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Hoffnung zu Asche

Schatten und Licht, Band 2
von

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Der etwas andere Blickwinkel

Ein sanftes aber aufdringliches Kitzeln im Nacken holte Hitomi aus ihrem tiefen Schlummer. Ihre Stimme summte protestierend, doch die spitzen Streicheleinheiten hörten nicht auf. Sie wollte nicht aufstehen. Die letzte Nacht in dem luxuriösen Gästezimmer war viel zu kurz gewesen, so wie die meisten Nächte in der letzten Zeit. Trotzig räkelte sie sich der Wärme vor ihr entgegen und genoss den herrlich Duft weiter Wiesen.

"Aufwachen, Sonnenschein! Lass dein Licht herein!", begrüßte Van sie verspielt. Sie bemerkte leicht verstimmt, dass er sie mit ihren eigenen Haaren geweckt hatte. Entschlossen den Tag nicht so früh zu begegnen, umarmte sie ihren Mann fest und schmiegte ihren entblößten Körper an seinen. "Oh nein, so leicht kriegst du mich nicht.", wehrte er ab. "Wir haben beide Termine und wir werden beide zu spät kommen, wenn ich jetzt nicht standhaft bleibe."

"Mmmh, standhaft ist gut.", flüsterte Hitomi betörend und rieb ihre Wange an seinen Bartstoppeln. "Sag ihm, er soll stehen bleiben!" Mit ganzen Körpereinsatz rollte sie ihn auf seinen Rücken und setzte sich offen auf ihn. Genüsslich rieb sie Hüfte über seinen Schoß, den er ihr prompt entgegen streckte. "Mal sehen, wie lange du aufrecht bleibst.", forderte sie ihn heraus und langte in ihren Schritt, doch ehe sie zur Tat schreiten konnte, pochte jemand an der Tür zum Schlafgemach. "Och nee!", quengelte sie, da richtete Van sich auf und küsste sie innig.

"Sobald du aus Fraid zurück kommst, machen wir genau hier weiter.", vertröstete er sie.

"Versprochen?"

"Ehrenwort."

"Ich lasse die beiden entkleiden und in einen Raum sperren, dann werden sie sich in kürzester Zeit 'einig'.", verkündete Hitomi hoch motiviert, hielt dann aber einen Augenblick lang inne. „Leider geht das erst, wenn Cid erwachsen ist.“, gebot sie sich selbst Einhalt.

"Wie bitte?", fragte Van verwirrt und sah im nächsten Moment die Antwort in ihren Gedanken. "Oh nein, was...Wie kommst du auf solche Ideen? Das kann doch kein Mensch überleben!"

"Anscheinend doch! Es gibt Männer, die regelmäßig miteinander schlafen. Mehr als du denkst."

"Nein, bitte hör auf!", flehte er und versuchte sich ihr zu entwinden. "Oder ich muss mich übergeben."

"Warum denn?", neckte ihn seine Frau unbarmherzig. „Ich weiß, wie sehr dich mein Kuss mit Merle erregt hat.“ Sie beugte sich zu ihm herab und säuselte mit scharfer Stimme in sein Ohr: "Wenn die Mädchen in meiner Heimat dich und Allen kennen würden, würdet ihr es in ihren Fantasien immer wieder treiben."

"Schweig Dämon!", befahl Van angewidert. „Das ist geistiger Missbrauch.“

Schelmisch grinsend machte Hitomi seinen Schoß frei, woraufhin er fluchtartig das Bett verließ und sich blitzschnell anzog. Seine Frau breite sich gut gelaunt auf der Decke aus. Sie hatte bei ihrer Rache wohl etwas übertrieben. Ein weiteres Klopfen holte sie aus ihren Gedanken. Sie stöhnte, richtete sich auf, zog einen Bademantel über und machte sich auf, den Alltag herein zu lassen.
 

Van badete wie immer allein, wofür Hitomi sehr dankbar war. Es schien im Palast Astorias keinen einzigen Diener zu geben. Es dauerte nicht lange, da kam er ihr in einem Flur frisch rasiert und in bequemer Alltagskleidung entgegen, während sie begleitet von Dienerinnen mal gerade auf dem Weg in eines der Zimmer mit einer Wanne war. Mehr und mehr akzeptierte sie die Anwesenheit der Frauen um sie herum, die selbst intimste Handlungen an ihr vollzogen, als sei es selbstverständlich.

An diesem Morgen schnitt man ihr auch die Haarspitzen, wobei die Dienerin mit der Schere sie argwöhnisch betrachtete. Vielleicht lag es an den kurzen Haaren. Hitomi ließ sie zwar wachsen, sie machten jedoch nur langsame Fortschritte.

Schließlich zog man ihr ein schneeweißes Kleid an. Eigentlich sollte es einfaches Kleid sein, das hinderte die Frauen jedoch nicht daran äußerst penibel vorzugehen und ein perfektes Ergebnis abzuliefern. Allein die kunstvollen Spitze an den Ärmeln und die Schleife um ihre Hüfte versetzte die Königin in Staunen. Laut Merle waren Ausschmückungen dieser Art neu in Mode. Ein Trend von vielen, der von der Zaibacher Hauptstadt aus die Welt eroberte.

Zurück in ihrem Zimmer stellte sie vergnügt fest, dass das Frühstück nicht angerührt worden war. Weniger glücklich war sie über den Berg an Papier vor Vans Nase. Ehe sie sich jedoch beschweren konnte, ließ er den Schreibtisch hinter sich und bot ihr einen Stuhl an der kleinen Tafel an. Sie nahm dankbar an und beide fingen an zu essen, ohne das seit ihrem Eintreffen auch nur ein Wort gefallen war.

„Sag bloß, du bist immer noch sauer.“, brach Hitomi das Eis. Van beachtete sie ausgiebig und seufzte.

„Nein.“, behauptete er. „Ich habe keinen Grund sauer zu sein. Du kommst von einer anderen Welt. Mich mit neuen Ideen auseinander zu setzten, gehört bei einer Ehe mit dir dazu.“

„Du sagst das so, als sei es etwas schlechtes.“, warf sie ihm vor.

„Es ist gewöhnungsbedürftig.“, beschwichtigte Van. „Manches Mal erschlägst du mich gerade zu mit deiner nachlässigen Moral. Es gibt aber auch Augenblicke, da erstaunst du mich mit deinen pragmatischen Lösungen.“

„Ist doch gut, dass ich mich von überholten Traditionen nicht in meinem Denken einschränken lasse.“

„Stimmt, und doch zeigst du eine bemerkenswerte Toleranz gegenüber diesen überholten Traditionen. Es würde mich nicht wundern, wenn man dir in Zukunft das Löschen eines jeden Brandherdes innerhalb der Allianz anvertrauen würde.“

„Nicht solange das Land Vasram etwas zu sagen hat. Ihr General hat mich immerhin als Hure beschimpft.“, zweifelte die junge Königin kleinlaut.

„Er denkt, du wirst in Fraid versagen und hat deshalb nichts gegen deine Berufung unternommen, aber du kannst ihn eines besseren belehren.“, feuerte ihr Mann sie lächelnd an, woraufhin sie beklommen auf ihren Stuhl hin und her rutschte.

„Bloß kein Druck.“, versuchte sie sich gegen seinen Optimismus zu wehren. Ein weiteres Mal an diesem Morgen klopfte jemand an der Tür. Van erhob sich eilig, machte sie einen Spalt weit auf und schloss sie einen Moment später wieder.

„Elhad verlangt, dass du kommst. Er sei müde zu warten. Cid hat er wohl auch rufen lassen.“

„Soll er doch warten!“, sagte Hitomi gereizt. „Ich bin die Schlichterin. Wann wir uns treffen, entscheide immer noch ich, und ich habe mich bis auf den Vormittag nicht weiter festgelegt.“

„Als Schlichterin solltest du die Streitparteien aneinander näher bringen und nicht gegen dich aufhetzen.“

„Ich weiß genug von Politik um zu verstehen, warum ich als Verantwortliche keine Schwäche zeigen darf. Wenn ich ihn einmal ins Kreuz krieche, wird er nichts anderes mehr erwarten. Und ich bin verantwortlich! Ein Wort von mir und Fraid wird von Astoria besetzt.“

„Wenn die Lage eskaliert, wenn Elhad gegen Cid zu Felde zieht, wird man dir es ebenfalls anlasten.“, gab ihr Mann zu bedenken, während er sich an den reich gedeckten Tisch setzte.

„Menschen würden sterben und alles nur, weil ein alter Mann seinen Neffen den Thron nicht gönnt.“, fügte sie verbittert hinzu.

„Immerhin ist sein Anspruch berechtigt.“, merkte er an. „Cid ist nicht der Sohn des verstorbenen Herzogs von Fraid.“

„Was Elhad nie herausgefunden hätte, wenn er nicht auf den Thron scharf wäre.“, konterte sie wütend.

„Hast du schon eine Idee, wie eine Lösung aussehen könnte?“

„Nein, aber ich weiß, wie ich sie erzwingen werde! Ich sperre sie in einem Raum.“

„Die Idee hattest du schon einmal.“, kommentierte er ihre Idee trocken.

„Angezogen und mit mir darin, damit Elhad Cid nicht umbringt.“, erklärte sie. „Dann wird solange kein Essen gebracht, bis sich beide vertragen.“

„Sie sind keine kleinen Kinder.“, wandte Van geduldig ein. „Außerdem wird Elhad so eine Nervenprobe sicherlich länger durchhalten als Cid.“

„Hast du einen besseren Vorschlag?“

„Erlaube jeden von ihnen einen Berater. Dann kann sich Cid moralische Unterstützung holen. Und stell dich auf eine sehr lange Schlichtung ein. Beide werden erst einmal auf stur schalten und versuchen die Sache aus zu sitzen. Wenn du als erste die Nerven verlierst, ist dein Aussöhnungsversuch gescheitert. Stell ihnen an geeigneter Stelle ein Ultimatum und geh davon aus es auch durchzuziehen. Selbst Cid wird es merken, wenn du schwindelst. Sobald die Luft eng wird, werden beide einlenken und nach einen Kompromiss suchen.“

„Noch etwas, Professor?“, zog Hitomi ihn auf, doch Van machte sich nichts daraus.

„Verzichte bitte auf unnötige Machtdemonstrationen. Du sitzt zwar am längeren Hebel, aber das musst ihnen nicht unter die Nase reiben, solange sie sich noch daran erinnern.“

„Jawohl, Sir!“

„Und jetzt wirst du zügig Frühstück essen und dann beide in einen Konferenzraum rufen lassen um den Ablauf der Abreise heute zu besprechen. Es ist schädlich für das Gesprächsklima, wenn du hungrig bist oder sie warten lässt.“, belehrte er sie weiter.

„Außerdem wäre es eine Schande, das Essen stehen zu lassen.“, pflichtete sie ihm bei und füllte ihren Teller mit delikaten Speisen.
 

Nachdem sie geschminkt und mit einem ausladenden Gewand neu eingekleidet worden war, betrat die Königin Farnelias das Konferenzzimmer, in den sie die beiden Kontrahenten geladen hatte. Während Cid sich zügig erhob um sie höflich zu begrüßen, sprang Elhad geradezu auf.

„Wie lange sollten wir denn noch warten!“, schrie er sie wütend an und versuchte sie nieder zu starren. Hitomi ließ sich auf das Blickduell ein und antwortete ihm keck:

„Eine Dame kommt nie zu spät. Wusstet ihr das nicht?“

„Ich sehe keine Dame, nur eine vorlaute Göre.“

„Es tut mir Leid. Ihr scheint langsam zu erblinden. Ich nehme an, es liegt am Alter.“

Elhads bärtiges Gesicht lief rot an.

„Wie könnt ihr es...“

„Onkel!“, unterbrach ihn Cid scharf. „Ihr bereitet unserem Land Schande. Mäßigt euch!“

„Dein Vater ist nicht hier, Junge, und du hast mir nichts zu sagen.“, schüttelte der stämmige Mann die Mahnung seines Neffen ab.

„Ich aber!“, schaltete die Schlichterin sich ein. „Und ich werde keine Dreistigkeiten dulden. Beleidigen sie mich, stichele ich zurück. Beleidigen sie Cid, entziehe ich ihnen für unbestimmte Zeit das Wort.“

„Sie können nicht...“

„Zweite Regel: Der eine lässt den anderen ausreden. Wer redet und nichts sagt, dem entziehe das Wort.“, fuhr Hitomi unbeeindruckt fort. „Für den Zeitraum der Schlichtung ist Gewalt verboten. Kommt eine der Streitparteien oder deren Untergebenen durch die andere Streitpartei oder deren Untergebenen zu schaden, ist die Schlichtung gescheitert und ich veranlasse die Annektierung Fraids durch Astoria. Mir ist es dann auch völlig egal, wie es zu dem Kampf kam und wie er ausging. Jede der anwesenden Parteien ist ein Berater erlaubt. Zeugen können am Anfang einer jeden Sitzung geladen werden. Wann eine Sitzung oder die gesamte Schlichtung zu Ende ist, entscheide ich. Wie sie endet, entscheiden sie.“

„Ich habe dutzende Berater.“, äußerte sich Elhad ungläubig. „Einer reicht nicht.“

„Je mehr Personen anwesend sind, desto länger wird die Einigung dauern, und entscheiden können sowieso nur sie beide.“, begründete Hitomi ihre Vorgehensweise und fing dabei auch Cids Blick ein. Er nickte und zeigte sich so einverstanden. „Heute Nachmittag reisen wir in Herzog Cids Schiff ab und fliegen in die Hauptstadt Fraids. Dort vertrete ich für die Dauer der Schlichtung Cid als Herrscher. Im Anschluss an der Schlichtung gebe ich das Ergebnis bekannt und übergebe die Krone. Ob sie einer von ihnen empfängt, oder König Aston, hängt natürlich von ihnen ab.“

„Die Mühe können sie sich sparen!“, erwiderte Cids Onkel hochtrabend. „Ihr seid dem Kind viel zu sehr verbunden, um neutral sein zu können. Ich weiß jetzt schon wie das Ergebnis eurer sogenannten Schlichtung aussehen wird und ich werde es nicht akzeptieren! Der Thron Fraids gehört von Rechtswegen mir!“

„Dann verlieren sie beide alles.“, erinnerte die Königin ihn streng. „Zum Glück haben sie einen falschen Eindruck von mir. Ich glaube nicht, dass man Herrscher sein muss um glücklich zu sein.“ Dann sah sie bewusst zu Cid und ermahnte ihn stumm gut über ihre Worte nachzudenken. „Schließlich bin ich ohne Aussicht auf Befehlsgewalt aufgewachsen und mir hat sie nie gefehlt.“

„Und doch habt ihr eine Krone geheiratet.“, spottete Elhad.

„Ich habe einen Mann geheiratet!“, konterte Hitomi in ihrer Ehre verletzt. „Und ich stelle mich der Verantwortung, die diese Ehe mit sich bringt.“

„Wie war das so?“, fragte Cid plötzlich dazwischen. „Ich meine, als ganz normales Kind zu leben.“

„Es gibt keine normalen Kinder, Cid. Aber wenn du Wareh heute freigibst, helfe ich dir beim Packen und erzähle es dir.“, schlug sie vor. „Einverstanden?“

Cid nickte eifrig und beide ließen einen sprachlosen Elhad zurück, der sein Glück kaum fassen konnte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Ruki_Nishimura
2012-02-04T21:40:51+00:00 04.02.2012 22:40
BÄM. Nach einer langen langen Zeit endlich am Ende angekommen... Oder auch nicht... Ich meine... Es ist ja nicht das Ende! °o° Aber ich will mehr. Ich mag deinen Schreibstil, gerade weil es keine typische FF ist! :)
Ich mag die seltsamen Wendungen, die diese Geschichte nimmt ohne abgedreht zu sein. (auch wenn ich Hitomis Superpower doch seltsam finde...) Und ich mag es wie du es schaffst verschiedene Storylines immer wieder zusammen zuführen.

Das letzte Update ist schon ein bisschen her, aber ich habe die Hoffnung, dass es doch noch irgendwie weiter geht! :3

P.S.: viel (Menge) und fiel (einfache Vergangenheit von Fallen) ist nicht das Gleiche! :D
Von:  fahnm
2011-08-06T20:50:13+00:00 06.08.2011 22:50
Da hat Elhad ziemlich blöd geschaut.
Bin mal gespannt wie es weiter gehen wird.^^


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