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Dämonen und Engel

von

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Dean

Der Kaffee war heiß gewesen und sie hatte einige Spritzer davon an ihren Beinen abbekommen, doch sie fühlte es nicht.

„Dean!“, sagte der Fremde mit ruhiger Stimme.

Corines Augen zuckten zum Bett hinüber und dann wieder zurück zu dem Mann im Trenchcoat. Die Angst in ihr wurde zur Panik. Sie wollte schreien, wollte zum Telefon rennen und die Polizei rufen.

Ein fremder Mann war in ihrer Wohnung! Aber sie konnte sich nicht rühren.

Hilflos musste sie zusehen. Was wollte der Mann hier? Wie kam er hier herein und was wollte er von Dean?

„Geh!“ Deans Stimme klang rau. Mühsam versuchte er sich auf die Seite zu drehen und stöhnte gequält, als die Schmerzen in seiner Seite explodierten.

Corines Augen wurden groß. Dean sprach! Das war ...

Castiel legte ihm seine Hand auf die Schulter und drückte ihn wieder auf den Rücken.

Wütend starrte der Blonde den Engel an. Er konnte das Fieber fühlen, dass in seinem Körper wartete und er wollte nicht wissen, was Castiel gemacht hatte, damit er jetzt halbwegs klar war, um mit ihm zu reden. Reden … Dean schnaubte. Er wollte mit niemandem reden. Er wollte in Ruhe gelassen werden und er wollte sterben. Er wusste, dass seine Verletzungen tödlich waren und wollte einfach nur in Ruhe sterben. Er hatte nie in Ruhe leben dürfen, wenigstens jetzt wollte er Frieden und auf keinen Fall mit einem dieser verlogenen Flattermänner reden. Er hatte noch nie gut reden, über seine Gefühle sprechen können und jetzt sollte er mit Castiel …? Nein. Er sehnte sich nach der weißen, weichen Watte, die ihn die letzten Wochen? Monate? umgeben hatte, die ihm die schlimmsten Gefühle erspart hatte, und genau die drohten jetzt, ihn zu verschlingen.

Er hatte versagt.

Er hatte zugelassen, dass Sam seine dämonischen Fähigkeiten immer weiter ausbaute, dass das Böse immer mehr Besitz von ihm ergriffen hatte.

Sie hatten mit ihm gespielt. Sie hatten ihn immer wieder mit Häppchen gefüttert, wenn er drohte, sich näher mit Sams Fähigkeiten auseinander setzen zu wollen. Sie hatte ihn in ein Gefühlschaos gestürzt und ihn damit erfolgreich daran gehindert, den einzigen Befehl auszuführen, der für ihn je wichtig gewesen war. Er hatte sich auf sie verlassen. Er hatte ihnen geglaubt. Er hatte ihnen glauben wollen, wollte, dass sie ihm einen Weg aus der Finsternis zeigten, die ihn umfangen hielt, seit er wusste, was er in der Hölle gemacht hatte. Aber sie waren schlimmer gewesen, als alle Höllenwesen zusammen. Sie hatten ihm den einzigen Halt genommen, den er noch gehabt hatte.

„Du wirst sterben, Dean“, begann der Engel wieder in diesem nervtötend ruhigen Ton und riss Dean aus seinen trüben Gedanken.

Dean schnaubte erneut nur verächtlich und schaute Castiel in die Augen.

„Ich werde dich nicht sterben lassen.“

„Schick mich endlich in die Dunkelheit, Cas!“

Corine japste erschrocken bei diesen Worten. Wie konnte jemand nur so vehement darauf bestehen, sterben zu wollen?

„Du hast noch eine Aufgabe, Dean!“

„Ich werde Sam nicht töten. Niemals!“

„Du hast geschworen uns Gefolgschaft zu leisten.“

„Wenn Sam in Sicherheit ist! Außerdem hast du mir gesagt, dass ich die Apokalypse aufhalten soll. Ihr habt mich belogen!“

„Ich habe dir gesagt, dass du es aufhalten sollst.“

„ES nicht IHN!“

„Du hast geschworen uns zu dienen!“

„Ich habe mein Leben lang gegen das Böse gekämpft und jetzt findet ihr es lustig, mir meinen eigenen kleinen Bruder als das ultimative Böse zu servieren? Vergiss es Castiel! Nur damit ihr euch euer Paradies aufbauen könnt? Damit ihr euren Spaß habt?

Habt ihr die Menschen mal gefragt, was sie wollen?

Ihr schubst uns herum, wie ihr wollt.

Ihr habt die Suppe eingebrockt, jetzt löffelt sie auch wieder aus. Ich spiele da nicht mit!“

„Dean!“

„Was?“ Deans Stimme klang brüchig und doch vibrierte sie vor unterdrückter Wut. „Was willst du tun? Mich zurückschicken? Tu es! Schick mich zurück in die Hölle. Jetzt kann ich da ja wohl nichts mehr kaputt machen, oder? Oder gibt es noch ein Siegel zu brechen, das alles wieder rückgängig macht?“

„Dean! Dein Zynismus hilft uns auch nicht weiter.“

„Das ist mir scheißegal Cas. Ihr habt mir das alles genommen. Ich kann nicht mehr kämpfen und ich will es nicht mehr! Schick mich zu Sam, oder schick mich in die Dunkelheit. Ich habe keine Angst mehr.“

„Schlaf Dean, erhole dich und dann reden wir weiter.“

„Nein Cas. Ich werde euch nicht helfen. Ihr seit verlogener als es ein Dämon je sein könnte!“

„Wir brauchen dich, Dean!“

„Mir egal! Ich kämpfe nicht gegen Sam!“, Deans Stimme brach jetzt endgültig und er verkrampfte sich vor Schmerzen.

„Schlaf Dean!“ Castiel legte ihm zwei Finger an die Stirn und schon entspannte sich der Blonde.
 

Corine hatte das Gespräch mit immer größer werdenden Augen verfolgt. Dean hatte bis jetzt nie etwas gesagt und jetzt sprach er mit dem Mann, als ob er ihn schon lange kennen würde. Aber wer war Sam? Dean hatte schon früher von ihm geträumt. Er war schon früher, Sams Namen schreiend, aufgewacht.
 

Castiel breitete seine Hände über Deans Hals und ein warmes, bläuliches Leuchten erschien darunter. Langsam ließ er seine Hände jetzt über Deans Körper gleiten. Das Leuchten folgte.
 

Endlich richtete er sich auf und rieb sich kurz über die Augen.

Dann drehte er sich zu Corine um und musterte sie eindringlich.

„Ich ...“ begann sie zu stottern. Sie wollte weglaufen, aber noch immer stand sie wie angewurzelt da.

Mit wenigen Schritten war der Engel bei ihr.

Auch ihr legte er die Finger auf die Stirn.

Corine brach zusammen und Castiel fing sie auf. Er setzte sie auf den Stuhl neben Deans Bett.

Mit einer Handbewegung machte er aus den Scherben am Boden wieder eine Tasse und stellte sie neben der Frau auf dem Nachttischchen ab. Noch eine Handbewegung und die Spuren des verschütteten Kaffees waren beseitigt.

Ein leises Flügelschlagen und schon war der Engel verschwunden.
 

Corine schreckte hoch. Leicht verwirrt schaute sie sich um. Sie saß in ihrem Schlafzimmer. Im Bett lag Dean. Sie rieb sich über die Augen und stand auf.

Sie hatte einen merkwürdigen Traum gehabt.

Noch einmal sah sie zum Bett und schüttelte dann den Kopf.

Sie wollte ins Bad gehen. Auf dem Nachttisch stand ihre Kaffeetasse. Hatte sie die vorhin da hingestellt? Wieder schüttelte sie verwirrt den Kopf und machte sich endgültig auf den Weg ins Bad, um mit einer Schüssel Wasser und einigen Handtüchern und Waschlappen wieder zu kommen. Sie holte noch Eiswürfel aus dem Kühlschrank und schüttete diese ebenfalls in die Schüssel. Dann trug sie alles zum Bett ihres Patienten.

Sein Körper schien regelrecht zu verbrennen.

Vorsichtig zwängte sie ihm fiebersenkende Tabletten zwischen die Zähne und brachte ihn dann dazu ein Glas Wasser zu trinken. Sie legte ihm einen kühlenden Lappen auf die Stirn und machten ihm Wadenwickel.

Er kämpfte um jeden Atemzug und sein Herz raste.

Er schien zu träumen. Seine Augen huschten hektisch unter seinen Lidern hin und her, und seine Lippen formten tonlose Worte.

Corine nahm die Decken von dem fiebernden Körper und mühte sich, ihn vom Shirt zu befreien. Es war eine blöde Idee gewesen, ihm das Shirt anzuziehen!
 

Mühsam rollte sie ihn auf den Bauch und legte einige Decken und Handtücher auf die Matratze und schob dann Dean wieder darauf.

Schwach hatte Dean versucht sich gegen ihre Hände, gegen ihre Behandlung, zu wehren.

Corine lächelte und strich ihm zärtlich über die Wange.

„Du bist in Sicherheit“, sagte sie leise und begann ihm den Schweiß vom Körper zu waschen.

Immer wieder schoben sich die Bilder von leuchtenden Händen vor ihr inneres Auge. Leuchtende Hände, die über Deans Körper gewandert waren. Vorsichtig löste sie die Verbände und begann ihn zu untersuchen.

Die Wunden sahen gut aus. Sie waren entzündet, als er hierher kam. Waren die Schnitte nicht tiefer gewesen, die er zwischen seinen Rippen hatte? Auch die Wunde, in der die abgebrochene Spitze gesteckt hatte, sah gut aus. Die Entzündung war verschwunden. Seit wann ging das so schnell? Die Blutergüsse, die er am ganzen Körper hatte, waren immer noch schwarz und er fühlte sich immer noch an, als könnte er ein mittleres Wärmekraftwerk ersetzen. Nein, hier war niemand gewesen und hatte was auch immer mit ihm gemacht.

Dean war noch genauso blass und mager, wie sie ihn in Erinnerung hatte, nur dass er jetzt noch vom Fieber schweißnass war und zitterte.

„Corine!“, ermahnte sie sich wütend. „Du hast hier einen Fiebernden und lässt ihn schweißnass und ohne Decken liegen! Soll er sich noch eine Lungenentzündung holen?“

Sie schüttelte über sich selber den Kopf. Wütend schob sie die Bilder beiseite und wusch ihm noch energischer den Schweiß vom Körper. Dann verband sie die Wunden wieder und legte die Decken über Dean.

Nachdem sie die Schüssel ins Bad gebracht hatte, kochte sie sich einen frischen Kaffee und machte für Dean Hühnerbrühe und Toast. Sie stellte alles auf ein Tablett und brachte es ins Schlafzimmer.

Erst als sie das Tablett auf dem Nachttisch abgestellt hatte, fragte sie sich, wie sie das Essen in Dean bekommen sollte.

Sie schob die Decke zur Seite und wollte ihn in eine halbwegs sitzende Position bringen.

„Dean?“, fragte sie leise, als sie sah, dass seine Augen leicht geöffnet waren.

Er zuckte zusammen und sein Blick irrte durch den Raum und blieb dann an ihr hängen.

Langsam klärte sich sein Sichtfeld.

Corine!

Neben ihm stand Corine. Nicht Castiel. Er atmete erleichtert auf.

„Kannst du dich ein bisschen aufsetzen?“

Es dauerte eine Weile, aber mit Corines Hilfe schaffte es Dean. Schmerzhaft verzog er das Gesicht und stöhnte.

„Du kannst dich gleich wieder hinlegen, ich möchte dir nur ein paar Kissen in den Rücken legen, damit du was essen kannst.“

Dean knurrte nur, versuchte aber sich weiter aufrecht zu halten.

Schnell baute sie einen regelrechten Berg am Kopfteil und drückte ihn, als sie fertig war, wieder nach hinten. Mit einem leisen Keuchen ließ er sich fallen.

Er hielt die Augen geschlossen, bis die sich seine Atmung wieder beruhigt hatte.

„Dean?“ Corine hielt ihm einen Löffel vor den Mund.

Er drehte den Kopf zu Seite.

„Dean!“

Da war sie wieder, diese besorgte Stimme, die ihn schon damals von der Brücke mitgenommen hatte. Sie hatte ihn nicht enttäuscht. Sie hatte ihm kein Leid gebracht. Bei ihr hatte er sich wohl gefühlt, bei ihr hatte er schlafen können.

Diese Stimme klang traurig.

Er drehte sich wieder zu ihr.

„Bitte Dean“, sagte sie leise und hielt ihm wieder den Löffel vor die Lippen.

Er öffnete den Mund und ließ sich den Löffel hinein schieben. Er schluckte.

Wieder und wieder tauchte Corine den Löffel in die kleine Schüssel und stellte sie erst weg, als sie leer war.

„Dean?“, fragte sie noch einmal. Besorgt schaute sie ihn an. Seine Augen waren fast geschlossen und trüb. Er reagierte kaum noch. Sie strich ihm sanft über die Wange und hielt ihm dann Tabletten und ein Glas Wasser an den Mund.

Mechanisch schluckte er.

„Schlaf Dean“, sagte sie leise, als er auch noch das Glas geleert hatte.

Sofort rutschte sein Kopf zur Seite und er entspannte sich ein wenig.
 

Das Fieber stieg wieder und Dean fiel in unruhige Träume.

Corine machte sich Sorgen. Der Mann in ihrem Bett machte ihr Angst. Er schlug immer wieder um sich. Winselte leise und zuckte vor Schmerzen zusammen.

Immer tiefer versank er in dem Sumpf aus Albträumen, Schmerzen und Angst, und Corine blieb nichts weiter zu tun, als ihm den heißen Körper zu kühlen und ihn so oft es ging wenigstens zum Trinken zu bewegen.
 

Entgegen Deans Hoffnung überlebte er diese Verletzungen.

Aber vielleicht war es auch Corines besorgte Stimme, die ihn immer wieder zurückriss, wenn er in die Dunkelheit abzudriften drohte. Er konnte es nicht sagen, aber er wusste, dass sie ihn hielt, so wie sie ihn damals gehalten hatte.

Jetzt lag er hier in ihrem Bett und sie hatte sich neben ihm zusammengerollt. Sein Fieber war gesunken, wenn es auch noch nicht weg war, und er starrte an die Decke.

So viel war passiert. So viel hatte er verloren, so viel hatten sie ihm genommen.

Er musste an Castiel denken. Castiel, der hier an seinem Bett gestanden hatte um ihm zu sagen, dass er ihn nicht würde sterben lassen und dass er, Dean, noch eine Aufgabe zu erfüllen hatte.

Nein, er würde Sam nicht töten. Niemals! Wer waren diese Engel schon, dass sie ihm sagten er solle das Letzte töten, das noch von seiner Familie übrig geblieben war? Wer waren sie, dass sie ihm seine Familie genommen hatten, dass sie ihm sein Leben genommen hatten und jetzt allen Ernstes annahmen, dass er auch noch das Liebste töten würde, das er auf der Welt hatte?

Er dachte an Bobby.

Bobby hatte sich um ihn gekümmert, nachdem Sam, das was in Sam war, ihn umbringen wollte. Er hatte nicht mehr klar denken können. Konnte er es jetzt?

Er wollte nicht mehr klar denken können. Die weiße, weiche Watte, die sein ganzes Sein umhüllt hatte, hatte ihn davor bewahrt durchzudrehen.

Und jetzt? Er brauchte die weiche, weiße Watte. Oder er brauchte jemanden, der ihm sagte, was zu tun war und das würden bestimmt nicht diese gefiederten Teufel sein.

Bobby?

Bobbys Befehle hatten ihm Sicherheit gegeben. Befehle war er gewohnt gewesen, Befehle hatte er immer befolgen müssen.

Doch dann hatte Bobby ihn verwirrt. Er hatte ihm Fragen gestellt, hatte ihm die Wahl gelassen. Er hatte nicht mehr weiter gewusst, hatte verzweifelt darauf gewartet, dass Bobby ihm wieder sagte, was er tun sollte.

Und dann waren sie wieder da, die Befehle und sie gaben ihm ein kleines Bisschen Halt.

Doch er hatte Angst, dass Bobby wieder fragen würde. Er wusste die Antworten nicht.

Und da war ihm eins immer klarer geworden, hatte regelrecht wie ein Leuchtfeuer durch seine Albträume geleuchtet. Immer drängender waren die Stimmen in seinem Inneren geworden und er war ihnen gefolgt.
 

Er schaute wieder zu Corine. Auch sie hatte ihm geholfen, hatte ihn gehalten, doch auch hier wurden die Stimmen in seinem Inneren immer drängender, und er wusste, dass er ihnen folgen würde, wusste, dass er nicht mehr lange würde bleiben dürfen, wenn er sie nicht noch mehr in Gefahr bringen wollte, auch wenn er nicht wusste, von wem mehr Gefahr ausging.

Stöhnend ließ er sich wieder in die Kissen sinken. Seine Seite schmerzte und dabei hatte er nur seine Position ein klein wenig ändern wollen. Ihm war schlecht und er schwitzte.

Mühsam schob er die Decken von seinem Körper.

„Sammy“, keuchte er und trieb wieder in die Fänge der Fieberträume.



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