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The Mirror Of The Ancients

Miragia-Trilogie 2
von

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Art Work

Irgendetwas sah von oben her ganz anders aus als gewöhnlich.

„Ich sehe die Vergessene Stadt überhaupt nich’“, sagte Barret und machte damit als erster die beunruhigende Feststellung. „Dabei is’ da unten alles erleuchtet.“

Cid hatte die Bronco bereits zur Landung angesetzt, und der Schlafende Wald mit all seinen kleinen Dörfern, die um ihn herum wie Pilze aus dem Boden gesprossen waren, kam in deutliche Sichtweite.

„Naja, äh“, begann Tifa, „die haben das Gebiet jetzt großflächig besiedelt, soviel ich weiß ... ich hoffe mal, dass die heilige Stätte des Alten Volkes davon unberührt geblieben ist ...“

„Und wenn nicht?“ Nanaki warf einen unheilvollen Blick in die Runde, und sein Schwanz peitschte über den Boden.

Tifa sagte nichts, schaute nur weiter aus dem Fenster, wo die tiefverschneite Landschaft den Blick eines jeden Betrachters fesselte.

Nach der etwas holprigen Landung unweit von Bone Village sank die Bronco erst einmal einige Zentimeter tief in den Pulverschnee ein.

„Auch das noch“, grummelte Cid, als er ausstieg. „Hoffen wir, dass wir hier nachher wieder loskommen.“

Yuffie rieb sich die Ohren. „Ich friere jetzt schon! Wo müssen wir überhaupt hin? Sephiroth hat uns nur gesagt, dass die Substanz irgendwo in der Vergessenen Stadt sein muss, aber mehr wissen wir nicht ... wenn sie irgendwo mitten herumliegen würde, hätten wir sie damals schon gefunden, meint ihr nicht?“

„Haben wir denn damals nach ihr gesucht?“, stellte Reeve eine weitere nicht sehr intelligente Frage.

„Soviel ich weiß nicht.“ Tifa, die ihr Gesicht bis zur Nase hinter dem Kragen zu verstecken suchte, schaute sich aufmerksam in der tristen Gegend um. Außer der hellen Lichter von Bone Village war rundherum im tiefen Schnee nichts zu sehen. „Lasst uns erst einmal in der Stadt vorbeischauen.“ Sie schickte sich an zu gehen, drehte sich dann aber nach Aeris um, die einen schmerzvollen Laut von sich gegeben hatte. „Aeris! Was ist? Alles in Ordnung?“ Rasch eilte sie zurück und stützte die Schwangere, die ihre Wolljacke enger um sich zog und nur schwerlichst vorankam.

„Ich w-weiß nicht“, antwortete die Cetra und hielt sich an Tifa fest. „Irgendwie ist dieses ganze Hin und Her ziemlich anstrengend, wisst ihr.“

Tifa sah die Anderen an.

„Lass sie in der Bronco“, sagte Cid versuchsweise. „Aeris, wenn du willst, dreh dir doch die Heizung auf und warte, bis wir wieder da sind.“

Aeris schüttelte den Kopf, und Schneeflocken fielen von ihrem glatten dunkelblonden Haar. „Ohne mich findet ihr die Substanz nie“, flüsterte sie.

Tifa seufzte. „Wenn das hier zu viel für dich ist, müssen wir warten. Dich zu verausgaben ist weder für dich noch für das Kind gut.“

„Das ist jetzt egal.“ In der Schummrigkeit war ihr fester Blick gut zu erkennen, als sie an den Anderen vorbei ging und allen voran auf die Stadt zuhielt.

Tifa, Barret und Cid sahen ihr nach und folgten ihr dann still. Nanaki, Yuffie und zuletzt Reeve trotteten hinterher durch die weißen Massen.
 

Bone Village, als einzige bewohnbare Großstadt im ganzen nordischen Kontinent, hatte sich um ein Vielfaches vergrößert. Die Ausgrabungen fanden nur noch im Zentrum statt, wo hinter schweren Eisenzäunen das gigantische Drachengerippe lag und nur noch der Bewunderung aus der Ferne diente.

Als sie zusammen nun eben diesen Platz betraten, kniff Barret angestrengt die Augen zusammen. „Leute, ich erkenn’ hier nix wieder! Wo ist der Wald? Wo ist der Weg in die Vergessene Stadt?“

Cid verschränkte die Arme und hob beide Augenbrauen. „Tja ... was sagt ihr ... zu diesem Ding da drüben?“ Sein Blick wanderte zu einem imposanten, nicht eben platzsparenden Bauwerk direkt neben den Bürogebäuden des Ausgrabungsunternehmens. „Mir war so, als müsste da irgendwo früher der Eingang zum Schlafenden Wald gewesen sein ... vorausgesetzt, das Drachengestell steht jetzt wieder da, wo’s früher stand. Abgesehen von dem Schädel natürlich, mit dem wir damals die Wasserader verschließen mussten ...“

„Das ist wahrscheinlich“, sagte Nanaki, auf dessen Fell sich Schneeflocken sammelten.

„Naja, wollen wir mal hingehen?“

Tifa runzelte die Stirn. „Glaubst du, dass da drinnen ein Hinterausgang in den Wald führt oder was?“

„Boah, lasst uns reingehen!“, jammerte Yuffie. „Da drinnen ist es wenigstens warm! Ich bin dieses arschkalte Klima einfach nicht gewöhnt!“

„Magst du meine Jacke haben?“, bot Reeve ihr sogleich an.

„Nein, ich will rein!“

„Na schön“, gab Tifa nach. „Na schön, kommt, gehen wir. Vielleicht kann uns dort irgendjemand Auskunft geben oder so.“

Je näher man dem einladend aussehenden Torbogen kam, desto deutlicher war auch die Aufschrift darauf zu lesen: ART EXHIBITION OF BONE VILLAGE.

„Eine Kunstausstellung“, murmelte Nanaki. Bevor er über die Fußmatte lief, schüttelte er sich den Schnee aus dem Pelz. „Also, wisst ihr ... mit Kunst kenne ich mich nicht so besonders gut aus ...“

„Tja, ich auch nicht“, antwortete Cid, der gerade mit mürrischer Miene ein No Smoking-Schild zur Kenntnis nahm.

Yuffie warf Reeve einen auffordernden Blick zu, und er folgte ihr; der Vorraum hieß die Sieben mit warmer Luft und wenig grellem Licht willkommen. Es roch nach allerhand von Farben, Fixierstoffen und Lösungsmitteln. Kunstwerke brauchten bekanntlich Pflege.

„Willkommen“, sagte ein kleiner lächelnder Mann im Anzug, welcher dieselbe Farbe hatte wie sein Haar und seine Augen, was auf den Betrachter direkt langweilend wirkte; anscheinend durfte er den Gemälden mit einem interessanteren Äußeren nicht die Show stehlen. „Möchten die Damen und Herren vielleicht eine kleine Führung durch unsere weitläufige und umfangreiche Kunstausstellung?“

„Nein“, antwortete Tifa prompt. „Wir haben nur eine Frage. Nun, dieses Ding hier wurde direkt vor den Schlafenden Wald gebaut, ist das richtig?“

„Ja, Verehrteste, aber das ist nun schon einige Jahre her ...“

„Jaja, wie auch immer, gibt es noch einen Weg hinein? In den Wald, meine ich?“

„Oh ... ja, selbstredend ... aber, wissen Sie, heutzutage besucht so gut wie niemand mehr die Cetra-Stätte. Das Alte Volk ist ja nun schon seit einer ganzen Weile vollständig von der Erde verschwunden ...“

„Ach ja?“, unterbrach ihn Aeris und widmete ihm einen intensiven Blick ihrer stechend grünen Augen.

Erst jetzt schien der Angestellte sie zu bemerken. „Oh – äh – Sie ... Sie sind ...?“

„Ja, ich bin. Das Alte Volk wird noch nicht vollständig aussterben.“ Sie deutete auf ihren Bauch.

„Ich verstehe. Bitte verzeihen Sie. Äh, nun ... gehen Sie einfach den Hauptgang ganz hinunter, dann wird Ihnen eine Tür mit der Aufschrift ‚No Exit’ praktisch ins Gesicht springen, ahaha ... nehmen Sie die und halten Sie sich auf dem Übergang. An den Seiten geht es steil runter, also Vorsicht. Am anderen Ende beginnt der Wald. Aber er schläft, wissen Sie.“

Tifa schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. „Verdammt – ich wusste doch, dass wir was vergessen haben! Die Mondharfe!“

„Die brauchen wir nicht“, erwiderte Aeris ohne zu zögern. „Kommt schon.“

Einen zweifelnden Blick zurückwerfend, der wohl daran erinnern sollte, was für anomale Fähigkeiten in Aeris schlummerten, ging Tifa ihr hinterher an der ersten Reihe von Gemälden vorbei.

„Du liebe Zeit“, kommentierte Yuffie die Ausstellungsstücke zu ihrer Rechten und Linken, „das, äh ... was ist das?“

„Steht immer drunter“, sagte Nanaki. „Mit Namen des Künstlers und des Gemäldes. Wir sind gerade im Bereich des ... äh ... Kubismus.“

„Ah ja.“ Misstrauisch starrte sie von einem Bild zum anderen. Alle zeigten deformierte Körper und Gegenstände mit Kanten und Spitzen, sollten offenbar etwas oder jemanden von mehreren Seiten gleichzeitig darstellen. „Nur gut, dass ich kein Kunstkritiker bin. Ich finde, diese Dinger beleidigen das menschliche Auge!“

„Nicht nur das menschliche“, kam es leise von Nanaki zurück.

Barret würdigte die Kunst rundherum keines Blickes, sondern marschierte mit verschränkten Armen hinter Aeris und Tifa her.

Der Gang war furchtbar lang und schien kein Ende zu nehmen; die Tür und ihre Aufschrift waren noch nicht einmal in Sicht.

Cid riss die Augen auf. „He, Barret, jetzt musst du hingucken! Wir laufen gerade durch die Stillleben ... du weißt schon, wenn man Dinge malt, die sich nicht bewegen können, also Flaschen und Weintrauben und ...“

„Ich weiß, was Stillleben sind“, fauchte Barret, was den Anderen ein amüsiertes Lächeln abzwang.

„Aber guck mal, was die Künstler für einen Scheiß malen! Jeden Blödsinn! Hier zum Beispiel: ‚Stillleben mit weißer Teekanne’“, begann er die Titel der Gemälde vorzulesen. „Und hier ... ‚Stillleben mit Melone, Zwieback und Ingwerkeks’ ...“

Barret wandte misstrauisch den Blick zur Seite. „Ich trau’ der Kunst sowieso nich’ über’n Weg. Is’ doch alles Quatsch.“

Er schaute allerdings doch hin, als ein weiteres Gemälde seine Freunde um ihn herum in heiteres Gelächter versetzte. Es trug den Namen Spargelbündel.

„Also das sieht aus, als hätte es ein Vorschulkind gemalt!“ Barret deutete anklagend auf Tisch mit zwei Bechern. „So was kann ich auch!“

„Das Beste kommt erst noch“, bemerkte Tifa mit leicht zynischem Ausdruck, „weil direkt vor uns die Kategorie der Konkreten Kunst beginnt. Darüber hab’ ich was in der Schule gelernt, damals. Die Kunst daran ist, dass die Gemälde nur aus irgendwelchen geometrischen Formen bestehen und man absolut nichts hineininterpretieren kann. Entsprechend sehen die Dinger natürlich auch aus.“

„Das soll also heißen,“ schlussfolgerte Reeve, „wenn der Künstler ein grünes Dreieck malt ... dann bedeutet das – ...“

„... dass da ein grünes Dreieck ist. Mehr nicht.“

„Und das soll Kunst sein?“

„Was Kunst ist und was nicht, wird schon seit Jahrhunderten diskutiert. Es gab mal einen Künstler, der hat einen alten Zaun ins Museum gestellt und behauptet, das sei Kunst. Kam sehr gut an. Tatsache ist, jeder Depp kann Künstler werden, wenn seine Werke gemocht werden. Wie sich die Stilrichtung der Konkreten Kunst entwickelt hat und vor allem wann jemand auf diese idiotische Idee gekommen ist, würde ich allerdings doch gerne wissen.“

Reeve war fasziniert, einen Kunstbereich entdeckt zu haben, mit dem sogar er zurechtkam; er dachte im Stillen darüber nach, sich selbst einmal daran zu versuchen.

Schweigend und kopfschüttelnd gingen die Gefährten weiter eiligen Schrittes den Gang hinunter, und mehr als das von vielen Schuhen verursachte Geräusch war nicht zu hören.

Nur am allerletzten Gemälde hielt Tifa noch einmal an. „Das hier ist übrigens eines der berühmtesten Werke des Konstruktivismus.“

Ihre Begleiter rollten kollektiv die Augen, als sie Schwarzes Quadrat auf weißem Grund erblickten.

„Das ist auf eine ganz simple Form gebracht, interessant“, kommentierte Reeve im Ton des Fachmannes, dann las er den Text unterhalb des Bildes: „‚Schwarzes Quadrat auf weißem Grund’ reduziert auf elementare Art die gesamte Bildgestalt auf eine einzige geometrische Primärform und erreicht in seiner ästhetischen Autonomie eine Hauptintention des Konstruktivismus.“ Er grinste, verbiss sich jedoch Weiteres, als die allgemeine Aufmerksamkeit sich der Tür direkt gegenüber zuwandte. Auf ihr prangten die Worte ‚No Exit’.



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