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The Mirror Of The Ancients

Miragia-Trilogie 2
von

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The Search Goes On

Friedlich rollte sich Nanaki auf dem Sofa in Helen Clancys Wohnzimmer zusammen und döste. Er hatte kein Problem damit, noch ein wenig länger auf seine Gelegenheit zu warten; Geduld war eine seiner guten Eigenschaften. Auch wusste er genau, was er Bugenhagen fragen würde. Seit seiner ersten Begegnung mit Lukretias Geist, während des Treffens in Nibelheim, als dieser grausliche Ton aus dem Erdreich gedrungen war, hatte ihn diese Furcht vor ihr nicht mehr losgelassen. Irgendetwas an ihrer ruhelosen Anwesenheit versetzte ihn in derartige Panik, dass seine Muskeln beinahe erlahmten und jeder klare Gedanke ihn verließ. Sobald er sie spürte, war er auf der Flucht. Und ja, er würde Bugenhagen fragen, warum Lukretia eine solche verängstigende Wirkung auf ihn ausübte.
 

Als Bibliothekar und Buchhalter hatte Skylar Goodsworth ein hervorragendes Gespür dafür entwickelt, wo und in welchen Büchern man nach bestimmten Informationen suchen konnte. Zwar hatte er die Vermutung, was er suchte könne zu jung sein, um sich schon im Einband eines Buches zu befinden, aber vielleicht war es völlig unerheblich, aus welcher Zeit die gefundenen Informationen stammten. Ein Hinweis, ein Fingerzeig musste genügen.

Schummriges Licht erleuchtete die Bibliothek von Gongaga, die größte noch existierende Ansammlung an Büchern auf der ganzen winzigen Erdkugel. Die Anwesenheit so vieler, zum Teil uralter Bücher veranlasste automatisch zu Stille und Ehrfurcht. Bewusst hatte Skylar nicht die Wissenschaftsabteilung angesteuert, sondern direkt die für Sagen und Legenden, die auf Wahrheit gründen könnten. Sein Finger huschte flink über die staubigen, ihm zugewandten Ledereinbände. Auf einigen war kaum noch etwas zu erkennen. Freilich, Gongaga hatte damals für den Aufstieg seiner Bibliothek alle Bücher eingesammelt, die in anderen Büchereien aussortiert worden waren ...

Seine Lider zuckten und sein Finger verharrte vor einem Buchrücken, auf welchem in mit Serifen versehen Buchstaben der Titel mehr oder weniger deutlich zu lesen war: The Ancients. Das Alte Volk. Natürlich. Es war anzunehmen, dass die Cetra vor vielen Jahren noch als ein unergründetes Geheimnis galten und fantasievollen Menschen genug Anreiz dazu gaben, Geschichten über sie zu erfinden, die mit der Wirklichkeit vielleicht nur noch wenig zu tun hatten. Umso überraschter war Skylar, als er im Inneneinband Informationen über den Autoren studierte: Prof. Dr. Wikisag war Ahnenforscher und Archäologe. Konnte ein solcher Mann sich dazu hinreißen lassen, überlieferte Legenden über eine sagenumwobene Rasse niederzuschreiben? Wohl kaum. Bereits die ersten Seiten bewiesen, dass er viel mehr den wissenschaftlichen Hintergrund all dieser Geschichten beleuchtete und kritisch erörterte, was an ihnen wahr sein könnte und was mit Sicherheit erdacht worden war.

Irgendwie, dachte Skylar zufrieden, ist das ja auch das, wonach ich gesucht habe.

Er nahm dieses Buch an sich und setzte seine Suche in der nächsten Regalreihe fort.
 

Die Nachtluft war kalt und frostig. Cloud starrte zum dunkel-zwielichtigen Horizont von Midgar herüber, der selbst nach jahrelanger Reinigung immer noch ungesund grünlich aussah. Sein Atem kondensierte zu rasch forttreibenden Dampfwolken. Nahe des Gartenzaunes stand Helen, einen selbstgestrickten Poncho übergeworfen, und rieb sich die klammen Hände. Mittlerweile kroch eine blasse Morgendämmerung über die Plattenbaudächer der Industriestadt.

„Keine Spur von ihm“, sagte Cloud.

„Er kommt schon noch“, gab ihm Fawkes’ Geliebte zur Antwort, und ihre Finger wurden noch ein wenig mehr zu Krallen.

„Warum bist du dir da so sicher?“

„Weil ich ihn kenne.“

„Er wird also dein Wohlergehen nicht riskieren.“

„Um keinen Preis.“

„Und warum nicht?“

Helen wandte sich um und warf ihm aus halb zusammengekniffenen Augen einen merkwürdigen Blick zu, der im Halbdunkel schwer zu deuten war. „Versetz dich selbst in seine Situation. Wenn dir gesagt würde, du sollst dich zu einem Ort begeben, an dem Aeris festgehalten wird – würdest du irgendetwas unternehmen, das sich gegen die von den Entführern aufgestellten Bedingungen richtet?“

Cloud schwieg. Ein schwacher Winterwind bauschte seinen roten Umhang.

„Also nicht.“

„Ich schätze nicht.“

Sie rollte die Augen. „Du gehörst zu der Sorte von Männern, die für ihr Leben gern reden, und denen man nie etwas aus der Nase ziehen muss, oder? Solche Typen sind für Gespräche die allerbesten.“ Es war purer Sarkasmus.

„Bis vor Kurzem kannte ich einen, auf den das noch mehr zutraf als auf mich“, antwortete Cloud und hielt einen Zipfel des Umhangs hoch.

„Oh. Verstehe. Euer gefallener Freund, hm? Tifa hat mir erzählt, dass ihn diese Lukretia von innen heraus in Stücke zerrissen hat ... und dass du ihm dieses Ende glücklicherweise erspart hast.“

„Tja.“

„Hast du dich je gefragt, ob das vielleicht falsch war?“

Cloud stieß ein solches Schnauben aus, dass es in einem Tremolo endete. „Je? Ich frage mich das seitdem jede Minute! Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto richtiger erscheint es mir im Nachhinein. Weißt du ... das Schlimme an der Sache mit Lukretia war ja nicht nur, dass Vincent gar nicht wusste, dass sie es war ... sondern dass sie wusste, dass er es war.“

Helen furchte die Stirn. „Jetzt mal einen etwas kürzeren Satz. Was wolltest du eben ausdrücken?“

„Dass sie ihn getötet hat, obwohl er zu Lebzeiten in sie verliebt war. Er hätte alles für sie getan, er hätte ihr auch sein Leben geopfert. Tja, und jetzt ist es dazu tatsächlich gekommen ... was für eine boshafte, tragische Ironie.“

Eine kurze Zeitlang überlegte Helen, ob er vielleicht eine Antwort erwartete und was sie ihm für eine geben konnte, dann aber wurde die Stille jäh durch leise, gedämpfte Motorengeräusche unterbrochen.

Cloud hob alarmiert die Hand. „Nicht hingehen, warte!“

„Ich bewege mich doch gar nicht!“, zischte Helen zurück, blickte aber weiterhin geradeaus in die Richtung, aus welcher das vertraute Rattern ertönte.

„Das sollte ja auch eine Vorwarnung sein. Geh ins Haus, damit du fürs Erste unerreichbar bleibst.“

„Ganz wie du befiehlst, oh furchtloser Anführer“, murmelte Helen und huschte ins Haus, wo sie die Tür hinter sich schloss.
 

Cloud selbst setzte sich in Bewegung und ging gezielt auf die für seine Augen nicht sichtbare Quelle der Geräuschkulisse zu. Als der Lärm so laut war, dass er die Vibration seiner Trommelfelle regelrecht spüren konnte, streckte er eine Hand vor und stieß auf kaltes Metall. Metall, das sich merkwürdig formlos anfühlte, als ändere sich die Beschaffenheit seiner Oberfläche ständig und liefere dem Gehirn nur ein angedeutetes Bildnis. Woher das kam, war ihm im selben Augenblick klar: Dieses motorenbetriebene Transportmittel verfügte ebenfalls über eine Tarnvorrichtung, nicht zu verwechseln mit der bekannten Tarnplane, wie man sie der Tiny Bronco oder der Highwind bei Bedarf überzog.

Er drehte sich um und schaute in die Richtung, in der er den Ausstieg des Gefährtes vermutete.

„Strife?“

Cloud reagierte auf die Aussprache seines Namens. „Ja ... ich bin hier.“

„Finden Sie das nicht unvorsichtig? Ich könnte Ihnen jetzt eine Waffe an den Kopf halten und anschließend einen Geiselaustausch fordern.“

„In dem Moment, in dem Sie eine Waffe ziehen, Fawkes, ist Helen tot“, log Cloud. Mit Unwahrheiten hatte er mittlerweile keinerlei Schwierigkeiten mehr. Das Lügen war im Verkehren mit einigen Personen einfach unverzichtbar.

„Ich verstehe.“

„Wie erfreulich. Dann kommen Sie jetzt raus und begleiten mich ins Haus.“

Henry Fawkes sprang in einer völlig anderen Richtung als Cloud erwartet hatte aus dem Flieger und warf seinem Gegenüber einen grimmigen Blick zu. Irgendwie musste ihm die vermeintliche Entführung seiner Geliebten mehr zugesetzt haben als angenommen. Er war bleich, und das schwarze Haar wand sich wirr um seinen Scheitel. Neben Cloud blieb er stehen und starrte düster zum Haus hinüber.

Cloud hörte, wie hinter seinem Rücken das Flugzeug wieder abhob, und entschloss sich, keine Zeit zu verschwenden. „Sie gehen vor, und ich behalte Sie im Auge. Na los.“

Fawkes setzte sich widerspruchslos in Bewegung. Hinter ihm und Cloud kroch langsam die Sonne den Horizont hinauf.
 

Barret und Cid nahmen Helen zwischen sich und packten vorsichtshalber ihre Arme, damit es wenigstens so aussah, als wäre sie ihre Gefangene.

„Nur zur Sicherheit“, raunte Barret ihr leise zu. „Mach einen auf verängstigt.“

„Mach ich“, seufzte sie, obwohl ihr der Gedanke, ihren Freund unnötig in solche Panik zu versetzen, nicht sonderlich gefiel.

Aber die Lage war angespannt. In der ganzen frühen Morgenluft lag etwas Bedrohliches, es hing direkt über dem taufeuchten Gras wie durchsichtiger Nebeldunst.

Mittlerweile hatten alle Helen Clancys Haus verlassen und sahen Cloud und Fawkes, die sich Schritt für Schritt über den Asphaltweg näherten, erwartungsvoll entgegen.

Ohne den Blick von den beiden Näherkommenden abzuwenden, blieb Tifa vor der unsichtbaren Highwind stehen und griff nach etwas neben sich, das genauso wenig zu sehen war wie das Flugschiff selbst; mit einem Mal jedoch hob sie etwas hoch, das sich in die Länge zu ziehen schien, und dabei schälte sich die ganze monströse Gestalt des metallenen Ungeheuers aus der klaren Morgenluft und verdeckte die Sonne, was einen langen Schatten auf Cloud und Fawkes warf, die inzwischen fast bei den Anderen waren.

Tifa hielt die Tarnplane hoch, unter welcher die Highwind hervorgekommen war. „So, dann ist ja mal alles klar.“

Sanft gab Cloud seinem Gefangenen einen Schubs zwischen die Schulterblätter. „Da hinein, in das Flugzeug.“

„Sie haben dieses riesige Ding die ganze Zeit hier herumstehen lassen?“

„Allerdings. Und jetzt möchten wir Ihnen zeigen, was das eigentlich ist, auf das Sie da so wahnsinnig scharf sind. Wenn Sie also bitte eintreten möchten ... dort ist die Strickleiter.“
 

Henry Fawkes spürte immer noch Strifes Handfläche mit nachhaltigem Druck auf seinem Rücken, obwohl er gern die Füße in den Boden gestemmt und sich nicht weiter gerührt hätte. Unsicherheit hatte blitzschnell von ihm Besitz ergriffen. Auf was hatte er sich eingelassen? Warum hatte Strife so plötzlich darauf bestanden, ihm die Maschine zu zeigen, wobei er doch vorher schon so zappelig geworden war, wenn auch nur jemand in die Nähe dieses Objekts kam? Dies alles war ihm suspekt. Als er um sich sah, erblickte er all jene Personen, die die ERCOM mithilfe der Mittellandjustiz aufgrund zweifelhafter Indizien gefangengehalten hatte.

Er suchte den Blick seiner Geliebten. „Helen?“

Sie sah gehetzt zu ihm herüber, aber die beiden Kerle links und rechts von ihr schienen sie grob an den Schultergelenken festzuhalten.

„Helen, ich hol dich da raus. Ich würde alle Forderungen dieser Leute erfüllen, damit du freikommst.“

„Ich weiß“, antwortete sie mit zittriger Stimme.

Strife schob ihn erneut vorwärts auf das Flugzeug zu, und Fawkes ergriff die erste Sprosse der Strickleiter, um sich wie in Zeitlupe daran hochzuziehen.

Er war sich nicht sicher, ob Strife ihm folgte. Mühsam widerstand er dem Impuls, einfach von der Leiter zu springen und auf Helen zuzurennen; stattdessen kletterte er Sprosse für Sprosse höher, die Hanfseile brennend zwischen den Fingern.

Schließlich erreichte er das obere Ende des Strickleiter und damit das Deck. Es war solide und mit einer niedrigen Reling versehen wie ein Kreuzsegler. Eine Tür führte ins Innere des Flugschiffes.

„Immer der Nase nach in den Frachtraum“, ertönte hinter ihm eine Stimme, die einem von Strifes Genossen gehören musste, die Fawkes aber nicht zuordnen konnte.

Er ging also weiter, eine schmale Metalltreppe hinunter. Im riesigen Innenraum der Highwind, wie dieser Koloss von Transportmittel anscheinend genannt wurde, sah er sich zunächst einer Frau gegenüber, die er auf den ersten Blick erkannte.

„Sie sind ... Strifes Freundin.“

„Aeris Gainsborough. Kommen Sie mit, Mister Fawkes, und ich zeige Ihnen, was wir von Ihnen möchten.“

Fawkes versteifte sich. War das nicht schon wieder unvorsichtig von Strife? Machte er sich keine Sorgen um seine Freundin? Sie könnte nun selbst zu einer Geisel werden, denn niemand sonst war da, um sie zu beschützen ...

„Denken Sie nicht, dass Sie unbeobachtet sind“, sagte eine leise, melodische Stimme hinter ihm, die von einem relativ tiefen Standpunkt aus kommen musste.

Überrascht drehte er sich um und erblickte im Schatten einer Ecke das seltsame vierbeinige Pelzwesen, jene furchterregende Kreatur, die, so vermutete er, einem von Hojos oder Gasts Laboren entstammen musste. Hojo und Gast waren, laut Fawkes Informationen, sehr radikale, risikofreundliche Forscher gewesen ...

Strifes Mädchen packte sein Handgelenk. „Er wird Sie im Auge behalten, und er ist mit Zähnen und Krallen ausgestattet – mal ganz abgesehen von seinem Kopfschmuck.“

„Sie sind eine Cetra“, murmelte Fawkes benommen, während er ihr in den Frachtraum folgte. „Wie Strife gesagt hat. Sprechen Sie mit dem Planeten?“

„Fällen Sie dieses Urteil selbst. Schauen Sie jetzt dorthin – da ist es, das Sie unbedingt wollen.“

Vor ihm an einer fleckigen Betonwand stand die Maschine aus dem unterirdischen Kellerschacht, von einer unfindbaren Lichtquelle beschienen und schimmernd wie ein stiller Weiher inmitten eines schwarzen Waldes. Sie übte eine klare, überirdische Aura um sich herum aus, die einen beinahe in sich hineinzuziehen suchte.

„Gehen Sie“, forderte ihn die junge Frau auf, als sei nichts dabei. „Setzen Sie sich hinein und berühren Sie das Schaltpaneel. Dann werden Sie schon erfahren, was Ihnen diese Erfindung für unvergleichliche Vorteile bescheren wird. Denn es sind doch Vorteile, auf die Sie aus sind, oder?“

„Heben Sie sich Ihre Beschuldigungen für später auf.“ Ihm war klar, dass seine nächste Aktion ein Risiko barg. Seine Neugier war zu groß, als dass er gegen sie würde bestehen können; außerdem wusste er, dass Strife in dieser Maschine gewesen und lebend zurückgekehrt war. Und was Strife konnte ...
 

Als Henry Fawkes sich an Aeris vorbeischob und sich durch die Luke in den Innenraum des SPECULUMS zwängte, flatterte von der Hinterseite des kleinen Raumes eine weiße Taube auf, streifte mit einem Flügel Aeris’ Schulter und löste sich dann in flüchtenden Partikelstaub auf.

Aeris und Nanaki wechselten einen vielsagenden Blick.

Innerhalb der Maschine war ihr unbeliebter Gast mit dem Schaltpaneel in Berührung gekommen und machte nun die Erfahrung, bis aufs Letzte mit der Technologie des Alten Volkes verbunden zu werden.



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