nie wieder loslassen. „Ich... ich liebe dich... Atem.“ Er preßte sein heißes Gesicht gegen Atems Brust.
 

Atem spürte Feuchtigkeit auf seiner Haut und sah, daß aus Hebas Augenwinkeln Tränen quollen. „Ich tue dir weh!“ erkannte er entsetzt, aber Heba hielt ihn unerbittlich fest. Er konnte sich nicht mehr zurückziehen.
 

„Es... es ist gut. Du bist gut“, wisperte Heba und bedeckte Atems Brust mit Küssen. „Hör nicht auf!“ Als er eine von Atems Knospen fand, nahm er sie in den Mund und saugte leicht daran.
 

Atem stöhnte leise. „Gut. Sag mir aber, wenn es zu schlimm wird, ja?“ Ganz langsam zog er sich ein Stück zurück, nur um dann wieder völlig in Heba einzudringen.
 

„D-der Schmerz ist weg“, keuchte Heba, dann ließ er seine Zunge über Atems glühende Haut gleiten.
 

Atem nickte und suchte den richtigen Winkel. Er wollte Heba den Schmerz vergessen lassen. Jeden Schmerz, den der je hatte erdulden müssen. Nach mehreren langsam Stößen hörte er endlich wieder Hebas süßen Lustschrei. Atem zog Heba so nahe wie nur möglich an sich. Er mußte die Haut des anderen spüren, mußte spüren wie schnell Hebas Herz schlug. Atems Lippen senkten sich auf Hebas und seine Zunge drang sofort in dessen Mund. Hebas selbstvergessene Schreie wurden so gedämpft.

Atem stieß immer schneller in den willigen Körper unter sich und berauschte sich an Hebas süßem Geschmack. Hitze schoß über seinen Rücken, wo Heba ihn streichelte und er spürte, wie sich sein Unterleib zusammenzuziehen begann. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit. Mit einer Hand ergriff er Hebas heißen Schaft und streichelte mehrmals über die seidige Haut.

Heba, der in seiner Leidenschaft schon längst kein richtiges Wort mehr formen konnte, kam mit einem erstickten Keuchen. Seine Finger krallten sich schmerzhaft in Atems Rücken und der konnte nur noch kehlig stöhnen, bevor er Heba in das blendend weiße Licht des Höhepunktes folgte.

Sekunden später lagen sie schwer atmend in den Armen des jeweils anderen. Atem hatte Mühe, seine Augen noch offenzuhalten und Heba schien es ebenfalls so zu gehen.
 

„Autsch!“ sagte Heba schließlich und verzog das Gesicht.
 

Atem stemmte sich alarmiert in die Höhe. „Heba, tut dir dein Hintern weh? Habe ich dich verletzt?“
 

Heba schüttelte den Kopf. „Ich habe einen Krampf im Bein“, klagte er und legte eine Hand auf seinen rechten Schenkel. Plötzlich begann er zu lachen und Atem stimmte, nachdem er sich wieder auf das Bett hatte fallen lassen, befreit mit ein.
 

„Das nächste Mal schieb ich dir ein Polster unter deinen süßen Po“, erklärte er schließlich. „Aber jetzt hole ich erst mal die Waschschüssel.“
 

Heba konnte nickte lachend. „Es war schön“, meinte er dann und sein Lächeln ließ Atem das Herz übergehen.
 

***
 

„Atem? Hast du mal kurz Zeit für mich?“ Mana stupste Atem an, der am nächsten Nachmittag ein Sonnenbad im Garten nahm.
 

Aus seinen Träumen über den gestrigen Abend gerissen, drehte er sich auf den Rücken und sah Mana an. „Was gibt es denn?“ murmelte er und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er sich wünschte, er könnte weiter an Heba denken.
 

Mana setzte sich neben Atem auf die Liege. Sie machte einen verlorenen und bedrückten Eindruck. „Mahado geht morgen los, um das Grab deines Vaters zu versiegeln. Ich mache mir Sorgen um ihn.“
 

Atem setzte sich auf und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Er ist mächtig und gut vorbereitet. Du mußt dich nicht sorgen.“
 

„Das sagst du so einfach“, erwiderte Mana und verbarg ihr Gesicht in den Händen. „Ich habe einfach ein schlechtes Gefühl bei der Sache. Ich weiß, etwas wird passieren!“
 

„Isis hat nichts gesehen“, gab Atem zu bedenken.
 

„Ja, aber die Macht ihrer Millenniumskette schwindet. Das haben wir doch alle schon bemerkt. Bakuras böse Macht scheint die Magie der Millenniumsgegenstände zu beeinflussen. Oh, Atem! Wenn Mahado wenigstens mit mir reden würde...“
 

„Mit mir redet er auch kaum noch. Du hast recht, das alles ist beunruhigend.“
 

„Was ist nur los mit ihm? Ob er krank ist?“
 

„Körperlich offenbar nicht. Weißt du was? Ich werde gleich noch mal mit ihm zu reden versuchen.“ Atem stand auf. „Was auch immer ihn bedrückt, sollte ausgesprochen sein, bevor er morgen ins Tal der Könige geht.“
 

Mana lächelte dankbar. „Ich schulde dir was!“ rief sie ihm nach.
 

Atem fragte sich, was mit Mahado los war. Seit Wochen wich er Mana und Atem aus und schob seine Arbeit an dem Schutzzauber als Entschuldigung vor. So langsam glaubte Atem, daß der Grund für Mahados merkwürdige Laune gar nicht in dessen Arbeit zu suchen war. Nein, es mußte etwas persönliches sein. Wenig später klopfte Atem an Mahados Türe und trat auf dessen Erlaubnis hin ein.
 

„Mein Pharao!“ Mahado sprang auf, als er Atem erblickte und verneigte sich tief.
 

„Wie oft eigentlich noch? Wenn wir unter uns sind, kannst du dieses ganze höfische Getue lassen. Kommt es dir nicht lächerlich vor, jemanden, den du nackt durch die Gärten hast rennen sehen, ständig so ehrerbietig anzureden?“ Atem ließ sich in einen Stuhl fallen und ließ alle Viere gerade sein.
 

„Wenn dieser jemand Pharao geworden ist, dann nicht. Bist du wegen des Zaubers hier? Ich kann dir versichern, alles wird perfekt ablaufen. Wir bringen die Mumie deines Vaters von ihrem bisherigen sicheren Verwahrungsort zurück in das Grabmal und werden dann den Zauber wirken. Ich habe die Aufzeichnungen hier irgendwo...“ Mahado verschob mehrere Papyri auf seinem Tisch.
 

„Wir haben das bereits heute morgen besprochen. Nein, deshalb bin ich nicht hier. Du weichst uns aus, Mana und mir, und ich wüßte gerne den Grund dafür.“ Atem setzte sich auf und streckte eine Hand aus, um Mahado davon abzuhalten, das Chaos auf dessen Schreibtisch noch zu vergrößern.
 

„Es war nicht leicht, diesen Zauber zu schreiben“, antwortete Mahado verärgert. „Natürlich fehlte mir da die Zeit, in den Gärten zu faulenzen.“ Er sah Atem wütend an. „Oder mich nachts mit jemandem in den Laken zu wälzen. Der ganze Palast weiß bereits Bescheid.“ Eine der Schriftrollen fiel zu Boden und Mahado bückte sich mit einem uncharakteristischen Fluchen nach ihr.
 

„Sollen sie glauben zu wissen, was sie wollen. Meine Beziehung mit Heba ist wohl kaum der Grund, warum du...“ Atems Augen weiteten sich, als er plötzlich eine Eingebung hatte. „Du bist verliebt“, stellte er erstaunt fest.
 

„Und wenn es so wäre?“ Mahado warf die Schriftrolle zurück auf den Tisch, wo sie mit einem leisen Klatschen landete. „Es ändert doch nichts daran, daß ich für so was keine Zeit habe.“
 

„Ach, Unsinn! Du bist im besten Alter um an eine Gemahlin und Kinder zu denken. Wenn der Zauber morgen erst mal gewirkt ist, hast du genug Zeit dafür. Wer ist denn deine glückliche Auserwählte?“ Atem grinste. Er hatte so eine Ahnung...
 

„Ausgerechnet du willst mich über ein intaktes Familienleben aufklären. Daß ich nicht lache!“ Mahado schlug mit der Faust auf den Tisch. „Sie ist zu jung und die Götter mögen wissen, was sie fühlt.“
 

„Wenn du sie nicht fragst, wirst du das freilich nicht wissen“, antwortete Atem und rollte mit den Augen. Sein Freund konnte äußerst stur sein, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Aber Atem konnte noch sturer sein. „Darf ich raten? Es geht um Mana.“
 

Mahado sah Atem einen Moment wortlos an, dann setzte er sich mit einem resignierten Seufzer ebenfalls. „Ist es so offensichtlich?“ erkundigte er sich geschlagen.
 

„Du verhältst dich keiner anderen Frau gegenüber plötzlich so anders.“ Atem stand auf. „Und sie mag dich auch. Also geh zu ihr und sag es ihr.“
 

Mahado sah erstaunt aus, dann lächelte er traurig. „Ich denke nicht, daß das klug ist. Sie ist meine Schülerin und ich bezweifle, daß sie für eine Familie bereit ist. Sie ist noch sehr jung.“
 

„Sie ist genauso alt wie ich. Wenn du mit mir darüber sprechen kannst, dann auch mit ihr. Zwing mich nicht, dich zu ihr zu schleifen, Mahado!“ drohte Atem. „Es ist nicht allein deine Entscheidung, was Mana mit ihrem Leben machen oder nicht machen kann. Zu so etwas gehören immer zwei.“
 

„Na schön! Ich werde noch heute mit ihr reden, aber erwarte nicht zuviel. Ich weiß ja, daß du sonst keine Ruhe geben wirst.“
 

„Es geht hier nicht um mich, sondern um sie und dich“, war Atems Antwort, dann verließ er das Zimmer. Hoffentlich würde Mahado diese Sache wirklich noch heute in Angriff nehmen. Atem hielt sich nicht für die beste Wahl, anderen Leuten Ratschläge in Liebesdingen zu geben, aber aus irgendeinem Grund schien Mana lieber mit ihm als mit Nefertiti darüber zu reden.
 

Als Atem wieder zu seiner Liege zurückkam fand er auf der Heba vor. Neben der Liege stand der Wagen aus Holz und Binsen, in dem Amisi tief und fest schlief.
 

„Atem!“ Heba wandte seinen Kopf und lächelte diesen glücklich an.
 

„Heba, wie geht’s dir?“ Atem legte sich neben Heba. „Wie gut, daß du so schlank bist“, scherzte er. „Hat Nefertiti dich zum Kinderhüten verdonnert?“
 

Heba lachte und stupste Atem in die Seite. „Mir geht es gut, keine Sorge. Wenn ich schlank bin, dann bist du zu dünn und nicht ich wurde zum Kinderhüten eingeteilt, sondern du. Nefertiti meinte, Amisi und du bräuchten etwas ungestörte Vater-Tochter-Zeit.“
 

„So dünn bin ich auch wieder nicht“, konterte Atem. „Ich weiß, Nefertiti meint es gut, aber was bitte sollen ein Säugling und ich miteinander anfangen? Amisi kann noch nicht reden oder laufen und sie schläft die meiste Zeit.“
 

„Du klingst wirklich wie ein Erwachsener“, triezte Heba Atem. „Sei ein guter Vater, Liebster.“
 

„Und wie?“
 

„Tja, davon habe ich keine Ahnung“, war Hebas komisch-verzweifelte Antwort.
 

„Sehr hilfreich.“ Atem ließ seine Hand über Hebas Seite gleiten.
 

„Hör auf, das kitzelt“, wehrte Heba lachend ab.
 

„Nein, das ist deine Strafe, weil du es gewagt hast, mich zu veräppeln. Sei ein Mann und steh sie durch.“ Atem lachte ebenfalls. Er packte den zappelnden Heba und kitzelte ihn unerbittlich durch.
 

Heba lachte, bis ihm die Tränen aus den Augen liefen. „G-gemein!“ japste er zwischen zwei Lachern.
 

„So ist das Leben.“ Atem beugte sich zu Heba hinunter und knabberte kurz an dessen Ohrläppchen.
 

Heba wand sich nur noch mehr. „G-gnade!“ kicherte er. „Oh m-mächtiger Pharao, Gnade!“
 

Atem tat so, als müßte er überlegen, dann grinste er. „Also wenn du mich so bittest, dann kann ich dir meine Gnade nicht verwehren“, antwortete er und küßte Heba auf die Nasenspitze. Seine Hände lagen jetzt nur noch auf Hebas empfindlicher Haut.
 

„Danke.“ Heba hob den Kopf und gab Atem einen schiefen Kuß auf den Mund. „Sonst hättest du noch Amisi aufgeweckt. Außerdem ist mir auch so schon heiß genug. Ich vermisse das Meer.“
 

„Wasser haben wir hier auch“, antwortete Atem. „Und ich mag dich heiß“, fügte er leiser hinzu.
 

Heba errötete. „Atem! Nicht hier. Wer weiß, wer uns zuhört.“
 

„Nur Amisi, aber die versteht doch sowieso noch kein Wort.“ Atem setzte sich auf, um Heba mehr Raum zu geben.
 

„Vielleicht, vielleicht auch nicht.“ Heba starrte blicklos auf den Kinderwagen. „Ich will nicht, daß jeder weiß, daß wir...“
 

Atem ergriff Hebas Hand und drückte sie. „Warum? Ist es so furchtbar, mit mir zusammen zu sein?“
 

„Natürlich nicht. Aber nicht jeder kann damit leben, daß zwei Männer sich lieben“, erwiderte Heba unglücklich. „Ich will nicht, daß einer von uns deshalb Ärger bekommt, verstehst du?“
 

„Ich verstehe dich schon, aber hierzulande tendieren die Leute dazu, eine solche Beziehung zu ignorieren. Ein jeder schlafe mit dem Menschen, der ihm am liebsten ist.“
 

„Ich kann mir kaum vorstellen, daß es so einfach ist.“ Heba setzte sich auch auf und umarmte Atem. „Aber schön wäre es schon.“
 

„Ach, Heba! Klatschen werden die Menschen immer, unabhängig davon, mit wem man nun das Bett teilt. Wisse, daß dir hier niemand etwas tun kann. Das verspreche ich dir.“ Atem küßte Heba liebevoll auf die Stirn.
 

„Vielleicht hast du recht. Es war nur nicht leicht, zu erkennen, daß ich als Mann auch Männer mag. Schon gar nicht, wenn ich fürchten mußte, was geschehen wäre, hätte es mein Onkel herausgefunden.“
 

„Es war auch für mich nicht einfach.“ Atem strich gedankenverloren über Hebas Rücken. „Ich habe viele dumme Dinge getan, weil ich es einfach nicht akzeptieren wollte. Als Pharao ist es meine Aufgabe, einen Thronerben zu zeugen, aber das kann ich nicht, obwohl ich es versucht habe“, erklärte er leise. „Andere Männer können es, aber ich...“
 

„Du hast es versucht?“
 

„Natürlich habe ich das. In meinen Gedanken und mit Nefertiti, aber es hat nie funktioniert.“ Atem streichelte über Hebas Haar und fuhr mit warmer Stimme fort: „Aber jetzt stört mich das alles nicht mehr. Ich sehe dich an und ich weiß, wo mein Platz ist. Ich sehe Amisi an und ich weiß, wo ihr Platz eines Tages sein wird. Es gibt Lösungen für jedes Problem, man muß sie nur finden.“
 

Heba lächelte. „Wenn... wenn du es könntest... Du sollst nur wissen, daß ich es dir nicht übelnehmen würde, wenn du... Wie du sagtest, ein Thronerbe ist wichtig.“
 

„Du würdest es mir vielleicht nicht übelnehmen, aber es würde dich verletzen. Ich will dich aber nicht verletzen.“ Atem schwieg einen Moment. „Willst du Kinder?“ fragte er plötzlich.
 

„Dafür fühle ich mich viel zu jung.“ Dennoch lag eine Traurigkeit in Hebas Augen, die Atem tief berührte. „Aber selbst wenn ich älter wäre, ich könnte mit niemand anderem auf der Welt teilen, was ich mit dir geteilt habe. Aber das macht nichts, ich muß mir sowieso keine Gedanken mehr darum machen, wer mir einmal auf den Thron nachfolgen wird.“
 

„Heba...“
 

„Ist schon gut, Atem. Ich wollte nie König sein. Ich konnte ja nicht ahnen, daß Seth mich belauschen und meine Worte auf die schlimmstmögliche Art wahr werden lassen würde.“
 

Atem sah Heba überrascht an. „Glaubst du wirklich, daß es deine Schuld ist, was mit deinen Eltern geschehen ist?“
 

„Ich habe mir nicht gewünscht, sie zu verlieren, das ist wohl wahr, aber ich habe meinen eigenen Platz nicht rechtzeitig gefunden.“ Heba stand auf und suchte mit seinem Stock den Weg zu einer der zahlreichen Blumenrabatten. „Hätte ich akzeptiert, daß ich einmal König sein werde, vielleicht würden sie dann noch leben.“
 

Atem folgte Heba. „Das ist doch Unsinn! Es ist nicht in irgendeiner Form deine Schuld. Antes hat geputscht und ließ deine Eltern ermorden. Vielleicht war da ein boshafter Gott involviert, aber nichts, was du gesagt oder getan hast, hat dazu geführt, sondern nur die Machtgier in Antes’ schwarzem Herzen. Ich bin mir sicher, du wärst ein guter und weiser König geworden.“
 

„Das sagt sich leicht, Atem. Ich glaube das nämlich nicht. Wer bin ich, daß ich mir anmaßen kann, über Leben und Tod zu bestimmen?“ Heba wischte sich vergeblich über die Augen. „Ich könnte niemanden zum Tode verurteilen. Ich weiß nicht, wie du es kannst.“
 

„Ich weiß es auch nicht.“ Atem sah zu Boden und versuchte, die Erinnerungen an tote, verstümmelte Körper aus seinem Bewußtsein zu verdrängen. „Ich weiß nur, ich kann nicht das Gesetz meiner Väter brechen.“
 

„Genügt dir das als Rechtfertigung?“
 

„Heba, bitte...“
 

„Wenn du Hetep-Heres einfingest, müßtest du sie ebenfalls zum Tode verurteilen. Würdest du da zögern?“ Heba lauschte aufmerksam.
 

„Ich... Warum fragst du mich das, Heba? Natürlich würde ich sie am liebsten tot sehen, aber...“
 

„Aber sie ist – oder war – deine Schwester.“
 

„Und sie hat meine Nichte und meine Neffen ermordet. Soll sie da fröhlich durch die Weltgeschichte spazieren dürfen?“
 

„Du könntest sie einsperren. Ihr ganzes Leben lang“, schlug Heba vor.
 

Atem setzte sich wieder auf die Liege und sah zu Amisi. „Ich bekomme Kopfschmerzen. Das alles ist viel zu schwierig, mein Kleiner. Ich kann dir keine Antworten auf diese Fragen geben, denn ich kenne sie ja noch nicht einmal selbst.“
 

Heba kam ebenfalls zur Liege zurück und legte eine Hand auf Atems Stirn. Er sah nachdenklich aus. „Aber eines Tages wirst du sie kennen müssen“, sagte er leise. „Was dann?“
 

„Dann werde ich wohl die Götter um ihren Rat bitten müssen.“ Atem lächelte schwach. Er legte einen Arm um Hebas Hüften und zog diesen auf seinen Schoß. Er legte seinen Kopf auf Hebas und seufzte. „Solange ich weiß, daß du da bist, wird sich schon alles zum Guten wenden, da bin ich sicher.“ Heba hob seinen Kopf und für einen Moment schien es Atem, Heba würde ihn direkt ansehen.
 

„Ich wünsche mir, daß du recht behältst“, erwiderte Heba leise. Dennoch konnte Atem die Unsicherheit in seinen Augen sehen.
 

***
 

Mana war schrecklich ruhig. Ihr sonst so lebhaftes Gesicht war zu einer Maske erstarrt, über die unaufhörlich Tränen liefen. Blaß und mit weit aufgerissenen Augen kniete sie zu Füßen des Throns auf dem Platz, auf dem noch vor wenigen Stunden Mahado seine letzten Planänderungen vorgetragen hatte.

Isis, die neben ihr kniete, hatte dem Mädchen eine Hand auf die Schulter gelegt und redete beruhigend auf es ein, aber nichts schien Mana in ihrem derzeitigen Zustand noch zu erreichen.

Siamun, Schada, Akunadin, Set und Karim waren ebenfalls von sprachloser Trauer gefesselt, aber zusätzlich brannte in ihren Augen das Feuer des Hasses und der Wut.
 

Atem selbst konnte es ihnen nicht verdenken, schließlich ging es ihm genauso. Sein bester und ältester Freund, mit dem er gespielt hatte, seit er denken konnte, war fort und würde nie wieder hier bei ihnen sein. Mahado hatte ein schlimmeres Schicksal als der Tod ereilt.

Nichts war so abgelaufen, wie sie es geplant und sich erhofft hatten. Bakura, von dem sie so lange nichts gehört hatten, hatte sich auf schreckliche Weise wieder zurückgemeldet. Mahado hatte seine gesamte Macht eingesetzt, um das Reich vor dem elenden König der Diebe zu schützen und es hatte ihn ein furchtbares Opfer gekostet. Mahados Seele war nun auf alle Zeiten zusammen mit seiner gesamten Magie in einer Steintafel versiegelt wie sonst nur die bösen Kreaturen, die sich in menschlichen Seelen einnisteten.

Atems Blick heftete sich auf sein Diaha Diank. Ihm wurde übel, wenn er daran dachte, daß er Mahado jetzt nur noch sehen konnte, wenn er ihn wie ein Duellmonster beschwor.

Er sah wieder zu Mana. Mahado hatte ihm noch vor dem Aufbruch gesagt, daß er mit Mana geredet hätte. Genaue Details hatte er Atem nicht erzählt, aber Manas vernichtete Gestalt sprach Bände darüber, daß sie sich noch vor Kurzem eine ganz andere Zukunft als diese vorgestellt hatte.

Atem rieb sich müde über die Augen. Nefertiti, die einige Stufen unter ihm auf ihrem Stuhl saß, hatte den Kopf gesenkt, aber Atem wußte auch so, daß sie weinte.
 

Siamun schien als Erster die Sprache wiedergefunden zu haben, denn er sagte: „Majestät, wir müssen dringend beraten, wie wir weiter vorgehen wollen. Bakura ist es gelungen, den Millenniumsring an sich zu bringen. Wer weiß, welche Schandtaten er mit ihm plant.“
 

„Natürlich, Siamun“, erwiderte Atem und setzte sich gerade hin. „Was für neue Erkenntnisse haben wir über Bakuras Bande?“ Wie sehr es ihn auch schmerzte, er mußte weitermachen. Für einen Pharao gab es keine Ruhepausen.
 

***
 

Heba saß unter einem schattenspendenden Schirm auf der Liege, die Atem sonst für seine Sonnenbäder nutzte. Heute war er ganz allein hier draußen. Der Hof war mit seiner Krisensitzung beschäftigt und Amisi war bei ihrem Kindermädchen.

Heba fuhr mit ruhelosen Händen über den weichen, feinen Stoff der Liege. In einem Baum mehrere Schritte von seinem Standpunkt entfernt, zwitscherte ein kleiner Vogel selbstvergessen sein Lied. Insekten summten durch die Luft und wenn sie Heba zu nahe kamen, konnte er sogar die durch die Flügel aufgewirbelte Luft auf seiner Haut spüren. Aus der Palastküche drang der Geruch von gebratenem Rind, Anzeichen, daß man heute zu feiern und nicht zu trauern gedacht hatte, war Rindfleisch doch eine rare Delikatesse. Heba spürte die Sonne auf seinen Zehen. Nach dem Wärmegrad zu urteilen würde sie wohl bald untergehen.
 

Er tastete nach seinem Stock, den er an die Liege gelehnt hatte, und war erleichtert, das alte, polierte Holz zu fühlen. Ohne seinen Stock nützte ihm auch sein guter Orientierungssinn nichts, denn ohne dieses unverzichtbare Hilfsmittel konnte er nur zu leicht stolpern oder gegen etwas laufen, was gestern noch nicht da gewesen war.

Atem, Nefertiti, alle schienen jedes Mal aufs Neue überrascht, wenn er seinen Weg inzwischen mühelos durch den Palast und die Gärten fand und niemals vor einer falschen Tür hielt. Er wußte, es war nicht ihre Schuld, aber manchmal überkam ihn das Gefühl elender Wut und Ohnmacht, daß sie ihn offenbar ob seiner Blindheit auch noch für blöd hielten.

Aber sich in Selbstmitleid zu suhlen lag Heba kaum. Er wollte immer das Schlechte seiner Vergangenheit vergessen, um sich auf die Zukunft und all die guten Dinge zu konzentrieren. Das gelang ihm freilich nicht immer und in letzter Zeit noch weniger. Atem sein Herz ausschütten zu können, wann immer ihm danach war, war eine berauschende und befreiende Tätigkeit. Manche Dinge taten weh, würden wohl immer wehtun, aber sie mit Atem zu teilen machte es doch irgendwie einfacher und vertrieb sie aus seinen Träumen.

Heute abend, das wußte Heba, würde es aber Atem sein, der sein Herz würde erleichtern müssen. Er selbst kannte Mahado kaum, aber die Art und Weise wie Atem immer über Mahado gesprochen hatte, sagte Heba, daß Atem der Verlust seines Freundes nur allzu nahe gehen würde.
 

Heute morgen hatten Heba und Atem verabredet, sich bei Sonnenuntergang hier im Garten zu treffen. Atem würde sicher kommen, sobald die Ratssitzung vorbei war. Armer Atem! Anstatt sich sofort zurückziehen zu können, um Mahados Verlust zu betrauern, mußte er stundenlang wie eine Statue still im Thronsaal sitzen und diskutieren. Natürlich wußte Heba aus seinem eigenen Unterricht, daß persönliche Dinge hinter dringenden Staatsangelegenheiten zurückstehen mußten, aber er konnte sich nur zu gut vorstellen, wie Atem im Moment leiden mußte. Die Götter schienen Ägypten momentan nicht gewogen zu sein.

Heba hob den Kopf und lauschte. War da nicht eben ein Geräusch gewesen? Es hatte wie der Schritt eines baren Fußes geklungen. „Atem?“ fragte er leise und drehte den Kopf, um besser hören zu können. Plötzlich schlug etwas mit Wucht gegen die Liege und Hebas Stab fiel klappernd zu Boden.

„Was...?“ Bevor Heba fortfahren konnte, wand sich ein starker Arm um seine Hüften und Arme und etwas Metallenes preßte sich gegen seine Kehle. Ein Messer!
 

„Ganz still!“ zischte eine zornige Stimme in Hebas Ohr. „Nur einen Mucks und ich schneid dir die Gurgel durch.“
 

Schreck und Furcht flossen durch Hebas Adern und sein Herz klopfte wie wild. Völlig erstarrt wartete er, was sein Häscher nun tun würde. Er wagte es nicht, sich zu rühren oder auch nur einen Laut von sich zu geben. Die Stimme seines Angreifers hatte Heba noch nie zuvor gehört, dessen war er sich sicher, aber den Geruch des Mannes kannte er: Heu, Pferde, Stroh, Mist. Wer konnte das sein?
 

„Ja, bleib schön brav, du dreckiger, kleiner Mistkäfer.“ Der Mann keuchte laut. Er mußte hinter Heba stehen. „Du kommst dir wohl besonders wichtig vor, nicht wahr?“
 

„Ich verstehe nicht“, wisperte Heba mit zitternder Stimme. Tränen liefen aus seinen Augen, sein Magen hatte sich zu einem harten, schmerzhaften Knoten zusammengezogen und das Blut rauschte in seinen Ohren. Wo blieb nur Atem? Nur noch Atem könnte ihn vor diesem verrückten Messerschwinger retten.
 

„Verstehen?“
 

Das Messer drückte sich stärker gegen Hebas Hals und er fühlte den scharfen, hohen Schmerz von zerschnittener Haut. Er wurde härter gegen eine verschwitzte Brust gepreßt.
 

„Du nutzloser, kleiner Mistkerl, glaubst du wirklich, du könntest dem Pharao auf Dauer gefallen? Sobald er jemanden sieht, der ihn mehr reizt, wird er dich fallenlassen. Für ihn wird es immer genügend Möglichkeiten geben, um nicht alleine in einem Bett liegen zu müssen. Der Pharao wird deiner schnell überdrüssig werden, genauso wie er auch meiner überdrüssig geworden ist, als du aufgetaucht bist.“
 

„Nein, das ist nicht wahr“, erwiderte Heba leise. „Atem...“
 

„Oh, Atem darfst du ihn nennen! Nicht so wie ich. Ich durfte immer nur im Staub vor ihm kriechen. Mit dem Hintern zu ihm, wenn du verstehst. Du bist nicht sein erster Liebhaber und du kannst darauf wetten, daß du auch nicht sein letzter sein wirst.“ Die Stimme war voller Bitterkeit. „Ich hätte meinen Stand verbessern können, ich hätte genug zu essen für meine Familie bekommen können, aber dank dir kleiner, adliger Ratte wird nichts davon wahr werden.“
 

„Du wirst sterben, wenn die Wachen dich erwischen“, versuchte Heba seinen Angreifer zu verscheuchen.
 

„Das ist auch schon egal! Meine kleine Schwester ist gestorben, weil wir uns keinen Arzt leisten konnten. Ohne sie ist es sowieso sinnlos. Aber bevor ich abtrete, sorge ich dafür, daß es dem Pharao leidtun wird, wie er mich behandelt hat.“
 

„Du machst dich doch nur selbst unglücklich! Das kann es nicht wert sein. Bitte...“ Heba überlegte fieberhaft wie er entkommen könnte. Der Mann und seine Schwester taten ihm ehrlich leid, aber er wollte auch nicht sterben.
 

„Halt’s Maul!“ Der Arm zerrte Heba noch näher und der konnte den Atem des Angreifers am Hinterkopf spüren. „Ich schlitz dir das Gesicht auf, dann werden wir ja sehen, wie lange der Pharao noch mit dir ficken will.“
 

Hebas Kopf schoß mit Wucht nach hinten. Ein gräßliches Knacken gefolgt von einem schmerzerfüllten Geheul zerriß die Ruhe des Gartens und kündete davon, daß Heba die Nase seines Angreifers zertrümmert hatte.

Heba hatte Gewalt immer gehaßt und war nur sehr ungern zu den zahlreichen Unterrichtsstunden gegangen, in denen er kämpfen gelernt hatte. In diesem Moment aber war Heba dankbar, daß er nicht vollkommen hilflos war.

Heba rutschte blitzschnell aus der gelockerten Umklammerung und ergriff mit Erleichterung sofort seinen Stab. Das dumpfe Pochen seines Hinterkopfes ignorierte er für den Moment. Sofort sprang Heba wieder hoch und ließ den schweren Stab auf das keuchende Atemgeräusch herabfahren. Ein Vibrieren sagte ihm, daß er Knochen getroffen hatte. Der Angreifer brüllte wie ein wildes Tier.

So schnell wie das Gebrüll von Hebas Gegner lauter wurde, war sein Angreifer schon auf dem Weg zu ihm. Heba riß den Stab hoch und wich einen Schritt zurück. Ein harter Schlag fuhr durch das Holz, das Heba fest umklammert hielt. Seine Zähne klapperten. Er hörte wie sein Gegner nach Atem ringend zurückwich. Heba setzte ihm sofort nach und rammte die obere Spitze seines Stockes dahin, wo der Wanst seines Gegners sein mußte. Ein gequältes Stöhnen ertönte.

Heba dachte, es wäre vorbei, da bohrte sich glühend heißer Schmerz in seine linke Schulter. Der Gegner benutzte Hebas Größe zu seinem Vorteil. Halb besinnungslos vor Schmerz entglitt der Stab Hebas Fingern und er stürzte zu Boden. Er konnte sich gerade noch mit den Händen abfangen, auch wenn der Schmerz, der neuerlich durch seine Schulter schoß, ihm den Atem raubte.
 

„Du kleiner Mistkäfer! Ich werde dich zertreten!“ tobte der Angreifer. „Ich schneid dich in Scheiben und verteile sie in ganz Theben! Ein Esel soll dich vergewaltigen, du Bastard einer Hethiterhure.“
 

Heba hätte nur zu gerne geantwortet, um seine Mutter zu verteidigen, aber ihm war ganz schlecht vor Schmerzen und der Geruch seines eigenen Blutes stach in seiner Nase. Wenn er jetzt ohnmächtig wurde, war alles aus. Mühevoll tastete er nach seinem Stab, seiner letzten Verteidigungsmöglichkeit.
 

„Wag es ja nicht, ihn noch einmal anzufassen, sonst werde ich dich in Scheiben schneiden lassen, Samaya!“
 

Heba hätte vor Glück am liebsten geweint. Diese Stimme hätte er überall wiedererkannt. So befehlsgewaltig und hart sie in diesem Moment auch war, sie war Sicherheit und Glück. Sie konnte so sanft sein, so liebevoll und zärtlich, wenn sie Heba die süßesten Dinge zuflüsterte und ihn in Geborgenheit und Wärme einwickelte. Oh, wie er diese Stimme liebte, wie er Atem liebte!
 

Der Mann, der also Samaya hieß, schrie: „Verflucht sollst du sein, Pharao! Verflucht!“ Ein dumpfer Schlag ertönte und etwas Schweres fiel zu Boden.
 

Heba wagte nicht zu atmen. Atem! Ging es Atem gut? Hatte Samaya sich gegen ihn gewandt?
 

„Mein Kleiner!“
 

Heba weinte vor Erleichterung, als er Atems Stimme hörte und in warme, vertraute Arme gezogen wurde. “Atem, den Göttern sei Dank... Ich dachte schon...“
 

„Mir geht es gut. Aber du bist verletzt!“ Eine schwielige Hand riß die zerfetzte Tunika weiter auf, damit Atem die Wunde begutachten konnte.
 

Heba konnte die Angst und Sorge Atems nicht nur in dessen Stimme hören. Er konnte sie praktisch am ganzen Körper fühlen. Er hätte Atem zu gerne beruhigt, aber der Schmerz nahm ihm die Luft zum Atmen.
 

„Dafür wird dieser Dreckskerl bitter büßen, das schwöre ich dir, Heba.“
 

Das war das letzte, was Heba hörte, bevor ihn das Bewußtsein verließ.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Leuchtender_Mond
2011-03-11T21:08:58+00:00 11.03.2011 22:08
Ah, da hab ich mich gefreut, als ich das neue Kapitel sah! Wie immer ist es dir natürlich ausnehmend gut gelungen.
Die Geschichte nimmt also Fahrt auf und wir begeben uns in bekannte Gefilde, aber du hast es trotzdem super beschrieben, sodass es nicht langweilig wirkte, obwohl man es inhaltlich schon kannte, besonders die Mahado - Mana Beziehung mochte ich hier.
Was dagegen die Beziehung zwischen Atemu und Heba angeht, hast du mich dann aber doch überrascht, dass sie nun so schnell zusammen kommen hatte ich nicht erwartet (obwohl es, gemessen daran, was bald also geschehen wird, wohl keine andere Möglichkeit gab). Ich hätte dem Ganzen vielleicht etwas mehr Zeit eingeräumt, aber schön beschrieben ist es trotzdemn, auch, wenn ich es merkwürdig finde, dass Heba sogar in die Gemächer der Königin einzieht... wenn das mal kein böses Blut gibt!
Den Angriff auf Heba zum Schluss halte ich für besonders gelungen, der verdient noch mal eine Extra-Lob, weil er den Charakteren mehr Glaubwürdigkeit verleiht, wie ich finde.
Also, großes Lob von mir und ich freue mich auf mehr!
Von:  lanhua-yu
2011-03-05T19:42:53+00:00 05.03.2011 20:42
YEAY KAPI!!!!
ich dacht schon es kommen keine mehr ^^

ati und heba sind echt süß zusammen,
nur das mit mana tut mir leid...

es gibt doch bestimmt bald das nächste kapitel, oder??




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