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Schuld & Sühne

von

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Kapitel 33

Scheiss Pflanzen, scheiss Gestrüpp, scheiss Grünzeug!

Kato hackte total genervt einen nichts ahnenden Busch nieder, der es gewagt hatte ihm den Weg zu versperren. Nicht dass der Kiffer in ihm etwas gegen das Grünzeug gehabt hätte, aber netterweise hatte ihn Luzifer genau an einer Stelle aus dem Festsaal geschmissen, wo sich ihm praktisch ein ganzer Urwald entgegengestellt hatte. Jetzt durfte er sich durch all das Gestrüpp kämpfen, das natürlich zu Katos Freude auch noch massenhaft Dornen aufwies.

Warum hatte er bloss das Gefühl dass Luzifer genau gewusst hatte, was er tat…
 

Mit total zerkratzten Armen und Beinen stieg der Sklave über einen umgekippten Baumstamm. Vom Festsaal aus hatte Eden wirklich nicht so jungelartig ausgesehen. Wie sollte er hier bitteschön diesen ominösen Graf der Schrecken finden?! Ausserdem war sich Kato alles andere als sicher, dass er ihn überhaupt finden wollte. Schliesslich war die Erfahrung mit dem Herrn der Fliegen schon einprägsam genug gewesen und dessen Namen klang vergleichsweise harmlos. Was musste man tun, um so nen Titel zu kriegen?!
 

Kato schüttelte sich. Er wollte diesen Kerl nicht treffen! Viel lieber wäre er im Festsaal geblieben und hätte darüber lamentiert, was in Prinzessin Kurai gefahren war, doch stattdessen war er hier…

Genervt wurde ein weiterer Ast aus Katos Blickfeld gefegt. Und hier gab es doch ganz bestimmt auch irgendwelche gefährlichen Viecher. Wie auf Befehl, als hätte der Gedanke sie angelockt, erschien eine fette Hummel direkt vor Kato und schwirrte um dessen Nase.

Der Sklave wollte sie verscheuchen und fuchtelte wild (aber genauso planlos) vor seinem Gesicht herum. Die Hummel ihrerseits liess sich davon relativ wenig beeindrucken und beschleunigte ihr Gebrumme nur noch etwas.

„Ahh, verschwinde…. Dummes Vieh!“ Katos zweite Hand wurde zu Hilfe geholt und nachdem er ein paar Schritte mehr oder weniger blind und sich um die eigene Achse drehend durchs Unterholz gestolpert war, wurde die Hummel schlussendlich doch fatal getroffen.

Mit einem kontinuierlich leiser werdenden Brummen ging sie zu Boden und blieb dort liegen. Kato seinerseits schaute sich verwirrt um. Hatte er tatsächlich gesiegt?

Ein triumphierendes Grinsen breitete sich schliesslich auf seinen Gesicht aus als er den reglosen Körper seiner Feindin erspähte.
 

„Du solltest nicht so respektlos gegenüber Gottes Schöpfung sein….“
 

Wie vom Blitz getroffen wirbelte der Sklave herum und erblickte zwischen dem Gestrüpp, ein paar Meter von ihm entfernt eine Kreatur, die ihn aufmerksam musterte. Sie hatte zwei gebogene Hörner auf dem Kopf und ihr Gesicht war übersät von rotem Haar. Doch das war noch nicht das Beängstigenste an ihrer Erscheinung, sondern eher die goldenen Augen, welche Kato mit einem mehr als hungrigen Ausdruck betrachteten.

Der Sklave wich erschrocken ein paar Schritte zurück, konnte jedoch den Blick nicht von der seltsamen Erscheinung abwenden. Die Gestalt stieg nun ihrerseits aus dem Unterholz, welches den Grossteil ihres Körpers zuvor bedeckt gehalten hatte, und präsentierte dabei zwei stramme Bockbeine.

„W-was willst du?“ Kato brachte nicht viel mehr als ein erschrockenes Gestammel zustande.

Die Kreatur stand nun an der Stelle, an der Kato zuvor die Hummel erledigt hatte und bückte sich nach dem noch immer leicht mit den Flügeln schlagenden Brummer.

„Wenn du etwas tötest, sollest du es mit Genuss tun…“ Er hob die Hummel auf, so dass sie in seiner riesigen klauenartigen Hand zu liegen kam. Mit dem Zeigefinger der anderen strich er sanft über den geschunden Körper des kleinen Tieres. Kato beobachtete die Szene voller Misstrauen, bis ihn die Kreatur wieder mit ihren goldenen Augen fixierte und ein grauenerregendes Grinsen voller gelber, riesiger Reisszähne entblösste. Dann packten die Finger, welche die Hummel vorher noch so liebevoll gestreichelt hatten, einen ihrer Flügel und rissen ihn mit einer einzigen Bewegung aus!
 

Kato schrie entsetzt auf, doch das schein das seltsame Bockwesen relativ wenig zu interessieren. Die Hummel ihrerseits wand sich nun verzweifelt auf der Handfläche seines Peinigers und schlug wild mit dem einen verbleibenden Flügel, was in Kato ganze Stürme des Mitleids auslöste.

„Warum tust du das?! Warum quälst du sie unnötig?!“ Etwas mutiger war der Sklave nun wieder näher zu der Kreatur hingetreten.

„Quälen?“ Die goldenen Augen lagen wieder bedeutungsschwer auf Kato. „Du hast ihr doch den Schlag verpasst, der sie zu Boden gehen liess… Ich führe nur zu Ende was du begonnen hast.“

„Aber ich hätte ihr nicht die Flügel ausgerissen!“

Die Kreatur legte den Kopf schief und betrachtete den Sklaven. Ihre riesigen Reisszähne waren entblösst und auf ihrer flachen Hand wand sich noch immer die arme, sterbende Hummel.

„Du musst Gottes Schöpfung respektieren. Wenn du etwas tötest, solltest du es mit allem tun, was du hast, und nicht bloss halbherzig…“ Die langen klauenartigen Finger legten sich nun an den verbleibenden Flügel der Hummel. „…geniesse, was sowieso unumgänglich ist.“ Mit diesen Worten riss er dem kleinen Tierchen auch noch den zweiten Flügel aus.
 

Kato beobachtete das Ganze mit weit aufgerissenen Augen. Er hatte gerade solche Schuldgefühle wegen der Hummel. Er hatte ihr doch nicht wehtun wollen, sie war ihm lediglich auf den Geist gegangen.

„Lass das!“ Mit zu Fäusten geballten Händen trat er noch einen Schritt näher auf den Bock zu.

Dieser blitzte den Sklaven nur aus seinen goldenen Augen an und verzog seinen riesigen Mund zu einem grausamen Lächeln. „Aber wenn ich jetzt aufhöre, wird es noch länger dauern bis sie stirbt. Sie wird nur noch länger leiden…“ Die klauenartige Hand, auf welcher die nun bewegungsunfähige Hummel lag, schloss sich langsam. Kato fühlte wie sich ein Knoten in seinem Magen bildete. Natürlich hatte Kreatur Recht, die Hummel würde nur noch mehr leiden, wenn man sie jetzt nicht tötete, aber trotzdem….
 

Eine Hitzewelle schien über den Sklaven hereinzubrechen, als sich die Hand des Monsters endgültig schloss und dem kleinen Brummer ein Ende bereitete, indem sie den wehrlosen Körper zerquetschte. Kato konnte fühlen, wie seine Augen langsam feucht wurden. Das hatte er nicht gewollt. Es war doch nur ein hilfloses Tier gewesen…. Auch wenn es schwachsinnig war, wegen ner Hummel Tränen zu vergiessen!

Mit einer wütenden Geste wischte er sich über die Augen. Was war bloss mit ihm los?! Warum kümmerte es ihn, was mit sonem dummen Vieh geschah, er sollte sich lieber Gedanken um sein eigenes Schicksal machen. Das sadistische Bockwesen hatte es womöglich noch als nächstes auf ihn abgesehen und er wusste nichts Besseres als Gewissensbisse wegen einer übergrossen Biene zu haben!
 

Mit trotzigem Blick schaute er zu der rothaarigen Kreatur auf. „Bist du der Graf der Schrecken?“ Der Bock schienen für einen Moment etwas erstaunt über die Frage, schüttelte dann aber den Kopf und entblösste erneut seine riesigen, furchteinflössenden Zähne. „Nein, ich bin bloss ein Faun…[1]“ Mit einer leicht abfälligen Geste wischte er die tote Hummel von seiner Handfläche. „…und das hier ist mein Jagdgebiet.“

Kato schluckte. „Jagdgebiet?“

„Ja, ich muss schliesslich fressen… Und Hummeln sind nicht besonders sättigend….“

Die Kreatur war wieder einen Schritt näher auf Kato zugekommen.

Dieser hingegen wollte sich nicht schon wieder so leicht einschüchtern lassen und bot dem Ziegenmensch die Stirn indem er nicht gleich zurückwich. „Und wo kann ich ihn dann finden?“

„Oh, wahrscheinlich bei Baum der Erkenntnis. Aber ich würde dort nicht hingehen, wenn ich du wäre, denn der Graf ist verrückt…. total ballaballa ….“ Der Faun leckte sich mit einer anrüchigen Geste über die Zähne und zwinkerte dem Sklaven zu. „Er versucht schon seit Monaten den halbverroteten Leib einer Schlange wiederzubeleben, aber es klappt einfach nicht…. und das macht ihn wahnsinnig…“ die Kreatur kam noch etwas näher auf Kato zu und fügt dann etwas leiser hinzu: „…noch wahnsinniger als er vorher schon war.“
 

Ok, das war jetzt ganz eindeutig das Zeichen die Kurve zu kratzen. Der Bock rückte ihm zu fest auf die Pelle, ausserdem wirkten seine Zähne so… riesig!

„Also, ich gehe dann mal. Danke für die Auskunft…“ Kato wollte schon auf dem Absatz Kehrt machen, als die Kreatur ihn grob an am Oberarm packte und herumwirbelte.

„Nicht so schnell, Kleiner. Wer das Reich eines Fauns betritt, muss auch den Preis dafür zahlen…“ Das Biest fletschte ziemlich unmissverständlich mit den Beisserchen und liess keine Zweifel daran, dass es nun gedachte den Sklaven als Dessert zu verspeisen.

Dieser gab erst nur einen erschrocken Laut von sich, besann sich dann aber eines Besseren und verpasste dem Monster einen Kick gegen das Schienbein. Der Faun seinerseits schien wohl nicht mit soviel Gegenwehr gerechnet zu haben und liess in einem Moment der Überraschung von dem Blonden ab, der auch gleich diese Gelegenheit zu Flucht nutzte.
 

Kato setze zu einem wilden Sprint durch das Unterholz an. Äste und Zweigen schlugen ihm entgegen und hinterliessen zahlreiche Kratzer auf seinen Armen und Beinen. Doch momentan verspürte der Sklave sowieso keinen Schmerz, er hörte wie die Kreatur hinter ihm die Verfolgung aufgenommen hatte und ihm dicht auf den Fersen war. Zugegeben, es war ja mal etwas neues, dass man ihn Fressen und nicht Vergewaltigen wollte, trotzdem schien ihm auch diese Alternative nicht gerade erstrebenswert… Was hatte Luzifer sich nur wieder dabei gedacht, ihn genau hier auszusetzen?!
 

Schweratmend sprang er über einen kantigen, mittelgrossen Stein, der ihm den Weg versperrte. Bald war er am Ende seiner Kräfte. Der Faun hinter ihm schien hingegen noch keine Anzeichen der Erschöpfung zu zeigen, im Gegenteil: Er holte auf!

Vor seinem inneren Auge sah Kato bereits wie ihm dieses Vieh Arme und Beine einzeln ausreissen und dann über einem netten kleinen Feuerchen braten würde. Er schüttelte sich. Scheisse, so etwas durfte er sich echt nicht vorstellen!

Die letzten Kraftreserven wurden mobilisiert und Kato schaffte es tatsächlich das Tempo noch mal etwas zu beschleunigen. Er drang durch das dichte Gestrüpp, schlug alles beiseite, was ihm in den Weg kam und fand sich zu seiner grossen Überraschung plötzlich auf einer Lichtung wieder…

Vor ihm war alles offen und am er konnte den blauen Himmel über sich sehen. Am anderen Ende der Lichtung war auch kein Wald mehr, sondern ein Abhang von dem Wasserrauschen ertönte…
 

„Haha, hab ich dich!“ Der Faun trat direkt hinter dem Sklaven aus dem Dickicht.

„Von hier aus gibt es kein Entkommen!“
 

Zuerst verstand der Sklave nicht ganz worauf der Faun anspielte, bis er den Ursprung des Wasserrauschens erspähte. Etwa dreissig Meter unter ihm floss ein blutroter Fluss mit reissender Geschwindigkeit dahin. Kato war sich sicher, dass er einen Sprung niemals überstehen würde, ausserdem war die rote Färbung des Gewässers alles andere als vertrauenerregend.

„Der Gihon [2]wird dein Untergang sein, so wie er es schon für so manchen war. Aber sei unbesorgt kleiner Mensch, ich schätze deinen Beitrag zu meinem Abendessen durchaus, denn ich hatte schon lange nichts mehr so Junges und Leckeres wie dich…“

Der Faun kam auf äusserst bedrohliche Weise näher und Kato fühlte sich mehr und mehr in die Ecke, oder um es situationsgemäss auszudrücken, an den Abgrund, gedrängt. Das Rauschen des blutroten Flusses war nun ganz deutlich zu vernehmen und trieb dem Sklaven Perlen des Angstschweisses auf die Stirn. Sollte er springen? Sterben konnte er zwar nicht mehr, trotzdem konnte er nicht ahnen, was die Konsequenzen seines Handelns sein würden.

Oder sollte er sich dem Monster stellen? Um ehrlich zu sein, berechnete er seine Siegeschancen in diesem Fall als ziemlich gering, denn der Faun war einiges grösser als der Blonde und die Bockbeine sowie die Hörner auf seinem Kopf trugen das Übrige dazu bei, die Lage eher pessimistisch einzuschätzen.
 

Verstohlen linste der Sklave hinter sich. Scheisse war das hoch! Er würde sich bestimmt alle Knochen brechen, wenn er sprang… aber er wollte nicht als Abendessen enden!

Kato atmete noch einmal tief durch, dann nahm er all seinen Mut zusammen und sprang mit einem gellenden Schrei über die Klippe, bevor der Faun ihn zu fassen bekam. Dieser schaute der immer kleiner werdenden Figur des blonden Sklaven knurrend hinterher. „Was für ein dummer Mensch“ Dann wandte er sich kopfschüttelnd um und ging wieder in Richtung Wald.
 

~~~
 

Irgendetwas stupste ihn an. Kato konnte sich allerdings nicht dazu durchringen die Augen zu öffnen um nachzuschauen was es war.

Lediglich ein atemloses Stöhnen entkam seinen Lippen. Er hatte ja solche Schmerzen. Hätte er es nicht besser gewusst, hätte er behauptet, er stürbe gerade.
 

„Au.. de.. Weg… blockier…Proz..sion...“
 

Kato nahm die Worte nur sehr gedämpft wahr. Trotzdem war ihm bewusst, dass da wohl irgendjemand neben ihm stehen musste und überwand sich deswegen mühsam dazu seine verquollenen Äuglein wenigstens einen Spalt breit zu öffnen, was er aber sogleich wieder bereute. Das grelle Sonnenlicht blendet ihn furchtbar und ein erneutes, noch viel gepeinigter klingendes, Stöhnen kam über seine Lippen.

Er legt sich schwerfällig die Hand auf die Augen, um sie vor der Sonne abzuschirmen.

„Wer… bist du?“ Seine Stimme klang heiser.
 

Ein Schatten fiel auf das Gesicht des Sklaven und dieser nahm nun vorsichtig seine Hand wieder runter. Verschwommen konnte er den Umriss eines grossen unförmigen Etwas erkennen.

Das Bild klärte sich langsam vor seinen Augen und aus dem unförmigen Schatten wurde ein grosser Kerl mit unglaublich langen, roten Haaren, die seinen Körper wie einen wirren, halbdurchsichtigen Vorhang umgaben und beinahe bis zum Boden reichten. Kato blinzelte.

Der seltsame Fremde schien allem Anschein nach unter der Haarpracht vollkommen nackt zu sein, denn Kato konnte ganz eindeutig Schnitte und Schrammen auf dessen weisser Haut erkennen…

Diese Erkenntnis triggerte beim Sklaven allerdings auch sogleich die Erinnerung an die eigenen schmerzhaften Erfahrung und rein aus Reflex wollte er hochschiessen um nachzusehen, wie es um seinen eigenen körperlichen Zustand bestellt war…. doch nichts geschah… Er konnte sich nicht rühren….
 

Panik stieg in dem Sklaven hoch….
 

Sein Gegenüber zeigte sich jedoch vom verzerrten Gesichtsausdruck des am Boden liegenden Blonden gänzlich unberührt und musterte ihn mit unleserlicher Miene.

In Katos Kopf spielten sich währenddessen ganze Horrorszenarien ab, wie der Fremde ihn gefesselt oder mit einem magischen Fluch belegt haben musste, nur um sich dann, während er vollkommen bewegungsunfähig war, an ihm zu vergehen.

Doch wieder geschah nichts all von dem was Kato erwartet oder gewollt hätte…
 

Der rothaarige Fremde gab bloss so etwas wie ein genervt klingendes Seufzen von sich und stieg dann über denn reglosen Körper des Sklaven hinweg. Kato seinerseits starrte ihm verdattert hinterher und musste zu seiner eigenen grossen Überraschung feststellen, dass sich seine Bewegungsunfähigkeit wohl nur auf seinen Unterkörper beschränkte. Die Arme hatte er durchaus noch unter Kontrolle und er benutzte sie gerade dazu, sich in mühsamster Weise aufzustützen, um sich ein genaueres Bild von der Situation machen zu können.

Er lag direkt am Ufer des blutroten Flusses, dessen Wasser seine gesamte Haut mit einem rötlichen Film überzogen hatte. Angeekelt schaute er an sich herunter und entdeckte dabei die leicht verdrehten Haltung seiner eigenen Beine. Sie wirkten wie die Stelzen eine leblosen Marionette auf ihn und was noch schlimmer war, er konnte sie nicht spüren! Er konnte seine eigenen Beine nicht mehr spüren!
 

Ein erneuter Schwall von Panik überfiel ihn. Er musste sich beim Sprung von der Klippe den Rücken gebrochen haben… oder zumindest etwas in der Richtung. Das wäre eine plausible Erklärung für das was wie eine Lähmung erschien…
 

Doch dann traf ihn eine andere Erkenntnis: Er war bereits tot! Er würde nicht für den Rest seines Lebens gelähmt sein. Das konnte er gar nicht, denn er war ja hier in der Hölle.

Und zum ersten Mal seit er hier gelandet war, war er Luzifer dankbar…
 

Dankbar, dass Wunden schnell heilten und dass dieser Zustand wahrscheinlich nicht permanent sein würde… zumindest hoffe er das…
 

Kato wurde jäh aus seinen Gedankengängen aufgeschreckt, als er neben sich leises Gemurmel vernahm.

„Aus Eins mach Zehn…“

Vergebendes versuchte der Sklave seinen Körper so zu drehen, dass er den seltsamen Dämon wieder im Blickfeld hatte.

„Und Zwei lass gehen…“

Der Fremde konnte nicht weit weg sein.

„Und Drei mach gleich, So bist du reich.“

Schwerfällig klammerte sich Kato an einem Büschel Gras fest und hievte sich so in eine etwas andere Ausrichtung.

„Verlier die Vier!“

Der Rothaarige kniete vor einem grossen knorrigen Baum und hatte die Hände in gefalteter Form gegen seine eigene Stirn gepresst. Auf Kato wirkte das Ganze mehr als befremdend, denn erstens hatte er noch nie einen Dämon in einer so gebetsähnlichen Pose gesehen und zweites war das Gemurmel absolut sinnfrei. Nun gut, er hatte sich mittlerweile damit abgefunden, dass er weniger als die Hälfte von dem was diese verrückten Höllenbewohner so von sich gaben, tatsächlich verstand, aber dieser seltsame Reim schien nun wirklich nicht mehr als das zusammenhangslose Geblubber eines Verrückten zu sein.

„Aus Fünf und Sechs, So sagt die Hex…“ gehetzt stand der Rothaarige wieder auf, rannte einmal um den Baum – Katos Präsenz wohlweisslich ignorierend, denn er stieg einfach erneut über dessen Körper hinweg – und liess sich an der gleichen Stelle wie zuvor wieder auf den Knien nieder.

„Mach Sieben und Acht, So ist’s vollbracht…“

Das Ganze wurde immer abstruser. Jetzt stand der Kerl auf, nur um sich im gleichen Moment wieder herniedersinken zu lassen. Ausserdem schienen seine Bewegungen und sein Gemurmel immer schneller und heftiger zu werden.

„Und Neun ist Eins, Und Zehn ist keins.“

Kato konnte nicht anders als das ganze Schauspiel mit offenem Mund zu beobachten. Was ging hier bloss vor?! War das der Graf der Schrecken? Verrückt schien er auf jeden Fall zu sein…
 

Schliesslich sank der Fremde vornüber. Sein Stirn berührte die Erde direkt vor dem Baum und erschöpft flüsterte er: „Das ist das Hexen-Einmal-Eins.“[3]

Dann herrschte Ruhe. Kato vernahm nur das schwere Atmen des noch immer in derselben Position verhaarenden Rothaarigen. Irgendwie traute er sich nicht, die Stille zu durchbrechen.
 

Die Zeit tickte langsam dahin und noch immer geschah nichts. Gerade als sich der Sklave doch endlich dazu durchringen wollte, so etwas wie ein Räuspern von sich zu geben, sprang der Fremde wie von der Tarantel gestochen auf und streckte seine Arme gen Himmel.

„Nimm dieses Opfer an und gib mir Leben!“ Dann rammte er sich die eigenen Fingernägel in die Unterarme, so dass heftig Blut hervorquoll und streckte sie erneut empor.

Der rote Lebenssaft lief nun langsam nach unten, bis er schliesslich in dem fast genauso roten Haar versickerte. Die Gestalt verharrte erneut in ihrer Position, beinahe so als wäre sie eine Statue.
 

Kato beobachtete das ganze sprachlos und mit tellergrossen Augen. Er wagte es noch immer nicht, sich bemerkbar zu machen.

Schliesslich löste sich der Fremde aus seiner Erstarrung und wischte sich mit einer beinahe andächtigen Bewegung das lange Haar hinter die Schultern. Erst jetzt hatte der Sklave freie Sicht auf den weissen, wohl einst makellos schönen Körper des Dämons.

Die Haut war wirklich über und über mit Schnittwunden und Schrammen verziert. Ausserdem zeichneten sich jetzt auch noch die Schlieren des Blutes, welches vorhin aus den frischen Wunden am Arm geflossen war, ab. Wahrscheinlich tat er das nicht zum ersten Mal…
 

Der Rothaarigen tastete nun langsam seinem eigenen Hals entlang. Kato konnte sehen, dass der Dämon noch so etwas wie eine weisse Kette zu tragen schien, die er vorsichtig befühlte.

Dann plötzlich senkte sich des Haupt des Fremden und seine Arme fielen schlaff herunter.

Kato konnte das Gesicht nicht mehr erkennen, doch irgendetwas an der Haltung sagte ihm, dass was auch immer der Dämon da versucht hatte, wohl ein Misserfolg gewesen war…
 

„Oh Schwester, warum tust du mir das an. Ergötzt du dich so sehr an meinem Leiden?!“

Der Fremde hob seinen Kopf wieder gen Himmel und der Sklave konnte zwei Tränen erkennen, die sich ihren Weg über die blassen Wagen bahnten. Ausserdem wurde es jetzt ersichtlich, dass das was er zuvor für eine weisse Kette gehalten hatte, tatsächlich so etwas wie Knochen waren…oder besser noch ein Skelett…. das Skelett einer Schlange!
 

Kato schluckte schwer. Er hatte noch nie einen Dämon gesehen, der so offensichtlich Schwäche gezeigt, geschweige denn den Tränen freien Lauf gelassen hatte. Das war so total anders als das was er bisher hier in der Hölle erlebt hatte. Ok, Verrückte mit seltsamen Gebeten und Ritualen kamen schon mal vor, aber Trauer und Tränen?

Vorsichtig robbte er auf seinen Unterarmen etwas näher an den knorrigen Baum und somit auch an den rothaarigen Dämon heran. Er konnte seine Beine noch immer nicht bewegen, aber ein leichtes Prickeln war zurückgekehrt, was Kato vorerst mal als gutes Zeichen deutete und seine These von wegen Wundheilung bestätigt sah.
 

Der Dämon hatte sich noch immer nicht gerührt. Mit hängendem Kopf stand er in der gleichen Haltung wie zuvor da und machte keine Anstalten irgendwie auf Katos Anwesenheit zu reagieren. Also beschloss der Sklave den ersten Schritt zu tun, schliesslich musste er herausfinden, ob dieser Kerl tatsächlich der Graf der Schrecken war. Die Zeichen dafür standen zwar nicht schlecht, denn verrückt war er ganz offensichtlich, aber „Schrecken“ hatte Kato bis jetzt noch keinen allzu grossen ausmachen können… oder zumindest nichts was schrecklicher gewesen wäre, als das was er hier sonst schon so erlebt hatte…

Er gab also erstmal ein zaghaftes Räuspern von sich und hoffte auf Antwort…
 

Als keine Reaktion kam, robbte Kato noch etwas näher an die Gestalt heran.

„Entschuldige?“ Immer noch nichts.

„Bist du der Graf der Schrecken?“

Das einzige Geräusch, welches zu vernehmen war, war das sanfte Rascheln des Grases, was aber von Katos eigenem unruhigen Hin- und Hergewälze herrührte. Er wusste nicht, ob es ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war, dass dieser Kerl ihn ignorierte. Grundsätzlich war er ja froh darüber, mal einem Dämon zu begegnen, der ihn weder vergewaltigen noch fressen wollte und noch dazu über wirkliche Gefühle zu verfügen schien, aber trotzdem konnte er nicht zu Luzifer zurückkehren ohne vorher seinen Auftrag ausgeführt zu haben. Der Herr der Hölle würde es sofort durchschauen falls er sich gedrückt hätte und ihn dementsprechend bestrafen….
 

„Hallooo~ Ich rede mit dir!“
 

Kato hätte wohl gerade so gut mit dem Baum reden können, selbst bei dem hätte die Chance auf eine Antwort besser gestanden.

Schwerfällig rollte sich der Sklave auf den Rücken und beobachtete sein Gegenüber aus zusammengekniffenen Augen. Der Rotthaarige strich immer noch mit abwesendem Blick über die dünnen Knöchelchen des Schlangenskelettes und schien Katos Existenz wirklich nicht wahrzunehmen.
 

Der Sklave beschloss also schwerere Geschütze aufzufahren. Wahrscheinlich würde das in einer Kamikaze- Aktion enden, aber er wusste wirklich nicht was er sonst noch tun sollte, um aus dem seltsamen Kerl etwas rauszukriegen.

„He verbuddel doch die dummen Knochen, dieser Steinzeitlook ist wirklich absolut nicht mehr anges………“

Noch bevor er den Satz zu Ende bringen konnte, hatte der Dämon ihn mit vor Zorn funkelnden Augen am Hals gepackt. Kato wusste nicht, ob er sich zu seiner Strategie die Aufmerksamkeit des Dämons zu erregen, gratulieren oder selbst ohrfeigen sollte.

„Wag es noch einmal meine Schwester zu beleidigen und du wirst es bis in alle Ewigkeit bereuen…“ Mit einer Kraft, die der Sklave sonst nur bei Luzifer erlebt hatte, wurde er hochgehoben und ein paar Meter weit wegkatapultiert.

Der Aufprall trieb ihm sämtliche Luft aus den Lungen und war für den Genesungsprozess seines sowieso schon angeschlagenen Köpers sicherlich alles andere als förderlich. Keuchend rollte sich Kato zur Seite. Das Prickeln in seinen Beinen war wieder verschwunden, was wohl bedeutete, dass er sich soeben eine erneute Fraktur des Rückens zugezogen hatte. Grossartig!
 

Trotzdem wollte er sich nicht so leicht geschlagen geben. Er hatte mit der Erwähnung des Skelettes offensichtlich einen wunden Punkt getroffen. Also war er auf dem richtigen Weg…. auch wenn es ihm schon etwas seltsam erschien, dass der Kerl die tote Schlange für seine Schwester hielt.
 

Kato seufzte. Neben der offensichtlichen geistigen Verwirrung seines Gegenübers machte ihm auch sein eigener körperlicher Zustand gewisse Sorgen, trotzdem konnte er jetzt nicht einfach so nachlassen.
 

„Es war nicht meine Absicht deine Schwester zu beleidigen…“ Eine Entschuldigung zu Beginn konnte sicher nicht schaden.

Doch der Dämon schien schon wieder in seine eigene Welt abgedriftet zu sein, denn er kniete nun vor dem Baum und hatte erneut diese gebetsähnliche Haltung eingenommen. Kato seinerseits wollte sich aber davon nicht schon wieder beirren lassen.

„Aber sie scheint mir sowieso recht tot zu sein…“ Nur Augenblicke später zeigten die Worte ihre Wirkung und der Sklave fand sich erneut von dem Rothaarigen zu Boden gedrückt.

Dessen wutverzerrtes Gesicht thront über ihm und die goldenen Augen funkelten ihn mordlustig an. „Meine Schwester wird leben und du…“

Ein Moment der Stille folgte und Kato konnte spüren, wie das Gewicht, welches ihn am Boden gehalten hatte wieder nachliess. „…bist unwichtig.“

Der Dämon sah sich mit einem beinahe schon zerstreut wirkenden Gesichtausdruck Richtung Baum um und liess von dem Sklaven ab. Kato seinerseits verwirrte die Reaktion nicht minder. Eigentlich hätte er ja so was à la ‚und du wirst als Opfergabe für ihre Auferstehung dienen’ erwartet, damit wäre wenigstens sein Weltbild, welches er sich von den Dämonen gemacht hatte, nicht auf den Kopf gestellt worden.
 

Der Rothaarige ging wankenden Schrittes wieder zum Baum zurück und schien den noch immer am Boden liegenden Sklaven nicht weiter Beachtung schenken zu wollen. Kato hingegen sah dies als die letzte Gelegenheit noch mal einen Versuch der Kommunikation zu starten bevor der Dämon wieder in seine apathische Haltung verfallen würde.

„Luzifer schickt mich! Ich soll dir ausrichten, dass du zu der Besprechung erscheinen sollst!“

Ganz entgegen Katos Erwartung wandte der Dämon sein rotes Haupt tatsächlich um, betrachtete den Sklaven einen Augenblick lang mit abwiegendem Blick und murmelte dann etwas, dass sich sehr nach „kein Interesse“ anhörte.
 

Kato klappte seinerseits die Kinnlade runter. Kein Interesse? Wie konnte der Kerl sagen, dass er kein Interesse hatte?! Luzifer würde einen Wutanfall kriegen, wenn er das vernahm und dieser Dämon musste doch wissen, dass man sich mit einem wütenden Herrn der Hölle besser nicht anlegte. „A-Aber du kannst doch nicht einfach Nein sagen….“
 

Doch die Aufmerksamkeitsspane des Dämons schien aber schon wieder vorbei zu sein, denn Kato kriegte ausser dem unverständlichen Gebetsgemurmel keine Antwort, aus der er schlau geworden wäre.

Mühsam krallte er sich also wieder an einem Grasbüschel fest und versuchte sich so zu drehen dass er den Rothaarigen besser im Visier hatte. Dieser kniete an derselben Stelle wie zuvor, hatte sich das lange Haar erneut hinter die Schultern gewischt, so dass das weisse Schlangenskelett gut sichtbar war. Ausserdem hatte er die Arme wieder gen Himmel gestreckt und neue, rote Rinnsale aus Blut bahnten sich ihren Weg über die weisse Haut.

Kato versuchte die offensichtliche Selbstverstümmlung so gut es ging zu ignorieren und rief einfach frech dazwischen: „Aber Luzifer hat gesagt, dass du kommen musst!“

Der Dämon reagierte natürlich nicht und betete stattdessen nur etwas lauter. Kato seufzte, entschied sich aber trotzdem noch mal einen Behelligungsversuch zu wagen und robbte wieder etwas näher an sein Gegenüber heran. Dieses war gerade damit beschäftigt das frische Blut auf seinen Fingerspitzen zu verteilen und zeichnet damit etwas auf die furchige Rinde des Baumes. Kato konnte aus seiner jetzigen Position nicht erkennen was es war, allerdings waren nun die geflüsterten Worte besser verständlich.
 

„Oh, Baum der Erkenntnis, Baum des Lebens, ich rufe dich an!“
 

Baum der Erkenntnis? Das hässliche, knorrige Ding sollte der Baum der Erkenntnis sein?!

Na ja egal, auf jeden Fall schien das der letzte Beweis, dass dieser Verrückte tatsächlich der Graf der Schrecken war, denn der Faun hatte ja gesagt, dass er sich hier aufhalten würde. Schwerfällig kroch Kato noch etwas näher heran, bis er freie Sicht auf die blutige Zeichnung auf dem Baumstamm hatte. Es war ein sichel- oder halbmondförmiges Irgendwas von dem noch immer etwas Blut zu Boden tropfte. Kato schauderte bei dem Anblick irgendwie, obwohl er nicht genau sagen konnte, was an diesem simplen Zeichen so angsteinflössend sein sollte.
 

„Baum der Erkenntnis, Baum des Lebens, ich rufe dich an! Gib mir Leben!“

Der Dämon sprang auf und streckte, wie Kato es zuvor schon gesehen hatte, seine Arme in die Höhe….und wieder passierte nichts…
 

Man konnte in der herrschenden Stille die Blätter sanft rauschen und das Gras rascheln hören.

Kato atmete tief ein. Selbst er hatte mittlerweile erkannt, dass diese Rituale wohl nicht das gewünschte Resultat mit sich bringen würden, allein der entstellte Körper des Dämons war Beweis genug dafür, wie oft er schon erfolglos versucht haben musste, doch dieser schien anderer Meinung zu sein. Er kniete sich nun wieder hin und nahm abermals die Gebetshaltung ein.

Kato wurde es seinerseits langsam zu bunt. Da aber mittlerweile auch das Gefühl in seine Beine zurückkehrte und er dieses mit einem schmerzhaften Flug durch die Luft nicht schon so früh wieder beenden wollte, beschloss er diesmal etwas weniger aggressiv vorzugehen; sprich betreffende tote Schlangenschwester mal vorerst nicht nochmals zu erwähnen.
 

„Weißt du, ich hab vorher einen Faun getroffen. Er wollte mich fressen…“ Smalltalk, sicher nicht unbedingt die beste Möglichkeit mit nem Dämon ins Gespräch zu kommen, aber ihm fiel gerade nichts anderes ein. Ausserdem reagierte dieser momentan sowieso (noch) nicht…

„Er hat mich überrascht, als ich hier im Garten auf der Suche nach dir war. Luzifers Angaben sind drum immer so ungenau, da muss man immer erst ne Ewigkeit suchen, bevor man die betreffenden Leute auch wirklich findet….“

Irgendwie hatte Kato das Gefühl, dass der Dämon ihm nicht mehr zuhörte als zuvor. Ok, er redete ja auch einen Stuss zusammen. Das bemerkte er ausnahmsweise sogar selbst.

„Und dann hat der Faun einfach sone arme Biene gequält. Er hat ihr einfach die Flügel ausgerissen, bevor er sie dann wirklich zerquetscht hat…. Nur weil sie schwächer war und sich nicht wehren konnte…“
 

„Nein…“ Die Antwort kam leise und verhalten und eigentlich hatte Kato auch mit gar keiner gerechnet, weil er selbst nicht wirklich wusste, warum er dem durchgeknallten Dämon die Geschichte von der Hummel erzählte.
 

„…er hat sie geliebt…“
 

„Wie bitte?! Was soll Liebe denn damit zu tun haben?!“ Der Sklave starrte den Dämon fassungslos an, dessen Gesicht blieb aber unter den langen Haarsträhnen verborgen und machte es Kato unmöglich festzustellen, ob diese Worte nur eine Folge von Verrücktheit oder ob sie tatsächlich in vollem Ernst geäussert worden waren.
 

„Manchmal ist das die einzige Möglichkeit um Zuneigung zu zeigen. Ich und meine Schwester…“ der Dämon hielt inne und drehte seinen Kopf in die andere Richtung.

Obwohl Kato diese unerwartete Wendung eigentlich gar nicht bewusst herbeigeführt hatte, schien es ihm plötzlich als müsste er unbedingt erfahren, was der Rothaarige mit diesem in der Luft hängenden Satz hatte sagen wollen.

„Du und deine Schwester?“ versuchte er es zaghaft.

Der Dämon wandte sich ihm wieder zu und etwas unglaublich Schmerzhaftes schien nun auf seinem Gesicht lesbar zu sein. „Ich und meine Schwester waren genauso. Ich habe sie gequält, weil ich sie für mein eigenes Leiden verantwortlich gemacht habe und erst als sie tot war, wurde mir bewusst, was sie mir eigentlich bedeutet…“

Kato starrte sein Gegenüber verwirrt an. Einerseits weil er zum ersten Mal so was wie eine richtige Antwort von ihm gekriegt hatte und andererseits weil er diese nicht verstand.
 

Mühsam zog er sich an dem Baumstamm in die Vertikale. Seine Beine trugen ihn zwar jetzt wieder, trotzdem war sein Stand noch etwas wacklig.

„Und weil du jetzt erkannt hast, dass du die liebst, versuchst du sie wiederzuerwecken?“

Eigentlich war sich der Sklave nicht sicher, ob es eine gute Idee war das Schlangenthema jetzt wieder aufzunehmen, aber irgendwie konnte er es nicht lassen…

„Nein, ich habe nicht erkannt, dass ich sie liebe, sondern dass ich sie immer schon geliebt und deswegen gequält habe...“

„Aha“ Für Kato machte das keinen Sinn. Man quälte doch nicht jemanden, weil man ihn liebte… auch wenn man sich dessen nicht bewusst war! Ausserdem wurde der Gedanke noch abstrakter wenn er dabei an Luzifer dachte. Der quälte ihn wohl kaum, weil er sich nicht eingestehen konnte, dass er tief in seinem kalten Herzen irgendwo noch Gefühle für sein Sexspielzeug hegte. Nein, Luzifer war schlicht und einfach ein Sadist und dieser rothaarige Kerl total verrückt!
 

„Und weswegen versuchst du nun deine tote Schlangeschwester wiederzuerwecken?“ Eigentlich war er sich bewusst, dass er sich mit diesem Tonfall auf dünnes Eis wagte, aber diese ganze Diskussion hatte Kato schrecklich durcheinander gebracht und sein gefestigtes Bild von der Hölle erschüttert….Weinende Dämonen und Sadisten, die plötzlich ein Herz hatten… Nein, das ging nicht!

„Ich will sie wiedererwecken, weil sie die zweite Hälfte meiner Selbst ist und ich ohne sie nicht sein kann…“

„Aha“ Er hätte nicht fragen sollen…
 

Kato beschloss das Thema zu wechseln, wo der Typ sich doch plötzlich so gesprächig gezeigt hatte. Über alles andere dachte er lieber mal vorerst nicht weiter nach…

„Kommst du dann also zu Luzifers Sitzung? Ich kann ihm schlecht sagen, dass du ‚kein Interesse’ hast.“
 

Der Dämon musterte Kato mit abschätzigem Blick, drehte sich dann um und fing wieder an seine Runden um den Baum zu gehen. Der Sklave hingegen gratulierte sich innerlich zu seiner misslungenen Aktion den Rothaarigen bei Laune zu halten und wollte schon aufspringen um ihm hinterher zugehen, als eine schreckliche Erschütterung den Boden unter seinen Füssen zum Erzittern brachte. Beide, Kato und der rothaarige Dämon, wurden auf die Erde geschleudert und ein ohrenbetäubender Knall ertönte…
 

„Scheisse, was war das?!“ Erschrocken schaute sich der Sklave um, konnte aber nicht entdecken, was die Ursache für dieses Minierdbeben gewesen sein könnte. Auch der Dämon hatte sich aufgerappelt und schaute mit unleserlicher Miene in den Himmel. „Es scheint, als wäre es für die Sitzung nun sowieso zu spät“ murmelte er leise.

Bevor Kato allerdings nachfragen konnte, was er damit meinte, wurde er von jemandem recht unsanft am Oberarm gepackt und herumgewirbelt. Erstaunt blickte er in das verärgerte Gesicht Mad Hatters. Doch auch dieser nahm sich nicht die Zeit irgendetwas zu erklären, sondern zerrte den verwirrten und sich lauthals beschwerenden Sklaven einfach hinter sich her….
 

TBC
 

[1] Der Faun: Flöte spielender, gehörnter Waldgeist, ein Mischwesen, halb Mensch, halb Ziege, meist dargestellt mit menschlichem Oberkörper und Bocksfüßen und Schwanz. Faune sollen über Getreidefelder wachen und deren Wachstum begünstigen (Definition von Wikipedia).

[2] „Und es ging aus von Eden ein Strom, den Garten zu bewässern, und teilte sich von da in vier Hauptarme. […] Der zweite Strom heißt Gihon, der fließt um das ganze Land Kusch.“ (aus der Bibel)

[3] Falls das jemandem bekannt vorkam, kommts nicht von jeher^^' Ich hab nämlich bei Goethe geklaut. Das Hexen-Einmal-Eins stammt aus Faust.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  dark-butterfly
2009-08-24T17:51:57+00:00 24.08.2009 19:51

Super genial!
Das Kapitel fand ich echt sau gut ^^
Kato hatte es mal wieder nich leicht, aber die ganze Szene mit dem Graf der Schreken ist echt super! Mit dem Spruch aus Faust und das er seine Schwester wiederbeleben will, weil er erkannt hat das er sie gequelt hat weil er sie geliebt hat.
Und dann das Ende... also das ist ja so was von mies... ich will wissen wie es weiter geht!
Kato bekommt sicher eins drauf auch wenn er sich diesmal echt sooo Mühe gegeben hat *böse grins*

Ich freu mich schon auf das nöchste Kapitel
ach, ich fand es toll das es zwo auf einaml waren ^^

Lg d-b


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