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Arcana

für [[_Noctifer_]]
von

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I. Der Turm
 

Klack, Klack ...
 

Plastik, das auf glänzendes Parkett gefallen ist.

Und obwohl meine Sicht gerade verschleiert ist, mein Kopf meint, gleich auf meinem Hals explodieren zu müssen, erkenne ich, was da liegt.

Und für einen Moment setzt der Herzschlag aus.

Meine Hand streckt sich automatisch nach den beiden Ausweisen. Zwei simple Karten, auf beiden das ShinRa-Logo gepresst. Eine endlos lange Nummer, ein Barcode. Im System sind wir alle diese Nummern. Statistik. Zahlen, in denen erfasst wird, wie hoch unser Gehalt ist. Wie viel Anspruch wir auf Rente haben, wie oft wir zum Arzt müssen. Wie viel Kollateral-Schaden wir auf einer Mission verursacht haben.

Nur Nummern.
 

Nummern, auf die der Präsident schwören sollte.
 

Meine Finger tasten nach den Ausweisen. Neben mir sehe ich aus den Augenwinkeln eine schwarze Stiefelspitze. Höre die Schritte des Jungen, der mir gerade etliche Knochen gebrochen hat.

Ich könnte jetzt in meine Tasche greifen, mein Messer heraus ziehen und es dem Bastard in die Ferse jagen.

Ich könnte.

Aber alles was ich tue, ist diese verdammten Karten zu mir zu ziehen.

Diese Aktion würde ... wird mir in der Nachbesprechung eine hochgezogene Augenbraue einbringen.

Er würde ... wird nichts sagen.

Bis wir alleine sind. Er mich darauf hinweisen würde ... wird, dass der Job immer vor das persönliche gestellt werden muss.
 

Das Blut verwischt. Schmiert über das Plastik. Es ist noch relativ frisch. Rote Streifen ziehen sich über das Foto.

Das perfekte Abbild eines Turks. Gerade Schultern, neutraler Gesichtsausdruck, scharfe Gesichtszüge, stechender Blick.

Tseng, Chef des Departments.

Der Mann, vor dem die Menschen Angst haben. Wenn sie wissen, was er tut.

Der Mann, den die Menschen respektieren, wenn sie nicht erkennen, dass er ein Turk ist.

Was das Foto nicht zeigt, ist sein verschlafenes Grinsen an einem freien Morgen, wenn ich ihn mit frischem Kaffee zum aufstehen bewegen muss.

Was das Foto nicht zeigt, ist die Art wie er Nachts in eines meiner Hemden gewickelt auf dem Sofa sitzt, die Haare ihm ins Gesicht fallen und er noch versucht, die letzte Aktenarbeit zu erledigen.

Momentaufnahmen wie dieses verdammte Foto. Das nur den ShinRa-Mitarbeiter zeigt.

Nicht den verdammten Dreckskerl, mit dem ich zusammen bin.
 

Der Idiot, der seine Pflicht immer erfüllt.

Das Arschloch, das mir den Befehl gegeben hat, den Helikopter zu starten.

Der Wichser, der dafür gesorgt hat, das der Kopf dieser Schlampe in Sicherheit kommt. Und mit diesem Scheiß-Körperteil auch ich.
 

Für Elena konnte er nicht das selbe tun. Sie war zu weit weg vom Helikopter. Zu nahe bei ihm.
 

Eine Tür fällt krachend in das Schloss, Kadaj ist so schnell verschwunden wie er aufgetaucht war.
 

Rude spuckt einen ausgeschlagenen Zahn aus. Murmelt leise: "Scheiß Blag."

Rufus hustet. Ein röchelnder Laut. Das Geostigma hat sich bis in seine Atemwege gefressen.

Ich ziehe mich hoch, sitze im Schneidersitz auf dem glänzenden Parkett. Und die beiden Ausweise verschwinden in meiner Tasche.
 

"Oi, die Krone wird teuer." Mein Blick richtet sich auf den Zahn, der auf dem Holzboden liegt. Rude rutscht die Sonnenbrille herunter. "Reno! Tseng und Elena sind ..."
 

Sag es nicht! Sprich es nicht aus!
 

"...vermutlich tot." Rude ist ein Turk. So wie ich. Wir wissen, wie man diese Worte sagt. In einem Nebensatz. "Und du machst dir Gedanken über meine Zähne?" Er schüttelt fassungslos den Kopf.

"Yo, die kann man noch ersetzen, weißte."

Das ich jetzt kotzen muss, sich mein Mageninhalt über den teuren Fußboden verteilt, lässt sich auf die Schläge schieben, die ich einstecken musste.

Tseng würde ... wird meine Kontrolle bewundern.

Nichts, absolut gar nichts deutet darauf hin, das ich Angst habe. Panische Angst.
 

Rufus gibt die Order, das wir unseren Job machen sollen. Wir sind Turks. Jetzt nur noch zwei. Mein Best Buddy Rude und ich.
 

Und wir machen unseren Job.

Finden Tifa und Cloud in der verdammten Kirche. In den Blumen liegend. In meinem Kopf klingt die Erinnerung an Aeris Lachen, ich sehe ihre weit aufgerissenen Augen vor mir. Höre meine eigene raue, heisere Stimme wieder, als ich sie anbelle: "Tseng is' kein abgefuckter Postbote!"

Vielleicht ist es Kompensation, das ich jetzt durch die Blumen stapfe.

"Hey, pass auf. Die Pflanzen haben dir doch nichts getan." Rude rückt zum wiederholtem Mal an diesem Tag seine Brille zurecht, hebt dann Cloud auf.

"Nich' die scheiß Pflanzen." antwortete ich und schultere Tifas leichten Körper. Meine schweren Schuhe hinterlassen eine tiefe Schneise im Grün, Gelb und Weiß.
 

Die Angst bleibt. Frisst sich tiefer in mich. Und niemanden, absolut niemanden kann ich sagen, das ich sie habe.

Wir sind Turks.

Wir ficken, wenn uns danach ist. Wen wir wollen. Keine falsche Scham an dieser Stelle. Wir kompensieren so.

Das überschüssige Adrenalin, nach dem uns beinahe das Hirn während eines Jobs weg gepustet wurde.

Den Frust, wenn wir in Papierstapeln versinken.

Niemand macht uns einen Vorwurf deswegen. Wir haben unseren Ruf.
 

Was wir nicht haben, sind Beziehungen. Keine festen Bindungen. Ich verstehe jetzt, wieso genau das ein ungeschriebenes Gesetz ist.

Würden die anderen lachen, wenn ich sage, das ausgerechnet Mr. Überperfekt dieses Gesetz gebrochen hat?

Mit einem schüchternen Grinsen. Mit der Erklärung, das er keine Ahnung hat, wie man sich von einem Kerl vögeln lässt.

"Oder mit einer Frau schläft, um es zu präzisieren." wie er im selben Atemzug anfügte, und dabei seinen Dialekt nicht unterdrücken konnte.

Nur Tseng fällt in dem Moment, wo ihm ein Blow Job verpasst wird, ein Wort wie präzisieren ein.
 

Es gibt keine anderen mehr, die darüber lachen könnten - es ist nur noch Rude da. Und selbst Rude habe ich es nicht erzählt.

Habe ihm nicht erzählt, das ich Tseng vögle. Regelmäßig. So regelmäßig, dass ich irgendwann fest stellen musste, dass da mehr war. Bis es nicht mehr um Sex ging. Nicht nur. Bis ich plötzlich morgens gemerkt habe, das was an meiner Seite fehlt. Weil er pünktlich um sechs Uhr verschwindet.

Verschwunden ist ... Verschwinden wird.

Schon wieder verknotet sich mein Magen, muss ich aus dem Kinderzimmer rennen, in welches wir Cloud und Tifa geschleppt haben.
 

Dieses Mal wird der Kotzkrampf rechtzeitig mit einer Zigarette bekämpft. Und einer Flasche Wodka, die ich hinter der Theke hervor zerre.

Ein Vorteil, wenn man in einer Bar festsitzt, zum Warten verdammt ist: Der Nachschub an Alkohol ist scheinbar unbegrenzt.

Alkohol, den ich jetzt brauche, um meine flatternden Nerven zu beruhigen. Nach dem dritten Schluck lässt langsam die Angst nach. Nach dem fünften - die Flasche ist fast leer - erinnere ich mich an eine ähnliche Situation.
 

Eine Situation, in der meine Nerven so blank lagen. Damals, als Sektor 7 in die Luft geflogen ist. Als ich zitternd auf dem verdammten Klo saß, Kette geraucht habe, den Wodka herunter stürzte und mir klar wurde, dass ich die verdammte Platte gesprengt habe.

Tseng tauchte plötzlich auf. Wusste, wo er mich finden würde. Lautlos wie üblich, stand er vor mir. Nahm mir wortlos die Wodka-Flasche ab, leerte den Rest in einem großen Schluck, kniete sich hin und öffnete mir die Hose.

Nicht mein Boss, der mir den Befehl gegeben hat, den beschissenen Sektor in die Luft zu jagen. Nicht mein Boss, der so ein Ding für Ordnung und Reinlichkeit hat.

Sondern mein Kerl, der mir half durch den Fick zu kompensieren. Der sich nicht zu schade dafür war, genau das auf einem verdreckten öffentlichem Klo zu tun.

Surreal beleuchtet durch die flackernden Flammen der Explosion.
 

Jetzt ist er nicht da, um meine Nerven zu beruhigen. Jetzt habe ich nur die Wodka-Flasche. Die viel zu schnell leer ist.

Whisky ist das nächste, was ich in die Finger bekomme. Und genau wie bei dem Wodka erspare ich es mir, nach einem Glas zu suchen.

Zähflüssig verstreichen die Minuten. Ich frage mich, was ich hier tue.

"Passt auf Strife auf!" - Genau, das war die Order, die Rufus gegeben hat, durch das Telefon bellte. Wir sind Turks. Wir tun, was der Boss sagt.

Rude ist oben, achtet darauf das unser Held nicht vom Bett fällt.

Minuten weiten sich aus. Werden zu Stunden.

"Yo Dude!" Ich lalle, zu viel Alkohol ist inzwischen die ausgetrocknete Kehle herab geflossen. "Wat

macht Chocobohead?"

"Schlafen."

"Un' Tifa?"

"Auch Schlafen." Täusche ich mich, oder ist da ein gereizter Unterton in Rudes Stimme?

Nach der nächsten Flasche greifend, grummle ich leise: "Wenigstens schlafen se."

Und sind nicht tot.
 

Warten, herum sitzen, trinken.

Mehr kann ich gerade nicht tun.

Ich hasse es, zu warten.
 

Rude brüllt herunter: "Hör auf zu saufen, mach was sinnvolles. Wir haben einen Job."

Jetzt weiß ich, er ist sauer.

"Guck mal, wo die verdammten Blagen sind." ruft er laut. "Sollten doch eigentlich hier sein."

Schwankend steh ich auf, sehe unter den Tresen.

Keine Kinder.

Sehe unter die Tische.

Keine Kinder.

Gehe in die Küche, öffne die Schränke.

Keine Kinder.
 

Warum macht Rude sich Gedanken über die Scheiß Gören? Es sind nur Blagen. Keine Turks.
 

"Nich' da. Nirgen's wo versteckt." Meine Stimme ist rau, heiser.

Rudes große Silhouette erscheint oben am Treppenabsatz. "Dann such sie, Reno."

Er hat sich die Sonnenbrille abgenommen, poliert sie. "JETZT!"

Mit einem schlaffen Salut in seine Richtung torkle ich zur Tür.
 

Draußen scheint mir die Sonne viel zu hell in die Augen. Es hat die ganze Zeit geregnet. Nur heute, ausgerechnet heute, ist das Wetter gut.

Es ist ungerecht. Denn ohne Regen gibt es keine plausible Erklärung für die beschissenen feuchten Tropfen in meinem Gesicht.

Außer die Sonne, die mir grell ins Gesicht sticht.

Warum heule ich?

Turks sterben. Das liegt in der Natur der Sache. Die Nummern auf unseren Ausweisen sind nur Makulatur dieses Umstands.

Kein Turk ist bisher in Rente gegangen.

Warum heule ich um einen Kerl?

Tseng war nicht der erste, den ich flach gelegt habe. Vor ihm gab es andere. Und auch jetzt gibt es immer wieder jemanden. Namenlose Frauen, namenlose Männer. Schnelle Nummern in verdreckten Hotelzimmern.

Kompensation dafür, dass mein Boss, der Chef unseres Departments, mich in den Wahnsinn treibt mit seiner überperfekten Art. Mich mit einem Blick, einem zynischen Satz so einfach bloß stellen kann.

Mein Heulen wandelt sich in ein Lachen. Ein Lachen am Rand der Hysterie.
 

Nach einer halben Stunde, nach dem ich noch einmal gekotzt habe, gebe ich die Suche auf. Die Gören sind verschwunden.

Was geht es mich an? Was interessieren sie mich? Sind wir Teil von Reeves Weltrettungsorganisiation?

Mein Blick streift durch die Gasse hinter Tifas Bar. Über den Müll, der sich hier angesammelt hat. Grauer Beton, verdreckter Asphalt, rostiges Metall. Dahinter erhebt sich das Gerippe des ShinRa-Turms.

Ich fühle mich so ausgebrannt wie das Gebäude. Und genauso leer.
 

"Hey Turk!" Eine verbrauchte, alte Stimme. Der Mann, der mir entgegen schlurft, wirkt vertraut. "Guckste dir an, was ihr angerichtet habt?" Mit einem Nicken über seine Schulter deutet er auf die Ruine. "Shinra und ihr Wichser seid hierfür verantwortlich!" Anklagend hebt er seine Hand, und der herab rutschende Ärmel seiner Jacke legt schwarze Flecken frei.

"Willste jetzt mein Mitleid, oder was? Wenigstens weißte wann und wie du krepierst."

Ein Luxus, den kein Turk hat.

Er spuckt vor mir auf den Boden. Schwarzer Schleim, der auf dem Asphalt glänzt. "Genauso arrogant wie früher. Nichts gelernt, Turk? Nicht gelernt, dass ihr genauso Dreck seid wie wir?"

Ich bin nicht in der Stimmung für philosophische Gespräche. Ich bin zu betrunken. Was weiß der Alte schon über die Turks.

Er lacht meckernd. "Ich habe einen wunden Punkt getroffen, nicht wahr? Du vermisst die Zeit, wo man vor euch Angst hatte... Jetzt seid ihr nur noch Witzfiguren, die in ihrer eigenen Vergangenheit leben."

"Halt die Fresse." Langsam werde ich ungeduldig. Und tief in mir flüstert eine leise Stimme, das er die Wahrheit sagt. Nach Meteor veränderte sich alles.

Der Alte weiß nicht, wann es genug ist. Immer noch schallt seine hämische Lache durch die enge Gasse. "Du hast recht, Turk. Ich weiß, woran ich krepiere. Aber wenigstens kann ich mir selbst noch in die Augen sehen."

"Falsch." korrigiere ich mich selbst. "Niemand weiß, woran er krepiert." Meine Stimme ist nur ein heiseres Flüstern. Ich gönne ihm nicht dieses Recht. Gönne ihm nicht, dass er meint, sich heraus nehmen zu können, was ich nicht habe.
 

Erst als sein Gesicht nur noch eine blutige Masse ist, in die mein schwerer Schuh wieder und wieder hinein tritt, fällt mir ein, wer er war.

Einer von Scarletts Sekretären.

Und in dem Gesicht gibt es keine Augen mehr, in die man sehen könnte.
 

Dafür fühle ich mich besser. Für ein paar Minuten. Die Witzfigur hat kompensiert.
 

Kann gerade neben Rude stehen, als Cloud aufwacht. Mein Partner schweigt zu den dunklen Spritzern, die an meinen Schuhen kleben.

Und ich muss mich zusammen reißen um Strife nicht an die Gurgel zu springen. Es gibt niemanden, der ihm die Lethargie befohlen hat.

Niemanden, der die Macht hat, ihm das Warten zu verordnen. Aber er sieht mich nur an. Senkt den Kopf.
 

II. Der Gehängte
 

Klack ... Klack
 

Schritte auf nacktem Stein. Meine Stiefel, die Metallkappen, machen den Lärm. Ich frage mich, was ich hier tue. Warum ich hier bin.

Eine Unterhaltung, ein paar gewechselte Worte, zufällig gehört, haben mich hier her gebracht.
 

Die drei merkten nicht, das ich in der Nähe war, sprachen unbesonnen über ihre Gefangenen.

"Sie sind seltsam. Der Kerl redet nicht." sagte der mit den langen silbernen Haaren.

Neben ihm, an einen Baum gelehnt, schnaubte der größte der Drei. "Du kannst das halt nicht."

"Natürlich kann ich es." Die Antwort klang weinerlich, fast beleidigt. "Ich habe es mit Schmerzen versucht. Funktioniert nicht. Mit Erniedrigung." Die Miene unter den langen Haaren verzog sich angewidert. "Er hat mir vor die Füße gespuckt."

"Ich sage doch, du kannst es nicht."

Der dritte schüttelte den Kopf. "Konzentriert euch auf die Frau. Dann wird er reden. Und ich besuche jetzt den Präsidenten." Lachend hielt er zwei Karten hoch, zwei Ausweise deren Aufmachung ich noch zu gut in Erinnerung habe. Aus einer anderen Zeit, einem anderen Leben.

Sah das ShinRa-Logo. Sah die Fotos. Ein Mann und eine Frau in schwarzen Anzügen. Perfekte Körperhaltung, konzentrierter Blick.
 

Ich kenne sie beide.

Beide sind sie Turks.

//Du aber nicht mehr ... Du bist tot. Auch für die Turks.//

Ich hasse es, wenn Galian recht hat.
 

Also, was tue ich hier?

Ein normaler Mensch würde bemerken, wie kalt es hier unten ist. Ich kann es mir nur denken, sehe den Atem, der vor meinem Mund kondensiert. Kleine weiße Wolken, die mich daran erinnern, das ich noch nicht vollkommen gestorben bin.

Das ich noch so etwas ordinäres wie Luft brauche.
 

Ich war schon einmal hier unten. Bin schon einmal durch die Gänge gewandert, auch damals wollten wir etwas retten.

Will ich wirklich etwas retten? Oder mit etwas abschließen? Ich glaube nicht, dass ich noch viel erreichen kann.

Ein Turk lernt, Folter zu ertragen. Bis zum Ende.

Tseng ist ein perfekter Turk. Perfekter, als ich es je war.

Elena ist seine Partnerin. Sie muss mindestens so perfekt sein wie er. Etwas anderes würde er gar nicht an seiner Seite erlauben.
 

Kurz verlieren meine Gedanken sich in Erinnerung. In eine Zeit, die vorbei ist, die sich nicht zurück bringen lässt.

Wir waren damals unschuldiger. Wenn man als Turk unschuldig sein kann. Nicht so abgebrüht, nicht so skrupellos.

Vielleicht war es auch nur ich, der noch so etwas wie ein Gewissen hatte. Vielleicht war das genau der Fehler, der mich zu dem gemacht hat, was ich jetzt bin.

Mit einem Kopfschütteln vertreibe ich die Geister der Vergangenheit. In mir lacht Galian zynisch.
 

Dann höre ich ein Keuchen. Meine geschärften Sinne nehmen den Gestank von altem, eingetrocknetem Blut wahr. Ein Geruch, der selbst für mich jedes Mal eine Herausforderung ist.

Ich folge den Geräuschen, dem Geruch.

Und finde die Frau.

Als ich sie zum ersten Mal getroffen habe, war sie noch fast ein Kind. Ein junges Mädchen mit zu viel Ehrgeiz. Versuchte, alles richtig zu machen.

Sie spürt meine Hand auf ihrer Schulter. Öffnet die Augen. Und ich sehe nicht in den unschuldigen Blick eines Kindes. Trotz der Verletzungen, trotz der Tatsache, das es nur noch der pure Wille ist, der sie am Leben hält, sind ihre Augen kalt. Sie ist ein Turk.

"Nicht bewegen." murmle ich leise. Möchte sie zu beruhigen.

Sie faucht nur: "Sehr witzig, Valentine." Dreht den Kopf, sieht sich suchend um. "Tseng?"

"Habe ich noch nicht gefunden."

Elena ignoriert meinen Rat, still zu halten, zieht sich hoch in eine sitzende Position. Ich kenne diesen Ehrgeiz. Turks dürfen keine Schwäche zeigen. Sie blickt an sich herunter. Bemerkt erst jetzt, begleitet von einem Achselzucken, das sie nichts mehr trägt außer ihren Slip.

Ein Detail, dass auch mir in diesem Moment ins Auge springt. Es ist nicht nur der Anzug, der einen Turk definiert.

Ächzend greift sie nach den Überresten ihrer Kleidung, hält mich mit einer Handbewegung davon ab, ihr meinen Mantel um die Schultern zu legen.

Tastet dann prüfend zwischen ihre Beine und zischt verächtlich: "Schlappschwänze. Nicht mal ansatzweise konsequent."

Ich weiß was sie meint, als ihre Finger kurz den Bund des Slips gegen die Hüfte schnappen lassen. Das sie den noch trägt, heißt nur, dass die drei nicht zu einem der gängigsten Mittel gegriffen haben, um eine Frau zu brechen. Und ich bin keineswegs irritiert über Elenas Kaltschnäuzigkeit.

Sie stöhnt leise, renkt sich ihren Arm ein. Knochen springen knackend zurück an die richtigen Stellen. "Hast du Materia dabei? Oder eine Potion?" Es geht ihr miserabel. Sonst würde sie sich diese Frage ersparen. Wie so viele Turks hat auch sie eine Abneigung gegen Magie. Gegen irgendeine unnatürliche Veränderung im Status Quo. Turks sind was sie sind.

Ich ziehe die Cure-Materia heraus. Mit einem winzigen Hauch von Befriedigung. Sie kommt also doch noch zum Einsatz. Es gibt etwas, dass ich tun kann.

//Das dir keine Absolution erteilt, Vincent.// rumort es in meinem Kopf. //Die kleine Schlampe sagt nicht einmal danke.//

Galian weiß nicht, dass sich ein Turk niemals bedankt.
 

"Such Tseng. Ich komme hier alleine klar." Elena steht. Wackelig, ihre Beine haben Mühe ihr Gewicht zu tragen. Aber sie steht. Stützt sich mit einer Hand am rauen Fels ab.

Das braune Blut, dass an ihrem Körper klebt, in ihren Haaren hängt, wird ignoriert. Auch die Narben, die trotz der Materia zurück bleiben werden.

Es sind nicht die ersten.
 

In mir will Galian sich weigern. Er mag ihren Tonfall nicht. Mag es nicht, so abkommandiert zu werden.

Es gibt Dinge, die tiefer in mir sitzen als dieses Biest.
 

Tseng zu finden, gestaltet sich schwieriger. Sie haben ihn tiefer in das Labyrinth aus Gängen geschleppt.

Und als ich ihn endlich entdecke, lacht das Monster in mir schallend. Triumphierend.

Dort liegt er, der Chef der Turks. Der Mann, der die Zerstörung eines ganzen Sektors befohlen hat. Der Mann, der für den Tod so vieler Menschen verantwortlich ist.

In seinem eigenen Blut. Nackt und verletzlich, menschlich.

Seine Brust hebt und senkt sich kaum. Der Faden, der ihn am Leben hält, ist dünner als Elenas. Es genügt ein Blick um zu wissen, dass sie bei ihm weiter gegangen sind. Das sie alles versucht haben, um ihn zu brechen.

Und ich frage mich, ob sie es geschafft haben.

Das meiste Blut ist aus einer Narbe geflossen, die er schon seit zwei Jahren hat. Die sich über seinen Unterbauch zieht. Sie haben sie wieder aufgetrennt, rohes Fleisch liegt frei. Fliegen haben sich bereits an den Rändern fest gesetzt.
 

Ich stehe vor ihm. Sehe auf ihn herunter. Und dann wird mir klar, wie jung er eigentlich ist. Der Anzug, ob nun blau oder schwarz, lässt ihn älter wirken. Viel älter.

Oder war es meine eigene Erwartung, die es mir vorgegaukelt hat?

Die Vergangenheit war Veld. Fast gütig, fast eine Vaterfigur.

Die Gegenwart ist Tseng. Kalt, reserviert.
 

Dann erinnere ich mich, warum ich hier bin. Und auch jetzt brauche ich die Materia. Hole Tseng gerade rechtzeitig von der Schwelle zurück, die er schon einmal überschritten hat.

Keuchend kommt er zu sich. Gibt den letzten Rest Mageninhalt von sich.

Ist in diesem Moment wirklich nur ein junger Mann, dem der Stolz genommen wurde.

Minutenlang sitzt er auf dem kalten Steinboden, die Arme um die Knie gezogen, den Kopf gesenkt.

Sie haben ihn gebrochen. Sie haben verhindert, das er den einzigen Ausweg nimmt, den er für sich gesehen hat. Die Schnitte auf seinen Armen schreien es einem direkt ins Gesicht.

Der Moment in dem ich dies realisiere, ist der in dem ich mich neben ihn setze. Den Gestank der Kotze, des Bluts ignoriere.

"Tseng." Meine Stimme schneidet scharf durch die kühle Luft. "Reiß dich zusammen!"

Ich hätte nicht geglaubt, dass ich nach all den Jahren genau dieses Timbre, genau diesen Tonfall über die Lippen kriege.

Meine Worte treffen den richtigen Punkt.

Die Schultern des jungen Mann neben mir straffen sich. Die Erinnerung kommt zurück. An das was er ist.

Ich weiß selbst, wie viel Schmerz der menschliche Körper ertragen kann. Wann er einfach resigniert.

Sie haben diesen Jungen weit über die Grenze getrieben. Doch nicht weit genug.

Zwei, drei Minuten hockt er noch in sich zusammen gekrümmt. Es ist kein Selbstmitleid, das ihn in dieser Haltung hält. Er sammelt sich.

Dann fährt seine Hand hoch, streicht die Haare aus dem Gesicht. Eine vollkommen simple Geste. Eine erschreckend präzise Bewegung.

"Meine Kleidung?" Er hebt den Kopf. Sieht mir direkt ins Gesicht. Genau wie Elenas Augen sind auch seine kalt. Genau wie Elena spricht auch er keinen Dank aus.

//Vinnie, du bist einfach zu gut für diese Welt...//

Galian täuscht sich erneut. Ich erwarte überhaupt keine Dankeshymnen. Wäre verwundert, wenn ich sie bekommen würde.

"Keine Ahnung, wo sie ist, Tseng. Kannst du aufstehen?"

Er grinst matt.

Der erste Versuch scheitert. Beim zweiten schlägt er meine Hand weg, die ihm helfen will. Beim dritten sieht er mich erneut direkt an. Liest das, was in meinem Blick steht. Und akzeptiert, dass ich ihn hoch ziehe.

"Fuck!" flucht er. Laut. Frustriert. Endlich wütend. "Alleine dafür dass sie mir den Anzug versaut haben, bringe ich sie um."

Es bricht aus mir heraus. Schallendes Gelächter hallt von den Felsen wieder. Ein Spruch, wie ich ihn so oft schon gehört habe. Als ob es unser einziges Problem wäre, dass man uns den Anzug ruiniert.

//Unseres?// fragt Galian lauernd.

Ich ignoriere ihn.

"Vielleicht sollten wir uns zuerst darum kümmern, das du überhaupt was zum Anziehen hast." antworte ich stattdessen spröde.

Er erwidert genauso trocken: "Elena wird es nicht stören." Sein Blick verdunkelt sich. "Hoffe ich."

"Ihr geht es gut." Manche Fragen müssen nicht ausgesprochen werden.

Tseng nickt. Wenn er erleichtert ist, kann er es jetzt wieder hinter einer perfekt sitzenden Maske verbergen. "Du bist Nichtraucher, oder?"

Die Frage würde mich irritieren, wüsste ich nicht, wie er denkt. "Jo, bin ich. Nikotin bringt mir in meinem Zustand nicht viel."

"Shit."

Galian ist verwundert. Kann nichts mit der Situation anfangen. Aber Galian ist auch kein Turk.

"Mein Telefon?" Die Prioritäten sind klar gesetzt. Tsengs Stimme jetzt wieder sicher und bestimmt.

"Kaputt." Ich zucke mit den Schultern. Wir schmunzeln beide, als wir gleichzeitig sagen: "War nicht anders zu erwarten."

"Tseng, Vincent - könnt ihr mit eurem Kaffeeklatsch aufhören. Ich will hier weg." Elena steht in dem schmalen Durchgang, ihre braunen Augen bohren sich zuerst in mich, gleiten dann über Tseng.

"Oder vielleicht auch nicht." Das Grinsen, das über ihr Gesicht gleitet, kann man nur als dreckig umschreiben.

Sie kompensieren. Verstecken das, was sie erlebt haben, hinter den flappsigen Sprüchen, hinter ihren Masken.

Genauso wie ich es tue.

"Ich hatte recht." merkt Tseng neben mir an. Geht dann zu Elena.

Und was als nächstes passiert, irritiert auch nur das Monster in mir.
 

Die beiden Turks stehen sich gegenüber, sehen sich einen Moment an. Dann schnellt Elenas Hand hoch.

Rote Streifen ziehen sich über Tsengs Wange. Das gefauchte: "Arschloch!" wird in einem Kuss erstickt, der nichts mit Zärtlichkeit zu tun hat. Die Finger, die gerade noch über die Haut des Wutainesen gekratzt haben, greifen nun fest in schwarzes Haar.

Die zwei sind nicht zusammen. Entgegen aller Gerüchte. Sie versichern sich nur, dass sie noch leben.

Ich habe so etwas schon zu oft gesehen. Räuspere mich trocken, ehe ich Zeuge einer Szene werde, die ich nicht erleben will.

In der Rolle des unbeteiligten Dritten habe ich mich nie wohl gefühlt.
 

Sie lösen sich voneinander. Keine Scham in ihrem Blick. Beide wissen, das ich sie verstehe.

"Ich stimme Elena vollkommen zu. Wir sollten hier verschwinden." Ich versuche dabei so resolut wie möglich zu klingen.

Die Erinnerung an eine Zeit zu verdrängen, die weit in der Vergangenheit liegt. Zu verneinen, dass ich nur zu gut weiß, wozu einen das Adrenalin treiben kann, das durch die Adern strömt.

Wir sind Turks.

//Wir?// meldet sich Galian erneut ungebeten zu Wort.
 

Elena lacht leise. Ein angenehmes Lachen. Tief und rau. Nicht so hysterisch wie viele andere Frauen. "Danke. Wenigstens einer hört auf mich."

Tseng schnaubt. Grinsend. Und doch mit aller Souveränität die der Chef des Departments besitzen muss.

Sein Blick streift durch die Höhle, in den die drei ihn geschafft haben, bleibt auf den Überresten von schwarzen Stoff hängen.

Eine Minute später hat er die Hose angezogen. Murmelt leise: "Ich bringe sie um."

Elena und ich wechseln einen amüsierten Blick. Beide das selbe denkend: 'Den Anzug eines Turks zu ruinieren ist ein tödlicher Fehler.'
 

Einmal Turk, immer Turk.
 

Der Spruch, der gerahmt in Velds Büro hing. Jetzt verstehe ich ihn.
 

III. Der Herrscher
 

Klack ... Klack

Reno hibbelt neben mir. Stinkt nach Alkohol, nach zu vielen Zigaretten. Nach Kotze. Sein Fuß schlägt immer wieder nervös auf den Boden.

An seinen Schuhen klebt Blut.

Ich will nicht wissen, woher es kommt.

Obwohl ich es mir denken kann. Irgendeine arme Seele ist ihm quer gelaufen. Und hat den Preis dafür bezahlt.

Mein Partner zögert in so etwas nicht lange. Nicht Reno. Das Leben eines einzelnen bedeutet ihm nichts. Er löscht es mit der selben Lässigkeit aus, mit der er auch eine Zigarette im Aschenbecher ausdrückt.

Ich will nicht wissen, mit welchen Albträumen er nachts hoch fährt.

Obwohl ich mir auch das denken kann.
 

Ich stehe hier, in diesem Kinderzimmer. Mein Blick, geschützt durch die Sonnenbrille, gleitet über die Zeichnungen an der Wand. Kinderzeichnungen. Bunt eine unschuldige Welt dar stellend. Sonnen mit Gesichtern. Strichmännchen mit wilden gelben Linien um den runden Kopf.

Die Kinder haben Cloud mit einem Lächeln im Gesicht gemalt.

Cloud Strife, der uns so apathisch ansieht.
 

Reno hat genug. Dreht sich um und geht. Ich folge ihm. Halte auf dem Treppenabsatz inne.

"Reno, wir suchen nach den Blagen." Auch mein Partner muss aus der Lethargie geholt worden, die ihn überkommen hat. Die verdammte Resignation, seit die beiden Ausweise in seine Tasche glitten.

Ich weiß, er hat Angst. Panische Angst. Die habe ich ebenfalls. Aber tief in mir ist diese leise Stimme, die flüstert, dass Elena es geschafft hat.

Optimismus? Vielleicht. Es ist einfacher, sie für den Moment tot zu glauben. Dann wird die Hoffnung nicht so enttäuscht, sollte ich mich doch irren.

Vielleicht ist das jetzt der Punkt an dem ich tatsächlich lachen sollte.

Lachen über meine und Renos Bemühungen. Über Tsengs und Elenas. Wir vier, die übrig geblieben sind. Wir vier, die irgendwie zu dem geworden sind, was uns immer einen Schauer über den Rücken gejagt hat: Familie.

Fühle ich mich gerade mies Reno gegenüber? Das ich meinem besten Kumpel nicht sagen kann, das ich Laney seit einem Jahr vögle?

Oder fühle ich mich von ihm verarscht, das er das Maul nicht aufkriegt? Mir nicht sagt, dass er und unser so perfekter Boss seit Jahren im selben Bett aufwachen?

Kompensation. Gedanken, die vom eigentlichen Problem ablenken.

Der rationale Teil meines Hirns weiß es. Der rationale Teil, der auch bitte aktiv bleiben soll.
 

Neben mir zuckt Reno zusammen. Wird durch meine Worte aus seinen Gedanken geholt. "Yo. Geh'n wir die scheiß Blagen such'n." grummelt er. Im tiefsten Subplate-Dialekt. Den er niemals ganz abschütteln kann. Zischt wütend in Richtung der hinter uns zugefallenen Tür: "Pack dir an die Eier, man!" bevor er die Treppen herunter stürmt.

Hinter der Tür höre ich Tifas Lachen.

Und ich weiß wieder, weshalb ich mal so absolut auf sie angesprungen bin. Ich mag es einfach, wenn auch Frauen sich nicht hinter vorgeschobener Weiblichkeit verstecken.

"Cloud, Reno hat recht." klingt ihre Stimme durch das Sperrholz. "Reiß dich zusammen."
 

Die weitere Diskussion kriege ich nicht mit. Wichtiger ist es, hinter meinem Partner her zu rennen. Der plötzlich einen unerwarteten Elan an den Tag legt.

Es ist nicht wirklich Reno. Nicht der Reno, den ich kenne, der durch die Straßen huscht. Der einen nach dem anderen ausquetscht.

Es geht ihm nicht um Denzel und Marlene. Wird es auch niemals gehen. Es geht ihm darum, die verdammte Angst zu verdrängen. Die Frage, was mit Tseng und Elena passiert ist.

Die Hoffnung, an die er sich klammert.

Der Reno, den ich kenne, würde sich jetzt eine Zigarette anzünden, gegen die nächste Wand lehnen und der Welt den ausgestreckten Mittelfinger zeigen.

Der Reno, den ich kenne, hat mich aber auch verdammt lange verarscht.
 

Und dann - Reno prügelt gerade Informationen aus einem Mann heraus - klingelt mein PHS. Unerwartet.

Ich klappe es auf, kann ein scharfes Ausatmen nicht vermeiden, als eine vertraute Stimme fragt: "Status?"

Der Schock, vielleicht auch die Erleichterung, genau diese Stimme, genau diese Frage zu hören, lässt mich ruhig antworten:"Beschissen. Reno kompensiert gerade."

Ich will so viel mehr sagen, will fragen wie es Elena geht, als ich ihre Stimme im Hintergrund höre. Ihr leise gebrummtes: "Typisch."

Eine andere Stimme, die ich gerade nicht einordnen kann, fragt: "Was ist typisch?"

"Reno, der mal wieder den Idioten vom Dienst heraus kehren muss."

Und das ist eine typische Antwort Elenas.
 

Das scharfe Einziehen der Luft von Tsengs Seite. "Du hörst - hier ist alles normal."

Und ich kann nur nicken, ein breites Grinsen um den Lippen. Erinnere mich dann daran, das Tseng die Bewegung meines Kopfes nicht sehen kann. "Ist okay, ... Boss."

Kumpel, Freund, Familie ...

"Ey, Reno. Wir wissen doch, wer die Kiddos hat. Und hier will dich vielleicht jemand sprechen." Das PHS wird hoch gehalten.

Reno stoppt in der Bewegung. Fährt herum. "Wer? Shit, ich bin am Arbeiten."

"Tseng."

Sofort lässt Reno von dem Mann ab, dem er gerade die Seele aus dem Leib geprügelt hat. Stürzt zu mir, reißt mir das PHS aus der Hand.

"Tseng?"

Mein Partner ist ein miserabler Schauspieler. Er kann versuchen, seine Frage noch so neutral klingen zu lassen, sein Blick, das Flackern in seinen Augen verrät ihn.

Tseng wird vollkommen ruhig bleiben, Reno Anweisungen geben. Ich muss das Gespräch nicht auf Lautsprecher gestellt haben, um zu wissen was kommt.

Konzentriere mich eher darauf, Renos Mimik zu studieren. Die von Erleichterung zu Wut wechselt.

Vermutlich der Punkt an dem er realisiert, das er mit seinem Boss spricht. Nicht mit seinem Liebhaber.

Dann sagt Tseng irgendetwas, das Reno grinsen lässt. Regelrecht strahlen. "Wir sehen uns ... Chef."

Das PHS wird an mich zurück gereicht, mein Partner scheint den Kerl vergessen zu haben, der sich ächzend auf dem Boden windet.

"Laney will noch wat von dir, Dude."

Und tatsächlich, Elena ist am anderen Ende der Leitung. Erklärt mir seelenruhig, das sie heute Abend gerne Pizza essen würde. Und das sie keine Lust darauf hat, zu kochen.

Ich weiß, dass sie es sagt, während Tseng neben ihr steht.

Ich kann mir bildlich vorstellen, wie er eine Augenbraue hebt. Genau in diesem Augenblick nur still grinst.

Wahrscheinlich hat er es gewusst.
 

Und dann wieder die dritte Stimme im Hintergrund. Die lachend erklärt: "Manche Dinge ändern sich nie."

Eine verblasste Erinnerung. Ein Gesicht, das sich langsam in meinen Geist schiebt. Mit der Erkenntnis, das die mysteriöse Stimme recht hat. Sich bestimmte Dinge nie ändern werden. "Wann seit ihr in Edge? Nur dass ich weiß, wann ich die Pizza in den Backofen schieben muss."

Renos Kinn klappt herab. Er starrt mich fassungslos an.

"Du ... du und ... du und Laney? Wie krank is'n das?"

Kompensation. Reno, der Clown.

Oder das Monster unter dem Bett.

Keiner von uns achtet weiter auf den Mann, der gerade an seinen inneren Verletzungen verreckt.

Ich nehme nur meine Sonnenbrille von der Nase. Poliere sie schweigend.

Und Reno lacht. Laut. Krümmt sich zusammen, hält den Arm fest gegen den eigenen Bauch gepresst.

"Schon klar, Dude ... los ..." Er fängt sich wieder, Minuten später. "Wir sind Turks. Lass uns unseren Job machen."

Simple Worte. Worte in denen genau das liegt, was zählt. Was wichtig ist. Wir sind Turks. Werden es immer bleiben.

Egal was passiert.
 

Und während wir wieder die Treppen hoch stapfen, gleich Cloud und Tifa berichten können, dass wir wissen, wo die Blagen abgeblieben sind, frage ich mich, was Vincent Valentine mit der ganzen Sache zu tun hat.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2008-07-28T23:28:43+00:00 29.07.2008 01:28
Wäre es nicht halb 2 und wäre ICH nicht so saumüde, würd ich jetzt ellenlange Preisungen und Lobe aufschreiben, aber dazu bin ich beim besten Willen nicht mehr in der Lage..

Also sage ich es kurz und bündig:

Ich liebe es! Ich liebe es, ich liebe es, ich liebe es!

So.
Von:  Skalli_Otori
2008-06-30T16:56:38+00:00 30.06.2008 18:56
Wieder eine rundum gelungene Sache. Ich bin so derart begeistert, das mir allmählich auch Lobeshymnen ausgehen. Die unterschiedlichen Sichtweisen finde ich klasse und der Wiedererkungswert des 'klacks' ist angenehm. Am reizvollsten fand ich Vincent und Rude, an deinen Reno hab ich mich mittlerweile so sehr gewöhnt, das ich ihn gern immer so sehen würde, anstatt als den Clown den alle in ihm sehen. Du schreibst wirklich klasse.
Von:  Noctifer
2008-06-22T20:26:49+00:00 22.06.2008 22:26
T____T
Für mich? <3
Ideal. Genau so, wie ich mir die Turks vorstelle. Nur, dass mE Valentine nie "Jo" sagen würde ;)
Das "Kompensieren", die Tatsache, dass Reno ein Leben nichts wert ist hast du wirklich IC bzw. real Life eingefangen.
Und, natürlich, die Gedankengänge.
Gerade wundere ich mich, dass ich mir ein Rude/Elena-Paaring wunderbar vorstellen kann.
Achduje, ich muss meinen OS noch fertig schreiben und jetzt hängt er schon in der Kategorie "Humor" fest T_T
Auf alle Fälle war das der mit Abstand beste "Lückenfüller" von AC den ich bisher gelesen habe und, meiner Einschätzung nach, wird es auch der absolut Beste bleiben.
Danke, danke, danke ^___^
Von: abgemeldet
2008-06-21T11:40:01+00:00 21.06.2008 13:40
hart, direkt und ehrlich
keine schauspielereien und echte gedanken....sowas achte ich sehr und muss dir ein großes lob ausprechen.
ich finde die idee toll, dass du über die nicht gezeigten ereignisse in advent children und auch die möglichen gedankengänge der turks schreibst!
eine sehr gelungene FF!


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