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Das Rudel des Wolfes

RL / SB
von

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Erinnerungen an einen Fremden

Kapitel 19: Erinnerungen an einen Fremden
 

Am nächsten Morgen wachte Remus früher als die anderen auf. Er beschloss die Gelegenheit zu nutzen und die Dusche für sich allein zu beanspruchen. Obwohl er die Nacht hindurch gut geschlafen hatte, fühlte er sich ausgelaugt, ein Zeichen des nahenden Vollmondes. Sein ganzer Körper war angespannt, seine Muskeln verhärtet, als wäre er einen Marathon gelaufen. Es machte ihm nicht mehr so viel aus, da er es gewohnt war, dennoch seufzte er erleichtert, als er sich unter den heißen Duschstrahl stellte und das Wasser über seine vernarbte Haut laufen ließ.
 

Dass die Tür aufging, hörte er nicht, aber er spürte es an dem Lufthauch, der ihm plötzlich kalt um die Beine strich.
 

"Na, schon wach?"
 

Er zuckte zusammen, als er die Stimme erkannte. Black trat zu ihm in die Dusche und rasch wandte er sich von ihm ab, mehr aus Scham über seinen nackten Körper, als aus Abneigung.
 

Black kommentierte sein Verhalten nicht, sondern griff nach dem Shampoo, das in einer Vertiefung in der Wand lag.
 

Während Black sich die langen Haare wusch, riskierte Remus einen vorsichtigen Blick auf ihn und bereute es sofort.
 

Black war gut gebaut, das war kein Geheimnis. Ihn jedoch nackt neben sich in der Dusche zu sehen, ließ ihm schwindelig werden. Die langen Beine waren immer noch vom Sommer gebräunt, der Bauch war flach. Remus ließ seine Augen nach oben wandern. Die Wunde an seiner Schulter war gut verheilt, dennoch konnte er noch den inzwischen hellroten Kranz sehen, der sein Schlüsselbein zierte. Es zeigte ihm nur allzu deutlich, wie groß er eigentlich in seiner Wolfsform war.
 

Als sein Blick noch weiter nach oben wanderte, sah er, dass Black sein Starren bemerkt hatte. Rasch senkte er den Blick wieder.
 

Black kommentierte sein Verhalten nicht. Es war nicht das erste Mal, das Remus ihn beobachtet hatte und auch nicht das erste Mal, dass er dabei von ihm erwischt wurde. Jedes Mal vermisste er ihn noch ein Stückchen mehr. Er war sich nicht sicher, ob er einfach nur die Küsse und diese peinlichen, aber doch so aufregenden Fummeleien mit ihm vermisste, oder ob es mehr war. Mehrere Nächte hatte er schon nachts wachgelegen und sich den Kopf darüber zerbrochen, hatte sich gefragt, was er für ihn empfand und einfach keine Antwort gefunden. Er ahnte, dass er seinen Streit mit ihm beenden musste, wenn er es jemals herausfinden wollte.
 

Aber er wusste nicht wie.
 

Schweigend beendete er seine Dusche und verließ das Bad so schnell er konnte.
 

~~~~~*~~~~~
 

Nach dem Frühstück hatten sie Pflege Magischer Geschöpfe. Remus mochte das Fach, da es sich im Freien abspielte und es ihn an zu Hause erinnerte. Ihr Lehrer Professor Kesselbrand hatte bereits in der vergangenen Woche angekündigt, dass sie sich in dieser Stunde mit Thestralen beschäftigen würden und er war gespannt, wie er über etwas unterrichten wollte, das die meisten Schüler noch nicht einmal sehen konnten.
 

Remus erkannte die Thestrale schon von weitem. Sie standen auf einer Weide, die von einem Zaun umspannt wurde. Die Schüler hatten sich um die Weide herumgeschart. Er wusste, dass sich viele Menschen vor den Tieren fürchteten, aber er war ihren Anblick schon seit Langem gewohnt. Trotzdem konnte er ein kurzes Erschaudern nicht unterdrücken, als er in ihre gespenstisch wirkenden Augen sah. Bei diesen Geschöpfen konnte man nie sicher sein, ob sie einen beobachteten oder nicht.
 

"Welches Thema haben wir heute?", hörte er Black fragen, als sie vor der Weide ankamen. Er verdrehte die Augen, da Black mal wieder nicht im Unterricht aufgepasst hatte, war gleichzeitig aber erleichtert, da er die Thestrale anscheinend nicht sehen konnte.
 

"Wir nehmen heute Thestrale durch.", beantwortete er ihm die Frage. Black sah zur Weide.
 

"Heißt das, die Viecher sind gerade da und ich kann sie nicht sehen?"
 

Remus nickte.
 

"Ja. Es sind sechs, nein sieben Stück. Es ist auch ein Fohlen dabei."
 

Black sah ihn schockiert an.
 

"Du hast mir nicht erzählt, dass du die sehen kannst." Es klang vorwurfsvoll und Remus bereute sofort ihn angesprochen zu haben.
 

In diesem Moment tauchte Professor Kesselbrand auf und ermahnte sie zur Ruhe. Der Unterricht begann, aber Remus war mit seinen Gedanken mal wieder nur bei Black.
 

Als sie schließlich zu zweit auf einen Thestral zugehen sollten, beobachtete er, wie Potter und Evans ein Paar bildeten, ebenso wie Black und ein Mädchen. Remus erinnerte sich daran, wie Black und Potter im vergangenen Schuljahr von ihr geschwärmt hatten, weil sie sich angeblich den Rock kürzer gezaubert hatte. Jetzt beobachtete er, wie Miranda sich bei Black einhakte und er es einfach geschehen ließ.
 

Er war wütend, aber vor allem tat dieser Anblick weh.
 

Pettigrew, der ungeduldig auf ihn wartete, räusperte sich und Remus beeilte sich, mit ihm zusammen zu dem letzten verbliebenen Thestral zu gehen.
 

"Du kannst sie ebenfalls nicht sehen, oder?", fragte er, als er bemerkte, wie Pettigrew in die falsche Richtung lief.
 

"Nein, wieso sollte ich auch." Inzwischen klang es direkt feindselig, aber er versuchte es zu ignorieren. Beide waren nicht beliebt genug, als dass sie sich einen anderen Partner hätten aussuchen können.
 

Während sie lernten, mit den Tieren umzugehen und sie zu füttern, beobachtete Remus seinen Freund aus dem Augenwinkel. Er und Miranda schienen sich ja wirklich prächtig zu verstehen. Ständig fasste sie ihn an und lachte über irgendeinen seiner Witze, viel zu laut, wie er fand. Es war offensichtlich, dass sie mit ihm flirtete. Und Black war in solchen Dingen bewandert, er musste ihre Absichten erkannt haben. Aber er tat nichts dagegen. Remus kochte innerlich.
 

Er schrieb einen Zettel an ihn. Er musste einfach wissen, wo sie in ihrer Beziehung standen. Ob sie überhaupt noch eine Beziehung hatten oder ob Black jetzt wieder auf Mädchenfang ging. Remus konnte den Gedanken daran nicht ertragen und so ließ er den Fetzen Pergament in seine Tasche gleiten, als gerade niemand hinsah.
 

Er hatte nicht bemerkt, wie Black ihm später seine Antwort in seine eigene Tasche steckte, aber als er abends hineinsah, war der Zettel plötzlich da. Nervös faltete er ihn auseinander und las den kurzen Satz, der darauf stand.
 

'Ich weiß es nicht.'
 

~~~~~*~~~~~
 

Es war der Tag des Vollmonds.
 

Remus war nervöser als sonst, da er diesmal wusste, dass die Rumtreiber ihn begleiten wollten. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, mit dem Schulleiter zu sprechen, sich dann aber dagegen entschieden. Es würde schwere Konsequenzen haben, nicht nur für die Rumtreiber, sondern auch für ihn. Er war auf sich allein gestellt.
 

Der Tag floss dahin und plötzlich war es Abend.
 

Es war recht dunkel in der Hütte, als er ankam. Er legte seine Kleidung und die mitgebrachte Decke ab und legte sie in eine Ecke, in der Hoffnung, dass er sie später nicht zerreißen würde. Dann legte er sich bäuchlings auf den staubigen Holzboden und wartete.
 

Diesmal war er pünktlich, die ersten Anzeichen seiner Verwandlung ließen nicht lange auf sich warten. Er biss die Zähne zusammen und dachte an Black, als sie sich noch nicht gestritten hatten.
 

~~~~~*~~~~~
 

Black fröstelte und zog seinen Umhang enger um seinen Körper. James, Peter und er warteten schon seit einigen Minuten auf das Aufgehen des Vollmondes. Sie hatten sich nicht sehr warm angezogen, da sie davon ausgegangen waren, sich sowieso bald selbst zu verwandeln.
 

Sie hatten bemerkt, wie Remus im Gemeinschaftsraum immer unruhiger geworden war und immer häufiger zum Fenster hinausgesehen hatte. Schließlich war er ohne ein Wort zu sagen aufgestanden und hatte den Gemeinschaftsraum verlassen. Wenige Minuten später waren sie ihm gefolgt und hatten beobachtet, wie er unter der Peitschenden Weide verschwand.
 

Black beobachtete aus zusammengekniffenen Augen die schwarzen Wolken am Himmel. Wahrscheinlich würde es bald wieder schneien. Er hoffte, dass die Verwandlung für Remus dieses Mal nicht allzu schmerzhaft sein würde, wusste aber, dass das nur Wunschdenken war. Die letzten Tage war er immer blasser um die Nase geworden und er hatte sich nichts sehnlicher gewünscht, als ihm irgendwie helfen zu können. Aber selbst wenn sie nicht zerstritten gewesen wären, hätte er nichts unternehmen können.
 

"Da." James' leise Stimme riss ihn aus den Gedanken. Tatsächlich war gerade der Mond hinter den Wolken hervorgekommen. Es wurde Zeit.
 

"Sollen wir?"
 

James nickte. Gemeinsam verwandelten sie sich in ihre Animagiformen; einen großen, schwarzen Hund, einen ausgewachsenen Hirsch mit prächtigem Geweih und eine kleine, aber flinke Ratte. Der Schnee unter seinen Pfoten fühlte sich nun nass und kalt an. Zusammen gingen sie auf die Peitschende Weide zu. Peter, der am kleinsten von ihnen war, huschte zwischen den Ästen der Weide hindurch. Sie schlugen nach ihnen, doch er war zu schnell und gelangte sicher am Stamm des Baumes an, wo er den Wurzelknoten betätigte. Sofort erstarrte die Weide.
 

Black folgte ihm, während James zurückblieb. Er wäre sowieso zu groß gewesen, um in das Loch zu passen.
 

Der Eingang vor ihm gähnte vor Schwärze. Black sprang hinein und landete auf nassem Laub. Vor ihm erstreckte sich ein enger Gang, die Wände aus feuchter, brauner Erde, aus der hier und da einige Wurzeln ragten. Sie strichen ihm über den Rücken, als er den Gang entlanglief.
 

Nach einigen Minuten kündigte sich das Ende des Ganges durch ein sanftes Anheben des Weges an. Er konnte einen schmalen Lichtfetzen entdecken und rannte auf ihn zu, bis der Boden unter seinen Füßen auf einmal aus Holz bestand. Vor ihm lag eine Treppe, die mit ihren schmalen, ausgetreteten Stufen gar nicht vertrauenswürdig aussah.
 

Seine Hundenase nahm einen bekannten Geruch wahr, sein Fell sträubte sich. Von oben konnte er leise Geräusche hören, als würde etwas Schweres umhergehen. Auf einmal hörte er ein Kratzen, dann ein Knallen. Es gab keinen Zweifel: Remus war bereits verwandelt. Seine Instinkte rieten ihm umzukehren, aber sein Menschenverstand führte ihn weiter, die Treppe hinauf.
 

Der Werwolf nahm ihn bereits war, bevor er am oberen Treppenabsatz angelangt war. Black hatte damit gerechnet von ihm angegriffen zu werden. Aber als er um die Ecke bog und im Türrahmen des Zimmers stehenblieb, aus der der Geruch kam, passierte zunächst nichts. Der Werwolf stand in einer Ecke des Zimmers und sah ihn an. Zwischen den Pfoten hatte er Überreste von etwas, das vielleicht einmal ein Stuhl gewesen war. Langsam, um ihn nicht unnötig zu provozieren, betrat Black das Zimmer. Der Werwolf verfolgte ihn aus gelben Augen. Dann bewegte er sich, aber nicht ruckartig, sondern ganz langsam, als wollte er auch seinerseits nicht riskieren, dass man ihn angriff.
 

Und dann senkte er den Kopf bis zum Boden und zog den Schwanz ein. Er fiepte leise.
 

Black konnte es nicht fassen. Die letzten zwei Tage hatte er Angst davor gehabt, erneut mit ihm kämpfen zu müssen, aber der Werwolf hatte sich ihm einfach kampflos unterworfen. Dennoch musste er seine starren Muskeln dazu zwingen, auf ihn zuzugehen.
 

Sanft stupste er ihn mit der Nase an und der Werwolf erhob sich wieder. Er war größer als der Hund. Black nutzte den Moment, um ihn endlich einmal genauer betrachten zu können.
 

Er hatte sich Werwölfe immer mit schwarzen oder grauen Fell vorgestellt, aber Remus hatte hellbraunes Fell, ähnlich seiner Haarfarbe. Er fragte sich, ob das wohl Zufall sein mochte. Seine Augen waren gelb gefärbt, die Pupille klein und rund. Sein Kopf war länglich, seine Ohren aus Angst vor ihm zurückgelegt, den buschigen Schwanz hatte er immer noch eingezogen. Seine Pfoten waren riesig.
 

Wie schon vier Wochen zuvor nickte er ihm mit dem Kopf zu und bedeutete ihm zu folgen. Der Werwolf folgte ihm willig.
 

Zusammen gingen sie den Weg bis zum Eingang der Peitschenden Weide zurück, wo Peter zitternd auf sie wartete. Der kleinen Ratte sträubte sich sichtlich das Fell, als er Remus erblickte und sie huschte davon, bevor sie sie erreichten. Black ging als erster durch das Loch.
 

Peter hatte sich inzwischen auf James' Geweih zurückgezogen.
 

Als der Werwolf sich aus dem Loch unterhalb der Weide zwängte, hielten sie alle den Atem an. Niemand wusste, ob Remus nicht doch durchdrehen würde und sie ihn wieder unter Kontrolle bringen müssten.
 

Doch nichts geschah. Der Werwolf musterte sie nur still mit seinen gelben Augen, dann wandte er den Kopf Richtung Wald, wie um zu fragen, ob sie nun dorthin gehen wollten.
 

Black beschloss den Anfang zu machen. Zielstrebig ging er auf den Wald zu und machte erst nach einigen Metern Halt um sich umzuschauen, ob ihm auch alle folgten. Moony trottete hinter ihm her, dahinter lief James, der Peter immer noch auf seinem Geweih sitzen hatte. Offenbar hielt er das für den sichersten Platz. Er wunderte sich darüber, dass der Werwolf nicht auch James seinen Respekt gezollt und den Kopf gesenkt hatte.
 

Als Animagi hatten James, Peter und er schon oft den Verbotenen Wald erkundet. Sie waren auf Einhörner gestoßen, hatten aus der Ferne Kentauren erblickt, denen sie lieber aus dem Weg gegangen waren, da sie ihre tierische Form sicher durchschaut hätten und hatten auch ein besonders unangenehmen Zusammenstoß mit Acromantulas gehabt, riesigen Spinnen, von denen sie durch den halben Wald gejagt worden waren. Peter hatte sich danach wochenlang geweigert, den Wald nochmals zu betreten.
 

Die meisten ihrer Ausflüge liefen allerdings ruhig ab. Die meisten Waldbewohner schienen sie zu meiden. Dennoch liebten sie einfach den Reiz des Verbotenen und so kam es, dass sie den Wald wie ihre Westentasche kannten.
 

~~~~~*~~~~~
 

Seine Knochen schmerzten.
 

Es machte ihn wütend.
 

Immer dieser Schmerz. Und diese Enge, die ihn einschnürte. Überall Wände, die ihn aufhielten.
 

Er wollte laufen. Er wollte riechen.
 

Er wollte etwas reißen und fressen.
 

Er spürte etwas Scharfes an seinen Pfoten und es stach. Wütend schleuderte er es beiseite.
 

Ein Geruch strömte ihm in die Nase. So vertraut …
 

Seine Nackenhaare sträubten sich und er jaulte, ganz leise. Er schon wieder. Der Fremde. Ängstlich scharrte er mit den Pfoten über den Boden.
 

Der Geruch wurde stärker. Er hörte ihn näher kommen, hörte seinen hechelnden Atem.
 

Er wollte weg, aber er war gefangen. Immer war er gefangen, immer diese Enge, diese Wände, aufhielten, einschnürten.
 

Er war jetzt ganz nah.
 

Er hob den Kopf, starrte ihn direkt an. Er wagte es nicht sich zu bewegen.
 

Wimmernd senkte er den Kopf und zog den Schwanz ein. Er wollte nicht, dass der Fremde ihm wehtat.
 

Als der Fremde näherkam, fiepte er leise vor Angst, er konnte es nicht unterdrücken. Doch er beschnupperte ihn nur und stieß ihn dann mit der Schnauze an.
 

Dann bedeutete er ihm mit dem Kopf ihm zu folgen. Willig folgte er seinem Befehl. Er hatte jetzt jemanden, dem er gehorchen musste. Vielleicht führte er ihn ja auch in die Freiheit. Vielleicht konnte er dann endlich jagen.
 

Während er dem Fremden durch einen dunklen, engen Gang folgte, der ihm auf seltsame Weise vertraut vorkam, stach ihn wiederholt etwas in der hintersten Ecke seines Bewusstseins: Er durfte hier nicht raus. Es war gefährlich. Er war gefährlich.
 

Warum, wusste der Wolf nicht.
 

~~~~~*~~~~~
 

Die Decke im Krankenflügel war weiß gestrichen, aber die Farbe blätterte schon seit einer Weile ab. Remus lag in seinem üblichen Bett und starrte stur geradeaus. Natürlich hatte er es kommen sehen. Black, Potter und Pettigrew hatten die Vollmondnacht mit ihm verbracht. Sie hatten ihn freigelassen und waren mit ihm im Verbotenen Wald spazieren gegangen, als sei er ein Hund, der Gassi geführt werden müsste. Er weigerte sich, auch nur einen von ihnen anzusehen.
 

"Moony." Black sprach ihn zum wiederholten Mal von der Seite an. Potter und Pettigrew waren längst gegangen und genossen den frisch gefallenen Schnee. Nur Black war geblieben und hatte sich einen Stuhl an sein Bett herangezogen. Remus wusste nicht, warum er sich überhaupt die Mühe machte. Er hatte doch gewusst, dass er dagegen war, dass die Rumtreiber ihn freiließen. Wieso wunderte er sich jetzt also, dass Remus sauer war und keine Lust hatte, mit irgendjemanden von ihnen zu sprechen?
 

Black seufzte. Remus hörte ein Rascheln und glaubte für einen Moment, dass Black endlich aufgestanden war, um zu gehen, ein Gedanke, der in ihm gleichzeitig Erleichterung und Traurigkeit auslöste. Doch Black hatte sich nur zu ihm vorgebeugt, die Hände ineinander verschränkt.
 

"Du verstehst das nicht.", sagte er. Remus konnte es nicht fassen.
 

"Ich verstehe etwas nicht? Ich glaube, ihr seid es, die den Ernst der Lage nicht verstehen."
 

"Du bist anders, wenn wir bei dir sind." Stille. Remus starrte weiterhin an die Decke.
 

"Ich weiß. Ich erinnere mich."
 

Und wie schrecklich diese Erinnerungen waren. Er wollte sie am liebsten alle aus seinem Kopf haben. Er konnte sich daran erinnern, wie er einem Hund aus der Hütte gefolgt war und wie sie in den Wald gelaufen waren. Er konnte sich erinnern, wie er Angst vor dem Hund gehabt hatte, ihm gleichzeitig aber auch immer mehr Vertrauen entgegengebracht hatte. Und er konnte sich erinnern, wie sie durch den Wald gestreift waren, bis er eine Fährte aufgenommen und einen Fuchs erlegt hatte. Fast war es ihm, als könnte er das Blut noch auf seiner Zunge schmecken. Ihm wurde schlecht.
 

Black reichte ihm gerade noch rechtzeitig den Eimer, in dem er sich zum wiederholten Male an diesem Morgen übergab. Seine Kehle brannte. Wortlos nahm Black den Eimer wieder an sich und entfernte das Erbrochene mit einem simplen 'Evanesco'.
 

"Du bist wirklich anders. Nicht mehr so wild.", versuchte er es noch einmal. "Du hörst auf mich."
 

"Toller Gedanke.", erwiderte er nur sarkastisch. Sein Ton schmerzte selbst ihm in den Ohren, aber er konnte einfach nicht anders; er war verletzt und wollte, dass Black davon wusste.
 

"Nein, hör doch mal zu." Black berührte eine seiner Hände, doch Remus zog sie weg. "Du hast mir selbst gesagt, dass du glaubst, dass es ihn wütend macht, eingesperrt zu sein. Was könnte also besser sein, als ihm etwas Auslauf zu geben?"
 

Jetzt richtete Remus sich auf, auch wenn es wehtat.
 

"Aber ich habe nie gesagt, dass es anders sein sollte! Er ist ein wildes Tier, er gehört eingesperrt!"
 

Black sah ihn schockiert an.
 

"Aber er ist in dir.", sagte er schließlich bestimmt. "Ein Teil von dir. Und du bist kein wildes Tier. Du bist kein Monster. Das habe ich anfangs zwar gedacht", Remus zuckte zusammen, als hätte er ihn geschlagen, "aber die zwei Nächte, die ich schon mit dir durch den Wald gelaufen bin, haben mir etwas anderes gezeigt."
 

"Ach, und was?"
 

"Wie gesagt, du hörst auf mich. Und ich kann mit dir kommunizieren. Irgendwie verstehst du mich und ich dich, obwohl wir nicht miteinander sprechen können."
 

Remus schluckte. Er wusste, dass Black Recht hatte, immerhin erinnerte er sich an jedes Detail der Vollmondnacht.
 

"Trotzdem. Es ist einfach zu gefährlich.", sagte er schwach.
 

"Und deine Narben? Wenn du eingesperrt bist, verwüstest du die ganze Nacht die Hütte. Willst du das deinem Körper wirklich antun?"
 

"Das kann dir doch egal sein." Remus verschränkte die Arme und sah weg.
 

"Du weißt, dass es mir nicht egal ist."
 

Remus antwortete nicht. Er wollte es einfach nicht, verstanden sie das nicht? Er hatte Angst, Angst jemanden zu verletzen. Allein der Gedanke daran, dass er Black angegriffen und in seine Schulter gebissen hatte, machte ihn ganz krank.
 

Einen kurzen Augenblick lang wünschte er sich, er hätte sich nie auf Black eingelassen. Aber bei diesem Gedanken wurde ihm kalt ums Herz und der Moment ging so schnell, wie er gekommen war.
 

Black stand von seinem Stuhl auf.
 

"Ich gehe jetzt." Eine warme Hand senkte sich auf seine Schulter und drückte kurz zu. Remus hasste, dass er sich nach genau so einer Berührung von ihm gesehnt hatte. "Ruh dich noch ein bisschen aus. Wir sehen uns heute Abend."
 

Als Black den Krankenflügel verlassen hatte, vermisste Remus ihn so sehr, dass es wehtat.
 

~~~~~*~~~~~
 

Es war vier Tage vor Weihnachten und Remus streifte durch Hogsmeade auf der Suche nach Geschenken. Er hatte lange überlegt, ob er Black überhaupt etwas schenken sollte und war sich eigentlich immer noch nicht sicher. Trotzdem hatte er sich an diesem Tag warm angezogen und hatte sich, wie die meisten anderen Schüler, die über die Ferien im Schloss geblieben waren, auf den Weg in das Zaubererdorf gemacht.
 

Potter und Pettigrew waren über die Ferien zu ihren Familien gefahren, also musste er sich keine Gedanken darüber machen, ob die seltsame Art von Freundschaft zwischen ihnen bereits Weihnachtsgeschenke erforderlich machte. Dass Black nicht mitgefahren war, um die zwei Wochen bei Potter zu verbringen, hatte sie alle verwundert.
 

Was schenkte man Sirius Black? Remus war ratlos. Von Quidditch hatte er keine Ahnung und würde mit solch einem Geschenk sowieso Gefahr laufen, dass er es schon hatte. Und sonst? Black las keine Bücher. Süßigkeiten waren okay, aber ein bisschen langweilig. Welche Hobbys hatte er sonst noch? Er hatte sich bereits den Kopf darüber zerbrochen, aber für was interessierte sich Black denn sonst noch? Außer Mädchen natürlich.
 

Je länger er dumpf auf die Schaufensterscheiben starrte und Laden nach Laden abklapperte, desto mehr fiel ihm auf, wie wenig er Black eigentlich kannte.
 

Als es Abend wurde, ging er mit leeren Händen zum Schloss zurück.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  jessteito
2014-05-29T14:39:36+00:00 29.05.2014 16:39
Servus^^
*sabber* Die zwei unter der Dusche....
Ich mag Thestrale ^^ und Peter kann ich noch weniger leiden!
Der Streit tut den beiden gar net gut!!
O.O Die sind schon ein wenig viel Lebensmüde!! Ein Spaziergang mit einem Werwolf...
Ohh Weihnachten!! Geschenkesuche... wie wäre es mit zwei kleinen Holzfiguren - ein Wolf und ein großer schwarzer Hund - auch als Halsketten
Das wäre so süüüüß....
Bitte schreib schnell weiter!
Glg Jessi ^^v


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