Minto
Minto
Es klopfte an der Tür und Sephiroth, der gerade auf einem Schokoladenstäbchen herumkaute und nachdenklich aus dem Fenster sah, vor welchem er stand, blickte ein wenig verwirrt auf.
"Sephiroth? Bist du da?", hörte er Angeal rufen und seufzte entnervt. Wo sollte er denn SONST sein? Langsam schritt er zür Tür herüber und öffnete sie, blickte dem Schwarzhaarigen entgegen und trat beiseite, damit er herein kommen konnte. Hinter ihm ließ er die Tür wieder ins Schloss fallen. "Um diese Uhrzeit? Hat dir Shinra eine Zwangspause zugeschoben?", spottete er.
Angeal lachte nur kurz, fand das nicht sonderlich witzig, betrat den wohnlichen Raum, den man als erstes erreichte, und sah dann zu Sephiroth zurück. "Nein, nein. Ich werd heute Abend auch Überstunden machen müssen", kommentierte er das.
Fragend runzelte Sephiroth die Stirn. "Und warum bis du dann hier?" Er war noch nicht von der Tür gewichen, sah dazu einfach keinen Grund.
"Ich muss mit dir reden", antwortete Angeal und beobachtete, wie Sephiroth den Blick abwandte, als würde er bereits ahnen, wodrum es ging. Aber er schien, im Gegensatz zu Genesis, nicht verletzt zu sein oder sich angegriffen zu fühlen. Es wirkte eher, als war er total entnervt von dem Thema, von welchem er wusste, das es gleich angesprochen wurde. "Kommt wieder diese 'Was ist los'-Leier?", schnaubte er, riss sich endlich aus seiner Starre und ging wieder zum Fenster herüber. Auf der Fensterbank lag das Päckchen mit Minzschokolade, welches er jetzt die Hand nahm, um ein neues Schokoladenstäbchen heraus zu ziehen und sich zwischen die Lippen zu schieben.
Ein schwerer Seufzer von Angeal. "Ich kann mich so auf der Arbeit einfach nicht konzentrieren, wenn ich keine Ahnung habe, was bei dir und Genesis los ist!"
Der Silberhaarige reagierte gar nicht dadrauf, es schien, als würden ihm die Worte völlig egal sein.
Aber davon ließ sich der andere nicht beirren. Dieses Mal würde er ganz sicher nicht locker lassen. "Schau mich an, wenn ich mit dir rede!", sagte er barsch und machte zwei Schritte auf Sephiroth zu. "Nur, weil du der angepisste General bist, heißt das noch lange nicht, dass du mich einfach ignorieren solltest."
Ein wenig Überraschung lag in dem Gesicht des Silberhaarigen, als er endlich zu Angeal herüber sah. Es dauerte einen Moment, bis eine weitere Reaktion folgte, er das angeknabberte Stäbchen zwischen seinen Lippen hervor zog und das eigene Kinn machtdemonstrierend anhob, wodurch er verdammt kühl und selbstverliebt wirkte. "Wenn du dich wegen solchen Lapailen, die dich ohnehin einen DRECK angehen, gleich von deinen Aufgaben ablenken lässt, frage ich mich, wie du es geschafft hast, ein SOLDAT der ersten Klasse zu werden."
Wütend stampfte Angeal die letzten Schritte zu Sephiroth herüber und packte ihn am Kragen. "Säusel bloß nicht so arrogant daher! Erklär mir lieber, was zwischen euch vorgefallen ist!"
Ein kräftiger Griff an Angeals Handgelenk, der ein wenig schmerzte, und er musste den schwarzen Stoff des Mantels wieder frei geben und mit den Zähnen knirschen.
Mit wehendem, silbernen Haar hatte Sephiroth sich dann abgewandt und schritt zu einem Sessel herüber, in welchen er sich sinken ließ, um die langen Beine locker und ausgestreckt zu überschlagen.
Angeal folgte ihm dieses Mal lediglich mit seinen Augen. Anscheinend war es besser, ihm hier nicht zu nahe zu kommen. Dafür ballte der Schwarzhaarige aber seine Hände zu leichten Fäusten, was seine Anspannung deutlich machte. Stur schüttelte er den Kopf und versuchte, den Blick von Sephiroth einzufangen, aber der mühte sich gar nicht darum, das zu erwidern.
"Habt ihr euch an den Kopf geworfen, ihr wäret verkrüppelt, oder was ist los?"
Ein spöttisches Schnaufen von Sephiroth, aber es kam keine Antwort. Er knabberte nur weiter an dem Schokoladenstäbchen mit Minzgeschmack. Der Duft davon verteilte sich langsam schon in dem Appartement.
Brummend lehnte sich Angeal mit dem Rücken an die Wand neben dem Fenster und veschränkte die Arme ineinander. Noch immer sah er zu Sephiroth herüber. " Soll das ewig so weiter gehen?", fragte er nach, klang zwar noch immer ernst, inzwischen aber auch ein Stück besorgt. Nun senkte der den Blick doch zu Boden und betrachtete seine Schuhspitzen. Schließlich, weil wieder nichts von dem anderen SOLDATEN kam, fuhr er fort: "Wie soll das werden, wenn du die Arbeit wieder aufnimmst? Wir sind Freunde, alle drei, und das heißt auch, dass du und Genesis es seid."
Wieder ein spöttisches Lachen, dieses Mal deutlicher, Sephiroth hatte das Stäbchen aufgegessen und sah jetzt zu Angeal herüber. "Nicht mehr. Wovon träumst du eigentlich? Du hast doch die Distanz zwischen ihm und mir bemerkt!"
"Genau", nickte Angeal und wurde wieder ernster, hob den Blick und ließ ihn auf jeden von Sephiroth treffen. "Und genau deswegen will ich wissen, was passiert ist."
"Schön für dich, du wirst wohl weiter im Unwissen bleiben!"
"Sephiroth, das seh ich nicht ein! Das..."
"Wirst du müssen!", fiel der andere ihm ins Wort.
Angeal schüttelte den Kopf und stieß sich von der Wand weg. "Nein!", protestierte er stur. "Ich mache mir Gedanken um euch beide!"
"Das ist nicht mein Problem", murrte der Silberhaarige, wandte den Blick wieder ab und senkte die Lider.
"Verdammt, du rückst jetzt ENDLICH mit der Sprache raus, oder---!"
"ODER was?!", fauchte Sephiroth und stand jetzt ruckartig auf. "Das ganze geht dich einen feuchten DRECK an, Angeal. Es ist eine Sache zwischen Genesis und mir und du hast dich da raus zu halten. Schnall das endlich!" Ein eiskalter Blick, schärfer als eine Klinge es je sein könnte, durchbohrte Angeal. Es war, wie auf dem Feld vor der Costa del Sol, auf welchem Sephiroth trainiert hatte, als der Schwarzhaarige mit ihm hatte reden wollen. Aber da hatte er wenigstens noch sein Problem preis gegeben. Hier sah das ganz anders aus. Es mussten mehr als nur einfach Worte gefallen sein.
"Sephiroth...", flüsterte Angeal geschockt, als er den wutverzerrten Ausdruck im Gesicht des anderen sehen konnte. Sonst war er immer so kühl und fast frei von jeglichen Emotionen und nun schien er sich gar nicht mehr fangen zu können. Die Worte waren wie Steine gewesen, mit denen er Angeals Fassade eingerissen hatte. Und unter dieser Fassade lag ein Ausdruck von Schmerz und Sorge... Und Sephiroth schien es egal.
Ohne ein weiteres Wort wandte sich der Silberhaarige ab. Er wollte diese Miene nicht sehen, sie machte ihn fertig. Völlig fertig, fast so sehr, wie die Worte von Genesis, als er unbedacht gesagt hatte, der Silberhaarige sei anders. Der General verschwand schließlich im Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich ab. Zurück blieb ein ratloser Angeal, der ein unangenehmes Gefühl der Leere in seinem Bauch hatte. Diese Sorge um seine besten Freunde fraß ihn innerlich auf, als wäre dort irgendwo ein schwarzes Loch, das nicht mehr aufhörte, zu wachsen und alles Licht in sich aufsog, das es zu greifen bekam. Über blieb die Leere, nichts weiter.
Erst nach einigen Sekunden, die der Schwarzhaarige auf die verschlossene Tür gestarrt hatte, senkte er den Blick und sah ein, dass es sinnlos war, hier noch mehr zu unternehmen. Er musste wieder an die Arbeit. Richtig, ein First Class sollte sich nicht von solchen Dingen ablenken lassen, wie beschämend war DAS denn?
Stumm verließ er das Appartment des Generals und das Hotel, in welchem es sich befand. Eine Stunde hatte er verschwendet, das ging noch. Auf an die Arbeit.
