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Tales of the Firefly

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Indianerehrenwort

Indianerehrenwort
 

"The woods are lovely, dark and deep. But I have promises to keep, and miles to go before I sleep."

(Robert Frost)
 

„Wuaaahhhhh!“ Das Schreien war befreiend und so schoss er noch ein paar Salven in den Strudel aus bunten Farben, die um ihn herum wirbelten wie kleine Staubpartikel, während er einen Blick zurück warf. Doch die Farben bedeckten die Umgebung zunehmend und so verschwand Stuhlreihe um Stuhlreihe, und nur noch das Bersten von Holz und das laute Krachen der Eindringlinge erinnerte an die vorhergegangenen Erlebnisse. Das Klirren und Scheppern verebbte und die Farbpunkte wurden durch den wirbelnden Strudel hin und her gezerrt. Bis sie anscheinend ihren Platz gefunden hatten und matte Umrisse von Bäumen und Steinen erkennbar wurden. Erleichterung machte sich in seinen Gliedern breit.

Auf derlei Katastrophen war er nicht vorbereitet gewesen, und die Vorstellung jetzt in dieser ramponierten Schule dem Feind gegenüber zustehen – oder schlimmer überhaupt nicht mehr zu stehen – war nicht besonders angenehm.

Von Nahtoderfahrungen war nie die Rede gewesen! Als er zum ersten Mal auf die Digimon gestoßen war, hatten derlei Debatten nicht auf der Tagesordnung gestanden…
 

Das Flimmern hörte auf und als seine Augen wieder klar sehen konnten, erstreckte sich vor ihm das Bild einer Waldlichtung, auf der die Grashalme im Wind tänzelten.

„Wir haben es geschafft“, presste Dingo erleichtert hervor und stützte sich auf den Knien ab, als fiele gerade eine enorme Last von seinen Schultern. Nun, der drohende Tod war sicherlich ein schweres Päckchen zu tragen, deshalb verstand er gut, dass der Australier etwas außer Atem war – zumal es auch einfach schön war noch über Atem und Pulsschlag zu verfügen.

Noch bevor er etwas sagen konnte, hatten sich Michaels Finger in Lous Kragen gekrallt. Die sonst so Schwiegermuttererweichenden, himmelblauen Unschuldsaugen funkelten wütend, als zöge ein Sturm auf und ein Schatten legte sich wie eine Gewitterwolke auf das porzellanfarbene Gesicht, welches nun wahrlich nicht mehr engelgleich wirkte.

„Wenn du noch einmal so einen Alleingang startest, werde ich dir nicht helfen“, zischte er wütend. Lou, selbst recht blass um die Nase, nickte nur stumm und schien unter Michaels neu gewonnener Autorität zu schrumpfen.

„Mickey, das muss ich mir merken.“ Mit einer schwungvollen Handbewegung hatte er sich bei dem blonden Lockenkopf untergehakt und grinste ihn und schließlich Lou viel sagend an, bevor er zur Pointe gelangte.

„Mit deiner herrischen Art und dem eisernen Durchgreifen eines wahren Anführers hast du es sogar geschafft denn Herrn der ewigen Belehrungen und Humorlosigkeit in die Knie zu zwingen. Aber viel wichtiger, Lou scheint seinen Fehler auch noch einzusehen.“ Michael runzelte die Stirn und wollte bereits etwas erwidern, doch er hob die Hand und wandte sich nun direkt an Lou, der mit verschränkten Armen und zerknirschter Miene vor ihm stand.

„Und Recht hat er!“, begann er erneut, „Das war wirklich, wirklich, wirklich verantwortungslos von dir, Lou. Ich bin zwar der letzte, der sich beschweren möchte, wenn du mal auf Vernunft und Verantwortung pfeifst, aber hätte ich gewusst, dass du so risikofreudig bist, hätte ich dich lieber an die Leine genommen…“

Rasch ging er in Deckung, während Lou sich nun wütend aufgerichtet hatte und auf ihn lossprinten wollte, doch Sam fuhr geistesgegenwärtig dazwischen und Dingo packte den Wüterich an den Armen.

„Dieser Typ ist das letzte“, knurrte Lou, ließ sich aber letztendlich nach einigen tiefen Atemzügen auf den Boden sinken.

„Das aller letzte“, murmelte er abermals und schloss die Augen, dabei verzog er das Gesicht, als habe er unfassbare Schmerzen.
 

Er gluckste leise. So war es schon immer mit Lou gewesen. Er erweckte zwar den Anschein, als sei er ein friedliebender, verantwortungsbewusster Langweiler, und oft schon musste er seine Moralpredigten ertragen, aber so ganz konnte die Vernunft das hitzige Temperament des Jungen mit den Mokkaaugen dann doch nicht verbergen.

Er bemerkte, wie Michael langsam den Kopf schüttelte und dieses lautlose Verbot zur Kenntnis nehmend, verzichtete er auf ein weiteres Späßchen. Michael hatte nun die Zügel in der Hand, damit konnte er leben, vorerst würde er sich dem anderen unterordnen.

„Und nun?“, mischte sich Dingo in die lautlose Unterhaltung ein, seine Stirn in nachdenklichen Falten gelegt, während er die Umgebung nervös absuchte. Doch außer einigen Wildblumen, die von den sanften Böen zum Tanzen aufgefordert wurden und dem Rauschen der Blätter im Wind war nichts zu sehen oder hören. Vor ihnen erstreckte sich eine grüne Graslandschaft umringt von einem Wald, über dessen Kronen eine Bergkette hinwegragte, die sich in den Himmel streckte, als wollte sie die Wolken berühren. Seufzend setzte er einige Schritte zurück.

„Warum müsst ihr denn immer wissen, wie es weiter geht, Leute.“ Bis sein Rücken das raue Holz eines Baumes berührte und er im sicheren Schatten angelangt war. „Ich für meinen Teil bin einfach nur heilfroh, dass Lou uns nicht alle umgebracht hatte und würde jetzt gerne meine verbleibenden Tage genießen.“

Und mit diesen Worten ließ er sich ins knöchelhohe Gras fallen, zupfte sich ein paar Halme von der Hose und verschränkte die Arme unter dem Kopf, bevor er die Augen schloss.

„Wir sind uns doch sicherlich alle einig, dass wir in der nächsten halben Stunde nicht sterben werden, also plädiere ich dafür, ein wenig zu schlafen, damit wir“, zur Bekräftigung öffnete er sein linkes Auge noch einmal, „wenn wir dann sterben, wenigstens ausgeruht sind!“ Und mit einem genüsslichen Gähnen schloss er das Auge wieder. Das letzte, was er noch wahrnahm war, wie sich Penmon an seine Seite schmiegte und „Schlaf gut, Steve“, gähnte, und wie jemand sich neben ihm ins Gras plumpsen ließ, bevor ihn eine Geräusche verschlingende Schläfrigkeit erfasste.

Er war sich auch ziemlich sicher, dass Michael protestierte, aber bevor er darauf hätte eingehen können, war er schon in einen komatösen Schlaf gefallen und schrak erst hoch als ihn jemand mit voller Wucht ins Gesicht schlug.
 

„Was zur…“ Wütend richtete er sich auf und rieb sich über die schmerzende Wange. Dingo hatte sich über ihn gebeugt und zuckte entschuldigend mit den Schultern.

„Du warst einfach nicht wach zu kriegen.“

„Nun, das könnte eventuell an der Tatsache liegen, dass ich mindestens eine Woche Schlafmangel habe“, murmelte er griesgrämig und betrachtete verschlafen seine Umgebung. Der Wind zerrte unerbittlich an den Blättern der Bäume und wirbelte Gras und Erde auf. Die Sonne war hinter dicken Regenwolken verschwunden. Michael hatte sich ein Stück weit entfernt von ihnen aufgebaut und reckte seinen Kopf gen Himmel, während er beschwörend den Finger an die Lippen legte und Chichos Hand nahm, die sich ängstlich an ihn heran geschlichen hatte. Und nun konnte auch er es hören. Das Hämmern und Stampfen, während dort wo der Himmel die Baumkronen berührte ein roter Teppich ausbreitete und er erkannte, dass die Regenwolken in Wirklichkeit Rauchschwaden waren, die auseinander stoben und vom Wind getragen, direkt auf sie zusteuerten.
 

Das grelle Licht des Feuers erhellte den Wald und verbranntes Blattgerippe wirbelte durch die Luft. Er spürte wie Penmon sich in sein Bein krallte und der Körper des pinguinähnlichen Digimons ängstlich bebte. Beruhigend tätschelte er ihm den Kopf.

„Wir sehen zu gut aus, um zu sterben, mach dir keine Sorge“, murmelte er, während er wie in Trance jede Bewegung Michaels verfolgte, der nun sein Digivice in der Hand hielt und Betamon einige Anweisungen zurief.

„Versprochen?“, quiekte Penmon und sah ihn mit großen Augen an.

„Klaro“, er versuchte ein Grinsen auf sein Gesicht zu zaubern. Es war unnötig seinem Partner noch mehr Angst einzujagen.

„Ich werde dich auch beschützen, wo immer ich kann. Indajanererhrenwort…“ Er lachte. „Indianerehrenwort“, und strich Penmon abermals über den Kopf, bis ein lautes Krachen sie aus ihrer Zweisamkeit riss und er gerade noch sehen konnte, wie ein Baum zur Seite kippte und vor dem Feuer kapitulierte.

Unterdessen fraßen sich die Flammen weiterhin durch das Geäst und die Luft verwandelte sich in ein unzumutbares Gemisch aus Rauch und Asche.

Betamon digivolves to Seadramon.

Und ehe er sich versah, saß er erneut auf dem Rücken dieses Digimons, welches sich mit rasender Geschwindigkeit bewegte, doch entgegen seiner Erwartungen und seines Überlebensinstinktes steuerte Michael direkt auf die Flammen zu.

„Bist du wahnsinnig“, keifte er, „Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest, aber der halbe Wald steht in Flammen. In der Regel heißt das, verschwinde so schnell du kannst.“ Michael drehte seinen Kopf, so dass er sein Profil sehen konnte, während sich Sams Finger in seine Rippen krallten, da Seadramon immer mehr an Fahrt zunahm.

„Wir müssen zu dieser Bergkette.“ Michael deutete auf die grauen Riesen, „Dort können uns die Flammen nichts anhaben und wir bekommen einen Überblick.“

„Oh, bitte, Mickey-Boy. Bei aller Nächstenliebe, das einzige was wir müssen ist hier lebend raus kommen, ein Tor finden und nach Hause verschwinden“, schnaubte er, doch Michael schüttelte nur den Kopf und richtete seinen Blick aufs Ziel – die Berge.

Wütend kniff er die Augen zusammen.

Gut, er war damals in die Digiwelt gelangt, nachdem er eigenständig eines der Tore gefunden und geöffnet hatte und er hatte Penmon getroffen und war sein Partner geworden, und ja er hatte gekämpft, aber all das musste auch einmal ein Ende haben. Er hatte nie dafür unterschrieben, dass er sein eigenes Leben in die Waagschale warf im Kampf zwischen Gut und Böse. Das Geäst krachte und knackte unter den gefräßigen Mäulern der Flammen, die alles verschlangen, was ihnen in die Quere kam. Ein Ruck ging durch Seadramons Körper und das Digimon ließ sich erschöpft auf einem Steinvorsprung nieder. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Michael dankbar seinen Kopf an den Hals des drachenähnlichen Digimons schmiegte, während er selbst vom Rücken des großen Digimons kletterte und die Arme ausstreckte, um Penmon zu helfen.

„Leute, ich habe ehrlich gesagt keine Lust darauf, den Samariter zu spielen. Ich dachte wir wären uns einig… Ich dachte, Taichi hat deutlich genug ausgedrückt, dass wir nach Hause gehen sollen, stattdessen schlittern wir hier von einer halsbrecherischen Aktion in die nächste. Ich will meinen nächsten Geburtstag noch erleben, und alles was da brennen soll, sind die Kerzen auf meiner Geburtstagstorte! Und mit solchen selbstlosen Taten bringst du uns auch nicht weiter, Michael, lasst uns nach Hause gehen bevor das hier ein böses Ende nimmt… lasst uns…“

„Halt die Klappe, Steve“, fuhr Lou dazwischen, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, stattdessen starrte er mit geöffnetem Mund auf die Flammen, die einen Entsetzten Gesichtsausdruck auf dessen Gesicht hinterließen, der ihn davon abhielt, Lou zu kontern. Vielmehr folgte er dessen Blick.

Vom Waldboden aus kaum zu finden und durch die Baumkronen vor neugierigen Blicken geschützt, sah er nun, wo die Flammen ihr Unwesen trieben.

Meterhohe bunte Bauklötze, eckige wie runde, ragten über die Baumspitzen hinaus. Sie wirkten unstet und wie von unbeholfener Kinderhand gebaut, doch das seltsam friedliche Bild wurde durch die tosenden Flammen unterbrochen die sich in Rasseln und Bauklotztürme fraßen. Und dann hörte er das klägliche Wimmern und Babyweinen, welches bis hoch zum Steinvorsprung reichte und das Blut in seinen Adern gefrieren ließ. Die Flammen wanderten hungrig durch diese Spielzeugstadt, während Haus um Haus, Turm um Turm zusammensackte und das leiernde Lied einer Spieluhr sich durch das Leid stahl, bis das Feuer auch sie gefunden hatte und der quäkende Ton mitten im Stück abbrach.
 

Author’s Note:

So da wären wir nun, hier in… ach das verrate ich im nächsten Kapitel…

Mit Steve zu schreiben macht Spaß und ist einfach, nur leider auch sehr verführerisch in Witzen zu verenden, deshalb musste ich mich etwas am Riemen reißen und die Handlung vorantraben. Penmons Stimme stelle ich mir im übrigen eher weiblich/kindlich vor. Nur damit der Cuteness-Faktor hier noch mal zum Vorschein kommt meine Lieben! ;-)

Bis dahin

PenAmour



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2010-06-17T20:41:52+00:00 17.06.2010 22:41
Hahaha. Ich liebe Steve! Liebe,Liebe, Liiiebe! :D
Ich finde es super, dass du diesen Chara eingebaut hast. Er lockert die Geschichte immer wieder etwas auf, was mir hilft nicht in Depressionen beim lesen zu fallen. *g*

Außerdem fand ich es toll, dass man ein bisschen was über Lou erfahren hat, der bisher eher im Hintergrund stand. Stille Wasser sind tief sag ich da mal.

Micheal nimmt, wie angenommen, die Anführer-Position war. Hab ich eigentlich schon erwähnt, dass ich ihn im Anime nie mochte. Seit deiner FF mag ich ihn mehr.

LG
Von:  darkfiredragon
2010-06-17T15:19:58+00:00 17.06.2010 17:19
So, nach langer langer Zeit auch mal wieder ein Kommi von mir :P
Ich muss zugeben, ich hab es ziemlich lange vor mir hergeschoben ToF zu lesen, was aber wahrscheinlich nur daran lag dass ich die ersten Kapitel nich nochmal lesen wollte :D Aber ich bin ziemlich froh dass ich mich doch noch dazu durchringen konnte^^

Aber nun von mir zu den wirklich wichtigen Dingen: FoD/ToF!
Du bringst die Gefühle der einzelnen Personen wirklich gut rüber und hast einen super-flüssigen Schreibstil *auch will*, das macht es immer wieder sehr angenehm deine FFs zu lesen.
Ich für meinen Teil muss mich immer noch ein wenig an die nicht-japanischen Digiritter gewöhnen, aber es ist spannend das ganze auch aus einer anderen Perspektive zu sehen und den Blick auch über Japan damit das altbekannte hinausgehen und hinter sich zu lassen.

So, das wärs erstmal an dieser Stelle.
Und einer ENS bei nem neuen Kapi wäre ich nich abgeneigt^^

lg, darkfiredragon


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