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Rin's Reise

von

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Ungehorsam mit unerwarteten Folgen

Hallöchen,

hiermit startet eine neue Geschichte. Es geht hauptsächlich um Rin und was sie

alles auf einer ganz besonderen Mission erlebt.

Eindeutig in Richtung Romatik, mit einem Schuss Abenteuer.
 

Ich wünsche euch viel Spaß und würde mich natürlich über ein Kommi am Schluss

wirklich freuen.
 

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Zu unserer Inu-Familie gehören auch noch mehr Mitglieder. Rin ist zum Beispiel

eines. Die Jahre gehen auch an dem einstigen kleinen fröhlichen Mädchen nicht

spurlos vorbei.

Fast elf Jahre sind nach dem „letzten Kampf gegen Naraku“ vergangen. Während

dieser Zeit ist Rin zu einer jungen, schönen Frau herangewachsen.

Und da sie die Ziehtochter von Ayaka und Sesshomaru dem Fürstenpaar der

westlichen Länder ist, nimmt sie auch einen gewissen sozialen Rang ein.

Schloss Inu no Taishou ist zwar ihre Heimat und der Inu-clan ihre Familie,

doch sehnt sie sich insgeheim nach Abenteuern.

Unvermutet bekommt sie die Möglichkeit eine wichtige Mission zu bestreiten,

und so beginnt für Rin eine Reise mit ungewissem Ausgang.
 

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Ungehorsam mit unerwarteten Folgen
 

Leise fluchend eilte die Dienerin den Gang entlang. In ihrer Hast achtete sie

nicht auf ihre Umgebung und als sie um die nächste Ecke bog, rannte sie fast

in die schlanke Gestalt einer jungen, elegant gekleideten Dämonin.

Voller Schrecken keuchte die Dienerin auf und warf sich unverzüglich zu Boden.

Tief senkte sie ihren Kopf.

"Verzeihung, Herrin!", stieß sie hektisch ihre Entschuldigung heraus.
 

Ayaka, die Fürstin der westlichen Länder, sah mit einem Lächeln auf die

Dienerin nieder. Sie hatte die Aufregung und die leisen Flüche schon lange

zuvor gehört, bevor die Youkai aufgetaucht war. Die feinen und scharfen Sinne

einer Wolfsyoukai waren selten zu täuschen.

"Ich nehme mal an, dass sie wieder entwischt ist?", fragte sie und man konnte

ein unterdrücktes Lachen aus ihrer Stimme vernehmen.
 

Unmerklich atmete die Dienerin auf. Sie war noch nicht lange hier und war

dementsprechend vorsichtig. Obwohl jeder hier im Schloss die Sanftheit und

Liebenswürdigkeit der Herrin lobte, desto mehr warnten sie die anderen vor dem

Schlossherrn.

Er war für seine Gefühlskälte bekannt und schon mancher hatte für seine

Verfehlungen teuer bezahlen müssen.
 

"Ja Herrin. Ich wollte sie abholen, doch war ihr Zimmer leer. Ich weiß nicht..."

"Es ist schon gut. Ich ahne bereits wo sie ist. Mach dir keine Sorgen. Ich werde

mich darum kümmern", erwiderte Ayaka. "Diesmal wird es wohl für Rin

Konsequenzen haben."
 

Ein sanfter Windhauch zeigte an, das Ayaka ging. Vorsichtig hob die Dienerin den

Kopf und sah noch wie die Herrin den Gang entlang eilte.

Sie war wirklich wunderschön und so sanft. Es war ihr ein Rätsel, was diese

Dämonin an dem Herrn fand.

Mit einer geschmeidigen Bewegung erhob sich die Dienerin und kehrte zurück, in

der Gewissheit, dass die Herrin schon dafür sorgen würde, dass Rin zur rechten

Zeit kam.
 

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"Rin-chan braucht eine Aufgabe!"
 

Mit einem unhörbaren Seufzer legte der große weißhaarige Youkai die Schreibfeder

zur Seite und wandte den Kopf zu seiner Besucherin.

In den goldenen Augen, die musternd über die schlanke Gestalt von Ayaka glitten,

flammte für einen Sekunden Bruchteil Wärme auf.

"Was hat sie heute angestellt?", fragte er und die tiefe Stimme erzeugte bei

Ayaka das wohlbekannte Kribbeln im Bauch. Mit einem kurzen Nicken erteilte

Sesshomaru die Erlaubnis, dass sich Ayaka zu ihm setzen durfte.
 

Mit einer eleganten Bewegung glitt die Wolfsyoukai zu Boden. Als sie dann saß,

faltete sie die Hände auf ihrem Schoß und blickte auf die verschlungen Finger

hinunter, während sie nach den richtigen Worten suchte.

"Sie ist mit Ah-Uhn unterwegs und hat offenbar die Zeit vergessen."
 

Ein kurzes Runzeln der Stirn zeigte, wie verärgert Sesshomaru über diese

Nachricht war.

"Es ist ihr verboten, ohne Begleitung das Schloss zu verlassen. Sie muss sich

langsam ihrer Stellung bewusst werden. Ihr Verhalten entspricht in keinem Fall

das einer Prinzessin der westlichen Länder", sagte der Youkai und der kühle Ton

verhieß nichts Gutes.
 

Rasch hob Ayaka den Kopf. "Bitte... Ihr müsst bedenken, dass sie ein Mensch ist.

In ihrer Kindheit ist sie immer mit Euch umhergezogen. Ihre Eltern sind so früh

verstorben. Bitte... erlasst ihr eine Strafe und gebt ihr anstatt dessen eine

Aufgabe, wo sie verantwortungsbewusst handeln muss. Dann..."

"Glaubst du im Ernst, dass ich sie hart bestrafen würde", fragte Sesshomaru.
 

Beschämt senkte Ayaka den Kopf. "Nein. Das hatte ich nicht erwartet."

Fingerspitzen mit scharfen Nägeln legten sich in einer sanften Berührung unter

ihr Kinn und zwangen sie den Kopf zu heben. "Hör auf damit. Ich weiß, dass in

deinem hübschen Köpfchen schon längst ein Plan herangereift ist.

Lass mich hören, was du vorhast."
 

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Genießerisch schloss Rin die Augen. Der warme Wind blies ihr ins Gesicht. Unter

ihr fühlte sie die massigen Muskeln des Reitdrachen.

Sie öffnete die Augen beugte sich leicht vor und tätschelte den rechten Hals des

zweiköpfigen Drachen.

"Das war doch eine gute Idee, nicht wahr, Ah-Uhn? Das Wetter ist viel zu schön,

um im Schloss zu hocken und nichts zu tun", sagte sie.
 

Tiefes zustimmendes Brummen war die Antwort. Sie sah nach unten. Die Bäume

rasten unter ihr vorbei.

Vögel flogen mit ihnen um die Wette. Es war wunderschön.

Das Gefühl frei zu sein, vibrierte förmlich ihr.

Sie seufzte leise auf, als ihr einfiel, dass ihre Abwesenheit in der

Zwischenzeit sicher bemerkt worden war. Schon längst hätte sie zum täglichen

Unterricht erscheinen müssen.

Oh je, das würde Ärger bedeuten.

Doch vielleicht hatte sie Glück und sie konnte sich zurück schleichen, bevor ihr

Ziehvater von ihrem unerlaubten Ausflug erfuhr. Das war allerdings so gut wie

unmöglich. Schweren Herzens zupfte sie an den Zügeln und ließ Ah-Uhn wenden.
 

Ihre Hoffnung sich irgendwie unbemerkt in das Schloss einschleichen zu können,

zerschlug sich gleich in der ersten Minute, als das Schloss in Sicht kam. Schon

draußen vor dem Hauptort sah sie von der Ferne eine kleine, grüne Gestalt

unruhig herumrennen.

Mit einem abgrundtiefen Seufzer gab sie Ah-Uhn den Befehl zu landen.
 

Kaum berührten die breiten Füße des Drachen die Erde, kam auch schon die kleine,

grüne Gestalt herangeschossen. Eine hohe quäkende Stimme rief schon aus der

Entfernung und wurde immer lauter, als sie näher kam. "Das kann doch wirklich nicht

wahr sein... Wie konntet Ihr nur... Seid Ihr Euch denn Euerer Stellung überhaupt

nicht bewusst...? Ihr seid die Hime... Ihr habt Verpflichtungen..."

"Ihr habt ja recht, Jaken-sama", sagte Rin und senkte reumütig den Kopf.
 

Der kleine Kröterrich mit dem Namen Jaken und der höchstpersönliche Berater des

Fürsten schloss den Mund, als er so unvermutet Recht bekam.

Misstrauisch beäugte er die junge Frau. "Woher kommt diese plötzliche Einsicht?"

Rin hob den Kopf und grinste ihn breit an. "Ihr seid mir ein lebendes

Vorbild, Jaken-sama."

Jaken gab ein Schauben von sich. "Pah. Das hält nur bis zum nächsten

Sonnenaufgang. Los runter da und ab marsch in das Studierzimmer, Sensei Ma

erwartet Euch schon."

"Oh je", murmelte Rin und schwang sich von dem breiten Rücken Ah-Uhn. Das hatte

sie wirklich ganz vergessen.

Ma war der einzige ihrer Lehrer, den sie wirklich toll fand. Er erzählte immer

so spannende Geschichten, und jetzt hatte sie gerade seinen Unterricht

geschwänzt.
 

Eine der Wachen kam herbei und übernahm die Zügel Ah-Uhn’s während Rin schon

eilig in das Schloss lief. Die langen Gänge kamen ihr noch länger als gewöhnlich

vor. Mit schwer gehendem Atem stürmte sie in das Studierzimmer.

Sie stockte, als sie den alten Youkai erblickte, der im Schneidersitz dort saß,

eine Decke über den schmalen, gebeugten Schultern. Den knorrigen Gehstock quer

über den Beinen. Das lange Haar war nicht weiß, sondern zeigte das Grau des

Alters.

Seit Rin mit Dämonen zu tun hatte, war ihr noch nie ein so alter Youkai begegnet.

Doch der Unterricht, den sie bei ihm nahm, war der, der ihr am liebsten war.
 

Beschämt senkte sie den Kopf und kniete sich auf ihren Platz nieder. "Verzeiht,

Sensei. Ich habe die Zeit vergessen... es wird nicht wieder vorkommen."

Die dunklen Augen, die kein Alter verrieten, lagen in einem nachsichtigen

Ausdruck auf der jungen Frau. "Hime.... Wer so lange gelebt hat wie ich, der

misst dem Phänomen Zeit nicht mehr soviel Bedeutung zu. Ich verzeihe Euch." Er

legte eine Pause ein und fuhr dann fort. "Doch ich weiß nicht, ob Euer verehrter

Herr Vater so leicht zu beschwichtigen ist, wie ich. Nach dem Unterricht

erwartet er Euch unverzüglich in seinem Arbeitszimmer."
 

Rin schluckte hart. Soviel also zu dem Thema „unbemerkt“.

Der Unterricht verlief, wie gewohnt. Als er schließlich beendet war, hörte Rin

schon das Klopfen an der Tür und als sie aufgeschoben wurde, trat ihre

persönliche Dienerin ein. Sie begrüßte mit einem Nicken den Lehrer und sagte

dann zu Rin. "Euer Vater erwartet Euch schon."

Rin verabschiedete sich und folgte mit gesenktem Kopf der Youkai. Vorbei an den

Schreibern und schließlich standen sie vor dem Arbeitszimmer des Fürsten. Die

Dienerin klopfte und schob nach der Aufforderung die Tür auf. Rin trat ein und

die Youkai schloss hinter der jungen Frau wieder die Tür.
 

Rin holte überrascht Luft, als sie sah, dass auch ihre Mutter anwesend war. Sie

saß etwas im Hintergrund und mit einem ausdrucklosen Gesicht. Sesshomaru kniete

hinter dem Schreibpult und schrieb etwas. Er sah nur kurz hoch, als Rin eintrat

und wies dann mit seiner Hand auf den Platz vor dem Pult.

Rin kniete sich wortlos hin. Nur das Kratzen der Feder auf dem Pergament

unterbrach die Stille. Rin meinte jedoch, dass ihr Herz so laut schlug, das es

in dem gesamten Raum hallte. Das Schweigen nahm ihr den fast Atem und verstärkte

ihr ohnehin schlechtes Gewissen. Wenn ihr Vater doch nur irgendetwas sagen würde.

Selbst eine Bestrafung kam ihr nicht mehr so schlimm vor, wie dieses andauernde

Schweigen.
 

Dann, es kam Rin wie eine Ewigkeit vor, legte Sesshomaru endlich die

Schreibfeder beiseite. Er hob den Kopf und die junge Frau fand sich in dem Blick

der goldenen emotionslosen Augen wieder. Sie schluckte und senkte den Kopf.

"Vater, ich... Bitte...", begann sie, als sie schon wieder unterbrochen wurde.

"Rin... Rede erst, wenn ich dich dazu auffordere. Eine ganz einfach einzuhaltende

Benimmregel, die du sicher schon mal gehört hast."
 

Röte schoss in Rin’s Wangen und sie spürte, wie die Scham sie überspülte. Oh ja,

schon oft hatte sie genau das gehört, doch immer wieder brachte ihre

überschnelle Zunge sie in eine solche Situation.
 

Doch schon fuhr Sesshomaru fort. "Es ist an der Zeit den Pakt mit den Menschen

aus dem westlichen Bergen zu erneuern. Ich werde einen Bevollmächtigten senden."

Rin sah ihren Ziehvater an und schwieg. Sie wusste genau, dass er noch nicht

fertig war.

"Die Verhandlungen mit den Menschen sind immer sehr schwierig und so werde ich

dieses Jahr einen Menschen zu ihnen senden, der den Vertrag erneuern wird."
 

Im ersten Moment erfasste Rin noch nicht ganz, was der Taishou sagen wollte,

doch nach einigen schweigsamen Sekunden wurde es ihr schlagartig bewusst.

"Heißt das, Ihr werdet mich senden, Vater?", fragte sie und ihre Stimme zitterte

vor Aufregung. Vergessen war ihr Ausflug und das damit verbundene schlechte

Gewissen.

Sesshomaru nickte.
 

"JA!", jubelte Rin und machte fast einen Luftsprung.

"Der Vorschlag kam von deiner Mutter", warf Sesshomaru ein.

Rin’s dankbarer Blick fiel auf Ayaka, die wortlos neben ihrem Gefährten saß und

sich bei diesem Jubelschrei ein Lächeln nicht verkneifen konnte.

"Rin!", die ermahnende Stimme des Inuyoukai ließ Rin wieder in die Realität

zurückfinden.

Hastig verbeugte sie sich. "Gomen nasai, verehrter Herr Vater."
 

"Ich hoffe, dass solche unangebrachten Ausbrüche nicht während deiner Mission

vorkommen. Ich erwarte, dass du die westlichen Länder in angemessener Weise

repräsentierst. Jaken wird dich begleiten."

Rin’s Freude nahm schlagartig ab. "Jaken... Muss das sein? Ich bin durchaus in

der Lage..."
 

Sesshomaru erhob Einhalt gebietend die Hand. "Es ist beschlossen. Jaken hat

Erfahrung und wird dich beraten und unterstützten. Zudem werden ihr einen

ausgesuchten Leibwächter als Begleitung und als Schutz erhalten."

Er machte eine Pause und sah Rin eindringlich an. "Ich erwarte, dass du deine

Aufgabe mit Verantwortung und mit Überlegung erledigst. Vergiss nie. Du

repräsentierst den Inu no Taishou der westlichen Länder. Alles fällt auf dieses

Haus zurück."
 

Für einen kurzen Moment starrte Rin ihren Vater mit offenem Mund an, dann senkte

sie eilig den Kopf. "Gewiss, Vater. Ich werde alles zu Eurer Zufriedenheit

erledigen. Ich werde Euch nicht enttäuschen."

"Ihr werdet in zwei Tagen aufbrechen. In der Zwischenzeit wirst du dich mit den

Machtverhältnissen, sowie den örtlichen Gegebenheiten des Fürstentums Nakazato

auseinandersetzen.

Jaken wird ebenfalls informiert werden und wird dich bei dieser Arbeit anleiten.

Euch stehen sämtliche Unterlagen unserer Bibliothek zur Verfügung. Nutze sie.

Jede noch so kleine Information kann nützlich sein. Es wird euch auf der Reise

ein Leibwächter begleiten, den ich noch aus unserer Wache auswählen werde. Und

nun geh."

Rin verbeugte sich bis auf den Boden, stand dann auf und verließ den Raum. Mit

einem leisen Klicken schloss sich die Schiebetür hinter ihr.
 

"Zufrieden?", fragte Sesshomaru.

"Ich denke mir, dass ist genau die richtige Aufgabe für sie. Ich bin sicher, sie

wird es schaffen", sagte Ayaka und man konnte ihren Stolz auf ihre Ziehtochter

in ihrer Stimme mitschwingen hören.

"Ich weiß. Sie wird uns nicht enttäuschen", sagte Sesshomaru. Er beugte sich zu

der Wolfsyoukai hinüber. Zärtlich strichen seine Finger über ihre Wange.

"Sie ist schließlich unsere Tochter."
 

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Das Leder der Rüstung knarrte leise und mit einem Klirren tickten die Waffen auf

dem dunklen Holzboden auf, als der Youkai sich auf die Knie herunterließ und

mit der rechten Faust die Stelle über seinem Herzen berührte. "Mein Fürst, was

befehlt Ihr?"

Unverzüglich hatte sich der Hauptmann der Palastwache nach dem Aufruf des

Fürsten zu ihm begeben.
 

"Meine Ziehtochter Rin wird sich in zwei Tagen in Begleitung von Jaken zu dem

Fürstentum Nakazato begeben. Ich wünsche, dass sie ein Mann der Palastwache als

Leibwächter begleitet. Wählt Euren fähigsten Mann dazu aus, Hauptmann Katsutoshi."
 

"Gewiss Herr. Ich werde die Auswahl mit Bedacht führen", versicherte Katsutoshi.

"Das waren meine Wünsche, du kannst dich entfernen", befahl Sesshomaru.
 

Mit einer nochmaligen Verbeugung verließ der Krieger das Arbeitszimmer des

Fürsten. So, so die Ziehtochter des Fürsten sollte das Fürstentum Nakazato

besuchen.

Wenn er sich recht erinnerte, war das ein Menschenschloss.

Auch die Ziehtochter des Herrn war ein Mensch. Vielleicht sollte sie ja vermählt

werden?

Er hatte keine Ahnung, wie Menschen ihre Gefährten auswählten. Es waren sowieso

komischen Geschöpfe. So zerbrechlich.
 

Doch das ging ihn alles nichts an. Seine Aufgabe war klar.

Er hatte auch schon so eine Idee. Von den ganzen Namen, die ihm durch den Kopf

schwirrten, stach einer ganz besonders heraus.

Ein ehrgeiziger junger Inuyoukai, der seinen Dienst mit größter Sorgfalt versah.

Seine Fähigkeiten als Kämpfer waren außergewöhnlich.

Fast schon verbissen trainierte er in seiner freien Zeit bis zur

Erschöpfungsgrenze. Er würde dieser Aufgabe gewachsen sein und sie würde ihm die

Anerkennung des Fürsten einbringen. Etwas, von dem Katsutoshi sicher war, dass

der junge Mann erreichen wollte.
 

Mit diesen Gedanken betrat er den Hof und machte sich unverzüglich auf zum

Trainingsplatz. Kaum hatte er den sandigen Platz betreten, sah er auch schon den

Gesuchten. Seine Vermutung ihn hier zu finden, war offensichtlich richtig

gewesen.
 

Für einen kurzen Augenblick hielt Katsutoshi inne und musterte den jungen Youkai.

Er hatte die Oberbekleidung abgelegt. Ein dünner Schweißfilm bedeckt den

muskulösen Oberkörper. Ein Anzeichen dafür, das er schon einige Stunden hier

verbracht hatte.
 

Katsutoshi ging langsam weiter auf den jungen Youkai zu. Mit einer letzten

schnellen wirbelnden Bewegung ließ der junge Mann das Schwert sinken. Seine

dunklen Augen richteten sich auf seinen Hauptmann.

Lange, braune Haarsträhnen, von Schweiß noch dunkler gefärbt, klebten an seiner

Stirn.

Er verbeugte sich leicht, als der Hauptmann vor ihm stehen blieb.
 

"Ich sehe, dass du wieder trainiert hast."

"Ja. Es gibt immer etwas zu verbessern, Hauptmann", erwiderte der junge Mann.

"Sehr gut, denn ich habe einen Auftrag für dich. Ein Mitglied der Fürstenfamilie

und der persönliche Berater des Fürsten werden in zwei Tagen zu Verhandlungen in

dem Fürstentum Nakazato aufbrechen.

Lord Sesshomaru wünscht eine zuverlässige, vor allem fähige Wache, für diese

Reise als Begleitung und Schutz.

Ich habe an dich gedacht, denn ich denke, dass du der beste Mann dafür

bist", sagte Katsutoshi und musterte den Krieger genau um die Reaktionen zu

testen.
 

Obwohl die Miene unbewegt blieb, leuchteten die Augen kurzzeitig auf. Sofort

senkte sich der Kopf und das dichte Pony verbarg den Gesichtsausdruck.

"Es ehrt mich, das Ihr an mich dachtet, Hauptmann. Ich werde diese Aufgabe zu

vollster Zufriedenheit erledigen. Es wird keinen Grund zur Klage geben."
 

Katsutoshi die verschränkte Arme vor der Brust. "Das sollte es auch besser

nicht. Der Herr ist nicht dafür bekannt Fehler zu tolerieren. Melde dich in zwei

Tagen früh morgens auf dem Hof. Inzwischen werde ich den Herrn über meine Wahl

informieren."

Katsutoshi nickte dem jungen Youkai nochmals wohlwollend zu, dann wandte er

sich um und verließ den Trainingsplatz.
 

Am Ende des sandigen Platzes drehte er sich noch mal um und sah zurück. Keisuke

hatte erneut das Schwert gezogen und machte weitere Übungen. Die Sonne warf

blitzende Reflexe auf die scharfe Klinge.
 

Zufrieden zog sich Katsutoshi zurück, nicht ahnend, was für einen fatalen

Fehler er bei seiner Auswahl begangen hatte.
 

Denn wenn es etwas gab, was dieser junge talentierte Krieger bis auf das Blut

hasste, dann waren es... Menschen.
 

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Ende Kapitel 1
 

Mal wieder wurden die Vorbereitungen für eine Reise getroffen. Diesmal bricht

Rin in ein Abenteuer auf, das ihr ganzes Leben verändern wird.
 

Das nächste Mal werfen wir auch einen Blick in die Vergangenheit von Keisuke

dem Leibwächter und erfahren, warum er so schlecht auf die Menschen zu sprechen

ist.

Die Ereignisse der Vergangenheit werfen ihre Schatten bis in die Gegenwart.
 

Beim nächsten Mal heißt es „Aufbruch“
 

Liebe Grüße

chaska

Aufbruch

Halöchen ihr Lieben,

hier geht das zweite Kapitel online. Erst mal vielen Dank an alle, die ein

Kommi hinterlassen haben. Man ist immer gespannt, wie die Geschichte ankommt.
 

In diesem Kapitel werfen wir einen Blick in die Vergangenheit von Keisuke,

Rin’s Leibwächter. Er hat durchaus einen Grund die Menschen zu verachten.

Erfahrt etwas über die dunkle Seele dieses Youkai.
 

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Aufbruch
 

Ein letztes Mal drehte sich Rin auf Ah-Uhn’s Rücken um und winkte. Hinter der

Wegbiegung verschwand das Schloss.

Tief atmete die junge Frau durch.

Es war soweit. Sie waren nun ganz auf sich gestellt. Die ganze Nacht hatte sie

kaum schlafen können vor lauter Aufregung. Die letzten zwei Tage hatte sie

zusammen mit Jaken und auch mit ihrer Mutter in der Bibliothek verbracht und

Landkarten und Aufzeichnungen studiert.

Sie kannte nun die Geschichte des Fürstentums Nakazato.

Auch seine Ländereien. Es war reich an Erzvorkommen. Besonders Silber und

Edelsteinvorkommen gab es dort.

Schon immer hatte es Verträge zwischen dem menschlichen und dem dämonischen

Fürsten gegeben.

Es waren Verträge mit Vorteilen auf beiden Seiten. Gegen eine bestimmte Abgabe

der Menschen, verpflichtete sich der Dämonenfürsten den Schutz der Dörfer

und Minen zu gewährleisten.
 

Ein Arrangement, das für beide Seiten nur Vorteile brachte. Doch seit dem Tod

von Inu Taishou, dem Vater von Sesshomaru vor gut 200 Jahren, war es zu keinen

neuen Verträgen gekommen. Rin hoffte, dass es trotz dieser Tatsache keine

Schwierigkeiten gab.
 

Ihr Blick glitt über die seltsame Reisegruppe. Ah-Uhn der zweiköpfige Drache.

Jaken der hinter ihr im Sattel saß und vorne weg ihr Leibwächter Keisuke.

Fast fühlte sie sich wieder in die Zeiten zurückversetzt, wo Jaken, sie und ihr

Ziehvater, Sesshomaru, durch die Wälder gezogen waren auf der Suche nach Naraku.
 

Wie hatte sich alles verändert. Naraku war tot. Sesshomaru hatte Ayaka-chan

gefunden. Und sie selbst war von den beiden als Tochter anerkannt worden. So

viele Jahre waren inzwischen vergangen.

Inzwischen hatten Sesshomaru und Ayaka eigene Kinder. Masaru,der Erstgeborene.

Rin liebte den kleinen Youkai, als wäre er ihr leiblicher Bruder und da war

noch die kleine Amaya. Und für beide war sie die große Schwester.
 

Und jetzt war sie sogar im offiziellen Auftrag des Fürsten unterwegs. Rin

straffte stolz die Schultern. Die nächsten Tage würden aufregend werden und mit

Sicherheit ganz toll. Ihr ganz persönliches Abenteuer.
 

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Missmutig stapfte Keisuke voran. Seine Sinne kontrollierten die Umgebung, doch

außer einigen Tieren konnte er nichts ausmachen. Dafür war ihm die Anwesenheit

von diesem Menschenweib hinter ihm nur zu bewusst.

Erst hatte er den Auftrag des Fürsten als Ehre empfunden, doch nachdem die wahre

Bedeutung ihm zu Bewusstsein gekommen war, fand er das mehr als lästig.
 

Er sollte einen Menschen beschützen.

Selbst, wenn es die Ziehtochter seines Herrn war, konnte er seine Abneigung

kaum verbergen.

Er konnte die Menschen einfach nicht leiden. Sie waren schwächliche Kreaturen,

die jeden und alles verrieten, wenn es für sie von Nutzen war, oder wenn gar

ihr Leben bedroht wurde.

Seine Gedanken schwirren ab in die Vergangenheit. Zu jener Nacht, wo er gelernt

hatte so unversöhnlich zu hassen.
 

Zu jener schicksalhafte Nacht vor vielen, vielen Jahren...
 

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Keisuke starrte mit brennenden Augen auf den leblosen Körper, der vor

ihm auf dem harten Boden lag.

Dunkle Wolken bedeckten den Himmel, ein scharfer Wind fuhr über die Lichtung

und beugte die langen Gräser.

Deutlich konnte er das Blut witternd, das aus den tiefen Wunden hervorgetreten

war. Und er sah auch, dass die größten Verletzungen im Rücken waren. Also hatten

sie seinen Vater hinterrücks angegriffen.

In dem intensiven Blutgeruch vermischte sich die typische Witterung von

Menschen. Jämmerliche Menschen hatten es gewagt ihn zu jagen und zu töten. Wie

ein wildes Tier.
 

Seine Hand zitterte leicht, als er sich vorbeugte und den Toten sanft an der

Schulter berührte.

Behutsam strich Keisuke das lange, dunkelbraune Haar zurück, das wirr um den

Kopf verteilt war. Blut klebte an den langen Strähnen. Der Kopf lag leicht zur

Seite gewandt und er konnte einen Blick in das Gesicht werfen. Lange würde ihn

der Blick aus den leblosen, starren Augen noch verfolgen.
 

Dann richtete Keisuke sich entschlossen auf und seine Hand ballte sich zu einer

Faust. Witternd hob er den Kopf in den Wind und suchte die Spur.

Kaum hatte er die Richtung ausgemacht, als er sich schon abwendete mit einem

letzten Blick auf den Toten leise sagte. "Leb wohl, Vater. Einst werden wir uns

wieder sehen."

Mit diesen Worten setzte er sich in Bewegung.
 

Unter seinen schnellen Sprüngen schien der Weg nur so zu dahin zu gleiten.

Seine dunklen Augen glühten. Der Gedanke an Rache hatte sich tief in seiner

Seele festgesetzt.

Weit konnten sie noch nicht weg sein. Der Körper seinen Vaters hatte noch eine

gewisse Restwärme gehabt.

Ihre Witterung lieferte eine so eindeutige Spur, als ob sie mit einer Schnur

gekennzeichnet worden war.

Waren diese Menschen wirklich so dumm, dass sie glaubten, einen Dämon töten zu

können, ohne Rache zu erfahren?
 

Der Geruch wurde intensiver. Leichter Rauchgeruch mischte sich in die

widerwärtige Witterung. Keisuke verlangsamte seinen Lauf. Offensichtlich hatten

sie ein Lager aufgeschlagen. Dieser Leichtsinn sollte ihnen das Leben kosten.
 

Sein Körper verschmolz förmlich mit den Schatten. Lautlos schlich er näher.

Zwischen den Baumstämmen konnte er einen hellen Schein ausmachen.

Kein Zweig knackte unter seinen Füßen, kein Blatt bewegte sich, als er durch

das Gebüsch schlich.

Schließlich lag der Lagerplatz offen vor ihm.
 

Mit glühenden Augen ließ er den Blick über den kleinen Lagerplatz gleiten. Um

ein Feuer hatten sie sich gescharrt.

Ein Krug mit Sake machte die Runde. Das raue Lachen hallte zu ihm herüber. Mit

reißerischen Worten und großen Gesten erzählte der eine, wie sie den Dämon zur

Strecke gebracht hatten. Höhnisches Gelächter erklang, als er beschrieb, wie

der Dämon um sein Leben gebettelt hätte.
 

Die Hände ballten sich zu Fäusten. Blut sickerte aus den Wunden, die die

scharfen Krallen in die Handballen gruben. Niemals hätte sein Vater um sein

Leben gefleht, niemals wäre er davon gekrochen, wie ein getretener Hund.

Diese jämmerlichen Kerle hatten nur siegen können, weil sie ihn überrascht hatten.

Doch nun glich die Schilderung dieses heimtückischen Meuchelmordes, wie eine

großartige Heldentat.
 

Ein leises Knurren stieg in seiner Kehle auf. Die Muskeln in seinen Gliedern

zogen sich zusammen. Die Krallen an seinen kräftigen Händen verlängerten sich,

die dunkelbraunen Augen wurden durch rote Äderchen durchkreuzt.

Das Knurren steigerte sich. Es schwang wie das Donnern eines nahenden Gewitters

zu den Menschen herüber.
 

Der Mann unterbrach seine Erzählung und suchend blickten sich die Anderen um.

Doch in den nächtlichen Schatten des Waldes konnten sie nichts erkennen.

Lauter, immer lauter wurde das Knurren, bis es sich in einem wütenden Schrei

entlud.

Gleichzeitig explodierten die angespannten Muskeln förmlich. Wie ein

entfesseltes Ungeheuer brach er aus dem Gebüsch hervor.

Keiskue sah nicht die erschrockenen Gesichter. Er registrierte nicht, wie sie

nach ihren Waffen griffen.

Jede Gegenwehr erstickte er in seiner Wut. Er fühlte, wie der Kieferknochen

eines Mannes unter seinem Schlag brach.

Laute Schmerzenschreie schallten durch den Wald, als er über die feigen Mörder

kam, wie ein Wirbelsturm. Der ungleiche Kampf dauerte nur wenige Minuten. Schließlich

lagen die fünf Männer bewusstlos auf dem Boden.
 

Seine Brust hob und senkte sich unter seinen schweren Atemzügen. Es hatte ihn

alle Willenkraft gekostet, um sie nicht gleich zu töten. Er wollte denjenigen

finden, der den tödlichen Schlag gegen seinen Vater geführt hatte.

Ohne Rücksicht riss er die Kleidungstücke in handliche Fetzen und fesselte die

Männer damit.

Er nahm den Sakekrug und schüttelte den Inhalt über ihre Gesichter. Der

Kontakt mit der scharfen Flüssigkeit brachte die Männer schnell wieder in die

Wirklichkeit zurück. Stöhnend bewegten sie sich und stellten nacheinander mit

Entsetzten fest, dass sie sich nicht rühren konnten.

Ihre Augen weiteten sich vor Schrecken, als sie die große Gestalt erkannten, die

regungslos im Schein des Feuers stand. Die rot glühenden Augen waren

hasserfüllt auf die Männer gerichtet.
 

"Youkai!", wie ein drohendes Dameklosschwert hing das geflüsterte Wort über dem

Lager. Mit einem Schritt war Keisuke bei einem der Männer.

Seine Hand grub sich in die Kleidung und hob ohne Schwierigkeiten den schweren

Köper in die Höhe. Die Beine hatte Keisuke ungefesselt gelassen und so stellte

er sein Gegenüber mit einem unsanften Ruck auf die Füße.
 

Die Hand des Youkai löste sich von der Kleidung. Hörbar atmete der Mann auf, um

im nächsten Moment erschrocken aufzukeuchen, als sich die Hand des Youkai, wie

eine stählerne Fessel um seine Kehle legte.
 

"Wer hat ihn getötet? Wer hat den letzten Schlag geführt?", unheilvoll schwang

die Frage durch die Luft.

Der Mann erschauderte, als er den heißen Atem des Youkai in seinem Gesicht

fühlte.

"Wir... Wir haben... keinen getötet", stieß er die Antwort brockenweise hervor.
 

Der Griff verstärkte sich. "Lüge nicht. Euer widerwärtiger Geruch war überall

wahrzunehmen. Ich gebe dir noch mal eine Chance. Wer war es?"

Wieder schüttelte der Mann den Kopf.
 

Die roten Youkai Augen flammten für eine Sekunde wie ein loderndes Feuer auf,

dann sackte der Mann leblos in sich zusammen. Sein Kopf fiel haltlos zur Seite,

das Genick durch eine einzige Bewegung gebrochen.

Keisuke ließ ihn ohne weiteres auf den Boden fallen, dann machte er einen

Schritt auf die Männer zu und hob den Nächsten hoch.

Die erschrockene Laute der anderen registrierte er nicht.

"Wer war es?", stellte er erneut die Frage.
 

Die Augen des Mannes, der hilflos in seinem Griff hing, waren angstgeweitet.

Die Pupillen wie dunkle Seen. Der Geruch, der Keisuke entgegenströmte beleidigte

jede Hundenase.

"Deine Zeit läuft ab!"

Wie ein sanfter Hauch strichen die Worte über das Gesicht des Mannes. Doch der

Ton war von frostiger Kälte.

"Es war... Toshi... Toshi der... der mit der Narbe!"

"DU IDIOT!", schrie der soeben verratende.
 

Für einen Moment schien Keisuke, wie eingefroren. Der Griff um die Kehle des

Mannes lockerte sich für Sekunden.

Schon glaubte sich der Mann in Sicherheit...
 

Ein höhnisches Grinsen entblößte scharfe Reißzähne.

"Wie erbärmlich! Glaubst du mit diesem Geständnis hast du dein jämmerliches

Leben gerettet? Ohne Ehre verkauft ihr alles und jeden um euere eigene wertlose

Haut zu retten."
 

Mit brutaler Klarheit verkündeten diese Worte das endgültige Schicksal der fünf

Mörder.
 

Erschrocken flatterte ein Krähenschwarm in die Höhe. Ihre Schreie hallten

krächzend über die Bäume.
 

Stille senkte sich über die Lichtung. Ohne sich umzudrehen, verließ der junge

Youkai das Feld seiner Rache.
 

Er hinterließ kein Leben am Feuer, das langsam in grauer Asche versank.
 

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Noch einige Zeit war er alleine durch die Lande gezogen, doch schließlich ging

er zu dem Herrn der westlichen Länder, um in dessen Dienste zu treten.

Er hatte Glück, denn der Hauptmann der Wache fand Gefallen an ihm und seinen

Schwertkünsten.
 

Jahrhunderte lang verrichtete er seinen Dienst. Nie kam ein Mensch auf das

Schloss. Der junge Herr war für seine Abneigung diesen Kreaturen gegenüber nur

zu bekannt.

Doch dann änderte es sich.
 

Es fing mit diesem kleinen Kind an und schließlich gingen auch der Halbbruder,

ein Hanyou, und auch noch dessen Freunde fast ein und aus.

Keisuke war nur Mitglied der Palastwache. Sein Kontakt mit der Herrscherfamilie

beschränkte sich auf so gut wie Null. So war ihm dieser Wandel so ziemlich egal

gewesen. Hauptsache, diese Kreaturen blieben ihm fern.

Das war auch bis zu diesem Zweitpunkt der Fall gewesen.
 

Er warf einen schnellen Blick über die Schulter.

~Bis zu diesem Zeitpunkt~, dachte er grimmig. ~Jetzt spiele ich Aufpasser

für dieses... dieses jämmerliche Weib.~

Keisuke hörte, wie sie lachte. Fast hatte er Mitlied mit Jaken.

Dieser kleine schleimige Kerl war wenigstens ein vollwertiger Youkai und zu

diesem speziellen Zeitpunkt in seinen Augen noch schlechter dran, als er selbst.

Jaken befand sich zusammen mit diesem Weib auf den Rücken des Reitdrachen und

musste sich die ganze Zeit ihr kindisches Geschwätz anhören.

Wann holte die eigentlich mal Luft?
 

Es half alles nichts.

Er hatte diesen Auftrag bekommen und er musste ihn ohne Tadel durchführen.

Lord Sesshomaru war dafür bekannt, dass er für Versagen nur eine einzige Strafe

kannte. Und das war der Tod.

Doch das hieß nicht, dass er, Keisuke, auch seine Meinung über die Menschen

ändern musste. Nein, ganz bestimmt nicht. Das würde er niemals tun.
 

Sein Blick glitt über den Himmel. Schon zeigten sich die ersten Anzeichen der

Dämmerung. Es wurde Zeit einen geeigneten Lagerplatz zu finden. Der Tag war

schnell herumgegangen und sie hatten sogar eine ganz ansehnliche Strecke

geschafft. Er schob diesen Verdienst allerdings mehr auf Ah-Uhn, denn der war

als Youkai immer ausdauernder als ein menschlicher Läufer.
 

Mit leichter Schadenfreude musterte er die Umgebung. Es gab hier weit und breit

keine menschliche Ansiedlung.

Die ehrenwerte Prinzessin musste heute Nacht auf der harten Erde unter freien

Himmel verbringen.
 

Er verließ den Weg und schlug die westliche Richtung ein. Nicht weit von hier

hatten seine empfindlichen Ohren das Rauschen eines Baches gehört. Vielleicht

gab es dort auch einen geeigneten Lagerplatz.

Es dauerte nicht lang, da trat er unter den Bäumen hervor und fand sich am Ufer

eines kleinen, klaren Baches wieder.
 

Hinter sich hörte er die schweren Schritte von Ah-Uhn. Der Drache war ihm

einfach gefolgt. Keisuke blickte in beide Richtungen den Bach entlang und in

einiger Entfernung machte er ein paar Felsbocken aus.

Dorthin lenkte er seine Schritte.

Das war keine schlechte Stelle. Fließend Wasser und durch die Felsen sogar ein

wenig geschützt. Ein guter Platz für die Nacht.
 

Er hörte leichte Schritte, die sich ihm näherten und der Wind trieb den Geruch

der Frau zu ihm. Aus den Augenwinkeln sah er, wie sie neben ihm stehen bleib.

"Ein guter Lagerplatz", sagte Rin.

Überrascht wandte Keisuke den Kopf. Er hatte noch keine Äußerung über seinen

Entschluss gemacht, die Nacht hier zu verbringen und sie wusste es schon?
 

Ohne auf seine Antwort zu warten, wandte sie sich wieder um und ging zu dem

Drachen.

"Kommt, Jaken-sama. Wir werden für heute Nacht hier unser Lager aufschlagen."

Sie packte den kleinen Dämon einfach unter den Armen und hob ihn vom Sattel

herunter.
 

Jaken stöhnte leicht auf, als er nun auf der Erde stand und vorsichtig die

ersten Schritte ging. "Ach herrje. Ich bin es nicht mehr gewohnt solch lange

Zeit im Sattel zu verbringen."

"Ruht dich aus, Jaken-sama", sagte Rin. "Ich werde mich um das Lager kümmern."
 

Mit raschen Bewegungen, die auf Übung schließen ließen, löste sie die

Packtaschen von dem Sattel und legte sie unter die Bäume. Dann entfernte sie

den Sattel und kraulte den Drachen am dicken Bauch. Genießerisch rieb der

Drache seinen linken Kopf an Rin’s Schulter.

Sie klopfte ihm abschließend auf den Rücken. "Geh fressen, Ah-Uhn. Morgen werden

wir schon früh aufstehen und weiterreisen."
 

Keisuke hatte sich an den Felsen gelehnt und sie aus halb geschlossenen Augen

betrachtet. Es wunderte ihn, dass sie keinerlei Anstalten machte ihm zu

befehlen, ihr zu helfen, oder gar alles ihm übertrug. Aber er würde sich über

diese Tatsache ganz gewiss nicht beschweren. Je weniger er persönlich mit ihr

zu tun hatte, desto besser war es.
 

"Ich gehe Holz sammeln. Ruht dich solange aus, Jaken-sama", sagte Rin und

machte sich sofort auf die Suche nach Brennholz. Ohne auf ihren Leibwächter zu

achten, verschwand sie in den Büschen.

Keisuke war etwas verblüfft und so reagierte er auch nicht gleich, als ihn

Jaken mit quäkender Stimme anfuhr. "Was trödelst du hier herum und starrst

Löcher in die Luft? Folge ihr und pass auf, dass sie in keine Schwierigkeiten

gerät."
 

Mit einem leisen Schnauben machte Keisuke sich auf den Weg. Soviel zu dem Thema,

sich so wenig wie möglich um diesen Menschen zu kümmern.

Es war keine große Kunst Rin wiederzufinden. Erstens machte sie sich nicht die

Mühe und verwischte ihre Spuren und dann war sie auch damit beschäftigt sich

alle paar Schritte zu bücken und kleine Äste oder auch Zunderholz zu sammeln.
 

Sie wandte nur leicht den Kopf, als Keisuke neben ihr auftauchte und

konzentrierte sich dann wieder auf ihre Aufgabe.

Dieses Weib verhielt sich nicht typisch für eine Hime. Sie packte selbst mit

Hand an, und kam offensichtlich auch nicht auf den Gedanken ihn für ihre Zwecke

ein zuspannen.

~Nur gut so~, dachte Keisuke.
 

Ohne ein Wort miteinander zu wechseln, streiften die beiden durch den Wald. Der

Holzberg in Rin's Armen hatte einen schon beachtlichen Umfang angenommen.

Er geriet immer mehr in gefährliche Bewegung, wenn die junge Frau sich bückte

um noch einen Holzzweig aufzunehmen.

Frustriert blieb sie stehen. Ihre Wangen hatten sich in der frischen Abendluft

gerötet.

Einige Haarsträhnen hatten sich gelöst und wehten ihr ins Gesicht. Sie schürzte

die Unterlippe und blies einen stoßartigen Luftzug nach oben. Die Haarsträhnen

wirbelten hoch und sie hatte wieder freie Sicht.

Etwas ratlos sah sie sich um und ihr Blick blieb auf ihrem Leibwächter hängen.

Das war die Lösung.
 

Sie trat auf ihn zu. "Keisuke-san, würdet Ihr bitte?!?"

Ohne große Umstände streckte sie ihm den Holzstapel entgegen und unwillkürlich

nahm ihn der Youkai in Empfang. Kaum schlossen sich seine Arme um das Holz,

schalt er sich einen dummen Narren. Wie hatte er sich nur so überrumpeln lassen?
 

Doch bevor er noch protestieren konnte, hatte sich Rin abgewandt und machte

sich auf die Suche nach weiterem Holz.

"Das war keine gute Idee", protestierte Keisuke. "So kann ich Euch nicht

beschützen, wenn wir angegriffen werden."

Mit aller Macht riss er sich zusammen nicht einfach den Holzstapel fallen zu

lassen und er versuchte auch seiner Stimme nicht einen ganz so ärgerlichen

Klang zu geben.
 

Offensichtlich gelang es, denn die junge Frau machte keinerlei Anstalten ihn zu

rügen. Sie machte nur mit dem Holz sammeln weiter. "Wenn irgendeine Gefahr in

der Nähe wäre, dann hättet Ihr Euch anders verhalten. Doch Ihr ward ganz

entspannt." Sie richtete sich auf. "Doch wenn es Euch beruhigt, dass Holz sollte

nun ausreichen, um wenigstens die halbe Nacht zu brennen. Also können wir

zurückgehen."
 

Gemeinsam kehrten sie zum Lagerplatz zurück. Ah-Uhn hob kurz den Kopf vom

Grasen, als er hörte, wie sie durch die Büsche traten. Doch dann wandte er sich

unverzüglich seiner Mahlzeit wieder zu.

Leises Schnarchen verkündete, dass Jaken in der Zwischenzeit mit voller

Aufmerksamkeit den Lagerplatz bewacht hatte. Er lehnte mit geschlossenen Augen

an dem Baumstamm, sein Mund war leicht geöffnet und laute Schnarchgeräusche

entwichen ihm.
 

Unverzüglich machte sich Rin daran ein Lagerfeuer herzurichten. Nachdem sie den

Stapel Holz zurecht gelegte hatte, griff sie in ihre Tasche und beförderte ein

kleines Kästchen zu Tage. Diesem entnahm sie ein kleines Holzstäbchen. Mit

einem energischen Ruck strich sie die Kuppe an der Seite des Kästchens entlang.

Eine kleine Flamme zischte auf und Rin legte das Hölzchen behutsam an den

Zunder.
 

Keisuke hatte den restlichen Holzstapel abgelegt und sich zu den Felsen

zurückgezogen. Auf einen der etwas niedrigeren hatte er sich niedergelassen.

Ein Bein unterschlagen, das andere angewinkelt, sein linker Arm ruhte auf dem

aufgerichteten Knie. Unablässige tasteten seine Sinne die Umgebung ab.

Doch es war so wie Rin gesagt hatte, es befand sich kein Dämon in ihrer Nähe.

Nur die Tiere der Nacht, die allmählich zur Aktivität erwachten, waren zu hören.
 

Rin’s Tun weckte seine Aufmerksamkeit. Doch er gab sich nicht die Schwäche

nachzufragen, wie sie es so schnell geschafft hatte ein Feuer zu entzünden. Für

ihn zählte nur die Tatsache, dass er sowenig Kontakt wie möglich mit diesem

Mensch hatte.
 

Rin weckte Jaken auf und kramte aus ihren Reisetaschen ein wenig von dem

Proviant heraus, der ihnen mitgegeben worden war.

Zufrieden nahm Jaken es zur Kenntnis.

Rin hatte ebenfalls mehrere dünne Decken aus den Taschen geholt. Eine davon

reichte sie Jaken, der sie sich sofort um die Schultern wickelte.

Mit der anderen in der Hand ging Rin zu Keisuke und reichte sie ihm mit einem

Lächeln. "Hier, die Nacht dürfte kühl werden."
 

Mit einem geringschätzigen Blick musterte Keisuke die ausgestreckte Hand. "Ich

benötige solche Dinge nicht. Ich bin ein Youkai."

Rin sah ihn nur schweigend an, dann zuckte sie kurz mit der Schulter. "Ich

vergaß", murmelte sie leise. Sie legte die Decke neben Keisuke. "Wenn Ihr Euch

es anders überlegen solltet", mit diesen Worten wandte sie sich wieder dem

Feuer zu.

Dort ließ sie sich nieder. Aß ein wenig und wickelte sich dann schließlich zum

Schlafen in die Decke.
 

************************************************************************
 

Ende Kapitel 2
 

Nach ein paar Tagen kommen die Drei auch schon an ihrem Ziel an.
 

Doch die "Ankunft auf Schloss Nakazato" beginnt mit einer nicht

ungefährlichen Situation.
 

Bis in zwei Wochen
 

Liebe Grüße

chaska

Ankunft auf Schloss Nakazato

Hallöchen ihr Lieben,

ein neues Kapitel ist online.
 

Die erste Nacht auf ihrer Reise geht zu Ende. Der Morgen zeigt, wie wenig sich

Rin verändert hat. Was allerdings bei Jaken auf wenig Verständis stößt.
 

Bevor sie am Ziel ihrer Reise ankommen, geraten sie unvermittelt in eine

nicht ungefähliche Situation.
 

Viel Spaß......
 

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Ankunft auf Schloss Nakazato
 

Regungslos, wie eine Statue saß Keisuke auf seinem Posten. Die gesamte Nacht

hatte der Youkai aufmerksam Wache gehalten. Selbst wenn er von seinem Auftrag

nicht begeistert war, gebot schon sein Überlebensinstinkt, dass er sich in

dieser Hinsicht nichts zu Schulden kommen lassen durfte.
 

Der Sonnenaufgang nahte und es dauerte nicht lang, da strichen die ersten

Sonnenstrahlen über das Lager und vertrieben die Kühle der Nacht. Keisuke

bemerkte wie es sich zwischen den Decken regte. Wortlos stand er auf und legte

mehrere Äste in das fast erloschene Lagerfeuer.

Augenblicklich wurde das trockene Reisig von den Flammen erfasst und

verbreitete eine angenehme Wärme.
 

"Guten Morgen, Keisuke-san", ertönte eine Stimme neben ihm. Er wandte nur kurz

den Kopf. Rin hatte sich auf halb auf ihre Ellenbogen aufgestützt und lächelte

ihn strahlend an. Keisuke nickte nur kurz und erhob sich. "Macht Euch

aufbruchfertig", sagte er, bevor er sich abwandte und zu dem Reitdrachen ging.

Er packte Ah-Uhn an den Zügeln und führte ihn in die Nähe des Feuers zurück.
 

Jaken war ebenfalls in der Zwischenzeit aufgewacht und rieb sich gähnend die

Augen. Rin hatte sich erhoben und begonnen die Sachen zusammen zu packen.

Wortlos nahm Keisuke die Taschen in Empfang, als Rin sie ihm entgegenhielt.

"Danke", sagte sie, doch Keisuke hatte sich schon Ah-Uhn zugewandt und begann

ihm den Sattel auf den Rücken zu legen.
 

Rin zögerte, doch dann entschied sie sich nichts zu sagen und wandte sich dem

Bachlauf zu. Sie trat an das Ufer und kniete sich nieder. Mit beiden Händen

schöpfte sie Wasser und spritzte es sich ins Gesicht. Für einen Moment schloss

sie die Augen und reckte gießerisch ihr Gesicht den Strahlen der morgendlichen

Sonne entgegen.
 

Ein leises Plätschern erregte ihre Aufmerksamkeit. Neugierig suchte sie den

Ursprung. Ein Lächeln glitt über ihr Gesicht, als sie die Quelle fand. In dem

kristallklaren Wasser huschten die dunklen Schatten von Forellen hin und her.

~Ob ich es noch kann?~, durchzuckte es Rin und entschlossen stand sie auf.
 

"Rin, was tust du da?", schrie die quäkende Stimme so laut, dass Keisuke das

Gesicht verzog. Er drehte kurz den Kopf um zu sehen was das Missfallen des

Krötendämons erweckt hatte.

Für einen Moment stutzte er, als er sah, wie Rin mit hoch gebundenem Kimono in

den Bach gewatet war.
 

"Es gibt hier wundervolle Forellen. Wenn ich ein oder zwei fangen kann, dann

haben wir heute Abend etwas zum Essen. Und ich weiß doch, wie gut sie dir

immer schmecken, Jaken-sama", rief sie zurück. Den Blick tief gesenkt, um die

silbernen Schatten im schnell fließenden Wasser auszumachen.
 

Keisuke zuckte nur gleichgültig mit den Schultern und wandte sich wieder der

Befestigung der Satteltaschen auf Ah-Uhn’s Rücken zu. Solange er keinerlei

Feinde ausmachen konnte, konnte dieses Weib machen, was es wollte. Er war

nicht dafür verantwortlich, wenn sie sich lächerlich machte.
 

Angestrengt sah Rin nach unten. Dort, in der Mitte des schnell fließenden

Baches, konnte sie die Konturen von mehreren Fischen ausmachen.

Behutsam ließ sie ihre Hände in das Wasser gleiten.

Wie oft hatte sie als Kind auf diese Weise Fische gefangen, als sie noch mit

ihrem Ziehvater umhergezogen war.

Sie hoffte, es nicht verlernt zu haben.

Rin näherte sich von flussabwärts den arglosen Fischen. Die Tiere würden sie

erst bemerken, wenn es zu spät war.
 

"Rin, komm jetzt sofort da raus", lenkte Jaken’s Stimme sie ab. Genau in

diesem Moment trat ihr rechter Fuß auf einen Stein, der unter ihr wegrollte.

Sie verlor die Balance und fiel mit einem lauten Schrei ins Wasser.
 

"RIN!"
 

Keisuke hörte das Platschen und den Schrei von Jaken. Er wirbelte herum.

Rin war verschwunden.

Doch da tauchte sie schon platschnass und prustend wieder aus dem Wasser auf.

Blitzschnell analysierte Keisuke die Situation.

Der Bach war nicht tief und auch nicht so reißend, dass die Gefahr bestand,

dass die Frau weggespült werden würde.

Kein Grund in Panik zu verfallen. Außer, dass sie pitschnass war und

vielleicht einen Schrecken bekommen hatte, war offensichtlich nichts

Ernsthaftes passiert.
 

Das sah Jaken jedoch etwas anders. "Hey , du! Steh nicht so tatenlos hier rum.

Los hilf ihr!", rief der Krötendämon.

"Warum?", fragte Keisuke. "Das Wasser ist nicht tief und wenn sie sich nicht

wirklich tollpatschig anstellt, besteht keine Gefahr, dass sie ertrinkt. Seht

hin. Sie ist schon fast wieder draußen."

Jaken starrte mit offenem Mund den Youkai an.

Was war denn das für ein Typ? Offene Meuterei gegen die Befehle des

persönlichen Beraters des Fürsten?
 

"Du bist dafür zuständig, dass der Hime nichts passiert", fauchte Jaken empört.

"Genau das tue ich auch. Ich passe auf, dass kein Feind sich an die

kostbare Tochter unseres Herrn wagt. Oder, dass sie in ernsthafte Gefahr gerät.

Doch ich bin nicht dafür zuständig ihr das Händchen zu halten, wenn sie

stolpert oder sie gar trockenzulegen", entgegnete Keisuke völlig ruhig.
 

Jaken schnappte empört nach Luft und bereitete sich auf eine große Schimpfrede

vor, als Rin tropfnass, aber lachend, neben ihnen auftauchte.

"Hast du das gesehen, Jaken-sama?" Sie hielt einen zappelnden Fisch in beiden

Händen.

Rin hielt inne, als sie das verkniffe Gesicht von Jaken und das angespannte

von Keisuke sah. Fragend sah sie von einem zum anderen. "Was ist los?"
 

"Gar nichts. Es hat offensichtlich ein kleines Missverständnis gegeben, doch

das ist bereinigt, nicht wahr Jaken-sama?", knurrte Keisuke leise, doch auch

für sie verständlich. Der Krötendämon blies die Backen dick auf. Die Luft

entwich zischend.

"Für den Moment... ja", sagte er dann widerwillig. Der Klügere gibt nach.

Zumindest für diesen Moment. Eine solche Diskussion musste er nicht Rin’s

Gegenwart führen.

Diese Wache war eigenwillig und offensichtlich nicht sehr erfreut über den

doch so ehrenvollen Auftrag. Jaken ahnte, dass es nicht das letzte Mal gewesen

sein würde, dass sie so aneinandergeraten waren.
 

Rin bemerkte nichts von der Spannung, die sich zwischen den beiden Youkai

aufgebaut hatte. Sie wrang sich ihre Haare aus und suchte in ihren Reisetaschen

nach trockener Kleidung. Sie fand nur einen dunklen schlichten Yukata. Hinter

einem Gebüsch zog sie sich um.
 

Als sie wieder hervortrat, war Ah-Uhn fertig gesattelt und wartete gemeinsam

mit Keisuke und Jaken auf den Aufbruch. Rin legte ihre nassen Sachen auf den

breiten Rücken des Drachen hinter dem Sattel. Dann stieg sie auf und nahm

Jaken vor sich. Gemeinsam machten sie sich wieder auf den Weg.
 

"Wie konntest du dich nur so vergessen, Rin?", tadelte Jaken mit leiser

vorwurfsvoller Stimme.

"Warum? Was war denn daran falsch? Das habe ich doch auch frührer immer so

gemacht", fragte Rin verwundert, die bei bestem Gewissen nicht verstehen

konnte, was sie falsch gemacht hatte.

"Du bist eine Hime. Die Prinzessin der westlichen Länder. Es ziemt sich nicht

für eine Prinzessin, wie ein einfaches Bauernmädchen halb nackt in Flüssen

Fische zu fangen", sagte Jaken und starrte verdrießlich zwischen den beiden

Köpfen des Drachen nach vorne.
 

Rin schwieg betroffen. Sie hatte nicht darüber nachgedacht. Nicht im Traum

hatte sie gedacht, dass sie das nicht durfte. Doch wenn sie länger darüber

nachdachte, dann war das sicherlich nicht gerade das Verhalten, das einer

Hime würdig war.

So wie es aussah, gab es doch noch eine Menge Fallstricke, die sie beachten

musste. Hoffentlich passierte ihr nicht so ein Patzer bei den Verhandlungen.

Ihr Vater vertraute darauf, dass sie dieser Aufgabe gewachsen war.

Sie musste das schaffen. Entschlossen biss Rin sich auf die Unterlippe. Ab

jetzt wollte sie verantwortungsbewusst handeln.
 

Auch der zweite und dritte Reisetag vergingen ohne nennenswerte Vorkommnisse.

Der Reisealltag hatte sich schnell eingefunden. Keisuke war noch immer

schweigsam, wie eine Auster und Jaken begann langsam aber sicher immer mehr zu

jammern, dass er nicht mehr auf Ah-Uhn sitzen konnte.
 

Es war zur Mittagsstunde des vierten Tages, als sie in der Ferne eine

Staubwolke ausmachten. Seit den frühen Morgenstunden waren sie auf dem Gebiet

des Fürstentums Nakazato.

Keisuke spannte sich unmerklich an, während die Staubwolke näher kam. Der Wind

trug ihn schon mehr Informationen zu, als in diesem Moment zu sehen waren.

Es war eine Gruppe von Männern auf Pferden. Nicht gerade wenige, die sich

ihnen schnell näherten. Schon bald musste ihre kleine Gruppe für diese

sichtbar sein, denn die Straße führte an dieser Stelle schnur geradeaus.
 

Schon kamen sie in Sichtweite. Es handelte sich um einen Reitertrupp von

ca. zehn Mann, einige Läufer waren ebenfalls mit dabei. Mit schmalen Augen

mustere der Youkai die Kommenden. Es waren Krieger. Alle miteinander. Auch die

Leute, die zu Fuß unterwegs waren, trugen Waffen. Die Reiter parierten zum

Schritt durch, als sie sie erblickten. Langsam kamen sie nun näher.
 

Rin sah ihnen gelassen entgegen. Die Strasse war breit genug, dass sie

einander ohne zu behindern passieren konnten. Ihre Gedanken waren bei ihrem

Ziel. Wenn die Vermutung ihres Vaters zutraf, dann sollten sie heute im Laufe

des Tages Schloss Nakazato erreichen. Sie sah in den auf sie Zukommenden keine

Gefahr.
 

Das sah Keisuke jedoch völlig anders. Seit einigen Sekunden hatte sich der

Geruch verändert. Genauer gesagt, seit dem Zeitpunkt, als ihre kleine

Reisegruppe klar für die Männer dort drüben zu erkennen war.

Er roch die Angst und das Adrenalin, das durch die Adern der Männer schoss.

Keisuke wartete wachsam auf die erste Aktion und die würde kommen, da war er

sich sicher. Und sie würde so unüberlegt sein, wie alle Aktionen, die durch

die Angst und Unwissenheit der Menschen begangen wurden.
 

Der Trupp kam nur wenige Pferdelängen von ihnen entfernt endgültig zum Stehen.

"Was ist los?", kam die verwunderte Frage von Rin. Keisuke achtete nicht auf

ihre Worte. Was hier ablief, war ja für jeden vernünftig denkenden Youkai

klar verständlich. Es ging jedoch dann so schnell, dass ihm nicht viel Zeit

zum Handeln blieb.
 

"Achtung!" schrie Keisuke und sprang in demselben Moment vorwärts. Sein

Schwert beschrieb einen silbernen Bogen. Mit traumwandlerischer Sicherheit

traf er den Pfeil mitten im Pflug. Harmlos fiel die todbringende Spitze zu

Bogen.

Ah-Uhn brüllte wütend auf. Hätte Keisuke nicht so schnell reagiert, hätte der

Pfeil voll die breite Brust des Reitdrachen getroffen.
 

Rin zuckte erschrocken zusammen und zog die Zügel an.

"Vorsicht, Jaken-sama!", rief sie und griff hektisch in die hintere

Satteltasche.

"Was ist los? Was ist passiert? Warum sagt mir nie jemand etwas?", rief der

grüne Youkai mit quäkender Stimme. Da Rin heute vor ihm saß und ihm die Sicht

versperrte, war ihm der Angriff entgangen.

Rin hatte endlich gefunden, was sie gesucht hatte. Ohne zu zögern ließ sich

vom Sattel gleiten und eilte nach vorne.
 

Keisuke warf einen schnellen Blick zur Seite, als er neben sich eine Bewegung

spürte. Es war nicht der Drache, wie er eben noch vermutet hatte. Nein, neben

ihm tauchte die schlanke Gestalt von Rin auf.

Einen langen Kampfstab aus dunklem Holz fest in beiden Händen.
 

"Zurück", fauchte er wütend und veränderte seine Position, dass er erneut

zwischen der jungen Frau und den Angreifern stand.

"Ihr werdet Hilfe brauchen", erklang es ruhig und wieder stand sie neben ihm.
 

Rin’s Herz schlug vor Aufregung schneller, doch ließ sie sich nicht von ihrem

Vorhaben abbringen. Mit zu Schlitzen verengten Augen glitt ihr Blick über die

Gruppe Krieger, die auf den nervös hin und her tänzelnden Pferden saßen. Bögen

wurden erneut gespannt. Speere zum Angriff gesenkt.

Etwas im Hintergrund flatterte eine Fahne im Wind.
 

Rin zuckte zusammen, als sie den weißen Tiger auf schwarzem Grund sah.

"Fürst Nakazato", flüsterte sie leise. Sie machte einen weiteren Schritt nach

vorne und löste eine Hand vom Kampfstab. In der bekannten Friedens Bezeugung

hob sie die offene Handfläche hoch.
 

"Fürst Nakazato-sama. Ich grüße Euch. Wir kommen in Frieden. Wir sind

Abgesandte des Inu no Taishou um Verhandlungen über die Erneuerung der

Friedensverträge zu führen", rief sie und ihre klare Stimme hallte weit über

den Weg.

Das wütende Fluchen von ihrem Leibwächter, überhörte sie geflissentlich.

Keisuke drängte sie zur Seite und flüsterte scharf. "Haltet Euch zurück!"
 

Unruhe entstand in der Reitergruppe. Stimmen sprachen verwirrt durcheinander.

Schließlich löste sich ein Reiter in prächtiger Rüstung von der Gruppe und

trabte sein Pferd mehrere Schritte vorwärts. "Wenn das so ist, dann

entschuldigt unseren Angriff. Der Name des mächtigen Inu no Taishou ist auch

hier unvergessen.

Wir sahen nur eine junge Menschenfrau in der Gewalt von Youkai und wollten

helfen", kam es mit einer volltönenden Stimme unter der Maske der

Samurairüstung hervor, die das Gesicht des Reiters bis auf die Augen vollkommen

verdeckte.
 

Rin nickte. "Es besteht kein Grund zur Sorge. Keisuke-san ist mein Beschützer

und Jaken-sama", ihre Hand zeigte erklärend nach hinten auf den Krötendämon,

der immer noch auf den relativ sicheren Rücken des Reitdrachen saß. "Ist der

persönliche Berater des Inu no Taishou."
 

Der junge Mann stieg ab und gab die Zügel einem eilig herbeigelaufenen

Fußsoldaten. Seine Hände glitten zu seinem Gesicht und er löste die

Verschnürungen, die seine Maske hielten. Ein junges Männergesicht tauchte auf.

Die braunen Augen musterten mit unverholenem Interesse Rin. "Und wer seid

Ihr, meine Dame?"

"Mein Name ist Rin. Ich bin die Ziehtochter des Inu no Taishou."

"Mein Name ist Hiroki, ich bin der Sohn und Erbe des Fürsten", der junge Mann

verbeugte sich tief vor Rin.
 

Keisuke steckte das Schwert weg und nahm seinen Platz schräg hinter Rin ein.

Obwohl es offenbar keinerlei Hinweis mehr darauf gab, dass ein Angriff drohte,

blieb er wachsam. Der Geruch der vielen Menschen stach ihm unangenehm in der

Nase.

Sie hatten noch immer Angst. Deutlich konnte er den scharfen Geruch witternd.

Die Blicke, die sie ihm verstohlen zuwarfen, zeugten ebenfalls davon.
 

Ein grimmiges Lächeln huschte über sein Gesicht. Oh, sie taten gut daran ihn

zu fürchten. Selbst mit dieser Übermacht wäre er fertig geworden. Er war zwar

kein Dai-Youkai, doch auch seine Fähigkeiten waren beachtlich.

Jaken hatte sich inzwischen von Ah-Uhn’s Rücken hinunter gleiten lassen und

watschelte mit gewichtiger Miene nach vorne.

"Bringt uns unverzüglich zum Schloss. Wir wollen die Verhandlungen über die

Erneuerung des Vertrages so bald wie möglich aufnehmen. Dazu sind mehrere

Überprüfungen notwendig."
 

Hiroki senkte den Kopf und verbeugte sich ebenso vollendet, wie eben noch vor

Rin.

"Jaken-sama, es wird mir eine Ehre sein, die Abgesandten des Inu no Taishou

auf unserem Schloss begrüßen zu können."

Er nickte Rin freundlich zu und befestigte die Maske wieder am Helm, dann

stieg er auf sein Pferd und gab den Befehl sich neu zu formieren.
 

Er bildete die Spitze und mit einer Handbewegung lud er Rin ein an seiner

Seite zu reiten. Während Rin den Kampfstab sich wieder zurückverwandeln ließ

und auf den Reitdrachen stieg, formierten sich die anderen Reiter und

Fußsoldaten hinter ihnen.
 

Befriedig bemerkte Keisuke, dass sie einen gehörigen Abstand hielten. Ah-Uhn

trabte unbeirrbar an seine Stelle in der Reihe.

Jaken saß vor Rin und machte eine gewichtige Miene. Es schien fast als ob er

vor Stolz ein paar Zentimeter gewachsen war.

Keisuke ahnte, dass in der nächsten Zeit dieser kleine Kerl unausstehlich sein

würde.
 

Ein wahrhaft toller Auftrag. Ein unnützes Menschenweib beschützen und einen

offensichtlich größenwahnsinnigen Krötendämon.

Hatte er vielleicht irgendwann in der Vergangenheit einen Fehler bei seinem

Dienst bei der Palastwache gemacht, dass das nun die Strafe dafür war?

Mit verschlossener Miene trabte er neben dem Reitdrachen her.

Nur mit halbem Ohr hörte er der Unterhaltung zwischen Rin und Hiroki zu,

während sie weiter ritten.
 

Es verging eine geraume Zeit, da tauchte vor ihnen eine Ebene auf in der sich

eine Stadt erstreckte, dahinter erhob ein nicht allzu hoher Hügel. Über den

Bäumen waren die geschwungen Dächer von Wachtürmen und Wohnhäusern zu erkennen.

Je näher sich der Stadt kamen, umso belebter wurde die Straße und immer mehr

Menschen kam ihnen entgegen.

Eilig wichen sie zur Seite und verbeugten sich, als sie das Wappen und den

Fürstensohn erkannten, der an der Spitze der kleinen Gruppe ritt.

Keisuke bemerkte jedoch, wie verstohlen die Köpfe gehoben wurden und sie

Ah-Uhn anstarrten und damit auch Rin, die auf den Rücken des Reitdrachen saß.

Jaken entging ihren forschenden Blicken eben sowenig, wie Keisuke, der sich

noch ein wenig näher an seine Schutzbefohlenden schob.

Doch nichts passierte. Unbehelligt näherten sie sich dem Schloss des Fürsten

Nakazato.
 

Die Wachen am Tor erkannten die Fahne und den Reitertrupp des Fürstensohns und

ließen sie mit einer tiefen Verbeugung passieren. Doch Keisuke registrierte

sehr wohl auch hier die misstrauischen Blicke, die trotz gesenkter Köpfe auf

ihnen ruhten.

Doch was sollten diese schwächlichen Kreaturen schon ausrichten?

Wären sie unter Youkai, dann wäre ein Schutz für Rin durchaus angebracht

gewesen.
 

Die Gruppe kam auf dem Innenhof zum Stehen. Sofort eilten Diener herbei, die

die Pferde nahmen. Die Wachen begannen sich wieder zu verteilen. Ein Mann kam

aus dem Haus und verneigte sich tief vor dem Fürstensohn. Hiroki nahm erneut

die Maske ab und diesmal folgte auch der Helm.
 

Rin musterte ihn interessiert.

Ein gut aufsehender junger Mann, der Fürstensohn. Sie hörte, wie er mit dem

herbeigeeilten Diener sprach.

"Das sind die Abgesandten des Inu no Taishou. Gebt ihnen die besten

Gästezimmer und erfüllt ihnen alle Wünsche."

Dann wandte er sich mit einem Lächeln an Rin."Bitte vertraut euch meinen

Diener an. Er wird euch in die Gästezimmer führen und wenn ihr etwas benötigt,

dann zögert nicht es ihm mitzuteilen.

Sobald mein Herr und Vater über eure Ankunft unterrichtet wurde, wird er euch

unverzüglich empfangen."

"Ich danke Euch", antwortete Rin und senkte den Kopf. Mit einer leichten

Verbeugung verabschiedete Hiroki sich.
 

"Bitte wartet", rief Rin aus. Ihr war noch etwas eingefallen und zwar in dem

Moment, in dem sich ein großer schuppiger Kopf sanft an ihrer Schulter rieb.
 

Hiroki drehte sich um. "Gibt es noch etwas, mit dem ich Euch dienen kann?"

"Oh ja", antwortete Rin und strich dabei Ah-Uhn über den linken Kopf. "Unser

Drache braucht ebenfalls eine Unterkunft."

"Oh je", murmelte Hiroki und musterte mit gesunden Respekt das riesige Tier.

"Ich denke mir, da wird unser Stallmeister etwas überfordert sein.

Was braucht denn dieses...?"

"Sein Name ist Ah-Uhn. Und er ist harmlos. Er braucht nur eine Überdachung

und er frisst Gras, oder Heu", antwortete Rin und merkte nicht das

erleichterte Aufatmen des Fürstensohnes.

"Na, das dürfte noch zu regeln sein", er winkte einen Burschen, der gerade

ein Pferd wegführen wollte. Der Junge überließ das Tier einem anderen und kam

sofort näher.

"Neben dem Stall gibt es eine Einzäunung. Bring Ah-Uhn dorthin und sattele ihn

ab. Gib ihm Heu und Wasser", befahl Hiroki.
 

Der junge Mann wurde bleich.

"Er wird dir nichts tun", sagte Rin und reichte mit einem Lächeln dem Jungen

die Zügel. Nur sehr zögernd ergriff er diese. Ein tiefes Brummen kam aus der

Brust des Drachen und alle außer Keisuke, Rin und Jaken zuckten zusammen.

Rin tätschelte Ah-Uhn den Hals. "Das geht in Ordnung, mein Freund. Sei schön

brav und geh mit. Ich werde heute Abend noch einmal nach dir sehen."
 

Der Drache ging los und zerrte die ersten Meter den jungen Mann einfach hinter

sich her, bis dieser aus seiner Erstarrung sich lösen konnte und nun mit weit

abgestecktem Arm den Drachen in Richtung Stall führte.
 

Rin wunderte sich über die Angst, die sie eben noch in dem Gesicht des

Stallburschens gesehen hatte. Ah-Uhn war doch nicht wirklich zum Fürchten. Er

war der liebste Drache auf der Welt.
 

"Wenn Ihr mir bitte folgen würde?", die Worte des Haushofmeisters holten sie

zurück. Der Mann streckte einladend die Hand in Richtung Schlosstreppe aus.

"Bitte folgt ihm. Er wird sich um euch kümmern, bis ich euch abholen lasse", sagte

Hiroki, lächelte und wandte sich dann mit eiligen Schritten ab, um in Richtung

Schloss zu verschwinden.
 

Keisuke hob die Satteltaschen vom Boden auf, die er Ah-Uhn kurzerhand zuvor

entfernt hatte. Jaken trat ein paar Schritte vor. "Dann bring uns zu unseren

Zimmern", befahl er dem Diener mit erhobener Stimme und stieß dabei mit dem

Nintojo-Stab mahnend auf die Erde.

Keisuke verdrehte nur unauffällig die Augen. Das würde ja heiter werden.

Dann folgte er den anderen in das Schloss.
 

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Ende Kapitel 3
 

Unsere kleine Gruppe ist an ihrem Bestimmungsort angelangt. Das nächste Mal

werden die ersten Gespräche geführt und Rin wird mit zwei völlig

gegensätzlichen Charakteren konfrontiert, die sie mehr als verwirren.

Und Keisuke bekommt zum ersten Mal den vollen Charme von Rin zu spüren.

„Mürrische Youkais und nette Männer“ sind eben nicht einfach zu handhaben.
 

Liebe Grüße

chaska

Mürrische Youkai und nette Männer

Hallöchen,

ein wenig verspätet geht dieses Kapitel nun online. Gleichzeitig mit

dem neuen Kapitel von "Erwachen" als kleine Entschädigung und als

verspätetes Weihnachtspräsent.
 

Viel Spaß beim Lesen....
 

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Mürrische Youkai und nette Männer
 

Der Haushofmeister führte sie durch lange Gänge, bis in den Gästetrakt. Vor

einer Schiebetür blieb er stehen. Er schob das Holz zur Seite und verneigte

sich, gleichzeitig zeigte er einladend mit dem linken Arm in den Raum.

"Eurer Raum, Hime."
 

Rin trat ein und klatschte freudig in die Hände. "Das ist wirklich hübsch", rief

sie aus.

"Eure Räume sind weiter hinten, Jaken-sama. Wenn Ihr mir bitte folgen würdet"

Jaken watschelte hinter dem Mann her und Keisuke und Rin bleiben zurück.
 

Keisuke legte die Reisetaschen ab und versuchte seinen Ärger zu verbergen. Nur

Rin und Jaken hatten ein eigenes Zimmer erhalten. Für den Haushofmeister war

es wohl selbstverständlich, das Keisuke, als Diener und Leibwächter bei dem

niederen Personal seinen Platz finden sollte.

Im letzten Moment erstickte er ein wütendes Knurren in seiner Kehle.
 

Rin war inzwischen an die gegenüberliegende Wand getreten, an der sich

ebenfalls eine Tür befand. Sie schob sie auf und man konnte einen kleinen

Balkon betreten, der sich vor ihrem Zimmer befand.

Der Blick war wundervoll.

Das Schloss mit den geschwungenen Dächern, dann die Stadt und dahinter die

weiten Wälder, Ebenen und in der Ferne der blaugraue Schatten der Bergketten.

Sie wandte sich um. "Wundervoll. Meint Ihr nicht auch?", fragte sie Keisuke.
 

Der Youkai gab nur ein undefinierbares Geräusch von sich und beugte sich über

die Packtaschen, als ob es dort etwas zu richten gab.

Er spürte, wie Rin an seine Seite trat. Ihre Hand legte sich auf seine. "Lasst

ruhig, ich packe schon selbst aus", sagte sie und zuckte zusammen, als Keisuke

mit einem heftigen Ruck seine Hand zurückzog.
 

Etwas verblüfft sah sie ihn an.

Keisuke wich automatisch mehrere Schritte zurück um mehr Abstand zwischen sich

und dieses Weib zu bringen.

Langsam begann Rin zu verstehen. Sein Verhalten der letzten Tage, seine

Bemerkungen, die sie bis eben völlig ignorierte hatte. Das Alles fügte sich

allmählich in ein bestimmtes Bild ein.

Mit einem leisen Bedauern musste sie nun feststellen, dass Keisuke keine

Menschen mochte.

Doch wie weit ging seine Verachtung?

Es musste unter diesen Umständen sehr hart für ihn sein, sie bewachen zu

müssen. Sie nickte. "Ich verstehe. Verzeiht", bat sie leise.

Keisuke schwieg. Seine Haltung war angespannt. Sie verstand? Das wagte er doch

sehr zu bezweifeln.
 

In diesem Moment erklang ein leises Räuspern und die Aufmerksamkeit lenkte

sich auf den Haushofmeister, zwischen dem Türrahmen erschienen war. "Ist alles

zu Eurer Zufriedenheit, Hime-sama?

Eine Dienerin wird sich bald bei Euch melden und Euch dann während eures

Aufenthalts zu eurer Verfügung stehen."
 

"Danke. Sehr aufmerksam. Doch ich hätte noch einen Wunsch", sagte Rin. Der

Gedanke war ihr spontan gekommen.

"Zögert nicht mir Eure Wünsche mitzuteilen, Hime", sagte der Mann ehrerbietig.

"Bitte richtet für Keisuke-san ebenfalls ein Zimmer ein. Wenn möglich neben

dem meinen, damit er seine Pflichten als mein Beschützer ohne weiteres nachkommen

kann", sagte Rin mit fester Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Zum ersten

Mal fühlte sie, dass sie als Herrin für das Wohlergehen ihrer Diener

verantwortlich war.

Der Mann verbeugte sich tief. "Es wird sofort geschehen, Hime." Dann zog er

sich zurück und schloss die Tür hinter sich.
 

Keisuke stand wie erstarrt da. Damit hatte er nicht gerechnet.

Was mochte diese Frau dazu bewogen haben?

Er war nur eine einfache Palastwache. Ein niederer Diener. Er hätte nie

gedacht, dass ein Mensch, oder sogar eine Hime so etwas für einen einfachen

Bediensteten machen würde.
 

Rin merkte nichts von den Gedanken. Sie hatte begonnen die Packtaschen

auszupacken und einen der Schränke einzuräumen.

Sie merkte auch nicht die Blicke, mit denen Keisuke sie musterte. Er hatte

nicht erwartet, dass die Ziehtochter des Fürsten so war... so anders.

Doch sie blieb, egal, wie komisch sie sich verhielt, was sie war. Eine

jämmerliche, schwache Kreatur.
 

Ein leises Klopfen erklang und eine Dienerin trat ein, nachdem Rin "Herein!"

gerufen hatte.

Sie neigte ehrfürchtig den Kopf und Keisuke konnte die Angst riechen, die die

Frau hatte. Ihm entging auch nicht der furchtsame Blick, den sie ihm zuwarf.

"Das Zimmer nebenan steht nun zur Eurer Verfügung... mein Herr. Und ich soll

Euch ausrichten der Fürst ist nun bereit Euch zu empfangen."
 

"Sehr gut", sagte Rin.

In diesem Moment trat Jaken ins Zimmer. Er hatte die letzten Worte mitbekommen

und rückte schon seine Kleidung zurecht. "Bring uns zu deinem Herrn", sagte er

mit gewichtiger Miene.
 

Sie folgten der Dienerin durch die Gänge. Immer wieder trafen sie auf

Bedienstete oder Wachen.

Sie erreichten die Arbeitszimmer. In einem Vorraum standen drei Schreibpulte.

An ihnen saßen und arbeiteten drei Männer.

Sie sahen auf, als Rin, Jaken und Keisuke hineingeführt wurden. Der Mann, der

am nächsten zu der Tür saß, erhob sich. "Willkommen auf Schloss Nakazato.

Eure Ankunft wurde schon gemeldet. Mein Name ist Takumi. Ich bin der erste

Schreiber des Fürsten. Bitte folgt mir. Ihr werdet schon erwartet."
 

Er klopfte an der Tür, die sich auf der gegenüberliegenden Seite befand. Ein

"Herein!", erklang und er schob die Tür auf.

Sie traten ein.

Der Fürst erwartete sie, neben ihm saß sein Sohn. Der junge Mann hatte noch

nicht seine Rüstung abgelegt. Nur die Schwerter hingen nicht mehr an seiner

Hüfte. Der Fürst selbst war mit einem gemusterten Kimono gekleidet.

Das Haar trug er ungewöhnlich kurz. Er wandte den Kopf, als sie eintraten.

Doch seine Augen waren geschlossen.
 

"Die Dame Rin-sama, der persönliche Berater des Dämonenfürsten, Jaken-sama und

der Begleiter Keisuke", stellte der Takumi sie vor. Dann zog er sich diskret

in den hinteren Bereich des Raumes zurück.
 

"Willkommen", sagte der Fürst und neigte seinen Kopf. Rin verbeugte sich und

antwortete. "Nehmt unseren Dank für diesen freundlichen Empfang. Wir hoffen

die so lang ruhenden Friedensverträge zwischen unseren Häusern wieder neu

abschließen zu können. Mein Vater, Lord Sesshomaru, der jetzige Taishou,

übermittelt Euch seine Grüße."
 

"Danke", sagte Fürst Nakazato. Noch immer waren seine Augen geschlossen. Er

legte den Kopf leicht schief, als er sich an seinen Sohn wandte. "Du hast

nicht übertrieben, Hiroki. In ihrer Stimme ist Sanftmut und doch eine starke

innere Kraft. Sie muss eine wahre Schönheit sein."

Verblüfft sah Rin den Fürst an und eine zarte Röte legte sich auf ihre Wangen.

"Darf ich fragen, was das zu bedeuten hat?"
 

Der Fürst wendete ihr wieder den Kopf zu und öffnete nun aber die Augen. Rin

zuckte zusammen, als sie die Pupillen sah, die grau, wie dichter Nebel waren.

"Ihr seid ja blind", rief Jaken verblüfft aus.

Der Fürst schüttelte den Kopf und lächelte. "Das ist nicht ganz richtig. Ich

bin nicht blind, ich kann nur nichts sehen. Das ist ein Unterschied, verehrter

Jaken-sama."
 

"Mein verehrter Herr Vater ist durchaus nicht benachteiligt. Wir sind seine

Augen", warf Hiroki ein.

Der Fürst drehte den Kopf noch ein wenig nach rechts, in die Richtung von

Keisuke. Obwohl seine Augen grau waren, schien es, als ob er den Youkai genau

ansah. "Unser dritter Gast hat bisher noch nichts gesagt. Keisuke-san, auch

Euch ein Willkommen auf meinem Schloss."
 

"Danke", sagte Keisuke knapp. Ihm war es relativ egal, ob er willkommen war,

oder nicht. Ihn interessierte nur, dass die Hime hier sicher war. Alles andere

kümmerte ihn nur wenig. Menschen waren merkwürdige Geschöpfe. In einem

Youkaiclan hätte man niemals einem solchen gehandikapten Mitglied erlaubt den

Clan anzuführen. Der Anführer war immer der Stärkste.
 

Fürst Nakazato runzelte leicht die Augenbrauen. Ein Wort nur, doch in diesem

lag für seine Ohren alles, was dieser Youkai fühlte. Und das war nicht gerade

positiv.

So viel Verachtung, soviel Zorn... wie konnte dieses Wesen nur so ruhig hier

sitzen, während in ihm offensichtlich eine Hölle tobte?
 

Während bei der jungen Frau alles anders war. Sie war sanftmütig, doch auch

von einer inneren Stärke erfüllt.

Sie schien sich ihr kindliches Gemüt erhalten zu haben. Obwohl sie offenbar

von Youkai aufgezogen worden war.

Noch nie hatte er davon gehört, dass diese Wesen Menschen in ihre Reihen

aufnahmen und großzogen.
 

Und dann dieser kleine Youkai.

Er musste ein Lächeln unterdrücken, als er an ihn dachte. Die Beschreibung

seines Äußeren stimmte mit der zugehören Stimme überein. Offensichtlich nahm

er sich fürchterlich wichtig. Doch er war sehr loyal zu seinem Herrn. Eine

Eigenschaft, die er schon immer an Dienern geschätzt hatte.
 

Die nächsten Tage würden eine interessante Abwechslung darstellen. Fürst

Nakazato war sich bewusst, wie wichtig sie sein würden.

"Einst waren unsere Häuser durch einen Friedensvertrag miteinander verbunden.

Der große Inu no Taishou schloss sie vor vielen Jahren mit meinen Vorfahren.

Seit gut 200 Jahren haben wir nichts mehr von dem Fürsten der westlichen

Länder gehört. Doch die Hoffnung, dass die Verträge wieder erneuert würden,

lebte in unserer Familie fort. Nun wird dieser Wunsch Wirklichkeit. Ich

begrüße Euch nochmals und hoffe dass alles zu einem glücklichen Abschluss

kommt.
 

Jaken-sama, wir haben in all der Zeit immer die damals vereinbarten Teile

zurückgelegt. Unsere Bücher dürften in einwandfreien Zustand sein.

Sicher benötigt Ihr einige Zeit um diese zu prüfen. Morgen wird euch mein

Verwalter Makoto die entsprechenden Unterlagen zeigen.

Rin-Hime, Ihr werdet bestimmt dem Berater des Fürsten behilflich sein. Solltet

Ihr irgendwelche Wünsche haben, dann zögert nicht sie uns mitzuteilen. Wir

werden bemüht sein sie euch zu erfüllen." Er wandte den Kopf in Richtung des

Inuyoukai. "Dasselbe gilt selbstverständlich auch für Euch, Keisuke-san."
 

"Wir danken euch für die Gastfreundschaft", antwortete Rin erfreut. Das lief

ja besser, als sie gedacht hatte. Sie würde mit Hilfe von Jaken die

Verhandlungen erfolgreich abschließen. Ihre Eltern würden stolz auf sie sein.
 

Jaken richtete sich auf, soweit es seine geringe Größe zuließ. "Im Namen von

dem Taishou bedanken wir uns. Wir werden uns nun zurückziehen und morgen

können wir anfangen."

Hiroki, der bisher fast ohne ein Wort zu sagen, neben seinem Vater gesessen

hatte, erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung. "Ich begleite euch noch."
 

Nach einer Verabschiedung verließen sie das Arbeitszimmer und kehrten in

Begleitung des Fürstensohns zu ihren Zimmern zurück.

Erst am Abend trafen sie sich wieder zum Essen, welches in entspannter

Atmosphäre genossen wurde. Keisuke hielt sich im Hintergrund und nahm auch

nichts zu sich. So weit kam es noch, dass er sich soweit herabließ menschliche

Nahrung in einem menschlichen Schloss zu sich zu nehmen.
 

Nach dem Essen erhob sich Hiroki und streckte Rin die Hand entgegen.

"Darf ich Euch noch den Garten zeigen. Er ist wundervoll zu dieser

Jahreszeit", sagte Hiroki und lachte leise. "Eigentlich ist er zu jeder

Jahreszeit wundervoll. Ich versuche nur noch ein wenig länger Eure Gesellschaft

genießen zu können." Er reichte Rin seinen Arm.

Rin lachte hell auf und nickte anschließend. "Das wäre wundervoll. Ich liebe

Blumen." Sie legte ihre Hand auf seinen Arm und gemeinsam schritten sie durch

die Tür.
 

"Geht nur. Ich werde mich zurückziehen. Wir sehen uns morgen", sagte der Fürst

und lächelte, als er seinen Sohn und Rin den Raum verlassen sah. Dann drehte

er den Kopf leicht. "Auch Euch Jaken-sama, wünsche ich eine gute Nacht." Mit

einer geschmeidigen Bewegung erhob sich der Fürst und verließ sicheren Schrittes

das Zimmer.
 

Jaken blieb zurück. Irgendwie kam er sich gerade fürchterlich überflüssig vor.
 

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Keisuke folgte dem Fürstensohn und Rin wie ein Schatten. Gemeinsam gingen sie

langsam die Kies bestreute Wege entlang.

Hiroki zeigte ab und zu auf einige besondere Arrangements. Er war ein

angenehmer Gesellschafter. Schon bald drehten sich die Gespräche über Gedichte

und über Bücher. Rin dankte insgeheim ihren strengen Lehrern, dass sie auch

die menschliche Literatur unterrichtet hatten.
 

Indessen langweilte sich Keisuke schrecklich. So also verbrachten die hohen

Herren und Damen ihre Freizeit. Mit banalen Gesprächen.

Was sollte ein Krieger hier nur tun?

Er zog einen ordentlichen Kampf so einem seichten Geplänkel vor.
 

Ein Geräusch war an sein empfindlichen Ohren gedrungen und der hastige Atem

eines Diener, der offensichtlich zu ihnen wollte. Er wandte den Kopf nach

hinten, dann trat er einen Schritt näher auf Rin und Hiroki zu.

"Es kommt jemand", bemerkte er.
 

Augenblicklich blieben Hiroki und Rin stehen. In dem Augenblick kam auch

schon der Mann um die Ecke. Er erblickte die kleine Gruppe und blieb sofort

stehen.

"Verzeihung, mein Herr. Der Fürst wünscht Euch sofort zu sprechen", stieß er

atemlos hervor.

"Ich komme", Hiroki verbeugte sich vor Rin. "Leider muss ich euch zu meinem

Bedauern schon verlassen. Soll Euch mein Diener zu Euren Gemächern zurück

begleiten?"
 

Rin schüttelte den Kopf. "Nein. Wir werden schon zurückfinden, keine Sorge.

Wir sehen uns dann morgen?"

"Gewiss. Ich wünsche Euch eine ruhige und erholsame Nacht", erwiderte Hiroki

und folgte dem Diener. Rin sah Hiroki nach, wie er in Richtung Haupthaus

verschwand. Sekunden später befanden sich Rin und Keisuke alleine.
 

Für einen kurzen Moment zögerte sie. Sollte sie zurückgehen? Nein, entschied

sie sich schließlich.

Der Abend war wunderschön und sie war noch nicht müde. Es war alles so

aufregend. Es konnte nicht schaden, noch ein wenig spazieren zu gehen.

Sie wandte sich um und ging tiefer in den Garten. Der Kies knirschte leise

unter ihren Schritten.
 

Keisuke folgte ihr, wie ein Schatten. Sein Mund war missmutig verzogen. Er

hatte gehofft, diesen unnützen Spaziergang zu beenden, als, der Fürstensohn

sich zurückzog, doch offensichtlich hatte dieses Weib andere Pläne.

Leider war er durch seine Pflicht gezwungen sie weiterhin zu begleiten.
 

Rin merkte nichts von der schlechten Laune ihres Begleiters. Sie genoss die

frische Luft. Ein kleiner künstlich angelegter Bachlauf legte sich ihnen in

den Weg. Er wurde von einer zierlichen Holzbrücke überspannt.

Rin blieb mitten darauf stehen und lehnte sich an das Geländer. Verträumt sah

sie in die Dunkelheit. Der Schein der Fackeln reichte nicht sehr weit und

dahinter wuchsen die dunklen Schatten der Bäume und Sträucher in die Höhe.

Sie seufzte leise auf und drehte sich um. "Ist das nicht schön hier, fast

vergleichbar mit dem Garten zu Hause" sagte sie.
 

Keisuke zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Wenn Ihr meint", sagte er mit

ausdruckloser Stimme.

Rin legte leicht den Kopf schief und musterte ihn. Er erschien ihr nicht

gerade glücklich. Das ganze schien sich noch verschlimmert zu haben, seit si

auf dem Schloss angekommen waren.

"Was bedrückt Euch, Keisuke-san?", fragte sie.
 

Der Youkai konnte ein abfälliges Schnauben nicht gänzlich unterdrücken.

"Es ist nichts, ... Herrin." Fast verknotete er sich die Zunge, als er das

Wort hervorstieß. Rin starrte ihn weiter an. Keisuke wurde es schon ein wenig

unheimlich. Sie war vielleicht nur ein Mensch, doch war sie auch die Tochter

des Fürsten der westlichen Länder. Wenn er schon diesen Auftrag und sie hasste

wie die Pest. Sein eigenes Leben war ihm doch zu kostbar, als das er es wegen einem Menschen aufs Spiel setzte. Also neigte er den Kopf und wiederholte. "Es ist nichts, Herrin."
 

"Ich kenne diesen Gesichtsausdruck zu genau", antwortete Rin und dachte an das

erste Mal, an dem sie ihrem Vater gesehen hatte. "Ihr könnt mich nicht leiden,

habe ich recht? Warum?", fragte sie und sah den Dämon direkt an.

Kalt erwiderte er den Blick. "Ihr seid ein Mensch." Rutschte ihm die Antwort

hervor, bevor er es nur im Ansatz verhindern konnte.

Rin nickte."Schön, doch das ist keine Antwort auf meine Frage."
 

Keisuke schüttelte den Kopf. "Doch. Genau das ist die Antwort auf Eure Frage,

Hime. Ihr seid ein Mensch und die Menschen sind schwächliche Geschöpfe, die

nicht lange leben und keine Ehre haben. Sie verraten alles und jeden, wenn es

für sie nützlich ist."

"Ihr habt keine sehr hohe Meinung von uns, Keisuke-san", erwiderte Rin nach

einer kurzen Pause.

Sie wusste nichts über ihren Leibwächter, den ihr Ziehvater ihr zugeteilt

hatte. Doch irgendwie schien seine Meinung über die Menschen aus mehr, als nur

der normalen dämonischen Überheblichkeit zu bestehen.
 

"Die Erfahrung lehrte mich auf die harte Tour, dass es so ist", er zögerte

kurz und fuhr dann fort. "Doch seid unbesorgt. Es wird mich nicht davon

abhalten meine Pflicht zu tun. Die Befehle des Fürsten sind verbindlich."

Rin schwieg, nur ihre Augen ließen ihn keine Sekunde aus dem Blick. "Es tut

mir leid, dass Ihr so über uns Menschen denkt. Ich weiß nicht, was Euch

widerfahren ist, doch nicht alle Menschen sind verachtenswerte Geschöpfe. Ich

werde mich bemühen, Euch Eure Aufgabe so leicht zu machen, wie es möglich ist.

Lasst uns nun zurückkehren. Morgen wartet Arbeit auf uns."

Sie wandte sich um und ging die langen kiesbestreuten Wege langsam zurück zum

Haupthaus. Keisuke folgte ihr ohne ein weiteres Wort.
 

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Die nächsten Tage verliefen immer nach demselben Schema. Rin stand schon früh

auf. Nach einem gemeinsamen Frühstück mit der Fürstenfamilie, zog sie sich mit

Jaken in die Arbeitszimmer der Schreiber und des Verwalters Makoto zurück.

Jaken hatte es sich zur Aufgabe gemacht die Bücher zu überprüfen. Dabei legte

er einen solchen Eifer an den Tag, dass es Rin erschauderte.

Denn nicht nur, das er selbst den ganzen Tag lang nur noch Zahlen und Tabellen

rezitierte, er gab ihr auch noch einen großen Anteil davon ab.

Einmal am Tag trafen sich der Fürst, Jaken und auch Rin um mit den

Verhandlungen über das Abkommen zu beginnen. Keisuke war immer wie ein

lautloser Schatten dabei.
 

Rin dachte nach diesen ersten zwei Tagen, dass es vielleicht einfacher sei

Jaken kurzerhand zwischen seine heißgeliebten Bücher zu klemmen und einfach

abzuhauen. Ihr Blick streifte manchmal sehnsüchtig das offene Fenster. Sie

sehnte sich danach auf Ah-Uhn’s Rücken dieser staubtrockenen Arbeit zu

entfliehen und sich den Wind um die Nase wehen zu lassen.

Die Rettung kam von einer Seite, von der sie sie nicht erwartet hatte.
 

Der Vormittag war schon fast rum, als sich die Tür öffnete. Rin registrierte

die eilige Verbeugung des Verwalters Makoto, der sich gerade in diesem Moment

bei ihnen befand. Sie wandte den Kopf und sah sich unvermittelt dem

Fürstensohn gegenüber.
 

Mit einem leichten Kopfschütteln betrachtete er das Chaos der Unterlagen, in

dem sie saßen. "Rin-sama, ich sehe, das ich gerade noch zur rechten Zeit

gekommen bin", sagte er und mit einem weiteren Blick auf die Papiere.

"Jaken-sama", er deutete eine leichte Verbeugung vor dem kleinen grünen Youkai

an. Keisuke, der auf seinem üblichen Platz an der Wand lehnte, verzog das

Gesicht.

Hiroki fuhr fort. "Jaken-sama, ich möchte der Hime ein wenig unsere Stadt und

die Umgebung zeigen. Es wäre sicher von Vorteil, wenn sie auch diese kennen

lernt, um zu sehen, wie unsere Leute leben."
 

Jaken strich sich geschmeichelt über den Bauch. "Das ist ein sehr guter

Vorschlag."

Rin konnte es kaum glauben, dass sie wirklich so einfach entkommen konnte.

Eilig, bevor es sich der Youkai noch mal anders überlegen konnte, stand sie

auf.

"Danke, Jaken-sama."
 

Hiroki lächelte, als sie schon mit glänzenden Augen vor ihm stand.

"Lasst uns gehen. Schnell...", fügte sie leise hinzu. Sie fürchtete, dass es

sich Jaken doch noch in letzter Sekunde anders überlegen könnte.

Keisuke folgte ihr augenblicklich.

Ihm behagte es vielleicht nicht, dieses Menschenweib dauernd vor nicht

vorhandenen Gefahren beschützen zu müssen, doch die Aussicht dieses Schloss

und damit den Geruch dieser vielen Menschen entkommen zu können, war mehr als

verlockend. Auch wenn es nur für ein paar Stunden sein würde.
 

Draußen auf den Gang wandte sich Hiroki kurz zu dem Inuyoukai um."Ihr

braucht nicht mitzukommen. Die Hime wird unter meiner Obhut völlig sicher sein."

Keisuke schüttelte nur den Kopf. "Niemand entbindet mich von meiner Pflicht.

Das kann nur der Fürst der westlichen Länder."

Hiroki nickte. "Gut. Dann folgt uns."

"Was sehen wir uns als erstes an?", fragte Rin neugierig und folgte Hiroki.

Dieser lächelte nur geheimnisvoll. "Lasst Euch überraschen. Ihr werdet nicht

enttäuscht sein."
 

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Ende Kapitel 4
 

Hiroki hat nicht gerade die Besichtigungstour geplant, wie er es Jaken erzählt

hat. Nein, der junge Mann hat eigentlich etwas anders vor.

Doch verläuft sein Vorhaben nicht ganz so wie geplant.

Denn „Ein Picknick mit unangemeldeten Gästen“ endet beinahe in einer

Katastrophe.
 

Mit diesem Kapitel verabschiede ich mich für das Jahr 2009 von euch.

Ich möchte mich bei allen bedanken, die hier meine Geschichten lesen und vor allen

bei denjenigen, die Kommis hinterlassen. Ihr seid mir immer ein toller

Ansporn weiter zu schreiben.
 

Fühlt euch alle ganz fest geknuddelt.
 

Ich hoffe, wir "lesen" uns auch nächstes Jahr wieder.

Bis dahin wünsche ich euch von Herzen einen guten Rutsch nach 2010 und eine

tolle Sylvesterfeier.
 

Liebe Grüße

chaska

Ein Picknick mit unangemeldeten Gästen

Hallo ihr Lieben,

erst mal ein sehr, sehr verspätetes „frohes neues Jahr“. Ich hoffe, ihr seid gut

hineingerutscht.

Es tut mir echt leid, dass ich für das letzte Kapitel keine Benachrichtigung

geschickt habe (Gomen nasai; tiefe Verbeugung).

Aber die Tage „zwischen den Jahren“ waren echt turbulent. Jetzt hat mich leider

der Alltag wieder, viel zu schnell nach meinem Geschmack. Und leider hat das neue Jahr mit einer Menge Stress begonnen. Aber so ist das eben.

Machen wir das Beste daraus.
 

In diesem Kapitel bekommt Keisuke erneut den Charme von Rin zu spüren, auch

wenn es in einer gefährlichen Situation passiert.
 

Viel Spaß beim Lesen...
 

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Ein Picknick mit unangemeldeten Gästen
 

Das war in der Tat alles andere, als eine Besichtigungstour durch die Stadt.

Der kleine Trupp bestehend aus zwei Samuraikrieger, Rin, dem Fürstensohn und

Keisuke hatte schnell die Stadt durchquert und befanden sich nun schon

ziemlich weit entfernt von der Residenz und den letzten Häusern entfernt.

Keisuke warf einen schnellen Blick zur Seite. Der Fürstensohn saß sehr gut im

Sattel. Es gehörte wohl zur Ausbildung eines menschlichen Kriegers, diese

Kunst zu beherrschen. Zwar hatte Hiroki auch Keisuke ein Reittier angeboten,

doch der Youkai hat nur abfällig schnaubend abgelehnt. Nie im Leben würde er

sich auf so ein Tier setzen und so waren sie losgezogen

Rin und Hiroki auf Pferden, mit zwei Palastwachen und Keisuke zu Fuß. Der

Inuyoukai hatte keine Mühe den Pferden zu folgen. Er hielt sich seiner Rolle

getreu nur wenige Schritte seitlich von Rin auf.
 

Rin machte dieser Ausflug riesigen Spaß. Sie hatte bisher nur sehr selten auf

einem Pferd gesessen. Ah-Uhn war bis zu diesem Zeitpunkt mehr ihr Reittier

gewesen. Diese Art von Fortbewegung war völlig anders. Der Wind fuhr ihr warm

über die Haut. Das Klirren des Zaumzeugs schwang durch die Luft, wie auch das

gelegentliche zufriedene Schnauben der Pferde.
 

"Das war eine wunderbare Idee, Hiroki-san", rief sie aus.

Der junge Krieger lachte. "Ich kann mir denken, dass diese ewigen Verhandlungen

und Buchprüfungen nicht gerade die schönste Beschäftigung für eine junge Frau

sind."

"Und doch werde ich nachher Jaken-sama wieder Gesellschaft leisten. Er soll

nicht alles alleine machen", erwiderte Rin.

Allerdings sollte dieser Zeitpunkt ihrer Meinung nach eher später als früher

sein.
 

Es war ein wunderschöner Tag. Die Sonne schien hell vom Himmel herab und die

paar einzelnen Wolken machten nichts. Vögel zwitscherten. "Ich habe noch eine

Überraschung für Euch", sagte Hiroki in diesem Moment. Rin wandte den Kopf und

sah ihn an. "Und was könnte diesen Tag noch schöner machen?"

"Ein Picknick. In den Satteltaschen meiner Wachen verbergen sich wahre

Köstlichkeiten. Wir müssen nur noch einen geeigneten Platz finden."
 

Keisuke verzog angewidert den Mund. So eine Süßholzraspelei. Hiroki versuchte

offensichtlich Eindruck bei Rin zu schinden und sicherlich würde dieses Weib

sich geschmeichelt fühlen und nur so dahin schmelzen.
 

Es verging nur noch wenig Zeit, bis Hiroki schließlich die Zügel anzog und

sein Pferd anhielt. "Hier scheint mir eine gute Stelle zu sein. Hier bleiben

wir."

Er stieg ab und half Rin ebenfalls vom Pferd.
 

Die beiden Wachen nahmen die Satteltaschen von den Pferden und während der

eine die Tiere versorgte und sicherging, das sie sich nicht unerlaubt

entfernen konnten, packte der andere ein Picknick aus.

Eine schwere Decke wurde unter den Schatten eines Baumes auf den Boden gelegt.

Verschiedene Behälter mit Essen wurden ausgepackt und darauf verteilt.
 

Als alles fertig war, verbeugte sich die Wache kurz vor dem Fürstensohn und

zog sich dann mit seinem Partner etwas zurück um dem Fürstensohn und Rin eine

private Atmosphäre zu geben.

Keisuke kannte nicht soviel Taktgefühl, er lehnte sich unmittelbar an den

dicken Baumstamm, der die Schattenkrone über dem Picknick bildete. Das

einzige Eingeständnis, das er machte, war, dass er sich seitlich aufhielt,

nicht direkt im Blickfeld der beiden Menschen.
 

Rin nahm auf der Decke Platz und Hiroki gesellte sich zu ihr. Schon bald waren

sie in ein angeregtes Gespräch vertieft. Keisuke verdrehte die Augen hinter

den geschlossenen Augenlidern, als er Rin’s leises Kichern vernahm.

Die Zwei waren mehr als peinlich.
 

Der Wind drehte und kam nun aus östlicher Richtung. Keisuke versteifte sich

plötzlich. Er hatte eine Witterung aufgefangen. Menschen und nicht gerade

wenige. Zehn, oder sogar zwölf. Seine Nase kräuselte sich angewidert. Dem

Gestank zu urteilen, hatten sie sich seit Tagen nicht mehr gewaschen,

geschweige denn gebadet.

Er konnte sich kaum vorstellen, dass die Männer kamen um ihnen einen Guten Tag

zu wünschen und dann einfach weiterzogen.

Das Picknick würde eine herbe Unterbrechung erleiden. Es wurde Zeit die beiden

Turteltauben aus ihren rosaroten Träumen zu reißen.
 

Keisuke stampfte los. "Wir bekommen Besuch", sagte er knapp, als er neben

ihnen stand.

Hiroki hielt mitten in dem Satz inne, den er gerade begonnen hatte und starrte

Keisuke verblüfft an.

Rin schaltete jedoch schneller. "Was könnt Ihr wahrnehmen?", fragte sie mit

sachlicher und ruhiger Stimme. Von der jungen unbekümmerten Frau, war nichts

mehr zu erkennen.
 

"Männer, etwa zehn bis schätzungsweise zwölf. Ich glaube kaum, dass sie in

friedlicher Absicht kommen", antwortete Keisuke.

Hiroki erhob sich und Rin folgte sogleich seinem Beispiel.

"Wachen!", rief der Fürstensohn und augenblicklich kamen die beiden Männer

näher, die sich auf Rücksicht der fürstlichen Privatsphäre etwas außer

Reichweite gehalten hatten.

"So wie es aussieht, nähern sich uns mehrere Männer. Wir nehmen an, dass

Gefahr von ihnen ausgeht", informierte Hiroki sie. Er drehte den Kopf zu dem

Youkai. "Besteht noch die Möglichkeit die Hime außer Gefahr zu bringen?"
 

Keisuke legte den Kopf leicht schief und schloss einen Moment konzentriert die

Augen. Als er sie wieder öffnete, sagte er. "Nein. Sie haben sich aufgeteilt.

Jetzt kommen sie von zwei Seiten."

Hiroki presste ärgerlich die Lippen zusammen. "Es tut mir leid, Rin-chan.

Bitte sei tapfer. Wir werden alles tun, damit du unverletzt bleibst." In der

Aufregung war er unvermutet in die vertrauliche Ansprache gewechselt.
 

"PAH!", machte Rin, wandte sich ab und ging zu den Pferden, die zwischen den

Bäumen angebunden worden waren. Sie griff in eine der Satteltaschen, die an

ihrem Tier befestigt waren.

Als sie zurückkam, hielt sie in ihren Händen einen unterarmlangen Stock.
 

Hiroki sah etwas ratlos aus, doch bevor er sie noch fragen konnte, machte Rin

mit den Händen zwei schnelle Bewegungen und der Stab verwandelte sich in einen

langen Kampfstab. "Ich werde nicht tatenlos daneben stehen und zusehen, wie

ihr euer Leben riskiert", sagte sie mit fester Stimme.
 

Keisuke starrte sie ebenfalls etwas irritiert an. Damit hatte er nicht

gerechnet. Eher damit, das sie in Tränen ausbrechen würde und sich wimmernd

an die Männer wenden würde mit der Bitte sie zu beschützen.

"Könnt Ihr damit überhaupt umgehen?", fragte er und deutlich konnte man seine

Skepsis aus seiner Stimme hören. "Ich habe keine Lust auch noch darauf zu

achten von Euch aus Versehen ko. geschlagen zu werden."
 

Rin hob nur leicht die Augenbraue an, dann verwandelte sie sich in einen

huschenden Schatten und in der nächsten Sekunde hatte Keisuke die Spitze des

Kampfstabes an der Kehle liegen.

Braune Augen blitzten ihn schelmisch an.

"Ich denke mir, dass reicht auch für Eure hohe Anforderungen, oder?"
 

Keisuke packte den Stab und drückte ihn mit aller Macht zur Seite, er spürte,

wie Rin für eine Sekunde versuchte ihm Widerstand entgegen zu setzen, doch

dann nachgeben musste. Er trat nah an sie heran und senkte den Kopf, damit er

in ihre Augen blicken konnte.

"Steht mir nicht im Weg herum, sondern haltet Euch gefälligst im Hintergrund,

wo Ihr keinen Schaden anrichten könnt", knurrte so leise, dass nur Rin es

verstehen konnte.

Dann wandte er sich mit einem Ruck ab.
 

Rin schüttelte nur sachte den Kopf. Dieser Youkai war verdammt schwierig und

vor allem würde er wohl niemals von seiner Meinung und Verachtung über und für

die Menschen abgehen.

Hiroki nickte indessen anerkennend. "Ich sehe, dass Ihr eine gewisse

Ausbildung erhalten habt. Doch bitte haltet Euch im Hintergrund.

Vielleicht ist auch das alles völlig überflüssig und sie sind nur auf der

Durchreise."
 

Er verschwieg Rin, dass er nicht wirklich daran glaubte, denn schon seit

etlichen Jahren, seit der Schutz des Inu no Taishou nicht mehr bestand, waren

die Überfalle auf die Dörfer der Umgebung mehr geworden, besonders zur

Erntezeit.

Zwar war das noch ein wenig hin, doch manche Banditentrupps ritten schon

vorher alles ab, um festzustellen, wo sich die größte Beute machen ließ.

Manchmal überfielen sie auch jetzt schon die Dörfer, dann war ihr Augenmerk

jedoch mehr auf die jungen Frauen gerichtet.

Was sie mit diesen machten, wollte Hiroki sich nicht mal in seinen schlimmsten

Träumen ausmalen.

Der Ziehtochter des Inu no Taishou durfte das unter keinen Umständen passieren.

Er konnte sich die Rache, die der Youkaifürst dann ihnen üben würde nicht mal

ansatzweise vorstellen.
 

Sein Blick fiel auf den Youkai, der mit grimmiger Miene, den Wald musterte. Er

hatte noch nie einen Youkai kämpfen sehen. Doch dieser Krieger würde die

Überzahl etwas ausgleichen. Vielleicht hatten sie doch eine Chance.
 

Rin fasste den Stab fester und zog sich etwas zurück. Die Männer hatten einen

Halbkreis um sie gebildete, nachdem Keisuke in die Richtung gezeigt hatte, aus

der die Hauptgruppe der Männer kommen würde. So warteten sie ab.
 

Rin beobachtete ihren Beschützer genau. Sie wusste um die feinen Sinne der

Youkai und da sie den größten Teil ihres Lebens unter ihnen verbracht hatte,

kannte Rin sie ganz genau. Keisuke hätte es sehr geärgert, wenn er gewusst

hätte, was die junge Frau aus seinen Bewegungen und seiner Miene herauslesen

konnte.
 

Rin presste die Lippen zusammen, als sich die Muskeln des Youkai unter dem

Stoff deutlich anspannten.

Es war soweit.

In diesem Moment raschelten Blätter und knackten laut und deutlich Äste. Aus

dem Schatten der Bäume kamen acht Pferde im langsamen Schritt auf sie zu.
 

Rin’s Blick glitt schnell über die Tiere und die Gestalten. Die Pferde waren

nicht die beste Qualität und bei drei von ihnen traten die Hüftknochen

deutlich hervor. Aber auch die anderen waren nicht gerade gepflegt.

Auch die Reiter waren nicht gerade eine Augenweide. Einzig der Anführer, der

nun sein Pferd direkt vor ihnen zügelte, hatte eine vollständige Samurairüstung.

Allerdings saß der Brustpanzer, als ob die Rüstung einst einem westlich

größeren Mann gehört hatte.

~Keisuke hat Recht~, dachte Rin. ~Es sind Banditen!~

Sie konnte nicht verhindern, dass sich ein flaues Gefühl in ihrem Magen

auszubreiten begann.
 

"Seid gegrüßt", rief der Mann. Sein Blick glitt über die kleine Gruppe. Für

einen Moment blieb er bei dem Fürstensohn hängen und ein kurzes Zucken der

Mundwinkel zeigte, dass er sehr wohl wusste, wer da vor ihm stand.

Hiroki nickte grüßend. "Euch ebenfalls einen schönen Tag. Ihr seid recht weit

ab von den Strassen. Seid ihr vom Weg abgekommen? Können wir euch helfen?"
 

Der Mann lachte laut auf, dann wandte er sich an seine Kumpane. "Wie nett. Er

fragt, ob er uns helfen kann."

Lautes Gelächter war die Antwort. Der Mann drehte sich wieder im Sattel um. Er

beugte sich leicht vor und fixierte die kleine Gruppe mit stechendem Blick.

"Lassen wir diese Spielchen. Wir wissen wer ihr seid. Euer Vater wird

sicherlich einiges springen lassen um euch wieder glücklich in seine Arme

schließen zu können. Sein Blick blieb auf Rin hängen. "Und die Schönheit dort

ist eine nette Dreingabe, die uns die Wartezeit auf das Lösegeld sicherlich

angenehmer gestalten wird."
 

Keisuke schob sich direkt zwischen Rin und das Pferd des Mannes.

"Verschwindet!", knurrte er.

Doch der Bandit grinste nur breit. Das helle Schleifgeräusch durchbrach die

angespannte Stille. Sonne blitzte auf der Klinge, die der Mann nun zog und in

die Luft reckte. "Greift sie..."
 

In diesem Moment sprang Keisuke vorwärts. Das Pferd des Banditen bäumte sich

erschrocken auf. Schwere Hufe zischten nur Millimeter an dem Kopf des Youkai

vorbei.

Mit der linken Hand griff Keisuke nach den Zügeln, mit der Rechten schlug er

mit voller Wucht gegen die Schulterpartie des Tieres. Das Pferd verlor die

Balance und fiel zur Seite um.

Sein schrilles Wiehern durchschnitt die Luft.
 

Die Pferde auf der linken Seite, wichen erschrocken und bockend zur Seite.

Drei Männer konnten das Gleichgewicht nicht mehr halten und flogen im hohen

Bogen zu Boden. Ein weiteres Tier entriss mit einer heftigen Kopfbewegung

seinem Reiter die Zügel und rast in kopfloser Panik davon.

Hiroki und die beiden Wachen hatten ebenfalls ihre Schwerter gezogen und

nutzen den Moment der Überraschung um sich auf die Banditen zu stürzen. Die

scharfen Klingen beendeten augenblicklich das Leben von drei Männern.
 

Rin hielt sich zurück, bis das Brechen von Zweigen in ihrem Rücken die Ankunft

des Hinterhalts ankündigte. Sie wirbelte herum und fand sich drei Gegner zu

Fuß gegenüber. Der erste kam schon mit gezücktem Messer auf sie zu.

Sie tauchte zu rechten Seite weg und wirbelt herum. Der Mann konnte nicht

mehr stoppen und rannte an ihr vorbei. Mit einem dumpfen Laut traf der

Kampfstab seinen Schädel und schickte ihn bewusstlos zu Boden.
 

Eine Bewegung aus dem Augenwinkel ließ Rin den Stab, so fest wie sie konnte

nach hinten stoßen. Ein Röcheln zeigte, das sie den Magen ihres Angreifers

getroffen hatte. Ein schneller Schlag schickte auch ihn zu Boden.

Doch der Dritte war klüger. Er griff nicht planlos an, sondern begann sie

langsam zu umkreisen, um ihre Schwäche zu finden. Wachsam verfolgte Rin jede

seiner Bewegungen
 

Keisuke war inzwischen wie der Dämon, der er war, über die Räuber gekommen.

Sein Herz jubelte, als er seine Krallen tief in den Körper des vor ihm

stehenden Mannes grub. Der schale Kupfergeruch von Blut tränkte die Luft. In

seiner Vorstellung tötete er erneut die Männer, die seinen Vater auf dem

Gewissen hatten.
 

Auch Hiroki und sein Wachen waren nicht untätig. Eben wich der Fürstensohn

geschickt einem tief geführten Schwerthieb aus. Er riss die Klinge hoch und

parierte den nächsten Schlag. Der zweite beendete das Leben des Räubers.

Neben ihm stöhnte einer seiner Wachen schmerzerfüllt auf. In dem Versuch seinen

Herrn Deckung zu geben, war er hinterrücks angegriffen worden.

Hiroki verhinderte in letzter Sekunde, dass der Räuber mit einem letzten

Schlag dem Mann den Kopf von den Schultern holte.
 

Der Mann, der Rin umkreiste, entschloss sich es zu beenden. Mit einem Schrei

warf er sich auf sie. Das Schwert mit beiden Händen weit über den Kopf

hochgerissen. Doch Rin wich nicht zurück.

Im Gegenteil, sie sprang ihm entgegen und verkürzte so die Distanz zwischen

ihnen. Überraschung weitete seine Augen, als er erkannte, dass der nie so

schnell die Arme senken konnte, um ihren Schlag zu parieren.

Rin traf die richtige Stelle. Sämtliche Luft wich ihrem Angreifer aus den

Lungen. Sein Gesicht verfärbte sich erst weiß, dann grün, bis er schließlich

bewusstlos zusammenbrach.
 

"Mistkerl!", der wutentbrannte Schrei klang genau hinter Keisuke auf, im

selben Moment grub sich der Schmerz wie eine glühende Lanze in seinen Körper.

Augenblicklich schmeckte Keisuke Blut und das unheimliche Rasseln tief in

seiner Brust ließ ihn wissen, dass seine Lunge gerade getroffen worden war.

Seine Knie gaben unter ihm nach und er sank zu Boden. Mit beiden Händen

stützte er sich ab.

Blut lief ihn aus dem Mund, tropfte warm auf das Gras und färbte es rot.

Gleichzeitig schoss maßlose Wut in ihm hoch, verdrängte die schockartige

Starre, die ihn umfasst hatte, färbte die Adern in seinen Augen blutrot, ließ

seine Nägel um das vielfache ihrer ursprünglichen Länge anwachsen.
 

"STIRB!"

Der Inuyoukai hörte, wie die Luft die Schwertklinge seines Angreifers

umspielte, als sie hochgerissen wurde. Mit einem lauten Schrei sprang Keisuke

auf, wirbelte herum und spürte dennoch, dass es zu spät sein würde dem

tödlichen Schlag zu begegnen.
 

Das Bild vor ihm brannte sich tief in ihn ein und Keisuke wusste, dass er es

niemals wieder vergessen würde.

Vor ihm stand der Anführer der Banditen, der Mann, den er so unsanft vom Pferd

befördert hatte, das Schwert halb niedergefahren, doch die Klinge wurde

aufgehalten. Mit beiden Händen, den Stab hoch erhoben, stand Rin vor ihm und

blockte den todbringenden Schlag.

Keisuke sank die zum Schlag erhobene Hand langsam herunter.
 

Als Rin Keisuke fallen sah und den Dolch sah, der ihm im Rücken steckte,

zögerte sie keine Sekunde.

"NEIN!", sie warf sich mit erhobenen Kampfstab vor ihn. Ihre Arme erzitterten

in den Gelenken, als die Klinge das Holz traf. Sie wusste, dass nur die

Überraschung den Mann aufhielt.

Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Keisuke herumwirbelte. Sie ließ sich in die

Knie sacken und stieß den Stab mit aller Kraft nach aufwärts vorne.

Die Spitze traf den Banditen unter dem Kiefer und ließ ihn nach hinten taumeln.

Er verlor die Balance und fiel auf den Rücken.
 

Mit einem riesigen Sprung war Keisuke bei ihm. Er kam auf seinem Oberkörper

auf und augenblicklich legten sich seine Hände, wie eine tödliche Klammer um

den Hals des Mannes.

Rin wandte sich ab. Sie wollte nicht zusehen, wie der Youkai tötete.
 

Das Brechen der Wirbel, hallte überlaut auf der kleinen Lichtung.
 

Es war, als ob der Kampf erstarrte.

"Rückzug... Verdammt, die sind uns über. Rückzug!", schrie auf einmal einer der

Männer.

Mit einem schnellen Blick stellte Rin fest, dass von ursprünglich zwölf

Angreifern nur noch fünf standen. Doch auch diese waren teilweise stark

verwundet. Jetzt war ihr Anführer tot und alles was sie noch interessierte,

war ihr eigenes Leben zu retten.
 

Der Körper unter ihm erschlaffte. Nur widerwillig löste Keisuke den todbringenden

Griff. Mit einem Ruck hob er den Kopf. Seine blutgetränkten Augen fixierten

die fliehende Beute und die Jagdinstinkte erwachten.

Mit einem Sprung war er auf den Beinen und lief los. Doch mit einem Mal befand

sich ein Hindernis in seinem Weg.
 

Den Kampfstab quer vor der Brust stand Rin völlig reglos vor ihm.

"Nein!", sagte sie leise, so leise, das er es fast gar nicht hörte. Er wollte

es auch nicht hören. Er wollte diese Männer jagen, er wollte sie töten.
 

"Keisuke-san, bitte bleibt... ich habe Angst ohne Euch", sagte Rin. Es war das

Letzte, das ihr einfiel, wobei sie stark bezweifelte, das es ausreichen würde

um den entfesselten Youkai aufzuhalten. Mehr als einmal hatte Keisuke ihr

gesagt, was er über die Menschen dachte. Und in diesem Zustand war er

eigentlich nur noch auf seine Beute fixiert. Doch sie musste es versuchen.
 

Rin konnte ihn nicht einfach losziehen lassen. Er war verwundet. Was, wenn die

Männer Halt machen würden und dem einzelnen verletzten Youkai auflauern?

Und so setzte sie auf das Einzige, was ihrer Meinung nach zu ihm durchdringen

konnte. Der Beschützerinstinkt eines Inuyoukai. Er sollte sie beschützen, dass

war sein Auftrag.
 

Und Rin hatte Recht.

Die blutroten Augen richteten sich auf sie und starrten sie an. Keisuke, fühlte

seinen Herzschlag wie dumpfe Trommelschläge in seinen Schläfen widerhallen und

doch klärte sich allmählich seine wutverschleierte Sicht.

Vor ihm stand Rin. Die braunen Augen weit und mit einem seltsamen Ausdruck auf

ihn gerichtet. Erst jetzt kamen ihm ihre Worte zu Bewusstsein.

Sie hatte Angst ohne ihn.

Es war seine Aufgabe sie zu beschützen. Augenblicklich verrauchte seine Wut.

Die blutgetränkten Augen verfärbten sich langsam wieder in ein warmes Braun.

"Ich bleibe", seine Stimme klang heiser und rau. Rin nickte und atmete hörbar

auf. "Ich Danke, Euch."
 

"Rin-chan. Ist alles in Ordnung? Seid Ihr verletzt?", aufgeregt kam Hiroki

heran. Noch immer das Schwert in der rechten Hand. Seine Rüstung wies mehrere

tiefe Risse auf und über seinem linken Arm zog sich ein breiter, blutiger

Streifen. Doch er sah noch viel besser aus, als seine beiden Wachen.

Einer lag stöhnend am Boden und hielt sich einen breiten Schnitt am Bein. Der

andere hielt sich nur noch mit seinem Schwert, das er als Stütze in den Boden

gerammt hatte, aufrecht. Offensichtlich hatte die Banditen bis zuletzt versucht

Rin und Hiroki unverletzt als Geiseln zu bekommen.
 

Rin ließ den Kampstab sich zurückverwandeln und steckte ihn an eine Schlaufe

ihres Gürtels. "Ich bin in Ordnung. Doch wir müssen die Verletzten versorgen,

bevor wir zum Schloss zurückkehren können."

Hiroki reinigte das Schwert mit einer schnellen Schleuderbewegung von dem Blut,

das an der Klinge haftete. "Ich werde Euch dabei helfen."

"Ich komme gleich, doch zuerst will ich mich um Keisuke-san kümmern. Ihm

steckt immer noch ein Messer im Rücken", erwiderte Rin ruhig.
 

Hiroki riss die Augen auf und wandte den Kopf zu dem Youkai, der die ganze

Zeit bewegungslos hinter Rin gestanden hatte. Der Youkai sah in der Tat nicht

gut aus.

Er hatte mehrere tiefe blutende Wunden und seine Kleidung war an mehr als

einer Stelle völlig zerrissen.

Er hatte gekämpft wie mehrere Männer und ohne ihn wäre dieser Überfall ganz

bestimmt anders ausgegangen. So hatten sie gewonnen.

Hiroki nickte ihm anerkennend zu. "Danke, Keisuke-san, für Eure Hilfe. Ihr

ward derjenige, der uns den Sieg gegen diese Übermacht gebracht habt. Lasst

Euch von Rin versorgen."
 

"Pah", knurrte Keisuke. "Ich bin in Ordnung. Diese kleinen Kratzer bringen

mich nicht um."

"Das weiß ich. Doch setzt Euch bitte hin", erwiderte Rin ruhig. Sie kannte nur

zur Genüge die Widerspenstigkeit von Youkai’s wenn sie verwundet waren.
 

Widerwillig nahm Keisuke Platz. Das Messer steckt in der Tat so tief zwischen

seinen Schulternblättern, dass er selbst nicht richtig dran kam. Es würde

ausreichen, wenn Rin es einfach herauszog.
 

"Es ist gut. Zieht das Messer einfach heraus Meine Wunden werden schnell

verheilen", fauchte Keisuke ärgerlich. Er schmeckte dem metallenen Geschmack

von Blut auf der Zunge und das erinnerte ihn an seine Unaufmerksamkeit, die

überhaupt zu dieser Verletzung geführt hatte. Die ganze Situation war nicht

dazu gedacht seine ohnehin schlechte Laune in irgendeiner Weise anzuheben.
 

"Das weiß ich", erwiderte Rin. "Doch mit einem Pressverband, der die Blutung

stillt, wird der Stich schon heute Abend nur noch eine dumpfe Erinnerung sein.

Also haltet still und lasst mich machen. Gebt mir Euren Dolch."
 

Keisuke verschluckte die ätzende Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag und

reichte Rin den Dolch. Er hörte Stoff reißen und wandte den Kopf.

Rin trennte ohne mit der Wimper zu zucken einen breiten Stoffstreifen aus dem

Ärmel ihres Haori’s. Sie reichte ihm das Messer wieder und vergrößerte

vorsichtig den Riss durch den das Messer ihn getroffen hatte. Dann half sie

ihm behutsam den Haori abzulegen. Der nackte Oberkörper kam zum Vorschein.

Deutlich konnte man die klar definierten Muskeln erkennen, die sich unter

seiner Haut abzeichneten. Doch Rin achtete nicht darauf, ihre gesamte

Aufmerksamkeit war auf das Messer gerichtet. Sie legte vorsichtig ihre Hand

auf seinen Rücken nahe der Wunde.
 

Keisuke spürte die sanfte Berührung und die Wärme ihrer Hand, fühlte, wie sie

vorsichtig über seine Haut strich und dann nahe der schmerzenden Stelle zum

Liegen kam. Für einen kurzen Moment vergaß er über dieses Gefühl, das sich

seltsam beruhigend und doch unglaublich intensiv anfühlte, den Schmerz.
 

"Seid Ihr bereit?", hörte er ihre leise Frage. Er nickte nur wortlos.

Rin legte ihre Hand um den Griff und zog mit einem kräftigen Ruck die Klinge

aus seinem Körper.

Schmerz flammte wie Feuer in ihm auf und Keisuke biss sich auf die Zunge, um

nicht laut aufzustöhnen. Gleichzeitig spürte er, wie Rin einen Teil des

Stoffes, den sie abgeschnitten hatte, als Kompresse fest auf die Wunde drückte.

Dann beugte sie sich zu ihm und griff unter seinen Armen entlang um den

restlichen Stoff als provisorischen Verband um seinen Oberkörper zu wickeln.

Dabei merkte sie gar nicht, wie sich ihr Oberkörper fest auf die nackte Haut

des Youkai presste.
 

Keisuke jedoch registrierte es sehr wohl. Unvermutet befand sich Rin in

absoluter Nähe zu ihm. Er fühlte die Weichheit ihres Körpers, der sich an ihn

schmiegte, fühlte, wie sie ihn umarmte. Dabei fiel ihr langes Haar über ihre

Schuler und glitt wie schwarze Seide über seine Brust.

Ihr Duft stieg ihm unvermittelt warm in die Nase.

Wildblumen... Seine Nasenflügel weiteten sich, als er ihn in sich aufnahm.
 

"So... das dürfte reichen. Bis heute Abend ist sicher alles verheilt", sagte

Rin und strich noch einmal prüfend über die Bandage.

"Alles in Ordnung?", fragte sie und hob den Kopf.
 

Keisuke sah sie wortlos an, als ob er sie zum ersten Mal bewusst wahrnahm. Er

sah den zerschnittenen Ärmel ihrer Kleidung aus dem sie den Verband für ihn

gemacht hatte, er sah die Blutspritzer und die Flecken, die sich auf ihrem

Haori befanden. Dorthin gelangt, während sie sich um ihn gekümmert hatte.

Seine Wunden verbunden hatte.

Sein Blick senkte sich und fiel auf ihre Hände. Schmale, gepflegte Hände...

nun rot gefärbt von seinem Blut und doch schreckte sie nicht davor zurück,

oder wischte sie angewidert ab. Sie war anders, als die Menschen, die er sonst

kennengelernt hatte.
 

Rin sah ihn schweigend an. Ihr entging nicht, wie er sie von oben bis unten

musterte. Doch sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was

Keisuke in diesen Momenten durch den Kopf ging. Dieser Youkai war so schwer zu

durchschauen. "Ich muss den anderen helfen", sagte sie und wandte sich

schließlich ab. Sie spürte, wie die Keisuke’s Blicke ihr folgten.
 

Einer der beiden Wachen war wirklich ernsthaft verletzt. Seine tiefe Beinwunde

blutete stark und es war eine Aderpresse notwendig um die Blutung zu stoppen.

Konzentriert arbeitete Rin. Sie wusste, wenn sie Fehler machte, würde dieser

Mann sterben, bevor sie ihn einem Heiler übergeben konnte.

Die zweite Wache hatte nur geringfügige Verletzungen. Sie half dem Fürstensohn

eine Trage zusammenzustellen, die sie hinter einem ihrer Pferde befestigen

konnten.
 

Als Hiroki schließlich neben Rin trat, nickte er anerkennend. "Hervorragende

Arbeit, Rin-Hime. Ich muss Euch bewundern. Ihr habt nicht nur tapfer gekämpft,

sondern habt auch noch medizinische Kenntnisse. Was für überraschende

Fähigkeiten verbergt Ihr sonst noch?"
 

Rin wurde unwillkürlich rot bei den lobenden Worten. "Das ist nichts besonders,

Hiroki-san. Wir haben eine sehr gute Heilerin auf unserem Schloss. Megumi-sama

hat mir oft erlaubt, dass ich ihr bei ihrer Arbeit zusehen konnte. Doch meine

Fähigkeiten sind beschränkt." Sie warf einen besorgten Blick auf das blasse

Gesicht der Wache, die mit äußerster Anstrengung versucht ihre Schmerzen zu

verbergen. "Wir sollten uns beeilen. Solche Verletzungen verlangen einen

erfahrenen Heiler."

Der Fürstensohn nickte und winkte Keisuke herbei. "Kommt helft uns."

Der Youkai folgte wortlos dem Befehl.
 

Sie führten eines der Pferde heran und befestigten die Trage an dem Sattel, so

dass die beiden Stangen sich auf den Boden abstützen und mitschleiften.

Gemeinsam hoben sie dann den Verletzen auf die Trage und banden ihn so fest,

das ihm der Transport sowenig Schaden wie möglich zufügte und er doch recht

sicher lag.
 

So schnell wie möglich machten sie sich auf den Weg. Keisuke lief wie auf dem

Hinweg neben den Pferden her. Doch diesmal führte er zusätzlich das Tier, das

die Trage mit dem Verletzen zog, am Zügel.
 

Der Rückweg dauerte gezwungenermaßen länger als der Hinweg, doch schließlich

erreichten sie in der Dämmerung das Schloss. Die Wachen sahen ihnen

erleichtert entgegen, denn die Zeit, die normalerweise so ein Ausflug dauerte

war schon längt überschritten.

Nicht mehr lange und sie hätten auf Befehl des Fürsten einen Suchtrupp

losgeschickt.

So erwachten sie zu hektischer Aktivität, als die kleine Gruppe zerschunden

und zerzaust in den Schlosshof einritt.
 

**********************************************************************
 

Ende Kapitel 5
 

Dieser Ausflug wäre beinahe ziemlich übel ausgegangen. Nur die Gegenwart des

Youkai hat das Schlimmste verhindert.

In der Zwischenzeit war Jaken nicht untätig und es werden „geheime Pläne“

geschmiedet.

Und Keisuke findet endlich eine akzeptable Begründung für sein

ganz persönliches Problem, dass ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen will.
 

Liebe Grüße

chaska

Geheime Pläne

Hallöchen,

auch hier geht es endlich mal weiter.

Nach der langen Zeit ein kleiner Rückblick. Rin ist mittlerweile zu einer

jungen Frau herangewachsen.

Sie wird von ihrem Ziehvater zum menschlichen Fürstentum Nakazato geschickt, um

dort die Friedensverträge neu abzuschließen.

Begleitet von Jaken und ihrem mürrischen Leibwäckter Keisuke macht sich Rin auf

den Weg.

Der Fürstensohn Hiroki findet schnell Gefallen an der hübschen Rin und lädt sie

zu einem Picknick ein. Allerdings verläuft es anders, als sich alle Beteiligten

das gedacht haben. Sie werden überfallen. Doch mit vereinten Kräften gelingt

es ihnen die Angreifer in die Flucht zu schlagen.
 

Das missglückte Picknick ist gerade noch einmal gut ausgegangen. Zwar gab es

Verletzte, doch zum Glück keine Toten.
 

Jaken war in der Zwischenzeit auch nicht untätig. Er hat einige Ungereimheiten in

der Buchführung aufgedeckt.
 

Viel Spaß beim Lesen.....
 

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Geheime Pläne
 

Die beiden verwundeten Männer wurden unverzüglich zum Heiler gebracht.

Hiroki wandte sich an Rin. Er nahm ihre Hände in seine. Sanft strich er mit

seinen Fingern über die zarte Haut ihrer Handgelenke.

Rin fühlte einen Schauder über den Rücken streichen. Die Geste wirkte

irgendwie intim.
 

Hiroki blickte ihr tief in die Augen. "Rin-hime. Ich möchte Euch von Herzen

danken." Keisuke stand schräg hinter der jungen Frau. Mit einem verächtlichen

Schnauben wickelte er gerade den Verband von seiner Brust und ballte den Stoff

zwischen seinen Fäusten zusammen.

Dieses Benehmen des Fürstensohns ging ihm gegen den Strich. Dabei verwirrte

Keisuke der Gedanke, denn es konnte ihm im Grunde genommen völlig gleichgültig

sein, was diese Menschen miteinander trieben.

Das Weib ging ihn nichts an, außer, dass er sie unversehrt und in einem Stück

wieder an den Hof seines Herrn Sesshomaru zurückbringen musste. Und in diesem

Augenblick stellte der Fürstensohn in dieser Beziehung in seinen Augen offenbar

eine Gefahr dar. Etwas anderes konnte es nicht sein.
 

"Bitte nicht", sagte Rin und entzog Hiroki errötend ihre Hände. "Ich konnte

helfen und das ist es, was zählt. Ich hoffe, der Mann wird wieder gesund."

"Dafür wird unser Heiler sorgen. Er ist sehr gut. Und nun ruht Euch aus. Ihr

müsst sicher völlig erschöpft sein. Wir sehen uns morgen", Hiroki lächelte und

strich ihr sanft über die Wange. "Gute Nacht, Rin-chan."

"Gute Nacht, Hiroki-san", antworte Rin ebenfalls mit einem Lächeln und senkte

dann schnell den Kopf, um die erneut aufsteigende Röte in ihren Wangen zu verbergen.

Eilig drehte sie sich um und eilte in Richtung Haupteingang des Schlosses.
 

Keisuke warf Hiroki noch einen warnenden Blick zu, doch die Aufmerksamkeit

des Fürstensohnes war auf die schlanke Silhouette der davon eilenden Rin

gerichtet. Also blieb dem Youkai nicht anders übrig und er folgte der jungen

Frau.
 

Rin ging direkt in den Gästetrakt zu ihrem Zimmer. Sie fühlte sich in der Tat

völlig zerschlagen. Doch gleichzeitig rasten ihre Gedanken wie aufgescheuchte

Vögel hin und her. Der Tag hatte dort auf dieser Lichtung eine unvermutete

Wendung genommen.

Rin wollte es sich lieber nicht vorstellen, wo sie sich jetzt befinden würde,

hätten sie nicht die Räuber in die Flucht schlagen können.
 

Sie öffnete die Tür zu ihrem Zimmer. Halb wandte sie den Kopf über die Schulter.

"Kommt bitte herein, Keisuke-san. Ich möchte nach Eurer Wunde sehen."

"Die ist längst verheilt", antwortete der Youkai mit einem leisen Knurren in

der Stimme.
 

Ohne auf den ärgerlichen Ton einzugehen, schritt Rin zielsicher auf die Kerze

zu, die in einem Halter steckte. Mit Hilfe eines Streichholzes aus dem

kostbaren Vorrat von Tante Kagome, zündete sie den Docht an. Augenblicklich

wurde der Raum in ein weiches Licht getaucht, das durch den Schirm, den sie

vor die Kerze schob noch intensiviert wurde.

Sie drehte sich um und sah Keisuke an, der in dem Türrahmen stand. "Nun kommt

endlich rein und schließt die Tür hinter Euch."
 

Keisuke zögerte unmerklich, doch dann gehorchte er. Mit einem leisen Klacken

schloss sich die Tür und waren sie allein.

Rin trat vor ihn und schob ohne große Umstände seinen Haori auf.
 

Die kühle Zimmerluft strich über seine entblößte Haut. Doch nicht das, sondern

die zarte Berührung von Rin's Fingern auf seiner Haut ließ einen Schauder über

seinen Rücken laufen.

Er sah auf ihren dunklen Haarschopf nieder, der leicht über seine Brust geneigt

war. Sie achtete nicht auf ihn, sondern packte kurz entschlossen die Aufschläge

seines Haori's und zog sie ihm mit einem Ruck über die Schultern.

Keisuke sog überrascht die Luft ein. Im nächsten Moment fühlte er auch schon

ihre warmen tastenden Hände auf den Muskeln seines Rückens.
 

"Die Wunde ist verheilt. Noch nicht mal eine rote Stelle ist zu sehen", sagte

Rin, als sie um ihn herum schritt und damit wieder vor ihm stand.

Mit einer ärgerlichen Bewegung zog Keisuke den Stoff wieder hoch. "Ich bin

ein Youkai. Solche Verletzungen sind nichts als ein kleiner unbedeutender

Kratzer für mich."
 

"Trotzdem habt Ihr mir einen sehr großen Schrecken eingejagt, als ich dort

Euer Blut sah. Ich... ich hatte Angst um Euch, Keisuke-san", sagte Rin mit

leiser Stimme und senkte den Kopf.

Die Erinnerung an diesen Moment, wo sie mit ansehen musste, wie sich das Messer

in seinen Rücken gebohrt hatte und ihn niedersinken ließ, würde sie nie

vergessen.

Im Eifer des Gefechtes hatte Rin keinen Gedanken an ihre eigene Sicherheit

verschwendet. Sie hatte instinktiv gehandelt, um ihn zu retten.

Doch nun jagte der Gedanke daran, dass es auch anders hätte sein können, ihr

einen Schauder über den Rücken.

Sie spürte das Zittern, in ihren Muskeln und schlang die Hände um ihre Arme um

es zu unterdrücken.
 

Keisuke stand erstarrt da, wie vom Blitz getroffen. Ungläubig starrte er die

junge Frau an, die da reglos vor ihm stand.

Er glaubte seinen Ohren nicht trauen zu können. War das wirklich wahr gewesen,

was er da gehört hatte? Hatte sie wirklich Angst um ihn gehabt?
 

Rin hob den Kopf und sah Keisuke an.

Wortlos versenkten sich ihre Blicke ineinander.

Keiner sagte ein Wort.
 

Nur das leise Zischen der Kerzenflamme war zu vernehmen. Die Luft schien sich

aufzuladen. Es war wie ein Knistern, das dort im Unsichtbaren entstand. Und

doch beide berührte und sie wie durch unsichtbare Fäden miteinander verband.
 

Es klopfte leise und ohne auf das >Herein< zu warten, wurde die Tür aufgeschoben.

Jaken trat ein. Seine gesamte Miene und Haltung deutete darauf hin, dass er

keine gute Laune hatte.

"Wo wart ihr die ganze Zeit?", blaffte er, die Stimme voller Ungeduld.

In einer einzigen Sekunde brach der geheimnisvolle Bann und gab Keisuke und

Rin frei.

"Es tut mir leid, Jaken-sama. Aber wir wurden überfallen", erwiderte Rin mit

geradezu aufreizender Ruhe und sah rasch zu dem kleinen Dämon.
 

Die grüne Farbe von Jaken's Gesicht wurde schlagartig grau.

"Überfallen?", rief er aus und begann hektisch um Rin herumzulaufen und sie

von allen Seiten zu mustern. "Ist dir irgendetwas passiert?", stieß er fast

panisch aus.

Ihm klopfte das Herz bis zum Hals. Was würde der Herr dazu sagen, wenn seine

Tochter irgendeinen Schaden erlitten hatte?

Und das unter seiner, Jaken's, Obhut.

Ihm wurde schlagartig schlecht. Es erleichterte ihn auch nicht wirklich, dass

er keinerlei Verletzungen an Rin ausmachen konnte. Denn nun entlud sich sein

Zorn über Keisuke.

"Wo warst du denn, zum Teufel? Deine Aufgabe ist es alle Gefahr von der Hime

fernzuhalten." Jaken schwenkte den Nintojo-Stab wie ein Schwert vor Keisuke

hin und her.
 

Der Youkai kniff die Augenbrauen drohend zusammen und ein leises Knurren

entwich seiner Kehle, doch diese Warnung erreichte Jaken’s Ohren nicht, oder er

überhörte sie schlichtweg.

Blitzschnell schoss die Klaue des Inuyoukai mit den rasiermesserscharfen Klauen

vor und packte den Holzstab.

Keisuke hob ihn hoch und damit auch gleichzeitig Jaken, der wie eine Klette an

dem langen Holzstab hing.
 

"Ich war genau da, wo ich sein sollte, du kleine Kröte. Dank mir, steht deine

Hime hier überhaupt noch und das ohne Verletzung. Also lass mal die Luft raus,

sonst platzt du gleich. Und wer wird dann die Bücher weiter prüfen?"

Keisuke schüttelte leicht den Stab und setzte dann Jaken unsanft ab.

Mit einem abfälligen Schnauben wandte er sich um und lehnte sich mit

verschränkten Armen an die Wand.
 

"Beruhige dich bitte, Jaken-sama", sagte Rin. "Es ist mir nichts passiert. Es

war Keisuke, der verwundet wurde, als er mich beschützt hat. Bitte hör auf ihm

irgendwelche Vorwürfe zu machen."
 

Keisuke’ Nasenflügel weiteten sich leicht, als er scharf die Luft einsog. Er

war über Rin’s Verteidigung überrascht. Doch das war ja nicht das erste Mal

an diesem Tag, dass sie Dinge auf eine Art und Weise tat, die er nicht

verstand.
 

Rin hob Einhalt gebietend die Hand. "Warte... Keisuke, sind wir allein?", fragte

sie leise. Vielleicht gab es unerwünschte Zuhörer.

Der Youkai legte den Kopf leicht schief und lauschte. Dann schüttelte er den

Kopf. "Es besteht keine Gefahr. Es ist keiner in Hörweite."

"Also... was hast du herausgefunden, Jaken-sama?", fragte Rin um Jaken’s

Gedanken so schnell wie möglich von dem heutigen Nachmittag wegzubringen.
 

Jaken verschränkte die Arme vor der Brust und starrte vor sich hin, dann

begann er.

"Die Buchführung ist sehr gut und lückenlos geführt. Obwohl der Vertrag wohl

seit des Fürsten Großvaterszeiten nicht mehr erneuert wurde, haben die Nakazato

immer den Anteil für den Inu no Taishou abgezogen und separat verwahrt.

Ihnen war wohl bewusst, das Youkai sehr lange leben und das es durchaus möglich

war, das man sich an sie erinnerte. Um jeden Ärger vorzubeugen, haben sie so

getan, als ob sich nichts geändert hat."

Schweigen breitete sich aus.

"Und warum höre ich genau an der Stelle ein: Aber?", fragte Rin dann.
 

Jaken hob den Kopf. Nachdenklich kaute er auf seiner Unterlippe.

"Aber... irgendetwas ist nicht in Ordnung. Ich habe das Gefühl, das irgendetwas

verheimlicht wird."

"Und du kannst nicht sagen, was es ist?", hakte Rin nach.

"Nein", schüttelte Jaken den Kopf. "Doch etwas an den Aufzeichnungen, was die

Minenerträge angeht, stimmt nicht. Die Fürstenfamilie hat mehrere Minen auf

ihrem Gebiet. Und gerade die in den vergangenen Jahren ertragreichste ist seit

etwa zwei Jahren angeblich geschlossen.

Eine Silbermine, ungefähr einen halben Tagesritt von dem Schloss entfernt.
 

Laut der Notizen des Verwalters wurde sie geschlossen, weil sich der Abbau

nicht mehr rentieren würde. Und doch habe ich Bezahlungen für Lohnarbeiten

darin gefunden."
 

"Dann sollten wir diesen Verwalter mal fragen und dann der Mine einen Besuch

abstatten, um festzustellen, was dort los ist. Vielleicht wurde der Fürst

selbst sogar betrogen", schlug Rin vor.

"Eine gute Idee", murmelte Jaken und sein Gesicht hellte sich merklich auf.

Die Vorstellung einen Vertrag auszuhandeln, bei dem etwas vielleicht nicht

stimmen konnte hatte ihn in Angst versetzt. Sein Herr würde ein solches Vorgehen

nicht gutheißen.
 

Rin erhob sich und Jaken tat es ihr gleich. "Wir sehen uns morgen, Jaken-sama.

Ruhen wir uns aus, es war für jeden von uns ein anstrengender Tag."

"Einverstanden", sagte Jaken und mit einem giftigen Blick in Richtung Keisuke

fauchte er. "Und du passt gefälligst auf die Hime auf. Ich will mich nicht vor

dem Herrn dafür verantworten müssen, dass ihr irgendetwas passiert ist."
 

Keisuke löste sich von der Wand und trat einen Schritt auf den Krötendämon zu.

Jaken musste an sich halten, dass er nicht vor dem hochgewachsenen Inuyoukai,

der sich bedrohlich vor ihm aufrichtete, zurückwich.

"Ich bin mit meine Pflichten durchaus bewusst", knurrte Keisuke leise. In ihm

tobte eine ungeheure Wut auf diesen Winzling. Er ballte die Hände zu Fäusten,

damit Jaken nicht an die Kehle gingen.

Dieser Job war die Hölle. Erst die Bewachung eines jämmerlichen Menschenweibs

und dann diese ewig nörgelnde Kröte.
 

"Hmpf", machte Jaken fasste seinen Stab fester und trat, nach einem schnell

hervorgestoßenen gute Nachtgruß, den Rückzug an. Er hatte die Wut gespürt,

die wie heiße Wellen förmlich von dem Youkai abstrahlte.
 

Rin hatte das Ganze mit einem leichten Lächeln beobachtete. Nun wandte sie

sich ab und ging zur Schiebetür, die zum Balkon hinausführte. Sie öffnete sie

und trat hinaus.
 

Es war schon längst dunkel geworden. Die schmale Scheibe des zunehmenden Monds

hing tief über den Hügeln. Sterne blinkten, wie Juwelen auf dunkelblauer Seide.

Sie legte beide Hände auf die hölzerne Brüstung und sah hinaus.
 

"Eine wunderschöne Nacht", sagte Rin und schloss für einen kurzen Moment die

Augen. Sie spürte es mehr, als das sie es sah, wie Keisuke ihr gefolgt war und

nun seitlich hinter ihr stand.

Die Luft war allmählich kühl geworden und ein Schaudern strich über ihre Haut.

Sie hob die Hände und rieb sie wärmend über die Arme.
 

Keisuke sah ihre Bewegung und aus einem Impuls heraus, den er sich im

Nachhinein nicht näher erklären konnte, wandte er sich um und holte eine Decke

aus dem Zimmer. Er trat mit ihr hinter Rin und legte sie ihr behutsam über die

Schultern.

Dankbar zog die junge Frau den Stoff um sich. Sie drehte den Kopf über die

Schulter und lächelte ihn an. "Danke, Keisuke-san"
 

Gleichgültig zuckte er mit einer Schulter. "Ich möchte vermeiden, dass die

Hime krank wird. Menschen sind so schwach, das sie immer andauernd krank

werden."

Ein Schatten huschte über das eben noch strahlende Gesicht von Rin. Sie konnte

es kaum glauben. Jede nette Geste, ruinierte dieser Kerl mit seinen abfälligen

Bemerkungen. Er machte es einem wirklich nicht gerade leicht ihn zu mögen.
 

"Ihr habt Recht. Und um genau das zu vermeiden, möchte ich mich deshalb nun

auch ausruhen. Für heute benötige ich Eure Dienste nicht mehr, Keisuke-san.

Ihr könnt Euch entfernen", sagte sie und konnte den schnippischen Unterton aus

ihrer Stimme nicht ganz heraushalten. "Lasst mich allein", fügte sie

schließlich nicht gerade freundlich hinzu.
 

Keisuke starrte sie für einen Moment schweigend an, dann verbeugte er sich und

sagte knapp. "Wie ihr wünscht, Hime."

Dann verschwand er.

Rin sah ihm nach, bis sich die Tür hinter ihm mit einem leisen Klacken schloss.

Mit einem Kopfschütteln drehte sie sich um und sah erneut in die Nacht hinaus.
 

Sie hatte sich so auf diesen Auftrag gefreut, doch leider gestaltete er sich

schwieriger, als sie gedacht hatte.

Ein Leibwächter, der Menschen hasste und auch ihr gegenüber kein Geheimnis

daraus machte. Jaken, der seine Aufgabe so fürchterlich ernst nahm, dass er

nichts anderes im Kopf hatte.

Der einzige Lichtblick war Hiroki.
 

Ein leichtes Lächeln huschte über Rin's Gesicht. Der Fürstensohn war ihr sehr

sympathisch. Er sah gut aus und die Art und Weise, mit der er sie behandelte

gefiel ihr.

~Ein netter Mann~, überlegte sie und zog die Ecken der Decke enger um die

Schultern.

~Er ist nicht verheiratet. Ob er die Richtige noch nicht gefunden hat?~

Eine leichte Röte stieg in ihre Wangen, als sie sich vorstellte, was wäre, wenn

er sich entschließen würde ihr den Hof zu machen.

Sie konnte nicht verleugnen, ein leichtes Kribbeln im Bauch zu haben, wenn er

sie so auf diese bestimmte Weise ansah. Der gesamte Tag war, bis auf den

Überfall natürlich, wunderschön gewesen.
 

Energisch schüttelte sie den Kopf, wandte sich um und ging in das Zimmer zurück.

Sie schloss die Tür hinter sich und legte sich auf ihr Lager.

Fest kuschelte sie sich in die Decken, nachdem sie die Lampe gelöscht hatte.

Wenig später verrieten ihre tiefen Atemzüge, dass sie eingeschlafen war. Rin

hörte nicht, wie ihre Tür leise geöffnet wurde und der dunkle Schatten des

Inuyoukai hinein glitt.
 

Zögernd näherte Keisuke sich ihrem Lager. Daneben blieb er stehen. Dunkle

Augen sahen auf Rin nieder. Lange Krallen gruben sich tief in die geballten

Hände. Leise atmete Keisuke aus. Als er erneut Luft holte, war er wieder da.

Der leichte Duft von Wildblumen, der ihn heute Nachmittag so getroffen hatte.
 

~Warum...?~, durchzuckte es Keisuke bitter. ~Warum hat Hauptmann Katsutoshi

mich ausgewählt? Ich wollte nie einem Menschen dienen. Und jetzt...~

Er beugte sich nieder. Genau betrachtete er Rin’s Gesicht.
 

Die langen Wimpern über den geschlossen Augen. Das entspannte Gesicht. Die

vollen Lippen, leicht geöffnet. Eine kleine Haarsträhne hatte sich aus dem

langen Zopf gelöst und bewegte sich nun bei jedem Atemzug mit.

Er streckte die Finger aus und strich behutsam das Haar zurück. Erschrocken

zuckte er zurück, als ihm bewusst wurde, was er da getan hatte.
 

~Warum... warum bist du anders? Ich will nicht so empfinden...

ich... ich ... hasse dich!~

Mit einem kaum hörbaren Knurren richtete Keisuke sich auf und verließ eilig

das Zimmer. Kein Geräusch verriet die überstürzte Flucht des nächtlichen

Besuchers.

Sekundenbruchteile später lag das Zimmer wieder verlassen in der Dunkelheit,

nur die regelmäßigen Atemzüge von Rin durchbrachen die Stille.
 

************************************************************************
 

Ende Kapitel 6
 

So, so... hassen tut Keisuke-san also seinen Schützling. Er hat aber eine

etwas merkwürdige Weise, das zu tun.-.o"

Nun gut, bis der Herr endgültig merkt, was mit ihm da passiert, überschlagen sich die

Ereignisse und auf einmal merkt Keisuke, dass die Suche nach der Wahrheit

zu einer "gefährlichen Schatzsuche" wird.

Einer lebensgefährlichen Suche.
 

Liebe Grüße

chaska

Gefährliche Schatzsuche

Hallöchen

(vorsichtig die Tür aufschiebt) Hier bin ich wieder. Für lange Zeit war ich tief in

der Versenkung verschwunden. Das lag an einigen Sachen. Probleme privater und

beruflicher Natur hatten damit ebenso was zu tun, wie eine simple Schreib- und

Leseblockade die Inu Yasha Welt betreffend.

Ich brauchte kurz und knapp gesagt: eine Auszeit.

Für eine kurze Zeit habe ich mich in der realen Welt von „the Mentalist“ rumgetrieben.

Langsam kehre ich jetzt jedoch wieder in das mittelalterliche Japan zurück.
 

Also geht es weiter mit Rin’s Reise und mit Erwachen.

Heute geht erst mal ein Kapitel von „Rin’s Reise“ online und nächste Woche geht

es dann auch mit „Erwachen“ weiter.
 

Nach der langen Zeit wird wohl eine kleine Zusammenfassung nötig sein….
 

Rin ist erwachsen geworden. Doch ist immer noch viel von dem einst so unbekümmerten

Mädchen in ihr.

Um ihr eine Aufgabe zu geben, beschließ ihr Ziehvater Rin auf eine wichtige Mission

zu schicken. Sie soll mit Jaken zusammen den Friedensvertrag mit den Menschen des

westlichen Fürstentums erneuern. Zu ihrem Schutz erhält sie einen Leibwächter. Einen

Inuyoukai der Palastwache mit dem Namen Keisuke, der aus seiner Abneigung Menschen

gegenüber keinen Hehl macht.

Im Fürstentum Nakazato lernt Rin den Fürstensohn kennen. Der junge Mann ist ihr

sympathisch und auch er zeigt eindeutiges Interesse an ihr.

Was Rin’s Leibwächter aber überhaupt nicht gefällt, natürlich nur in seiner Aufgabe

als Leibwächter.
 

Während eines Picknick’s mit dem Fürstensohn wird die Gruppe angegriffen. Alles geht

gut aus. Keisuke, der Leibwächter, wird jedoch verletzt. Ohne auf ihren Stand zu

achten, verarztet Rin ihn. Dabei merkt der Youkai endgültig, dass dieses Mädchen

anders ist.
 

Jaken hat in der Zwischenzeit die Buchhaltungsbücher kontrolliert und merkt, dass

etwas nicht in Ordnung ist. Es hat offenbar mit einer stillgelegten Silbererzmine zu

tun. Nun will Rin feststellen, was nicht stimmt.

Was sie jedoch in der stillgelegten Mine antreffen, übertrifft alle Erwartungen.
 

Eine kleine Anmerkung: Vielleicht entspricht die Handlungsweise von Keisuke

nicht gerade den üblichen Gepflogenheiten des mittelalterlichen Japan, doch

es passte so schön (seufz; hoffnungslose Romantikerin).
 

Ich hoffe, dass ihr nach all der Zeit wieder mit dabei seid.
 

Viel Spaß beim Lesen...
 

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Gefährliche Schatzsuche
 

Der nächste Tag begann friedlich, um nicht zu sagen fürchterlich langweilig.

Nach einem Frühstück trafen sich Rin und Jaken im Arbeitszimmer des Verwalters

und gingen die Bücher weiter durch. Auf der Suche nach einem Beweis, dass sich

Jaken’s Verdacht bestätigen würde.

Keisuke lehnte als schweigender Wächter an der Zimmerwand.
 

Reglos, die Lider halb geschlossen über den dunklen Augen. Unbemerkt konnte er

so seinen Blick auf Rin ruhen lassen.

Es ärgerte Keisuke in seinem Innersten, dass er so viele Gedanken an sie

verschwendete. An so einen wertlosen Menschen.

Und dennoch… wenn er die Luft tief einsog, dann war er wieder da, dieser

Geruch nach Wildblumen und nach ihr. Es war fast so, als ob er die Sonne auf

ihrer Haut riechen konnte. Dieser Geruch schenkte ihm einen inneren Frieden,

den er nicht erwartet hatte und den er auch nicht wollte. Seine Hände ballten

sich hilflos zu Fäusten.
 

Rin unterdessen bemerkte nichts von den quälenden Gedanken ihres Leibwächters.

Sie war vollkommen damit beschäftigt nachzuvollziehen, was Jaken in den

Büchern gefunden hatte. Es war wirklich so. Irgendetwas stimmte nicht, doch

es war geschickt verschleiert worden, dass es nur auffiel, wenn man die Bücher

von mehreren nachfolgenden Jahren miteinander verglich.
 

Nun in den späten Vormittagsstunden rauchte ihr der Kopf vor Zahlen und der

Nacken schmerzte, von dem dauernden nach unten sehen und blättern in den

schweren Büchern. Lange hielt sie das nicht mehr durch. Sie brauchte unbedingt

eine Pause. Doch Jaken sah nicht aus, als ob er sich von seiner Lektüre lösen

konnte. Er schaute auch kaum auf, wenn eine Dienerin hereinkam und neuen Tee

brachte.
 

Mit einer entschlossenen Bewegung klappte Rin das Buch zu. Der dumpfe Laut

ließ Jaken den Kopf heben. "Was ist?", fragte er.

"Es reicht", sagte Rin. "Ich denke mir, es bringt nichts weiter hier zu suchen.

Wir sollten uns diese Mine ansehen. Nur dort werden wir feststellen, ob

wirklich ein Betrug vorliegt."
 

Rin stemmte sich auf die Beine und ignorierte das schmerzende Ziehen in ihrer

Muskulatur. Ihre Beine protestierten nach dem langen Sitzen. "Ich werde zum

Fürsten gehen und um einen Besuch bitten."

Jaken überlegte einen Moment, dann stimmte er nickend zu. "Tu das. Keisuke

wird dich begleiten. Ich werde unterdessen hier weiterarbeiten. Und wenn ihr

dorthin aufbrecht, dann erwarte ich von dir, Keisuke, das du deiner Pflicht,

die Hime zu beschützen, genauestens nachkommst."
 

Keisuke warf Jaken einen Blick zu, der den kleinen Kröterich schnell den Kopf

senken ließ und ihn wieder hinter die Bücher verbannte. Ohne einen Kommentar

erhob der Inuyoukai sich und wartete darauf, dass Rin den Raum verlassen würde.

Rin nickte Keisuke auffordernd zu, das sich der Youkai mit einem leichten Ruck

von der Wand löste und ihr aus dem Raum folgte.
 

Gemeinsam folgte sie den Gängen in Richtung des Arbeitszimmers des Fürsten.

An einem kleinen Fenster blieb Rin stehen und blickte nach draußen.

Frische Luft fuhr in einer leichten Brise durch die Öffnung. Sie lehnte sich

gegen den Rahmen und schloss für einen Moment die Augen. Ihr Kopf dröhnte

schon seit Stunden und sie hoffte, dass die frische Luft den pochenden Schmerz

stillte.
 

"Habt Ihr Schmerzen?", fragte Keisuke leise. Rin nickte nur und rieb sich mit

der Hand die Schläfe. "Etwas Kopf- und Nackenschmerzen. Wahrscheinlich vom

langen in die Bücherstarren. Es wird schon wieder keine Sorge. So etwas haben

eben schwache Menschen ab und zu." Sie konnte die letzten Worte einfach

nicht hinunterschlucken. Noch immer hingen ihr die Worte des Youkai aus den

vergangenen Tagen nach.
 

Mit einem einzigen Schritt stand Keisuke hinter ihr. Mit der Rechten fasste

er ihr lose herunter hängendes Haar zusammen und legte es ihr über die

Schulter nach vorn. Er spürte, wie sie sich augenblicklich unter seiner

Berührung verspannte.

"Haltet still", murmelte er leise und legte seine Hände auf ihre Schultern.

Behutsam begann er mit sanften Bewegungen ihre verkrampfte Muskulatur zu

massieren. Unter seine Fingerspitzen spürte er jeden angespannten Muskelstrang.
 

Rin’s Herz schlug mit einem Mal schneller. In hektischen Schlägen pumpte es

das Blut durch ihre Adern und trieb die Röte auf ihre Wangen. Es war das erste

Mal, dass er sie freiwillig anfasste. Die Behutsamkeit seiner Bewegungen

verblüffte sie. Langsam entspannte sie sich und überließ sich den wohltuenden

Berührungen.
 

Keisuke spürte die Veränderung sofort. Rin’s Muskeln begannen sich unter

seinen Fingern zu entkrampfen, wurden weich und nachgiebig. Er spürte sogar,

wie sie sich etwas in seine Bewegungen hinein lehnte und hörte wie sie

genießerisch leise aufseufzte.

Ihr Kopf senkte sich nach vorne und gab ihren schlanken Nacken frei.
 

Augenblicklich schoss Hitze in ihm hoch. Die Geste erinnerte in ihn fatalster

Weise an die Unterwerfungsgeste die Inuyoukai Weibchen ihrem Partner manchmal

gegenüber an den Tag legten. Zeichen der Zuneigung, oder der Unterwerfung

gegenüber dem anderen.
 

Er musste sie loslassen. Sofort, bevor diese Situation noch die Ausmaße einer

Katastrophe annahm. Doch wollten ihm seine eigenen Finger nicht gehorchen.

Im Gegenteil. Sie unterbrachen die Massage und die Rechte wanderte, ohne dass

Keisuke es verhindern konnte, in ihren Nacken.

Besitz ergreifend und doch sanft legte sich seine Handfläche auf ihre bloße

Haut. Die tödlichen Krallen nahe ihrer Halsschlagader.

Doch nicht eine Bewegung oder Zucken von ihr verriet, das sie sich der

Gefährlichkeit der Berührung auch nur im Entferntesten bewusst war.

Keisuke’s Atem beschleunigte sich und mit ihm sein Herzschlag.
 

Vorsichtig beugte er den Kopf nach vorne und atmete tief ein. Ihr

unverwechselbarer Geruch stieg ihm wieder in die Nase. Er würde sie immer und

überall erkennen und finden. Ihr Geruch hatte sich auf eine unmerkliche Weise

verändert.

Er wusste mit untrüglichem Instinkt, dass er dafür verantwortlich war. Mit

seinen Berührungen.

Er fühlte ihren raschen Puls unter seinen Fingerspitzen pochen. Und im

letzten Moment konnte er sich davon abhalten ihr in das volle Haar zu greifen

und einfach ihren Kopf in den Nacken zu ziehen und darin tief seine Nase zu

versenken.
 

Keisuke’s Kiefermuskeln verkrampften sich, und seine Zähne schmerzten von dem

Druck, mit dem er sie zusammenpresste.

Endlich nach einer für ihn endlosen Zeit, gelang es ihm den Bann zu

durchbrechen. Er löste sich von ihr und ging einige Schritte zurück.

"Wir sollten gehen", sagte er und seine Stimme klang rau.
 

Der Verlust seiner Berührung und damit auch der wohltuenden Wärme holte Rin

unsanft in die Wirklichkeit zurück. Sie öffnet die Augen und sah sich um.

Dieser Youkai war wirklich seltsam. Doch bevor sie noch irgendwie reagieren,

oder etwas sagen konnte, wandte er sich schon ab und ging weiter.

Notgedrungen musste sie ihm folgen. Noch immer meinte sie das leichte

Kribbeln zu spüren, das seine Berührung in ihr ausgelöst hatte. Unwillkürlich

fasste sie mit ihrer Hand seitlich an ihren Nacken und strich über die

Stelle, wo sie seine Hand gefühlt hatte.
 

Nach ein paar Minuten erreichten sie die Vorzimmer des Fürsten und Rin zwang

ihre Gedanken sich wieder auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. Einer der

Schreiber sah hoch und erkannte die Gäste. Eilig sprang er auf. "Was kann ich

für euch tun?"

"Bitte richtet dem Fürsten aus, dass wir ihn gerne sprechen würden. Es dauert

auch nicht lange", sagte Rin.
 

Der Mann verbeugte sich kurz und eilte dann sofort weiter. Es dauerte nicht

lang und schon standen sie vor dem Fürsten. Neben ihm saß in Mann, dessen

graue Schläfen schon sein vorgeschrittenes Alter zeigte. Der persönliche

Schreiber des Herrschers. Der Sohn des Fürsten war ebenfalls anwesend
 

"Ihr wollt die Mine besuchen? Aber warum? Diese Mine wurde vor etwa zwei

Jahren geschlossen. Der Abbau hat sich nicht mehr rentiert.

Es gab sogar ein paar Unfälle, bei denen Arbeiter ums Leben kamen. Da haben

wir beschlossen dass die Ausbeute dieses Risiko nicht wert sei", sagte Hiroki

eben, nach dem Rin ihr Anliegen vorgetragen hatte.
 

Die junge Frau konnte deutlich seine Verwunderung über ihren Wunsch erkennen.

"Dennoch würde uns eine Besichtigung über einige Sachen Klarheit

verschaffen", beharrte Rin.

"Klarheit?", die Augenbrauen über den grau-verschleierten Augen des Fürsten

zogen sich zusammen. "Gibt es etwas, was ich wissen müsste?", fragte er nach.
 

Rin schüttelte den Kopf und sagte dann hastig, weil sie vergessen hatte, dass

er ihre Geste nicht sehen konnte. "Nein. Nur ich war noch nie in meinem

Leben in einer Erzmine und eine Besichtigung würde mir sicherlich helfen,

die ganzen trockenen Daten in den Büchern zu verstehen."

Hiroki lachte auf. "Ich sehe schon, Jaken-sama kennt kein Erbarmen. Aber

sicher doch. Wenn es Euch hilft, dann werden wir die Mine besuchen, nicht wahr

Vater?"
 

Der Fürst nickte. "Selbstverständlich. Ich entnehme deinen Worten, dass du die

Hime begleiten willst, mein Sohn."

"Ja, Vater. Es wäre mir eine Freude."

"Gut, dann brecht auf, dass ihr zum Abend wieder hier seid. Der Ritt dauert,

wenn ich es recht in Erinnerung habe einige Zeit.

Ich denke mir, es wäre auch gut Makoto-san mitzunehmen. Unser Verwalter hat

die Oberaufsicht über alle Erzminen und kennt sich am besten aus", stimmte

der Fürst mit einem Lächeln zu.
 

Hiroki erhob sich. "Ich werde alles vorbereiten. Treffen wir uns in einer

Stunde unten im Hof. Ich werde Pferde für euch satteln lassen. Keisuke-san?"
 

Der Youkai schüttelte den Kopf. "Kein Pferd." War alles, was er zu dem

Vorschlag des Fürstensohn sagte.

Hiroki nickte. "Gut dann bis nachher" Er verließ den Raum.

Was Rin und Keisuke nach einer Verabschiedung ebenfalls taten.
 

***********************************************************************
 

Hiroki hatte alles organisiert und so waren sie nur kurze Zeit später

aufgebrochen. Auch Makoto, der Verwalter, ritt mit ihnen. Sein verkniffenes

Gesicht zeigte, dass er nicht gerade darüber erfreut war.

Der Ritt dauerte fast drei Stunden und sie ließen die Pferde nicht gerade

langsam gehen. Doch selbst dieses Tempo macht Keisuke, der auf ein Reittier

verzichtet hatte, nichts aus.

Langsam verändert sich die Landschaft. Sie wurde hügeliger.

Makoto richtete sich im Sattel auf und zeigte mit ausgestrecktem Arm nach

Osten. "Bald gelangen wir an einen Flusslauf. Wenn wir ihm folgen, sind wir

in kurzer Zeit an der Mine."
 

"Das bedeutet wir sind bald am Ziel", murmelte Rin.

"Geht es noch?", fragte Hiroki und warf ihr einen besorgten Blick zu.

Rin lachte ihn an. "Für was haltet Ihr mich? Für eine verweichlichte

Prinzessin? Ich kann Euch sagen, dass ich in meinen Kinderjahren viele

Strecken zu Fuß zurückgelegt habe. Dagegen ist das hier ein sehr komfortables

Reisen."

Hiroki nickte anerkennend. Er hatte in der Tat ihr Durchhaltevermögen schon

bewundert. Sie war so ganz anders, als die jungen Frauen aus vornehmen

Familien, die er bisher.

Und sie war schön.

Nicht nur ihre äußere Schönheit, die sie durch keinerlei Schmuck oder Schminke

betonte, sondern ihre innere Schönheit, die ihre Augen strahlen ließ und ihr

Lächeln so bezaubernd machte.

Und sie war gebildet, das hatte er in ihren Gesprächen ebenfalls bemerkt.
 

Ob sie jemanden hatte, dem ihr Herz gehörte? Oder war sie gar verheiratet?

Das waren sehr sensible Themen, die ihm aber seit kurzen brennend

interessierten. Denn er mochte Rin, vielleicht sogar ein wenig mehr, als das

Protokoll erlaubte.
 

Hiroki ahnte nicht, dass diese Gedankengänge durchaus bemerkt wurden. Nicht

im Detail, sondern sein Körper verriet, dass er etwas für Rin empfand, ohne

das sein Verstand es bewusst wahrnahm.

Keisuke biss die Zähne zusammen, dass ihm nicht ein Knurren entwich. Das, was

er wittern konnte, war Begehren. Das Begehren eines Mannes nach einer Frau.

Es war seine Aufgabe die Tochter des Fürsten zu beschützen. Doch es würde mit

Sicherheit Schwierigkeiten geben, wenn er den Sohn des Gastgebers in zwei

Teile zerreißen würde. Allerdings musste er zugeben, dass ihm der Gedanke

daran in diesen Momenten ein unerwartetes Vergnügen bereitete.
 

Sie erreichten den Fluss. Hier war die Luft frischer, das Wasser kühlte sie

angenehm. Auf dem Boden waren tiefe Rillen von breiten Wagen zu erkennen.

"Hier haben wir das erzhaltige Gestein abtransportiert", erklärte Makoto.

Nach kurzer Zeit wich der Wald auf der rechten Seite zurück und die

Frontseite eines Hügels tauchte auf.

Inmitten der felsigen Wand klaffte ein Loch, das mit Holzplanken versperrt

war. Vor dem Hügel lag ein großer freier Platz. Der Boden war von unzähligen

Füßen platt getreten. Tiefe Spurrillen führten an den Fluss und bogen dann

auf den Weg ein, den sie gekommen waren.
 

Makoto hielt sein Pferd an. "Wir sind da", sagte er und stieg ab. "Dort hinten

steht die Hütte, wo wir Werkzeuge aufbewahrt haben. Vielleicht finde ich noch

eine Lampe. Wir könnten sie sicher gut gebrauchen." Er wandte sich schnell

um. "Wenn ihr erlaubt, mein Herr."

Hiroki nickte nur. "Tut das, Makoto-san."
 

Der Verwalter ging los. Rin und Hiroki stiegen ab. Sie banden ihre Pferde

unter den Bäumen an.

Neugierig musterte Rin den Vorplatz. Der Boden war durch unzählige Füße

festgetreten. Kein Gras wuchs auf der erdigen Fläche. Schroff hob sich die

steile Wand des Hügels vor ihnen in die Höhe. Von außen wirkte er gar nicht

so riesig. Doch der wahre Schatz lag in tief in der Erde versteckt.

Der Eingang zur Mine war mit Holzbalken und Brettern versperrt.
 

Hiroki trat an die Barriere. Er packte eines der Bretter mit beiden Händen

und zog kräftig daran. "Helft mir mal, Keisuke-san", sagte er dann.

Gemeinsam mit dem Youkai entfernte er das Hindernis. In der Zwischenzeit war

Makoto mit einer Lampe erschienen, die er nun umständlich anzündete.
 

Zu dritt standen sie vor dem Eingang der Mine. Der Gang verschwand schon nach

wenigen Schritten in der Schwärze.

Auf dem lehmigen Boden waren noch Fußabdrücke und die Rinnen von den

Förderwagen zu erkennen.

Makoto hob die Laterne an dem langen Stiel an und ging vor. Die anderen

folgten ihm.
 

Rin überfiel ein Gefühl des Unbehagens, als die Felswände sich langsam um sie

schlossen. Die Luft war augenblicklich kühler geworden und Staub lag in ihr,

der sich unangenehm in der Kehle festsetzte.

Makoto blieb stehen und hob die Laterne in Richtung Gangwand. "Hier wurde das

Silbererz abgebaut. Wie ihr sehen könnt, Herr, ist die Mine nicht mehr

ertragreich. Alle Vorkommen sind erschöpft. Es wurde Zeit sie aufzugeben.

Es war eine weise Entscheidung des Fürsten dies zu tun."

"Eine Entscheidung, die auf Eure Empfehlung ausgesprochen wurde,

Makoto-san", erwiderte Hiroki sanft.
 

Rin war ebenfalls an die Felswand getreten. Ihre Finger fuhren über das raue

Gestein. "Sieht es tiefer genauso aus?", wollte sie wissen.

"Auf jeden Fall. Es lohnt sich nicht tiefer in die Mine zu gehen. Besonders

für eine Hime ist das kein passender Ort", sagte Makoto und ließ seinen Blick

bezeichneten über Rin's schlanke Gestalt gleiten.
 

Ein tiefes Knurren ließ den Mann zurückweichen. Keisuke stand neben der

jungen Frau und der Ausdruck in seinen funkelnden Raubtieraugen, die

unheimlich im Halbdunkeln des Eingangs glühten, verhieß nichts Gutes.

"Hüte deine Augen und deine Zunge" sagte er leise, doch die Drohung war nicht

zu überhören.
 

Eilig verbeugte sich Makoto. "Verzeiht, ich wollte auf gar keinen Fall der

Hime zu nahe treten."

"Das ist in der Tat keine gute Idee", stimmte Hiroki zu. "Also sieh, ob du

noch ein paar Lampen auftreiben kannst."

"Sicher doch, sofort", beeilte sich Makoto zu sagen und rannte nach draußen.
 

"Seht Ihr", sagte Hiroki und hob die Lampe noch ein Stück an in Richtung der

Felswand. "Hier kann man gut erkennen, wie das Erz aus herausgemeißelt

wurde."

Rin trat neben ihm und sah neugierig auf die Stelle, auf die er zeigte.

Keisuke blieb zurück. Seine Sinne waren ganz auf seine Umgebung gerichtet.

Irgendetwas verursachte ein unangenehmes Gefühl.

Und wo zum Teufel blieb dieser bucklige Verwalter?
 

Mit einem Mal ruckte Keisuke’s Kopf in Richtung Eingang und der Youkai

erstarrte. Vorsichtig sog er die Luft ein.

"Schießpulver!", murmelte er leise.

Mit einem Sprung war er an Rin's Seite. Er packte die verblüffte Frau am Arm.

"Wir müssen hier raus", zischte er.

"Was soll das?", fuhr der Fürstensohn ihn an.

Rin sah nur kurz in das Gesicht ihres Leibwächters und folgte ihm ohne

Widerstand.
 

Doch sie kamen nicht weit. Kurz bevor sie den Mineneingang erreichten, hörte

man einen ohrenbetäubenden Knall. Der Felsen bebte unter ihren Füßen und das

Gestein über ihren Köpfen begann zu knirschen.

Tiefe Risse bildeten sich über ihnen im massiven Felsen.
 

"ZURÜCK!", schrie Keisuke und warf sich mit Rin im selben Moment noch herum.

Die ersten Felsbrocken stürzten herunter.

Immer mehr wurden es. Staub wallte hoch und vernebelte die Sicht und

erschwerte das Atmen.
 

Ohne Erbarmen riss der Youkai Rin mit sich fort, immer tiefer in die Mine.

Der ganze Berg schien zu wanken.

In diesem Moment stolperte Rin und fiel zu Boden. Die Wucht des Falls löste

den Griff des Youkai und in derselben Sekunde spürte Rin schon den heftigen

Schlag am Oberarm.

Eine Welle des Schmerzes brandete in ihr hoch und riss sie in die Schwärze

der Bewusstlosigkeit.
 

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Ende Kapitel 7
 

Mit einem wahrhaft großen Knall habe ich mich zurückgemeldet.
 

Eine Explosion verschüttet den Mineneingang. Zufall, oder Absicht?

Was ist mit Rin, Hiroki und Keisuke passiert? Haben sie alle das Unglück

überstanden?

Und wenn, wie können sie entkommen?
 

Das erfahrt ihr zwei Wochen, wenn es heißt "Verschüttet“.

Nächste Woche geht es mit "Erwachen" weiter.
 

Liebe Grüße

chaska

Verschüttet

Hallöchen,

mal wieder habe ich es nicht rechtzeitig geschafft. Aber nun geht es weiter.
 

Viel Spaß beim Lesen....
 

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Verschüttet
 

Es herrschte eine bedrückende Stille. Der Gesteinsstaub legte sich wie

erstickende Decke auf alles. Er war einfach überall. Haftete auf der Haut,

kroch in die Nase, ja, man schmeckte ihn sogar im Mund und er reizte zum Husten.
 

Halb benommen richtete sich Hiroki langsam auf. Der schwache Schein der Lampe

glühte in der Dunkelheit. Wie durch ein Wunder war sie nicht erloschen.

Vorsichtig bewegte Hiroki die Arme und Beine. Anscheinend war nichts gebrochen.

Im Schein der Lampe sah er einen Körper unmittelbar neben sich liegen. Die

dunkle Kleidung und die Rüstung ließen ihn den Youkai erkennen.
 

Mit einem leisen Stöhnen richtete sich Keisuke in diesen Sekunden ebenfalls

auf. Seine dunklen Augen glühten in der Dunkelheit, wie zwei Kohlestücke.

~Wie bei einem Raubtie ~, schoss es Hiroki durch den Sinn.

"Alles in Ordnung?", fragte er. Der Youkai schnaubte abfällig. "Ich bin kein

schwächlicher Mensch."
 

Innerlich schüttelte Hiroki nur den Kopf. Es war ihm ein Rätsel, wie Rin die

Nähe dieses Kerls aushalten konnte.

RIN!

Der Gedanke an die junge Frau ließ ihn erschaudern.
 

"Rin! Rin wo bist du?", schrie er in die Dunkelheit.

Angewidert verzog Keisuke das Gesicht. Noch immer klingelten ihm die Ohren von

dem Knall der Explosion und nun schrie dieser Kerl hier auch noch herum.

"Still!", knurrte er Hiroki ärgerlich an. "So kann ich nichts hören."
 

Augenblicklich verstummte Hiroki. Für den Youkai würde es mit Sicherheit keine

große Mühe machen Rin zu finden, wenn sie noch lebte. Dafür verzieh er ihm

sogar die mehr als respektlose Ansprache.
 

Keisuke konzentrierte sich. Der Staub behinderte die Witterung, doch konnte er

nach wenigen Minuten Rin‘s Geruch wahrnehmen. Unterstützt wurde er durch die

Tatsache, dass die junge Frau offenbar verletzt war, denn ihr Blutgeruch

verstärkte seine Wahrnehmung
 

Das schwache Licht reichte für seine scharfen Augen aus die Umgebung zu

erkennen. Ein leises Schleifen erregte seine Aufmerksamkeit.

Es war anders, als das Rieseln eines Felsbrockens. In den feinen Staubschleiern

erkannte er einen Körper, der nahe der Stelle lag, wo sich der Gang durch den

Felssturz verschlossen hatte.
 

Mit wenigen Schritten war er an Rin’s Seite. Sie lag halb auf ihrer rechten

Körperhälfte.

Vorsichtig packte Keisuke sie an den Schultern und drehte sie herum.

An ihrer linken Schläfe befand sich eine Platzwunde, aus der Blut über ihre

Wange gelaufen war.

Trotz der Staubschicht, die ihr Gesicht bedeckte, wirkte ihre Haut fürchterlich

bleich.
 

~Rin!~, durchfuhr es Keisuke mit Schrecken. Ohne es zu bewusst zu bemerken,

legte er seine Handfläche an ihre Wange und fuhr mit seinem Daumen sanft über

ihre halb geöffneten Lippen.

Voller Erleichterung spürte er ihren warmen Atem über seine Haut streifen.

Im gleichen Moment begannen ihre Augenlider zu flattern.
 

Mit einer geschmeidigen Bewegung erhob sich Keisuke und trat zur Seite.

"Sie lebt!", teilte er Hiroki ohne hörbare Regung mit und beobachtete, wie der

Fürstensohn sich ohne große Umstände neben Rin kniete und über die junge Frau

beugte.
 

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Rin‘s Kopf dröhnte und auch in ihrem rechten Oberarm pochte es schmerzhaft. Sie

hatte nicht die Kraft sich zu bewegen.

Noch nicht.

Dafür hörte sie Stimmen und erkannte die raue ihres Leibwächters und die

weichere des Fürstensohnes.

Ob sie wussten, dass sie auch hier war?

Sie wollte rufen, sich irgendwie bemerkbar machen, doch versagte ihre Stimme.
 

Im nächsten Moment fühlte sie sich von kräftigen Händen gepackt und auf den

Rücken gedreht. Eine Hand legte sich ihr sanft auf die Wange und zärtlich

spürte sie den Daumen davon über ihre Lippen streifen.

Voller innerem Staunen bemerkte sie die Härte und die Schwielen in der

Handfläche. Schwielen, wie sie nur durch die tägliche Übung mit dem Schwert

entstanden.

Das war mit absoluter Sicherheit nicht der Fürstensohn Hiroki, sondern der

Inuyoukai.

Die Hand verschwand und Rin fühlte sich, als ob sie mit einem Mal den einzigen

Halt in dieser dunklen, bedrohlichen Welt verloren hatte.
 

Sie wollte ihn sehen. Mit aller Macht öffnete sie die Augen, doch über ihr

befand sich nicht Keisuke, sondern Hiroki, der sie besorgt musterte.

Behutsam half er ihr sich aufzurichten.

"Alles in Ordnung?", fragte er, als er sah, wie sich Rin an den Kopf griff und

gleich darauf schmerzerfüllt das Gesicht verzog.

"Mein Kopf dröhnt, doch das wird sicher bald wieder", sie verschwieg, dass ihr

rechter Arm ebenfalls schmerzte und sie das Gefühl hatte irgendwie ihre

Kleidung auf der Haut kleben zu spüren. Sie sah sich anstatt dessen um. "Was

ist passiert?"
 

"So wie es aussieht, haben wir noch mal großes Glück gehabt. Der Mineneingang

ist offensichtlich eingestürzt…", begann Hiroki und wurde mit einem abfälligen

Schnauben von Seiten des Youkai unterbrochen.

"Falsch. Er ist nicht von selbst eingebrochen, sondern jemand hat da kräftig

nachgeholfen."
 

Rin stemmte sich auf die Beine und nahm dankbar die Hilfe von Hirokis’s

dargereichter Hand an.

"Schießpulver?", fragte Rin kurz nach. Keisuke nickte und wandte sich wieder

den beiden Menschen zu. Er hatte die Felsen untersucht, die herabgestürzt waren.

Hier gab es kein Durchkommen.

"Das ist Hochverrat.", sagte Hiroki und seine Stimme bebte vor unterdrückter

Wut. "Wer ist so vermessen und plant so etwas?"

"Ist das nicht offensichtlich, Lord Nakazato?", kam die Frage mit einem

deutlich spöttischen Unterton von Keisuke. "Der einzige, der hier nicht zu

sehen ist, ist Euer so hochgeschätzter Verwalter. Er ist zufälliger Weise kurz

vor der Explosion aus der Mine gegangen, um noch mehr Lichter zu holen. Ein

mehr als merkwürdiger Zufall. Wäre noch eine weitere Person hier gewesen, dann

seid versichert, dass ich ihre Anwesenheit bemerkt hätte."
 

Hiroki hatte den Youkai bis jetzt schweigend zugehört. Doch in seinem Gesicht

arbeitete es. "Das heißt, er hat uns absichtlich in diese Mine geführt und uns

dann versucht durch diese Explosion zu töten. Dafür wird er mit seinem Leben

bezahlen."

"Dafür müssen wir jedoch erst mal hier heraus, sonst geht sein Plan noch

auf", erwiderte Keisuke sarkastisch.

Er musterte Rin kurz. Die Wunde an ihrer Schläfe bildete schon eine Kruste.
 

Rin bemerkte seinen abschätzenden Blick. "Mir geht es gut", erwiderte sie.

"Lasst uns versuchen einen zweiten Ausgang zu finden."

Hiroki bückte sich und nahm die Laterne auf, die wie durch ein Wunder immer

noch brannte.

Er leuchtete. Wie ein dunkler Schlund ging der Gang tiefer in den Berg. Er sah

seine Begleiter an. "Dann los!"
 

Gemeinsam machten sie sich auf den Weg.
 

*************************************************************************
 

Dicke, weiße Schweißflocken bedeckten den Hals des Pferdes. Die Nüstern waren

weit aufgerissen, dass man das rote sehen konnte.

Ohne sein Tier zu schonen, war Makoto in Rekordzeit wieder zum Schloss

zurückgekehrt. Er ritt in den Hof ein.

Schon kam ein Diener heran und nahm ihm das heftig atmende Tier ab.
 

Während des Höllenrittes zurück, hatte er sich schon einen Plan ausgedacht. Die

Zeit drängte, nun musste alles schnell über die Bühne gehen.

Seine Machenschaften waren aufgeflogen. Die Besichtigung der Mine hätte zu

Tage gefördert, dass sie durchaus noch ertragreich war.

Er hatte sie für wertlos erklärt und jede heimlich geförderte Unze in die

eigenen Taschen gewirtschaftet.
 

Er hatte sich sicher gewähnt, bis dieses verdammt Weibsstück mit den Youkai

aufgetaucht war und sein schönes Leben entzweibrach.

Doch er hatte genug, um bis an sein Lebensende ohne Sorgen Leben zu können.

Wenn er es nur schaffte unbeschadet aus dem Schloss zu kommen, dann war alles

gut.
 

"Hilfe!", schrie er laut. Der Diener, der sein Pferd genommen hatte, zuckte

erschreckt zusammen.

Makoto rannte in das Schloss und geradewegs in die Gemächer des Fürsten.

Es musste echt wirken. Vorbei an den Schreibern, die aufschreckten, als er an

ihnen vorbei rannte, stürmte er in das Arbeitszimmer des Fürsten und warf sich

ihm zu Füßen.
 

Der persönliche Assistent zuckte genauso zusammen, wie der Fürst selbst.

"Herr!", stieß Makoto keuchend aus. "Herr… etwas Fürchterliches ist passiert.

Es gab einen Erdrutsch und die Hime und ihr Leibwächter wurden in der Mine

verschüttet." Makoto hörte, das Aufstöhnen des Fürsten und über sein tief auf

den Boden gesenktes Gesicht glitt ein heimtückisches Grinsen.
 

"Mein Sohn?", stieß der Fürst aus und trotz das er ruhig sprach, konnte Makoto

das Beben in der Stimme deutlich hören.

"Verzeiht, Herr. Auch Euer Sohn konnte sich nicht mehr rechtzeitig retten."

"Takumi, sorge sofort dafür, dass unverzüglich ein Rettungstrupp zusammengestellt

wird", befahl der Fürst.

"Sofort, Herr!" Der Assistent erhob sich eilig und verließ schnellen Schrittes

das Arbeitszimmer.
 

"Makoto-san… seid Ihr verletzt?", fragte der Fürst nach.

"Nein, mein Herr", schüttelte der Verwalter den Kopf "Nein, Herr. Ich wollte

gerade mehr Lichter holen und befand mich am Eingang der Mine, als ich das

Brechen der Felsen hörte. Mir gelang es buchstäblich in letzter Sekunde zu

fliehen."

"Ich danke Euch, dass ihr so schnell hierhergekommen seid. Ruht Euch aus. Ihr

habt alles Menschenmögliche getan."
 

"Zu gütig Herr", mit einer geschmeidigen Bewegung erhob sich Makoto und mit

einer tiefen Verbeugung, verließ er das Zimmer.

Behutsam schloss er die Tür.
 

Er musste sich beherrschen, dass er nicht laut jubelte. Es hatte geklappt. Die

meisten Wachen würden jetzt zu einer hoffnungslosen Rettungsmission aufbrechen. Und er bekam die Zeit, die er benötigte um seine wichtigen Unterlagen zusammenzusuchen und sich in sein Versteck zurückzuziehen.

Wenn dann sich die Aufregung gelegt hatte, konnte er unbemerkt aus dem Schloss

fliehen in die Freiheit.

Die Wachen würden eine halbe Ewigkeit brauchen, bis sie Mine erreicht und die

Steinbrocken zur Seite geräumt hatten. Die Zeit würde voll für ihn ausreichen. In ein paar Stunden war alles überstanden und er war auf dem Weg mit den Taschen voller Geld.
 

Eilig lief er zu seinem Zimmer. Dort angekommen, streckte er schon die Hand

aus, um die Tür zu Seite zu schieben, als er stutzte.

Sie war nicht vollständig geschlossen, ein winziger Spalt stand offen. Ein

Eisschauder rann über seinen Rücken.

Er ließ die Türen niemals offen.
 

Vorsichtig beugte Makoto sich vor und lugte durch den Spalt. Im ersten Moment

konnte er nichts erkennen, dann sah er auf einmal eine kleine Gestalt in sein

Blickfeld treten.

Eine kleine grüne Gestalt.

Es war dieser schleimige kleine Youkai Bastrad.
 

Lautlos schob Makoto die Tür auf und schlich sich von hinten an das Geschöpf

heran. Beim Vorbeigehen an seinem Schreibpult, griff er sich eine Bambusrolle.

Lautlos schlich er sich näher. Hoch hob er den Arm. Noch immer ahnte der Youkai

nichts von der drohenden Gefahr.
 

Jaken legte das Dokument wieder an seinem Platz zurück, das er eben gerade in

Augeschein genommen hatte. Es war absolut nichts Verdächtiges zu finden.

Seine Hand streckte sich nach dem Nintojo-Stab, den er zum Suchen abgelegte

hatte, und nahm ihn wieder auf.

Ein leises Knirschen drang an sein Ohr und er erstarrte inmitten der Bewegung.

Er war nicht mehr allein.

Alle seine Sinne schlugen Alarm. Mit einer schnellen Drehung wandte Jaken sich

um. Ein leiser Schrei der Überraschung entfuhr ihm, als er hoch über sich den

Verwalter aufragen sah. Dessen Gesicht in Wut verzerrt. Jaken riss den

Nintojo-Stab hoch. Das hölzerne Gesicht des Mannes zielte auf den Angreifer.
 

Makoto spürte, die Gefahr in der er sich von einem zur anderen Moment befand

und duckte sich. Buchstäblich in letzter Sekunde, denn eine Feuerlohe fuhr

aus dem Gesicht auf dem Ende des Stabes. Raste nur knapp über seinen Kopf

hinweg und prallte oben an die Holzdecke.

Zum Glück war es nur ein kurzer Feuerstoß, der den schweren Holzbalken nicht

in Flammen setzte.
 

Mit einer schnellen Bewegung ließ Makoto das Bambusrohr niederfahren. Ein

hohles Geräusch erklang, als es krachend den Kopf des Youkai traf.
 

Die gelben hervorstehenden Augen der Kröte wurden ausdruckslos und mit einem

Stöhnen klappte er zusammen, wie eine Marionette, deren Fäden durchtrennt

worden waren. Keuchend ließ Makoto das Rohr sinken.

Hastig kniete er nieder und untersuchte den Youkai. Er war nicht tot, nur

bewusstlos.
 

Schnell stand er auf und ging an die linke Wand des Raumes hinüber, wo eine

schwere Truhe stand. Er schob sie zur Seite und legte den Fußboden frei. Dann

kniete er nieder. Seine Finger glitten über die Holzdielen und fanden

zielsicher das Astloch.

Mit einem Ruck entfernte Makoto die Diele und zog dann noch einige weitere aus

der Verankerung.
 

Ein Lächeln glitt über seine Lippen, als er der Inhalt des verborgenen

Verstecks frei vor ihm lag. Beutel voller Silber und Edelsteinen. Dokumente

die bewiesen, dass sich noch mehrere wertvolle Waren in Lagerhäusern in dem

nächsten Hafen auf ihn warteten.

Er würde ein sehr, sehr reicher Mann sein und er musste nie wieder irgendjemand

dienen.
 

Hastig packte er alle Sachen zusammen und stopfte sie in einem großen Beutel.

Dann brachte er alles wieder in die ursprüngliche Lage zurück und schob zum

Schluss sogar die Truhe wieder auf ihren Platz.

Er wuchtete sich den Sack auf die Schultern und machte sich daran, den Raum

zu verlassen.
 

Kurz vor der Tür hielt er inne und drehte sich um. Der Youkai lag noch immer

bewusstlos auf den Dielen. Doch das konnte sich sicher schnell ändern.

Wenn er aufwachte, würde er mit Sicherheit das gesamte Schloss alarmieren. Das

konnte er nicht zu lassen. Er brauchte nur noch wenige Stunden, bis er alles

zusammen hatte und dann würde er einfach verschwinden.
 

Makoto ließ den Sack zu Boden gleiten. Dann trat er wieder an die Truhe und

öffnet nun den Deckel. Er griff hinein und zog einen Umhang hervor.

Mit diesem kehrte er zu der Kröte zurück und wickelte den leblosen Körper darin

ein. Dann wuchtete er erneut den Sack auf den Rücken, klemmte sich zusätzlich

Jaken unter den Arm und verließ seinen Raum.

Mit dem Fuß schob er die Türe zu.
 

Leise schlich er die Gänge entlang.

Er hatte schon vor Monaten den besten Weg ausgekundschaftet, den er gehen

musste um möglichst ungesehen in sein Versteck zu kommen.

Auch diesmal war ihm das Glück holt. Ungesehen erreichte er den Schuppen und

schloss aufatmend die Tür hinter sich.

Jetzt konnte Makoto in Ruhe alles für seine Flucht vorbereiten.
 

***********************************************************************
 

Rin lehnte sich für einen Moment an die kühle Tunnelwand und schloss die Augen.

Nur für einige Sekunden ausruhen… nur ein wenig. Die Kopfschmerzen waren immer

noch da. Sie waren so stark geworden, dass es ihr inzwischen Mühe machte nicht

darüber zu stöhnen. Zusätzlich hatte sich das Pochen in ihrem Arm verstärkt.

Sie biss sich entschlossen auf die Unterlippe. Sie durfte die anderen nicht

aufhalten. Wenn sie sich auch noch Sorgen um sie machen mussten, dann schwanden

ihre Chancen hier herauszukommen.

~Du musst weiter. Du hast versprochen ihm nicht zu Last zu fallen~, feuerte sie

sich selbst an und öffnete wieder die Augen.
 

Erschrocken entwich Rin ein leiser Schrei, als sie unmittelbar vor sich die

große Gestalt von Keisuke sah. Wie ein Schatten hatte er sich ihr geräuschlos

genähert. Der Dämon musterte sie mit leicht zusammengekniffenen Augen.

"Warum hast du nichts gesagt?", zischte er leise. Deutlich konnte Rin hören,

dass er verärgert war.

Er vergaß sogar, dass er sie gerade mehr als vertraulich angeredet hatte.
 

Rin zuckte leicht mit der unverletzten Schulter. "Ich hätte uns aufgehalten

und wir müssen doch hier heraus", antwortete sie ebenso leise.

Mit einem ärgerlichen Knurren packte er sie am rechten Arm. "Halt still!"

Mit den Krallen seiner Hand zerteilte er ohne große Umstände den Stoff des

Ärmels und legte somit Rin’s Oberarm frei. Obwohl sie das Schlimmste

befürchtete, schielte Rin neugierig auf ihren Arm.
 

Eine in der Tat hässliche Wunde war durch den Steinschlag entstanden. Fast

eine Hand lang und gut zwei Finger breit. Sie hatte ziemlich stark geblutet

und die Blutspur zog sich ihren gesamten Arm herunter. Noch immer sickerte

frisches Blut durch den Riss.

Das war auch der Grund, weshalb Keisuke es schließlich auch bemerkt hatte.

Ihre Platzwunde an ihrer Schläfe hatte schon eine Kruste gebildet.

Doch er hatte immer noch den frischen Blutgeruch in der Nase gehabt.

Schließlich war er misstrauisch geworden und Rin’s Verhalten hatte seinen

Verdacht nur bestätigt.
 

Mit wenigen Handgriffen riss er die Stoffstreifen, die er abgetrennt hatte,

auseinander und verband ihren Arm. Als er den provisorischen Verband anzog,

konnte Rin ein Stöhnen nicht mehr unterdrücken. Doch sie hielt mit aller Macht

still, damit ihr Leibwächter seine Arbeit vollenden konnte.

Schließlich zierte ihren Oberarm ein provisorischer Verband.
 

"Bleib ab jetzt direkt hinter mir", knurrte er leise und Rin konnte noch immer

den Ärger in seiner Stimme hören.

Ohne ein weiteres Wort drehte er sich rum und ging los.

Rin folgte ihm schweigend.
 

Nur wenige Schritte entfernt hatte Hiroki gewartet. Er hob die Lampe hoch.

"War irgendetwas?", fragte er.

Keisuke schüttelte den Kopf und ging an ihm vorbei um wieder die Spitze zu

übernehmen.

"Nein", war alles, was er von sich gab.

Mit einem Blick musterte Hiroki Rin kurz, die Keisuke folgte und setzte sich

dann neben sie. Er hob die Lampe an und leuchtete den Weg.
 

Staub und kleine Gesteinsbrocken durchzogen den gesamten Gang. Das spärliche

Licht reichte dem Youkai aus. Immer wieder hob er witternd den Kopf. Langsam

wurde der Geruch von frischer Luft intensiver.

Es konnte nicht mehr weit sein. Er lauschte kurz nach hinten, doch Rin folgte

ihm so nah wie möglich.

Genauso wie er es befohlen hatte.

~Eigensinniges Weib~, dachte Keisuke sich

Wie konnte man nur so eine Verletzung einfach ignorieren, nur um den anderen

nicht zur Last fallen zu wollen. Gerade dadurch hatte sie die Lage für sich

nicht verbessert.

Er hatte nur zu genau den Anfang des Fiebers gespürt, das sich begann in Rin’s

Körper auszubreiten.
 

Sie musste so schnell wie möglich hier heraus und zu einem Arzt. Der Gedanke

an ihre Verletzung machte ihm zu seiner eigenen Überraschung tiefe Sorge.

Unmerklich beschleunigte seine Schritte in dem Bestreben so schnell wie

möglich einen Ausgang zu finden.
 

Der Schein der Lampe begleitete ihre Schritte und war für die beiden Menschen

das einzige, was sie in dieser Dunkelheit sehen konnten. Der flackernde Schein

warf unheimliche Schatten an die steinernen Wände und formte Ungeheuer, die

ihnen auf Schritt und Tritt zu folgen schienen.
 

Mit einem Mal blieb Hiroki stehen und trat näher an die linke Tunnelwand. Er

hob die Lampe etwas höher und im nächsten Moment hörte man ihn kräftig fluchen.

Keisuke hielt inne und drehte sich um.

Rin trat an die Seite Fürstensohns. Im ersten Moment wusste sie nicht, was

ihn offenbar so aufregte, doch dann erkannte sie im flackernden Lichterschein

glitzernde Streifen im grauen Gestein. Vorsichtig fuhr sie mit dem Fingern

über eine der Adern.
 

"Ist es das, was ich vermute?", fragte sie.

"Oh ja", brummte Hiroki. "Das hier ist der Beweis, dass diese Mine durchaus

nicht erloschen ist. Das hier ist der unwiderlegbare Beweis, das Makoto

wirklich unsere Familie und damit auch den Inu no Taishou bestohlen hat.

Rin… ich möchte mich in aller Form bei Euch und Eurem Vater entschuldigen."
 

"Dafür ist glaube ich kaum hier und jetzt der passende Zeitpunkt", knurrte

Keisuke. "Wir müssen erst mal hier heraus und dann könnt ihr alles andere so

lange und ausführlich besprechen, wie ihr wollt. Kommt…" Er drehte sich um und

ging los.

Augenblicklich folgte Rin und Hiroki blieb nichts anders übrig als ihrem

Beispiel zu folgen. Er hastete an ihre Seite und fasste sie fürsorglich an

ihren linken Ellenbogen. "Ich musste es unbedingt sagen. Es war mir ein

dringendes Bedürfnis, die Dinge zwischen unseren Häusern klarzustellen und

jegliche Verdächtigungen zu entkräften."
 

Rin nickte kurz. "Ich verstehe und ich habe auch nie wirklich daran gedacht,

dass Ihr oder Euer Vater in diesen Betrug verwickelt waren. Die Unterlagen

ließen zuerst diesen Verdacht entstehen, doch um es endgültig zu klären, haben

wir bestanden hierher zu kommen. "Mit grimmigem Gesicht fuhr sie fort.

"Und hier haben wir ja auch die Bestätigung erhalten, wie es sich wirklich

verhält."
 

Sie unterbrach sich und hob den Kopf. War es eine Täuschung, oder strich ein

leichter Hauch frische reine Luft über ihr Gesicht?

"Keisuke?", rief sie hoffnungsvoll.

"Es ist nicht mehr weit. Dort vorne muss ein Ausgang sein", bestätigte der

Youkai ihre Vermutung.

"Den Göttern sei Dank. Ich dachte, wir müssten hier unten unser Leben

beschließen", sagte Hiroki und die Erleichterung klang deutlich in seiner

Stimme mit.
 

Es dauerte in der Tat nicht mehr sehr lange, bis sie in einen Quergang

einbogen, der in einer Sackgasse mündete.

Als sie ihre Köpfe hoben, öffnete sich vor ihnen ein langer Schacht an dessen

Ende der Himmel schimmerte. An der Schachtwand lehnte sich ein langer

Holzstamm in den in regelmäßigen Abständen tiefe Kerben eingehauen waren.

Eine primitive Leiter.
 

"Wartet hier. Ich werde vorgehen und sehen, ob die Luft rein ist", sagte Keisuke

und kletterte mit einer Geschicklichkeit und Geschwindigkeit in die Höhe, die

Hiroki neidisch werden ließ.

Dann verschwand der Youkai aus ihrem Sichtfeld.

Rin und Hiroki warteten.
 

Nervös ballten sich die Hände des jungen Mannes immer wieder zu Fäusten. Er

hasste es untätig hier unten rum stehen zu müssen. Nur die Tatsache, dass in

diesen Moment Rin seinem Schutz anvertraut war, hielt ihn zurück.
 

Rin hatte sich unterdessen and die raue Steinwand gelehnt und die Augen

geschlossen. Der kühle Stein in ihrem Rücken tat ihr gut. Es war ihr immer

wärmer geworden.

Herrschte hier unten so eine Hitze, oder hatte sie Fieber?

Unwillkürlich hob sie die Hand und legte sie sich an ihre Stirn. Sie fühlte

den Schweißfilm, der ihre Haut bedeckte und die Bewegung ließ Schmerz durch

ihren Arm und den Kopf schießen.

Leise stöhnte sie auf und biss sich im nächsten Moment auf die Lippen.
 

Nein, sie wollte nicht schwach sein. Sie würde stark sein. Sie würde diesem

ewig schlecht gelaunten Youkai zeigen, das es Menschen gab, die anders waren,

Das nicht alle schwächliche und jämmerliche Kreaturen waren. Dabei wusste

Rin gar nicht so genau, warum sie es ihm so dringend beweisen wollte.
 

"Alles in Ordnung. Ihr könnt kommen. Rin… du als erstes", klang die Stimme

von oben herab und das Gesicht des Youkai tauchte über den Rand des Schachtes auf.

Mit einem Ruck löste sich Rin erleichtert von der Wand und trat an den

Baumstamm.

Sie legte ihre Finger in die ersten Mulden und zog sich dann hoch.
 

Es war ungewohnt, doch mit ein wenig Übung ging es eigentlich ganz leicht.

Sie musste nur darauf achten, dass sie ihren rechten Arm nicht allzu sehr

benutzte, sondern sich hauptsächlich mit dem Linken hochzog. Trotz ihrer

Vorsicht brach ihr am gesamten Körper der Schweiß aus und ihre Lippen wurden

wund vom drauf beißen um das Stöhnen zu unterdrücken.
 

Je höher Rin kletterte, desto besser wurde die Luft. Schließlich erreichte

sie den Ausgang. Eine Hand mit langen Krallen streckte sich ihr entgegen. Sie

ergriff sie und ließ sich von Keisuke aus dem Schatten helfen.

"Danke", sagte sie leise. Er nickte nur kurz und ließ sie sofort wieder los.
 

Hinter ihnen befreite sich nun auch Hiroki aus der Mine, die ihnen fast das

Leben gekostet hatte. Tief atmete er durch.

"Den Göttern sei Dank. Wir haben es geschafft." Er drehte den Kopf, um

festzustellen, wo sie sich befanden. Dann zeigte er in nördliche Richtung.

"Dort liegt das Schloss meines Vaters. Ich glaube zwar nicht, dass wir die

Pferde noch finden, doch einen Versuch ist es wert. Ansonsten werden wir gut

einen Tagesmarsch brauchen."
 

Gemeinsam machten sie sich daran, den Hügel herab zu steigen. Fast automatisch

hatte sich wieder dieselbe Reihenfolge eingestellt, wie in der Mine.

Keisuke ging voran, dann kam Rin und den Abschluss bildete Hiroki.

Es dauert nicht lange und sie erreichten wieder den Tal Grund. Der Eingang

der Mine befand sich nun direkt vor ihnen.

Rin lief im nach hinein, noch ein Schauder über den Rücken, als sie die

Verwüstung sah, die die Explosion angerichtet hatte.

Der gesamte Mineneingang war komplett durch schwere Gesteinsbrocken versperrt.

Es war wirklich ein Wunder, das sie es ohne großartige Verletzungen geschafft

hatten.

Doch dafür würde dieser Kerl bezahlen.

Da brauchte sie nur einen kurzen Blick in die Gesichter ihres Leibwächters

und des Fürstensohnes zu werfen. Hiroki würde nicht eher ruhen, bis dieser

Verräter mit seinem Leben bezahlt hatte. Ganz zu schweigen davon, wenn ihn

Keisuke zwischen die Krallen bekommen sollte.
 

Natürlich waren die Pferde nicht mehr da. Das hieß, dass ein anstrengender

Weg vor ihnen lag.

Sie hob den Kopf und sah in den Himmel. Im Osten waren schon leichte

Veränderungen zu erkennen. Dort verblassten allmählich die Sterne. Sie

waren die gesamte Nacht unterwegs gewesen.

Sie fühlte sich wie zerschlagen. Die Kopfschmerzen hatten sich bei dem

Heraufklettern des Schachtes und dem Abstieg wieder verschlimmert. Sie trieben

ihr fast die Tränen in die Augen.

Ihrem Arm ging es auch nicht gerade besser. Zwar hatte die Blutung aufgehört,

doch das schmerzhafte Ziehen, machte es ihr fast unmöglich ihn in irgendeiner

Weise zu bewegen. Doch was half es sie mussten so schnell wie möglich zum

Schloss zurück, oder Makoto würde sich auf nimmer wieder sehen aus dem

Staub gemacht haben. So machten sich die drei auf den Weg.
 

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Ende Kapitel 8
 

Die Drei haben es geschafft aus der Unglücksmine zu entkommen. In der

Zwischenzeit steckt Jaken in großen Schwierigkeiten.

Doch leider liegt vor Hiroki, Rin und Keisuke "ein langer Weg" zurück ins Schloss.

Die Situation wird für Jaken dadruch nicht besser.
 

Liebe Grüße

chaska

Ein langer Weg

Hallöchen meine Lieben,

Zuerst mal frohes neues Jahr 2013. Viel Gesundheit, der Rest kommt irgendwie von selbst.

Dann folgt eine riesige Entschuldigung, dass ich mich so lange

nicht gemeldet habe. Aber das hatte verschiedene Gründe. Ich hoffe, ich kann nun das

Versprechen geben, das es hier ab jetzt regelmäßiger weitergeht.

Gleichzeitig mit dieser Geschichte geht es auch mit meiner anderen noch offenen

weiter. Und genauso, wie ich es bei „Erwachen“ machen werde, werde ich auch hier

nach dieser langen Zeit eine kleine Zusammenfassung geben.
 

Inzwischen sind einige Jahre in das Land gezogen und Rin die Ziehtochter von

Lord Sesshomaru und Ayaka ist zu einer jungen Frau herangewachsen. Gemeinsam mit

Jaken und einem Leibwächter wird sie auf eine wichtige Mission geschickt um die

Verhandlungen mit dem menschlichen Fürsten durchzuführen.

Eine Aufgabe die genau den Geschmack der jungen Frau trifft.
 

Allerdings nicht den von ihrem Leibwächter, denn Keisuke ist nicht gerade

freundlich auf Menschen zu sprechen. Also sind Reibereihen zwischen ihm und Rin

schon vorprogrammiert.
 

Auf dem Schloss angekommen, finden die drei ein freundliches Willkommen und vor

allen der junge Sohn des Fürsten Hiroki, freundet sich mit Rin an. Gerade das ist

dem Leibwächter ein neuer Dorn im Auge, denn allmählich, ohne, dass er es sich

selbst eingesteht, beginnt er seine Meinung über Rin zu ändern.
 

Nach Prüfung der Bücher findet Jaken heraus, dass es Unregelmäßigkeiten gibt, was

eine Silbermine angeht. Um das zu überprüfen, statten Rin, der Fürstensohn Hiroki

und Keisuke zusammen mit dem zuständigen Verwalter Makoto der Mine einen Besuch ab.
 

Durch eine Ausrede entfernt sich der Verwalter und im nächsten Moment wird der

Mineneingang durch eine Explosion verschüttet.

Es geling Keisuke, Rin und Hiroki gerade noch rechtzeitig sich tiefer in die Mine

zurückzuziehen, doch werden sie trotzdem fast von den Stein Trümmern erschlagen.

Gerade Rin ist es, die es am schwersten getroffen hat. Sie ist verletzt, und

trotzdem versucht sie alles um den anderen nicht zur Last zu fallen, während sie

verzweifelt nach einem Ausweg suchen.
 

In der Zwischenzeit hat Jaken heimlich im Schloss versucht die Räume von Makoto zu

durchsuchen. Dabei wird er von dem heimkehrenden Verwalter überrascht und außer

Gefecht gesetzt. Noch kann Makoto nicht einfach verschwinden, denn er muss noch

einige Vorbereitungen treffen.
 

Keisuke ist es in der Mine gelungen einen Ausweg zu finden und es dauert nicht

lange, da machen sich die drei auf den beschwerlichen Weg zurück zum Schloss.

Und genau hier steigen wir wieder in die Geschichte ein.
 

Viel Spaß beim Lesen...
 

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Ein langer Weg
 

Die Sonne stieg immer höher über die Hügel und schließlich fiel das helle Licht

auf die taufeuchten Gräser und Bäume. Die Vögel begrüßten lautstark den neuen Tag.

Doch für die drei einsamen Wanderer bedeutete es auch, dass in kürzester Zeit

wieder eine solche Wärme herrschen würde, dass der Marsch zu einer Qual werden

würde.
 

Vorsichtig sog Keisuke die Luft ein. Deutlich nahm er Rin’s Geruch wahr. Er begann

ihm Sorgen zu machen. Er konnte wittern, wie sehr sie erschöpft war und nicht

nur das. Zusätzlich roch sie... krank. Offensichtlich hatte sich ihre Wunde am

Oberarm entzündet und ein Fieber ausgelöst.

Unauffällig warf er einen Blick zurück.
 

Sie hielt sich tapfer. Nicht ein Wort der Klage war in der ganzen Zeit über ihre

Lippen gekommen. Dabei war sie die einzige, die verwundet worden war.

Keisuke spürte, wie ihn die heiße Wut auf den Attentäter erfasste. Der Kerl hatte

Rin verletzt, die seiner Obhut anvertraut war.
 

Rin rang sich jeden Schritt ab. Sie waren seit gut zwei Stunden unterwegs und sie

war an das Ende ihrer Kräfte gekommen. Sie spürte, dass es nicht mehr lange dauern

konnte, bis die zitternden Beine unter ihr nachgaben. Schließlich gab sie ihrer

Erschöpfung nach und blieb stehen. " Wartet... ich muss mich kurz ausruhen..."
 

Hiroki drehte sich um und erschrak über das Aussehen der jungen Frau. Gleichzeitig

machte er sich Vorwürfe, er hätte mehr auf sie achten müssen. In den letzten

Stunden hatte er sich gedanklich nur mit dem Verrat von Makoto beschäftigt.

"Rin...", rief er besorgt und streckte hilfreich die Hand nach ihr aus, denn die

junge Frau sah aus, als ob sie jeden Moment zusammenbrechen konnte.

Doch bevor er sie berühren konnte...
 

"Fasst sie nicht an!", kam es mehr als drohend vom dem Youkai und mit einem

einzigen großen Schritt stand er zwischen Rin und dem Fürstensohn.

Hiroki erstarrte mitten in der Bewegung.

Ohne auf ihn zu achten, drehte sich Keisuke zu Rin um und packte sie kurzerhand

unter den Beinen und der Hüfte und nahm sie auf die Arme.
 

Rin entwich ein überraschter Laut, als sie sich so unvermittelt in die Höhe

befördert wurde. Sicher lag sie nun in Keisuke’s Armen, der unverzüglich den Weg

wieder aufnahm.

Hiroki schüttelte nur leicht den Kopf. Diese Youkai’s waren wirklich nicht leicht

zu verstehen.

Er hatte den Eindruck gehabt, dass es Keisuke immer mehr als nur lästig gewesen

war als Leibwächter zu agieren. Doch als er ihn in diesem Moment in die Augen

geblickt hatte, hatte er das Gefühl, als ob da mehr zu finden gewesen war, als nur

reines Pflichtgefühl.
 

Der Fürstensohn fühlte fast so etwas wie Eifersucht.

Rin war eine außergewöhnliche Frau. Selten hatte er soviel Mut und Schönheit in

einer Frau vereint gefunden. Es wäre mehr als erstrebenswert eine Verbindung mit

ihr einzugehen. In dem Moment in dem er das gedacht hatte, setzte sich die Idee

unauslöschbar in seinem Inneren fest. Ja... es wäre wirklich schön so eine

Gefährtin zu haben. Er würde mit seinem Vater reden.

Dieser Leibwächter war da kein Hindernis. Er war nur ein Diener und es war nicht

vorzustellen, das ein Youkaifürst, das anders sah, als ein menschlicher. Dazu kam,

das Rin auch ein Mensch war und kein dämonisches Wesen.
 

Rin hatte sich in dem Moment in dem Keisuke sie hoch genommen hatte, völlig

verkrampft. Noch nie war sie ihrem Leibwächter so nah gekommen. Sie wusste ja nur

zu genau, was er von den Menschen hielt. Da hatte er kein Geheimnis daraus gemacht.

Jetzt hielt er sie jedoch sicher in seinen Armen und bewegte sich mit großen

Schritten vorwärts.
 

Langsam begann sie sich wieder zu entspannen und sie spürte, wie müde und erschöpft sie wirklich war.

"Es tut mir leid", murmelte sie leise.

Keisuke gönnte ihr keinen Blick und sah nur starr geradeaus auf den Weg.

"Was tut dir leid?", fragte er erst nach mehreren Minuten, als Rin schon glaubte,

er würde überhaupt nicht reagieren.

Rin hob den Kopf und sah in seine regungslose Miene. "Ich wollte doch tapfer sein

und keine Last für Euch darstellen und nun..."

"Nun?"

"Nun habe ich versagt. Ich bin eben doch nur ein... jämmerliches und schwächliches

Geschöpf", wiederholte sie leise und mit Traurigkeit Keisuke’s Worte, die er ihr

erst vor wenigen Tagen am Abend am See gesagt hatte. Müde lehnte sie ihren Kopf

an seine Schulter und schloss die Augen.
 

Keisuke hielt fast den Atem an, als er ihre Worte vernahm. Er senkte den Kopf und

sah auf sie herunter.

Genau musterte er sie.

Ihre Kleidung war immer noch mit dem Gesteinsstaub verdreckt. Das Blut an ihrer

Schläfe hatte eine rotbraune Kruste gebildet und ihr Oberarm war mit dem

provisorischen Verband versorgt. In ihrem bleichen Gesicht hoben sich ihre

geröteten Wangen hervor.

Er fühlte, wie ihr Körper im Fieber glühte.

Sie war bis an ihre Grenzen gegangen und noch darüber hinaus.

Ein seltsames Gefühl, wie Stolz, durchfuhr ihn. Zusammen mit dem unbändigen Wunsch

sie für immer zu beschützen.

"Nein, das stimmt nicht", antwortete er mit kaum hörbarer Stimme. "Du bist das

tapferste Geschöpf das mir je begegnet ist." Und verstärkte unwillkürlich den Griff

und presste sie noch ein wenig fester an sich.
 

Benommen öffnete Rin die Augen, die sie geschlossen hatte. Es war sicher, dass es

das Fieber war, das sie so merkwürdige Worte hören ließ. Müde schloss sie sie

wieder und legte ihren Kopf an seine Schulter zurück und nur Sekunden danach war

sie schon eingeschlafen.
 

In der Ferne tauchten Staubwolken auf. Keisuke blieb stehen und musterte

aufmerksam die hoch wirbelnden Wolken.

Hiroki trat an seine Seite. " Sie kommen aus der Richtung des Schlosses.

Anscheinend hat unsere lange Abwesenheit das Misstrauen meines Vaters erregt und

er hat einen Suchtrupp losgeschickt. Gerade noch zur rechten Zeit."

"Ich würde das als zu spät bezeichnen. Wenn wir uns nicht selbstständig aus der

Mine befreit hätten, dann wäre es übel für uns ausgegangen", erwiderte Keisuke ohne

den Blick zu wenden.
 

Es waren in der Tat Soldaten aus dem Schloss.

In unmittelbarer Entfernung hielten sie an. Hiroki trat an das Pferd des Anführers

der Gruppe heran. Dieser sprang sofort aus dem Sattel und kniete sich in der

Haltung der Samurai vor dem Fürstensohn nieder.
 

Keisuke beobachtete, wie sie sich angeregt unterhielten, dann winkte der Mann nach

hinten und zwei Reiter lösten sich aus dem Verband.

Sie stiegen ab und einer reichte die Zügel an den Fürstensohn, der andere trat vor

Keisuke und hob auffordernd die Hand.

Keisuke winkte ab. Er würde unter keinen Umständen Rin einem anderen anvertrauen.

Er verlagerte vorsichtig ihr Gewicht und mit der nun freien Hand griff er an den

Sattelknauf. Ein kurzer Ruck und er saß oben Rin sicher in den Armen.

Er verlagerte wieder ihr Gewicht, bis sie auch hier sicher war.
 

Hiroki trieb sein Pferd neben das von dem Youkai. "Der Verwalter ist gestern auf

dem Schloss aufgetaucht. Er hat behauptet, dass der Mineneingang eingestürzt ist

und wir verschüttet wurden.

Mein Vater hat sofort einen Suchtrupp losgeschickt. Vielleicht finden wir auf dem

Schloss eine Spur, die uns zu diesem Verräter führt."
 

Keisuke nickte nur. Für ihn kam dieser Kerl erst an zweiter Stelle. Er wollte Rin

zuerst in Sicherheit und in der Obhut eines Heilers wissen. Dann würde er sich auf

die Fährte des Verwalters setzten.

In seinen Augen bekam dieser Mistkerl damit nur eine kleine Schonfrist. Sein Tod

war für Keisuke schon längst beschlossene Sache.
 

Der Reitertrupp setzte sich in Bewegung. Die beiden Soldaten, die ihre Pferde

hatten abgeben müssen, waren von zwei Kameraden mitgenommen worden. Trotz der

doppelten Belastung konnte die beiden Tiere das stramme Tempo mitgehen.
 

***********************************************************************
 

Das Schloss kam immer näher. Der Reitertrupp wurde schon von weitem von den Wachen

erkannt und die Tore wurden weit geöffnet. Ohne anzuhalten preschten sie auf den

Innenhof des Schlosses.

Diener eilten schnell herbei.
 

Mit einem geschmeidigen Satz sprang Hiroki aus dem Sattel. Er trat an Keisuke’s

Pferd und hielt persönlich die Zügel bis der Dämon mit Rin im Arm wieder sicher

auf dem Boden stand.

Ein Diener verbeugte sich tief vor dem Fürstensohn. "Mein Herr, Euer Vater wünscht

Euch in seinem Arbeitszimmer zu sehen. "

Hiroki nickte nur kurz "Ich komme sogleich. Sorge du dafür, dass der Heiler

unverzüglich zu den Gästezimmern der Hime gebracht wird."
 

Hiroki wandte sich an den Inuyoukai. Rin war in der Zwischenzeit wieder wach

geworden. Etwas verwirrt sah sie sich um. Als sie erkannt, dass sie sich wieder im

Schloss befanden, forderte sie sogleich. "Lasst mich runter. Ich bin doch kein

Kleinkind, was man ständig herumtragen muss."

"Nein!", antwortete Keisuke kurz angebunden, damit war für ihn die Diskussion auch

schon beendet.
 

Mühsam unterdrückte er ein Knurren, als er sah, wie sich nun der Fürstensohn die

Hand ausstreckte und Rin’s linke Hand zärtlich umfasste.

"Diesmal muss ich Eurem Leibwächter zustimmen. Rin-chan, Ihr seid verletzt und

bedürft eines Heilers. Ich habe schon alles veranlasst. Unser Heiler ist ein sehr

fähiger Mann. Sobald es meine Pflicht erlaubt, werde ich unverzüglich zu Euch

kommen."
 

Rin sah abwechselnd in das unbewegte Gesicht ihres Beschützers und in das von

Hiroki. Es schien fast so, als ob die beiden so unterschiedlichen Männer sich

gegen sie verschworen hätten.

Sie fühlte die Wärme von Hiroki's Hand und ein angenehmes Gefühl der Sicherheit

breitete sich in ihr aus. "In Ordnung", stimmte sie leise zu.

Ein Lächeln glitt über das staubige Gesicht des Fürstensohnes "Du bist in guten

Händen." Dann warf er Keisuke einen Blick zu und das Lächeln verschwand von seinem

Gesicht. "Sorge gut für sie, ansonsten wirst du vor mir Rechenschaft ablegen."
 

Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte er sich um und verschwand durch das große

Portal in das Innere des Schlosses.

Rin sah ihm etwas verblüfft nach. Hatte sie etwas verpasst?

Ein leises "Pah!", kam von Keisuke.

Rin sah etwas verwirrt dem Youkai ins Gesicht. Täuschte sie sich, oder spürte sie

eine unterschwellige Rivalität zwischen dem Fürstensohn und dem Youkai.

Allerdings schob sie es dem Ehrgefühl der beiden zu, die beide bestrebt waren sie

zu beschützen.
 

Weiter kam Rin nicht mehr mit ihren Überlegungen, denn der Youkai nahm zielstrebig

Kurs auf die Gästezimmer immer noch mit ihr auf den Armen.
 

Ein Diener ging vor ihnen her und öffnete die Türen. Schließlich betraten sie das

Gästezimmer von Rin.

Behutsam ließ Keisuke Rin auf den Boden gleiten. Kaum stand sie, spürte Rin auch

schon, wie ein leichter Schwindel sie erfasste.

Sofort war Keisuke da, griff ihren linken Arm und legte seinen anderen um ihre

schmale Taille.
 

Rin fühlte die Stärke von ihm. Sie konnte nur ahnten, wie kräftig dieser Youkai war.

Doch in diesem Moment hielt er sie unendlich sanft.

Sie suchte den Blickkontakt zu ihm. Seine dunklen Augen musterten sie aufmerksam.

Rin versuchte hinter die Maske der Gleichgültigkeit zu sehen, die er wieder

aufgesetzt hatte. Doch wie immer gelang ihr das nicht.

Er glich in dieser Beziehung sehr ihrem Ziehvater.
 

In diesem Moment wurde an der Tür geklopft.

"Herein!", forderte Keisuke auf.

Empört sah ihn Rin an. " Das ist mein Zimmer. Nur ich habe das Recht dazu Einlass

zu gewähren."

"In diesem Fall unterstehst du meiner Obhut und damit auch meinem Befehl", antwortete

Keisuke kühl.

Rin holte tief Luft um ihrer Empörung Ausdruck zu verleihen. Die

selbstverständliche Art und Weise in der er die Kontrolle übernahm, ärgerte sie.
 

Doch die Tür wurde schon aufgeschoben und ein Mann gefolgt von einer jungen Frau

trat ein. Er war schon alt. Sein Gang war leicht gebeugt und das Haar hatte die

Farbe des Alters. Das Gesicht von zahlreichen Runzeln durchzogen, doch seine

braunen Augen blickten in einer Klarheit, die sein offensichtliches Alter Lügen

strafte.
 

Für einen kurzen, kaum merkbaren Moment hielt der Mann inne und erfasste die

Situation, die sich ihm hier bot.

Eine junge Frau und ein junger Mann, augenscheinlich ein Youkai, in einer sehr

vertrauten Haltung. Oder war es gar schon eine Umarmung zu nennen?

Seine Augenbrauen hoben sich fragend in die Höhe.

"Mein Name ist Takumi, ich bin der Heiler. Man hat mir mitgeteilt, dass hier

jemand meiner Hilfe bedarf."
 

Rin versuchte dem Griff des Youkai zu entkommen. Sie fand es als demütigend wie

ein hilfloses Kind behandelt zu werden.

Keisuke ließ sich von ihren Bemühungen nicht großartig beeindrucken.

"Takumi-san also... gut Rin-hime ist verletzt. Ihr werdet Euch um sie kümmern."

Er löste endlich den Griff und trat einen Schritt zurück

"Dazu bin ich hier", sagte Takumi und wandte sich mit einem Lächeln an Rin.

"Rin-hime, nehme ich an. Bitte erzählt mir, was passiert ist."
 

Rin bemühte sich den kümmerlichen Rest ihrer Würde zusammenzukratzen und strafte

die Schultern. "Ich bin durch einen Steinschlag verletzt worden. Hier am Kopf und

an meinem Arm."

Der Heiler nickte. "Ich werde nachsehen." An den Youkai gewandt fuhr er fort

"Es wird nötig sein, dass sich die Hime entkleidet. Bitte wartet draußen."

Entschlossen schüttelte Keisuke den Kopf. "Das kommt nicht in Frage. Ich werde

den Raum nicht verlassen."
 

Bei Rin riss der letzte Geduldsfaden. Ihre Nerven lagen blank.

"Verschwinde!", fauchte sie ihn an. " Ich brauche dich nicht. Ich bin auch ohne

dich immer gut klargekommen."

Ein leises überhebliches Lächeln glitt über Keisuke’s Gesicht. Aus einem ihm

unerfindlichen Grund mochte er es, wenn ihre Augen vor Ärger funkelten. Er wusste

nicht wieso, aber es machte Spaß sie aus der Reserve zu locken. "So gut, wie in

dem Bach? Ich verstehe. Mach nicht so ein Theater. Ich weiß, wie ein Weib aussieht.

Und du hast nichts, was ich nicht schon woanders gesehen hätte."

Kaum hatte er es gesagt, bereute er es.
 

Rin’s Wangen färbten sich tiefrot und sie bedachte ihn mit einem Blick, der nur zu

deutlich zeigte, dass sie sich in diesem Moment sehnlichst ein Schwert oder einen

Stock wünschte um ihn Keisuke über den Schädel ziehen zu können.
 

Der Heiler verfolgte höchst interessiert die Auseinandersetzung. Offensichtlich

gab es hier nicht das Verhältnis eines Dieners und einer Herrin.

Ob das bei Dämonenfürsten etwa anders war, als bei den menschlichen?

Er glaubte nicht wirklich, gerade deshalb war es so interessant. Es ließ gewisse

Vermutungen aufkommen, die aber im Interesse der eigenen Gesundheit wohl besser

unausgesprochen blieben.
 

"Mach doch was dir gefällt. Wenn es nach mir geht, fahr zur Hölle!", fauchte Rin

und straffte die Schultern. Sie hob die Hände und griff nach der Verschnürung, die

ihren Haori zusammenhielt.

Mit funkelnden Augen fixierte sie provokant den Youkai.
 

Keisuke schluckte und wandte sich rasch um, bevor der Stoff zu Boden glitt. Das

kleine Fenster an der Breitseite des Zimmers wurde plötzlich sehr interessant für ihn.
 

Doch das Abwenden verschonte ihn nicht vor den Geräuschen, die hinter ihm

aufklangen und die ihm auch so alles erzählten.

Das feine Rascheln der Kleidung, wie sie zu Boden fiel. Der Geruch von Rin und von

frischem Blut, als der Heiler den provisorischen Verband vom Arm entfernte.
 

Ein leises, schmerzerfülltes Wimmern ließ ihn zusammenzucken und herumfahren,

bereit sich auf denjenigen zu stürzen, der Rin offensichtlich Schmerzen zufügte.

Doch ebenso schnell drehte er sich wieder um. Hitze in seinem Gesicht fühlend.

~Rin!~

Mit einem einzigen Schritt war er an dem Fenster und legte seine Hände Halt

suchend auf den hölzernen Rahmen.

Er schloss die Augen.

Doch damit verschwanden die Bilder nicht.
 

Rin völlig entkleidet.

Auf ihrem schlanken, biegsamern Körper hatte er die dunklen Flecken gesehen. Große

farbige Blutergüsse.

Erst in diesem Moment wurde ihm der gesamte Umfang ihrer Verletzungen bewusst. Die

herunterfallenden Felsbrocken der Explosion mussten sie am gesamten Körper

getroffen haben.

Warum hatte er das nicht vorher bemerkt?
 

Keisuke erinnerte sich, wie nahe sie an der herab gestürzten Felsendecke des

Ganges gelegen hatte. Teilweise war sie sogar von den Steinen bedeckt gewesen.

Was musste sie für Schmerzen ausgehalten haben, während sie nach dem Ausgang aus

der tödlichen Falle gesucht hatten?

Schmerzlich erinnerte er sich, wie er sie genannt hatte. Ein jämmerliches

schwächliches Geschöpf.

Seine Hände krampften sich um das Holz. Seine scharfen Krallen gruben

unauslöschliche Spuren hinein.
 

Eine Bewegung an seiner Seite ließ ihn aus seiner Erstarrung erwachen.

Er wandte halb den Kopf und erblickte den Heiler neben sich.

War dieser schon fertig? War etwa soviel Zeit verstrichen, ohne dass er es bemerkt

hatte?
 

"Ich habe die Wunden der Hime versorgt. Sie waren, den Göttern sei Dank, nicht

ernsthaft", berichtete der alte Mann. "Ich werde den Dienern eine spezielle

Kräutermischung geben. Aus dieser wird ein Tee gebraut, den sie bitte über den Tag

verteilt trinken soll. Er wird das Fieber vertreiben. Achtet darauf, dass sie ihn

trinkt.

Ansonsten soll die Hime noch zwei Tage das Lager hüten, dann darf sie für kurze

Zeit aufstehen. In etwa drei Tagen sollte das gröbste überstanden sein. Morgen

komme ich noch mal vorbei um den Verband zu wechseln und nach den Verletzungen sehen."
 

"Ich werde auf sie achten", versprach Keisuke seine Stimme klang rau.

~Da bin ich mir absolut sicher~, dachte der Heiler mit einem wissenden Lächeln.

Mit einem knappen Nicken, wandte er sich zum Gehen.

Seine Assistentin, die die ganze Zeit schweigend an seiner Seite gearbeitet hatte,

packte ebenso wortlos die Sachen zurück in die Kiste und folgte ihrem Meister aus

dem Zimmer. Mit einem leisen Klacken schloss sich die Holztür hinter den beiden.
 

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Ende Kapitel 9
 

Also sind die Drei endlich wieder im Schloss. Rin wurde versorgt. Doch damit ist

das Ganze noch lange nicht abgeschlossen.

Was ist in der Zwischenzeit mit Jaken passiert? Und wo steckt der verräterische

Verwalter Makoto?
 

In nächsten Kapitel befindet sich Keisuke „auf der Suche nach Jaken“ und findet

dabei mehr als er gedacht hatte.
 

Liebe Grüße

chaska

Auf der Suche nach Jaken

Hallöchen,

ein neues Kapitel geht online. Ich will Euch auch nicht lange aufhalten.

Viel Spaß beim Lesen...

 

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Auf der Suche nach Jaken
 

Keisuke verharrte für einen Moment regungslos, dann trat er an Rin’s Lager und

ließ sich neben ihr auf den Boden nieder.

Rin lag wie schlafend da. Ihre Augen waren geschlossen und das Laken, das

ihr als Decke diente, bewegte sich unter ihren regelmäßigen Atemzügen. Das

dichte, lange Haar war in einen Zopf geflochten worden.

Offensichtlich hatte die Assistentin des Heilers den Gesteinsstaub ausgebürstet

und auch das Gesicht von Rin abgewaschen.

 

Um ihren Kopf war eine weiße Binde gewickelt, die die Platzwunde auf ihrer

Schläfe verdeckte. Die Verletzung an ihrem Oberarm war hingegen nicht zu

erkennen, denn Rin war nun in einen einfachen cremfarbenen Yukata gekleidet.

 

Während Keisuke sie noch betrachtete, öffnete Rin unvermittelt die Augen

"Alles in Ordnung? Hast du Schmerzen?", fragte der Youkai.

Rin schüttelte langsam den Kopf "Nein, es geht." Vorsichtig sah sie sich um.

"Wo ist Jaken-sama? Ist er noch nicht hier?"

Etwas verblüfft schüttelte Keisuke den Kopf. Dieser kleine lästige Krötendämon

war das Letzte an das er die vergangenen Stunden gedacht hatte.

 

Ein nachdenkliches Runzeln ging über Rin’s Stirn. Jaken’s Abwesenheit war

ungewöhnlich. Sie hatte fest damit gerechnet ihn hier in Kürze auftauchen zu

sehen. Sie war nicht gerade erpicht darauf seine Nörgeleien zu hören, doch

seine vollständige Abwesenheit stimmte sie misstrauisch.

"Da stimmt etwas nicht", sagte sie leise, stemmte sich auf die Ellenbogen und

machte offensichtlich Anstalten aufzustehen. "Wir müssen ihn suchen."

 

Ohne zu überlegen, was er da tat, legte Keisuke seine Hand auf Rin’s Brust und

drückte sie mit sanfter Gewalt wieder zurück in die Kissen.

"Du gehst nirgends wohin."

In der nächsten Sekunde wurde er ihm sein Handeln bewusst.

 

Unter seiner Hand spürte er die sanfte Wölbung von Rin’s Brust und er fühlte

das heftige Schlagen ihres Herzens. Ihm wurde nur allzu bewusst, dass sich

nur das dünne Laken und der Stoff des Yukata’s zwischen ihnen befanden.

Zwischen seiner Hand und ihrer nackten Haut.

~Rin!~, durchzuckte es ihn.

Hitze stieg in ihm hoch. Ihr Geruch war so intensiv geworden, dass er ihn

ganz ausfüllte.

 

Rin fühlte sich zurückgedrängt in die Kissen. Doch anstatt die Hand zurück zu

ziehen, blieb Keisuke in dieser Position.

Sie spürte die Wärme seiner Hand auf ihrem Körper. Wie ein Blitz durchzuckte

sie der Gedanke, wie sich seine Hände wohl auf ihrem Körper anfühlen würden.

Allein der Gedanke daran, so flüchtig wie er auch war, färbte ihre Wangen

tiefrot und ließ ihr Herz schneller schlagen.

 

Verzweifelt versuchte sie sich zu konzentrieren. Doch unter dem eindringlichen

Blick seiner dunklen Augen, die in ihre Seele zu blicken schienen, war es ihr

kaum möglich.

"Jaken-sama!", stieß sie krampfartig hervor. "Wir müssen ihn finden. Mein

Vater wird sicher nicht sehr erfreut sein, wenn sein treuester Diener

verloren geht."

 

Die Nennung des Fürsten der westlichen Länder, wirkte wie eine eiskalte

Dusche auf Keisuke und er zog rasch seine Hand zurück.

Augenblicklich überkam ihn ein Gefühl des endgültigen Verlustes. So stark,

das er ihm fast nachgegeben hätte.

Allein der Gedanke an eisige goldene Augen, die mit einem tödlichen Ausdruck

auf ihn ruhten, hielt ihn zurück

"Du hast Recht", antwortete er leise und war im Nachhinein fast dankbar über

diese Unterbrechung. "Ich werde ihn suchen gehen."

 

Mit einem Ruck erhob er sich und ging zur Tür.

"Keisuke...?", der leise Ruf erreichte ihn, als er schon die Tür aufgezogen

hatte. Er hielt inne und wandte sich halb um.

Rin hatte sich wieder halb aufgerichtet und sah in aus weit geöffneten Augen

an. "Ja?"

"Ni... nichts... Finde ihn einfach nur."

Er nickte knapp, verließ endgültig das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.

"... und pass auf dich auf", flüsterte Rin unhörbar und ließ sich zurücksinken.

 

Draußen lehnte sich Keisuke aufatmend an das Holz. Das, was er dort drinnen

gefühlt hatte, hatte ihn fast die Beherrschung verlieren lassen.

Er wusste nur zu genau, was es gewesen war. Es gab im heimatlichen Schloss

durchaus zwei oder drei Dienerinnen, mit denen er schon ein paar schöne

Stunden verbracht hatte.

Begehren und Lust waren ihm nicht fremd.

 

Jedoch so intensiv hatte er sie noch nie gespürt. Verbunden mit einem weiteren

starken Gefühl, das sein Herz schneller schlagen ließ.

Er legte den Kopf in den Nacken und schloss gequält die Augen. Bei allen

Göttern, wie hatte das nur passieren können?

Ausgerechnet ihm?

Er hatte sich verliebt.

Irgendwann, völlig unbemerkt, hatten sich seine Gefühle zu Rin von Abneigung

in Zuneigung, ja in Liebe, verändert.

Was sollte er nun tun?

 

"Jaken finden", murmelte er nicht gerade ohne Sarkasmus. Dieser Kerl würde

ihn mit absoluter Sicherheit von den gefährlichen Gedanken ablenken, die ihn

momentan beschäftigten.

Denn mit diesem ganz besonderen Diener des Herrn konnte man alles in

Verbindung bringen, aber ganz bestimmt nicht Gefühle, wie Liebe, Lust

und Leidenschaft.

Ein geradezu fieses Grinsen breitete sich auf Keisuke’s Gesicht aus. Nein, da

waren wirklich eher Gedanken, wie Mord und Todschlag angesagt.

 

Mit einem Ruck löste er sich von der Wand und machte sich auf den Weg zu

den Räumlichkeiten, die Jaken zugewiesen worden waren. Schon als er

die Tür aufzog wusste er, dass er den Krötendämon hier

nicht antreffen würde.

Der Geruch war längst nicht so intensiv, wie er hätte sein müssen,

wenn Jaken sich in dem Raum befunden hätte.

 

Sorgfältig sah er sich um. Alles schien in Ordnung. Alles stand an seinem

Platz. Nichts wies darauf hin, das Jaken dieses Zimmer nicht freiwillig

verlassen hatte. Gedankenverloren strich sich Keisuke über das Haar. Den

Geruchsspuren zu folgen, die hier aus diesem Zimmer führten, hatte wenig

Zweck. Da wäre er mehrere Tage beschäftigt sie alle zu überprüfen. Dazu war

Jaken viel zu sehr in dem Schloss unterwegs gewesen. Nein, hier musste man

methodisch vorgehen.

Wo könnte Jaken hingegangen sein?

 

~Klar!~, Keisuke schnippte mit dem Finger, dass ihm das nicht frührer

eingefallen war. Sie hatten zusammen über ihren Verdacht gegenüber dem

Verwalter gesprochen. Was lag da näher, während ihrer Abwesenheit, wo der

Verwalter ihnen die Mine gezeigt hatte, sein Zimmer zu durchsuchen?

Das sehe Jaken auf jeden Fall ähnlich.

 

Der Youkai verließ das Gästezimmer. Draußen lief ihm ein Diener über den Weg.

"Warte!", befahl Keisuke mit scharfer Stimme.

Der Mann zuckte zusammen, als er unvermutet von dem Dämon angesprochen wurde.

Hastig sank er den Boden und verbeugte sich tief. "Was befehlt ihr, Herr?"

"Führe mich zu dem Zimmer des Verwalters."

"Wie Ihr wünscht, Herr", rasch stand der Mann auf und hastete vorwärts. Er

wagte es nicht nur einen Blick zurück zu werfen.

Keisuke folgte dem Mann unverzüglich durch die langen Flure. Vor einer

schmalen Schiebetür blieb der Diener schließlich stehen.

"Hier ist es, Herr. Braucht ihr mich noch?"

Keisuke schüttelte den Kopf und sofort eilte der Diener weiter. Offensichtlich

froh, der Gegenwart des Youkai unbeschadet entkommen zu sein.

 

Nachdenklich betrachtete Keisuke die Tür. Er hatte richtig vermutet. In diese

Räume führte eine Spur von Jaken.

Vorsichtig schob er die Tür auf und trat ein.

Ein kleines Chaos erwartete ihn. Zwei Truhen standen an den Wänden, sie waren

aufgeklappt und Kleidungsstücke lagen wild auf dem Boden durcheinander. Nahe

dem kleinen Fenster, stand ein Schreibpult. Schriftrollen und Bücher lagen

kreuz und quer auf der hölzernen Arbeitsplatte.

Hier sah alles nach einem mehr als hektischen Aufbruch aus.

 

Prüfend sog Keisuke die Luft ein. Hier schwang etwas mit, das eindeutig nicht

in diese Umgebung passte.

Ein brenzliger Geruch, der seine Nase förmlich reizte.

Suchend wandte er den Kopf hin und her um die Quelle dieses merkwürdigen

Geruchs auszumachen Erst als er den Kopf hob und an die Decke des Zimmers sah,

konnte er die Ursache davon ausmachen.

 

"Verdammt!", murmelte er. Auf dem dunklen Holz der Deckenbalken waren

eindeutig Brandspuren zu erkennen. Das waren unter Garantie Spuren eines

Feuerstoßes aus Jaken‘s Nintojo-Stab.

Da Jaken dafür bekannt war dieses Ding ansonsten mit einer geradezu perfekten

Treffsicherheit einzusetzen, was einige saumselige Diener auf Schloss Inu no

Taishou durchaus bestätigten konnten, war das da oben mehr als besorgniserregend.

Der Verdacht lag nahe, dass Jaken das Zimmer durchsucht hatte und durch den

unvermutet heimkehrenden Verwalter überrascht worden war.

Es musste ein kurzer Kampf gewesen sein. Und da er keinerlei Blut wittern

konnte, war er auch ohne ernsthafte Verletzungen abgegangen.

 

Doch wo befand sich Jaken jetzt? Hier auf jeden Fall nicht.

Keisuke verließ den Raum und schloss die Tür. Im Flur ging er einige Male

konzentriert hin und her, bis er sich sicher sein konnte die passende Spur

gefunden zu haben.

Eine Geruchsspur von Jaken und dem Verwalter, die gleichzeitig in eine

Richtung führte.

 

Voll konzentriert folgte der Youkai nun dieser Spur. Wie ein unsichtbarer

roter Faden führte ihn die Fährte durch das Schloss.

Schon nach wenigen Schritten zweigte sie in einen Nebengang ab, der wohl

weniger benutzt wurde. Es gab Stellen, wo der Geruch manchmal intensiver wurde.

Meistens an Ecken oder Wegkreuzungen. Augenscheinlich hatte Makoto dort länger

verweilt, bis die Luft rein war.

 

Schließlich führte die Spur Keisuke eine schmale Holztreppe hinunter, deren

Stufen vor einer Tür endeten. Als er sie öffnete, befand er sich im

rückwärtigen Teil des Schlossinnenhofes. In dem Bereich, wo sich

Vorratsschuppen befanden.

Für einen Moment verharrte Keisuke und ließ den Blick über die Gebäude und

den freien Platz davor gleiten.

Alles war ruhig. Keine Diener oder Wachen verirrten sich ohne triftigen Grund

hierher. Im Grunde genommen war es ein perfektes Versteck.

 

Mit raschen Schritten überquerte er den Hof und folgte der Spur zu einem

kleinen Gebäude. Lauschend lehnte er den Kopf an das Holz der Tür.

Es war nichts Verdächtiges zu hören. Nur die leisen Geräusche seines eigenen

Atems.

 

Keisuke zog die Tür auf und huschte in das Halbdunkle des Schuppens. Rasch

schloss er die Tür hinter sich und blieb reglos stehen.

Er hatte sich nicht geirrt.

Hier war der Geruch von dem Verwalter und Jaken am intensivsten.

 

Vor ihm befanden sich Truhen, Kisten und mit Stoff überzogene Ballen. Mit

der Hand glitt er prüfend über einen dieser Ballen. Stoffe. Das hier war

ein Vorratsschuppen in dem keinerlei Lebensmittel aufbewahrt wurden, sondern

Sachen, die von allgemeiner Natur waren und auch nicht so häufig benötigt

wurden.

Hier kam sicher nur selten einer der Schlossbewohner her.

 

Vorsichtig ging Keisuke weiter. Er achtete darauf kein Geräusch zu verursachen.

Es waren nur wenige Schritte, dann stand er schon vor der rückseitigen

Wand des Gebäudes. Verwirrt runzelte er die Stirn.

Von außen hatte der Schuppen irgendwie etwas länger gewirkt.

 

Er blickte nach rechts und nach links. Auffällig war, dass sich in dem

Bereich von etwa zwei Meter keinerlei Kisten oder Ballen an der Rückwand

auftürmten.

Ob das Absicht war? Und wenn, warum?

Vorsichtig klopfte er die Wand ab. Der Klang war merkwürdig hohl.

 

Er legte beide Handflächen flach gegen das Holz und übte gleichmäßig Druck

aus. Ein leises Klacken erklang und mit einem Mal glitt ein Stück der Wand

beiseite und legte einen dahinter liegenden Hohlraum frei.

Der Raum war erstaunlich groß.

 

Es lagen mehrere Decken, einige Vorräte und verschiedene verschnürte Bündel

darin. Das war wohl das Versteck des Verwalters.

Dieser Kerl hatte offensichtlich damit gerechnet irgendwann mit seinen

unsauberen Machenschaften aufzufliegen und hatte daher vorgesorgt.

Es war wirklich raffiniert.

Hier konnte man sich verstecken und in aller Ruhe die Aufregung abwarten.

Nach einiger Zeit würde die Aufmerksamkeit der Wachen im Schloss nachlassen,

da sie ihn mit Sicherheit draußen irgendwo vermuten würden. Dann konnte man

sich ohne große Mühe absetzen.

Makoto war nicht zu unterschätzen, er hatte gut vorgeplant. Allerdings

hatte er nicht damit gerechnet, dass sich irgendwann ein Youkai mit verdammt

guter Nase hier auf das Schloss verirren würde.

 

Keisuke stutze. Halb unter einer Decke verborgen, glaubte er einen Gegenstand

zu sehen, den er kannte. Er beugte sich vor und fasste zu. Wie er es schon

vermutet hatte. Er hielt nun den Nintojo-Stab in der Hand.

Jetzt hatte er den endgültigen Beweis, dass der Verwalter mit dem

Verschwinden von Jaken zu tun hatte.

Doch wo war der Krötendämon jetzt?

 

Ein leises Geräusch ließ ihn innehalten. Mit angehaltenem Atem lauschte er.

Doch es wiederholte sich nicht.

Mit dem Stab in der Hand drängte er sich langsam zwischen den Kisten hindurch.

Immer wieder blieb er stehen und lauschte.

Da... da war es wieder.

 

Rasch ging er einige Schritte vorwärts in Richtung des Geräusches, blieb

erneut stehen und sah sich  um. Auch hier bot sich ihn das gleiche Bild.

Weitere aufeinander gestapelte Ballen, Kisten und Truhen.

Doch... Moment Mal. Sein Blick glitt zurück und blieb an einer Kiste hängen,

die einzeln vor ihm auf dem Boden stand.

Etwas war bei ihr anders, als bei den anderen.

Durch die massive Verschlussschalle, war ein Metallstab geschoben, der das

Öffnen des Deckels verhinderte.

 

Keisuke legte den Nintojo-Stab beiseite, zog den Stab aus der Lasche und

öffnete behutsam den Deckel. Vor ihm befanden sich verschiedene Kleidungsstücke,

wild durcheinander geworfen.

Mit der rechten Hand wühlte er sich tiefer durch den Stoff.

Seine Fingerspitzen berührten auf einmal etwas Warmes und Weiches, was

garantiert kein Stoff war.

 

Mit einem Ruck riss er die Stoffe heraus... "Jaken!" an Händen und Füßen

gefesselt und mit einem übergroßen Stoffknebel.

Die gelben Glubschaugen standen noch weiter vor, als es schon unter normalen

Umständen der Fall war. Auch der kleine grüne Youkai erkannte, wer da vor ihm

stand.

Wildes Stöhnen, was sicher Worte und Sätze darstellen sollte, schwang Keisuke

entgegen.

"HmmmHmhHng..."

"Ganz ruhig, Jaken-sama, gleich seid Ihr frei." Mit seinen scharfen Krallen

zerriss Keisuke ohne Mühe die Fesseln und zog den Knebel aus Jaken’s Mund.

Ein heftiges, befreiendes Husten ertönte

 

"Ich dachte, ich müsste sterben", keuchte Jaken.

Keisuke zog die Augenbraue leicht hoch. "So leicht stirbt es sich nicht."

Erbost sah ihn Jaken an. "Was weißt du denn schon, du Dummkopf? Rede nicht so

komisch rum, sondern hol mich hier heraus."

Ohne Umschweife packte ihn der Inuyoukai am Kragen, beförderte den kleinen

Kerl aus der Kiste und setzte ihn nicht gerade behutsam ab.

"Wie kommt Ihr denn hier in diese Kiste", fragte Keisuke und lehnte sich an

eine der Kisten.

 

Jaken klopfte den Staub aus seiner Kleidung und nahm dankbar den Nintojo-Stab

in Empfang. "Ich dachte mir, es sei eine gute Idee während ihr zusammen mit

dem Verwalter diese Mine besichtigt, in dessen Zimmer nach Beweisen für

unseren Verdacht zu suchen. Doch während ich noch damit beschäftigt war, die

Unterlagen durchzugehen, stand dieser Mensch plötzlich hinter mir. Zwar

verteidigte ich mich heldenhaft, doch gelang es ihm durch einen unglücklichen

Zufall mich zu überwältigen."

 

"Durch was für einen Zufall könnte man wohl Euch außer Gefecht setzten?", fragte

Keisuke und verkniff sich ein Grinsen.

Jaken sah ihn erbost an und fuchtelte unwirsch mit dem Stab hin und her.

"Das tut nichts zur Sache. Auf jeden Fall schleppte er mich in diesen Schuppen.

Er war ziemlich aufgeregt. Er fesselte mich und legte mich in diese Kiste.

Dann verschwand er.

Kurze Zeit später tauchte er wieder auf. Er fragte mich nach irgendwelchen

Unterlagen. Er wollte sie unbedingt haben. Doch ich wusste nicht, was er

meinte."

Jaken machte eine Pause, sein Gesicht verzerrte sich vor Wut in Erinnerung,

wie er behandelt worden war. "Dieser Mensch war äußerst brutal. Er bestand

immer wieder darauf, dass ich ihn haben müsste. Keine Ahnung, was er damit

meinte."

 

Nachdenklich strich sich Keisuke durch das Haar. "Es muss wohl sehr wichtig

für ihn sein, wenn er sich so aufgeregt hat."

Bestätigend nickte Jaken. "Muss es wohl, denn meinte, dass es irgendeiner von

uns dreien haben müsste."

Ein Ruck ging durch Keisuke. Sein Körper spannte sich an und sein Herz schlug

schneller. "Von uns dreien? Meinte er damit auch Rin-hime?"

 

"Glaube ich schon... HEY... du verdammter Hund. Wo willst du hin? Lass mich

nicht allein!", schrie Jaken auf, doch der Youkai hatte schon im schnellen

Lauf den Schuppen verlassen.
 

Wenn der Verwalter davon ausging, dass einer von ihnen den von ihm gesuchten

Plan haben müsste, dann würde er auch in den Gästezimmer danach suchen und

das bedeutete er würde unweigerlich auf Rin stoßen.

 

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Ende Kapitel 10

 

In zwei Wochen geht es weiter. Und es ist wirklich „in letzter Sekunde“ wo

Keisuke bei Rin auftaucht, um das Schlimmste zu verhindern.

 

Bis dahin liebe Grüße

chaska

In letzter Sekunde

Hallöchen ihr Lieben,

erst mal ein verpätetes frohes neues Jahr.

Heute geht es endlich mit dieser Geschichte weiter. Ich hoffe doch, das ich es

schaffe diesmal am Ball zu bleiben.

Eine Zusammenfassung um in die Geschichte wieder reinzukommen findet ihr im

Kapitel 9. Leider waren mehr als zwei Kapitel letztes Jahr nicht drin:(
 

Das letzte Mal war Jaken wiedergefunden worden, doch dafür scheint sich

jetzt Rin in Gefahr zu befinden. Hoffentlich kommt Keisuke noch zur rechten Zeit.
 

Viel Spaß beim Lesen...
 

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In letzter Sekunde
 

Nach dem Keisuke das Zimmer verlassen hatte, lehnte sich Rin entspannt

zurück. Die Erschöpfung forderte ihren Tribut, sie schloss müde die Augen

und befand sich nur kurze Zeit später im Reich der Träume.

Wie lange Zeit vergangen war, konnte sie nicht sagen, ein leises Geräusch

drang durch ihre Träume und ließ sie erwachen.

"Keisuke", murmelte sie verschlafen, öffnete die Augen und richtete sich auf.
 

Im selben Moment erstarrte sie. Ein spitzer Gegenstand bohrte sich ihr auf

die Brust und hinterließ ein leichtes Brennen.

Wie hypnotisiert senkte sie den Blick und erkannte die Spitze eines Messers,

das sich ihr auf die Brust gelegt hatte.
 

"Sei still und beweg dich nicht, ansonsten ist es aus mit dir!" Die Stimme

erklang genau neben ihr.

Sie wandte den Kopf und erblickte den Verwalter neben ihrem Lager knien.

Sein Gesicht war gerötet und Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn.

"Wo ist der Plan!", fauchte er ihr entgegen.

Sein Atem stank nach Fisch und verursachte ihr einen Anflug von Übelkeit.

Sie unterdrückte gerade noch ein Naserümpfen.
 

"Was für ein Plan?", fragte sie und versuchte ihrer Stimme ruhig klingen zu

lassen. Innerlich zitterte sie jedoch. Dieser Mann stand so unter Spannung,

dass nur der kleinste Anlass genügen würde und er würde durchdrehen.

"Führ mich nicht an der Nase herum... Er muss hier sein. Du weißt,

wo er ist", keuchte er und die Augen verengten sich zu Schlitzen.
 

Rin spürte, wie der Druck der Messerspitze erhöht wurde. Der Yukata färbte

sich rot an der Stelle, wo er sie berührte und das Brennen verstärkte sich.

"Hört zu, Makoto-san. Was immer Ihr sucht, ich weiß es nicht, und kann Euch

nicht sagen, wo es sein könnte", versuchte Rin ihn zu beruhigen.

Doch leider erreichte sie damit genau das Gegenteil. Makoto stieg die Röte

ins Gesicht. "Du Miststück weigerst dich. Dann bist du nicht mehr von Nutzen

für mich."
 

Die Dolchspitze löste sich von ihrer Brust, wurde weit zurück geschwungen

und raste dann wie ein silberner Blitz auf sie zu. Rin’s Schrei erstickte

ihr förmlich in der Kehle, sie kniff die Augen zu und riss die Decke zu

einem vergeblichen Versuch sich zu schützen in die Höhe. Sie erwartete den

tödlichen Stich und den Schmerz, der sie in die Schwärze des Todes geleiten

würde.
 

Doch nichts geschah....
 

Ein lautes schmerzerfülltes Stöhnen, begleitet von einem wahrlich bedrohlichen

Knurren riss ihr wieder die Augen auf.

Sie gewahrte einen Schatten an ihrer linken Seite.

Der Dolch schwebte nur Millimeter über ihrem Körper. Die Hand, die ihn führte,

wurde mit einem unerbittlichen Griff festgehalten.

Sie erkannte die scharfen Krallen, die sich in die Haut ihres Angreifers

bohrten.
 

"Bastard!", erklang es kaum verständlich von links. Sie hob den Kopf und

erblickte ihren Leibwächter, der den tödlichen Stoß in wirklich allerletzter

Sekunde aufgehalten hatte.

Der Anblick von seiner vertrauten Gestalt ließ Rin erleichtert aufatmen.

"Keisuke!", flüsterte sie leise. Doch ihre Worte wurde nicht gehört.
 

Keisuke hatte sich so beeilt, wie noch nie in seinem Leben, außer vielleicht,

bei dem vergeblichen Versuch den Tod seines Vaters zu verhindern. Doch hier

durfte er nicht versagen, hier durfte er unter keinen Umständen zu spät

kommen.

Als er in das Zimmer gestürmt war und gesehen hatte, wie Makoto ausholte um

Rin zu ermorden, setzte bei ihm völlig die Vernunft aus.
 

Mit einem heftigen Ruck zerrte er den Mann auf die Beine. Ohne große Mühe

verdrehte Keisuke ihm das Handgelenk so weit, dass ihn der Schmerz dazu

zwang die Klinge fallen zu lassen.

"Lass mich los, du Monster", schrie Makoto.

Doch das war genau das Falsche, um den Zorn des Youkai zu besänftigen.

Keisuke‘s linke Hand schoss vor und krallte sich unbarmherzig um die Kehle

des Verwalters.
 

In diesem Moment wurde die Tür aufgeschoben und Hiroki betrat den Raum. Er

erstarrte, als er die Szene vor sich erblickte.

"WACHEN!", brüllte er.

Dann trat er einen Schritt vorwärts um ebenfalls nach dem Verwalter zu

fassen.
 

"Hände weg!", fauchte Keisuke so heftig, das Hiroki förmlich in der

Bewegung erstarrte. Die Augen des Youkai waren blutgetränkt.

Das Gesicht jedoch wie eine bleiche Maske. Keine Regung zeigte sich in den

unbewegten Zügen. Doch gerade dadurch wurde er umso bedrohlicher.
 

Makoto wurde langsam die Luft knapp. Längst hatte er beide Hände erhoben und

versuchte verzweifelt den tödlichen Griff zu lösen.

Doch jeder Versuch war zum Scheitern verurteilt. Sein Gesicht lief langsam

rot und bläulich an. Lautes Röcheln kam aus seiner Kehle in dem vergeblichen

Bestreben nach Luft zu ringen. Die Knie gaben unter ihm nach und er brach

zusammen.
 

"Keisuke. Ich befehle dir: Lass ihn los!", rief der Fürstensohn.

Mittlerweile waren einige Wachleute herbeigestürmt.

"Haltet ihn auf!", befahl Hiroki. Einer der Männer war mutig genug und griff

den Youkai an die Schulter.
 

Der Schlag aus dem rechten Handgelenk de Youkai schleuderte den Mann der Wache

bis an die Wand, wo er stöhnend zu Boden sackte.

Keiner der Männer wagte sich noch einen weiteren Schritt näher heran.
 

Das Blut rauschte in seinen Ohren. Keisuke fühlte die heiße Wut, wie einen

Vulkan in sich brodeln. Dieser Kerl hatte Rin töten wollen, schon vorher war

sie durch seine Schuld verletzt worden. Er hatte den Tod verdient. Einen

langsamen, qualvollen Tod. Millimeter um Millimeter verstärkte der Youkai

den Druck um die Kehle des Mannes.
 

Rin konnte immer noch nicht glauben, dass sie mit dem Leben davongekommen

war. Sie saß halb aufgerichtet auf ihrem Lager und konnte den Blick nicht

von dem Geschehen nehmen.

Sie sah und hörte die vergeblichen Versuche den Youkai zu bewegen sein Opfer

loszulassen. Doch gleichzeitig wusste sie, das keiner Keisuke davon abhalten

konnte den Mann zu töten. Sie kannte nur zu genau um den Beschützerinstinkt,

den jeder Inu- oder Wolfsyoukai besaß.
 

Keiner der Männer bemerkte, wie sie sich auf die Beine stemmte und ohne

einen sichtbaren Anflug von Angst zu dem Youkai ging. Sie war schon an seiner

Seite, als sie Hiroki auffiel. "Rin!", rief er mit Angst in der Stimme und

streckte die Hand nach ihr aus. Doch Rin ignorierte ihn komplett. Alle ihre

Sinne waren nach vorn, auf ihren Leibwächter gerichtet.

"Keisuke...!", flüsterte sie leise und berührte ihn am Arm. "Lass ihn los... bitte."
 

Wie ein warmer, sanfter Windhauch drangen die Worte an die Ohren des

wütenden Youkai, begleitet von dem Duft von Wildblumen und... Rin.

Noch immer beherrschte ihn die Wut, doch nach und nach nahm er seine Umgebung

wieder wahr. Mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung wandte er leicht den Kopf

in ihre Richtung.

"Er hat den Tod verdient", flüsterte er rau, so dass sie ihn gerade noch

verstehen konnte.

Rin nickte. "Vielleicht. Doch nicht von deiner Hand. Überlass ihn der

Gerichtsbarkeit dieses Fürstenhauses. Er wird bestraft werden. Auch die

Menschen vergeben solche Taten nicht."

Wieder glitt sein Blick zu dem Mann, der vor ihm auf den Boden kniete.

Längst waren dessen Hände zu Boden gesunken und die gurgelnden Laute fast

verstummt.

"Du verdienst diese Gnade nicht", knurrte Keisuke und löste mit einem

einzigen Ruck den eisernen Griff.
 

Makoto sackte haltlos in sich zusammen. Mit einem tiefen Atemzug füllte er

seine leeren Lungen mit kostbarer Luft. Das war knapp gewesen. Er hob den

Kopf und sah sich im nächsten Moment mit den fürstlichen Wachen konfrontiert.

Er stieß einen erschrockenen Laut aus, doch ohne Gnade wurde er auf die

Beine gezerrt und weggeschleift.
 

Keisuke stand noch immer regungslos da und rang damit seine Wut unter

Kontrolle zu bringen. Seine blutgetränkte Augen verfolgten, wie Makoto aus

dem Raum geschleift wurde. Das Pochen in seinen Schläfen wurde kaum weniger.

Alles was ihn davon abhielt nicht den Wachen nachzugehen und die Krallen

tief in die Kehle des Verräters zu schlagen, war die schmale Hand, die immer

noch auf seinem Unterarm lag. Die Wärme drang durch den Stoff der Kleidung

an seine Haut.

Und es war genau der Verlust, dieser Wärme, als die Hand langsam von seinem

Arm glitt, die seine gesamte Aufmerksamkeit auf Rin wieder lenkte.
 

Sie war völlig bleich. Schweißtropfen standen ihr auf der Stirn und sie

schwankte leicht.

"Ich glaube, ich muss mich legen...mir ist nicht gut...", hauchte sie, als ihre

Knie auf einmal unter ihr nachgaben und sie zu Boden sank.

"Rin!" "Rin!" Kam es synchron aus zwei Kehlen, doch es war Keisuke, der

ihren Körper auffing, noch bevor sie auf den Boden aufschlagen konnte.
 

Er hob sie hoch. Kraftlos sank ihr Kopf in den Nacken.

"Was ist mit ihr?", rief Hiroki aufgeregt aus und wandte sich an eine der

verbliebenen Wachen. "Schnell! Holt den Heiler!"

Ohne große Worte warf sich der Mann herum und eilte hinaus.
 

Keisuke wandte sich zum Lager und legte Rin’s schlanken Körper vorsichtig

nieder. Behutsam strich seine krallenbewehrte Hand über ihre Stirn.

"Sie hat Fieber. Ein Wunder, das sie sich überhaupt auf den Beinen halten

konnte", murmelte er leise.
 

Er hob den Kopf und sah den Fürstensohn an, der besorgt auf der gegenüberliegenden

Seite kniete und Rin's Hand ergriffen hatte.

"Sie ist nur ohnmächtig. Sie braucht einfach Ruhe", sagte der Youkai.
 

Hiroki ließ nicht eine Sekunde den Blick von dem blassen Gesicht der jungen

Frau und der zärtliche Ausdruck in seinen Augen versetzt Keisuke einen Stich

in sein Herz.

"Sie ist die tapferste Frau, der ich jemals begegnet bin", sagte Hiroki.
 

Keisuke’s Blick wanderte wieder zu Rin’s Gesicht.

~Sie ist in der Tat etwas ganz besonders~, dachte er für sich. ~Etwas ganz

besonders für mich.~
 

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Die nächsten Tage musste Rin das Bett hüten. Obwohl sie sich schon nach dem

zweiten wieder so gut fühlte, das sie den Wunsch äußerte aufstehen zu wollen,

hatte sie zwei Personen vor sich, die sich in diesem Falle völlig einig

waren, dass ihr das nicht erlaubt werden sollte und die auch beide auf ihre

unterschiedlichen Weise es durchsetzten.
 

Keisuke hatte sich geweigert in sein Zimmer zurückzukehren. Er wollte seinen

Schützling nicht mehr aus den Augen lassen.

Also wurde ein Wandschirm aufgestellt hinter den er sich zurückziehen konnte,

wenn Rin sich umzog, oder wenn sich sie zum Schlafen legte.
 

Die junge Frau ahnte nicht, dass sobald sie eingeschlafen war, der Youkai

sein Lager verließ und sich neben sie setzte. Keisuke beobachtete sie im

Schlaf und manchmal ballten sich seine Hände zu Fäusten und die Krallen

bohrten sich in die Haut um so zu verhindern, dass er sie berührte.
 

Fast noch mehr musste er sich zurücknehmen, wenn tagsüber mit regelmäßiger

Sicherheit der Fürstensohn auftauchte und für Stunden das Zimmer nicht mehr verließ.

Er unterhielt sich mit Rin stundenlang, oder er veranstaltete eine Art

Picknick in dem Raum. Mit Missmut sah Keisuke, wie die Zwei zusammen lachten

und wenn Hiroki Rin hilfreich unter die Arme griff um ihr beim vorsichtigen

Aufstehen zu helfen, oder wenn er ihr Essen reichte.

Er spürte, wie die Verbindung zwischen den Beiden tiefer und inniger wurde.
 

Von Makoto hatten sie nichts mehr gesehen oder gehört. Und als Rin nachfragte

verdunkelte sich für einen Moment das Gesicht Hiroki‘s, bevor er sagte,

dass dieser Mann niemals wieder jemanden betrügen oder gar verletzen würde.

Rin wusste in diesem Moment, dass Makoto tot war und so für seine Verbrechen

bezahlt hatte.
 

Inzwischen hatte Jaken die Verträge aufgesetzt und im Auftrag von dem Inu no

Taishou unterzeichnet. So herrschte also nach fast 200 Jahren wieder ein

gültiger Vertrag zwischen dem dämonischen und dem menschlichen Fürsten der

westlichen Länder.
 

Ihre Aufgabe war getan und am nächsten Tag sollten sie wieder zum Schloss

Inu no Taishou zurückkehren. Zu diesem Anlass gab der Fürst ein kleines

Abschiedsfest.
 

Der Saal war fest erleuchtet. Die Gästetafel reich gedeckt. Alle Anwesenden

in festliche Gewänder gekleidet.

An der Spitze der Tafel saß der Fürst zu seiner rechten sein Sohn und zu

seiner Linken die wieder gesunde Rin mit Jaken an ihrer anderen Seite.
 

Aufmerksam ließ Keisuke seinen Blick über die Versammelten gleiten. Er saß

ein wenig hinter Rin um seinen Schützling gut im Blickfeld haben zu können.

Eine Dienerin verbeugte sich zögernd vor ihm und bot ihn einige Speisen an.

Energisch schüttelte er den Kopf. Eilig zog sich die junge Frau zurück.
 

Sich ein grimmiges Lächeln verkneifend, sah Keisuke ihr für einen kurzen

Moment nach. Die Menschen vermieden den näheren Kontakt mit ihm.

Es hatte sich offensichtlich herumgesprochen, dass er den ehemaligen

Verwalter nicht gerade sanft behandelt hatte.

Es kümmerte ihn nicht, wie die anderen von ihm dachten.
 

Sein Blick glitt zu Rin zurück, die sich gerade angeregt mit dem Fürst

unterhielt. Was sie von ihm hielt, kümmerte ihn jedoch. Wie sie dort saß mit

dem festlichen Kimono, ließ sie sein Herz schneller schlagen.
 

Eine Tür am anderen Ende des Saales wurde geöffnet und mehrere Musiker

traten ein. Nahe der Wand ließen sie sich nieder und begannen zu spielen.

Das Mahl näherte sich dem Ende und man wollte wohl zu dem vergnüglichen Teil

übergehen.

Einige Paare erhoben sich und auf der freien Fläche trafen sie sich zum Tanz.
 

Hiroki erhob sich und verbeugte sich elegant vor Rin. Auffordernd hielt

er ihr die Hand entgegen. "Darf ich euch um diesen Tanz bitten." (*)

Heiße Röte schoss in Rin’s Wangen, dann glitt ein Lächeln über ihr Gesicht.

Sie legte ihre Hand in seine. "Gerne, doch ich möchte Euch warnen: ich bin

eine grauenvolle Tänzerin."

"Das glaube ich niemals. So bezaubernd Ihr Euch sonst bewegt, so werdet Ihr

auch tanzen", Hiroki führte sie auf die freie Fläche.
 

Keisuke Augenbrauen zogen sich zusammen und mühsam unterdrückte er ein

leises Knurren. Er hatte gerade das heftige Bedürfnis dem Fürstensohn die

Hände um den Hals zu legen und zuzudrücken.

Er schrak zusammen, als er unvermutet angesprochen wurde.
 

"Ich hoffe, das Fest findet auch Eure Zustimmung", der Fürst hatte sich zu

ihm umgedreht und der Blick aus den grau verschleierten Augen schien sich direkt in

sein Herz zu bohren.

"Es ist ein... gelungenes Fest", presste Keisuke aus.

Fürst Nakazato lachte leise. "Ich höre Eure Worte, doch ich höre ebenso, wie

Ihr sie meint. Keisuke-san, Ihr habt vorbildliche Arbeit geleistet. Mein

Sohn und auch die Hime verdanken Euch ihr Leben. Ihr habt sie sicher aus

dieser Mine geleitet."

"Ich tat nur meine Pflicht, Herr", antworte Keisuke leise.

"Sicher und doch schulde ich Euch Dank", bevor der Youkai etwas antworten

konnte, hob Fürst Nakazato seine Hand. "Bitte, nehmt den Dank einfach an.

Ihr habt ihn verdient."

"Wie Ihr wünscht", antwortete Keisuke und verbeugte sich leicht. Der Fürst

nickte und wendete sich ab.
 

Keisuke blickte sofort wieder zur Tanzfläche.

Wie ein Schlag in den Magen fühlte es sich an, als er weder Rin noch Hiroki

erblickte. Augenblicklich erhob er sich und ging an der Wand parallel zur

Tanzfläche entlang, doch er konnte weder seinen Schützling noch den

Fürstensohn sehen.

Sollte dieser Mensch es gewagt haben Rin aus direkt unter seinen Augen zu

entführen?

Denn nichts anders war es in den vor Wut geröteten Augen des Youkai.
 

Er trat nach draußen. Sofort umfing ihn die klare Nachtluft. Erleichtert

atmete er auf. Erst jetzt kam ihm zu Bewusstsein, dass der intensive Geruch

von Menschen auf engen Raum mit ihren künstlichen Düften und Gerüchen mehr

als unangenehm für die sensible Nase eines Inuyoukai war.

Er trat die Holzstufen hinunter in den Garten.

Kies knirschte unter seinen leichten Tritten. Fackeln erhallten in gewissen

Abständen den Weg und die direkte Umgebung. Vereinzelt hingen auch bunte

Laternen in den Bäumen.
 

Als er an einem dichten blühenden Gebüsch vorbeiging hörte er ein leise

Kichern hinter den Ästen und eindeutige Geräusche. Dort hatten zwei

offensichtlich einen angenehmeren Zeitvertreib gefunden als Tanzen.

Beruhigt stellt er jedoch fest, dass es weder Rin’s noch Hirokis’s Geruch

war, der von dort zu ihm gelangte.
 

Immer tiefer ging Keisuke in den Garten hinein. Er konnte schon das leise

Plätschern des künstlichen Bachlaufes hören, der den ebenfalls künstlich

angelegten See speiste. Er bog um die Ecke und atmete erleichtert auf.

Er hatte sie gefunden und sie war alleine.
 

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Ende Kapitel 11
 

Der Auftrag ist erfolgreich erledigt. Das Abschiedsfest ist auf dem Höhepunkt.

In der Stille der Nacht, abgeschieden von allen, bahnt sich ein kleines

Drama an.

"Verletzte Gefühle" schmerzen zutiefst. Beide Seiten.
 

Bis in zwei Wochen.

Liebe Grüße

chaska
 

(*)

Ein wesentlicher Unterschied zu westlichem Tanz besteht im nahezu

vollständigen fehlen des Paartanzes. Bei Volksfesten bewegen sich alle als

Teil der Gemeinschaft im gleichen Rhythmus und mit identischer Schrittfolge,

ohne einander zu berühren oder in einer bestimmten Mann-Frau Konstellation

aufeinander zuzugehen.

(Quelle Japan Forum)

Verletzte Gefühle

Hallöchen ihr Lieben,

ein neues Kapitel geht online. Sicherlich habt ihr das auch schon mal erlebt. Da fühlen

sich zwei Menschen zueinander hingezogen und durch ein dummes Missverständnis gerät

alles außer Kontrolle.

Lest selbst, was mit Keisuke und Rin passiert...
 

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Verletzte Gefühle
 

Suchend blickte sich Keisuke um. Deutlich konnte er ihren Duft wahrnehmen. Er führte

ihn tiefer in den Garten und plötzlich bog er vom Weg ab und näherte sich auf

unsichtbaren Pfaden dem künstlich angelegten See.

Die Bäume traten zurück und der See breitete sich vor seinen Blicken aus. An einem

großen Felsen gelehnt, erkannte er eine schlanke Gestalt.
 

Lautlos ging er näher. Noch war er mehrere Meter entfernt, als er ihre leise Stimme

hörte. Sie schwang klar und rein durch die Nacht. "Du hast nach mir gesucht?"

Ihr Kopf wandte sich ihm zu und er sah den Blick aus ihren dunklen Augen auf sich

gerichtet.
 

Mit wenigen Schritten überwand er die Distanz, die sie trennte.

"Du hast mich bemerkt?", fragte er.

Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. "Meine Eltern sind Dämonen, und meine Tante eine

mächtige Miko. Vergieß das nicht. Ich habe viel von ihnen gelernt. Auch wenn ich niemals

ihre Kräfte oder ihre Geschicklichkeit erreichen werde."

Ihr Kopf wendete sich wieder dem See zu und Schweigen breitete sich über sie aus. Nur

die Geräusche der Nacht umgaben sie.
 

Mit seinen Sinnen tastete Keisuke die Umgebung ab, doch konnte er kein anderes Wesen

wahrnehmen. Weder Menschen, noch irgendein Dämon befanden sich in der Nähe.

Sein erster Verdacht, dass Rin zusammen mit Hiroki verschwunden wäre, löste sich in

Nichts auf.

Tief in sich spürte er ein seltsames Gefühl, wie Erleichterung. Unauffällig musterte er

sie.

Sie sah so unglaublich schön aus. Keine der Damen auf dem Fest hatte ihr das Wasser

reichen können. Sie strahlte eine natürliche Schönheit aus, die keinerlei künstlichen

Zierrat brauchte.

Der schwere mehrlagige Kimono betonte ihre schmale zierliche Gestalt.

Man konnte sich kaum vorstellen, dass sie ein Schwert ebenso geschickt schwang, wie

einen Fächer, oder das ein Übungskampf mit dem Stock sie zum Lachen brachte.
 

"Morgen werden wir zum Schloss Inu no Taishou aufbrechen. Unser Auftrag ist beendet.

Der Verbrecher erfuhr seine gerechte Strafe und der Vertrag ist erneuert worden", Rin

wandte den Kopf. "Du musst sicher sehr erleichtert sein. Denn bald ist auch deine

Aufgabe beendet und du kannst den gewohnten Dienst im Schloss wieder aufnehmen und

musst mich nicht mehr bewachen."

Sie sah den Inuyoukai an. Auf dessen Gesicht zeigte sich keinerlei Regung.

Sie selbst fühlte sich merkwürdig traurig bei diesem Gedanken. Es war in dieser kurzen

Zeit so selbstverständlich geworden ihn um sich zu haben, dass es ihr Mühe machen würde

sich in den Alltag ohne ihn wieder einzufinden. Insgeheim hoffte sie, dass er ihr

widersprechen würde. Doch nur die Stille antwortete ihr.
 

Keisuke schwieg. Seine Gedanken rasten.

Er hatte die Menschen immer für schwäche und jämmerliche Geschöpfe gehalten. Doch

hatte es dieses seltsame Wesen hier geschafft sich unbemerkt einen Weg zu seinem

Herzen zu bahnen und jetzt war sie da drin und er bekam sie nicht mehr raus.

Nicht aus seinem Herzen, noch aus seinen Gedanken.

Doch ein kümmerlicher Rest seines Verstandes war geblieben.
 

Sie war die Ziehtochter des Herrn. Und Lord Sesshomaru war dafür bekannt, dass er eine

Bedrohung seiner Familie, egal welcher Art, auf äußerst schonungslose Weise beseitigte.

Was war er denn? Ein rangniederer Inuyoukai im Dienst des Fürsten. Eine Wache, deren

Namen nicht wichtig war.

Es konnte niemals sein, das eine so hochgeborene junge Frau einer so unbedeutenden

Person, wie ihn, Aufmerksamkeit schenken würde.
 

Schwer atmete Keisuke ein. Ein fataler Fehler.

Tief nahm er ihren unverwechselbaren Duft auf. Ein Hauch von Wildblumen und ihren

typischen weiblichen Geruch. Sein Blut rauschte in seinen Adern und die dämonischen

Instinkte drohten die Überhand zu gewinnen. Sie waren hier allein. Niemand würde es

sehen, wenn er sich nahm, was sein Körper so sehr begehrte, dass es ihn fast schmerzte.
 

Rin spürte, dass etwas nicht in Ordnung war. Noch immer hatte er hatte er ihr keine

Antwort gegeben. Er starrte sie nur wortlos an. Doch in seinen Augen begann ein

unheimliches Feuer zu glühen.

Mit dem sicheren Instinkt einer Frau fühlte sie die Gefahr, die von ihm ausging. Ihr

Atmen beschleunige sich und sie fühlte eine unbekannte Hitze in sich aufsteigen.

Unbewusst trat sie einen Schritt vor, doch er verstellte ihr den Weg.

Ganz nah standen sie voreinander.
 

Rin hatte den Kopf gesenkt und starrte wie gebannt auf seine Brust. Sie nahm jedes noch

so kleine Detail des Brustpanzers in sich auf, den er selbst zu den Festlichkeiten

nicht abgelegt hatte. Sie sah die helleren Schmarren in dem dunklen Leder. Sah die

Verbindungsnähte, die die einzelnen Stücke zusammen hielten.

Sie sah, wie sich seine Brust hob und senkte unter schnellen Atemzügen.

Ihre Nackenhaare stellten sich auf, als sie seinen warmen Atem über ihre Haut streifen

fühlte.
 

Vorsichtig hob Rin langsam den Kopf. Sie hatte Angst, was sie in seinem Gesicht sehen

würde, und noch mehr hatte sie Angst vor dem was sie dann selbst fühlen und tun würde.

Erschrocken keuchte sie auf.
 

Seine Augen glühten förmlich in der Dunkelheit und die sonst dunkelbraune Iris war mit

roten Adern durchzogen. Ein tiefes Knurren drang ihr entgegen und hinterließ eine

Gänsehaut auf ihrem Rücken.

Sie hob die Hände und drückte sie gegen seine Brust. Doch genauso gut hätte sie

versuchen können einen Felsbrocken beiseite zu schieben.
 

Als Keisuke ihre Hände auf sich spürte, riss der letzte Faden, der seine Vernunft noch

zusammengehalten hatte.

Mit einer raschen Bewegung umklammerte seine rechte Hand ihre Kehle. Er hörte ihr

erschrockenes Luftholen, fühlte ihren rasenden Puls unter seinen Fingern.

Er roch ihre Angst, doch vermischte sich noch etwas völlig anders in diesen Geruch.

Etwas, das ihn handeln ließ.
 

Seine Hand wanderte in ihren Nacken und krallte sich in ihr langes Haar. Seine Linke

umschlang ihre schmale Taille und presste sich in ihren schlanken Rücken. Mit einer

einzigen Bewegung zog er sie an sich heran.

Er bog ihren Kopf zurück und spürte, wie ihr weicher Körper dadurch an ihn gedrückt

wurde. Langsam näherte er sich ihrem Gesicht.

Ihre langen Wimpern schienen Schatten auf ihre bleichen Wangen zu werfen. Ihr roter

Mund war leicht geöffnet. Es war...

Im nächsten Moment sanken seine Lippen auf ihre. Er schmeckte ihre Süße und drängte

seine Zunge gegen sie.
 

Rin wurde überwältigt. Ihr Herz raste und als sie fühlte, wie seine Zunge über ihre

Lippen strich, öffnete sie fast automatisch ihren Mund.
 

Keisuke stöhnte leise auf, als er merkte, dass sie keinerlei Widerstand bot. Ohne sich

zurückzuhalten küsste er sie, ließ seine Zunge durch ihren Mund gleiten.
 

Rin konnte nichts anders fühlen als ihn und sie bekam Angst. Tiefe und elementare Angst.

Nicht vor ihm, sondern vor sich selbst.

Sie fühlte wie die Tränen in ihren Augen hochstiegen. Rin krallte ihre Hände krampfhaft

in seinen Brustpanzer um zu verhindern, dass sie wie von selbst nach oben wanderten um

sich um seinen Nacken zu schlingen und ihn noch näher an sich zu ziehen. Das hier war

nicht richtig. Das war falsch. Das ging alles viel zu schnell. Sie fühlte sich geradezu

überrannt.
 

Plötzlich löste Keisuke den Kuss.

Er sah in Rin’s Gesicht. Ihre Augen waren geschlossen und zwischen ihren Wimpern hingen

silberne Tropfen.

Ihr Mund war halb geöffnet und ihre Lippen blutrot von dem Kuss.

Vorsichtig löste er seine Hand aus ihrem Nacken und strich ihr sanft über die Wange.

Mit den Fingerspitzen fing er einen silbernen Tropfen auf, als er sich löste.
 

Die federleichte Berührung ließ Rin zusammenzucken und sie riss die Augen weit auf.

Mit einem Ruck löste Keisuke die Umarmung und mit einem letzten Blick auf Rin wandte

er sich wortlos ab und verschwand in der Dunkelheit.
 

Rin zitterte und ihre Beine versagten den Dienst. Langsam sank sie zu Boden. Noch

immer raste ihr Herz und das Chaos tobte in ihr.

Was war nur los mit ihr? Was bedeutete das, was sie da fühlte?

Sie schluchzte auf und die Tränen begannen unaufhaltsam zu fließen. Sie schlug die

Hände vor das Gesicht und überließ sich völlig dem Chaos.
 

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Völlig fassungslos kehrte Keisuke zum Haupthaus zurück.

Was hatte er da nur getan?

Er hatte sich der Hime auf eine Art und Weise genähert, wie sie nur einem Gefährten

zustand.

Einem Verlobten... einem Bräutigam.

Bei allen Göttern, was war da nur in ihn gefahren?

Er blieb stehen und hob seine rechte Hand. An seinen Fingerspitzen sah er die feuchte

Spur ihrer Tränen.

Sie hatte geweint.

Sie hatte geweint, weil er sich ihr so genähert hatte, weil sie sich nicht mehr zu

helfen wusste. Sie hatte keine Chance gegen ihn gehabt. Er hatte ihr etwas aufgedrängt,

das sie offensichtlich nicht erwiderte. Bei allen Göttern, wie tief war er doch

gesunken.
 

Sein Leben war verwirkt. Die Strafe für diese Annäherung war der Tod. Er hatte den Blick

von seinem Herrn nicht vergessen, als er ihm den Auftrag gegeben hatte.
 

Und doch... Er drehte sich um und sah den Weg zurück, den er gekommen war. Er bereute es

in der Tiefe seines Herzen nicht eine Sekunde.

Er hatte die Liebe berührt.

Das erste Mal in seinem Leben hatte er eine Frau aus reiner Liebe berührt. Er würde

sein Leben für ihres geben, sollte das notwendig sein.

Doch war so eine Verbindung niemals möglich.

Niemals....
 

Seine Kehle schnürte sich zu und ihm fiel das Atmen schwer. Das Schicksal war ein

grausamer Geselle. Die einzige Frau, die es geschafft hatte sein Herz zu erwärmen, war

ein Mensch und durch ihre Stellung absolut unerreichbar für ihn.
 

"Keisuke, wo ist Rin?", die quäkende Stimme riss ihn herum. Im ersten Moment konnte er

keinen sehen, bis er seinen Kopf senkte.

Vor ihm stand Jaken.

Die kleinen Hände umklammerten wie immer den Nintojo-Stab. Selbst das Festgewand

verlieh dem Kröterich keine größere Würde.
 

Keisuke musste sich räuspern, bevor er in der Lage war zu antworten. "Sie ist im Garten."

"Und warum bist du dann hier und hältst Maulaffen feil? Deine Aufgabe ist es die Hime

zu beschützen und das kannst du offensichtlich nicht, wenn du hier dumm

herumstehst", tadelte Jaken den Youkai.
 

"Ich bin hier, Jaken-sama!", die leise Stimme ließ beide den Blick wenden. Eine Gestalt

kam den Weg entlang und trat in die Lichterinsel, die eine der Fackeln bildete, die den

Weg in regelmäßigen Abständen säumten.

"Rin-hime!", rief Jaken aus und eilte auf die junge Frau zu. Ein Schauder lief Keisuke

über den Rücken. Würde sie über sein ungeheures Vergehen sprechen?
 

"Wir werden im Saal erwartet. Der Schlossherr möchte nochmals mit dir reden", teilte Jaken mit.

Rin nickte geistesabwesend. Ihr Blick war ausschließlich auf Keisuke gerichtet. Schließlich

blieb sie vor ihm stehen. Er sah, dass ihre Augen gerötet waren, doch tat das ihrer

Schönheit keinen Abbruch. Wortlos sah sie ihn an.

Jaken stand neben den beiden und musterte sie. Sie verhielten sich merkwürdig. Diese

Blicke und das Aussehen von Rin erweckten Jaken's Misstrauen.
 

"Verzeiht, Hime. Ich habe meine Pflicht vernachlässig. Ein Fehltritt wie dieser wird

nie wieder passieren", sagte Keisuke mit rauer Stimme und verbeugte sich vor Rin. Als

er wieder hochsah, war sein Gesicht eine kalte ausdruckslose Maske.
 

Rin hatte den Atem angehalten. Sie hatte gehofft, dass er sein Verhalten erklären würde,

dass er das Chaos, was immer noch in ihrem Inneren herrschte, zu ordnen vermochte.

Doch seine Worte ließen sie wissen, dass das nicht der Fall sein würde.

Ein Fehltritt, so bezeichnete er sein Verhalten also.

Er bereute es offensichtlich sie geküsst zu haben. Sie war in seinen Augen noch immer

eine wertlose Kreatur.

Sie war nur ein Mensch.
 

Entschlossen presste sie ihre Lippen zusammen und verschloss ihre Gefühle tief in ihrem

Inneren. Sie nickte nur. "Ich werde Euch noch einmal verzeihen. Ich bin sicher, Ihr

habt es nicht mit Absicht getan und es war nur ein Versehen. Lasst uns unsere Pflicht

den westlichen Ländern gegenüber erfüllen."

Mit diesen Worten wandte sie sich ab und ging den Weg weiter zum Haupthaus.
 

Jaken warf dem Leibwächter einen schnellen Blick zu. Doch wortlos und mit regloser

Miene folgte dieser Rin in gebührenden Abstand.

Jaken machte sich ebenfalls auf den Weg, doch ließ er nicht einen Blick von den beiden

vor ihm gehenden Personen.

Irgendetwas hatte sich zwischen Rin und Keisuke verändert. Dabei konnte er es noch

nicht einmal genau sagen, was es war. Doch es lag was in der Luft. Eine Spannung, wie

sie nie vorher zu bemerken gewesen war.
 

Lautlos seufzte Jaken auf. Dieses Kind machte als Erwachsene fast noch mehr Probleme

als früher.
 

************************************************************************
 

Das helle Klirren der Schwerter hallte durch die Luft. Auf dem Übungsplatz standen

sich zwei Krieger gegenüber.

Der eine hoch gewachsen und schlanker Mann, dessen weißes Haar weit in den Rücken fiel.

Das Sonnenlicht warf helle Reflexe auf einen durchtrainierten Oberkörper. Nicht ein

Tropfen Schweiß zeigte sich auf der Haut des entblößten Oberköpers. Am rechten Oberarm

konnte man eine helle Narbe erkennen, die einmal genau um den Arm herumlief.

Einst war ihm dieser dort abgetrennt worden, doch durch ein magisches Heilmittel hatte

der Krieger den Arm zurückerhalten.
 

Der zweite Kämpfer war eine Frau.

Das lange schwarz-weiße Haar mit einem Band zu einem Zopf gebändigt, damit er bei dem

Kampf nicht störte.

Ihre grüngelben Augen funkelten und registrierten jede Bewegung ihres Gegners.
 

Am Rand des Übungsfeldes saß ein Junge von vielleicht 10 Jahren auf dem Boden und sah

wie gebannt dem Kampf zu. Deutlich konnte man in seinen smaragdgrünen Augen das

Verlangen sehen, einmal genauso gut, wenn nicht sogar besser als diese beiden Kämpfer

zu werden.

Neben ihm lag ein Holzschwert mit dem er die täglichen Übungen absolvierte. Der

Schwertmeister, der ihn trainierte, wagte es nicht mit einem echten Schwert ihn kämpfen

zu lassen. Er wollte ihm erst mal Sicherheit und Übung mit den gefährlichen Waffen

beibringen.

Es war eine stumpfe Waffe im Gegensatz zu den Schwertern mit denen die Frau und der

Mann gegeneinander kämpften. Diesmal hatte er sich nicht zurückhalten lassen und hatte

sich bei seinem Vater darüber beschwert.
 

Ohne große Erklärungen hatte dieser ihn zu dem Übungsplatz befohlen, auf dem ansonsten

die Wachen und Krieger ihre täglichen Übungen abhielten. Voller Erstaunen hatte Masaru

festgestellt, das sich kein Krieger dort aufhielt, sondern ihn seine beiden Eltern

gemeinsam erwarteten.

Das Aussehen seiner Mutter hatte ihn am meisten verblüfft. Sie war mit einer Hakama

bekleidet und trug sogar eine leichte Brustpanzerung. Dann hatten beide angefangen

miteinander zu kämpfen. Schon nach wenigen Augenblicken hatte es Masaru vollständig in

den Bann gezogen.
 

Über die breite Klinge des Schwertes, was der weißhaarige Mann schwang, huschte ab und

zu ein blauer Schein. Das Schwert schien nur darauf zu warten einen tödlichen Schlag

führen zu können. Doch der eiserne Wille des Kämpfers hielt es unter Kontrolle.
 

Über die schmale Klinge, die die Frau führte, huschte ab und zu ein tiefroter Schein,

dunkler noch als Blut. Auch diese Klinge war gefährlich und führte ein Eigenleben, das

zu einem unheimlichen Verbündeten werden konnte. Und es gehörte ebenso viel Willen und

Geschick die vernichtenden Kraft unter Kontrolle zu behalten, wie bei dem anderen

Schwert. Dessen Name schon legendär war. Tokijin.

Drachenfeuer war nicht ganz so berühmt, doch nicht weniger tödlich.
 

Der Junge hielt den Atem an, als er auf einmal bemerkte, wie der Mann seine Taktik

änderte. Mit einem gewaltigen Satz rückwärts brachte er Abstand zwischen sich und die

Frau.

Fast zeitgleich in dem Moment als er auf den Boden aufkam, schlug er schon mit dem

Schwert zu. Ein blauer Wirbel löste sich von der breiten Klinge und schoss mit

unvorstellbarer Geschwindigkeit auf die Frau zu.
 

Sie lachte hell auf und schlug ebenfall mit weiten Bogen zu. Gleichzeitig sprang sie

zur Seite. Von ihrer Klinge löste sich ein dunkelroter Wirbel.

Genau in der Mitte des Platzes trafen die beiden Energien zusammen und eine Explosion

entstand.

Der heiße Wind der Druckwelle raste über den Platz und ließ den Jungen die Hände vor

die Augen heben, um sich zu schützen. Kaum war die Druckwelle vorbei, sprang er auf und

rannte über den Platz auf den Mann und die Frau zu.
 

"Vater... Mutter...!", rief er und stoppte atemlos vor ihnen.

Lächelnd beugte sich Ayaka zu ihrem Sohn herunter und fuhr ihm liebevoll durch die

Haare. "Es ist alles in Ordnung, Masaru."

"Lasst das, Mutter!", erfolgte sofort der Protest des Jungen, der sich wild durch die

Haare fuhr.

Ayaka lachte gutmütig. Masaru war in einem Alter, wo die Zärtlichkeiten einer Mutter

ihm eher peinlich, als angenehm waren. Sie hob den Kopf und sah ihren Gefährten an. Er

hatte Tokijin in den Gürtel zurückgesteckt und sein Blick glitt mit Stolz über ihren

Sohn.

"Siehst du Masaru, genau deshalb übst du noch mit einem ungefährlichen Übungsschwert.

Wenn die Zeit reif ist, bekommst du eine Klinge, die dir ebenbürtig ist", sagte Sesshomaru

mit kühler Stimme.
 

Betreten sah Masaru zu Boden. Er verstand es, doch das hieß nicht, dass es ihm

gefallen tat.

Doch die Demonstration, die sein Vater und seine Mutter so eindrucksvoll hier gegeben

hatten, überzeugte von der tödlichen Macht eines Dämonenschwertes. Und nur wenn man

ein guter ausgebildeter Krieger war, dann konnte man diese Macht beherrschen Vorher

war man nur eine Gefahr für sich selbst und seine Umgebung.
 

"Ich habe verstanden, Vater, und werde in Zukunft nicht mehr nach einem Schwert

verlangen. Erst, wenn der Meister es von sich aus befiehlt", ergab sich Masaru in das

unvermeidliche.

Sesshomaru nickte nur. Nichts anderes als diesen Gehorsam hatte er erwartet.
 

In diesem Moment erschien ein Diener am Rand es des Übungsplatzes. Vorsichtig näherte

er sich dem Fürstenpaar und deren Sohn. In gebührenden Abstand kniete er nieder.

"Sprich!", forderte ihn Sesshomaru auf, während er nach seinem Haori griff, den Ayaka

ihm hinhielt.

"Herr, Eure Tochter und Jaken-sama sind zurück", richtete er die Nachricht aus.

"Onee-chan!", rief Masaru freudig aus und rannte los.
 

Sesshomaru ging ohne ein Wort zu sagen an dem Diener vorbei. Ayaka folgte ihm

unverzüglich, doch als sie an dem noch immer knienden Diener vorbeihuschte, verließ

ein geflüstertes "Danke!" ihre Lippen.

Erst als die Schritte verklangen hob der Diener den Kopf und stand auf. Ein leises

Lächeln lag auf seinen Lippen.
 

Sesshomaru und Ayaka erreichten nach wenigen Minuten den Vorhof. Inmitten des Platzes

stand Ah-Uhn. Neben dem zweiköpfigen Drachen stand Rin und kämpfte gerade mit dem

Gleichgewicht, weil Masaru sie stürmisch umarmt hatte.

Jaken stand vor ihnen und schwenkte schimpfend den Kopfstab. "Wann lernt Ihr endlich,

wie sich ein Kronprinz zu verhalten hat..."

Reglos wie eine Staute stand daneben Keisuke. Er bemühte sich kein Gesicht zu verziehen.

Zumal seine Nase eindeutig die Ankunft des Herrn und dessen Gefährtin verkündete.
 

"Rin-chan!", rief Ayaka freudig aus.

Rin hatte sich endlich von ihrem Stiefbruder befreit und wandte den Kopf. Ihre Augen

leuchteten auf, als sie ihre Zieheltern erblickte. Rasch trat sie einige Schritte vor

und verbeugte sich tief.

"Vater... Mutter. Ich bin froh wieder zu Hause zu sein", sagte sie mit fast feierlichem

Ton in der Stimme.
 

Sesshomaru musterte sie aufmerksam. Es schien ihr gut zu gehen. Auch Jaken sah in

Ordnung aus. Der Leibwächter hatte anscheinend gute Arbeit geleistet. Was anderes

hatte er auch nicht von ihm erwartet.

"Waren die Verhandlungen erfolgreich?", fragte Sesshomaru mit kühler Stimme.
 

Jaken warf sich zu Boden und Rin nickte. Sie machte sich nichts aus der fast kalten

Begrüßung von Sesshomaru. Sie wusste, dass ihre Eltern sie liebten, auch wenn gerade

ihr Vater es fast nie offen zeigte.

"Ja. Sie waren erfolgreich. Doch leider sind wir auf unerwartete Schwierigkeiten im

Vorfeld gestoßen", antwortete sie.
 

Ayaka hatte aufmerksam zugehört und nun glitt ihr Blick über diese kleine Gruppe der

Heimkehrer.

Rin hatte sich verändert. Weg gegangen war sie als Mädchen. Zurückgekommen war sie als

eine erwachsene Frau. Es hatte sich in der Tat mehr abgespielt, als man hier auf den

ersten Blick vermuten konnte. Doch das würde sie mit Rin in einer ruhigen Minute unter

Frau zu Frau besprechen.
 

"Ich erwarte Euch in meinem Arbeitszimmer zusammen mit eurem Bericht", erklärte Sesshomaru

und wandte sich zum Gehen.

Ayaka blieb und umarmte Rin liebevoll. "Willkommen zu Hause, Tochter."

Rin erwiderte die Umarmung. Fast stiegen ihr die Tränen in die Augen. Doch entschlossen

drängte sie sie zurück. Nie wieder würde sie über diese bestimmten Ereignisse

nachdenken. Es war vorbei.
 

"Komm, Rin-chan. Ich werde für eine kurze Erfrischung sorgen, und dann gehen wir zu

Sesshomaru-sama. Wenn du deinen Bericht abgeliefert hast, dann kannst du dich ausruhen."

Ohne ein Wort folgte Rin ihrer Mutter. Masaru lief neben ihnen her und fragte

aufgeregt, was sie erlebt hatte.
 

Ein Diener griff nach den Zügeln von Ah-Uhn und zog den Drachen in Richtung Stall.

Keisuke stand auf einmal allein auf dem Hof.

Es war vorbei.

Er packte sein Bündel fester und machte sich auf den Weg zu den Unterkünften, wo

die Wachen lebten. Fast hatte er den Weg schon zur Hälfte der Strecke hinter sich,

als er innehielt und einen Blick zurückwarf.
 

Genau in diesem Moment wandte auch Rin den Kopf und unvermutet sah sich Keisuke

ihrem Blick ausgesetzt. Für Sekundenbruchteile verhakten sich ihre Blicke ineinander

hielten sich fest. Doch dann wandte Rin als erstes den Kopf und nach wenigen Minuten

war sie verschwunden.
 

Keisuke stand wie erstarrt da. Es war vorbei.

Nur sehr selten kamen die Wachen in direkten Kontakt mit der herrschaftlichen Familie.

Es war eine ganz andere Klasse. Genauso gut hätte Rin auf einer anderen Insel des

Kaiserreiches leben können.

Sie war von nun an unerreichbar für ihn.
 

Er presste die Zähne so fest zusammen, dass seine Kieferknochen hervortraten.

Entschlossen ging er seiner Unterkunft entgegen.
 

Vorbei...
 

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Ende Kapitel 12
 

Die Aufgabe, die Sesshomaru seiner Ziehtochter gestellt hatte, ist vollbracht.

Auf dieser Reise haben sich Dinge entwickelt, die sicher so in dieser Art

nicht vorgesehen oder gar geplant waren.
 

Allerdings ist die Geschichte hier noch nicht zu Ende. Wir treten sozusagen in den

zweiten Teil mit dem nächsten Kapitel ein.

Das da heißen wird: Geständnisse bei Mondschein.

Ayaka hat die untrüglichen Instinkte einer Mutter und die sagen ihr, das in den

letzten Tagen mehr passiert ist, als Rin erzählt hat.
 

Bis in zwei Wochen

Liebe Grüße

chaska

Geständnisse bei Mondschein und Ankunft des Fürsten

Hallöchen,

es wird wirklich langsam Zeit, dass ich diese Geschichte abschließe

Viel Spaß beim Lesen...

 

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Geständnisse bei Mondschein und Ankunft des Fürsten

 

Leise klopfte Rin an der Tür des Arbeitszimmers an. Jaken stand neben ihr und strich 

sich immer wieder nervös über das Gewand. 

Die tiefe Stimme forderte sie zum Eintreten auf. 

 

Rin schob die Tür beiseite trat ein und ließ auch Jaken an sich vorbei, bevor sie die 

Tür wieder schloss. Dann wandte sie sich um. 

Ihr Vater saß vor seinem Schreibpult, hinter ihm, in der Nähe des Fensters, hatte sich 

Ayaka niedergelassen. Mit einem knappen Nicken zeigte Sesshomaru auf zwei Matten die 

auf dem Boden lagen. 

Rin, sowie Jaken nahmen im Kniesitz darauf Platz und verbeugten sich beide tief vor 

dem Fürsten.

 

"Euer Bericht. Jaken, fang an!", forderte Sesshomaru auf. 

Eifrig begann Jaken zu erzählen. 

Alles. 

Vom den wenig schönen Empfang, bis zu dem Verrat des Verwalters. Als er bei dem 

Mordversuch mit der Mine ankam, erschien ein unheilvolles Glitzern in den goldenen 

Augen des Fürsten. Was noch intensiver wurde, als Jaken sich bitterlich über die 

Gefangennahme beschwerte.

 

Mit einem tiefen Seufzer beendete Jaken schließlich seinen Bericht mit dem Ankommen auf

Schloss Inu no Taishou.

Sesshomaru nickte nur. Äußerlich konnte man ihm keinerlei Gefühle ansehen. Doch Ayaka 

hatte ihn genau beobachtet.

Als Jaken berichtet, wie knapp Rin dem Tod entkommen war und in was für einer Gefahr 

sie geschwebt hatte, hatte sie genau erkennen könne, das sich sein Rücken versteift 

hatte, genauso wie sie sah, das sich seine Fingerknöchel für einen Moment verkrampften 

hatten.

Wenn dieser verbrecherische Verwalter nicht schon dem Fürsten zum Tode verurteilt 

worden wäre, dann wäre er es in diesen Momenten durch den Dämonenfürsten gewesen.

 

"Rin, jetzt du", wandte sich Sesshomaru an seine Ziehtochter. 

Rin erzählte alles noch mal aus ihrer Sicht und ließ dabei die Passagen mit Keisuke 

wohlweislich aus. Das hatte nichts hier zu suchen und hätte ihrem Leibwächter mit 

Sicherheit den Kopf gekostet. 

Nachdem sie den Bericht geendet hatte, überreichte sie Sesshomaru die unterzeichneten 

Verträge und versicherte noch mal die Loyalität und Ergebenheit des menschlichen 

Fürsten.

 

Danach herrschte für mehrere Minuten Schweigen. Die kleine Gruppe hatte in der Tat 

sehr

viel erlebt. Und das Vorhaben Rin zu einer ungefährlichen Mission zu schicken, hatte 

sich in ein gefährliches Abenteuer verwandelt aus dem zum Glück alle ohne Schaden 

herausgekommen waren.

 

Sesshomaru erhob sich. "Ich bin sehr zufrieden mit euch. Ihr habt alles zu einem guten

Abschluss gebracht. Ihr habt nur die Möglichkeit euch zu erholen."

Rin und Jaken verbeugten sich, erhoben sich und verließen gemeinsam das Zimmer. 

 

Kaum schloss sich die Tür hinter ihnen, erhob sich auch Ayaka und trat an Sesshomaru's Seite.

"Sie ist erwachsen geworden", sagte sie leise. 

Sesshomaru starrte gedankenverloren auf die Holztür. "Ja, das ist sie und das bedeutet

auch, dass wir sie verlieren werden."

 

Ayaka schüttelte leicht den Kopf. "Nein, das bedeutet nur, dass sich unsere Familie 

erweitern wird, sollte sie irgendwann ihre Wahl treffen." 

Die Augenbrauen über den goldenen Augen zogen sich zusammen. "Diese Wahl werde ich 

treffen. Zu ihrem Besten." 

Ayaka lachte und schmiegte sich leicht an ihn. "So wie Ihr sie bei mir getroffen habt, 

Sesshomaru-sama? Ihr hattet doch keine Chance gegen mich."

 

Er schlang unvermittelt die Arme um sie und presste sie ungestüm an sich. "Irrtum, 

Ayaka-chan, ich traf die Wahl und auch in diesem Fall werde ich es sein."

Ayaka legte den Kopf leicht schief und sah ihn mit einem verschmitzten Lächeln an.

"Hexe!", knurrte er und küsste sie.

 

Ayaka spürte, wie sich das wohl vertraute Kribbeln in ihrem Bauch ausbreitete. Ein 

leises Stöhnen entwich ihrer Kehle. Sesshomaru zog sich zurück. Sein Blick zeigte eine 

ungewöhnliche Wärme, als er auf das leicht gerötete Gesicht seiner Gefährtin sah. "Ich 

sehe, meine Macht ist immer noch ungebrochen."

Über Ayaka’s Gesicht huschte ein feines Lächeln. "Ich werde Euch in meinen Gemächern 

erwarten, mein Gebieter. Und dann werde ich euch meine Magie zeigen."

 

"Magie gegen Magie, dass dürfte ein interessanter Kampf werden", sagte er leise und 

seine Nase fuhr zärtlich durch ihr Haar und atmete ihren unverwechselbaren Geruch tief 

ein.

"Das Schöne ist, das es bei diesem Kampf keinen Verlierer, sondern nur Gewinner 

gibt", murmelte Ayaka leise zurück.

 

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Die schmale Sichel des Mondes stand schon tief. Es würde nicht mehr lange dauern und 

sie würde hinter den hohen Mauern des Schlosses versinken. Und in nur wenigen Stunden 

würde der neue Tag anbrechen.

Gedankenverloren stand Keisuke auf der kleinen hölzernen Brücke, die über den künstlich

angelegten Bauchlauf führte. Er hatte beide Unterarme auf das Holz des Geländers gelegt

und starrte in die Dunkelheit. 

 

Normalerweise war das Betreten des Gartens nur den Mitgliedern der Fürstenfamilie 

gestattet, doch manchmal führten, besonders auch nachts die Patrouillen Gänge der 

Wachen durch die verlassenen Wege.

Keisuke hatte es sich in den letzten Wochen, seit sie zurückgekommen waren, zur 

Gewohnheit gemacht stets diese Runde zu gehen. Hier war er allein mit seinen Gedanken 

und hier war er Rin am nächsten. Soweit dies irgend möglich war. 
 

Seit gut zwei Wochen waren sie nun schon wieder zurück. Seit ihrer Ankunft hatte er Rin

nicht mehr gesehen. Langsam musste er auch vor sich selbst zugeben, dass es 

hoffnungslos war, sich irgendwelchen unerfüllbaren Träumen hinzugeben.

Wie ein Spiegel lag die Oberfläche des nahen Sees bewegungslos im Mondlicht. Keisuke 

starrte blicklos nach vorn. Er sah nicht die Schönheiten der Nacht, hörte nicht das 

sanfte Rauschen des Windes, der durch die Kronen der Bäume strich. Nur am Rand 

registrierte er die Eule, die lautlos durch die die Nacht flog auf der Suche nach Beute.

 

"Keisuke-san!" 

Die Stimme ließ ihn zusammenfahren und mit einer raschen Bewegung drehte er sich um. 

Hinter ihm stand eine schlanke Gestalt in einem dunklen Kimono. Das lange schwarz weiße 

Haar wehte leicht im Nachtwind. 

 

Prompt ließ er sich ein Knie nieder und beugte demütig den Kopf. "Herrin!"

Er war noch immer völlig überrascht. Sie hatte ihre Ausstrahlung so vollkommen 

unterdrückt und er war so in Gedanken versunken gewesen, dass er ihre Annäherung 

überhaupt nicht registriert hatte. 

Was für eine Macht.

 

"Es war wirklich nicht leicht Eure Vorlieben herauszufinden, um Euch schließlich mal 

allein hier zu treffen." Ihre sanfte Stimme hinterließ ein warmes Gefühl in seinem 

Inneren. Doch was wollte sie mit diesen Worten andeuten?

Vorsichtig hob der den Kopf und blickte hoch. "Was für einen Grund solltet Ihr haben 

mich zu treffen?", wagte er zu fragen. 

 

Ayaka musterte den Krieger genau, der vor ihr kniete. Sie spürte den Aufruhr in ihm und

wollte der Sache auf den Grund gehen. "Ich wollte Euch eine wichtige Mitteilung machen.

In wenigen Tagen erwarten wir Fürst Nakazato Toshiro und seinen Sohn bei uns im Schloss.

Eine entsprechende Nachricht wurde uns durch einen Boten zugesandt."

 

Keisuke hielt für einen Moment den Atem an. Er hatte das Gefühl, als ob sein Herz einen

Schlag aussetzte. Es konnte nur einen Grund geben, warum der Fürst persönlich trotz 

seiner Behinderung das Schloss verließ und sich auf den Weg zu dem Dämonenfürsten

machte. Er wollte im Namen seines Sohnes um Rin’s Hand anhalten.

"Also können wir in nächster Zeit mit einem freudigen Ereignis rechnen", murmelte er leise. 

 

Ayaka hatte ihn nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen. "Keisuke-san, ich möchte nun

Euren Bericht von der Reise hören, die Ihr zusammen mit meiner Tochter und Jaken-sama 

gemacht habt." 

Er senkte den Kopf, um ihr nicht in die Augen sehen zu müssen. "Es gibt nichts zu 

berichten, Herrin."

 

Ein ärgerliches Knurren erklang. "Seht mich an!" 

Der sanfte Klang war aus ihrer Stimme verschwunden, deutlich lag eine Schärfe wie ein 

frisch geschliffenes Schwert in ihren Worten. 

Keisuke hob den Kopf. 

Ayaka’s grün-gelbe Augen funkelten ihn wie zwei eiskalte Juwelen an. Aus ihrem Gesicht

war jeglicher weicher Zug verschwunden. Hart und unnachgiebig blickte sie ihn an. 

"Das war keine Bitte, sondern ein Befehl und ich will alles wissen. Ich will die 

Geschichte zwischen den Zeilen hören. Ich will hören, was Ihr empfunden habt. Und wagt 

es nicht, mich belügen zu wollen." 

 

Keisuke war überrascht, wie energisch sie war. Im ersten Moment wollte er irgendetwas 

dagegen sagen, wollte sich einfach erheben und weggehen, doch etwas, das in ihren Augen

schimmerte, ließ ihn wieder den Kopf senken. 

Und schließlich begann er zu erzählen. 

 

Wie er seinen Vater verloren hatte, wie er gelernt hatte die Menschen zu verachten und 

sich deshalb in die Dienste des Fürsten begeben hatte. Sesshomaru war damals für seine

gnadenlose Einstellung Menschen gegenüber nur zu bekannt.

Seine Freude, als er den Auftrag erhalten und seine Enttäuschung als er bemerkte, dass 

es sich um die menschliche Ziehtochter handelte. Wie er sehr er es verabscheut hatte am

Anfang und wie es sich dann verändert hatte 

Ganz allmählich, bis zu diesem verhängnisvollen letzten Abend in dem Schloss des 

menschlichen Fürsten. Wie dort seine dämonischen Instinkte ihn für einen kurzen Moment 

die Beherrschung hatten verlieren lassen. 

 

Bei dieser letzten Beschreibung kamen seine Worte nur noch stockend und zögernd. Fast 

erwartete er jeden Moment die scharfen Krallen der Fürstin in seinem Nacken zu spüren 

um ihn noch im Nachhinein für sein ungebührliches Verhalten zu bestrafen.

Endlich schloss er seine Erzählung. 

 

Schweigen kehrte ein. Nur der leichte Nachtwind fuhr über ihn hinweg. Langsam hob 

Keisuke den Kopf. Genau konnte er nicht sagen, was er erwartete.

Der harte und strenge Ausdruck war aus Ayaka’s Gesicht verschwunden.

 

Ein leichtes Lächeln lag sogar auf ihren vollen Lippen. Sie neigte dankend den Kopf. 

"Vielen Dank, Keisuke-san, das Ihr mir vertraut habt. Ich werde Eure Geschichte in 

meinem Herzen bewahren." 

Verblüfft sog er den Atem ein. Sie würde es nicht dem Fürsten erzählen? Er konnte nicht

an sich halten. "Warum?", fragte er mit rauer Stimme.

"Ich stelle Euch eine Gegenfrage, Keisuke-san. Was wünscht Ihr Euch für Rin?"

Ohne zu zögern, antwortete er. "Ich wünsche mir, dass sie glücklich wird."

 

Wieder nickte Ayaka. "Damit habt Ihr Eure Frage soeben selbst beantwortet. Einst wurde 

für mich die Entscheidung eines Gefährten gefällt, ohne dass ich die Chance für eine 

Mitsprache bekam. Es ist nur glücklichen Umständen zu verdanken, dass schließlich 

Sesshomaru-sama mein Gefährte wurde. 

Ich will das Rin glücklich wird und das wird sie nur, wenn sie mit dem zusammen ist, 

der sie mit der gleichen Leidenschaft liebt, wie sie ihn. 

Ich musste von Euch wissen, was Ihr für sie fühlt. 

 

Denn eines sollte Euch mit aller Klarheit bewusst sein. 

Wenn Rin Euch erwählt, dann werden euch zwar viele wundervolle Jahre bevorstehen, doch 

das Leben der Menschen währt nur einen Bruchteil der Lebenspanne von uns Youkai. 

 

Sie wird altern, während Ihr Euch kaum verändern werdet. Und Eure Kinder werden Hanyou’s sein. 

Könnt Ihr mir mit reinem Herzen sagen, das Ihr sie bis zum Ende begleiten und treu zu 

ihr stehen werdet?"

 

Keisuke fühlte, wie sich ihm die Nackenhaare bei diesen ernsten Worten sträubten. Er lauschte

in sich hinein. 

War er bereit das zu tun?

Schließlich lächelte er und stemmte sich mit einer geschmeidigen Bewegung auf die Beine.

Stolz und mit selbstbewusstem Blick begegnete er der Fürstin. "Es wäre mir eine Ehre, Herrin."

 

Ayaka lachte leise auf. "Ich habe Euch also richtig eingeschätzt."

Sie deutete eine leichte Verbeugung vor ihm an. "Es war mir eine Ehre. Unser Gespräch 

hat mir viel Freude gemacht und ich bin mir sicher, Euch ebenfalls." 

 

Er war verblüfft, als er den kleinen Scherz wahrnahm. Doch bevor er reagieren konnte,

hatte sie sich abgewandt und verschwand schon in Richtung des Hauptgebäudes. 

 

Keisuke blieb allein zurück. Er konnte nicht glauben, was er eben gerade erlebt hatte. 

Offensichtlich hatte er eine unvermutete Verbündete bekommen. Die Fürstin höchstpersönlich,

hatte nichts gegen eine Verbindung mit ihrer Ziehtochter einzuwenden. Er spürte, wie 

die kleine Flamme der Hoffnung neue Nahrung bekam. Doch da gab es immer noch den Fürsten

und wie der darüber dachte konnte er im Entferntesten noch nicht einmal ahnen.

 

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Die kleine Reisegruppe hielt auf dem sanft abfallenden Hügel an. Vor ihnen erstreckte 

sich die weite Ebene bedeckt mit Wäldern und in keiner also großen Entfernung erhob 

sich das Schloss. 

"Wie sieht es aus?", fragte der Fürst Nakazato. Wie suchend bewegte er den Kopf. Seine 

Augen, die mit einem Grauschleier bedeckt waren, übermittelten ihm keinerlei Bilder. 

Doch er hatte das leise Raunen gehört, das durch die Reihen der Krieger ging. 

 

"Es ist prachtvoll, Vater", die Stimme von Hiroki zeigte nur zu deutlich seine 

Bewunderung. "Es hat einen viereckigen Grundriss. Umgeben von einer hohen Steinmauer. 

Wachtürme an jeder Ecke und einen breiten Gang auf der inneren Mauerseite. Die Dächer 

sind mit Figuren verziert. Ein schweres Holztor ist halb geöffnet." Er kniff leicht die

Augen zusammen. "Wachen sind davor postiert und auch auf den Mauern kann ich welche 

erkennen."

 

Der Fürstensohn wandte sich leicht im Sattel um. Sein Blick suchte einen bestimmten 

Krieger und zwar denjenigen, der als Bote ihre Nachricht überbracht hatte. 

"Sie erwarten uns?" 

Der Krieger nickte zur Bestätigung. "Gewiss, Herr. Ich habe, wie befohlen, Eure 

Nachricht überbracht." 

Hiroki wandte sich im Sattel wieder um und sah nach vorne. "Also dann los. Begeben wir

uns in das Schloss eines Dämonenfürsten."

Diese Worte hinterließen bei den menschlichen Wachen ein ungutes Gefühl.

Wer wagte sich denn schon freiwillig in die Nähe dieser grausamen Geschöpfe? 

 

*************************************************************************

Die Wachen vor dem Schloss waren über den erwarteten Besuch informiert. Sie verbeugten 

sich und einer begleitete die Gruppe in den Innenhof. Dort wies er sie an zu warten, 

dann verschwand er im Inneren des Schlosses. 

Es dauerte nur kurze Zeit, da erschien er wieder in Begleitung eines kleinen grünen Dämons.

Hiroki entglitt fast ein Seufzer der Erleichterung. Diesen Dämon kannte er nun zu Genüge.

 

"Jaken-sama!", rief er aus und Erleichterung schwang in seiner Stimme mit. Eilig winkte

Jaken Diener herbei, die sich um die Pferde kümmern sollte.

Hiroki stieg ab und half auch seinem Vater abzusteigen. 

"Seid willkommen auf Schloss Inu no Taishou. Euer Bote hat Eure Ankunft angekündigt und

die Gästezimmer sind vorbereitet. Eure Wachen werden in den Quartieren untergebracht 

und Ihr Fürst Nakazato und Hiroki-san werdet im Audienzen Saal erwartete. Ich geleite 

Euch umgehend dahin", begrüßte sie Jaken mit gewichtiger Miene. 

 

Fürst Nakazato legte eine Hand auf die linke Schulter seines Sohnes. "Wir werden euch 

folgen, Jaken-sama", sagte er. 

Zwei ihrer Samurai traten schlossen sich ihnen wortlos an.

 

Jaken geleitete sie durch die Gänge zum Audienzsaal. 

Hiroki sah sich aufmerksam um. Er wusste nicht so ganz, wie er sich ein Schloss von und

voller Youkai vorgestellt hatte, doch er war erleichtert, als er nun feststellte, dass 

es sich gar nicht so sehr von dem heimatlichen Schloss unterschied.

Schließlich kam  sie vor einer breiten Doppeltür an. Zwei Diener standen davor und 

öffneten sie auf ein Zeichen von Jaken.

 

Die Türen wurden geöffnet und die beiden Diener verbeugten sich vor Nakazato und seinem

Sohn. Der Fürst drückte leicht die Schulter Hiroki’s. "Geh, mein Sohn." 

 

Hiroki machte sich auf den Weg mit langsamen und gemessenen Schritten trat er den 

Audienzsaal. Irgendwo in seinem Inneren konnte er ein leichtes Unbehagen nicht unterdrücken. 

Die beiden Samurai folgten ihnen auf dem Fuß.

Er hatte Keisuke kennengelernt und hatte gesehen, was für ein Kämpfer dieser Youkai war

und nun sollte er einem Youkai-Fürsten gegenübertreten. Was für ein Wesen mochte das wohl sein?

 

Kaum hatten sie den Saal betreten, sah er sich schnell um. Ihm entging nicht die 

schlichte Eleganz des Raumes. Dunkle Hölzer bildeten den Boden genau auf der ihnen 

gegenüberliegende Seite befand sich eine Empore und auf ihr stand ein niedriger Sessel.

Darauf saß ein Youkai und was für einer. 

Noch nie hatte Hiroki so ein Wesen gesehen. Unwillkürlich stockte sein Schritt. 

 

"Beschreib mir, was du siehst", raunte sein Vater leise neben seinem Ohr. 

Gewaltsam löste sich Hiroki aus der Erstarrung. "Wir gehen durch einen Saal auf eine 

Empore zu. Darauf sitzt der Fürst." Erst jetzt entdeckte Hiroki, das sich der Fürst 

nicht allein befand. 

Rechts von ihm saß eine Frau gekleidet in einem kostbaren Kimono. Ihre Haare waren zu 

einer kunstvollen Frisur aufgesteckt und er sah den Haarschmuck der rechts und links 

nach unten hing. Er umrahmte ein feingeschnittenes Gesicht. Allerdings sah er keinerlei Wachen. 

 

"Er ist nicht allein", flüsterte Hiroki. "Eine Frau sitzt neben ihm. Vielleicht die Fürstin. " 

"Beschreib ihn mir, damit ich mir ein Bild machen kann. Schnell...", drängte der Fürst.

Keiner der beiden Menschen bedachte, dass selbst ihre leise geflüsterten Worte so deutlich

zu den beiden Youkai drangen, als wären sie laut ausgesprochen worden.

 

Ayaka lächelte "Sie haben Angst, Gebieter. Und der junge Mann beschreibt seinem Vater,

was er sieht", flüsterte sie fast unhörbar. 

Sesshomaru erwiderte darauf nichts. Er empfand es als seltsam, das ein anderer jemanden

beschrieb, wie er aussah. Doch war es nur zu verständlich, da er wusste, dass Fürst 

Nakazato blind war.

 

"Der Fürst ist groß, schlank. Sein Haar weißsilbern und er trägt es offen. Auf seiner 

rechten Schulter trägt er einen weißen Pelz. Sein Gesicht... er hat Markierungen zwei 

Magentafarbene Streifen auf jeder Wange und einen blauen Halbmond auf der Stirn. Er 

wird fast vollständig von den Haaren verdeckt. Die Farbe seine Augen ist golden...", Hiroki stockte. 

Ein Schauder rann ihm über den Rücken, als er die Kälte sah, die in diesen Augen trotz der 

warmen Farbe lag. "Sein Blick…. Er zeigt keine Gefühle. Nicht ein einziges." Schnell 

wandte er sich der Frau zu. 

 

"Noch nie sah ich eine so schöne Frau", sagte er leise. "Ihre Haare haben eine seltsame

Farbe. Offenbar schwarz im Ansatz und zu den Spitzen immer heller werdend, bis sie in 

einem reinen Weiß enden.

Doch so genau kann ich es aufgrund der Hochsteckfrisur nicht erkennen. 

Sie hat keinerlei Markierungen auf den Wangen und doch ist sie eindeutig eine Youkai. 

Ihre Ohren laufen spitz zu genau wie bei dem Fürsten... Wir sollten aufhören. Wir sind 

schon zu nah." 

 

Zustimmend nickte Fürst Nakazato. Das sollte genügen. So konnte er sich vorstellen, wem

er gegenüber saß. Den Rest würden die Worte enthüllen, die sie zusammen sprechen würden.

Im Laufe seines Lebens hatte er genug erfahren, um in den gesprochene Lauten mehr zu 

erkennen, als ein normaler Mensch.

Dennoch konnte er ein leichtes Gefühl des Unbehagens nicht verhindern. Es war lange 

her, das er die gewohnte Umgebung des heimatlichen Schlosses gegen die unbekannte Ferne

getauscht hatte. 

Und zudem war diese Umgebung etwas, was bei jedem Mensch Unbehagen auslöste und mit 

einem Mal wurde er sich bewusst, das wenn es keinen Vertrage zwischen ihren Häusern 

geben würde er niemals auf den vermessenen Gedanken gekommen wäre sein Leben und das 

Leben seine Sohnes zu riskieren um ein Youkai-Schloss zu betreten.

Er spürte, wie sein Sohn stehenblieb und stoppte ebenfalls seine Schritte. 

 

"Willkommen auf Schloss Inu no Taishou", hörte er nun eine tiefe Stimme. Vergeblich 

mühte er sich eine Emotion in der Tonlage zu erkennen, doch er musste feststellen, das 

ihm das nicht gelang. Keine Freundlichkeit, und keine Ablehnung, nein einfach nur 

neutral und damit auch gleichzeitig irgendwie beängstigend. 

 

Er straffte unwillkürlich die Schultern und richtete den Blick in Richtung der Stimme.

"Vielen Dank, Eure Lordschaft", antwortete er. "Wir sind froh hier zu sein und versichern

nochmals die Beschlüsse unserer Verträge."

 

"Wollt Ihr Euch nicht setzen, die Reise dürfte anstrengend gewesen sein", vernahm er nun

eine andere Stimme, die nach der Tonlage eindeutig eine Frau war. Es musste die Fürstin

sein, die da gesprochen hatte. Hier konnte er mehr hören, als nur die Worte. 
 

Er hörte Wärme, Sanftheit, und doch lag darin auch eine nicht zu unterschätzende Macht.

Er hörte, wie zweimal in die Hände geklatscht wurde und hörte die federleichten Schritte 

von Dienern. Gleichzeitig spürte er, wie ihn sein Sohn unauffällig auf einen niedrigen 

Stuhl leitete. 

 

"Was führt Euch so weit in diese Gegend?", fragte wieder der Fürst. 

Nakazato konnte sein Lächeln nicht unterdrücken. Dieser Youkai schätzte offensichtlich 

keine leichten höflichen Gespräche. Er wollte gleich zum Kern der Sache kommen.

"Es geht um Eure Ziehtochter. Wir lernten sie während der Verhandlungen als eine 

besondere Person kennen.

Mein Sohn Hiroki fand großen Gefallen an ihr und eine Verbindung würde unsere beiden 

Häuser weiter zusammenführen.

 

Hiermit halte ich im Namen meines Sohnes um die Hand von Rin, der Hime der westlichen 

Länder an!"

 

*************************************************************************

 

Mit einem leisen Seufzer streifte Keisuke die Schuhe ab, bevor er in die Unterkunft der

Wachen eintrat. Wieder war ein Tag vorübergegangen ohne, dass er sie gesehen hatte.

Sie, die ihn bis in seine Träume verfolgte. 

Deren Anblick sein Herz schneller schlagen ließ. Es waren schon mehrere Tage vergangen,

seit die Menschen aus Nakazato im Schloss angekommen waren.  Der Grund ihres Besuches 

hatte sich sehr schnell herumgesprochen. Es gab kein anderes Thema unter der Dienerschaft. 

 

"Keisuke-san... wartet!", die helle Stimme ließ ihn innehalten. 

Er drehte sich um und erkannte die persönliche Dienerin der Herrin. Ihr Name war Haruka,

wenn er sich richtig erinnerte. 

"Ich habe eine Nachricht für Euch", mit diesen Worten reichte sie ihm einen 

zusammengefalteten Zettel. 

Mit einem schnellen Nicken und einem Lächeln wandte sie sich wieder um und entfernte 

sich mit eiligen Schritten.

 

Vorsichtig, als ob er ein seltenes Insekt in den Händen hielt, musterte Keisuke den 

Zettel. Der Geruch, der von ihm ausging, war eindeutig. Er war von der Fürstin. 

Es brachte ihn nicht weiter, wenn er die Nachricht nur anstarrte. 

Er faltete sie auseinander und begann zu lesen. 

 

Die Buchstaben begannen vor seinen Augen zu tanzen. Noch mal las er sich die wenigen 

Zeilen durch. 

"Wenn Ihr noch zu Euren Gefühlen steht, dann kommt zum Übungsplatz. Dort bekommt Ihr 

Eure Chance" 

Sein Kopf flog hoch und starrte in die entsprechende Richtung. Hinter den niedrigen 

Gebäuden der Wachen befand sich im hinteren Teil des Schloss-Hofes der Übungsplatz der

Wachen und durch eine hohe Hecke optisch von den übrigen getrennt, der private Platz 

der fürstlichen Familie. 

 

Seine Hand ballte sich um den Zettel, dann schlüpfte er in seine Schuhe und ging 

entschlossen in Richtung der Übungsplätze.

Der Übungsplatz der Schlosswachen lag leer vor ihm. Sein Blick glitt an der Hecke 

entlang, die die beiden Plätze voneinander trennte.
 

Er hörte das regelmäßige Klacken, das ihm verriet, dass dort jemand mit Stöcken kämpfte. 

Mit langsamen Schritten näherte er sich der Hecke und umschritt die trennende Ecke, 

und blieb sofort stehen. Es befanden sich zwei Kämpfer auf dem Platz. 

Nein, sofort korrigierte er sich, es waren zwei Kämpferinnen. Die eine war die Fürstin

höchstpersönlich und die andere.... Rin. 

 

Fasziniert sah er dem Übungskampf zu. Es war ein Kampf mit den Stöcken. Eben 

attackierte Rin die Fürstin mit einer schnellen Schlagkombination. 

Wäre Rin’s Gegner ein Mensch gewesen, wäre er durch diesen Angriff zur Strecke gebracht

worden, doch die Youkai hielt dagegen und parierte mit einem Tiefschlag. 

Das lange Ende des hölzernen Stabes wischte kurz über den Boden entlang und zielte auf 

Rin’s Beine. 

Mit einem blitzartigen Sprung in die Höhe verhinderte die junge Frau, dass ihr der 

Schlag die Beine wegsäbelte. 

 

Ayaka hatte die Ankunft des Youkai sofort bemerkt. 

Mit einem Satz rückwärts brachte sie nun Abstand zwischen sich und ihre Ziehtochter  

und senkte die Waffe. "Für heute soll es gut sein. Du bist sehr gut, Rin. Es wird wohl 

kaum noch jemanden geben, der dich im Stockkampf besiegen könnte."

 

Rin senkte ebenfalls ihre Waffe und ein Lächeln glitt angesichts des Lobes über ihr 

Gesicht. "Danke… Mutter… ich habe auch sehr viel geübt." 

Das Lächeln verschwand, als ihr Blick auf jemanden fiel, der hinter Ayaka stand. Wie 

ein Schatten glitt es über ihr Gesicht.  "Wir haben ungebeten Besuch", sagte sie. 

 

Ayaka wandte nur kurz den Kopf. Sie nickte Keisuke unmerklich zu. Dann wandte sie sich 

wieder an Rin.

"Ich habe ihn hierher gebeten. Ich glaube, ihr habt einiges zu besprechen", erwiderte 

sie Rin. 

 

Rin schüttelte den Kopf während Keisuke näher kam. "Wir haben nichts zu besprechen. Ich

wüsste jedenfalls nicht, was ich mit einer gewöhnlichen Wache...", ihr Blick glitt 

abschätzend über Keisuke’s Gestalt. "...zu besprechen hätte."

 

Ayaka trat an ihre Seite und legte ihr eine Hand auf die Schulter. "Rin, meine Tochter. 

Ich denke mir zwischen euch gibt es etwas, was geklärt werden muss und ich will, das du

niemals in deinem Leben sagen musst: Hätte ich die Chance gehabt, dann... Also sprecht 

miteinander." Sie sah beiden eindringlich in die Augen, dann wandte sie sich um und 

ging mit entschlossenen Schritten weg.

 

Ein leichter Wind fuhr über den Platz und Staub wirbelte hoch. Wie erstarrt sahen Rin 

und Keisuke sich an. 

Tiefes Schweigen.

 

Nervös fuhr sich Keisuke mit der Zunge über die Oberlippe. "Wie geht es Euch?", fragte 

er dann. Kaum hatte er es ausgesprochen, schalt er sich einen Narren. Wenn Rin hier 

übte, dann mussten ihre Verletzungen ja vollständig verheilt sein. 

Die junge Frau hob nur kurz eine Augenbraue an. "Gut",  antwortete sie knapp

 

Schweigen.

 

Was sollte er sagen? Wie konnte er erklären, was er fühlte? Noch nie hatte er war in so

einer Situation gewesen.

 

Rin verlagerte ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Ihr war das alles sehr unangenehm.

Im Grunde genommen war alles gesagt. Keisuke hatte sich während ihres Auftrages um sie 

gekümmert. Er hatte sie beschützt und gerettet, wie es seine Aufgabe gewesen war. Von 

Anfang an hatte er erklärt, wie er zu den Menschen stand. Verachtung und Gleichgültigkeit

 waren noch nette Umschreibungen für seine Meinung gewesen.

 

Doch irgendwie hatte sie die Überzeugung gewonnen, dass sie ihm doch nicht gleichgültig

war. Sie hatte begonnen ihn nicht mehr als Begleiter, sondern als Freund und... Ja, als

was eigentlich zu sehen?

Dann am letzten Abend hatte er sie geküsst. 

Sie konnte noch immer nicht fassen, wie glücklich sie darüber gewesen war. Sie hatte 

doch nur wissen wollen, was er für sie fühlte und dann hatte er sie zurückgestoßen wie 

all die Male vorher, als sie versucht hatte sich ihm freundlich zu nähern.

 

Was sollte sie also noch tun, oder gar sagen? 

Er verachtete die Menschen und ein schwaches erbärmliches Weib würde ihn wohl kaum von 

dieser Meinung abbringen. Es war besser für sie beide, wenn sie in ihre Welten 

zurückkehrten und sich, wenn möglich, nicht mehr trafen. 

 

Mit einem leisen Seufzer wandte sie sich ihm zu. "Ich weiß wirklich nicht, was sich 

meine Mutter vorgestellt hat, was wir zu klären hätten. Ihr habt Eure Meinung über mich

und meine Art in der ganzen Zeit nur zu klar gemacht. 

 

Vielleicht gab es mal einen kleinen Moment, wo ich gedacht habe, dass es anders wäre, 

doch Ihr habt mir nur zu deutlich gesagt, dass es nur eine auferlegte Pflicht für Euch

war. Eine offensichtliche lästige und Euch unangenehme Pflicht. Bitte...", sie hob den 

Kopf und sah ihn mit ihren braunen Augen flehentlich an. "Macht es uns nicht schwerer, 

als es ist. Wir beide leben in verschiedenen Welten und Ihr... Ihr werdet niemals 

bereit sein Euren Hass und Eure Verachtung abzulegen." Sie packte ihre Sachen und 

wandte sich blitzschnell um und rannte vom Platz.

 

Keisuke stand wie erstarrt da. 

Das war sie gewesen, die Chance… doch sie war vorbei. So schnell, dass er es noch immer

nicht glauben konnte.  

Seine Schultern sackten leicht nach vorn, als er den Kopf sinken ließ. Er fühlte sich

hilflos. Es wurde langsam Zeit zu akzeptieren, dass Rin für immer unerreichbar für ihn war. 

 

Ein bitteres Lächeln huschte über sein Gesicht, als er den Kopf hob und in die Richtung

sah, wo die junge Frau verschwunden war. Sie lebten in unterschiedlichen Welten. So 

nah und doch so weit entfernt in ihren Ansichten und ihren gesellschaftlichen Rängen, 

das es unmöglich war diese Kluft zu überwinden.

 

Ein Ruck ging durch seinen Körper. Dann wandte er sich um und verließ den Platz. 

Entschlossen nie mehr zu vergessen, wo sein Platz war.

 

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Gedankenverloren starrte Sesshomaru auf die Landkarten, die auf seinem Schreibtisch 

lagen, ohne sie richtig zu sehen. 

Die Berichte aus der näheren Umgebung gaben Anlass zu Besorgnis. Offensichtlich hatte 

sich ein gefährlicher Youkai der niedrigen Ränge in die Gegend verirrt. Und dieser 

Youkai machte nun gezielt Jagd auf Menschen und auch auf andere Youkai. 

Es waren mehrere Tote gefunden worden, deren Aussehen nicht gerade gut gewesen war.

 

Sesshomaru lehnte sich zurück. Damit würde er sich bald befassen müssen, doch in diesen

Tagen gab es etwas, was seine Gedanken fast vollständig einnahm. Der Besuch des 

menschlichen Fürsten.

 

Fürst Nakazato hatte sein Anliegen deutlich gemacht. Er wollte für seinen Sohn um die 

Hand von Rin anhalten und damit die Vereinigung der beiden Länder und auch der beiden 

unterschiedlichen Häuser Youkai und Menschen festigen. 

Natürlich musste jeder irgendwann einen Gefährten finden, das war bei Youkai nicht 

anders als bei Menschen, doch war ihm der Gedanken, das es bei Rin schon soweit war 

irgendwie... seltsam. 

 

Es schien ihm erst gestern gewesen zu sein, dass er dieses kleine Bündel Mensch in den

Armen gehalten hatte, als sie nach Tenseiga’s Schlag wieder zum Leben erwachte.  

Das Leben eines Menschen währte nur gleich einem Flügelschlag eines Schmetterlings im 

Gegensatz zu der Lebenserwartung eines Youkai. 

 

Wenn Rin einen menschlichen Gefährten hatte, dann würde sie gemeinsam mit ihm altern 

und nach vielen erfüllten Jahren würden sie sterben. Das alles würde nicht sein, wenn 

sie einen Youkai zum Gefährten hatte.

 

Sesshomaru dachte an seinen Halbbruder und dessen Gefährtin Kagome. Die junge Frau war 

ein Mensch, doch durch das Juwel der vier Seelen war ihr die Lebensspanne eines Youkai

geschenkt worden. 

Als Hanyou alterte Inu Yasha genauso langsam, wie ein vollblütiger Youkai. Die beiden 

würden ein sehr, sehr langes gemeinsames Leben haben.

Sie konnte man auf gar keinen Fall mit Rin vergleichen.

 

Allein der Gedanke daran, das er zusehen musste, wie Rin erwachsen wurde und dann zu 

altern begann, verursachte einen kaum gekannten Schmerz. Irgendwann würde er am Grab 

seiner kleinen Tochter stehen. 

Doch bis dahin sollte sie ein erfülltes und vor allem glückliches Leben führen. Was war

die beste Entscheidung für sie? Er fühlte die Schwere der Verantwortung auf seinen 

Schultern lasten.

 

Sesshomaru stand auf und trat an das Fenster. Der Garten lag unter ihm. Wie oft hatte 

er hier gestanden und Ayaka und Rin zugesehen, wie dort unten saßen, oder gespielt 

hatten?

Der Kirschbaum, der unmittelbar im Blickfeld dieses Fensters lag, war der Lieblingsplatz

der beiden. So, als ob sie immer noch bei ihm sein wollten, obwohl er oft hier oben saß. 

 

Das leise Pochen an der Tür lenkte für einen kurzen Moment seine Aufmerksamkeit ab. Er 

wusste schon bevor er herein rief, wer es war. 

Der vertraute warme Geruch von Ayaka wehte ihm entgegen. 

 

Die Wolfsyoukai trat ein und schob hinter sich die Tür zu. Sie nickte ihm ehrerbietig 

zu und tat dann an seine Seite. Schweigend stand sie neben ihm. Ayaka spürte die 

verdeckte Nervosität ihres Gefährten. 

 

"Ich habe mich entschieden", sage Sesshomaru schließlich. 

Ayaka wartete schweigend ab.

"Rin ist ein Mensch. Und es ist besser, wenn sie ihren Gefährten untern den Menschen 

findet. Hiroki ist eine gute Wahl. Diese Heirat wird unsere Häuser fester verbinden, 

als ein Vertrag."

 

Ayaka rang mit sich. Ihre Loyalität zu den Entscheidungen ihres Mannes und das ungute 

Gefühl in ihrem Inneren, das sie bei diesen Worten empfand.

"Sesshomaru-sama, ich weiß, das Ihr nur das Beste im Sinne habt, doch ich bitte Euch 

noch einige Tage mit der Verkündung der Entscheidung zu warten." 

Sesshomaru drehte sich zu ihr um. Seine Stirn runzelte sich und die goldenen Augen 

sahen forschend auf die Wolfsyoukai hinab. "Verschweigst du mir etwas, was deinen 

Wunsch rechtfertigt?"

 

Ayaka senkte den Kopf. "Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, das wir einfach noch

warten sollten. Ich bitte Euch nur um einige Tage."

 

Sesshomaru überlegte kurz. Er hatte in den Jahren gelernt der Intuition seiner 

Gefährtin zu vertrauen. Schließlich nickte er. "In Ordnung. Bis dahin werden wir wohl 

den Fürsten beschäftigen müssen. Morgen werden wir ihm die nördlichen Menschendörfer

zeigen. Sicher interessiert es ihn, wie die Menschen hier in unmittelbarere Nähe zu 

einem Youkai-Schloss leben." 

 

Erleichterung durchfuhr Ayaka. "Ich danke Euch, Gebieter."

 

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Ende Kapitel 13

Jetzt wird irgendwann einmal die Entscheidung fallen: Mensch oder Youkai. für wen wird 

sich Rin entscheiden? 
 

Ich selbst weiß es nicht. 

Manchmal verselbstständigen die Personen der Geschichte sich und auf einmal entwickeln

sich beim Schreiben Dinge, die man vorher noch nicht einmal so angedacht hatte. Also 

lassen wir uns gemeinsam überraschen, wohin mich meine Finger auf der Tastatur bringen.

Das war auch das letzte ruhige Kapitel, bevor die Geschichte ab dem Nächsten wieder 

rasant an Fahrt aufnimmt. Denn es wird spannend, wenn sich der Kampf um Rin’s Leben 

entscheidet.

 

Liebe Grüße

chaska

Kampf um Rin’s Leben

Hallo ihr Lieben,

Das nächste Kapitel geht online und die Geschichte nimmt erneut Fahrt auf.

Viel Spaß beim Lesen...
 

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Kampf um Rin’s Leben
 

Noch lag der Morgennebel in der Luft. Jaken atmete tief ein, als er aus seinem Raum

auf den kleinen Balkon trat. Man konnte den nahenden Herbst nicht nur sehen, sondern

auch spüren. Die Nächte wurden allmählich kühler.

Die Vögel ließen sich jedoch nicht davon abhalten ihr morgendliches Konzert zu geben.

Eine wahrhaft friedliche Stimmung lag über Schloss Inu no Taishou.
 

Jaken rieb sich die Hände. Heute Nachmittag würden Lord Sesshomaru und Lady Ayaka

zurückkehren. Sie waren in der Frühe mit dem Fürst Nakazato zu den menschlichen Dörfern

aufgebrochen. Lady Ayaka hatte den Vorschlag gemacht zu zeigen, wie die Menschen hier

lebten und was für Vorteile sich daraus für beiden Seiten ergaben.
 

Es hatte sich in der Tat die letzten Jahre viel verändert hier.

Vorbei waren die Zeiten des nomadenhaften Lebens, das er im Dienste seines Herrn

geführt hatte.

Vorbei war der unversöhnliche Hass, den sein Herr gegen die Menschen gehegt hatte. Zwar

war er noch immer unnahbar und auch kalt berechnend, doch er lebte mehr nach dem

Motto: Leben und leben lassen.

Die Herrin hatte viel zu diesem Sinneswandel beigetragen.
 

Mit einem Seufzen rückte Jaken seine Kleidung zurecht. Es wartete Arbeit auf ihn.
 

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Tief atmete Rin durch. Sie war froh, der angespannten Atmosphäre in dem Schloss

entkommen zu sein.

Der Antrag von Hiroki hatte sie im Grunde genommen nicht sehr überrascht. Und nun

eschäftigte der junge Mann ihre Gedanken Tag und Nacht.
 

Sie mochte ihn.

Er sah gut aus und war der Erbe eines menschlichen Fürstentums. Doch würde eine Heirat

auch bedeuten, dass sie ihre Eltern verlassen musste. Der Gedanke kam ihr irgendwie

unwirklich vor, dass sie jemals woanders leben würde, als hier bei ihrem Ziehvater und -Mutter.

Alles sprach für diese Verbindung, doch war da ein kleiner Teil ihres Herzens, der

damit nicht einverstanden war. Dabei wusste sie noch nicht einmal warum sie dieses

Gefühl nicht abschütteln konnte.
 

Gedankenverloren zupfte sie an den Zügeln ihres Pferdes und lenkte das Tier abseits der

Straße. Gehorsam folgte der Braune dem Befehl.

Rin vergaß für einen Moment ihre schweren Gedanken und wandte ihre Aufmerksamkeit ihrer

Umgebung zu. Das Laub färbte sich allmählich und leuchtete farbenfroh in der

morgendlichen Sonne auf.

Wie gut, dass ihre Eltern nicht da waren. Sie waren Früh aufgebrochen. Nur so war es

ihr gelungen sich in den Stall zu schleichen und sich ein Pferd zu satteln und damit zu

verschwinden.

Die beiden Wachen am Tor hatte sie durch ihre bestimmte Art überzeugt, sie passieren zu

lassen. Sie hatte sie einfach damit angelogen, dass sie ausreiten durfte. Und wer

wagte es sich der Prinzessin der westlichen Länder entgegen zu stellen?
 

Ihr schlechtes Gewissen regte sich, als sie daran dachte, dass es ihr verboten war alle

in auszureiten. Und sie dachte daran, dass die Wachen wahrscheinlich Ärger bekommen

würden, dass sie sie nicht aufgehalten hatten

Es wurde wirklich Zeit umzukehren. Dann kam sie noch zur rechten Zeit um das Frühstück

mit dem Fürstensohn einnehmen zu können.

Diese Aussicht ließ sie lächeln und sie drückte ihrem Pferd leicht die Fersen in die

Flanken und trieb es zu einem flotten Trab an.

Der Weg tauchte wieder vor ihr auf.
 

Doch in diesem Moment stoppte ihr Pferd so plötzlich, dass sie für einen kurzen

Augenblick fast die Balance verlor.

„Was ist los?“, fragte sie und strich dem Tier beruhigend über die rechte Halsseite.

Doch das Pferd tänzelte nur schnaubend zur Seite. Rin spürte, wie sich alle Muskeln

unter dem Sattel anspannten.

Sie drehte den Kopf und versucht herauszufinden, was dem Tier so viel Angst machte.

Doch der Wald verbarg es.
 

„Komm schon. Hier ist nichts“, versuchte Rin es erneut, doch der Braune wich mit einem

Wiehern nach hinten zurück. Sie drückte mit aller Kraft die Fersen in die Flanken, doch

das Tier wich immer weiter zurück.
 

Äste krachten, ein wildes Knurren schwang durch den Wald.

Das Pferd schrie auf, dass es fast menschlich klang.

Dann wurde es still…. Selbst die Vögel schwiegen.
 

Nur ein genüssliches Schmatzen und das Brechen von Knochen war leise zu hören...
 

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Jaken schob die Tür zu Rin’s Gemächern auf und tappte hinein. Eine Dienerin, die gerade

saubermachte, verbeugte sich tief vor ihm. Suchend glitt Jaken’s Blick durch den Raum.

„Wo ist die Hime?“, fragte er schließlich, als er Rin nirgends entdecken konnte.

Schon während seiner Frage kam ein wohlbekanntes ungutes Gefühl in ihm hoch.

„Ich weiß es nicht“, antwortete die Dienerin.

Das schlechte Gefühl verstärkte sich schlagartig. Genau DAS hatte eigentlich nicht

hören wollen.
 

Sofort machte er kehrt und ging in Richtung Hof. Kaum trat er ins Freie schlug er den

Weg zu den Stallungen ein. Ein Blick genügte um zu zeigen, dass Ah-Uhn der riesige

Reitdrache noch immer da war.

Er rief einen der Pfleger herbei. „War die Hime hier?“, insgeheim hoffte er auf eine

Verneinung, doch sank sein Herz in den Magen, als er das eifrige Nicken sah. „Gewiss,

Jaken-sama. Sie ließ sich ein Pferd satteln und ist ausgeritten.“

Der Dämon zuckte zusammen, als Jaken heftig anfing zu fluchen.

Irritiert sah er dem Krötendämon nach, wie er auf schnellen kurzen Beinen aus dem Stall

watschelte.
 

Seine schlimmsten Befürchtungen hatten sich bewahrheitet. Rin war mal wieder allein

unterwegs. Gerade jetzt. Die junge Frau ahnte nicht, in was für einer Gefahr sie

schwebte und gerade jetzt waren weder der Herr noch die Herrin zugegen. Sie waren mit

dem Fürsten Nakazato unterwegs in den Ländereien.

Jaken blieb inmitten des Hofs stehen. Feine Schweißtropfen bedeckten seine Stirn.

„Was soll ich bloß tun? Der Herr wird mich umbringen. Oh, ihr Götter.«
 

„Ihr scheint Sorgen zu haben Jaken-sama!?“

Die voll tönende Stimme riss Jaken hoch. Vor ihm stand mit einem breiten Lächeln Hiroki,

der Fürstensohn. „Ich wollte zwar gerade Rin-chan besuchen, doch natürlich würde ich

Euch gerne behilflich sein, wenn ich es kann.“

„Es geht um die Hime“, stieß Jaken erleichtert hervor.

Die Augenbrauen von Hiroki zogen sich zusammen. „Was ist mit ihr?“
 

„Offenbar ist sie ohne Begleitung ausgeritten. Und ausgerechnet jetzt, wo weder der

Herr noch die Herrin da sind.«

„Ich bin sicher ihr passiert nichts. Ich habe Rin-chan als eine durchaus fähige Frau

kennen gelernt. Die sich auch in schwierigen Situationen behaupten kann“, erwiderte

Hiroki zuversichtlich.

„Vielleicht, doch hat sich die Situation in unsere Abwesenheit geändert. Es gab

Übergriffe von einem Bärenyoukai auf verschiedene Dörfer. Dabei gab es auch Tote.

Der Herr wollte in den nächsten Tagen sich auf die Suche machen und den Youkai

ausschalten, der das verursacht hat.

Rin weiß nichts davon und es kann sein, dass sie unwissentlich genau diesem Untier in

die Fänge stolpert“, sagte Jaken und ein Beben erfasste seine Körper. „Ich darf gar

nicht daran denken, was er dann mit ihr macht.“
 

Hiroki starrte Jaken ungläubig an. „Rin ist in Gefahr? Wir müssen etwas unternehmen.

Ich werde sofort aufbrechen und sie suchen, Jaken-sama…. Sorgt Ihr bitte dafür, dass

sich Keisuke-san hier bei mir einfindet. Er ist bestimmt am Besten geeignet Rin zu

finden und ich hätte ihn gern als Begleiter.“

Jaken’s Gesicht klärte sich auf. „Das ist die Idee. Gewiss. Ich eile... wartet hier.“ Und

schon watschelte er in Windeseile davon.
 

Hiroki ließ sich in der Zwischenzeit sein Pferd satteln. Kaum führte er es aus dem

Stall, sah er schon, wie Keisuke in Begleitung von Jaken herbeikam.

Das Gesicht des Inuyoukai war eine einzige grimmige Miene. „Beeilen wir uns“, sagte er

nur und die Worte wurden von einem leichten Knurren begleitet.
 

„Kein Pferd?“, fragte Hiroki und schwang sich in den Sattel.

„Ich bin schneller, als so ein Vieh“, sagte Keisuke und wandte sich schon in Richtung

Schlosstor.

„Wie du meinst“, murmelte Hiroki und stieß mit den Fersen leicht in die Flanken des

Pferdes. Mit einem tiefen Schnauben setzte sich das Tier in Bewegung und folgte dem

Inuyoukai durch das Tor nach draußen.
 

Kaum hatten sie das schwere Tor passiert, verfiel Keisuke in einen schnellen Lauf. Er

wollte so bald wie möglich aus der Nähe des Schlosses kommen, um leichter Rin’s Spur

aufnehmen zu können.

Er sah sich nicht um, doch er hörte deutlich, wie der Fürstensohn ihm folgte.
 

Nach kurzer Zeit stoppte der Youkai und blieb stehen.

Augenblicklich zog Hiroki die Zügel an und stoppte ebenfalls. Schnaubend tänzelte das

Pferd auf der Stelle. Schweigend, um Keisuke nicht zu stören, sah er zu seinem Begleiter.
 

Der Inuyoukai hatte die Augen geschlossen und den Kopf leicht in den Nacken gelegt. Die

Nasenflügel weiteten sich, als er den Wind prüfte. Keisuke bot ein Bild der vollständigen

Konzentration, nichts verriet, wie aufgewühlt er im Inneren war.

Die Sorge brannte heiß in ihm und was der Wind ihm zutrug vergrößerte sie sogar.

Blut...und die Witterung von Rin.

Aus derselben Richtung.
 

Hiroki zuckte zusammen, als Keisuke schlagartig die Augen wieder öffnete.

„Hast du...?“, fing Hiroki an.

„Dort entlang«, sagt Keisuke und zeigte in die entsprechende Richtung. Er warf einen

schnellen Blick zu dem Fürstensohn. „Und beeilt Euch. Ansonsten finden wir nur noch

ihre Leiche.“
 

Kaum hatte er es ausgesprochen, da rannte er schon los. Hiroki riss sein Pferd herum

und gab ihm die Sporen.

Die Worte des Youkai hatten seinen Herzschlag in die Höhe getrieben. Hatte Keisuke

übertrieben oder befand sich Rin wirklich in tödlicher Gefahr?

Auf jeden Fall musste er sein Pferd ganz schön antreiben, um mit dem Youkai Schritt

halten zu können. Er dankte den Göttern dafür, dass sein Tier die letzten Tage Zeit

gehabt hatte sich zu erholen. Ansonsten hätte er seinen Führer schon nach kurzer Zeit

sicher verloren.
 

Keisuke zitterte innerlich. Der Geruch, der ihn wie einen roten Faden durch den Wald

führte wurde intensiver und damit wurde auch seine Sorge größer.

Blut... es grauste ihm bei den Gedanken, was sie womöglich an ihrem Ziel angekommen

finden würden.
 

Der Weg machte vor ihnen eine Biegung und kaum hatten sie sie erreicht, stoppte Keisuke

scharf. Hinter sich hörte er wie schnaubend das Pferd zum Stillstand kam.

„Was...?“, begann Hiroki und verstummt im Angesicht dessen, was er dort sah. Inmitten

auf dem Weg befand sich eine große Blutlache. „Ihr Götter, wie sind zu spät“, murmelte er

erschüttert.
 

Keisuke hatte sich inzwischen niedergekniet und untersuchte das Blut. Wie er es schon

wahrgenommen hatte, handelte es sich dabei um das Blut von einem Pferd.

Nicht von Rin.

Der Wind blies warm über die beiden Männer hinweg und wehte ein Stück Stoff genau vor

Keisuke’s Finger. Instinktiv griff er zu und zuckte zusammen, als gleichzeitig der

Geruch von Wildblumen seine Nase streifte.

Bei dem Stoff handelte es sich um das Stück aus einem seidenen Haori und er wusste nur

zu genau, wem er gehörte.
 

~ Rin ~, unwillkürlich presste er das Stück Stoff an seine Nase und atmete tief ein.

Ja das war Rin und ... ihr Blut.

Er hielt den Fetzten ein wenig vom Gesicht ab und sah genau hin. Dort am Rand befanden

sich nur Stecknadelkopf große Blutspritzer. Aber es war eindeutig Rin’s Blut.

Sie war also doch nicht unverletzt aus diesem Überfall hinausgekommen. Doch wo war sie jetzt?
 

Er hob den Kopf und ließ den Blick über der näheren Umgebung streifen. Von der

Blutlache führte eine breite Schleifspur seitlich in den Wald. Der Youkai musste das

tote Tier und Rin mitgenommen haben. Denn auch die Spur von Rin’s Geruch wies in

dieselbe Richtung.
 

Keisuke erhob sich. Seine Hand ballte sich so fest um das Stück Stoff, dass seine Fingerknöchel

weiß hervortraten.

„Rin lebt noch“, er musste fest daran glauben, ansonsten war sein Leben wertlos.

„Wir folgen der Spur, bis wir sie finden.“
 

Hiroki war erleichtert, das zu hören. Das Blut hatte ihn das Schlimmste befürchten

lassen. Er stieg ab und nahm den Braunen an die Zügel. „Dann los. Geh vor!“

Keisuke nickte nur und machte sich daran der Spur zu folgen. Sie führte seitlich

zwischen die Bäume, folgte keinen bestimmten Pfad, wich mal nach rechts oder mal nach

links ab. Doch immer in nördliche Richtung.
 

Das Gelände wurde uneben. Leichte Erhebungen zogen sich durch den Wald und trieben

Hiroki den Schweiß auf die Stirn, während sie sie erklommen. Dem Youkai sah man

keinerlei Anstrengungen an. Stetig hielt er sein Tempo und suchte geschickt seinen Weg.

Mit einem Mal blieb er stehen. „Wir haben sie gefunden“, sagte er leise.
 

Hiroki lief ein Schauder über den Rücken, als er neben seinen Gefährten trat. Doch

außer Bäume konnte er nichts erkennen. Enttäuschung durchfuhr ihn.

„Wo ist sie?“, fragte er.
 

Der Youkai hob den Arm und zeigte vorwärts. „Wir kommen gleich in eine Senke und dort

befindet sich auch ein Hügel mit einer Höhle darin. Dorthin führt die Spur.“ Er wandte

den Kopf und sah den Fürstensohn an. „Wir werden in diese Höhle gehen und Rin dort

herausholen.

Wenn wir Glück haben, ist der Youkai nicht da. Doch meistens verlassen sie ihren Bau

nicht so bald, nachdem sie gefressen haben. Vor allen Dingen hat er ja auch noch Rin

und wird nicht riskieren wollen, dass sie flieht, wenn er nicht mehr da ist.

Also wird er höchstwahrscheinlich da sein.

Sobald wir dort sind, werdet Ihr Rin nehmen und von dort fliehen. Bringt sie zurück

zum Schloss.“

„Und was ist mit dir?“, fragte Hiroki zurück, während er das Schwert in der Scheide lockerte.

„Ich werde den Youkai aufhalten.“

„Dabei kann ich dir helfen. Sobald ich Rin aus der Höhle gebracht habe“, antwortete

Hiroki leicht irritiert.
 

„Pah", stieß Keisuke verächtlich aus. „Vielleicht glaubt Ihr zu wissen, was uns dort

erwartet, nur weil ich sagte es ist ein Bärenyoukai, doch glaubt mir Hiroki-sama, so

etwas habt Ihr noch nie in Eurem Leben gesehen und wollt es auch nie wieder sehen. Das

ist kein normaler Bär, das ist eine reißende Bestie und wir wollen ihr ihre Beute

streitig machen. Das ist, als ob wir direkt in den Schlund der Hölle spazieren.“
 

„Hört sich ja echt nett an“, murmelte der Fürstensohn. „Doch uns bleibt ja wohl kaum

eine andere Wahl.“

Keisuke mustere sein Gegenüber. Man konnte über Menschen sagen was man wollte, doch dieser

Mann hier war kein Schwächling oder gar Feigling. Er würde Rin ein guter Gefährte sein.

Der Gedanke war so plötzlich gekommen und hinterließ einen Schmerz, auf den Keisuke

nicht vorbereitet gewesen war.

Doch war es eine Tatsache. Es hatte sich schon herumgesprochen, dass Sesshomaru-sama

entschieden hatte, die Verbindung zu dem menschlichen Fürsten durch eine Heirat zu

vertiefen.
 

Im Grunde war er von Anfang an chancenlos gewesen. Er war ein rangniederer Youkai, ein

Mitglied der Palastwache. Niemals, selbst wenn Sesshomaru von seinen Gefühlen gewusst

hätte, hätte er dieser Verbindung zugestimmt.

Zumal Rin in der letzten Zeit mehr als abweisend gewesen war.
 

Mit leichter Trauer erinnerte er sich an ihre Zusammenkunft auf dem Übungsplatz der

Fürstenfamilie, die die Fürstin Ayaka arrangiert hatte. Nichts war so gelaufen, wie er

es sich vorgestellt hatte. Jetzt hatte er wenigstens die Möglichkeit der Hime einen

letzten Dienst zu erweisen indem er sie vor den grausigen Tod unter den Krallen des

Youkai rettete. Es war durchaus möglich, dass er diesen Kampf nicht überlebte. Und wenn

doch, dann würde er ohnehin das Schloss verlassen.
 

Doch das lag alles in einer ungewissen Zukunft. Jetzt hieß es Rin zu retten. Dabei

hoffte er dass die junge Frau wirklich noch lebte. Hiroki band sein Pferd an einen

tiefhängenden Ast fest und folgt Keisuke. Leise auf jedes Geräusch achtend, schlichen

sie sich näher. Die Bäume wichen zur Seite und eine kleine freie Fläche tauchte vor

ihnen auf. So wie es Keisuke gesagt hatte, befand sich unmittelbar auf der ihnen

gegenüberliegenden Seite eine steile Steinwand in deren Mitte ein dunkles Loch gähnte.
 

„Dort ist es“, sagte Keisuke leise und starrte mit brennenden Augen auf den dunklen

Höhleneingang.

Hiroki stand direkt neben ihm. Er sah ebenfalls die blutige Spur, die bis dorthin

führte. Sein Herz war voller Sorge um Rin.

Ob sie sie finden würden? Und wenn, war sie dann überhaupt noch am Leben?
 

„Wenn wir reingehen, dann werde ich mich um den Youkai kümmern und Ihr werdet Rin in

Sicherheit bringen“, Keisuke sah den Fürstensohn eindringlich an. „Ihr werdet sie

unverzüglich zum Schloss zurückbringen. Ihr werdet nicht zurücksehen oder auf mich

warten.“ Wiederholte er nochmals eindringlich seine Worte.

Hiroki nickte wortlos.

„Also los!“, sagte Keisuke und zog sein Schwert. Hiroki folge ihm unverzüglich und

zog ebenfalls sein Schwert, obwohl ernsthaft bezweifelte, damit einem angreifenden

Bärenyoukai gewachsen zu sein. Er musste gewaltig sein, wenn er ein großes Pferd und

auch noch eine Frau mit sich schleifen konnte und auch noch über eine solche Strecke.
 

Mit langsamen, wachsamen Schritten überquerten sie den freien Platz vor der Höhle.

„Ist er überhaupt drin?“, fragte Hiroki leise. Keisuke nickte. „Ja, ich kann ihn

deutlich spüren und wittern.“ Sie erreichten den Höhleneingang ohne Zwischenfälle.
 

Der dunkle Höhleneingang schluckte sie. Es war ein seltsames Gefühl in diese Dunkelheiteinzutauchen.

„Wir hätten Fackeln mitnehmen sollen“, flüsterte Hiroki leise. Er hatte unwillkürlich

die Stimme gesenkt.

„Es wird dort vorne besser. Es scheint, als ob ein Stück der Höhlendecke eingestürzt ist“, antwortete Keisuke.
 

Sie umschritten eine Biegung und blieben stehen. Vor ihnen öffnete sich ein kleiner

Platz. Fahles Tageslicht fiel von einem Durchbruch in der Decke zu Boden und schuf eine

Insel der Helligkeit in der Schwärze.

Der Gang schien sich nach rechts fort zu setzten. Auf der freien Fläche lag der

blutige Körper des Pferdes, oder zumindest, was davon übrig geblieben war.

Und auf der linken Seite nahe der Wand, ein regloser Körper.

Blutbeschmiert und mit zerrissenen Kleidern.
 

„Rin...sie ist tot“, stöhnte Hiroki.

„Nein... sie lebt ... noch“, eine tiefe grollende Antwort kam aus dem Gang vor ihnen.

Hiroki zuckte zusammen. Nur der Inuyoukai stand regungslos da. Er hatte gewusst, dass

sie nicht allein waren.

Die Dunkelheit schien in Bewegung zu geraten. Ein riesiger massiver Schatten kam näher.

Er füllte fast die gesamte Gangbreite und -höhe aus. Er hatte die Lichterinsel

erreicht und das, was sich da aus der Dunkelheit schälte, ließ Hiroki vor Schrecken

starr werden.
 

Es handelte sich um einen riesigen Bären. Den größten, den er jemals zu Gesicht

bekommen hatte.

Seine Schulterhöhe musste schon während er auf vier Beinen ging an die zwei Meter

betragen. Gewaltige Muskelberge bewegten sich unter struppigem schwarzbraunem Fell. Die

Blut verschmierte Schnauze hob sich witternd. Kleine schwarze Augen musterten sie

heimtückisch.

„Ein Inuyoukai und ein Mensch“, grollte es ihnen entgegen. „Verschwindet von hier. Es

sei denn, ihr wollt meinen Speiseplan erweitern.“

„Wir werden gehen“, antwortete Keisuke ruhig. Er hatte geahnt, was für ein Gegner hier

auf ihn wartete. Er selbst war ein guter Kämpfer und er war sehr stark. Doch gegen

diesen Muskelberg von roher dämonischer Gewalt würde er es sehr schwer haben.

Vielleicht würde sein Können diesmal nicht ausreichen.
 

Er verbot sich eisern nur einen einzigen Blick in die Richtung von Rin zu werfen. Die

Sorge um die junge Frau brannte tief in ihm. Alles in ihm schrie ihm zu, zu ihr zu

gehen und sich zu vergewissern, dass sie lebte, dass es ihr gut ging. Doch er war ihre

einzige Chance lebend hier herauszukommen.
 

„Wir werden gehen“, wiederholte er mit fester Stimme ruhig und hob das Schwert in

Richtung des Bärenyoukai. „Doch wir werden die junge Frau mitnehmen.“

Der schwere Schädel des Bären bewegte sich verneinend von links nach rechts. „Nein... Sie

ist meine Beute. Ich teile nicht. Jagd dir was eigenes, Hund“
 

Der massive Körper bewegte sich vorwärts in Richtung Rin. Keisuke machte zwei schnelle

Schritte und stellte sich mit erhobenem Schwert zwischen den reglosen Körper und den

Youkai.

„Verschwinde!“, grollte der Bär drohend.
 

Ohne seinen Blick von seinem Gegner zu nehmen, rief Keisuke dem noch immer erstarrten

Fürstensohn zu. „Hiroki... nimm Rin und verschwinde!“
 

Der dringliche Ruf durchbrach endlich Hiroki’s Erstarrung. Er steckte das Schwert weg

und rannte zu Rin. Rasch hob er ihren reglosen Körper auf seine Arme und wandte sich

zum Ausgang.

„Keisuke?«

„Lauft... Lauft und schaut nicht zurück“, schrie der Inuyoukai. Denn in diesem Moment

kam Bewegung in den Bären. Mit einem infernalischen Brüllen stürzte er vorwärts auf Keisuke zu.
 

Hiroki warf sich herum und rannte los, als wären sämtliche Teufel der Hölle

höchstpersönlich hinter ihm her. In Rekordzeit erreichte er den Ausgang.

Ein leises Stöhnen ließ ihn kurz zögern.

Er warf einen Blick auf Rin hinunter. Die junge Frau erwachte gerade aus ihrer Bewusstlosigkeit.
 

Im ersten Moment wusste Rin nicht wo sie war. Sie spürte nur ein Schaukeln und die

Erinnerungen übermannten sie.

Mit einem lauten Schrei öffnete sie die Augen.
 

„Ganz ruhig, Rin-chan, du bist in Sicherheit!“, versuchte Hiroki sie zu beruhigen. Er

musste stehen bleiben, denn sie begann unkontrolliert zu strampeln.

Ungläubig hielt Rin inne, als sie den jungen Mann erkannt.

„Hiroki...", flüsterte sie ergriffen. Tränen kam hoch und rannen über ihre verschmutzen Wangen.
 

Ohne groß zu überlegen, warf sie ihm die Arme um den Hals und presste sich fest an ihn.

„Bei allen Göttern, was bin ich froh“, sie hob den Kopf. „Wie habt Ihr mich gefunden?“

Hiroki lief wieder los. „Dein Leibwächter hat deine Spur gefunden und wir haben dich aus der Höhle geholt.“

„Keisuke... wo ist er?“
 

In diesem Moment erreichte sie ein ohrenbetäubendes Brüllen und das Brechen von Felsen. Rin wurde bleich.

Sie wusste mit einem Schlag, wo sich der Inuyoukai befand.
 

Hiroki erreichte in diesem Moment das Pferd, das sie zurückgelassen hatten. Es tänzelte

nervös hin und her.

Die Zügel mit denen er es angebunden hatte, spannten sich bis zum Zerreißen.
 

Mit Schwung beförderte er Rin in den Sattel, löste die Zügel und sprang hinter ihr auf.

Die rechte Hand schlang er um ihren Körper, um sie vor dem Runterfallen zu bewahren.

Rin krampfte ihre Hände unwillkürlich in die lange Mähne des Braunen.

„Wir müssen ihm helfen!“, schrie sie.

Hiroki rammte dem Pferd die Fersen in die Flanken und mit einem gewaltigen Satz sprang es vorwärts.

„Nein... Er sagte, ich soll dich in Sicherheit bringen. Wir sollten seinen letzten

Wunsch respektieren“, schrie er gegen den Wind an, der ihnen durch den rasenden Galoppn entgegenpeitschte.
 

Verzweifelt klammerte sich Rin fest.

~Keisuke~, durchzuckte es sie schmerzhaft. So wie es schien hatte sich der Youkai geopfert um ihr Entkommen zu ermöglichen.
 

*************************************************************************
 

Unruhig wanderte Jaken im Hof vor dem schweren Tor hin und her. Gelegentlich blieb er

stehen und starrte mit zusammengekniffen Augen den Weg hinaus um die Ankunft seines

Herrn nicht zu verpassen. Doch auch jetzt war nichts zu erkennen. Wieder nahm er seine

Wanderung auf.

~Warum nur?~, dachte er. ~Was habe ich denn getan, dass es immer ich sein muss, die

solche schlechte Nachrichten zu überbringen hat?~
 

„JAKEN-SAMA!“ der Ruf riss ihn fast von den Füßen. Er blieb stehen und sah hoch in

Richtung der Mauerwehr, wo Inuyoukai von der Palastwache ihren Dienst schoben. Einer

stand an der Brüstung und steckte den Arm aus. „Seht… sie kommen!“
 

Jaken sah augenblicklich zum Tor hinaus. Dort in der Ferne konnte er Reiter sehen. Das

waren der Fürst Nakazato und seine Wachen.

Und dort... daneben konnte er die Gestalten von Sesshomaru und Ayaka ausmachen. Die

beiden Dämonen hatten sich nicht dazu herabgelassen auf Pferden zu reiten.

Die Zeit, die der Trupp benötigte um endlich durch das Tor auf den Hof zu reiten,

währte in Jaken's Augen eine halbe Ewigkeit.
 

„Sesshomaru-sama!“, rief er aus und warf sich der Länge nach auf den Boden, kaum war

der Fürst vor ihn getreten. Die goldenen Augen von Sesshomaru verengten sich zu Schlitzen.

Hier war etwas nicht in Ordnung. Er kannte diese demütige Geste nur zu genau.

„Was ist passiert?“, fragte er leise und mit kühler Stimme.

Ayaka trat an seine Seite. Ihr Blick wurde besorgt, als sie Jaken im Staub liegen sah.
 

„Mein Herr… ich konnte es nicht verhindern«, stieß Jaken hervor.

„Und was konntest du nicht verhindern?“, frage Sesshomaru nach, der spürte, wie seine

Geduld sich langsam dem Ende näherte.

Jaken wagte nicht den Kopf zu heben. „Die Hime ist ausgeritten. Sie wusste nichts von

dem Verbot sich nicht vom Schloss zu entfernen..."
 

„Der Bärenyoukai... Sesshomaru-sama", rief Ayaka erschrocken aus und ihre Hand griff

Halt suchend nach dem Arm ihres Gefährten.

„Was ist passiert?“, kam die Frage von Nakazato. Er hatte aus den Stimmen und den Worten

herausgehört, dass es keine guten Nachrichten gab.
 

Noch immer den Kopf auf dem Boden sagte Jaken. „Euer Sohn und Keisuke sind losgezogen

um die Hime zu finden.“

„Ist mein Sohn in Gefahr?“, fragte Nakazato und seine Finger umklammerten die Zügel so

fest, dass die Knöchel durch die Haut schimmerten.

Ohne ein Wort drehte sich Sesshomaru um und ging auf das Tor zu.

„Wir werden sie finden und alle unversehrt zurück bringen“, sagte Ayaka und warf sich

herum um ihren Gefährten zu folgen.
 

Jaken wagte es den Kopf zu heben. Er sah noch, wie der Fürst und seine Gefährtin wie

der Blitz verschwanden. Hörbar atmete er auf und stemmt sich auf die Beine.

Er spürte neben sich eine Bewegung und als er sich umdrehte, sah der den menschlichen

Fürsten vor sich. „Jaken-sama ich erwarte eine ausführliche Erklärung.“
 

Soviel zu der Vorstellung: Die Beichte wäre vorbei.
 

**************************************************************************
 

Ende Kapitel 14
 

Rin ist für’s erste auf den Weg in Sicherheit. Doch was ist mit Keisuke? Hat der

Inuyoukai die Rettung von Rin mit seinem eigenen Leben bezahlt?

Die „Liebe eines Youkai“ kann vielleicht Wunder geschehen lassen.

Bald geht es weiter.

Liebe Grüße

chaska



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Kommentare zu dieser Fanfic (56)
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Von:  AristeaSturmschwinge
2020-11-10T12:16:37+00:00 10.11.2020 13:16
Hey ho, ich hab vor... 10Jahren angefangen diese Geschichte zu lesen und dann alle paar Jahre immer mal nachgeschaut ob es was Neues gibt. Hab mich über die letzten zwei Kapitel sehr gefreut!
Dein Schreibstil ist wirklich gut und liest sich sehr flüssig herunter. Spannung und Gefühle bringst du absolut fesselnd herüber, sodass man als Leser immer am Mitfiebern ist.

Ich habe so meine Theorien wie es weitergeht und bin sehr gespannt auf das nächste Kapitel :)
Von:  Xenia95
2019-04-30T00:26:38+00:00 30.04.2019 02:26
Ich hoffe es geht bald weiter es ist wirklich spannend und mir gefällt es wie du Schreibst bitte schreib schnell weiter LG xenia und mach weiter so 😊
Von:  Hotepneith
2019-02-11T13:50:51+00:00 11.02.2019 14:50
Was für eine nette Überraschung, liebe chaska. Ich gebe zu, ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, dass diese Geschichte noch einmal beendet wird.
Und damit ja wohl auch dein Zyklus um Ayaka, oder?
 
Dann mal auf in den Kampf - gleich zwei Verehrer, drei Männer um Rin, und keiner weiß, wer sich wann wie entscheidet? Immerhin sollte ihr zuhause nicht mehr allzuviel passieren können, wenn ihr Leibwächter schon mal beschlossen hat sich aus dem Ataub zu machen....
 
 
hotep
 
hotep
Antwort von:  chaska
12.02.2019 21:07
Hallo hotep, vielen lieben Dank für Dein Kommi. Ist wirklich eine ziemlich lange Zeit her. Aber ich hoffe, das ich es nun schaffe wieder etwas mehr schreiben zu können. Und vor allem wieder öfters mal online zu gehen :)
Liebe Grüße
chaska
Von:  Hotepneith
2014-02-02T18:28:10+00:00 02.02.2014 19:28
Ach du je...ja, das ist ein nettes Missverständnis.
Ja, vor allem, da ja durchaus nciht klar ist, wie Rins "Vater" auf solch eine Annäherung reagieren würde. Mal sehen, wie es weiter geht:9 Es klingt jedenfalls sehr romantisch udn ich bin neugierig, was du daraus gemacht hast.

bye

hotep
Von:  Hotepneith
2014-01-14T10:33:34+00:00 14.01.2014 11:33
Oh, schön, dass du die Zeit gefunden hast doch ncoh wieter zu machen....

Rin wird ja eifrig umwordben - auf zwei sehr verschiedene Arten - das kann nciht gut gehen.
Übrigens wundert mich, warum sie nciht gesagt hat, dass Makoto sie nach dem Plan gefragt hat. Zu unwichtig, oder habe ich im Laufe der Monate doch etwas vergessen?
So oder so sieht das nächste Kapitel nciht nach der Beschriebung der Heimreise aus...


bye

hotep
Von:  Mimiteh
2013-05-01T18:50:31+00:00 01.05.2013 20:50
Jaa, im letzten Kapitel hab' ich ja noch gedacht, jetzt haben wir einen Verehrer, der sich dessen bewusst ist und 'fast eifersüchtig' ist und einen, der es sich nicht eingestehen mag, dafür aber glühend eifersüchtig ist. Wer ist da wohl in der besseren Ausgangsposition? xD Jetzt hat letzterer es sich also eingestanden.
Und Hotepneith dürfte vollkommen rechthaben: verliebte, dämonische Leibwächter sind das gefährlichste, mit dem Makoto rechten könnte - oder auch nicht rechnet^^ Das kann ja echt noch heiter werden...
Von:  Hotepneith
2013-01-13T08:17:30+00:00 13.01.2013 09:17
Die kleine romantische ( oder sogar mehr) Szene zwischen Keisuke und Rin hat mir sehr gefallen. Recht intensiv ohne, dass allzuviel passiert ist. Sozusagen. es spielt sich ja alles immer nur in den Köpfen der beiden Beteiligten ab.
Allerdings sollte sich ein gewisser Verwalter jetzt vorsehen - dämonische Leibwächteer sind an sich schon schlimm genug, aber verliebte Leibwächter sind noch gefährlicher....

Schön, dass du jetzt wieder so fleissig weiter schreibst.


hotep
Von:  Hotepneith
2013-01-06T09:04:42+00:00 06.01.2013 10:04
Schön, das du weiterschreibst - und das leich an beiden Geschichten.

Das Dreiergespann entwickelt sich ja prächtig. Zum einen natürlich, weil sie aus der Falle kommen - zum zweiten kann sich Rin ja schlecht für zwei Männer entscheiden udn die Konstellation in Punkto Dämon wird auch eindeutig, der Fürstensohn träzmt von einer Hochzeit....Das könnte noch Ärger geben, wobei natürlich Dämon weiß, welchen Ärger er sich einhalndeln könnte, handelt er gegen Erlaubnis oder gar Willen seines Herrn.
Mal sehen, was aus dem armen Jaken geworden ist ( und ja, ich fünde es schön, dass du ihn hier uach einmal ein klein wneig den Helden lässt, er kommt in Gesachichten doch oft schlecht weg).

scjönen Sonntag


hotep
Von:  Tin_chan
2013-01-05T22:42:59+00:00 05.01.2013 23:42
WOW !!
super chap wieder =^.^=
ich freu mich schon aufs nächste =^.^=
Von:  00schnepel8
2011-08-24T15:49:20+00:00 24.08.2011 17:49
Oh ich bitte dich, schreib so schnell wie nur irgend möglich weiter!!
In der Gefahr lernt man sich und andere besser kennen, scheint nicht so als ob du hier eine Ausname gemacht hättest...Ach ich hoffe ja so sehr darauf das Rin und Keiske ein Paar werden, aber was ich mich immer wieder frage: Was wird Sesshomaru dazu sagen das seine Tochter mit einer Palastwache "anbändelt" ?? Naja die Zeit wird es zeigen...:)

Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel...


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