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The Mirror Of The Ancients

Miragia-Trilogie 2
von

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Contacting

Cloud öffnete langsam die Augen. Schummriges Licht fiel durch wenige schmutzige Fenster herein, knarrende Laute erklangen gedämpft aus den Wänden und von der Decke.

Er rieb sich die Augen und setze sich auf. „Wo ... bin ich?“

„In der Shin-Ra-Villa, allerdings nicht mehr im Keller. Wie fühlst du dich?“

„Gut.“ Langsam zu Besinnung kommend stellte er fest, dass er – wie schon in der vorausgegangenen Nacht – wieder auf einem der Betten lag. Zunächst erschien es ihm wie ein Déjà-Vu, dann kehrten jedoch die Erinnerungen zurück. „Was ist passiert? Wir waren unten im Keller, das weiß ich.“

Vincent, zu erkennen als eine dunkle Silhouette, aus der wie zwei rote Sterne die Augen hervorblitzten, ließ sich Zeit mit der Antwort. „Ich denke, es war meine Schuld. Ich hätte dich nicht loslassen sollen. Du wolltest davon rennen, brachst dann aber zusammen und sagtest keinen Ton mehr. Ich habe euch alle drei einzeln hier herauf geschleppt.“

„Alle drei?“ Fast automatisch sah sich Cloud im Zimmer nach den toten Männern um.

„Die Leichen sind nicht mehr hier“, antwortete Vincent und fügte seufzend hinzu: „Ich fürchte, wir haben da ein ziemliches Problem am Hals, was den Tod der Beiden betrifft.“

Leicht fröstelnd zog sich Cloud die mottenzerfressene Decke enger um den Leib. „Verdammt, wie lange war ich außer Gefecht?“

„Mehr als drei Stunden“, antwortete Vincent nach einem Blick auf den leise tickenden Wecker auf dem Nachttisch, der seit Jahren funktionierte, jedoch keinen Zweck erfüllte. „Inzwischen sind Vertreter der Umweltschutzbehörde geradezu in Scharen hier aufgetaucht. Sie sind natürlich alle entsetzt. Sie haben sich mit einer anderen Gesellschaft in Verbindung gesetzt, die uns nun das Leben schwer machen könnte ... die werden die Leichen untersuchen und haben von mir gefordert, auch dich in ihr Institut zu schicken.“

„Andere Gesellschaft? Institut? Was zum Teufel ist das denn für ein Unternehmen?“

„Ein innerstaatlich gefördertes, das sich gern in Situationen auf der ganzen Welt einmischt ... hast du je von der ERCOM gehört?“

Cloud zuckte innerlich zusammen. „Du meinst die Ecology Research Corporation of Midgar?“

„Du kennst sie also.“

„Die können sich da nicht einfach einmischen. Das dürfen sie nicht!“

„Und ob sie dürfen, Cloud. Sie beginnen bereits damit, ein Team für diesen Fall zusammenzustellen.“

„Diesen ... Fall?“, echote Cloud. „Hast du ihnen etwa von dem Keller erzählt?“

„Sie waren nicht selbst hier, sind aber von der Umweltschutzbehörde längst in Alarmbereitschaft versetzt worden. Wir können es nicht riskieren, dass wieder jemand in den Keller steigt. Was ich an dieser Sache mit dem Wesen dort unten sowieso nicht verstehe, ist: Warum sind diese beiden Männer gestorben, warum hast du so heftig und empfindlich auf dieses Ding reagiert und ich und die Anderen überhaupt nicht? Wird die Wirkung dieses ES durch Faktoren beeinflusst? Wenn ja, durch welche? Cloud ...“

„Ja?“

„... hast du, als dir bei unserem ersten Besuch im Keller so übel geworden ist, das Gefühl gehabt, dass sich etwas in deinem Bauch befindet und versucht, nach draußen zu gelangen?“

„Außer meines Mageninhalts? Nein. Jedenfalls nichts, das mir hätte die Bauchdecke zerfressen können.“

„Hattest du keine Schmerzen?“

„Nein, keine. Trotzdem war es ein höchst scheußliches Gefühl.“

„Hm.“

„Ich würde gerne etwas von dir wissen, was deine Entdeckung des Kellers betrifft.“

„Nur zu.“

„Wenn du wirklich Chlorgas eingeatmet hättest, würdest du deine Lunge – oder eher die Reste davon – in Klumpen aushusten. Aber anscheinend hat dich die Säure nur ein bisschen ... im Hals gejuckt.“

„Es war Chlorgas, kein Chlorwasserstoffgas. Es hatte eine grüne Farbe, deswegen konnte ich es sehen. Hast du gedacht, dass ich lüge?“

„Ich denke es immer noch. Aber eigentlich spielt es im Moment auch keine Rolle.“

Vincent starrte weiterhin an Cloud vorbei. „Tifa ist jetzt zu Hause.“

„War sie hier?“

„Nein, ich sehe gerade durch die Wand, dass sie durch die Haustür geht ... das ist aber auch alles, denn durch zwei Wände schauen kann ich nicht.“

„Lass uns zu ihr hingehen“, sagte Cloud und schlug die Decke zurück. „Wo hast du meine Jacke hingelegt?“

„Du willst zu Tifa?“, fragte Vincent argwöhnisch, statt eine Antwort zu geben.

„Natürlich. Sie ist Botschafterin zwischen den beiden großen Kontinenten und hat fast überall Einfluss ... vielleicht schafft sie uns die ERCOM noch rechtzeitig vom Hals, bevor die noch dein Haus beschlagnahmen, das Shin-Ra-Lager auseinandernehmen und uns alle in Versuchslabore stecken ...“ Er sah an Vincent hoch, während er immer noch nach seiner Jacke Ausschau hielt. „Sag mal, warum guckst du eigentlich so komisch?“

„Hm, was? Ach, nichts ... schon gut, dann gehen wir eben zu Tifa. Deine Jacke hängt unten auf einem Bügel, ich habe nichts damit angestellt. Komm.“

Cloud war erstaunt, dass Vincent es ihm überließ, vorauszugehen. Normalerweise musste Cloud Vincent folgen und sich beeilen, hinter ihm zu bleiben. Nicht so jetzt. „Hast du neuerdings Angst vor Tifa?“, fragte er, als sie beide nach draußen vor die Tür traten.

Vincent verdrehte die Augen, ein todsicheres Zeichen dafür, dass er das Thema nicht weiter ausführen wollte. „Jetzt geh doch endlich, Cloud!“

„Ah ja. Na gut.“
 

Wieder neigte sich ein Tag dem Ende zu, und wieder hatte Tifa Lockheart das Gefühl, ihre Termine und Vorhaben würden ihr allmählich über den Kopf wachsen. Sie war achtundzwanzig, alleinstehend und ganztags berufstätig, hatte keine Eltern mehr und ihr einziger Freund, den sie innerhalb weniger Minuten erreichen konnte, verkroch sich den ganzen Tag lang in einem großen dunklen Haus. Auch hatte Tifa keinen anderen Hausgenossen, denn für ein Tier hatte sie zu wenig Zeit und war außerdem gegen die Haare der meisten Vierbeiner allergisch ... insgesamt fand sie es schwer nachzuvollziehen, wie sie selbst ihr Leben bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt gemeistert hatte. Nun zerstörte sie der Stress. Sie musste an so viele Dinge denken, sich um so vieles kümmern, vieles klären und regeln und dabei möglichst alles im Kopf behalten, dabei aber fast nie Zeit daheim verbringen, sondern ständig irgendwo auf Achse, oft auch noch auf dem Rücken eines zickigen Chocobos, kontinentale Geschäfte verwalten. Zurzeit befand sie sich hart an der Grenze, an welcher das Leben eigentlich endete.

Sie lag auf dem Sofa, alle Viere von sich gestreckt, noch nicht umgezogen, neben sich die noch nicht ausgepackten Taschen, als es dreimal klopfte. Dreimal.

Tifa sprang vom Sofa auf und fluchte leise, weil sie noch so viel zu erledigen hatte. Aber dreimal klopfen bedeutete Cloud ... jedenfalls in mindestens achtzig von hundert Fällen. Vor der Tür blieb sie stehen. Der Logik zufolge musste es sich nun um einen der übrigbleibenden zwanzig Fälle handeln, denn Cloud hatte sie seit Jahren nicht besucht, wenn man von dem Treffen am Abend zuvor einmal absah. „Wer ist da?“

„Ich bin’s, Cloud. Und Vincent ist auch hier. Können wir reinkommen?“

Sie holte tief Luft, ihre innere Stimme bestätigt, und öffnete die Tür. „Ja, kommt nur ... nehmt euch ein Glas Wasser ... geht gleich durch und setzt euch aufs Sofa, ihr müsst die Schuhe nicht ausziehen, weil ich heute sowieso noch wischen muss ...“

Cloud nahm sich einen Bügel vom Haken und widmete seiner Kindheitsfreundin einen langen Blick. „Meine Güte, du siehst ziemlich geschafft aus.“

„Wie nett von dir, das zu bemerken.“ Hoffentlich sieht er mir nicht die verdammte Hektik an, dachte sie grimmig und sah zu, wie ihre Gäste ins Wohnzimmer trotteten. „Was verschafft mir die Ehre? Sonst riskiert ihr doch nie einen Blick. Gibt es etwas Neues?“ Sie eilte in die Kochecke, die Ohren immer noch nach ihren Gästen ausgerichtet, deren Antwort sie auch im oberen Stockwerk noch würde vernehmen können.

„Wir wollten mit dir über etwas sprechen ...“, setzte Cloud, der sich auf dem Sofa niedergelassen hatte, vorsichtig an.

„Sehr gut“, unterbrach sie ihn. „Dann mache ich uns schnell einen Salat.“

„Einen was?“

„Momentchen, ja?“ Sie summte leise vor sich hin, während Cloud irritiert hinüber zur Küche starrte.

„Eben das meinte ich“, sagte Vincent betont leise. „Immer, wenn ich sie besuche, kocht sie irgendwas. Mit Salat kommen wir da noch ganz gut weg.“

„Wir brauchen jetzt aber keinen Salat, sondern ein paar Minuten Zeit zum Reden!“ Cloud stand auf und ging zu Tifa, die aus einer Schublade ein Messer hervorholte. „Hör doch auf, wir wollen nur etwas mit dir besprechen.“

„Eben doch! Deswegen bleibt, bitte, Cloud ... ich habe eigentlich überhaupt keine Zeit, um jetzt irgendwas zu essen, aber wenn ihr da seid, dann muss ich mir Zeit dafür nehmen. Das muss ich ausnutzen! Wenn ihr keinen Salat esst, dann esse ich auch keinen.“

„Ist das nicht Erpressung?“, gab Cloud etwas hilflos zurück, als er Tifas Workaholic-Problem zu erkennen begann.

Sie legte eine Tomate auf das Schneidebrett. „Das ist sogar Nötigung, wenn du genau sein willst.“

„Na schön ... dann ... soll ich auch irgendwas schneiden?“

„Radieschen, wenn du das hinbekommst, die sind oben im Gemüsekorb.“

Vincent, der immer noch im Wohnzimmer saß, nippte gedankenverloren an seinem Wasserglas und sah aus dem Fenster hinüber zur Shin-Ra-Villa, wo sich der dröhnende Klang eines Hubschrauberrotors vor dem Haus vernehmen ließ. Sein Blick wanderte zur Decke, durch welche hindurch er den Himmel sehen konnte und darauf den herabsinkenden Hubschrauber, komplett in dunkelgrüner Farbe mit den leuchtend gelben Buchstaben ERCOM© darauf. Schließlich seufzte er kaum hörbar und konzentrierte sich wieder auf Clouds und Tifas leise Stimmen drüben in der Kochecke.

„Ich habe letzte Woche ein verdammt gutes Dressing erfunden“, sagte Tifa vergnügt, sichtlich entspannter als noch Minuten zuvor. „Soll ich euch das zeigen?“

„Mach doch“, murmelte Cloud, der einmal mehr feststellte, dass seine Hände an einen Schwertgriff gewöhnt waren und nicht an ein winziges Küchenmesser. Die Radieschenscheiben sahen insgesamt sehr ungleichmäßig aus. „Aber dann müssen wir ein wirklich ernstes Gespräch mit dir führen.“

„Ja, natürlich. Hmm ... worum geht es denn?“

„Wir waren im Keller, Vincent und ich. Er kam zu mir ins Ausbildungszentrum, mit der Transfer-Substanz. Bei ihm waren zwei Beauftragte von der Umweltschutzbehörde aufgetaucht. Es ging um den –“ Cloud versuchte, sich an den Namen der Chemikalie zu erinnern. „– Gehalt von ... Formanal oder so.“

„Kenne ich nicht“, antwortete Tifa ratlos.

„Das Zeug auf den Sperrholzplatten.“

„Ah, Formaldehyd? Methanal?“

„Ja! Genau das war es.“

Sie zuckte die Schultern, während sie einen Salatkopf viertelte. „Die Villa ist schon so alt, dass man nur schätzen kann, was sich noch für übles Zeug in den Baustoffen befindet. Warum ist Vincent abgehauen und zu dir gekommen?“

„Weil sie ihn nicht sehen sollten, und eigentlich auch nicht den Keller! Du weißt doch, was passiert ist ... auch wenn du geschlafen hast.“

„Ja, das weiß ich wohl. Was war denn los, als ihr wieder zurück wart?“

„Wir sind in den Keller gestiegen, wie ich schon sagte.“

„In den Keller unter dem Keller?“

„Ja.“

„Und dir ist nichts passiert?“

„Zunächst nicht ... das erkläre ich dir später. Jedenfalls waren die beiden Männer noch da, sie lagen dort unten vor der Maschine und waren beide tot. Etwas schien von innen ein Loch in ihren Bauch gefressen zu haben. Es war bei beiden dasselbe.“

Das Messer verharrte in Tifas Hand, als sie für einen langen Moment stillhielt. Dann sagte sie: „Hui, das klingt ja mächtig aufregend ...“

„Das ist es auch“, gab Cloud düster zur Antwort, „denn natürlich hatten die Beiden eine Familie und dergleichen ... und wir wissen nicht, was sie umgebracht hat. Es gibt allerdings noch jemanden, der es gern herausfinden würde ... oder besser gesagt eine Gruppe von vielen Jemanden.“

„Von wem sprichst du?“, fragte sie mit dumpfer Vorahnung, die sich schon aus ihren Augen ablesen ließ.

„Du kennst die ERCOM, Tifa?“

Sie schwieg. Dann schürzte sie die Lippen, legte das Messer auf den Tisch und trat hinüber zum Küchenfenster. „Die ERCOM kenne ich“, antwortete sie schließlich und deutete hinaus. „Und sie scharen sich gerade um die Shin-Ra-Villa.“



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