Zum Inhalt der Seite

Das Rudel des Wolfes

RL / SB
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Verlorener Faden

Kapitel 18: Verlorener Faden
 

Schon am frühen Nachmittag konnte Remus den Krankenflügel wieder verlassen. Seine Knochen schmerzten noch von der vergangenen Nacht und sobald er im Gemeinschaftsraum ankam, hatte er nichts weiter vor, als sich in den Schlafsaal zurückzuziehen und ins Bett zu fallen.
 

Leider wurde ihm in dem Moment ein Strich durch die Rechnung gemacht, in dem er durch das Portraitloch schlüpfte.
 

"Remus, da bist du ja endlich!" Potter winkte ihm von den Sofas aus zu. Abgesehen von ihnen war der Gemeinschaftsraum vollkommen leer. Die meisten Schüler waren jetzt in der Bibliothek oder draußen, um im frisch gefallenen Schnee herumzutollen. Dass die Rumtreiber nicht ebenfalls draußen waren, sondern hier drinnen herumsaßen, zeigte ihm, dass sie offensichtlich auf ihn gewartet hatten.
 

Er sah, dass Potter, Black und Pettigrew wieder ihr Lieblingsspiel zu spielen schienen. Remus lächelte sie nur an, etwas angestrengt, und ging an ihnen vorbei Richtung Schlafsaal.
 

Potter rief ihm nach: "Hey, wo willst du denn hin?"
 

"Schlafen." Er blieb kurz stehen, ein Fehler, wie sich herausstellen sollte. "Ich bin immer noch müde."
 

"Schlafen kannst du doch auch noch später. Komm, spiel mit uns eine Runde!"
 

Potter zog ihn bereits zu der Sitzgruppe. Zu erschöpft um zu widersprechen, ließ Remus sich neben Black auf eins der Sofas fallen. Dieser sah ihn entschuldigend an.
 

In seinem Zustand war er nicht gerade schneller im Kartenspielen, aber er gab sich alle Mühe. Trotzdem verlor er fast jede Runde. Er war froh, dass im Kamin neben ihnen wenigstens ein wärmendes Feuer brannte. Es war eine Wohltat für seine schmerzenden Glieder.
 

Irgendwann bemerkte er, dass Potter ihn beobachtete. Er versuchte es zu ignorieren, aber irgendwann lenkte es ihn einfach zu sehr ab.
 

"Ist irgendetwas?" Selbst in seinen Ohren klang er gereizt.
 

Potter wandte den Blick nicht von ihm ab.
 

"Ich frage mich nur wie es ist. Ein Werwolf zu sein, meine ich."
 

Remus zuckte zusammen. Außer ihnen war zwar niemand im Gemeinschaftsraum, dennoch war ihm unwohl dabei, sein Geheimnis in so einem offenen Raum ausgesprochen zu hören.
 

"Nicht so toll.", meinte er deswegen nur vage, in der Hoffnung, Potter würde den Wink verstehen und nicht weiter nachfragen.
 

"Seit wann bist du schon ein Werwolf?", fragte Potter weiter. Remus legte seine Karten in den Schoß.
 

"Seit ich fünf bin. Können wir jetzt bitte das Thema wechseln?"
 

Potter ignorierte die Frage einfach. Mit leuchtenden Augen fragte er: "Wie ist es passiert?"
 

Remus knirschte mit den Zähnen. Merkte Potter denn nicht, wie taktlos er war?
 

"Das ist jetzt wirklich zu persönlich."
 

"Ach komm schon, sei kein Spielverderber!"
 

So langsam bekam er Kopfschmerzen. Hilfesuchend wandte er sich zu Black um, doch der sah genauso neugierig aus wie Potter. Pettigrew dagegen sah aus, als hätte er in eine saure Zitrone gebissen.
 

"Also gut. Aber bitte lass dann die Fragerei, ja?" Auffordernd starrte er Potter an, der sofort zustimmend nickte.
 

Remus seufzte. Es war keine schöne Erinnerung, die er hier ausgraben sollte.
 

"Wie gesagt, ich war fünf.", fing er an. "Meine Eltern und ich lebten auf dem Land und ich spielte jeden Tag in den Feldern. Meine Mutter", er schluckte, "behielt mich immer im Auge. Sie wollte nicht, dass ich mich zu weit vom Haus entferne. Aber meistens habe ich nicht auf sie gehört, ich bin immer weiter durch die Felder gelaufen und manchmal auch bis zum Wald, den es in der Nähe bei uns gibt." Er holte tief Luft. Jetzt wollte er es einfach nur noch loswerden. "Eines Tages bin ich weiter gelaufen als je zuvor. Ich bin bis zum Wald gelaufen und hinein. Und ich habe mich verlaufen. Plötzlich wusste ich nicht mehr, in welcher Richtung mein zu Hause lag und ich bin weitergelaufen, aber es war die falsche Richtung, aber das wusste ich ja nicht." Er zitterte. "Und dann wurde es dunkel. Ich konnte noch genug sehen, denn es war ja Vollmond. Ich bin sogar auf ihn zugelaufen, auf diesen Werwolf. Aus der Ferne habe ich gedacht, er sei ein Mensch. Ich dachte, er könnte mir helfen nach Hause zu kommen."
 

Trotz des Feuers war ihm kalt geworden. Black rückte näher an ihn heran.
 

"Es ist seltsam", fügte Remus abwesend hinzu, "wenn ich jetzt daran zurückdenke, kommt es mir vor, als hätte er genau gewusst, was er tat. Da war dieses Zögern, wisst ihr? Und dann hat er es trotzdem getan."
 

Sie hatten ihm wie gebannt zugehört. Jetzt jedoch unterbrach Black die Stille.
 

"Aber wie bist du ihm entkommen? Wieso hat er dich nicht getötet?"
 

"Meine Eltern hatten mich schon seit Stunden gesucht. In dem Moment, als ich gebissen wurde, sind sie aufgetaucht. Sie hätten mich nur ein bisschen früher finden müssen, dann wäre das alles nicht passiert."
 

"Dann wärst du jetzt kein Werwolf.", stellte Black klar.
 

"Also, ich bin froh, dass wir einen Werwolf bei uns haben!" Potter klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. Remus biss sich auf die Lippe, sagte aber nichts.
 

~~~~~*~~~~~
 

Als Potter ihn schließlich endlich gehen ließ, fielen Remus beinahe die Augen zu. Todmüde taumelte er die Treppe zu ihrem Schlafsaal hinauf. Dort angekommen machte er sich noch nicht einmal mehr die Mühe, sich umzuziehen, nur die Schuhe streifte er sich noch von den Füßen, bevor er sich auf sein Bett fallen ließ. Er lag auf dem Bauch, seine Arme umschlangen das Kissen, in dem er seinen Kopf vergraben hatte.
 

Bevor er einschlafen konnte, öffnete sich die Tür.
 

"Moony?"
 

Remus hasste diesen Spitznamen. Er betonte nur noch mehr, was ihn eigentlich nicht ausmachte. Zumindest empfand er, dass ihn seine Krankheit nicht ausmachen sollte.
 

An der Stimme hatte er erkannt, dass es Black war, der ihm nach oben gefolgt war. Er konnte nur vermuten, dass Potter und Pettigrew nun doch nach draußen gegangen waren, um im Schnee herumzutollen. Die Matratze senkte sich, als Black sich auf sie setzte. Mühsam wandte Remus den Kopf, um ihn anzusehen. Black lächelte ihn an.
 

"Ich bin froh, dass James jetzt Bescheid weiß.", gab er zu.
 

"Wie schön für dich." Remus drückte sein Gesicht wieder in das weiche Kissen.
 

Blacks Lächeln verblasste.
 

"Bist du sauer wegen irgendetwas?"
 

"Ich bin müde."
 

"Aber auch sauer."
 

"Ja."
 

"Weshalb?"
 

Remus ächzte. Nahm der Tag denn gar kein Ende?
 

"Weil Potter mich anscheinend als Ausstellungsstück ansieht."
 

"Ich weiß nicht was du meinst."
 

"Ich meine damit, dass er es anscheinend cool findet, dass ich ein Werwolf bin! Während wir Karten gespielt haben, hat er mich die ganze Zeit ausgefragt, selbst nach total persönlichen Dingen. Das waren Sachen, die hatte ich noch nicht einmal dir erzählt."
 

Black schwieg und schien nachzudenken. Nach einer Weile spürte Remus seine Hand langsam durch sein Haar streichen. Dann hörte er ihn sagen:
 

"Aber ist das denn so schlimm? Ich meine, kannst du denn nicht verstehen, wie krass es für James ist, dass du auf einmal ein Werwolf bist?"
 

"Also erstens bin ich nicht 'auf einmal' ein Werwolf; ich bin's schon immer gewesen. Und zweitens, nein, kann ich nicht verstehen. Will ich auch nicht."
 

"Versuch's doch wenigstens."
 

"Ich will einfach nicht, dass Potter nur den Wolf in mir sieht! Im Gegensatz zu ihm weiß ich nämlich wie es ist, das jeden Monat durchzumachen. Vorher hat er mich immer ignoriert und jetzt tut er plötzlich so, als seien wir beste Freunde! Diese Heuchelei macht mich krank!"
 

Blacks Hand in seinem Haar hielt inne.
 

"Du kennst James doch gar nicht.", verteidigte er seinen Freund. "Er meint es nicht böse, er ist nur neugierig."
 

"Na hoffentlich kann er wenigstens ein Geheimnis für sich behalten."
 

"Jetzt komm aber mal wieder runter!" Black zog seine Hand schließlich ganz zurück. "Das ist immer noch James, von dem wir hier sprechen, mein bester Freund! Ich weiß, dass du ihn nicht leiden kannst, aber das ist noch kein Grund, so über ihn zu reden!"
 

Erstaunt über seinen plötzlichen Ausbruch hob Remus abermals den Kopf und sah zu ihm hoch. Black schien wirklich wütend zu sein; sein Kopf war rot geworden, seine Miene eisern und die Arme hatte er vor seinem Körper verschränkt. Remus ahnte, dass er die Situation besser entschärfen sollte, aber er war müde und wütend.
 

"Aber so empfinde ich es nun mal.", beharrte er ohne ein Wort der Entschuldigung.
 

"Wieso bist du auf einmal so? So kenne ich dich gar nicht."
 

"Ich war schon immer so. Vielleicht hast du's einfach noch nicht bemerkt."
 

Black biss die Zähne zusammen.
 

"Das glaube ich nicht."
 

"Glaub, was du willst. Vielleicht hättest du das besser überprüfen sollen, bevor wir Freunde geworden sind. Dann hätte ich jetzt dieses Problem nicht."
 

Jetzt hatte er Black verletzt, das wurde ihm sofort klar, als er die Worte ausgesprochen hatte. Es stand ihm ins Gesicht geschrieben; die Zähne hatte er immer noch so stark zusammengebissen, dass es schmerzhaft aussah, die Augen glänzten verräterisch, seine ganze Haltung war steif. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, stand Black auf, ging aus dem Schlafsaal und knallte die Tür hinter sich zu.
 

~~~~~*~~~~~
 

Remus hatte den gesamten restlichen Nachmittag und die Nacht hindurch geschlafen. Als er am nächsten Morgen aufwachte, hätte er seinen Zustand zwar nicht unbedingt als ausgeruht bezeichnet, aber er fühlte sich schon ein wenig besser als tags zuvor. Unter der Dusche betrachtete er die neuen Verletzungen, die der letzte Vollmond gebracht hatte; es waren vor allem Kratzspuren an seinem Hals und seiner Seite, aber auch eine Bissspur, die wohl von Black in seiner Animagusform stammte.
 

Während er sich die Haare wusch, dachte er über die Erkenntnisse des gestrigen Tages nach. Black und Potter waren Animagi, ebenso wie Pettigrew, wie sie ihm später mitgeteilt hatten. Einerseits war er beeindruckt, dass sie eine so schwierige Verwandlung gelernt hatten. Vor allem dem im Unterricht eher mittelmäßigen Pettigrew hätte er das nicht zugetraut und ein bisschen beneidete er sie, dass sie diese Fähigkeit besaßen. Andererseits fand er es nicht gut, dass sie sich nicht registriert hatten. Wer wusste schon, was daraus erwachsen würde? Sollte jemals einer von ihnen kriminell werden, konnten sie ihre Animagusformen zu ihrem Vorteil nutzen, und er wäre der Einzige, der sie durchschauen könnte. Nicht, dass er einen von ihnen für kriminell hielt.
 

Er griff nach dem Duschgel. Die Erinnerung an den gestrigen Streit mit Black kam wieder hoch. Er war hin und hergerissen zwischen Wut und Traurigkeit. Im Moment tendierte er aber eher zu Traurigkeit. Er war einfach so müde gewesen, dass er nicht darauf geachtet hatte, wie er seine Worte wählte. Er hatte einfach nur in Ruhe gelassen werden wollen. Als Black dann gegangen war, war er auch recht schnell eingeschlafen, aber nur, weil er so erschöpft gewesen war, nicht, weil er ein reines Gewissen hatte.
 

Trotzdem wünschte er sich, Black würde ein bisschen mehr auf seiner Seite stehen, wenn es zu Potter kam. Aber die beiden waren schon seit dem ersten Schuljahr so eng befreundet, dass sie nicht auseinanderzukriegen waren. Fast schon wie ein Paar, dachte er nur einen kurzen Augenblick lang, denn er wusste, dass das Unsinn war. Die beiden hatten andere Dinge gemeinsam.
 

Was hatten sie gemeinsam, Black und Remus? Schon seit dem Tag, an dem Black ihn darum gebeten hatte, sich mit ihm anzufreunden, hatte er sich das immer wieder gefragt. Er musste lächeln, als er an den Hundeblick zurückdachte, mit dem Black ihn rumgekriegt hatte. Jetzt wusste er auch, woher er diese Ähnlichkeit mit einem Hund hatte.
 

Aber was hatten sie schon gemeinsam? Black war ein Draufgänger, ein Casanova. Er war extrovertiert und einer der beliebtesten Schüler, einer der begehrtesten Singles. Nur, dass er eigentlich kein Single war.
 

Etwas in seinem Magen knotete sich zusammen. Ihre Beziehung würde geheim bleiben müssen, das war ihm von Anfang an bewusst gewesen. Aber trotzdem, wenn er an den Tanzabend an Halloween zurückdachte, wünschte er sich, er hätte Black nicht nur von weitem und heimlich beobachten müssen.
 

Er stellte die Dusche aus und trocknete sich ab.
 

Er wollte sich nicht mit Black streiten. Er wollte mit ihm zusammen sein, auch wenn er sich nicht erklären konnte warum. Grinsend und leicht rot werdend dachte er daran zurück, wie Black ihm an Halloween gefolgt war. Und was er mit ihm angestellt hatte. Nie ihm Leben hätte er sowas von sich aus initiiert, aber Black kannte in solchen Dingen keine Scham. Und das war, wie Remus zugeben musste, eine gute Sache, denn sonst würde er wahrscheinlich nie aus seinem Schneckenhaus kommen.
 

Als er sich schließlich fertig angezogen hatte, machte er sich auf den Weg zum Frühstück. Die Gedanken an Black hatten ihm wieder neuen Antrieb gegeben und er fühlte sich frisch wie der Morgen.
 

Mit dem Vorsatz, sich sobald wie möglich bei Black für sein Verhalten zu entschuldigen und möglicherweise noch einmal in Ruhe mit ihm zu reden, trat er in die Große Halle ein. Schon von weitem konnte er ihn ausmachen, wie er zusammen mit Potter und Pettigrew am Gryffindortisch saß. Beschwingt ging er zu ihnen herüber. Potter sah ihn als erstes und winkte ihn zu ihnen heran.
 

"Guten Morgen!", grüßte er ihn. Remus lächelte ihn freundlich an und ließ sich auf den Platz neben ihm sinken, gegenüber von Black. Er griff nach einem Brötchen und etwas Marmelade, dann sah er ihn an.
 

Black saß da wie versteinert. Sein Gesicht war ernst und zeigte nicht die leiseste Andeutung eines Lächelns. Remus zuckte unwillkürlich zusammen.
 

"Dir auch einen guten Morgen.", sprach er ihn an. Doch Black erwiderte nichts. Stattdessen wandte er sich wieder seinem eigenen Frühstück zu.
 

Remus war verwirrt. Wieso benahm Black sich so seltsam?
 

Potter dagegen hatte nichts von alledem bemerkt und quatschte ihn fröhlich von der Seite her an.

"Geht's dir denn heute schon besser?", fragte er und Remus wandte sich ihm wieder zu, wenn auch nur, um Black nicht mehr ansehen zu müssen. Dessen Gesichtsausdruck machte ihm Angst, denn er konnte ihn nicht zuordnen.
 

Er nickte Potter zu.
 

"Ja, jetzt, nachdem ich geschlafen habe." Er konnte sich den leicht anschuldigenden Ton in seiner Stimme nicht ganz verkneifen, aber Potter grinste ihn nur an.
 

"Sorry, Mann.", sagte er darauf nur und biss herzhaft in eine Toastscheibe. "Aber wie sieht's heute mit dir aus? Sirius und ich wollten gleich ne Runde Quidditch spielen, hast du Lust mitzukommen?"
 

"Tut mir Leid, aber ich glaube, dafür geht's mir echt nicht gut genug." Außerdem hatte er kein Interesse daran, von den beiden im Spiel fertiggemacht zu werden. "Und ich muss noch zwei Aufsätze schreiben."
 

Potter zog ein Gesicht, akzeptierte seine Antwort aber.
 

In der nächsten halben Stunde widmete sich Remus ganz seinem Frühstück. Potter und Black diskutierten Quidditchstrategien und Potters neueste Beziehung zu Evans und Pettigrew versuchte, irgendwie etwas zu ihrem Gespräch beizutragen. Remus beobachtete Black; zu seinen anderen Freunden schien er wie immer zu sein. Einmal lachte er sogar herzhaft mit Potter über einen Witz, den dieser gemacht hatte.
 

Lag es an ihm? Er musste an den vergangenen Abend denken. Nahm Black ihm das etwa immer noch übel?
 

Als sie die Große Halle schließlich verließen und Potter vorging, um ihre Besen zu holen und Pettigrew ihm hinterherlief, packte Remus seinen Freund am Arm.
 

"Was ist los mit dir?", zischte er ihm zu. Nicht zu laut, denn um sie herum waren überall Mitschüler. Er wollte nicht, dass jemand lauschte.
 

Black entzog ihm seinen Arm und betrachtete ihn mit der gleichen steinernen Miene wie schon beim Frühstück.
 

"Das weißt du ganz genau." Sein Ton war kalt, ganz anders, als er es gewohnt war. In Remus' Magen bildete sich ein Klumpen aus Eis.
 

"Ist es wegen gestern?"
 

"Natürlich ist es wegen gestern!", zischte Black ihn an. "Und jetzt lass mich, ich hab James versprochen, das Quidditchfeld für uns zu sichern."
 

So einfach wollte Remus ihn jedoch nicht gehen lassen. Er stellte sich ihm in den Weg.
 

"Jetzt warte doch mal.", sagte er entschuldigend. "Du weißt doch, dass ich es nicht so gemeint habe. Ich war nur müde-"
 

"Wow, das ist deine große Entschuldigung? Du warst müde? Bist du also immer so ein gigantischer Idiot, wenn du müde bist?"
 

Remus merkte, wie das Gespräch in die falsche Richtung lief.
 

"Nein, bin ich nicht." Black versuchte an ihm vorbeizugehen, aber er schnitt ihm erneut den Weg ab. "Aber was ich gesagt habe, ist wahr. Ich mag es nicht, dass Potter so mit du-weißt-schon-was umgeht. Ich finde es einfach taktlos von ihm."
 

Black starrte ihn von oben herab an.
 

"Weißt du, was ich taktlos finde? Dass du ständig schlecht über James redest. Dass du dich selbst schlecht machst, nur um zu streiten. Und dass du unsere Beziehung einfach so infrage stellst."
 

Damit drängte er sich an ihm vorbei und ließ ihn verdattert im Gang stehen.
 

~~~~~*~~~~~
 

Tage verstrichen und schließlich Wochen. Es wurde immer kälter und der Schnee, der die Wiesen vor dem Schloss bedeckte, blieb permanent liegen. Es war Ende November und Remus spürte es in seinen Knochen, dass der nächste Vollmond nahte.
 

Seit er sich mit Black gestritten hatte, hatten sie kaum ein Wort miteinander gesprochen. Remus wusste nicht, was das für ihre Beziehung bedeutete. Black hatte sich dazu nicht geäußert. Zu seiner Erleichterung hatte er ihn allerdings auch nicht mit anderen Mädchen gesehen.
 

Er hatte ihm vorgeworfen, dass er ihre Beziehung infrage gestellt hätte. Remus war ihren Streit im Schlafsaal mehrere Male im Kopf durchgegangen, ehe ihm aufgegangen war, auf was er sich bezog. Er hatte ihm gesagt, dass er dieses Problem nicht hätte, hätte er schon vorher überprüft, wie Remus war. Offenbar hatte Black dies ernster genommen, als er selbst es im Nachhinein gemeint hatte.
 

Er hätte sich entschuldigen können, wenn es nur das gewesen wäre. Aber etwas in ihm hielt ihn davon ab, seinen Freund aufzusuchen und es noch einmal zu versuchen. Und das war die Tatsache, dass sowohl Potter als auch Black seine Krankheit nicht als Fluch betrachteten, sondern eine regelrechte Sensation daraus machten. Er hasste es, dass für sie seine Krankheit einen so großen Teil von ihm ausmachte. Er wollte nichts mit dem Wolf zu tun haben. Sie hatten sich ausgesucht, sich in Tiere zu verwandeln, aber bei ihnen war die Verwandlung schmerzlos, weil sie nicht erzwungen wurde und sie behielten ihren Verstand. Er dagegen streifte alle vier Wochen das Fell eines Monsters über. Dass er sich überhaupt an die letzte Vollmondnacht erinnern konnte, verblüffte ihn, denn es war das erste Mal.
 

Remus stand vor seinem Bett im Schlafsaal und zog sich seinen Pyjama an. Jetzt, wo die anderen Jungs von seinem Geheimnis wussten, gab es keinen Grund mehr, sich allein umzuziehen.
 

Potter, der sich gerade ein Oberteil angezogen hatte, kam zu ihm herüber.
 

"Wann ist es denn wieder soweit?", fragte er wie nebenbei. Remus wusste sofort, auf was er hinauswollte.
 

"In zwei Tagen."
 

"Also die Nacht von Freitag auf Samstag?"
 

"Genau."
 

"Cool."
 

Remus verdrehte die Augen.
 

Dann fragte Potter auf einmal: "Wann sollen wir da sein?"
 

Remus hielt inne, sein Flanellhemd nur halb zugeknöpft.
 

"Was?" Dann dämmerte es ihm. "Ihr kommt nicht mit! Das ist viel zu gefährlich!"
 

Potter grinste ihn nur an und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter.
 

"Mach dir da mal keine Sorgen. Letztes Mal ist es doch auch gut gegangen. Außerdem hat sich dein Wolf", er piekste ihn in den Bauch, als sei der Wolf auf mysteriöse Weise in seinem Magen anzutreffen, "Sirius schon untergeordnet. Weißt du noch, Sirius?" Er drehte sich zu ihm um. "Er hat sich auf den Rücken gelegt und alle Pfoten in die Luft gestreckt!" Lachend ahmte er die Pose nach. "Ich dachte ich werde irre!"
 

Das war er auch, dachte Remus.
 

"Hört mal.", versuchte er es noch einmal verzweifelt. "Das ist wirklich zu gefährlich. Denkt doch mal nach: Ich bin ein Werwolf." Er hasste es, es so direkt auszusprechen. "Nur, weil der Wolf sich das eine Mal untergeordnet hat, heißt das noch lange nicht, dass er es auch ein zweites Mal tut."
 

"Und wenn schon", winkte Potter ab, "wir haben dich schon im Griff. Und wir können uns nicht anstecken, schon vergessen? Das ist wie eine Sondereinladung zur Werwolfvorführung."
 

Jetzt mischte sich auch Black ein. Er hatte nur eine Schlafanzughose an und schien nicht vorzuhaben, sich auch obenrum zu bekleiden. Remus musste sich zwingen, ihn nicht allzu lange anzustarren.
 

"Jetzt stell dich mal nicht so an.", sagte er. "Immerhin hast du mich schon erwischt und es hat mir nichts ausgemacht, außerdem können James und ich dich locker im Zaum halten."
 

Remus erkannte, dass er den Kampf verloren hatte. Es war egal, was er sagte, sie würden ihm ja doch folgen. Er war enttäuscht darüber, dass Black sich lieber auf die Seite seines besten Freundes stellte als auf seine Seite. Aber so, wie die Dinge im Moment zwischen ihnen waren, wunderte er sich nicht mehr darüber.
 

Nachdem sie alle in ihren Betten lagen, wurde es erstaunlich schnell still im Schlafsaal. Potter schnarchte und Pettigrew wälzte sich ständig hin und her. Remus lauschte dem leisen Atmen von Black. Er vermisste ihn. Aber er wusste auch nicht, wo er den Faden aufnehmen sollte, den er verloren hatte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich wünsche euch einen wunderschönen Sonntagmorgen und hoffe, euch hat das Kapitel gefallen :3 Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  jessteito
2014-05-25T20:14:32+00:00 25.05.2014 22:14
Servus^^
Ein klasse Kapitel!
Komplizierte Beziehungen, Missverständnisse, Drama, Gefühle, Sehnsucht und vieles mehr! Was wird noch alles kommen? Was erwartet uns??
Es bleibt spannend!!
Bis zum nächsten Kapitel
Glg Jessi ^^v


Zurück