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Ehre und Stärke : Amors Pfeile

oder: Gundam Wing goes Ancient Rome
von

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Disclaimer: Gundam Wing und die Charaktere gehören nicht mir sondern Sunrise und Bandai. Ich verdiene auch kein Geld mit dieser Geschichte.

Kommentar: Ein ganz wichtiges Kapitel, ich hoffe es gefällt euch! Obwohl es so düster und gewalttätig ist, war es auch sehr aufschlussreich für mich es zu schreiben.
 

Kapitel 3
 

Voller Vorfreude huschte Treize barfüßig durch die Gänge des kaiserlichen Palastes in Rom. Glücklicherweise waren hier keine Wachen postiert. Vielleicht würde er einem der Sklaven begegnen, aber die würden ihn, einen Adligen, nicht behelligen. Schließlich war er hier als Gast des Kaisers persönlich untergebracht!

Er fand die Tür, die ihm Lucius beschrieben hatte, ohne Probleme und trat hinaus in den dunklen Park. Es war mitten in der Nacht, die erste Stunde der Nachtwache.
 

Lucius erwartete ihn bereits, doch statt seinen Geliebten in die Arme zu schließen, wie er es so oft tat, nickte er Treize nur knapp zu. Dann wandte er sich um und winkte jemandem zu, der sich im Gebüsch verborgen hielt.

„Lucius?“, fragend blickte Treize zu seinem Mentor und verstand nicht, warum zwei schwarz gekleidete Gestalten sich zu ihnen gesellten und den Palast betraten.

Lucius ergriff ihn am Arm und zog ihn mit in das Gebäude. Leise schloss er die Tür hinter ihnen.
 

„Wo ist der Kaiser?“, verlangte er zu wissen.
 

Das war nicht der sanfte Lucius, den Treize kannte. Der Mann, der mit ihm die Nächte im Freien verbracht hatte, ihn küsste und sein Herz zum Beben brachte.

„Warum willst du das wissen? Wer sind diese Männer? Ich dachte, du wolltest... wir...“ Treize errötete, was selbst in dem von nur zwei Fackeln erhellten Gang deutlich zu sehen war.
 

Die beiden fremden Männer lachten höhnisch, auch wenn sie sich darum bemühten die Geräusche zu unterdrücken. „Was hast du ihm versprochen Lucius?“

Der andere machte mit der Hand eine anzügliche Bewegung. „Hast du ihm deinen Hintern versprochen?“
 

„Seid still.“, wies Lucius sie mit scharfer Stimme zurecht und schloss Treize kurz in die Arme. Er hatte wohl erkannt, dass er seine Taktik ändern musste. „Beachte sie nicht. Sie haben schlechte Manieren.“ Ihre Lippen berührten sich und Treize konnte es seinem Körper nicht versagen, sich näher an Lucius zu drängen. Ja, deshalb waren sie doch hier. Lucius hatte ihm versprochen in den Palast zu kommen. Sie wollten den letzten Schritt tun und sich einander wie wahre Liebende hingeben.
 

„Soll das noch lange dauern?“, zischte einer der anderen, sichtlich ungeduldig.
 

„Wo ist dein Zimmer Treize?“
 

„Bei den Gemächern der Familie. Aber was...?“
 

Lucius unterband weitere Fragen, indem er ihn nochmals küsste. „Ich erkläre dir später alles. Versprochen! Es ist eine Überraschung.“
 

Was sollte Treize da tun. Oder warum protestieren, Lucius hatte schließlich immer alle Versprechen gehalten.
 

„Vertraust du mir? Ich würde doch nie etwa tun, was dich in Schwierigkeiten bringt. Es ist alles in Ordnung. Komm, lass uns gehen.“
 

Also nickte Treize langsam und griff nach der Hand seines Geliebten. Mit schnell schlagendem Herzen geleitete er ihn zurück zu den Gemächern der Kaiserfamilie. Wieder begegnete ihm nicht einmal ein Sklave und angesichts der merkwürdigen Männer, war dies Treize auch sehr gelegen. Dass er hier in Begleitung von drei wildfremden Männern durch die Gänge irrte, würde doch Fragen aufwerfen.

Sie kreuzen einen Querflur an dessen Ende Licht schimmerte und Stimmen zu hören waren.

„Das ist es.“ Die beiden Männer bogen schon in den Gang ein und auch Lucius griff unter seinen Umhang. Er zog ein Schwert hervor und zerrte Treize mit sich.
 

„Was soll das?“, rief Treize. Doch schon wurde sein Mund von Lucius‘ Hand bedeckt und dämpfte jegliche Protestschreie.

Dies war doch kein Spiel mehr? Oder doch? Treizes Herz begann wieder zu rasen, doch dieses Mal aus Angst.
 

Als sie nahe genug an der Tür waren, vermochte Treize die Stimmen auseinander zu halten. Eine Welle blanker Angst durchfuhr seinen Körper. Es war der Kaiser und sein Vater!
 

„... das hast du nicht wirklich gemacht?!“, lachte der Kaiser. „Rutilus, nein, sag, dass es nicht wahr ist.“
 

„Voremus ist ein Stümper. War Zeit, dass es ihm jemand gesagt hat.“, verteidigte sich Treizes Vater und man hörte das tönerne Klirren von Krügen, die aneinander gestoßen wurden.
 

„Er wird unausstehlich sein!“
 

„Ich befürchte mehr als das.“
 

„Der andere ist auch hier. Noch besser.“, murmelte einer der Männer.
 

‚Der andere. Meinen sie Vater?‘, hallten die Worte in Treizes Kopf wieder. ‚Was soll das alles?‘ Er wehrte sich nun heftiger gegen Lucius‘ Griff, der alle Mühe hatte Treize in Schach zu halten. Obwohl Treize nicht viel gegen Lucius‘ Kraft und dessen muskulösen Statur entgegenzusetzen hatte, so war der doch geschult durch zahllose Ringkämpfe. Lucius selbst hatte ihm schließlich die ganze Palette an Tricks und Kniffe beigebracht, mit denen man einem Gegner das Leben schwer machen konnte.
 

Die Stimmen im Zimmer verstummten plötzlich. Offensichtlich waren sie aufmerksam auf die Männer im Gang geworden. Treize hoffte, dass der Kaiser nun die Wache rufen würde. Diese Männer wollten sicher nichts Gutes. Das hatte nun auch Treize endlich begriffen, wenn auch reichlich spät. Wütend sah er mit an wie die Zimmertüren aufgestoßen und er von Lucius in das Zimmer gestoßen wurde.

Dort saßen der Kaiser und sein Vater auf zwei Liegen. Schriftrollen lagen auf einem Tischchen zwischen ihnen und auch zwei Krüge mit Wein.

Wieder fragte sich Treize, was sein Vater hier tat. Rutilus trug nur eine einfache Tunica wie zu Hause in der Villa. Keine prunkvolle Toga oder feine Ledersandalen, deren Riemen mit Gold beschlagen waren.
 

Der Kaiser hob den Kopf und musterte die Eindringlinge mit erbostem Blick. Er rief nicht einmal nach den Wachen, oder war er einfach zu überrascht um zu handeln?

Ganz anders Treizes Vater, der sprang in die Höhe und hielt schon ein Messer in der Hand. Treize wusste nicht, woher er das Messer nahm. Vielleicht war es hinter einem der Weinkrüge auf dem Tisch gelegen.
 

„Keine falsche Bewegung oder eurer Sohn stirbt.“, knurrte einer der schwarz gekleideten Männer und Treize fühlte eine Schwertspitze an seinem Hals.
 

„Lucius.“, krächzte er. Warum war der Geliebte so grob? Treize riss die Augen vor Schreck auf und seine Gegenwehr erlahmte. Wie eine leblose Puppe hing er in Lucius‘ Armen und musste mitansehen wie der fassungslose Blick seines Vaters über ihn huschte.
 

„Ihr solltet stolz auf Treize sein, er hat uns in den Palast gelassen.“ Lucius beugte sich nach vorn, seine Hand verschwand von Treizes Mund und stattdessen küsste er ihn.
 

Treize sah die Enttäuschung in den blauen Augen seines Vaters als er diesen Kuss beobachten musste. „Oh Treize.“, murmelte er leise, fast ungehört.
 

Lucius stieß Treize zu einem der anderen Männer, der ihn festhalten sollte. Er selbst hielt sein Schwert vor sich und ging auf den Kaiser zu, der noch immer auf der Liege saß, jetzt aber aufstehen wollte.

„Bleib sitzen.“, wies ihn Rutilus an und stellte sich vor den Kaiser.
 

„Nein.“ Der Kaiser griff nach dem Saum von Rutilus Tunica, doch dieser stieß die Hand brüsk weg.
 

„Erinnere dich daran, was ich einmal geschworen habe. Diesen Schwur werde ich jetzt nicht brechen.“ Er trat einen Schritt auf Lucius zu und noch einmal huschte sein Blick zu Treize: „Ich hoffe, du hast wenigstens etwas bei diesem Bastard gelernt. Ich kann dich jetzt nicht mehr schützen.“
 

Treize schluckte, was wollte sein Vater von ihm? Würde Rutilus das Leben seines Sohnes aufs Spiel setzen um den Kaiser zu beschützen? Ja, so entschlossen wie sein Vater war, glaubte Treize das sofort. Aber konnte Rutilus überhaupt gegen Lucius bestehen, der ein so unglaublich guter Kämpfer war. Sein Vater hatte auch nur ein Messer, kein Schwert. Wie wollte er sich da wehren? Auch da Treize seinen Vater noch nie hatte kämpfen gesehen fürchtete er, dass Rutilus keinerlei Chance gegen Lucius hatte.

Rutilus warf das Messer in die Höhe und fing es geschickt auf. Die Klingenspitze nun nach unten gen Boden gerichtet, ganz so wie ein Metzger, der ein Schwein aufschlitzen wollte. Mit dieser Haltung war es leichter einen Schlag zu blocken, erinnerte sich Treize an seine Lektionen, weil man so leichter die Kraft des gesamten Körpers gegen die Klinge legen konnte. Er wunderte sich, dass sein Vater so etwas wusste.
 

„Treize, reiß dich zusammen!“, wies ihn sein Vater an als Lucius einen Schritt näher trat. „Erinnere dich an das, was du gelernt hast.“ Er hatte Griechisch gesprochen, wohl damit ihn die sonderbaren Männer und Lucius nicht verstanden. Griechisch war die Sprache der gebildeten Männer, nicht die der Söldner und Soldaten.

Diese Annahme war korrekt und die Verschwörer warfen sich hektische Blicke zu, verwirrt ob dieser sonderbaren Worte. Für einen kurzen Moment sah Treize völlig klar und alle Angst wich von ihm als er spürte wie der Griff um seine Schultern sich lockerte. Wenn er sich wehren und nicht wie ein verängstigtes Mädchen hier stehen wollte, dann war dazu jetzt der richtige Augenblick.

Der Mann hinter ihm war in etwa gleich groß. Schnell stieß er seinen Kopf zurück und hörte den schmerzhaften Schrei und das Knirschen von Knochen. Noch bevor er sich vollständig aus dem Griff befreien konnte, spürte er warmes Blut auf seinem Nacken. Er hatte dem Mann die Nase gebrochen.

Der Schrei hatte eine regelrechte Kette von Ereignissen ausgelöst. Lucius sprang auf seinen Vater zu und Treize hörte nur das Klirren von Eisen auf Eisen. Er wusste, dass er nicht hinsehen durfte, er musste sich auf seinen Gegner konzentrieren. Das war seine erste Lektion gewesen.

Sein Gegner war zunächst ablenkt, doch schon schwang er sein Schwert nach Treize.

Die gesamte untere Hälfte seines Häschers war blutbeschmiert und verlieh ihm das Aussehen eines Dämons. Treize wich zurück er hörte wieder das metallene Klirren von Waffen und jemand gab einen erstickten Schrei von sich. War es sein Vater? Oder der Kaiser? Oder Lucius?
 

Er stieß mit dem Fuß schmerzhaft gegen den Tisch und seine Hände hielten plötzlich den Weinkrug in der Hand, der hinter ihm gestanden hatte. Wieder überlegte er nicht als er den Krug an seinem Henkel packte und gegen die Schläfe des Mannes krachen ließ. Der fiel in sich zusammen wie ein Sack Getreide und Treize starrte auf den leblosen Körper.

Dann hörte er einen wütenden Fluch. Es war Lucius‘ Stimme und Treize sah auf. Gerade rechtzeitig um zu sehen, wie sein Vater sich bückte und das Schwert aufhob, das neben Lucius‘ Körper auf dem Boden lag. Lucius selbst lag auf dem Bauch und ein Schwert steckte in seinem linken Oberschenkel, es schien ihn wie einen Nagel an den Boden zu heften. Lucius versuchte sich aufzurichten und sein unverletzter Fuß schabte über den Boden, fand jedoch keinen Halt in der Blutlache, die sich unter ihm gebildet hatte.
 

Der letzte der Attentäter hatte wohl entschieden, dass es sicherer war die Flucht zu ergreifen. Er drehte sich um und wollte schon in Richtung Tür rennen, zögerte jedoch einen Lidschlag zu lang. Treizes Vater war schneller, schon stand er hinter dem Mann. Seine linke Hand hielt den Kopf fest, das Schwert in der Rechten fuhr in einer schnellen, brutalen Bewegung über die Kehle. Eine Blutfontäne ergoss sich über das Holz der Tür und ein feuchtes Gurgeln war das letzte, was der Attentäter von sich gab.
 

Fassungslos starrte Treize auf seinen Vater, der den Toten einfach zu Boden fallen ließ. Das Schwert noch in der Hand ging er zu Lucius zurück. Er griff in die Haare des Verräters und zwang ihn so den Kopf zu heben. „Ich werde dir nicht den Gefallen tun das Schwert aus deinem Bein ziehen. Ein schneller Tod wäre zu gnädig für die Gräueltat, die du begannen hast.“
 

Treize spürte die Übelkeit in sich aufsteigen und er schwankte. Gerade noch konnte er sich an dem Tisch abstützen. Was war dies für ein Alptraum?

Da lag sein Geliebter, sein Lucius, im eigenen Blut. Sein Vater, der gerade einem Mann die Kehle durchgeschnitten hatte und er selbst... Treize wagte kaum auf den Boden vor seinen Füßen zu schauen. Da lag der erste Mann, den er mit eigenen Händen getötet hatte.

Er spürte die Galle in seiner Kehle hochsteigen und drehte sich gerade noch um, so dass er nicht die Leiche des Mannes entweihte. Auch wenn er nicht wusste, warum ihm dies wichtig erschien. Diese Leute hatten versucht ihn, seinen Vater und den Kaiser zu ermorden. Wer würde sich um die Leichen scheren?

Mit zitternden Fingern wischte er sich den Mund ab.
 

„Prätorianer!“, brüllte sein Vater indessen und es klang wie auf dem Exerzierplatz einer Kaserne. Treize bekam eine Ahnung davon, was für ein guter Offizier und kaltblütiger Kämpfer sein Vater einst gewesen sein musste.

Rutilus warf das Schwert weit von sich, dann eilte er zu Treize. Er zog den Jungen weg von der Leiche und wollte ihm helfen sich auf eine der Liegen zu setzten. Doch Treizes Beine gaben nach und er fiel wieder zurück auf den Boden.

Seine Vater kniete neben ihm nieder und schloss ihn in die Arme. Genauso wie der Drang sich zu übergeben, konnte sich Treize auch nicht dagegen wehren, dass er nun hemmungslos weinte. Sein Vater war wie ausgewechselt, nichts erinnerte an die kaltblütige Art mit der er gegen die Attentäter gekämpft hatte. Auch er zitterte nun. „Ich dachte, ich hätte dich verloren.“, flüsterte er mit belegter Stimme, die so voller väterlicher Sorge und Zuneigung war. „Zeig deinen Arm her, mein Junge. Tut es sehr weh?“
 

„Mein Arm...“, wiederholte Treize unter Tränen und sah auf seinen linken Arm hinab, der wie fast alles in dem Zimmer in Rot getaucht war. Irgendetwas hatte ihn geschnitten. Er hatte es nicht bemerkt. Erst jetzt fiel ihm das Blut auf. Die Erkenntnis, dass es sein Blut war, das hier auf den Boden tropfte, ließ erneut die Galle hochsteigen. Es schämte ihn, dass sein Vater ihn nun auch noch so sehen musste. Doch hörte er nur leise, tröstende Worte als er sich erneut übergab und Rutilus neben ihm knien blieb.
 

Der Kaiser hingegen saß noch immer, wie Minuten zuvor, auf seiner Liege. Leichenblass war er im Gesicht und erst als die Wachen das Zimmer stürmten, stemmte er sich mit sichtlicher Mühe in die Höhe.

Sofort wurde Lucius in die Höhe gezerrt und in Gewahrsam genommen, das Schwert steckte noch immer in seinem Bein.

„Verhört ihn, ich muss wissen, auf welchen Befehlen hin er gehandelt hat“, wies der Kaiser die Männer an.

Rutilus hatte Treize mittlerweile einen Kelch mit Wein in die Hand gedrückt und wickelte nun einen Fetzen Stoff um seinen Arm um die Blutung zu stillen. Treize indes starrte gedankenverloren auf den Weinkelch und wusste nicht so recht, was er damit anfangen sollte.
 

„Wer hat sie in den Palast gelassen? Womöglich steckt ihr noch immer in Gefahr mein Kaiser und der Verräter befindet sich hier.“
 

Treize zuckte bei diesem Worten zusammen, er biss sich auf die Lippen. „Ja.“, brachte er mit tränenerstickter Stimme hervor. „Ich habe...“ Er schluckte und wusste, dass dies sein Todesurteil war. Der Kelch in seiner Hand fiel ihm beinahe aus den Fingern, die schweißnass und schlüpfrig vom Blut geworden waren.
 

„Was sagst du Junge?“, der Prätorianer beugte sich zu ihm herab.
 

„Ich habe...“
 

Der Kaiser und sein Vater wechselten einen langen Blick und schließlich formten Rutilus‘ Lippen die stummen Worte. ‚Bitte.‘
 

„Er hat Schmerzen und fantasiert nur. Nein, es ist keiner mehr hier. Es waren nur die Drei. Führt ihn ab.“, befahl der Kaiser und kam zu Treize und dessen Vater hinüber.

Die Prätorianer und Lucius verließen das Zimmer und Treize blickte den Kaiser gramerfüllt an. „Ich habe sie in den Palast gelassen. Es tut mir leid, ich... ich... Ich war wie geblendet. Ich habe ihm vertraut.“, weinte er.
 

„Es ist gut Treize.“ Der Kaiser strich ihm über den Kopf.
 

„Ist es nicht“, erwiderte Rutilus grimmig. „Lucius wird es den Prätorianern sagen, sobald er verhört wird.“

Ein Arzt betrat das Zimmer. Sicherlich hatten die Prätorianer ihn herbei gerufen. Er führte Treize aus dem Zimmer und in eine kleine Schlafkammer auf der anderen Seite des Flures. Treize war froh nicht mehr das ganze Blut sehen und den Geruch seines eigenen Erbrochenen riechen zu müssen.

Ruhig kümmerte sich der Arzt um Treize, half ihm auch sich zu waschen und die Kleidung zu wechseln. Er wusste nicht wo sich der Kaiser und sein Vater befanden, aber sicherlich waren sie ganz in der Nähe, denn er hörte sich leise miteinander sprechen. Ein paar Mal meinte er seinen eigenen Namen vernommen zu haben und plötzlich begann der Arzt leise auf ihn einzureden. Womöglich, damit Treize nicht mehr verstand, was die beiden Männer beredeten.
 

Er wusste, dass sein Vater ihn liebte, aber auch nicht gewillt war, die Gesetze für seinen Sohn zu verbiegen, der sich wie ein Verräter verhalten hatte. Treize musste dafür bestraft werden, dass er die Attentäter in den Palast gelassen hatte. Auch wenn seine Jugend und Unerfahrenheit bei den Richtern strafmildernd wirken würden. Doch auch wenn er nicht zu Tode verurteilt werden würde, sein Ansehen wäre auf ewig beschmutzt. Er konnte keine Karriere mehr beim Militär oder als Beamter machen. Nicht mit so einem Makel. Die römische Gesellschaft würde sich das Maul über ihn zerreißen.
 

Der Arzt hatte den Schnitt in seinem Arm genäht und verbunden. Treize hatte es nicht gespürt, als die Nadel durch seine Haut stach. Stattdessen quälte er sich mit Selbstvorwürfen. Warum hatte er nicht die Wachen verständigt? Warum hatte er sich von Lucius so blenden lassen? Lucius hatte seine Unerfahrenheit ausgenutzt und nur mit ihm gespielt? Dabei hatte ihn Treize doch geliebt!

Er wischte sich die Tränen weg und schniefte. Was sollte er tun? Er hatte sich den Prätorianern stellen wollen, aber der Kaiser hatte es verhindert. Was hatte sein Vater vor?
 

Irgendwann mitten in der Nacht, Treize hatte jeglichen Zeitgefühl verloren, verließ ihn der Arzt. Sein letzter Rat war etwas zu schlafen, doch Treize vermochte nicht sich niederzulegen. Er blieb auf dem Bett sitzen und starrte zur Tür, die einen Spalt weit offen stand. Das Licht der Fackeln erhellte einen kleinen Teil des Zimmers, doch ansonsten saß er im Dunkeln. Es störte ihn nicht.
 

„Hast du ihn geliebt?“ Sein Vater hatte das Schlafgemach betreten und die Tür hinter sich geschlossen. Er stellte eine Kerze auf den Nachttisch und strich Treize durch die Haare.
 

„Ja.“
 

„Nein. Das hast du nicht.“, widersprach sein Vater seufzend. „Du weißt noch nicht, was dieses Wort bedeutet. Er hat dich verführt und benutzt. Du warst nur sein Spielzeug.“
 

Treize nickte nur, er konnte nichts dazu sagen. Es war die ungeschönte Wahrheit, er sah es ein, aber wenn es keine Liebe war. Dann, was dann? Und wie sah die wahre Liebe aus?

„Was geschieht jetzt mit mir?“, dies war für ihn die drängendste Frage und er sah seinen Vater an. Er weinte nicht mehr, doch seine Unterlippe zitterte leicht.
 

„Du musst Rom verlassen.“
 

Treize nickte ergeben. „Wann?“, seine Stimme brach, doch er wusste, dass es keinen Ausweg gab. Er musste sich fügen, wenn er weiterleben wollte.
 

„Noch heute Nacht. Aber zuerst gibt es noch etwas anderes, was du tun musst.“ Sein Vater zog ihn in die Höhe. „Komm mit.“
 

Hölzern bewegte Treize die Beine und folgte seinen Vater. Sie kamen an dem Zimmer vorbei, es war noch immer erhellt von Fackeln und Blut, überall Blut.

Treize blieb stehen und blickte zu der Stelle vor dem Tisch. Dort war der Mann gelegen, dem er den Krug gegen den Kopf geworfen hatte. „Habe ich ihn...?“ Er schluckte, brachte das Wort zunächst nicht über die Lippen.
 

Sein Vater legte ihm einen Hand auf die Schulter. „Treize...“, begann er.
 

„Habe ich ihn getötet?“, verlangte Treize mit Nachdruck in der Stimme zu hören. Es klang harscher als beabsichtigt und die Worte hallten unangenehm laut über den Flur.
 

„Ja“, kam die Antwort ebenso schonungslos.
 

„Er hat es verdient“, befand Treize und wusste nicht, woher er diese Worte nahm. Sie klagen so abgebrüht und kalt. So fühlte er sich doch gar nicht. Aber es machte es leichter, er ertrug es leichter, wenn er sich abschottete.
 

„Treize.“ Sein Vater blickte zur Seite, wollte noch etwas sagen. Drängte ihn dann aber weiter den Gang entlang.
 

Schließlich stiegen sie die schmalen Treppen zu den Kellergewölben hinab und durchquerten einen engen Gang, der nach feuchter Erde roch. Sie musste sich weit unterhalb des Palastes befinden.

„Ein Fluchttunnel.“, erklärte Rutilus. „Er führt zu eine der Kasernen.“
 

Treize wusste nicht wie lange sie durch diesen unheimlichen unterirdischen Korridor wanderten. Doch am Ende befand sich eine noch düstere Kammer. Dort wartete bereits ein Prätorianer auf sie und für einen kurzen Moment bekam Treize es mit der Panik zu tun. Verhafteten sie ihn jetzt etwa doch?

Aber sein Vater legte ihm die Hand auf die Schulter. „Es geht hier nicht um dich.“, murmelte er.
 

Sie folgten dem Soldaten zu einem kleinen Innenhof. Dort in der Mitte kniete Lucius.
 

Der Schreck trieb sämtliche Luft aus Treizes Lungen und er gab einen erstickten Laut von sich.
 

„Ist das wirklich nötig?“, hörte er den Kaiser leise hinter sie treten.
 

„Ja.“, das war die Stimme seines Vaters. „Geh zu ihm.“, befahl er Treize leise, doch voller Mitgefühl. „Verabschiede dich von ihm.“
 

„Nein! Nein!“ Die Ruhe, die sich wie eine schützende Decke über ihn gelegt hatte, wurde mit einem Mal von ihm gerissen. Treize verstand, was er hier sollte. Er schüttelte den Kopf und wandte sich zu seinem Vater um. „Ich kann nicht.“
 

„Du musst.“ Rutlius kam näher und nahm Treizes Gesicht in beide Hände. „Schau mich an, mein Junge.“
 

Treizes Augen zuckten immer wieder zu der einsamen, gefesselten Gestalt in der Mitte des Hofes, doch dann sah er in die blauen Augen seines Vaters. Es war als ob er in einen Spiegel blicken würde. „Verabschiede dich von ihm und dann tue deine Pflicht. Wenn du wirklich ein Offizier des Kaisers werden willst, dann musst du dies jetzt tun. Ich wünschte, ich könnte es dir ersparen, aber vielleicht begreifst du es dann.“
 

Die Worte, er verstand sie kaum. Aber er nickte und stolperte auf Lucius zu. Dessen Gesicht war kaum mehr zu erkennen. Sie hatten ihn geschlagen und gefoltert. Nun war er gefesselt. Tränen rannen lautlos über Treizes Gesicht. Er war sich der Zuschauer bewusst, zahlreiche Prätorianer säumten den Hof und ihre geflüsterten Worte waren ihm unheimlich. Er wusste, dass der Kaiser auf ihn schauen würde und sein Vater.
 

Lucius regte sich kaum mehr, doch er drehte den Kopf. Er vermochte nur noch sein linkes Auge zu öffnen und als er Treize sah, kam ein trauriges Lachen über seine Lippen. „Das bringst du nicht über dich, Kleiner.“
 

Treize sah das Kurzschwert, das neben Lucius auf dem Boden lag. Das eine Auge folgte seinen Bewegungen.
 

„Weinst du um mich?“, dieses Mal klang die Stimme verwundert und ein Hauch der alten, der Treize so bekannten, Zärtlichkeit schwang darin mit.
 

„Ja... und um mich“, gab Treize zur Antwort. Er schluckte schwer. „Du hast mich nie geliebt.“ Es war keine Frage, sondern eine bittere Feststellung. „Du hast mich nur ausgenutzt und mein Vertrauen missbraucht.“
 

Lucius erwiderte nichts darauf. Er senkte nur den Kopf. „Es hat mir Freude bereitet. Du warst ein gelehriger Schüler.“ Wieder ein Lachen. Treize wusste, dass Lucius nicht allein den Schwertkampf meinte, oder das Ringen. Sondern ganz andere, leidenschaftlichere Dinge.
 

Treize stand unschlüssig da, er hob das Schwert. Die Spitze an den Hals ansetzen, dachte er, sie muss direkt ins Herz dringen. Auch dies hatte er von Lucius gelernt. Seine Hände zitterten.
 

„Nein.“, Treizes Stimme war wieder fest als er zu sich selbst sprach. Wieder hatte sich die schützende Decke um seine Gefühle und Gedanken gelegt. Wie unter einem Vorhang beobachtete er, wie sich seine Hände bewegten, die Klinge sich schnell in den Nacken schob. Die Muskeln, Sehnen durchtrennte und schließlich mitten im Herzen zum Stillstand kam.

Er ließ den Schwertgriff los und der Mann vor ihm kippte nach vorne weg. Nein es war kein Mann mehr, nur noch eine Leiche. Ein Berg Fleisch... Ein... Er spürte Hände auf seinen Schultern, die ihn festhielten und stützten. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass auch er schwankte wie ein einzelner Grashalm im Wind.
 

Treize schloss die Augen und der Wind trug ihn davon.



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