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Dämonen und Engel

von

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Konsequenzen

Bobby drängte ihn in der Cafeteria sanft dazu etwas zu trinken und sogar ein wenig von einem Sandwich zu essen. Und dann stellte er ihm die unausweichliche Frage.

„Was soll jetzt mit Sam passieren?“

Wie in Trance antwortete Dean, dass er Sam beerdigen wollte und weigerte sich vehement einer Verbrennung der Leiche zuzustimmen.

„Du willst ihn aber nicht wieder mit einem Pakt zurückholen?“

Der Blonde schüttelte stumm den Kopf.

Bobby gab sich diskussionslos geschlagen. Und so nahmen sie am nächsten Morgen Sams sterbliche Überreste entgegen, legten ihn in den Pickup, den Anna ihnen gebracht hatte und fuhren zu einem kleinen Wald um ihn dort in aller Stille zu beerdigen.

Spätestens jetzt hatte der Ältere mit einem Gefühlsausbruch gerechnet.

Nichts.

Dean war ruhig und gefasst. Er antwortete auf Fragen und reagierte auf seine Umwelt.

Bobby machte das Angst. Die ganzen letzten Wochen hatte der Blonde schweigend auf dem Sessel gehockt und in die Flammen gestarrt und jetzt reagierte er fast normal?

Er war einfach zu ruhig für Jemanden, der gerade seinen letzten Familienangehörigen verloren hatte, zu ruhig für Jemanden, der den wichtigsten Menschen in seinem Leben verloren hatte.

Doch der Jäger wusste nicht, wie er Dean darauf ansprechen sollte. Dieses leblose Stück Mensch, das Dean in den letzten Wochen gewesen war, wollte er auf keinen Fall wieder um sich haben und doch! Aber diese Reaktionen waren einfach nicht normal. Nicht nachdem Dean vor zwei Jahren fast durchgedreht war.
 

Kaum waren sie wieder auf dem Schrottplatz, als sich Dean auch sofort zu seinem Impala verzog. Bobby ließ ihn gehen. Er wollte ihn trauern lassen und hoffte, dass es ihm helfen würde wieder ins Leben zu finden.

Und wo waren eigentlich diese verdammten Flattermänner?
 

Wieder senkte sich die Dunkelheit über den Schrottplatz und Bobby bereitete das Abendessen vor. Er hoffte, Dean würde bald reinkommen.

‚DEAN!' Schoss es ihm durch den Kopf. Panik breitete sich in seinem Inneren aus und er ließ alles stehen und liegen und stürzte nach draußen.
 

Die ganze Zeit hatte er schweigend auf dem Beifahrersitz gesessen. Keine Kassette lief und der Motor schwieg. Wie gerne wäre Dean jetzt eine Runde gefahren. Sam auf dem Beifahrersitz.

Sam würde nie wieder auf dem Beifahrersitz sitzen.

Dean hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Er würgte. Dabei war in seinem Magen nicht, das er erbrechen könnte. Er schluckte ein paar Mal trocken und atmete immer wieder tief durch. Endlich beruhigte sich sein Körper. Er würde sich nicht mehr lange quälen müssen.
 

Langsam öffnete er die Tür und stieg aus.

„Bis gleich, Sammy!“, flüsterte er.

In seinem Inneren herrschte endlich friedliche Stille. Er hatte sich entschieden und der Ton von Sams Tod war verstummt. Vorsichtig schloss er die Tür und ging wie in Trance, mit einem verträumten Lächeln im Gesicht zum Kofferraum. Seine Hand glitt liebkosend über das Dach und die C-Säule zum Heckkotflügel.

Er öffnete die Klappe, öffnete ihr Geheimfach und holte Sams Beretta heraus.

Zärtlich strich er über die Waffe. Er schloss den Kofferraum und machte ein paar Schritte weg von seiner schwarzen Schönheit.

Dann hielt er die Waffe unter sein Kinn.

„Bis gleich, Sammy!“, flüsterte er, schloss die Augen ...
 

Deans Finger krümmte sich.
 

Im letzten Augenblick riss Bobby ihm die Waffe vom Kopf. Der Schuss krachte in die Luft. Wütend drehte sich der Ältere um und holte aus. Klatschend landete seine Hand auf Deans Wange und riss ihn von den Füßen.

Der Blonde taumelte.

„Willst du es so beenden? Willst du Luzifer diesen Triumph gönnen? Soll Sams Opfer so völlig umsonst gewesen sein?“

Wut flackerte in Deans Augen.

„Willst du genau so ein Feigling wie John sein?“, setzte Bobby nach.

„Dad war kein Feigling! Er war vieles, aber kein Feigling!“

„Doch Dean. Er hat sich nie wirklich mit Marys Tod auseinander gesetzt und die Verantwortung für euch hat er dir überlassen. Er ist lieber auf Jagd gegangen als zwei Kinder zu erziehen. Was wäre denn passiert, wenn er mal nicht wieder gekommen wäre? Dann hättest du dich um Sam gekümmert. Und bei Gott, du hättest es auch irgendwie geschafft. Du warst Sam Vater, Mutter und großer Bruder und du warst Arzt und Krankenschwester für John. Und was war er für dich?“

Tränen sammelten sich in Deans Augen, Tränen der Wut und der Trauer. Die Verzweiflung brach über ihm zusammen. Aber er wollte nicht weinen. Weinen war Schwäche! Wütend wischte er sie weg. Doch die Trauer in seinem Inneren drängte sich jetzt endlich nach außen.
 

Er zitterte noch immer als er die Waffe endlich losließ.

Unbeachtet polterte sie zu Boden.

Sofort war der Ältere da und hielt ihn fest. Er ließ Dean weinen. Er ließ ihm die Zeit die er brauchte.

Schluchzend und zitternd lag der in Bobbys starken Armen.

„Was soll ich denn jetzt machen“, fragte er schniefend und sah zu Bobby.

„Erstmal kommst du mit rein und dann sehen wir weiter.“ Er legte seinen Arm um den Jungen und führte ihn in die Küche. Dort schob er ihn auf einen Küchenstuhl und ging in sein Arbeitszimmer.

Mit einer Flasche Whiskey kam er zurück.

Er füllte zwei Tassen und kippte noch ein wenig Kaffee hinein. Dann stellte er eine Tasse vor Dean und setzte sich.
 

Schweigend saßen sie sich gegenüber und starrten gemeinsam auf die Tischplatte.

Über Deans Wangen liefen noch immer Tränen, die er sich nicht mehr die Mühe machte wegzuwischen.

„Wo?“, fragte der Blonde rau in die Stille.

„Was wo?“ Der Ältere hob den Kopf.

„Luzifer!“, stieß Dean hervor. „Wo ist Luzifer?“

„Zuerst einmal sehen wir zu, dass du etwas auf die Rippen bekommst. So wirft dich ja der kleinste Lufthauch um und dann? Dann jagen wir Luzifer zum Teufel!“

Dean grinste ein bisschen.

„Im Ernst Bobby. Ich ...“

„Du musst nichts sagen. Ich kann dich sogar verstehen. Aber es ist kein Weg.“

„Ich wäre wieder bei Sam!“

Der Ältere holte tief Luft. Hinter dieser Aussage steckte eine gewisse Logik.

„Meinst du, sie würden euch zusammen sein lassen?“

Der Winchester zuckte mit den Schultern und Bobby stand auf, um das angefangene Abendessen zu beenden, von dem Dean sogar ein paar Bissen aß.
 

Am nächsten Tag war Dean mit dem Impala beschäftigt.

„Dean!“ brüllte Bobby Richtung Schrottplatz, als er das Mittagessen fertig hatte und der griff sich die prall gefüllte Waffentasche und nahm sie mit zum Haus.
 

Sie hatten gerade zu essen begonnen als es vehement gegen die Tür hämmerte.

„Na endlich habt ihr gelernt, dass man vor einer Tür wartet und anklopft! Wo wart ihr denn so lange?“, polterte der Hausherr und öffnete die Tür.

„Bobby, ich...“, sagte der Besucher und brach ab als er sah, wie bleich der Jäger plötzlich geworden war und wie er schon fast panisch ins Haus zurückstolperte.

Dean hatte sich bei dem vertrauten Klang der Stimme gerade aufgesetzt und war dann erstarrt. Dieser Mensch konnte nicht vor der Tür stehen.

Und doch: Dieser Mensch trat ins Haus und schloss die Tür hinter sich.

„Christo!“, stotterte Bobby.

„Ich bin ich!“
 

Dean war aufgestanden. Er hatte Rubys Messer gezogen und war leise zur Küchentür getreten.

Als hätten sie sich abgesprochen, machte Bobby einen Schritt zur Seite und Dean sprang hervor. Das Messer zum Stoß erhoben.

„Dean, nicht! Ich bins!“, keuchte Sam und versuchte sich den Winchester vom Leib zu halten.

Er hatte keine Chance. So wie er nie eine Chance gegen ihn gehabt hatte.

„Was bist du?“, fauchte der Blonde und versuchte weiter auf den Gast einzustechen.

„Ich bin es, Dean, bitte.“

„Nein, wir haben dich beerdigt!“

„Ich kann es beweisen. Bitte Dean!“

„Wie?“, fragte der Blonde skeptisch, ließ aber von seinem vermeintlichen Bruder ab.

Sam erhob sich ebenfalls und begann sein Hemd und dann das T-Shirt auszuziehen.

Auf seiner linken Schulter prangte, wie bei Dean seit einem Jahr, eine große rote Hand.

„Sammy?“, fragte der Blonde rau.

„Ja, ich bin es.“

„Jeder Dämon könnte sich diese Narbe auf die Schulter gemacht haben. DU BIST TOT!“

„Dean!?!“, Sam wusste nicht was er noch zu seiner Verteidigung hervorbringen konnte.
 

Bobby trat an ihn heran und hielt ihm ein Silbermesser hin. Er trat wieder zur Seite und wartete ab. In seinen Händen hielt er inzwischen eine Schrotflinte, deren Mündung sich drohend auf den jüngeren Winchester richtete.

Der Blonde fasste sein Messer fester.

Sam krempelte sich den Ärmel hoch, holte tief Luft und schnitt sich in den Arm. Blut quoll hervor, aber sonst passierte nichts.

Der Jüngere schaute mit einem zaghaften Lächeln zu Dean und bekam eine Ladung Weihwasser ins Gesicht. Er schüttelte sich.

„Sammy?“, fragte der Blonde noch immer ungläubig und steckte sein Messer ein.

„Ich bin's wirklich.“

Dean holte ein Handtuch und reichte es seinem Bruder, damit der sich abtrocknen konnte.

Bobby ließ die Schrotflinte sinken und ging in die Küche. Mit einem Bier für jeden von ihnen kam er zurück. Sam schüttete die Flüssigkeit regelrecht in sich hinein. Wieder starrten die beiden Älteren abwartend auf ihn.

„Weihwasser?“, fragte Sam eher rhetorisch und beide nickten. Er trank das Bier aus.

Kaum hatte er die Flasche zur Seite gestellt, wurde er von Dean in eine nicht enden wollende Umarmung gezogen.

Immer wieder drückte der Blonde seinen Bruder weg, starrte ihn ungläubig an und zog ihn dann wieder an sich heran. Tränen liefen über ihre Wangen und beide Brüder versuchten dem Gefühlschaos Herr zu werden, indem sie ihre Gesichter an der Schulter des Anderen versteckten.

Sam zitterte immer stärker. Er war wieder bei seinem Bruder. Sie würden reden müssen. Hatte Dean ihn gesucht? Hatte er ihn vergessen? Aber jetzt zählte nur, dass sie wieder zusammen waren. Zusammen gegen das Böse?!
 

Kurz löste sich der Blonde aus Sams Klammergriff, fasste Bobby an der Schulter und zog ihn zu sich. Und erst als sie sich alle Drei in den Armen lagen schien Dean zufrieden.

Jetzt konnte kommen was wolle!
 

„Wie?“, wollte Dean wissen, als sie nach dem Essen beim Kaffee saßen.

„Wie du, denke ich. Ich bin sechs Fuß tief in einer Holzkiste aufgewacht.“

Der Blonde schluckte. Die Erinnerungen von seiner Wiederauferstehung und von dem, was er in der Hölle getan hatte, brachen über ihn herein und er fühlte sich nicht wirklich wohl dabei. Er senkte den Kopf und kniff die Augen zusammen.

„Ich war in der Hölle, Dean. Ich habe Seelen gesehen, die gefoltert wurden, ich …“, Sam brach ab und schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid Dean. Es tut mir leid, was ich zu dir gesagt hab, was ich dir vorgeworfen habe, damals unter dem Bann der Sirene und auch sonst. Ich habe nicht geahnt, wie schlimm ...“ stotterte er, brach wieder ab und schaute zu seinem Bruder. Er hatte so furchtbare Dinge in der Hölle gesehen und er verstand einfach nicht, wie Dean nach all dem nicht wahnsinnig geworden war. Es war ein Wunder. Sein Bruder musste etwas ganz Besonderes sein.

Der Blonde hielt die Augen noch immer geschlossen. Tränen drängten sich in seine Augen. Schon wieder. Er wollte jetzt nicht weinen. Nicht jetzt wo Sammy wieder bei ihm war und sie noch eine Aufgabe zu erledigen hatten.
 

Tage vergingen, in denen Sam sich hinter Büchern und dem Internet vergraben hatte, Dean den Impala und ihre Waffen in Bestform brachte und Bobby immer wieder ein wachsames Auge auf seine Jungs warf.

Sie hatten nicht darüber gesprochen. Es gab noch keine Worte, in die sie ihre Gefühle hätten kleiden können.

Wieder klopfte es an der Tür, zaghaft diesmal.

Bobby öffnete und er ließ einen jungen Mann im Trenchcoat ins Haus, dunkelhaarig, verwirrt und erschöpft.

„Castiel?“, fragte Dean, der sofort aufgesprungen war, kaum dass der Engel im Raum stand und starrte ihn mit strahlenden Augen an.

„Wo ist Anna und wo ward ihr so lange?“, bestürmte der Hausherr den Besucher.

Der Engel schaute sich verwirrt um.

„Jimmy?“, wollte Sam jetzt wissen, der sich nun ebenfalls erhoben hatte und zu den Männern getreten war.

„Nein, ich bin Castiel. Aber ich...“, begann der Engel zaghaft.

Dean packte ihn an den Schultern und schob ihn in die Küche. Dann kochte er Kaffee.
 

„Was ist passiert?“, fragte er als alle am Tisch saßen, eben gefüllte Kaffeetassen vor sich. „Du bist irgendwie kein Engel mehr, oder?“

Castiel schüttelte betrübt den Kopf.

„Ich habe Sam zurückgeholt. Das hätte ich nicht tun dürfen. Anna war bei mir als der Erzengel erschien. … Ich weiß nicht, was er … mit ihr gemacht hat. Ich … kann sie nicht mehr erreichen. Mich hat er … gesprengt, irgendwie. Als ich wieder zu mir kam, ich weiß noch nicht mal warum … war ich noch immer ich und in Jimmys Körper. Aber ich habe keine Kräfte mehr. Ich bin ein Mensch, denke ich“, erzählte er leise.

„Wir finden einen Weg Luzifer zu töten und uns zu rächen“, versprach Dean und nahm einen Schluck Kaffee.

Bobby und Sam nickten und Castiel holte tief Luft und versuchte ihnen zu vertrauen.
 

E N D E



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  lula-chan
2020-11-11T21:56:47+00:00 11.11.2020 22:56
Das ist eine echt gute Geschichte. Sie gefällt mir sehr. Wirklich toll. Ich bin begeistert. Ein schöner Schreibstil. Das war alles sehr authentisch und kam wirklich gut rüber.

LG


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