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Schuld & Sühne

von

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Kapitel 22

Kaum war Kato über die Türschwelle getreten, hörte er auch schon hinter sich schallendes Gelächter.

'Scheiß Schlange!'

Mit einem leisen Knurren auf den Lippen ging er weiter und verteilte dabei gewissenhaft eine Spur Wassertropfen hinter sich. Er triefte immer noch vor Nässe und ohne die Wärme des Badezimmers begann er langsam ein wenig zu frösteln.

Der Sklave schaute sich um und suchte nach einem Tuch oder sonst einem Stück Stoff, das er missbrauchen konnte, um sich ein wenig abzutrocknen.

Sein Blick viel auf das mit schwarzem Samt bezogene Bett......

Nein, lieber nicht. Man konnte schließlich nie wissen, was sich sonst noch für Viecher hier herumtrieben außer schlangenhaften Frauen.

Also doch direkt was anziehen. Schließlich hatte Luzifer ja gesagt, er solle sich ein paar frische Sachen holen. Allerdings bezweifelte der Sklave, dass er sie sehr lange tragen würde, wenn man seinen sonstigen Klamottenverschleiß so betrachtete. Die einen hatte er "verloren" und die anderen... na ja, waren nicht mehr wirklich brauchbar.

Kato seufzte und ging etwas weiter. Was er jetzt bräuchte, wäre einer dieser Kleiderschränke, die aus dem Nichts auftauchten…
 

...und als hätte das Schicksal einen etwas seltsamen Sinn für Humor, fiel der Blick des Blonden plötzlich auf ein dunkles Möbel das unauffällig und still, schräg hinter dem großen Bett zum Vorschein kam. Als hätte es schon immer dagestanden, schien es sich aus dem Schatten zu lösen und die Aufmerksamkeit des Sklaven auf sich zu ziehen.

Bingo! Das sah doch aus wie ein Kleiderschrank!

Immer noch leicht tropfend, steuerte er also das Möbelstück an. In Gedanken ging er schon die Möglichkeiten, was ihn hinter den schwarzen Holztüren alles erwarten konnte, durch. Denn die Erinnerung an Belials Schwesternkostüm war noch allzu präsent in seinem Geist und Kato hoffte wirklich inständig mal was "Anständiges" zum Anziehen zu ergattern.
 

Er drehte den kleinen Metallschlüssel und wollte die Türe aufziehen. Doch nichts tat sich. Der Schrank blieb verschlossen. Der Blonde zerrte etwas fester, doch das einzige Resultat war, das ihm im Nachhinein die Finger wehtaten.

"Scheiß Kasten!" Er trat einmal kräftig dagegen. Doch jeder mit einem bisschen mehr Verstand als Kato, würde wohl erkennen, dass es ziemlich dumm war, barfuss gegen eine Holztüre antreten zu wollen.

"Auuuu!!!" heulend hielt er sich den Fuß und versuchte den Schrank mit einem bösen Blick zu strafen. Doch dieser war natürlich reichlich unbeeindruckt von den Kapriolen des Haustiers und blieb stumm... und verschlossen.
 

Der Sklave rappelte sich wieder auf und stellte sich mit in die Hüften gestemmten Armen vor das Möbel. Seine Augen glitten über das dunkle Holz und suchten prüfend nach einer Schwachstelle des Gegners. Doch nichts war zu finden.

Der kleine Schlüssel war wohl die einzige Möglichkeit den Schrank aufzukriegen. Kato packte das Metallteil also noch einmal, rüttelte etwas daran, drehte zuerst nach links, dann zweimal nach rechts... und plötzlich machte es klick... Die Schranktür sprang auf.

Auch im Gehirn des Sklaven machte es klick. Hatte er nicht zum Beginn den Schlüssel nach links gedreht, dann nach seiner Kickattacke noch einmal und dann zweimal zurück nach rechts. Dann war der Schlüssel doch wieder in Ausgangsposition. Das hieß dann also, dass der Schrank von Anfang an offen gewesen war!

Kato fasste sich geistig an den Kopf und linste vorsichtig über seine linke Schulter. Das hatte niemand gesehen, oder?
 

Vorsichtig zog er also den Türflügel auf, etwas misstrauisch, was ihn erwarten würde. Doch ihm sprangen keine SM-Spielzeuge entgegen und auch kein Krankenschwester-Betty-Verschnitt.

Kato atmete erst einmal erleichtert aus und musterte dann die Gardarobe. Ok, zwar keine perversen Rollenspielkostüme, aber dafür war die Farbwahl ziemlich eintönig. Schwarz. Wirklich ausnahmslos alles schwarz.

Nicht, dass er ein sehr bunter Typ gewesen wäre, aber eine kleine Abwechslung, nur schon in Form von dunkelblau, wäre für den Sklaven echt ein Lichtblick gewesen.

Nun gut, dann halt nicht. Er ließ seine Hand über die Stoffe gleiten und zog wahllos eines der Stücke heraus. Ein Hemd. Ein schwarzes Hemd, sollte man betonen. Kato ließ den feinen Stoff durch seine Finger gleiten und musste dabei überrascht feststellen, wie weich er doch war. War das Seide? Nicht, dass der Kiffer wirklich eine Ahnung von Stoffen hatte, oder je in seinem Leben schon mal so was wie ein Seidenhemd getragen hatte, aber sogar er hatte schon mal von den kleinen süßen Raupenviechern gehört, die diesen heiß begehrten Stoff produzierten.

Prüfend drehe er es hin und her und konnte sich nicht so recht entscheiden, ob er das Hemd jetzt anziehen sollte. Nicht, dass es sich nicht absolut großartig zwischen seinen Fingern angefühlt hätte. Aber wenn ihn der Anschein nicht trog, gehörten diese Sachen dem Teufel persönlich. Und Kato wollte sich wirklich nicht schon wieder dessen Unwollen zuziehen...
 

Allerdings... Einmal anprobieren würde schon niemanden umbringen.

Er streifte den schwarzen Stoff über seine immer noch leicht feuchten Schultern. Das Hemd klebte etwas an seiner Haut, dennoch wurde Kato das Gefühl nicht los, als hätte ihn mit Anlegen des Kleidungsstücks ein warmer Windhauch gestreift. Wow, das war also Seide. Fühlte sich großartig an!
 

~~~~
 

Der Sklave kramte weiter in dem Schrank. Natürlich hatte er das Hemd nicht wieder ausgezogen. Wer würde sich schon von etwas, das sich so gut anfühlt, so früh trennen. Verspielt wippte das schwarze Stoffstück leicht hin und her bei jeder Bewegung seines nackten Trägers und bildete dabei einen deutlichen Kontrast zu dessen weißer Haut.

Kato zog eine schwarze Hose aus dem Repertoire. Er befühlte kurz das Material. Normaler Stoff, schien noch dazu ziemlich robust zu sein. Er nickte zustimmend und wollte schon mit einem Bein in die Hose steigen, als er nochmals inne hielt.

Der Sklave drehte seinen Kopf zurück und sein Blick glitt noch einmal musternd über die Kleidung....
 

Ok, er hatte es versucht.... Er hatte wenigstens nachgeschaut, ob noch so was wie Unterwäsche in dem Schrank war. Aber wie es den Anschein machte, schienen die meisten Höllenbewohner nicht besonders viel auf diese diskreten kleinen Fetzen zu halten. Resignierend konzentrierte Kato sich wieder darauf, in das Stück Stoff, das so lose an seinen Beinen herumbaumelte zu schlüpfen. Er zog die Hose nach oben - ohne etwas darunter, wohl bemerkt - und knöpfte sie zu.

Prüfend stich er sie glatt und beäugte das Material, wie es fließend nach unten fiel. Ok, sie war vielleicht etwas zu lang. Aber wenn sie tatsächlich Luzifer gehörte, war das auch nicht weiter verwunderlich. Aber was man jetzt bräuchte, wäre ein Spiegel.....
 

Kato schaute sich in dem Raum um, entdeckte aber nirgendwo ein solches Ding, das seinen Absichten hätte dienlich sein können.

Er zog es in Betracht, es noch mal mit der "Ich-wünsch-mir-jetzt-ganz-doll-nen-Spiegel-her-der-dann-aus-dem-Nichts-auftaucht"-Taktik zu versuchen. Allerdings schien sie nicht so gut zu funktionieren, wie bei Schränken.

Der Sklave seufzte und hatte die Hoffung, noch einen Blick auf sein schwarzgekleidetes Selbst zu werfen schon beinahe wieder aufgegeben als ihm etwas ins Auge stach...
 

Ja, natürlich! Die Glasvitrine mit dem Apfel drin. Wieso war er nicht gleich drauf gekommen. Enthusiastisch lief der Blonde zu dem halbhohen Steinsockel hinüber.

Sein Blick fiel auf die Spiegelung im Glas. Zuerst konnte er nicht viel erkennen, doch dann wurde das Bild langsam klarer. Ein blasser junger Mann schaute Kato entgegen, der ein schwarzes Hemd und eine schwarze Hose trug. Er sah eigentlich gar nicht so schlecht aus, wenn man von dem kritischen Ausdruck in seinem Gesicht und den wirren feuchten Strähnen, die ihm in die Stirn hingen, absah.

Das Spiegelbild wischte sich die Haare aus dem Gesicht und drehte sich ins Seitenprofil.

Auch Kato selbst hatte sich zur Seite gedrehte und begutachtete sich. Das schwarze Seidenhemd war ihm von den Schultern gerutscht und gab den Blick auf seinen schlanken Oberkörper frei.

Der Blonde zog die Stirn kraus. Er war etwas mager...

Früher hatten ihm das die Leute oft gesagte, aber damals hatte es ihn einen Dreck gekümmert, wie er aussah und was die Leute dazu sagten. Allerdings war jetzt jetzt und nicht damals...
 

Er zog den Seidenstoff wieder nach oben und bedeckte seine nackten Schultern damit. Auch das Hemd war etwas groß für ihn, aber wenigstens lief man nicht Gefahr darüber zu stolpern wie bei der Hose.

Dennoch knöpfte er sich sicherheitshalber zwei Knöpf zu.
 

Kato warf noch mal einen Blick auf sein Spielbild. Er war noch immer nicht sicher, ob er die Sachen wirklich anbehalten sollte...

Aber Luzifer hatte ja eigentlich gesagt, er sollte sich etwas Frisches zum Anziehen holen. Und er hatte nicht spezifiziert woher...

Beruhigt von dem Gedanken, dass er jetzt eine plausible Entschuldigung für den Fall hatte, wenn es dem Teufel doch nicht gefallen sollte, dass er sich einfach an den Sachen aus dem mysteriösen Wandschrank vergriffen hatte, steuerte der Sklave auf den Ausgang zu.
 

~~~~
 

Katos Kopf drehte sich zunächst misstrauisch nach rechts, dann nach links. Ok, woher waren sie schon wieder gekommen?

Der Sklave sah sich vor dem großen Problem stehend, dass der Teufel von ihm verlangt hatte, dass er doch tatsächlich alleine den Weg zurück in den Festsaal finden sollte. Das war nun wirklich eine Herausforderung, wenn man bedachte, dass Katos Orientierungssinn mit der einer Ameise im Labyrinth des Minotaurus zu vergleichen war.

Er drehte sich um und betrachtet die Tür mit den silbernen Ornamenten hinter sich noch mal. Also, wenn er richtig lag, dann hatte er sie beim Hereinkommen aus einer Perspektive etwas mehr rechts vom jetzigen Standpunkt gesehen. Kato tat einen großzügigen Schritt zur Seite und musterte das schwarze Portal noch einmal. Ja, so dürfte das etwa stimmen!

Zufrieden über seine eigene Genialität, den Weg auf diese Weise zurückzuverfolgen, drehte sich der Sklave um und schlug den linken Pfad ein.
 

Ihm war schon etwas mulmig zumute. So allein durch diese immer finsteren Gänge zu wandern und mal keinen wütenden Teufel im Rücken zu haben, empfand der Blonde doch als überaus beunruhigend. Er hatte noch sehr gut in Erinnerung, was bei seinem letzten kleinen Ausflug auf eigene Faust passiert war und er war wirklich alles andere als scharf darauf eine erneute Begegnung mit irgendwelchen Schattenfeen zu haben.

Kato wanderte weiter und hatte die Arme um sich selbst geschlungen. Einerseits aus reinem Selbstschutzinstinkt und andererseits weil ihm tatsächlich etwas kalt war. Diese scheiß Hölle schien neben ewigem Zwielicht auch noch die Angewohnheit zu haben, immer etwas untertemperiert zu sein. Außerdem kam noch dazu, dass der Sklave vor noch nicht allzu langer Zeit einem wundervoll warmen Bad entstiegen war, dessen Überbleibsel noch immer in Form ein paar feuchter Strähnen von seinem Kopf hingen.
 

Zu seiner Linken löste sich langsam, schemenhaft eine Tür aus der Dunkelheit. Und in Katos Geist schlich sich unweigerlich der Gedanke, dass das die Tür zur Folterkammer sein musste, in der ein paar ach so schöne Stunden verbracht hatte. Der Blonde musste schlucken und entschied, ohne die Tür weiter zu beachten, daran vorbeizugehen. Doch das stellte ihn vor ein neues Problem. Er und sein Herr waren den Weg vom Festsaal hierher nicht 'gegangen', sondern waren im wahrsten Sinne des Wortes in einem Strudel aus schwarzen Federn hier angewirbelt worden.

Kato schaute hinter sich. Ok, der Gang verlief nur in eine Richtung weiter, aber das hieß nach lange nicht, dass das auch der Weg zum Festsaal war. Nicht alle Wege führten nach Rom und manchmal täuschten sich auch Sprichwörter.

Der Sklave seufzte und lehnte sich an die Wand. Er wollte lieber nicht weitergehen. Denn selbst unverbesserliche Junkies lernen manchmal aus ihren Fehlern… auch wenn das bei Kato nur sehr selten der Fall war....

Entmutigt ließ er sich an der Wand nach unten gleiten und stützte den Kopf auf seine Hand ab. Eine leichte Gänsehaut überzog seinen Rücken. Die Kälte des Steins durchdrang den dünnen Seidenstoff nur allzu leicht.

Der Sklave wusste wirklich nicht mehr so recht, was er tun sollte. Jetzt, wo er mal wirklich die Absicht hatte, die Befehle seines Herrn auszuführen, kam ihm die grausame Realität in die Quere, die verhinderte, dass er auch nur ansatzweise eine Ahnung hatte, wo er langgehen sollte, um den besagten Zielort zu finden. Was für eine Ironie...
 

Kato rieb sich die Oberarme in der Hoffnung, so etwas Wärme für sich zu gewinnen. Ohne jedoch großen Erfolg zu erzielen. Er schaute sich noch einmal um und zog es für einen Moment in Erwägung nach Hilfe zu rufen. Allerdings schaltete sich schon nach kürzester Zeit wieder die kleine Stimme in seinem Hinterkopf - die sich seit Beginn dieses relativ hanffreien Aufenthaltes in der Hölle verhältnismäßig oft zu Wort meldete - ein und ermahnte den Selbsterhaltungstrieb in Kato daran, dass die Chance, so nur die Aufmerksamkeit irgendeines Perversen auf sich zu ziehen, wahrscheinlich bei Weitem größer war als wirklich auf Hilfe zu stoßen.
 

Aber was dann?
 

Nun schlussendlich siegte doch Kälte und Verzweiflung vor Vernunft. Ganz leise und kaum hörbar verließ das Wort den Mund des Sklaven:

"H-i-l-f-e"

Er saß immer noch zusammengekauert an seiner Steinwand und hatte die Knie dicht an seinen Körper gezogen.

"Hilfe!" dieses Mal kam die Artikulierung schon etwas deutlicher. Kato schaute sich um, ob vielleicht nicht jemand seinen miserablen Ruf gehört hatte.

Aber nein... Natürlich eilte kein Ritter auf weißem Ross herbei, um die blonde Jungfrau zu erretten. Nun gut, Jungfrau war vielleicht nicht ganz korrekt. Aber der Sklave war wirklich an einem Punkt, wo er sich wünschte, jemand würde auftauchen und ihm sagen, wo's lang geht. Er bestand noch nicht mal auf den Schimmel, ein einfacher Wegweiser hätte schon vollkommen ausgereicht, um seine Bedürfnisse zu befriedigen. Wäre doch Luzifer hier...
 

Halt mal! Hatte er das jetzt wirklich gedacht?! Nein zum Teufel! Bloß nicht Luzifer, der wollte ihn schließlich bestrafen. Eigentlich sollte er dankbar dafür sein, dass er sich verirrt hatte, das würde ihn zumindest für eine Weile vor einer erneuten Schmerz-und-Folter-Session mit dem Herrn der Hölle bewahren. Gut, 'bewahren' war vielleicht das falsche Wort, aber es würde die unumgängliche Konsequenz etwas hinauszögern und noch dazu verschaffte es ihm eine Ausrede.

Allerdings hätte Kato seine Seele darauf verwettet, dass es dem Teufel ja so was von egal war, ob er nun eine Begründung für sein Nichterscheinen hatte oder nicht.

Und wieder musste das Haustier schlucken. Ja, Luzifer wäre es absolut Schnuppe, ob er sich verlaufen hatte oder nicht. Er wollte, dass sein Sklave zu besagter Zeit an besagtem Ort war... und alles andere war egal.

Eigentlich wollte Kato den Fürst der Finsternis wirklich nicht noch unnötig provozieren.....
 

Also doch Hilfe...
 

"Ist hier jemand?!.... HALLO!.... Kann mich jemand hören!" Der Blonde hatte sich erhoben und schrie nun lauthals durch die Gegend. Seine früheren Gedanken hatte er in Erwägung der Tatsache, ob ihn nun das Zusammentreffen mit einem Perversen oder Luzifers Wut härter treffen würde, über Bord geworden.
 

Er drehte sich um seine eigene Achse und hielt Ausschau nach allfälligen Bewegungen in den Schatten. Doch nichts geschah. Alles blieb ruhig und Kato war nach wie vor allein.

"Hallo...?"

'Hallo...?' hallte das Echo zurück. Kato starrte in die Dunkelheit

"Ist da jemand?"

'Ist da jemand?' die höhnische Stimme, die von den Steinwänden zurückgeworfen wurde, war der einzige Begleiter des Sklaven als er langsam ein paar Schritte vorwärts tat.

Hier zu bleiben, würde nichts bringen. Natürlich könnte er (wieder mal) warten bis der Teufel auftauchte, um ihn zu holen, aber das hätte dann nur zur Folge, dass der umso wütender sein würde.

Also nahm das kleine blonde Haustier all seinen Mut zusammen und setzte seinen Weg in unbekannte Gefilde fort.
 

~~~~~
 

Warum zum Teufel mussten diese verdammten Gänge auch die Angewohnheit haben, dass je länger man sich in ihnen befand, sie immer dunkler und unheimlicher wurden!?

Kato schauderte und warf noch mal einen misstrauischen Blick über seine Schulter, um sich zu vergewissern, dass er auch wirklich alleine war.

Er war nun schon seit geraumer Zeit demselben Weg gefolgt und nichts hatte sich getan. Der Gang war einfach immer geradeaus weiter gegangen. Bis in die Unendlichkeit.
 

Ok, was konnte man gegen düstere Stimmung tun? Man stimmte ein kleines Lied an. Und das möglichst schräg, um so auch noch die letzten unentdeckten Zuhörer zu vertreiben.

Der blonde Kiffer hatte sich nie als sehr musikalisch angesehen. Die einzigen Gelegenheiten, wo er so etwas, wie nicht vorhandene gesangliche Begabung an den Tag gelegt hatte, waren Saufabende, bei denen Unmengen von Bier, ihre Trinker zu einer überaus unschönen Artikulierung ihres Rausches getrieben hatten. Auch Kato hatte seiner Freude immer gern mit so genanntem Gesang Luft gemacht.
 

"Che sera, seraaaaaaaaaaaaa....." es kratzte etwas in Hals des Sklaven. Ohne Alkohol waren diese musikalischen Auswüchse wirklich viel schwerer als er erwartet hatte.

"Che sera, sera.... Whatever will be, will be~...." außerdem schien sein Repertoire an Liedern etwas eintönig zu sein, denn es beschränkte sich, genau wie seine Singkunst im Allgemeinen, auf Songs, die er ebenfalls an besagten Saufabenden aufgeschnappt hatte.

"Che sera, sera... whatever will be, will be... the future's not ours to seeeeeee..." und weiter? Er hielt mitten in seinem Geträller inne und schüttelte den Kopf. Es war wirklich schlimm mit seinem Kiffergedächtnis.
 

Der Blonde hustete etwas vor sich hin, entschied dann aber es noch mal zu versuchen. In der Hoffung der entsprechende Text würde ihm während des Singens selbst einfallen, holte er tief Luft und setzte noch mal an: " Che sera, sera.... whatever will be, will be... the future's not ours to see....." und weiter kam er schon wieder nicht .... Doch dieses Mal sollte Abhilfe geschaffen werden, denn eine sehr schöne Stimme irgendwo aus dem Dunkeln half den Sklaven aus und ergänzte Doris Days Hymne zum finalen Schluss.

"The future's not ours to see.... che sera, sera~"
 

Der Besitzer der Stimme trat aus dem Schatten und baute sich vor Luzifers Haustier auf. Dieses trat rein gewohnheitsmäßig einen Schritt zurück. Schließlich konnte man nie wissen, was für Freaks man hier so antraf.

"Du singst grauenhaft... " meinte der Unbekannte, "...schlimmer als zehn rollige Kater, die zu Tode gefoltert werden!"

Kato schaute die Figur entsetzt an. Langsam dämmerte es ihm, wer da vor ihm stand und auch die Stimme hatte so was wie ein "déjà-entendu-Gefühl [1]bei ihm geweckt.
 

"Hutmacher..." stammelte er.

"Wer denn sonst?!" Belials weiß-geschminktes Gesicht löste sich langsam aus der Dunkelheit.

"Du kannst froh sein, dass dein jämmerliches Gejaule nicht irgendwelche anderen Dämonen angelockt hat... die nicht so nett sind wie ich..." Sie klang ein wenig vorwurfsvoll. Doch Kato zog es vor, die unausgesprochene Warnung zu übergehen und in seinem Hinterkopf lieber darüber zu debattieren, wie der verrückte Hutmacher auf die total verrückte Idee kam, sie könnte auf irgendwen "nett" wirken.
 

Während er so darüber nachdachte, kam ihn eine Idee, die wie eine Glühbirne in der Finsternis sein vernebeltes Gehirn erleuchtete.

"Sag mal, wenn du schon so nett bist, könntest du mir dann nicht sagen, wie ich von hier aus zum Festsaal komme?" der Blonde setzte seinen besten Hundeblick auf.

Belial musterte ihn bloß abschätzig und zog ihre kunstvoll geschwungene Augenbraue kraus. "Glaub bloß nicht, dass ich auf den billigen Trick reinfalle. Schließlich bist du hier in der Hölle..."

Das liebevolle Lächeln in Katos Gesicht erstarb und er seufzte entnervt auf.

"Aber du musst mir wirklich helfen, ich hab mich echt verlaufen..."

"Es wundert mich sowieso, dass du überhaupt noch laufen kannst, nachdem was du angestellt hast..." sie warf dem Haustier einen Das-geschieht-dir-recht-Blick zu.

"Jaja..." meinte der Sklave und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. "...die Falle war ja auch so fair!"

Nun schlich sich doch ein kleines Lächeln auf das Gesicht des Erzdämons.

"Ja vielleicht hast du recht....." sie trat wieder einen Schritt näher auf den Sklaven zu. "...wer hätte bei einer derart verführerischen Fallen schon widerstehen können..." Belial wuschelte ihm durch die Haare. Was bei dem Sklaven lediglich ein überaus energisches "Fass mich nicht an, Schlampe!" auslöste.

"Na na, nur nicht gleich unhöflich werden...." sie richtete ihren Hut und ein überaus charmantes Lächeln zierte wieder ihre roten Lippen. "...wo sagtest du, wolltest du hin?"

Kato beäugte sie misstrauisch.

"Zum Festsaal... Warum willst du mir jetzt trotzdem helfen?"
 

Der Hutmacher seufzte theatralisch. "Kann ich nicht einfach mal nett sein?"

"Nein, du nicht... und vor allem nicht, wo du doch vorhin noch was ganz anderes gesagt hast!" der Sklave stütze die Arme in die Hüften.

"Ach, du bist immer so pessimistisch, Kato-kun!" sie wollte dem Blonden schon wieder durch die Haare wuscheln. Dieses Mal aber reagierte dieser schnell genug und nahm einen Satz rückwärts.

Er bedachte den Satan der Hochmut mit einem vorwurfvollen Blick.
 

Der Dämon stand bewegungslos einen Meter vor dem Sklaven. "Es ist bewundernswert, welch großes Maß an Naivität du schon verloren zu haben scheinst...."

Die Augen des Hutmachers waren durch die Kante des großen schwarzen Hutes auf ihrem Kopf verdeckt, als sie diese Worte sprach. Dafür konnte Kato aber den Mund, dessen Ecken sich in einer überaus grausamen Weisen nach oben kringelten umso besser erkennen.

Er schauderte.

"Also gut... Ich bringe dich zum Festsaal, aber ich will eine kleine Gegenleistung..."

Aus irgendeinem Grund entspannte sich der Blonde innerlich ob dieser Aussage. Denn die Bestätigung dafür, dass hier unten nichts aus Nettigkeit oder gar Nächstenliebe getan wurde, war wieder mal gegeben und Katos Weltbild erhalten geblieben. Jetzt war nur noch die Frage, was für eine unmenschliche, grauenhafte, Gänsehaut erregende Gegenleistung Belial fordern würde.

"Was willst du?" der Sklave gab sich wirklich alle Mühe möglichst unberührt zu klingen
 

Der Hutmacher trat einen Schritt auf den Blonden zu und rieb sich die Hände. Eine Geste, die doch ein gewisses Unbehagen in Kato auslöste.

"Ich will, dass du mir die Narben zeigst...."

Es dauerte einen Moment bis das Gehirn des Kiffers, das Gehörte verarbeitet hatte, dann jedoch schrillten sämtliche Alarmglocken in seinem Kopf auf.

"Was!!!! Spinnst du?!"

Belial löste sich wieder etwas von dem Blonden. Ein nichtzudeutender Ausdruck zierte ihr Gesicht.

"Nun gut, wenn du nicht bereit bist, mir ein wenig entgegenzukommen, kann ich dir auch nicht helfen." Sie drehte sich zur Seite und wollte schon den ersten Schritt in die entgegengesetzte Richtung tun.

"Halt warte!" Kato sprang ihr regelrecht hinterher und packte den Ärmel ihres Mantels.

"Geh bitte nicht weg...." sein Blick war auf den Boden gerichtet, was von dem gefallenen Engel mit allergrößter Befriedigung registriert wurde.

"Wenn ich sie dir zeige, versprichst du dann, mich in den Festsaal zu bringen?"

"Ja, ich verspreche es...."
 

~~~~
 

Langsam drehte sich der Sklave um und begann die Knöpfe an dem schwarzen Hemd zu öffnen.

"Wag es bloß nicht, mich anzufassen!"

"Nein nein...." entgegnete der Hutmacher abwesend. Seine Blicke glitten bereits voller Erwartung über den Rücken des Blonden.

Der schwarze Seidenstoff rutschte zur Seite und entblößte erstmal eine weiße Schulter. Der Ansatz einer verblassenden Strieme war bereits sichtbar. Wie hypnotisiert hielt dieses Beweisstück von Gewaltausübung die gierigen Augen Belial gefangen. Sie wollten sich regelrecht in das Fleisch bohren.

Das Hemd glitt weiter nach unten und stellte so immer mehr des vernarbten Rückens zur Schau.
 

Dem Hutmacher entwich ein unfreiwilliges Keuchen. Wie in Trance hatte sie schon ihre Hand nach der verunstalteten Haut ausgestreckt, hielt aber im letzten Moment inne. Ihre Blicke glitten unaufhörlich auf und ab, wanderten den roten Striemen entlang.

"Hat es wehgetan?"

"Was ist denn das für eine Frage?! Natürlich hat es wehgetan!"

Kato schüttelte den Kopf über so viel Unwissenheit.

Das Stück Stoff war nun bis zu seinem Hosenbund heruntergerutscht und hing lose an seinen Armbeugen. Eigentlich war das ja gar nicht so schlimm. Sollte der verrückte Hutmacher seine perversen Fantasien halt an seinem Rücken befriedigen, darauf kam's nun auch nicht mehr an....

Solange dieses dumme Weib ihn nicht anfasste, war dieser kleine Semistrip Mittel zum Zweck.
 

Doch dann geschah genau das, was der Sklave nicht gewollt hatte: Belial umfasse ihn von hinten und zog ihn dicht zu sich heran.

"Halt! Stopp! Nimm deine dreckigen Finger von mir!"

Die Rufe des Haustiers blieben ungehört, denn die zwei Gestalten lösten sich in einem schwarzen Nebel im Nichts auf....
 

TBC
 

[1] Für alle, die des Französischs nicht mächtig sind: "déja-vu" heisst ja "schon gesehen" also hab ich das ganze einfach auf "schon gehört" ungedreht und so ist dann "déjà-entendu" entstanden.



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