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Tempted to touch

von

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So, zum Herrentag gibts endlich was neues, sodass nicht nur die Herren der Schöpfung sich einen schönen Tag machen können ^^

Mein Dank gilt wie immer den fleißigen Kommitippslern *lächel*

*Schälchen mit Bonbons hinstell*

Und natürlich nicht zu vergessen.. *taddaaaa*

Meiner lieben Beta-Leserin histoi

*wuschel*

Bin auch diesmal wieder echt mehr als zufrieden ^^

Nu aber viel Spaß mit dem Pitelchen!
 

***Tempted to touch XIII***
 

Nachdem Vince` Verschwinden bekannt geworden war, herrschte in der gesamten Festung ein unglaublicher Aufruhr. Niemand, und am wenigsten Davon konnte sich erklären, wie es dazu gekommen war. Selbst wenn es dem Gefangenen gelungen wäre, sich von den massiven Eisenfesseln zu befreien, mit denen er an die Wand gekettet wurde, hätte es ihm niemals möglich sein dürfen, aus den Kerkern zu entkommen.

Zumal die Zelle, als auch der Eingang zu den Kellergewölben, noch einmal separat mit Wachposten besetzt gewesen waren. Und es gab nun mal nur einen Ausgang!

Zähneknirschend und voller Wut starrte Davon auf die Eisenketten, die noch vor kurzem seinen Gefangenen festgehalten hatten. Ein paar Soldaten und zwei Wachleute standen außerhalb der Zelle, doch es herrschte Totenstille, die nur von dem stetigen Tropfen von den feuchten Wänden in regelmäßigen Abständen durchbrochen wurde. Davon hatte bis jetzt alles ganz genau inspiziert. Angefangen von den Wänden der Zelle, bis zu den Eisenfesseln, vor denen er jetzt hockte. Er hoffte einen Anhaltspunkt zu finden, wie es Vince möglich gewesen war zu entkommen. Die Ketten gaben ein dumpfes Klirren von sich, als er sie anhob, um sie genauer zu untersuchen. Schwer lagen sie in seiner Hand.
 

Der Verschlussmechanismus wirkte leicht verzogen, aber ansonsten unbeschädigt. Versuchsweise legte Davon sich die Handfessel selbst um und stellte fest, dass er sie zwar schließen konnte, aber dadurch, dass beide Seiten gleichmäßig ausgezogen worden waren, war es möglich, seine Hand mit ein bisschen Anstrengung herauszuziehen, ohne die Fessel öffnen zu müssen.

Das war schon erstaunlich, wenn man bedachte, dass man eine Menge Energie brauchte, um so massives Eisen derartig zu verformen. Außerdem warf dieser Befund seine Theorie, dass jemand anderes nachgeholfen hatte, erst mal über den Haufen. Zumindest konnte es niemand von seinen Untergebenen gewesen sein, denn die Schlösser waren alle noch ungeöffnet gewesen und die einzigen beiden Schlüssel besaßen der verantwortliche Wachmann und er selbst. Selbigen hatte er bereits vorher schon verhört und dank der Gabe, die ihm sein Drache gegeben hatte, war ihm klar gewesen, dass dieser Mann absolut ehrlich gewesen war, was sich nun noch einmal bestätigte.
 

Dennoch blieb der tatsächliche Fluchtvorgang nach wie vor ein Rätsel, zu dem er so schnell wohl keine Lösung finden würde. Mit einem finsteren Blick warf Davon die Ketten zurück auf den Boden, sodass ein schweres Rasseln ertönte. Dann erhob er sich aus seiner hockenden Position und drehte sich zu seinen Untergebenen um.

»Du kannst beruhigt sein, Larras. Deine Aussage hat sich bestätigt. Du hast nichts mit der Flucht des Gefangenen zu tun«, entlastete er den Wachmann vor allen anderen und die Anspannung der kleinen Truppe lockerte sich ein wenig, alle atmeten erst mal auf.

»Aber nichts desto trotz gab es offensichtlich jemanden, der Vince` Verschwinden unterstützt hat.«

Nun herrschte wieder angespanntes Schweigen, obwohl jeder einzelne der Männer sich darüber im Klaren war, dass Vince es niemals aus eigener Kraft geschafft hätte aus dem Kerker zu verschwinden, so geschwächt wie dieser von den täglichen Behandlungen ihres Herrn gewesen war.
 

»Untersucht den gesamten Kerker auf geheime Ein- bzw. Ausgänge«, befahl er den Soldaten und Wachleuten. Die Festung lag bereits Jahrhunderte lang in den Händen seiner Familie und vielleicht gab es entgegen dem Wissen, das ihm sein Vater übergeben hatte, doch irgendwelche unterirdischen Tunnel oder Gänge, die mit dem Kerker in Verbindung standen.

»Und wenn ihr jeden Stein einzeln abtasten und untersuchen müsst.. es muss etwas zu finden sein!« Die letzten Worte hatte er mehr zu sich selbst gesagt, als zu den Männern. Hart ballte Davon die Hände zu Fäusten und sein Blick wirkte im flackernden Schein der Fackeln so finster, dass die anderen Dämonen ehrfürchtig zurücktraten und ihrem Herrn unverzüglich den Weg frei machten, als dieser sich gen Ausgang aufmachte.
 

In der großen Halle, als auch auf dem Plateau, sowie auf den Festungsmauern und Wachgängen bewegten sich unzählige Soldaten. Überall wurde nach Vince gesucht. Fest presste Davon die Lippen aufeinander, während seine zu schmalen Schlitzen verengten Augen die Umgebung durchmusterten.

So sehr sie auch suchten… tief in seinem Inneren ahnte Davon bereits, dass es aussichtslos war Vince zu finden. Dieser Mistkerl – wie auch immer er es geschafft hatte sich zu befreien – wäre nicht so dumm länger als nötig in der Festung zu bleiben. Suchtrupps waren ebenfalls aufgebrochen und kämmten die nähere Umgebung nach diesem Verbrecher ab, aber im Endeffekt war es sinnlos, weil niemand sagen konnte, wann Vince ungefähr verschwunden war. Genauso gut konnte es sein, dass dieser Hurensohn schon eine ganze Weile weg war und auch wenn es sich nur um ein paar Stunden handelte… bei so einer Flucht waren Augenblicke essentiell!!
 

Bis in die Morgenstunden wurde die Suche fortgesetzt, die sich zunehmend auf die Drachenreiter konzentrierte, weil sie so größere Distanzen abdecken konnten. In der Festung selbst war kein Erfolg erzielt worden, was Davon von Anfang an als unwahrscheinlich eingestuft hatte.

Zuerst kamen die Reiter zurück und ein paar Stunden später die Drachenreiter. Leider ohne Erfolg. Letztendlich brach Davon die Suche ab. Es war zu spät. Dessen war er sich schon vorher bewusst gewesen, aber er hatte es nicht wahr haben wollen. Sein Zorn war inzwischen verraucht und er fühlte sich nur noch niedergeschlagen, während er einen bitteren Nachgeschmack auf der Zunge spürte. Und nicht nur das! Die durch die Anspannung verdrängten Kopfschmerzen wurden ihm nun richtig bewusst, genau wie die bleierne Müdigkeit, die ihm in den Augen brannte, als hätte man ihm Säure hinein gekippt. Zusätzlich ergriff ihn ein unbestimmtes Unwohlsein, das er momentan noch nicht richtig einordnen konnte.
 

Nachdem er hinter vorgehaltener Hand gegähnt hatte, rieb er sich die brennenden Augen, gab einigen Soldaten noch Anweisungen, da noch längst nicht alle Drachenreiter zurückgekehrt waren und zog sich schließlich in sein Schlafgemach zurück. Er war so müde, dass er gar nicht mehr an Yume dachte und ganz automatisch in das falsche Zimmer ging und nicht in jenes, welches er seit letzter Woche allein bewohnte. Erst als er den silberhaarigen zierlichen Jungen zusammengerollt zwischen den Decken erblickte, wurde es ihm bewusst. Allerdings brachte Davon in diesem Moment nicht mehr den Willen auf, noch einmal das Zimmer zu wechseln. Es musste einfach reichen, wenn er sich ganz an den Rand legte. Gähnend und ohne noch einen Gedanken ans Waschen zu verschwenden, sank er auf das Bett und kaum, dass sein Kopf das Kissen berührte, war er auch schon eingeschlafen.
 

***
 

Die ganze Nacht hindurch wälzte Yume sich unruhig hin und her. Immer wieder tauchten Erinnerungsfetzen von der abendlichen Szene mit Davon in seinen Träumen auf, sodass der Kleine in den frühen Morgenstunden schließlich verschwitzt und mit einem ganz schlechten Gewissen erwachte.

Gähnend richtete sich der Junge in den Decken auf und strich sich träge, die langen silbrigen Strähnen aus dem Gesicht, bevor er sich ein wenig desorientiert umsah.

Sein kleiner Drache hatte es sich am Kopfende auf einem der dicken Kissen bequem gemacht. Zusammengerollt, machte er keine Anstalten seinem »Herrchen« zu folgen und sich aufzurichten, sondern sah nur aus grün-goldenen Augen zu ihm auf. Yume seufzte, akzeptierte das aber. Immerhin war es noch ziemlich früh und in den letzten Tagen hatte er herausgefunden, dass der kleine Drache ein ziemlicher Langschläfer war.
 

Bis Lano kam, würde es also noch dauern, aber das war Yume ganz recht, auch wenn er den anderen sehr mochte. Er wollte gerade aus dem Bett krabbeln, um ins Badezimmer zu gehen, als er plötzlich den Mann bemerkte, der am äußersten Rand des Bettes lag. Sofort zuckte Yume alarmiert zurück, wurde aber wieder ein bisschen lockerer, als er sah, dass es sich bei dem anderen um Davon handelte. Eigentlich kam ja auch nur er in Frage, schließlich durfte niemand anderes außer Lano diesen Raum betreten, schalt sich der Kleine.

Unsicher fasste Yume sich an die Brust und obwohl er auf Abstand gehen wollte, zog ihn doch irgendetwas zu Davon hin. Nervös leckte er sich über die Lippen, während er langsam näher krabbelte. Er war ganz vorsichtig, um den anderen auch ja nicht zu wecken. Als er nah genug war, musterte er Davons Gesicht.

Dessen Wangen wirkten ein wenig eingefallen und selbst im Schlaf schien der Dunkelhaarige angespannt zu sein. Yume schluckte und begann unsicher auf seiner Unterlippe herum zu kauen.

Warum nur war Davon heute Nacht hierher gekommen? Sonst hatte er sich doch auch immer von ihm fern gehalten? Und was sollte er denn jetzt tun? Den anderen wieder ignorieren?

All diese Fragen schwirrten dem Kleinen durch den Kopf, aber er wusste darauf keine Antwort.
 

Aber je länger er Davon betrachtete, desto schlechter fühlte er sich wegen der Sache gestern Abend. Erschrocken zuckte er zusammen, als ihn aus dem Nichts etwas am Unterarm anstupste. Sein Herz setzte einen Schlag aus, bevor es mit doppelter Geschwindigkeit weiter schlug und Yume drehte sich ruchartig um, beruhigte sich aber sofort wieder, als er nur den kleinen Drachen sah, der nun mit seinem Köpfchen gegen sein Knie drückte und ihn anscheinend auffordern wollte sich Davon noch weiter zu nähern. Doch Yume ließ sich nicht drängen. Er vertraute dem Mann immer noch nicht und verspürte nach wie vor Angst. Allerdings erinnerte er sich an das wundervolle Geschenk, das ihm Davon gemacht hatte. Im Schlaf hatte er sich schon sehr damit auseinander gesetzt und im Nachhinein tat ihm seine Reaktion immer mehr leid. In dem Moment, wo er die Perlen über das Geländer gekippt hatte, hatte er so viel Schmerz und Enttäuschung in den dunklen Augen des Mannes gesehen, dass es ihm schon selbst weh getan hatte. Aber durch dieses komische Gefühl war es ihm irgendwie nicht möglich gewesen anders zu reagieren.
 

Dass Davon kurz darauf auf ihn losgegangen war, fand Yume jetzt sogar verständlich, auch wenn er in diesem Augenblick fast gestorben wäre vor Angst. Und das Gefühl danach… das war ebenfalls furchtbar gewesen, obwohl Lano noch da gewesen war und versucht hatte ihn zu trösten, weil er gar nicht mehr aufhören konnte zu weinen. Letztendlich hatte der andere Junge ihn ins Bett gebracht und Yume hatte sich schluchzend in den Decken vergraben. Er wusste gar nicht, wie lange er noch Tränen vergossen hatte, bis er endlich eingeschlafen war. Aber der Schlaf war dann ja auch nicht von langer Dauer gewesen.

Yume seufzte und strich sich erneut die langen Haare zurück. Sein Magen knurrte empört und der Kleine erinnerte sich daran, dass er von dem Essen, was Lano noch geholte hatte, nichts angerührt hatte. Umso mehr Hunger verspürte er jetzt. Zweifelnd und immer noch mehr als unsicher, warf er einen Blick auf den schlafenden Dämon und fasste einen Entschluss. Verzeihen… das konnte er noch nicht, aber er wollte versuchen seine Angst vor Davon zu bekämpfen und sich dem anderen wieder vorsichtig nähern.

Innerlich wusste Yume, dass ihm der andere trotz allem, was vorgefallen war noch sehr viel bedeutete. Zwar fürchtete er sich davor wieder enttäuscht zu werden – weswegen er die zarten Gefühle auch immer wieder hartnäckig zurückgedrängt hatte – aber er dachte an Lanos Worte. Es konnte nicht ewig so weiter gehen und obwohl er vor ein paar Tagen noch ganz anders gedacht hatte, war er nun bereit wieder einen kleinen Schritt auf Davon zuzumachen, da dieser anscheinend auch sehr unter der Situation litt. Und das sah er dem anderen selbst im Schlaf an.
 

Ein Fiepen erklang hinter ihm und Yume wand sich dem kleinen Drache zu, der mit schief gelegten Kopf und großen Augen zu ihm aufschaute, als würde er wissen wollen, was sein »Herrchen« gerade gedacht hatte. Ein unmerkliches Lächeln erhellte Yumes Züge, während er geheimnisvoll den Kopf schüttelte und vorsichtig, aus Rücksicht auf Davon, aus dem Bett krabbelte. Denn der Mann sah sehr müde und geschafft aus. Das bezog Yume irgendwie auf sich, weil er auf Grund seiner eigenen Probleme nichts von dem nächtlichen Vorfall mitbekommen hatte.
 

Fertig angezogen verließ Yume auf Samtschuhen das große Zimmer und besuchte seit langem wieder einmal die Küche. Bisher hatte sich Lano immer um die Mahlzeiten gekümmert, aber der andere Junge hatte ja jetzt einen Partner von höherer Stellung. Bestimmt war er gar kein richtiger Sklave mehr, überlegte Yume. Inzwischen ging es ihm selber ja auch wieder gut genug, dass er sich um diese Sachen selbst kümmern konnte.

Die Treppe hatte er hinter sich gelassen und stand nun etwas unsicher vor der Schwenktür zur Küche. Yume zögerte ein wenig bevor er sie mit einer Hand langsam aufdrückte und erst einmal nur in den Raum spähte, in dem bereits geschäftiges Treiben herrschte. Dann trat er zurückhaltend ein und ihm wurde sofort die gespannte Atmosphäre bewusst. Irgendetwas schien nicht zu stimmen, das spürte der Kleine sofort. Aber seinen Zettel und Stift hatte er nicht dabei, um zu fragen.
 

»Oh, du meine Güte, Yume!«

Aneésa war die erste die ihn bemerkte und schlug sich nach ihrem überraschten Ausruf eine Hand vor den Mund. »Was suchst du denn in der Küche?«, erkundigte sie sich erstaunt, nachdem sie ganz dicht zu ihm heran getreten war. Yume seufzte nur, schlug die Lider nieder und leckte sich unsicher über seine plötzlich trockenen Lippen. Er war ganz nervös, obwohl er das Dienstmädchen kannte. Aber der fragende Blick wühlte sich ziemlich auf. Innerlich rief der Kleine sich dann zur Raison. Er war den Umgang mit den anderen zwar nicht mehr gewohnt, aber sie waren bisher immer nett zu ihm gewesen. Deswegen blickte er wieder auf und ging zu dem Tisch, der der Vorbereitung diente. Nacheinander deutete er zaghaft auf die warmen, noch dampfenden Brötchen, die offensichtlich gerade aus dem Ofen gekommen waren, auf Wurst, Käse und die Schüssel mit der Süßspeise. Danach zeigte er Aneésa zwei Finger und hoffte sie verstand, was er meinte.
 

»Frühstück für zwei Personen?«, hakte sie die Augenbrauen zusammenziehend nach und Yume nickte bestätigend und mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen. »Jetzt lässt sich der kleine Lano wohl auch mal bedienen, was?«, zwinkerte sie, bevor sie sich geschäftig umwandte und alle Dinge auf ein Tablett sortierte, die Yume ihn gezeigt hatte. Als sie sich wieder umdrehte schüttelte Yume den Kopf, als Antwort auf ihre Frage, senkte aber gleich darauf den Blick als er Aneésas prüfende und ungläubig geweitete Augen auf sich spürte. Leicht nervös schlang er die Finger ineinander und hoffte sie würde nicht weiter nachhaken. Und das tat Aneésa auch nicht. Sie war mehr als erstaunt, aber auch schlau genug ihren Mund zu halten.

Nach etwas längerem Schweigen, indem nur das Klappern und Klirren der Küchengeräte durch den Raum hallte, reichte die junge Dämonin Yume das Tablett, der ihr noch einen kurzen dankbaren Blick schenkte und dann auch schon mit dem Frühstück zurück auf’s Zimmer ging.

Als er es betrat, schaute der Kleine gleich zum Bett und war beruhigt, dass Davon nicht schon wieder weg war.
 


 

Ein angenehmer Duft lockte ihn aus seinem traumlosen Schlaf und Davon streckte sich mit einem leisen Stöhnen, vergrub das Gesicht im Kissen und verspürte überhaupt noch keine Lust aufzustehen. Er fühlte sich einfach nur matt und ausgelaugt. Bestimmt hatte er nur eine Stunde oder weniger geschlafen.

Murrend drehte er sich in den Decken ohne die Augen zu öffnen, sodass ihm erneut der frische Duft warmer Brötchen in die Nase stieg. Sofort knurrte sein Magen freudig auf, denn seit gestern Mittag hatte er nichts mehr zu sich genommen. Davon stöhnte erneut unwillig, bevor sein Hungergefühl siegte und er sich langsam aufrichtete.

Bestimmt hatte Lano das Frühstück für Yume gebracht. Es konnte ja nur so sein, also beschloss Davon gleich sich selbst etwas aus der Küche zu holen. Schließlich wollte er die beiden Jungen nicht beim Essen stören. Nach dem gestrigen Abend wollte Yume bestimmt überhaupt nichts mehr mit ihm zu tun haben. Diese Tatsache machte ihm sehr zu schaffen, obwohl er noch nicht einmal richtig wach war.

Müde rieb er sich die Augen und stand auf. Angezogen war er noch, weil er gestern einfach nicht mehr die Muße besessen hatte sich auszuziehen. Er strich seine Hose ein wenig glatt, bevor er kurz das Bett musterte. Yume lag nicht mehr darin, weswegen er seinen Blick schweifen ließ.
 

Er entdeckte Yume fast sofort, denn der Kleine stand mit gesenktem Kopf ein paar Schritte vor dem Balkon. Unsicherheit sprach aus seiner Körperhaltung und Davon kniff die Augen zusammen.

»Keine Angst… ich bin gleich weg…«, versuchte er Yume zu beruhigen, dem es beim Aufwachen wahrscheinlich reichlich seltsam vorgekommen war ihn im gleichen Bett zu entdecken.

Davon packte noch seine Sachen vom Nachttisch, drehte sich um und war schon fast an der Tür, als er plötzlich ein leichtes Ziehen an seiner Kleidung spürte. Überrascht blieb er stehen und schluckte, war auf einmal ganz aufgeregt. Sein Herz schlug sofort ein paar Takte schneller und schließlich drehte er sich langsam um. Es war tatsächlich Yume, der hinter ihm stand und ihn offensichtlich zurückgehalten hatte. Aber warum? Sonst war der Kleine doch immer froh gewesen, wenn er sich so weit wie möglich von ihm ferngehalten hatte. Und nachdem er den Silberschopf gestern Abend so angegangen war, hatte er gedacht nun endgültig alles zerstört zu haben, so aufgelöst, wie Yume gewesen war.
 

Eine ganze Weile herrschte angespannte Stille zwischen ihnen. Yume sah ihn immer noch nicht an, sondern blickte zur Seite, aber Davon glaubte doch so etwas wie Verlegenheit in der Haltung des Jungen zu erkennen. Er seufzte hörbar, bevor er das Schweigen schließlich mit sanfter Stimme durchbrach und die Frage stellte, die ihm schon auf der Zunge brannte.

»Yume? Warum hälst du mich zurück? ?«

Es war direkt und ohne viel drum rum, aber Davon wollte es wissen. Einerseits freute er sich über die Initiative des Kleinen, auf der anderen Seite konnte er sich das nicht erklären, warum Yume gerade nach dem gestrigen Abend wieder auf ihn zukam. Mit angehaltenem Atem und furchtbar angespannt wartete er einen Moment ab. Ganz langsam hob der Kleine den Kopf und sah ihn scheu an, während er dabei auf seiner Unterlippe herum kaute, was wohl von der Nervosität des Silberschopfs herrührte.

Langsam stieß Davon die angehaltene Luft wieder aus und legte den Kopf schief.
 

Zögerlich hob Yume eine Hand und deutete auf den Balkon. Davon zog die Augenbrauen zusammen.

»Ich soll mit dir dort hinkommen?«, fragte er und der Kleine bestätigte es mit einem schnellen Nicken.

Davon war noch verwunderter und immer noch sehr angespannt, doch als Yume sich umdrehte und vorging lief er ihm langsam nach. Erst kurz vor dem Balkon bemerkte er den liebevoll gedeckten Tisch und blieb prompt stehen. Sollte das etwa…?

Mit großen unsicheren Augen sah der Kleine ihn an und Davon war einfach nur sprachlos.

»Ist das… hast du das für mich gemacht?«

Wieder traf ihn ein scheuer Blick, bevor der Kleine erneut bestätigend nickte.

Davon traute seinen Augen kaum. Sollte Yume wirklich für sie beide Frühstück gemacht haben?

Er stand da wie bestellt und nicht abgeholt und konnte sich erst einmal nicht rühren, weil er mit so etwas nie im Leben gerechnet hatte.
 

Schließlich setzte sich Yume und Davon tat es ihm nach einer Weile zögerlich gleich, war noch immer mitgenommen von dem, was gerade geschah und was er sich nicht erklären konnte. Entgegen seiner Erwartungen, dass der Kleine gleich mit dem Essen beginnen würde, nahm Yume einen bereitgelegten Zettel und Stift und schrieb etwas auf.

Aufmerksam beobachtete Davon den Kleinen und hatte seinen Hunger und seine Müdigkeit vollkommen vergessen. Er konnte es immer noch nicht fassen, dass der Junge auf ihn zugekommen war. Vielleicht ging ja sein Wunsch einer zweiten Chance gerade doch in Erfüllung? Oder er träumte noch. Aber wenn er träumte, wollte er erst einmal ganz lange nicht aufwachen!

Mit einem scheuen Blick schob Yume den Zettel bis zur Hälfte des Tisches und sowie Davon die Hand danach ausstreckte, zog er seine schnell zurück. In Davons Augen sagte diese kleine Geste sehr viel über ihre bisherige Situation aus. Yume war also bereit sich ihm zu nähern, wollte sich aber noch nicht von ihm berühren lassen. „Verständlich“, dachte der Dunkelhaarige und vielmehr als es zu akzeptieren und sich in Geduld zu üben blieb ihm nicht übrig. Doch Davon war bereit zu warten, egal wie lange es dauerte.

Yumes Annäherung hatte ihm schon eine Menge Zuversicht gegeben.
 

Davon nahm den Zettel an sich, drehte ihn zwischen den Fingern und las die wenigen Worte, mit denen der Kleine sich bei ihm entschuldigte. Er sah auf und begegnete Yumes unsicheren, abwartenden Blick. In den goldenen Augen erkannte er sofort ein nervöses Flackern, als ob er fürchtete er würde ihm nicht verzeihen.

Davons Blick wurde sanft und er schüttelte den Kopf.

»Es gibt nichts zu verzeihen… Ich habe dich mit dem Geschenk offensichtlich verletzt. Das tut mir leid. Wenn dann, bin ich derjenige, der sich entschuldigen muss…«, erklärte er und schob den Zettel zurück, während er Yume dabei weiterhin ansah. Nun schaute der Kleine ungläubig und schüttelte den Kopf. Die zartrosa Lippen bewegten sich, als wollte Yume protestieren, doch kein Laut kam heraus und der Kleine sank niedergeschlagen auf seinen Stuhl zurück.

Davon seufzte.

»Also gut… wenn es dir so wichtig ist, dann… gebe ich dir die Schuld und nehme deine Entschuldigung an, okay?«, fragte er auf den Kleinen eingehend, weil er spürte, wie sehr es ihn belastete.
 

Als Yume diesmal zu ihm aufschaute, schien er immer noch unsicher zu sein, doch er nickte und Davon glaubte sogar ein kleines Lächeln auf den zarten Lippen erkennen zu können.

»Wollen wir dann mit dem Essen beginnen?«, fragte er, um die doch ein wenig angespannte Atmosphäre zu lockern. Nach einem flüchtigen Blick zu ihm nickte der Kleine zustimmend. Davon griff nach dem Brötchenkörbchen und hielt es Yume hin, woraufhin dieser ihn überrumpelt anblickte, weil er damit anscheinend nicht gerechnet hatte. Unbewusst leckte die kleine rosa Zunge über die halb geöffneten Lippen, bevor der Kleine nach einem Brötchen griff.

Davon schluckte und musste für ein paar Sekunden den Blick abwenden, da diese Geste in ihm eine stark unterdrückte Sehnsucht auslöste und es dauerte etwas, bis er sie wieder unter Kontrolle hatte.

Das restliche Frühstück über herrschte Schweigen, aber es war kein unangenehmes. Davon spürte immer wieder scheue Blicke auf sich und wertete das als gutes Zeichen. Er hoffte so sehr, dass der Kleine noch etwas für ihn empfand, wollte ihn aber auch nicht bedrängen.
 

Als Yume fertig war mit seinem Brötchen, schaute er wieder so unauffällig wie möglich zu Davon, der gerade hungrig in seine Brötchenhälfte biss. Beim Kauen konnte er deutlich das Spiel der kräftigen Muskeln beobachten und der Kleine seufzte innerlich. Yume merkte gar nicht, wie er starrte, wurde sich dessen erst bewusst, als Davon zu ihm rüber sah und schaute peinlich berührt zur Seite. Er schämte sich so, dass der andere seine Blicke mitbekommen hatte. Aber dafür konnte er gar nichts! Davon zog ihn irgendwie an, je näher er ihm kam. Das war auch der Grund, warum er sich vorher so lange von dem anderen fern gehalten hatte. Verlegen strich er sich die Haare zurück, knetete seine Finger im Schoß und wusste nicht, was er tun sollte. Seine Unsicherheit verstärkte sich wieder.
 

Als hätte eine höhere Macht das bemerkt, öffnete sich plötzlich die Zimmertür und Lano trat ein. Sofort wanderten Davons und Yumes Blick zu dem kleinen Dämon.

»Yume… warum hast du denn Frühstück geholt? Ich hätte doch…«

Mitten im Satz brach Lano ab, als er seinen Herrn und Yume an einem Tisch sitzend erkannte. Perplex starrte er zu den beiden rüber und traute seinen Augen kaum. Sein Erstaunen stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben und er brauchte einige Momente um zu verarbeiten, was sich ihm da für ein Anblick bot.

Nie im Leben hatte er mit so einem Bild gerechnet… Zumindest nicht in nächster Zeit, wo doch gestern alles noch ganz anders gewesen war. Ein paar Mal klappte Lanos Mund auf und schloss sich wieder, bevor er seine Stimme wiederfand.

»Also… ich glaub… ich geh dann wieder…«, meinte er abgehakt, weil er das alles immer noch nicht fassen konnte und ging langsam ein paar Schritte zurück.
 

Davon sah kurz zu Yume, bevor er sich mit einem freundlichen Lächeln erhob.

»Nein, bleib ruhig. Ich war sowieso gerade fertig und muss jetzt arbeiten. Macht euch einen schönen Tag«, wünschte er den beiden und ging zur Tür. Als er an Lano vorbei ging, teilte er ihm leise, sodass Yume es nicht verstehen konnte, mit, dass sie möglichst im Zimmer bleiben sollten, oder falls sie in den Garten gingen, die Wachen mitnehmen sollten. Lano nickte, war aber immer noch ziemlich verwirrt.

Dann verließ Davon den Raum. Eigentlich wäre er gerne noch länger bei Yume geblieben, aber er wollte den Kleinen nicht noch mehr verunsichern. Der silberhaarige Junge war schon nervös genug gewesen, nur weil Davon ihn beim Starren erwischt hatte. Ein unmerkliches Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er daran dachte. Der Kleine war einfach nur niedlich und er wollte ihn am liebsten in seine Arme schließen. Allerdings würde es bis dahin sicherlich noch eine ganze Weile dauern. Davon seufzte. Aber wenigstens hatte er nun ein bisschen Hoffnung darauf und die Situation erschien ihm nicht mehr ganz so aussichtslos, wie noch am gestrigen Abend.

Den Wachen vor der Tür hatte er ebenfalls Anweisung gegeben auf die beiden Jungen aufzupassen, bevor er sich auf den Weg zu den Ställen machte, um eventuelle Neuigkeiten in Erfahrung zu bringen.
 

Lano hingegen stand noch eine ganze Weile mitten im Raum und starrte vor sich hin, bevor er endlich zu Yume an den Tisch ging und sich auf den Platz von Davon niederließ.

Fragend schaute er zu dem anderen rüber und hoffte in irgendeiner Weise auf eine Erklärung. Yume erschien ihm völlig unsicher und nervös und schaute ihn noch nicht mal richtig an. Hatte Davon ihn etwa gezwungen Frühstück zu holen und sich mit ihm zu unterhalten? Innerlich schüttelte Lano den Kopf, denn Aneésa hatte nichts dergleichen verlauten lassen, dass Yume sich beim Frühstück holen gefürchtet oder einen ängstlichen Ausdruck gehabt hätte.

»Yume? Was ist denn hier los? Warum war Davon hier? Er schläft doch sonst woanders?«, brachte der dunkelhaarige Dämonenjunge seine Fragen endlich über die Lippen, erntete dafür jedoch nur einen flüchtigen Blick, bevor Yume auf seine im Schoß gefalteten Hände starrte.

Lano seufzte. Er war ja sehr geduldig, aber manchmal regte Yume ihn einfach auf mit seiner zurückhaltenden Art und Weise. Doch er ließ es sich nicht anmerken, stand nur auf, ging um den Tisch herum und drückte dem anderen auffordernd den Zettel und Stift in die Hand.
 

»Bitte… ich möchte wissen, was passiert ist!«, sagte er in einem genauso fordernden Ton, weil er glaubte, sonst nichts aus Yume heraus zu bekommen. Mit großen Augen sah der Silberhaarige zu ihm auf, bevor er nach dem Schreibzeug griff und in schön geschwungenen Lettern der befehlsähnlichen Aufforderung nachkam. Zufrieden sah Lano zu und konnte sich am Ende ein Bild von der ganzen Sache machen.

Er freute sich richtig, dass Yume den ersten Schritt gemacht hatte und konnte sich nicht verkneifen den Kleinen einmal enthusiastisch zu umarmen.

»Hey.. das hast du toll gemacht!«, freute er sich laut und all die Bedenken, mit denen Lano sich die letzte Nacht gequält hatte, lösten sich auf einmal in Luft auf… nun ja… zumindest die meisten.
 

Gemeinsam räumten sie den Tisch ab und Lano brachte das Tablett hinunter in die Küche. Danach blieben sie fast den gesamten Vormittag im Zimmer, weil Lano möglichst Davons Sicherheitsvorstellungen nachkommen wollte.

Im Gegensatz zu Yume hatte er von Vince` Verschwinden mitbekommen, weil Heron als Truppenführer die ganze Nacht weg gewesen war und ihm heute morgen darüber in Kenntnis gesetzt hatte, als er kurz ins Zimmer gekommen war, um ihn wenigstens liebevoll zu wecken.

Über die Tatsache war der junge Dämon immer noch schockiert. Da Vince es vor einiger Zeit auf Yume abgesehen hatte, hatte er sich geschworen noch viel besser auf den anderen Jungen aufzupassen. Allerdings hatte Heron ihm geraten Yume erst einmal nichts von der Sache zu erzählen. Das war Davons Aufgabe und jetzt beim Frühstück mit dem Kleinen hätte er wohl die Chance gehabt. Obwohl Lano glaubte, dass dessen Augenmerk da noch auf etwas ganz anderem gelegen hatte.
 

Am Nachmittag wurde es für Lano immer schwieriger Yume mit irgendwelchen Ausreden im Zimmer zu halten und schließlich gab er auf, weil Yume sich einfach erhob und zur Tür schritt, ohne sich von ihm davon abhalten zu lassen. Verübeln konnte er es dem anderen nicht, weil er wusste, wie dieser es liebte im Halbschatten an einen Baum gelehnt zu sitzen und die Blumen und den Himmel zu beobachten, während eine warme Sommerbriese die Blätter rascheln ließ und einem sanft über die Haut und durch die Haare glitt.

Schnell schnappte er sich noch eine Decke, bevor er Yume hinterher lief. Die Wachen, die bereits die Tür bewacht hatten, folgten ihnen unauffällig bis in den Garten und postierten sich in einiger Entfernung, wie Lano mit einem erleichterten Blick über die Schulter feststellte. Yume bekam davon anscheinend nichts mit, aber das war auch gut so.
 

***
 

Ein paar Tage später saß Davon recht gut gelaunt an seinem Schreibtisch und ging am späten Nachmittag noch die Post durch. Seit Yume an dem einen Morgen auf ihn zugekommen war, schlief er nicht mehr in einem extra Zimmer und der Silberschopf hatte das mehr als gut aufgenommen. Sie frühstückten nun jeden Morgen gemeinsam, auch wenn dabei größtenteils Schweigen zwischen ihnen herrschte. Aber Davon empfand es als Wohltat wenigstens etwas Zeit mit dem Jungen verbringen zu können, bevor Lano kam und die beiden in den Garten gingen.

Anfassen ließ Yume sich immer noch nicht, was Davon verständlich fand. Von heute auf morgen würde sich das sicher nicht ändern, egal wie sehr er sich das wünschte. Aber ein Fortschritt, über den er sich bisher am meisten gefreut hatte, war das scheue Lächeln, das ihm Yume gestern Morgen geschenkt hatte.

Versonnen lächelte er vor sich hin, bevor seine Gedanken sich wieder auf die aktuellen Ereignisse richteten.

Über die Angelegenheit mit Vince hatte er auch noch nicht mit Yume gesprochen. Allerdings musste er das wohl heute Abend nachholen, überlegte der Dämon, während er einen schweren Brief zwischen den Fingern drehte und seufzte, als er den Absender betrachtete.
 

Er konnte sich schon denken, was darin geschrieben stand und eigentlich kam ihm das gerade recht. Allerdings wusste er nicht, wie Yume auf diese Nachricht reagieren würde. Vielleicht gut, vielleicht schlecht… Davon konnte die Reaktionen des Kleinen manchmal einfach nicht einschätzen.

Erstere wäre ihm natürlich lieber. Dann müsste er Yume nicht dazu zwingen mit ihm mitzureisen. Fakt war aber, dass, selbst wenn der Junge nicht wollte, er mitkommen musste, weil Davon ihn ganz sicher nicht allein in seiner Festung lassen würde. Das wäre ihm viel zu unsicher, vor allem, weil er nicht sicher sein konnte, dass Vince` diese Chance nicht ausnutzen würde. Immerhin konnte dieser Mistkerl sich überall herumtreiben und da er es bereits einmal auf Yume abgesehen hatte – die Gründe waren Davon immer noch ein Rätsel – wollte er kein unnötiges Risiko eingehen, indem er den Jungen hier ließ.

Außerdem… ein bisschen Abwechslung würde dem Kleinen bestimmt gut tun.
 

Nachdem er ungefähr eine Stunde über dem ganzen Papierkram gebrütet hatte, öffnete sich die Tür und die beiden Jungs kamen herein. Yume war erster und stolperte lachend vorwärts, weil Lano anscheinend gerade dabei war ihn abzukitzeln. Ein bisschen atemlos kamen beide fast mitten im Raum zu stehen, bevor sie bemerkten, dass Davon hinter seinem Schreibtisch saß und sie beobachtete.

Lano grinste übers ganze Gesicht, grüßte seinen Herrn jedoch freundlich, während Yume ein wenig beschämt zu Boden schaute, Davon aber nach kurzem Zögern ebenfalls zum Gruß zunickte.

»Hey… nun mach nicht so ein Gesicht«, stieß Lano den Silberschopf an der Schulter an und versuchte die Situation locker zu halten. Bisher war Davon immer erst später gekommen, deswegen drohte nun eine angespannte Stimmung aufzukommen, was der kleine Dämon unbedingt verhindern wollte. Schließlich lief es gerade so gut zwischen Davon und Yume… naja… im Vergleich zu vorher jedenfalls.

Aber auch Lano war klar, dass man nicht erwarten konnte, dass die beiden sich in die Arme fielen, als wäre nichts gewesen.

»Also.. ich würde dann gehen, wenn Euch das recht ist?«, fragte Lano schließlich, weil er sich irgendwie blöd vorkam tatenlos mitten im Raum zu stehen. Sein Herr wirkte zwar unmerklich angespannt, aber das war für Lano eigentlich schon zum Normalzustand geworden seit es mit der Beziehung zu Yume wieder einigermaßen Bergauf ging.
 

Eine Weile beobachtete Davon die beiden Jungs einfach nur. Lano war unter Herons Zuwendung total aufgeblüht. Der Kleine strahlte einfach Lebensfreude aus und man konnte ihm sein Glück deutlich ansehen. Und Yume tat das Zusammensein mit dem jungen Dämon zudem auch sehr gut. Lano schaffte es immer wieder den Silberschopf mit seinem Lachen anzustecken. Das Herumspaßen eben war der beste Beweis gewesen und Davon freute sich sehr darüber, auch wenn Yume in seiner Gegenwart nur selten lächelte. Er wünschte sich, dass es mehr wurde, übte sich jedoch in Geduld. Irgendwann kam das sicherlich, da war er auf Grund der Veränderungen der letzten Tage positiv gestimmt. Als er Lanos Frage hörte, schüttelte er kurz den Kopf.

»Nein, bleib bitte noch. Ich möchte noch etwas mit euch beiden besprechen.«

Nun sah ihn nicht nur der kleine Dämon an, sondern Yume hatte ebenfalls den Kopf gehoben.

»Kommt doch her und setzt euch.« Mit einer freundlichen Geste deutete Davon auf die beiden Stühle vor dem Schreibtisch und die beiden Jungs kamen zum Tisch und setzten sich.

»Ist etwas passiert?«, fragte Lano, während er ein wenig nervös den Hosenstoff auf seinen Oberschenkeln glatt strich. Yume konnte zwar nichts sagen, aber der fragende Blick sagte so ziemlich alles.
 

»Nein, es ist nichts passiert«, beruhigte Davon die Beiden.

»Es geht um eine Einladung zur Konferenz des Großfürsten…«, gab er dann langsam preis, doch weder Lano noch Yume schienen damit etwas anfangen zu können. Also fuhr Davon fort.

»Ich habe soeben einen Brief erhalten.« Er hielt ihn hoch, bevor er ihn nach einer Weile des Schweigens öffnete. Das reißende Geräusch, das der Brieföffner hinterließ war das einzige, was den Raum erfüllte und es wirkte durch die Stille irgendwie unheimlich. Die Spannung im Zimmer stieg und war beinahe greifbar, als Davon die edel aussehende Einladung endlich aus dem Umschlag zog. Kurz überflog er den Text.

»In zwei Wochen findet die Konferenz statt und zwar im Mittelreich.« Davon legte den Brief beiseite und seufzte. »Leider dauert das mehrere Tage, wenn nicht sogar eine ganze Woche und das ist auch der Grund, warum ich euch fragen möchte, ob ihr mich begleitet.« Erneut herrschte Schweigen.
 

Lano räusperte sich und sah unsicher zur Tür. Es war ihm irgendwie unangenehm so eine – ja, für ihn war es eine- Einladung zu bekommen. Da kamen unendlich viele Bedenken in ihm hoch, denn auf solchen Veranstaltungen bewegten sich nur ranghohe Dämonen, soweit er das wusste.

Allerdings war er über die Ereignisse der letzten Tage durchaus im Bilde und konnte sich denken, dass Davon mit dieser Frage sehr viel mehr bezweckte. Nicht umsonst hatte er diesen seltsamen Unterton vernommen, als es um die Dauer der Konferenz ging.

»Also… ich weiß nicht. Ich war noch nie auf einer Konferenz«, gab er zu bedenken, obwohl sein Entschluss schon feststand. Lano wusste, dass Davon Yume auf jeden Fall mitnehmen würde und es nur zuerst auf dem diplomatischen Weg versuchte. Flüchtig warf er einen Blick auf den silberhaarigen Jungen, leckte sich kurz über die Lippen und meinte: »Aber ich habe nichts dagegen mitzukommen. Heron wird uns doch auch begleiten?« Das konnte er sich nicht verkneifen zu fragen. Immerhin war der andere sein Partner und obwohl sie immer noch nicht intim geworden waren, wollte er die Nähe des größeren Dämons nicht für so lange Zeit missen. Und die Reise zum Mittelreich würde auch ein paar Tage dauern.
 

Davon lächelte, als er die hoffnungsvolle Frage hörte.

»Natürlich wird er uns begleiten. Als Truppenführer hat er zwar noch andere Pflichten, aber unsere Eskorte wird aus vielen Soldaten bestehen, über die ich ihm den Befehl zu geben gedenke«, verriet er dem kleinen Dämon, der daraufhin entspannt in seinem Stuhl zurück sank und beruhigt lächelte. Dann fiel sein Blick auf Yume, der bisher noch keine Reaktion gezeigt hatte. Aus diesem Grund war Davon auch noch reichlich angespannt. Er hoffte so sehr, dass der Junge nichts gegen diese Reise hatte, denn zwingen würde er ihn nur äußerst ungern.

»Und, Yume? Kannst du dich mit dem Gedanken anfreunden diese Reise mit uns zu machen?«

Vorsichtshalber hatte Davon ihm Papier und Stift herüber geschoben und wartete zwar äußerlich geduldig, aber innerlich völlig aufgewühlt, was der Kleine ihm mitteilen würde.
 

Eine Reise…

Yume wusste nicht, was er davon halten sollte. Er war wieder völlig unsicher. Selbst Lanos Zustimmung, die er in Gedanken versunken nur so halb mitbekommen hatte, trug nicht unbedingt dazu bei, ihn in seiner Entscheidung zu unterstützen. Sicher… wenn Lano weg war, dann wäre er ganz alleine… das wollte er auch nicht. Dann hatte er niemanden mehr, der sich ein bisschen mit ihm beschäftigte, außer den kleinen Drachen, mit dem er Abends immer schmuste. Aber sonst?

Hier war ihm die Umgebung vertraut, hier kannte er wenigstens ein paar Leute, wenn nicht vom Namen her, dann wenigstens vom Gesicht. Wenn er mitging, dann waren da bestimmt ganz viele Dämonen, die ihn neugierig anstarren würden, dann bekamen sie ein neues Zimmer und alles würde fremd sein.

Unmerklich schüttelte Yume den Kopf und kniff die Augen zusammen, während seine Hände sich in den Stoff seiner Hose gruben. Er wollte hier nicht weg, wollte in seiner gewohnten Umgebung bleiben. Andererseits, ohne die vertrauten Menschen war es auch nicht mehr als ein Raum. Nur… so stark war sein Vertrauen zu Davon nun auch noch nicht, dass er ihm seine Ängste vorbehaltlos anvertraute.

Als er die dunkle Stimme Davons wahrnahm, schreckte er aus seinen Gedanken und sah den anderen hin- und hergerissen an.
 

»Brauchst du noch Zeit, um darüber nachzudenken?«, erkundigte sich Davon einfühlsam, weil er merkte, dass der Kleine sich durch seine direkte Frage bedrängt fühlte und irgendwie überrumpelt war.

»Kein Problem… wir müssen ja nichts übers Knie brechen. Es sind ja noch ein paar Tage bis zur Abreise Zeit«, erklärte Davon mit einem verständnisvollen Lächeln und hätte dem Jungen am liebsten sanft über den Kopf gestrichen. Stattdessen seufzte er leise und gab Lano, der bereits hibbelig auf seinem Stuhl hin und her rutschte mit einem Nicken zu verstehen, dass er gehen konnte.

Dankbar sah der kleine Dämon ihn an, bevor er sich erhob, Yume noch einmal über die Schulter streichelte und schließlich den Raum verließ.
 

Nun waren sie allein und bevor eine unangenehme Atmosphäre entstehen konnte, stand auch Davon auf und ging um den Schreibtisch herum. Neben Yume kniete er sich hin und griff nach der zierlichen Hand, um sie mit seiner zu umschließen. Es beruhigte ihn ungemein, dass der Kleine die Berührung zuließ, auch wenn er gespürt hatte, das Yume ein wenig zusammengezuckt war.

»Yume… ich muss dir noch etwas sagen…«, gestand er. Zögerlich betrachtete er die helle, zierliche Hand und strich mit dem Zeigefinger sanft über die Innenfläche. Dann sprach er weiter.

»An dem Morgen, wo du mich in diesem Zimmer im Bett gesehen hast, da ist in der Nacht etwas passiert…«

Es fiel ihm schwer dem Kleinen zu gestehen, was geschehen war, weswegen er es bis jetzt hinaus gezögert hatte. Immerhin hatte Vince dem Jungen grausame Dinge angetan. Er befürchtete, dass Yume Panik bekam, oder Angstzustände. Aber noch länger wollte er es ihm nicht vorenthalten. Eigentlich erhoffte er sich, Yume mit dieser Information dazu zu bringen, sich doch für die Reise und damit indirekt für ihn zu entscheiden.

Aber sicher war er sich da noch lange nicht. Es konnte auch schief gehen, dessen war Davon sich genauso bewusst.
 

»Nachdem ich heraus bekommen habe, dass Vince` für dein Verschwinden damals verantwortlich war, habe ich ihn in den Kerker gesperrt. Ich wollte heraus bekommen, warum er es gerade auf dich abgesehen hat…«

Davon seufzte schwer und sah schließlich mit grenzenlosem Bedauern in den Augen zu Yume auf.

»Wir wissen noch nicht wie… aber Vince ist in der Nacht entkommen…«

Nun war es raus und Davon hielt den Atem an. Sein Herz schlug unglaublich schnell gegen seine Brust und hätte er nicht Yumes Hand gehalten, hätte er seine Finger vor Anspannung ineinander gekrampft.
 

Yume sah auf den Dämon hinunter, der vor ihm kniete und hörte aufmerksam zu, auch wenn ihn die plötzliche Nähe ganz schön unsicher machte und er sich zuerst erschrocken hatte, als Davon seine Hand genommen hatte.

Erschrocken riss er der Kleine dann die Augen auf, als er realisierte, was geschehen war. Er begann leicht zu zittern und biss sich auf die Unterlippe, weil er sich sofort unwohl und ängstlich fühlte, als Vince` Name fiel.

Instinktiv umklammerte er Davons Hand, der seine bis eben noch gehalten hatte und sah ihn aufgewühlt und unsicher an. Obwohl er dem anderen immer noch nicht wieder vertraute, musste Yume sich doch eingestehen, dass er sich bei Davon sicher fühlte. Es waren widersprüchliche Gefühle, darüber war sich der Kleine bewusst, aber es war so und das brachte ihn immer wieder durcheinander, weil er nicht wusste, wie er sich verhalten sollte. Yume verstand nicht, warum der andere ihm das alles gerade jetzt erzählte.

Wenn er nur an Vince dachte, lief es ihm kalt den Rücken hinunter und ihm wurde ganz mulmig. Die Erinnerung, wie dieser grausame Dämon ihn ausgepeitscht und sich daran ergötzt hatte, dass er nicht schreien konnte, die vernichtenden Worte und das hämische Grinsen… davon bekam er regelmäßig Alpträume, auch wenn er versuchte das Geschehene in den hintersten Winkel seines Kopfes zu verdrängen.
 

»Hey… Kleiner…«

Die samtige Stimme Davons holte ihn aus seinen Gedanken und er spürte eine sanfte Berührung an der Wange.

»Nicht weinen…«

Erst als der andere es erwähnte, merkte Yume, wie ihm Tränen über die Wangen perlten. Er wollte sie sich gerade wegwischen, als er auf einmal in eine warme Umarmung gezogen wurde. Völlig überrumpelt war Yume im ersten Augenblick nicht fähig sich zu rühren. Es fühlte sich wunderschön an und der Kleine wurde ganz weich und lehnte sich für einen Moment der Wärme entgegen, die ihn wie ein zarter Schleier umfing. Dann wurde er sich seiner Reaktion jedoch bewusst, drückte mit beiden Händen bestimmt gegen Davons Brust und schob ihn von sich weg. Innerlich seufzte er tief, als ihn die Wärme wieder verließ. Es hatte sich schön angefühlt, aber für mehr war er einfach noch nicht bereit. Es grenzte sowieso schon an ein Wunder, dass er nicht einmal zurückgezuckt war, als Davon ihn an sich gezogen hatte. Darüber wunderte sich Yume am meisten.

Doch lange beschäftigte er sich nicht damit, denn ihm kamen wieder die Worte des anderen über Vince in den Sinn. Yume wusste auch nicht, was der grausame Dämon von ihm gewollt hatte. Bis heute konnte er sich das nicht erklären und jetzt… wo er wusste, dass dieser Kerl wieder auf freiem Fuß war…

Der Kleine schüttelte unmerklich den Kopf. Nein, er wollte sich das gar nicht vorstellen!
 

Tbc…
 


 

Diesmal war ich gütig… kein Cliffhanger ^^

Aber ich bin irgendwie nicht so richtig vorangekommen, was die Handlung angeht *seufz*

Ich hoffe aber, dass es mir gelungen ist wenigstens das zarte Band, was sich langsam wieder zwischen Davon und Yume bildet ausreichend zu beschreiben.

Im nächsten Kapitel wird’s dann wieder ein bisschen abenteuerlicher.
 

© by desertdevil



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  me-luna
2010-05-20T14:32:17+00:00 20.05.2010 16:32
Hallo,

oh das mit dem kleinen Minidrachen auf dem Bett und dem Frühstück war soooo niedlich *seufz*
Da geht einem beim Lesen richtig das Herz auf.
Knuffel dich und lass dir liebe Grüße da

me-luna
Von:  yokiko86
2010-05-19T09:10:29+00:00 19.05.2010 11:10
Hallo,

mir hat das Kapitel super gut gefallen, ich freue mich besonders das Yume und Davon sich wieder näher kommen. Es ist aber gut das Yume Davon nicht gleich an sich ranläst, das wäre dann doch zu schnell gewesen. So haben sie Zeit alles langsam angehen zu lassen. Davon an sich gefällt mir immer besser, wenn ich an das erste Kapitel denke wo er Yume eine Backpfeife gegeben hat nur weil er vor ihm gegessen hatte, wär ich am liebsten Gewaltätig geworden. Ne so gefällt er mir viel besser schön denütig bleiben, jedenfalls was Yume angeht^^
Was hast du eigentlich mit Vincet der Ratte vor. Warum ist er entkommen?
Wehe er macht sich moch mal an Yume ran, der hat schon genug gelitten.

ich freue mich schon auf das nöächste Kapitel

bye und alles gute yokiko
Von:  histoi
2010-05-17T10:46:51+00:00 17.05.2010 12:46
HI!

so, jetzt mein qualifizierter Kommi *hust* *hust*^^

1.
ich würde echt mal gern wissen, was es mit vince auf sich hat. irgendwie will mir die verbindung nicht gelingen zwischen dem anscheinend persönlichen hass gegen yume und der doch recht weitreichenden verschwörung. welche rolle hat vince? wer oder was steckt noch dahinter? und warum gibt es im schloss keine weiteren verbündeten? (davon hat sie ja alle gescannt^^)
hmmm? *nachdenk*

2.
ich hab dir ja schon geschrieben, dass du die balance zwischen yumes angst und seiner nicht zu vernachlässigenden faszination für davon sehr gut hinbekommen hast. am anfang haben mich die plötzlichen sinneswandel deiner charas immer ein bischen gestört, aber diesmal hast du es echt gut gemacht! d^^b
ich mag die szene, inder yume aufwacht und davon neben sich entdeckt und sich dann ganz vorsichtig anschleicht^^
auch die szene auf dem balkon, inder yume davon den zettel mit der entschuldigung reicht, sich aber nicht traut sich von davon berühren zu lassen find ich gaaanz toll! =_=

ich finde es im allgemeinen sehr angenehm, dass es auch wieder solche szenen zwischen den beiden gibt. schließlich brauchen sie genau das um die weiteren situationen zu meistern. sie wollen ja jetzt auf eine reise gehen und verlassen damit die sicheren schlossmauern...ich hoffe nur, dass die zarte beziehung der beiden dadurch nicht wieder zu sehr belastet wird T_T

3.
und lano? der ist süß >_<...
wie er sich nicht zurückhalten kann zu fragen, ob heron auch mitkommt...herrlich! hoffentlich kommt bald mal wieder eine kleine anekdote zwischen den beiden...*wink mit dem zaunpfahl*^^

LG,
histoi
Von:  wieprei
2010-05-13T20:06:52+00:00 13.05.2010 22:06
Na also, die Annaeherung vollzieht sich langsam, aber es geht voran. Hoffentlich gibt es auf der Reise nicht noch Aerger.
Bin gespannt wie es weitergeht.

Lg ines
Von:  evejean
2010-05-13T18:41:10+00:00 13.05.2010 20:41
wirkl. ein tolles kapitel oo die beiden gehören einfach zusammen *kawaii*

lg eve


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