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Herbe Schokolade und süßer Tee

Was sich neckt, das liebt sich nicht!
von

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Pech

Manchmal kommt man sich verfolgt vor. Hinter jeder Ecke scheint jemand auf einen zu lauern und wartet nur auf den Augenblick, der passend ist, um angreifen zu können. Der Verfolger ist fies und benutzt miese Tricks: es ist Pech!

Man wird vom Pech verfolgt. Auf Schritt und Tritt. Manche Tage sind aber besonders schlimm. Man steht auf und tritt sofort auf das Wesen Pech. Mitten hinein! Die Wirkung ist je nachdem unterschiedlich: ob man vom Bett fällt, oder keine Klamotten findet oder das Wetter einfach nur bescheuert ist. Das Beste, was man an solchen Tagen machen kann, ist einfach sie zu überleben.
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

Kann ich nicht einfach zuhause bleiben?

Nein kam die kurze und schroffe Antwort und nun saß sie auf ihren Riesenkoffer (riesig war er nicht wegen der Klamotten, sondern wegen Betty, da diese ziemlich lang war) und beobachtete mürrisch, wie ihre Mutter die Bediensteten dazu anwies, ihre 8 Koffer (und das für 7 Tage) auf die 2 Autos zu verteilen, da sie nicht in einen Kofferraum passten.

„Warum nehmen wir nicht gleich einen Transporter mit? Dann kannst du gleich die restlichen 5 Tonnen von deinen Klamotten mitnehmen, nur zu Not!“ meinte das rothaarige Mädchen sarkastisch. Es war der erste Montag nach ihrem Geburtstag und es gab eine gute und eine schlechte Sache an diesem Tag.

Die Gute: sie schaffte es immer noch in Gegenwart aller anderen mädchenhaft zu sein, ohne durch die ewige Schauspielerei in tiefe Depressionen zu verfallen. Respekt!

Die schlechte... nein die Megaschlechte... so was von schlechte Nachricht, die es nicht einmal in den schlimmsten Alpträumen gab: Sie machten Ferien. Nicht einfach Ferien, wo Harus Nerven geschont geblieben wären. Nein! Sie machten Ferien mit der Familie Tsukimori. Hipp hipp, Hurra! Das Pech schien sie seit den letzten Tagen zu verfolgen.

Aber trotz der schlimmen Tatsachen und kommender Nervenstrapazen und möglichen Mordanschlägen, war sie froh, dass Takato nicht mitfuhr. Er konnte nicht, wegen Arbeit, blah, blah... jedenfalls war sie seinem Vater dankbar, dass er seinen Sohn in viel zu jungem Alter zur Arbeit zwang. Danke Herr Henji!

Haru saß breitbeinig auf dem Koffer, weil sie wusste, dass sie in dem stressigen Moment (sie ließ sich allerdings nicht stressen) von niemandem beobachtet wurde, da alle voller Hektik waren. Als allerdings ihr Vater aus der Tür kam, schloss sie sofort ihre Beine und setzte sich aufrecht hin. Ihre roten Haare waren an ihrem Hinterkopf durch etwas Blaues zusammengebunden. Sie wusste nicht einmal den Namen für das Ding. War ja auch egal. An ihrem Oberkörper lag ein enges topähnliches etwas, für welches es sicherlich auch einen speziellen Namen gab. Es hatte dunkelblaue – fast schwarze – Farbe, der Ausschnitt war etwas zu tief und zu breit und sammelte die vielen kleinen Falten zusammen, die das Oberteil ‚süß’ wirken ließen. Die dunkle knielange Hose war nicht erwähnenswert, außer dass es das einige Stück war, das ihr an sich gefiel.

Und dann gab es noch Stiefel. Stiefel! Im Sommer! >Die Modespezialisten spinnen!< dachte sie. Und seufzte, wieder in ihre lockere Position zurückschmelzend.

Es war noch ziemlich früh und auf ihren Wangen lag eine leichte, frische Röte. Als sie so da saß, mit ihren Beinen strampelnd, sah sie süßer aus, als ihr lieb war. Sicherlich lag es an den Haaren, die jetzt in Form gebracht waren, an den gezupften Augenbrauen und natürlich an den Klamotten, für die jedes normale Mädchen sterben würde. Als sie jedoch ihren Mund aufmachte, kamen gar keine süßen Worte heraus: „Wann kommt diese Pennerfamilie?“ schimpfte sie und schreckte plötzlich, um sich schauend, hoch. Als sie feststellte, dass niemand ihr zugehört hatte, atmete sie erleichtert auf.
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

Es war erst der frühe Nachmittag aber für Tatsuja stand jetzt schon fest, dass der Tag gelaufen war. Er wollte sich das einzig schöne an diesem Tag an anzünden – seine Zigarette. Ein Tag konnte so schlecht werden, wie er wollte, aber solange er eine Packung Zigaretten, auch wenn diese nur halbvoll war, in der Hosentasche hatte, war das Leben für ihn gar nicht so schlecht, wie es noch vor dem ersten Zug war.

Umso schlechter konnte es allerdings werden, wenn es keine Zigaretten mehr gab.

„Scheiße!“ fluchte Tatsuja und schmiss die leere, zusammengeknüllte Packung auf den Boden.

50 Meter und 17 Zentimeter von der Packung entfernt torkelte ein schwarzhaariges Mädchen. Für sie war der Tag ebenfalls gelaufen, aber ihr konnten auch keine Zigaretten helfen, von der Tatsache abgesehen, dass sie gar nicht rauchte. Nein, sie verabscheute es sogar. Ihre Handtasche hing schlaff an ihr runter und wurde beinahe schon auf dem Boden entlang geschliffen. Ihr Mund ging ab und zu auf und ließ einen verzweifelten Seufzer heraus, bevor er wieder zuging.

Sie lief 15 Meter und 39 Zentimeter.

Tatsuja lief 30 Meter 00 Zentimeter und 00 Millimeter, bevor er stehen blieb und das Mädchen vor sich sah. Sie schaute nach unten und schien nicht daran zu denken, dass außer ihr noch über 6 Milliarden anderer Menschen auf der Erde lebten, etwa 8 Millionen (sogar 8,438) davon in Tokio, also in der Stadt, wo sie gerade entlang schritt. Jedenfalls hatte sie aus dieser Vergesslichkeit nach unten geguckt, auf den schönen Boden und auf ihre schönen, süßen Schuhe. Aber ihre Gedanken waren wo anders.

Lange Rede kurzer Sinn: sie würde bald in Tatsuja hinein krachen. Tatsuja war normalerweise nett. Aber hier überkam ihn der Wunsch stehen zu bleiben und abzuwarten: es wäre nämlich zu lustig, wenn sie wie blöd gegen jemanden laufen würde. Gäbe es verschiebbare Laternen, so würde er eine an seine Stelle „schieben“.

Die Entfernung wurde weniger. Das Grinsen auf Tatsujas Gesicht breiter, bis das Mädchen ganz leicht mit der Stirn seine Brust rammte. Überrascht taumelte das blauäugige Mädchen zurück und musste ihren Kopf ziemlich hoch reisen, um die Person vor sich zu erkennen.

„Heilige Mutter Gottes.“ Kam es ihr aus den Lippen, aber nicht erstaunt sondern ganz emotionslos.

„Eh... Gott wäre mir lieber.“ Sagte Tatsuja und meinte damit die Anrede, die ihm Karin gerade geschenkt hatte. „Warum so niedergeschlagen?“

Das Mädchen senkte ihren Kopf und ihre Augen verfärbten sich zu einem trüben Blau. „Ich bin nicht niedergeschlagen sondern glücklich und zufrieden. Und... muss los!“

Sie lief weiter, bis Tatsuja weiter sprach: „Hast du eine Zigarette dabei?“

Das Mädchen blieb abrupt stehen und nur eine Augenbraue zuckte. Sie schenke ihm einen verhassten Blick: „Sehe ich aus wie eine Zigarettenfabrik, die die Sucht anderer Leute unterstützt?“

„Also nein?“

„Nein! Natürlich nicht!“

„Hab ich mir gedacht.“

„Warum fragst du dann?“

„Hätte ja sein können!“

„Hätte es nicht! Außerdem ist rauchen schädlich!“

„Hast du das auf den Packungen gelesen, oder bist du da von alleine drauf gekommen?“

Karin ballte ihre Hände zu Fäusten und scheiterte an dem Versuch, Tatsuja mit ihrem Blick zu killen. Sie riss ihr Kinn voller Stolz hoch und schritt erhobenen Hauptes davon.

„Hast du wenigstens Geld dabei?“ kam die Stimme neben ihr. Der braunhaarige Typ war ihr natürlich gefolgt. Nicht nur wegen seiner Zigarettensucht, sondern weil sich auch seine Laune durch das Mädchen zu heben schien.

„Verdien dir eigenes!“

„Tue ich ja auch, hab aber im Moment keins dabei. Und tu nicht so, als ob du dir dein eigenes Geld verdienst.“

„Lass mich raten: verdienst du dein Geld, in dem du fremde Leute auf der Straße so lange nervst, bis sie dir freiwillig ihr ganzes Geld geben?“ meinte Karin sarkastisch.

„Im Moment schon!“ Tatsuja meinte es ebenso sarkastisch, wie das Mädchen neben ihm. Dieses knurrte.

„Also...“ setzte Tatsuja fort und schritt etwas näher an das Mädchen: „Warum bist nun so niedergeschlagen?“

„Ich sagte ich bin glücklich!“ schrie das Mädchen wutentbrannt und beinahe hysterisch.

„Ja, glücklich wie ein Honigkuchen.“

„Honigkuchen?“

„Honigkuchen!“

„Du hast sie nicht mehr alle!“

„Hast du Geld für Zigaretten?“

Der Kopf des Mädchens nahm die Farbe einer Tomate an. Sie zitterte am ganzen Körper und war beinahe am explodieren (Tatsuja wäre dann voller Tomatensaft *schenkelklopfer*). Doch statt einer Explosion passierte etwas anderes. Kleine Tränentröpfchen bahnten sich ihren Weg nach außen und liefen Karins immer noch rote Wangen hinunter.

Tatsuja hörte auf zu grinsen (und merkte leicht, dass ihm davon inzwischen sein Gesicht wehtat).

„Heulst du jetzt vor Glück, da es dir ja so gut geht?“

„Halt die Klappe!“ schluchzte sie und deckte ihr Gesicht mit den Händen ab.

„Willst du mir erzählen, was los ist?“

„Nein?“

„Willst du’s mir erzählen?“ fragte er zum zweiten Mal.

„Ja!“

„Wusst ich’s doch!“

„Dann frag nicht, sondern gib mir ein Eis aus.“
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

Kaum war Ryo aus dem Auto gestiegen, schon zischte Haru, die immer noch auf ihrem Koffer saß. Sie zwang sich dazu, in eine andere Richtung zu schauen, um ruhig bleiben zu können, denn Ryos Anblick ließ wieder ihr Blut kochen.

Als der Braunhaarige damit fertig war Harus Eltern zu begrüßen schaute er zu Haru. Mit einem abschätzenden und abfälligen Blick musterte er das Mädchen, das immer noch alles daran setzte, ihn zu ignorieren. Um nicht als unhöflich vor den Eltern zu gelten lief er zu dem Biest rüber und begrüßte sie: „Hallo!“ und fügte noch im Flüstern hinzu: „Miese Schl...“

„Hallo Ryo-kun!“ unterbrach ihn Haru plötzlich und sprang auf. Sie entblößte ihre Zähne in einem perfekten Lächeln. „Sei so lieb und geh mir aus der Sonne.“

Ryos Hand ballte sich zu einer Faust. Er drehte sich rasch um und stieg wieder ins Auto.

„Haru Schätzchen, wir machen los.“

Das rothaarige Mädchen hätte beinahe vor „Freude“ losgeschrien.
 

>Bleib ruhig, Haru! Es gibt auch positives an der Sache: dein zukünftiger Trottel-Ehemann fährt nicht mit; dein Vater kommt auch später, so dass es wenigstens im Auto entspannend ist, da die Tsukimoris im anderen Auto sitzen und... Hach ja, das Wetter ist schön! Ist das nicht was?< Trotz der mühevollen Meditation und Gebete konnte sie sich aber nicht beruhigen.

„Das ist schön, dass Ryo-kun mitfährt findest du nicht?“ sagte Rumina plötzlich mit einem so fröhlichen Gesichtsausdruck, dass Haru am liebsten aus dem Auto gesprungen wäre, um bloß nicht von der Ausstrahlung ihrer Mutter geblendet zu werden.

„Ehm...“ Jetzt musste sie entweder Nein sagen oder lügen: „Warum?“ kam aber stattdessen die zögerliche Frage. Aber eigentlich wusste sie, was ihre Mutter mit der Aussage meinte. Und davor graute es ihr.

„Ich finde Ryo-kun ist ein feiner Junge. Ich denke er wäre der passendere Ehemann für dich.“

Harus Gesichtsfarbe änderte sich zu einem ungesunden Grün. Ryo? Feiner Junge? Ja! Klar! Warum denn nicht? Es gehört doch zum feinen Ton Mädchen zu schlagen. Und zu noch einem feineren Ton gehört es sich naive Mädchen auszunutzen und sie dann fallen zu lassen.

Moment... Zurückspulen! Ich denke er wäre der passendere Ehemann für dich.

„Stoooooooop!“ schrie Haru so laut und plötzlich, dass der erschrockene Fahrer eine Vollbremsung legte und die Reifen mit Qualm und lautem Quietschen zum Stehen brachte.

„Nicht Sie!“ schrie Haru zum Fahrer und dieser legte, mit einer Stirn voller Schweißtropfen, wieder den ersten Gang ein.

„Was hast du gesagt? Das ist nicht dein Ernst oder? Erst verlobt ihr mich mit einem Ar... etwas arroganten... Jungen (Verdammt, war das schwer ohne Flüche zu reden) und dann sagst du auch noch Ryo wäre der bessere Ehepartner! Mama, soll ich lesbisch werden?“

„Oh nein, Schätzchen, sag doch so was nicht!“

Nicht? Vielleicht wäre ja das DIE Lösung. Aber mal abgesehen davon, dass sie eher homosexuell werden würde, als Ryo zu heiraten, hatte sie für ihr Leben lang nicht vor, überhaupt jemandem zu heiraten. Auch wenn es der bestaussehenste Mann, mit Geld, gutem Charakter und einer Vorliebe für Tiere und Jet Lee persönlich wäre, würde sie niemals einen Mann heiraten. Wer brauchte schon Heirat? Sie hatte ihre Betty und damit war sie glücklich!

„Es ist nur...“ setzte ihre Mutter fort. „Ich war nicht wirklich dafür, dich mit Takato zu verloben.“

Haru riss ihren Kopf herum, um nachzuprüfen, ob ihre Mutter es ernst meinte. Und tatsächlich war Ruminas Gesicht ernst und leicht angespannt. Plötzlich schien Harus Wut kleiner zu werden.

„Dein Vater bestand plötzlich darauf, dass dieser Junge dein Ehemann werden sollte und hat dabei nicht einmal gesagt, was der Grund für diese Eile wäre. Er hatte mehrmals Treffen mit Herrn Henji gehabt und sie haben heimlich etwas in Vaters Büro besprochen.“

Haru starrte ihre Mutter voller Erstaunen an. Sie war also nicht die Einzige, die gegen diese Ehe war.

„Ich glaube es ist etwas faul an der Sache. Warum diese ganze Eile? Und dann noch die familiären Hintergründe von Takato.“

„Was ist mit denen?“

„Nichts! Das ist ja das eigenartige. Ich weiß nichts über die Hintergründe der Familie Henji: weder was sie machen noch wie groß die Familie ist. Und ein Vater sagt nie was dazu. Jedes Mal, wenn ich ihn darauf anspreche antwortet er nicht, oder redet sich irgendwie heraus. Das einzige, was ich über die Familie weiß, ist dass Takatos Mutter bei seiner Geburt starb.“

Rumina schaute ihre Tochter an und Haru glaubte eine Verzweiflung in den grünen Augen ihrer Mutter zu lesen. „Schätzchen, bist du wirklich damit einverstanden diesen Jungen zu heiraten?“

Mit dieser Frage hatte sie nicht gerechnet. Plötzlich zog sich Harus Herz zusammen. Sie ergriff Ruminas Hand und drückte diese. Was sollte sie jetzt bloß sagen.

„Gibt es vielleicht bereits jemandem, den du liebst?“

Haru schüttelte den Kopf. Ihre Mutter legte eine Hand auf Harus und blickte ihrer Tochter tief in die Augen: „Haru, wenn du es nicht möchtest, werde ich alles daran setzten die Verlobung aufzulösen.“ Das rothaarige Mädchen fühlte ihrer Mutter gegenüber eine unendliche Dankbarkeit. Aber was sollte sie sagen? Gegen ihren Vater kam auch ihre Mutter nicht an.

„Und dann verloben wir dich mit Ryo-kun!“ auf Ruminas Gesicht spielte wieder ein Lächeln. Haru nahm die Dankbarkeit zurück und ließ die Hand ihrer Mutter los. Sie drehte sich weg und wendete ihre grünen Augen nach draußen, wo die Sonnenstrahlen das Grün der Bäume hell aufleuchten ließen. Ein paar der Strahlen streiften ihre Haut und blendeten ihre Sicht. Sie blickte nach unten, auf ihre Hand, wo ein kleines Kreuz sich durch eine etwas hellere Farbe von der restlichen Haut abhob. Mit einem Finger fuhr sie sanft über die unregelmäßigen Konturen. Sie konnte sich immer noch an den Schmerz, den ihr diese Narbe verursacht hatte, erinnern, aber es war nichts im Gegensatz zu einem anderen Schmerz. Sie dachte wieder an Takato, wie er betrunken mit seiner Nasenspitze über ihre Haut führ. Sie bekam eine Gänsehaut und Wut stieg wieder in ihr hoch. Sie berührte ihre Lippen und drehte sich wieder weg, damit ihre Mutter die Bewegung nicht mitkriegen konnte. Dieser Mistkerl hatte es doch tatsächlich gewagt sie zu küssen und dann noch so brutal, als ob er das Recht dazu besaß.

Vielleicht sollte sie ihrer Mutter wirklich sagen, dass sie ihn nicht heiraten wollte. Aber würde es was bringen? Wenn nicht, dann würde sie den Rest ihres Lebens vom Pech verfolgt werden.
 

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„Was guckst du mich so an? Ich hab dir doch gesagt ich hab kein Geld dabei.“ Tatsuja wurde von Karin durchbohrt, in deren Augen immer noch kleine Überreste der Tränen lagen und die in der Sonne leicht schimmerten. „Außerdem bist du reich.“

„Fang nicht schon wieder damit an! Was möchtest du?“

„Nichts!“

„Toll! Dann kannst du ja gehen, wenn du mir eh nichts ausgibst und ich dir auch nichts ausgeben kann...“

„Erst musst du mir erzählen, was los ist.“

„Nein!“

„Doch!“

Karin holte Luft und plusterte sich auf, bis sie ganz rot wurde. Tatsuja war sich in dem Moment sicher, dass das Mädchen – egal wie klein sie war – aufstehen und ihn zusammenschlagen würde. Das fand er zu amüsant! Er sollte öfters kleine Karins provozieren.

„Haru...“ kam es plötzlich leise von ihr.

„Was?“

„Haru fährt doch in den Urlaub... zusammen mit Ryo...“ sie klang ganz zittrig und die Tränen in ihren blauen Augen wurden wieder mehr.

„Oh...“ war das einzige was Tatsuja darauf antworten konnte. In diesem Augenblick wurde ihm eins klar: das Mädchen vor ihm war verliebt. Und das in jemandem, von dem sie annahm, dass er in ihre beste Freundin verliebt war.

Er runzelte die Stirn. Die Vorstellung, dass Ryo in Haru verliebt war, war – wie sollte man sagen – absurd und surreal. Oder einfach nur unmöglich.

Aber Karin schien da einer anderen Meinung zu sein.
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

Die zwei schwarz glänzenden Autos passierten die riesigen Eisentore, die zur der gemieteten Sommervilla führten. Allerdings fuhr man auch danach noch einen halben Kilometer, bis man bei dem Sitz angelangt war. Haru bemerkte vor lauter Wut auf ihre Mutter, die töricht genug war, ihre außerordentlich geniale Idee über eine Heirat mit Ryo auszusprechen, gar nicht die Bäume, die am Rand der Straße aufgereiht waren und den Weg in ein Muster aus Schatten und Licht hüllten. Auch als die Reifen endlich vor dem Anwesen zum Stehen kamen, scherte sich das rothaarige Nervenbündel nur wenig um das prachtvolle Gebäude, das sich vor ihr erstreckte. Stattdessen schob sie den Butler, der gerade ihren Koffer packen wollte zur Seite, packte das Gepäckstück an den Henkeln und hob es selbst hoch, was ersichtliches Staunen bei dem Mann im Frack auslöste. Mit wütenden Schritten und dem Koffer in Beiden Händen stampfte das Mädchen auf das Gebäude zu, bis sie schließlich ihre grünen Augen hob. Harus Schritte wurden langsamer.

Das Bauwerk vor ihr war alt, aber nicht so alt, dass man das Pfeifen des Windes durch ein paar einzelne Löcher in den Wänden hören würde, und auch nicht so alt, dass man bei regnerischem Wetter ein schönes, kaltes Bad in seinem Bett nahm. Nein! Das Faszinierende war, dass die Villa mehrere Hunderte von Jahren alt zu sein schien und doch in einer guten Verfassung war. Über den Fensterrahmen befanden sich Blumenreliefs und zum Eingang führte eine marmorne Treppe. Die Tür war aus schwerem Rotholz und schien hinter ihrer Pforte etwas zu verbergen. Das Gebäude rief in Haru unwillkürliche Erinnerungen hoch, die aus ihren dunklen Kammern entwichen und eine Gänsehaut bei der Rothaarigen verursachten.

Als das Mädchen noch in ihren Gedanken versunken war, wurde ihr Gepäck plötzlich unglaublich schwer... ZU schwer. Sie wachte auf und erblickte Ryo, der doch tatsächlich ein Bein auf ihren Koffer stellte und das Gepäckstück damit runter drückte. Haru musste sich wegen der schweren Last ganz weit runter beugen. In ihren Augen spielten wutentbrannte Funken, als sie den Braunhaarigen anschaute und mit aller Kraft versuchte, ihren Koffer wieder hoch zu kriegen: „Du elende Mistkröte!“

Ryo schien unbeeindruckt, sogar gelassen. Er schaute sie gelangweilt an – seine Hände waren in den Hosentaschen und das einzige was er an Gepäck trug, war ein kleiner Rucksack. Er tat seinen Fuß weg, indem er sein ganzes Gewicht einfach auf das andere verlagerte. Das Gewicht des Koffers ging mit einem Ruck hoch und Haru wäre beinahe nach hinten gefallen.

„Du...“ brüllte sie ihn an. „Willst du sterben?“ Haru mochte es nicht auf so eine blödsinnige Weise aus ihren Gedanken entrissen zu werden. Der von ihr „Angesprochene“ lief aber unbekümmert weiter, ohne auf ihre wütende Frage, die weder rhetorisch noch ironisch gemeint war, zu reagieren. Haru tippte mit einem Fuß und durchbohrte den dicken Schädel des Ignoranten mit ihrem Blick: „Ach, jetzt spielen wir auf Mister Cool, was?“ zischte sie durch ihre Zähne. Sie stellte den Koffer ab, hob einen Kieselstein vom Boden auf und schmiss ihn voller Wucht und treffsicher an den Kopf des Tsukimori-Juniors.

Der getroffene schrie auf und fasste sich an den Hinterkopf. Er drehte sich rückartig um, mit einem wilden Blick, der nach dem Verursacher seiner zukünftigen Beule suchte. Aber das Mädchen war inzwischen schon fast auf gleicher Höhe wie er und sagte nur im Vorbeilaufen: „Benimm dich in der Gegenwart der Eltern. Die gucken schon total behämmert.“

Ryo erblickte seine Eltern und Harus Mutter und tatsächlich schauten diese relativ bestürzt, doch gleich im nächsten Augenblick brach Ryos Vater in hallendes Gelächter aus, dicht gefolgt von den beiden Frauen. Ryo murrte nur etwas leise und rieb sich die schmerzende Stelle. Das würde sicherlich Revanche geben.
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

Als Haru ihr Zimmer betrag waren die ersten Worte die ihren Lippen entwichen: „Scheiße, jetzt komm ich mir wie so eine bekloppte Prinzessin vor.“ Sie schmiss ihre Tasche auf das Himmelbett, das vor ihr friedlich ruhte und ihr Schlafplatz für die folgende Woche werden sollte. Auch hier schien das Wesen Pech seine Hände im Spiel zu haben.

Es kam ein Dienstmädchen herein und fragte, ob es Haru beim Auspacken helfen sollte, aber die Rothaarige lehnte ab indem sie freundlich mit dem Kopf schüttelte.

Als sie dabei war, ihre Sachen in den Schrank zu sortieren, ging die Tür ohne jegliches Geräusch einen Spalt weit auf. Haru vernahm einen leichten aber kalten Windzug auf der Haut und drehte sich um, als sie jemand hinter der Tür auf dem Flur vorbei weichen sah: eine dunkle Gestalt. Haru schaute genauer hin, legte das Kleidungsstück in ihrer Hand behutsam auf das Bett und eilte zur Tür. Als sie auf den Flur hinausguckte, sah sie niemandem. Und alles was sie hörte war eine Stille, die jedoch im nächsten Moment durch leise Stimmen unterbrochen wurde. Haru vernahm ein Kichern.

Sie lief zum Treppengeländer und schaute nach unten, wo die Stimmen herkamen. Sie sah zwei Dienstmädchen. Haru strengte ihr Gehör an um mitzukriegen, was die Beiden besprachen. Eigentlich war es nicht ihre Art jemanden zu belauschen, aber sie wollte wissen, ob es eins der Mädchen war, das gerade an ihrem Zimmer gewesen war.

„Ja, er sieht so gut aus. Wie alt ist er denn?“

„Weiß nicht. Ich glaube er geht in die elfte Klasse.“

„Was? Mist! Dann ist er höchstens 17.“

Haru runzelte die Stirn. Es war eindeutig, dass keins der Mädchen in ihre Tür hineingeschaut hatte. Sie setzte schon an, um wegzugehen, als sie wieder die Worte der beiden Mädchen im Kopf durchspielte: elfte Klasse? Redeten sie über Ryo?

„Okay, hier leidet jemand eindeutig unter Geschmacksverwirrungen.“ Murmelte sie mit einem angeekelten Gesichtsausdruck. Sie konnte der Versuchung nicht wiederstehen, den beiden Dienstmädchen etwas länger „zuzuhören“ – lauschen klang ihr zu ungeeignet, schließlich hatte sie das Gespräch nur beiläufig mitgehört.

„Hattest du etwa vor dich an ihn ranzumachen? Ein Dienstmädchen hat doch eh keine Chance bei ihm, er ist stinkreich.“

Haru gab einen leisen Lacher von sich. Ryo würde sicherlich auch ein Dienstmädchen nehmen.

„Was machst du da?“ ertönte plötzlich eine tiefe Stimme, mehrere Meter weit von ihr entfernt. Diese kam von einer Person, über die gerade gesprochen wurde. Haru schaute verdutzt hoch, sie wollte noch irgendwie gestikulieren, dass er leise sein soll, aber die Mädchen hatten die Stimme von oben bereits gehört und gingen schnellen Schritten davon.

Haru seufzte enttäuscht auf: „Du kommst immer in den ungelegensten Momenten.“

Ryos Gesichtsausdruck war gelangweilt und emotionslos. Er ging langsam los und setzte dem Anschein nach seinen Weg fort, wohin auch immer dieser ursprünglich führte und sprach dabei: „Ach, so wie damals im Flur in der Schule, als ich dich und Takato gestört hab.“

Haru verengte ihre Augen in einer unverständlichen Miene. In diesem Moment wäre ein Fragezeichen über ihrem Kopf mehr als passend gewesen: „Was?“

„Ach nichts.“ Ryo wusste nicht, wie er überhaupt darauf kam und warum der erste Gedanke, der ihm in den Sinn kam, ein Bild von Haru zusammen mit Takato darstellte, wie sie ganz eng aneinander standen. Bei dem Bild wurde ihm schlecht. Er erblickte das verdutzte Mädchen, dessen Augen immer noch Verwunderung ausdrückten und schaute gleich darauf wieder weg.

„Hast du in mein Zimmer reingeschaut?“ kam plötzlich eine Frage von Harus Seite.

„Nein.“ Antwortete Ryo mit einem Soll-das-ein-Witz-sein-Ton.

„Hm.“ Das Mädchen vor ihm schaute plötzlich entgeistert und schien zu überlegen. Ihre grünen Augen wanderten langsam durch den Raum, schienen aber nichts wahrzunehmen. Ihr kam plötzlich ein Gedanke in den Kopf, ein Gedanke der sie begeisterte, falls er stimmen würde. Wenn sie sich einen Überblick über die Sache verfasste, musste sie erkennen, dass die Puzzleteile zusammen passten. Das alte Haus, die Umgebung und dann der feine Kälteschauer: die Villa musste eine Geistervilla sein. Haru glaubte zwar nicht an Gespenster, aber immerhin würde der Urlaub interessanter und spannender werden, wenn es den Anschein hatte, dass es in diesen Wänden spucken würde. Und das wiederum hieß, dass sie vielleicht gar nicht so viel Pech hatte, wie sie glaubte.

Als sie überlegte merkte sie nicht, dass der Junge vor ihr sie ansah. Er musterte ihre Gesichtszüge, die sich unwillkürlich veränderten, als das Mädchen nachdachte. Aber Haru selbst schien nicht wahrzunehmen, dass sich ihre Mimik wandelte. Plötzlich, wie ein Blitz, schoss ihr Blick zu ihm, so dass er instinktiv seinen eigenen abwenden musste.

„Hast du Angst vor Gespenstern?“ fragte das Mädchen und Ryo musste sie wieder voller Verwunderung anschauen. Als er gerade nachfragen wollte, ob das Mädchen blöd sei, hörten sie ein Trappeln über sich. Gleichzeitig schauten beide hoch.

„Was war das?“ fragte Ryo.

„Auf dem Dachboden.“, rief das Mädchen mit einem Lächeln auf und lief an ihm vorbei, dabei streifte sie seine Schulter. Er drehte sich nach ihr um, sich immer noch fragend, ob das Mädchen blöd sei. „Eindeutig blöd!“ stellte er fest, war aber selbst blöd genug, um dem Mädchen zu folgen.

Haru lief durch den Flur und schaute um jede Ecke, auf der Suche nach etwas Bestimmten: „Wo geht es hier hinauf? Es muss irgendwo eine Tür oder Treppe geben, die nach oben führt.“

„Was hast du vor?“ erkundigte sich Ryo, der ihr dicht auf den Fersen lag.. Haru reagierte nicht auf die Frage - wieder mal. Stattdessen blieb sie vor einer alten Tür stehen, in ihrem Gesicht stand Triumph geschrieben: „Hier muss es sein.“ Ryo stellte sich neben sie, die Tür betrachtend. Das rothaarige Mädchen legte behutsam eine Hand auf den Türknopf und umschloss ihn zögerlich mit den Fingern, als ob er sich ihr entziehen würde, wenn sie eine zu rasche Bewegung machen würde. Langsam drehte sie das umfasste Objekt, bis es sich nicht mehr bewegen lies. Das Lächeln auf Harus Gesicht verschwand: „Verschlossen.“ Sagte sie nur und rupfte etwas stärker an der Tür. Pech gehabt! Die Tür ging nicht auf.

„Na toll!“ sagte sie leicht wütend und drehte sich um, als sie die Brust von Ryo sah. Er war die ganze Zeit dich hinter ihr und jetzt dicht vor ihr gestanden. Sie schaute auf uns sah, dass er sie ebenfalls anschaute. Aus irgendeinem Grund musste sie schlucken.

Ryo dachte in diesen Moment, dass es am Besten wäre, wenn er zur Seite treten würde, aber seine Füße schienen wie angewurzelt. Als das Mädchen ihn mit seinen grünen Augen ansah, wurde es ihm mulmig zumute.

„Geh mir aus dem Weg!“ kam die drohende Stimme aus Harus Kehle und durchbrach die Stille, die sich inzwischen wieder um die Beiden gebildet hatte. Ryos Blick wurde verdutzt, als ob er ihre Worte gar nicht verstanden hatte. Er konnte seinen Blick nicht vom Gesicht des Mädchens abwenden.

„Bist du taub? Ich sagte du sollst mir aus dem Weg gehen!“ schrie Haru lauter und schubste ihn zur Seite. Ryo fiel beinahe um, konnte sich aber noch auf den Beinen halten. Sein Blick wurde wütend und mehrere Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht, als er sie wieder anschaute. In 2 großen Schritten stand er vor ihr und packte sie am Handgelenk. Haru starrte fassungslos auf seinen Griff und dann wieder auf sein Gesicht: „Hast du sie nicht mehr alle? Lass mich los!“

„Weißt du, irgendwie nervst du!“ er zog sie an der Hand, legte einen Arm um ihren Hals, drückte zu und machte somit einen sogenannten Schwitzkasten. Also konnte sich das Mädchen nicht aus dem Griff befreien.

„Lass los!“ schrie sie heiser. Sie schnappte sich die Hand, des einen Arms, der sich um ihren Hals gelegt hatte, und biss hinein. Ryo schrie auf und betrachtete die Bissspuren auf seiner Haut. Haru wischte sich in der Zwischenzeit die Zunge ab: „Igitt, ich hab deine Hand im Mund gehabt.“

„Bist du aus dem Zoo entlaufen, oder was?“ schrie Ryo, so dass seine Stimme im ganzen Flur widerhallte.

„Das Selbe könnte ich dich fragen, du Klammeraffe.“ Haru richtete sich auf und ballte ihre Hände zu Fäusten. Ihre Haare waren zerzaust und ein paar Strähnen waren aus dem Haarbund entwichen und hingen ihr zerstreut ins Gesicht. Sie pustete, um sich diese aus der Sicht zu schaffen.

„Glaubst du echt an den Scheiß? Dass es hier Geister gibt? Ich gebe dir mal einen Tipp: geh zum Psychologen und lass dich überprüfen. In deinem Kopf stimmt nämlich etwas nicht, das fällt mir schon seit Langem auf.“

„Ach ja tatsächlich? Dann schick ich dich mal zum Frauenarzt, du scheinst nämlich ein echtes Hormonproblem zu haben.“

„Du...“ er holte aus, seine Zähne knirschten. Haru schenke ihm einen herausfordernden Blick: „Na los. Schlag zu!“

Ryo zögerte.

„Worauf wartest du?“

Die Faust sauste durch die Luft aber Haru brauchte nur ihren Kopf leicht zur Seite zu neigen. Sie schmiss sich mit ihrem ganzen Gewicht auf Ryo und riss ihn zu Boden. Er umklammerte ihre Arme und schaffte es die Lage so zu verändern, dass er auf dem Mädchen landete. Mit beiden Händen umklammerte er ihr Gesicht und verharrte in dieser Position. Haru zog an seinen Armen, um sich zu befreien, aber er war wieder erstarrt.

Haru fragte sich, warum er schon wieder stärker geworden war. Nun schaffte sie es nicht einmal mehr, seine Hände von ihrem Gesicht wegzuziehen. Sie strampelte mit den Beinen, um ihn wenigstens treten zu können, aber dadurch, dass er auf ihr saß, kam sie nicht einmal in die Nähe ihres Ziels.

Ryo löste sich aus seiner Starre und realisierte die Situation. Er drückte Harus Wangen in seinen Händen zusammen, so dass sich ihre Lippen eine Schnute bildeten.

„Wass miff wos.“ War, was durch diese Verzerrung aus Harus Mund kam. Ryo setzte das Grinsen eines Teufels auf und bewegte seine Hände hin und her, so dass sich Harus Gesicht noch mehr verzog.

Das Mädchen unter ihm war nun endgültig wütend. Was bildete er sich ein, sie so lächerlich zu machen? Außerdem war sein Prachtkörper nicht gerade leicht. Mit aller Kraft drückte sie ihn von sich, so dass er zur Seite rollte. Sie stand rasch auf. Ihre Haare waren komplett zerzaust. Sie schnaubte und drückte mit jeder Zelle ihres Körpers Zorn aus.

„Geh doch mit den Dienstmädchen f****n, oder sowas!“ schrie sie und stampfte davon. Ryo schaute ihr perplex hinterher. Auf den Boden sitzend, versuchte er aus ihren Worten einen Sinn zu erkennen, aber es gelang ihm nicht. Dienstmädchen? F****n?

Plötzlich riss er seine Augen auf, in einem kompletten Schock.

>Sie dachte doch nicht etwa, dass er sie...?< er war zu feige, den Gedanken zu Ende auszusprechen. Aber die Antwort auf seine Frage lautete ‚Nein’. Haru hatte so etwas gesagt, weil ihr in dem Moment nichts Besseres einfiel.
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

Ein Traum, vielleicht sogar ein Alptraum war es, der am frühen Morgen auf Harus schlafendem Gesicht Verzerrungen verursachte. Das Mädchen entblößte ihre Zähne und knurrte leise. Ab und zu zuckten ihre Augenbrauen und ein paar schwer verständliche Worte entflohen ihrem Mund. Sie rollte sich vom Rücken auf die Seite, zur Bettmitte, als ihre Augen langsam aufgingen. Sie erblickte etwas Braunes vor sich, aber nur verschwommen. Als sich ihre Sicht verschärfte sah sie den Teddybären, den sie seit ihrem Geburtstag besaß.

In nur einer Millisekunde war das Mädchen wach: „WOH!“ schrie sie und wich voller Panik zurück, bis sie auf dem Bettrand gelandet war. Der Schock stand ihr ins Gesicht geschrieben. Aber nicht nur der Schock sondern auch eine Frage: Was machte der Teddybär hier? Sie war sich sicher, dass sie ihn zu Hause gelassen hatte.

Sie streckte ein Bein aus, ganz vorsichtig, als ob der Bär etwas Abstoßendes und Schreckliches wäre. Als sie ihn mit ihrer Fußspitze erreicht hatte, schubste sie das Kuscheltier aus dem Bett, so dass es auf dem Boden landete. Sie blieb noch etwas in der komischen Position – wie ein Krebs mit einem verzerrten Gesicht – verharren, bis sie aufatmete und sich endlich lockerte. Sie warf einen unsicheren Blick über den Bettrand, wo der Teddy lag. Dann krabbelte sie auf allen Vieren über das riesige Bett, bis sie mit dem Kopf über der Bettkante hing und zu dem mysteriösen Objekt sprach: „Beantworte mir mal eine Frage: bist du hierher zu Fuß gelaufen oder hast du ein Taxi genommen?“ Als das Tier (natürlich) nicht antwortete zischte Haru leise, stand vom Bett auf und zog sich an.

Als sie rausging fiel ihr Blick nur flüchtig auf den Teddy, bevor sie die Tür aufriss, die sie aus dem Zimmer hinausführte. Allerdings wurde die Tür in einem Winkel von 90° aufgehalten, und zwar mit einem dumpfen Knall. Gleich als nächstes schrie jemand: „Au, verdammt! Pass doch auf.“

Würde Haru auf ihre Umgebung achten, hätte sie bemerkt, dass sie soeben eine Tür gegen Ryos Nase gehauen hatte. Aber das Mädchen lief nur schnurstracks in Richtung Treppe und nach unten, wo das duftige Frühstück auf sie wartete.
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

Perfekt gepflegte und lackierte Nägel glitten über die Tasten und erzeugten kleine Schriftzeichen auf dem ebenso kleinen Display des Handys.

Hey, wie geht’s? War der Einzige Text, den Karin bisher problemlos eintippen konnte. Zögerlich drückte sie weiter auf den Tasten:

Wie laufen die Ferien so? Ist das Haus schön? Ich habe komplette Langeweile. Nodame ist mit ihren Altern nach Hawaii geflogen. Karin hielt wieder inne.

Streitest du mit Ryo oft?

Jedoch bevor sie noch ihren eigenen Namen unter die Nachricht gesetzt hatte, löschte sie alles, was sie vorher eingetippt hatte und legte ihren Kopf verzweifelt auf den Tisch. Sie seufzte entmutigt, als sie auf die halbe Stunde zurückblickte, in dem sie immer wieder dasselbe Schema wiederholt hatte: SMS schreiben; SMS löschen.

Sie fühlte sich entmutigt, kraftlos und dumm zugleich. Warum dachte sie nur immerzu an Ryo und dass er Ferien machte und zwar zusammen mit Haru?

„Du bist blöd, blöd, blöd!“ schrie sie sich an und klopfte mit dem Handy auf den Tisch. Dann blickte sie wieder auf das Display (das sogar noch heil war – gepriesen waren die teuren Qualitätsprodukte). Es gab mehrere Optionen die ihr durch den Kopf gingen, und keine schien sinnvoll. Sie wünschte sich, dass Nodame da wäre und sie diese um Rat fragen könnte. Aber Nodame war nicht da, und Haru auch nicht. Sogar wenn diese da gewesen wäre, würde sie diese nicht um Rat fragen, denn dann wäre es gar nicht notwendig, da Ryo gar nicht mehr zusammen mit Haru Ferien machen würde und...

Karin seufzte wieder. Sie schaute ihr Namensverzeichnis auf dem Handy durch, bis sie auf einem Namen anhielt: Tatsuja. Er hatte ihr Tatsächlich seine Nummer gegeben, damit sie ihn anrufen konnte, wenn sie ein Problem hatte. Sie fragte sich allerdings, ob er sich dadurch nicht einfach über sie lustig machen wollte. Der Kerl war echt verwirrend. Sie glaubte sogar, dass er noch verwirrender war als Ryo. Den letzteren konnte man im Endeffekt doch durchschauen, denn ihm stand immer alles ins Gesicht geschrieben, auch wenn er des Öfteren versuchte seine Gefühle zu verstecken.

Aber Tatsuja war komplizierter. Erwachsener... oder doch nicht?

Karin drückte den Knopf mit dem grünen Telefonhörer: „Die Nummer die Sie gewählt haben...“ erklang fast sofort aus dem Hörer. Karin legte auf.

„War ja klar.“ Ihr fiel ein, dass sie einmal mit Haru bei Tatsujas Wohnung vorbeigelaufen war. Sie war nicht drin gewesen aber sie wusste noch, wo das Gebäude lag. Nach wenigen Sekunden des Überlegens stand sie auf und machte sich auf dem Weg.
 

Tatsujas braune Haare lagen zerstreut auf dem Kissen. Als dir Türklingel läutete, murrte er grimmig, zwang sich aber trotzdem aus dem Bett. Er Hatte Boxershorts und ein weites T-Shirt an, mit der Aufschrift: Red Beach - die Bar in der er arbeitete.

„Ja.“ Erklang seine müde Stimme, als die Tür aufging.

„Oh, h-hab ich dich geweckt?“

Der Braunhaarige sah Karin vor sich. Leichte Röte war ihr ins Gesicht gepinselt. Tatsuja fuhr sich durch die Haare und schaffte sich somit den zotteligen Pony aus der Sicht: „Karin?“ Seine Müdigkeit war gewichen. „Was gibt es?“

Karin fuhr einen nervösen Halbkreis mit dem Fuß. Als sie sprach, war ihr Kopf vor Scham nach untern gesenkt: „Es kommt vielleicht plötzlich und könnte auch nervig sein, aber ich brauch einen Rat.“

Der ihr Gegenüber starrte sie ungläubig an. Er kratzte sich am Hinterkopf und sagte anschließend seufzend: „Komm rein.“

Karin schreckte hoch. „Was? In die Wohnung? Aber...“

„Soll ich in Boxershorts draußen stehen? Keine Angst, wenn ich mich an dir vergreife, mach ich mich strafbar, und darauf habe ich keinen Bock, also rein mit dir.“

Das blauäugige Mädchen zögerte noch kurz bevor es nachgab und mit einem leisen „Okay“ die Wohnung betrat. Trotzdem fühlte sie sich leicht unwohl, erst recht, wenn sie seine karierten Boxershorts sah. Zum Glück hatte er noch ein T-Shirt an.

„Also, was ist los?“

„Es ist... ziemlich blöd... eigentlich.“

„Kaffee?“

„Was? Ach so. Nein. Ich hätte gerne destilliertes Wasser.“

„Geht auch Leitungswasser?“

Karin schaute verdutzt. „Ehm, egal. Ich brauche nichts.“

„Na los erzähl!“

>Wollte ich doch, bis du mit deinem Kaffee kamst.< dachte die Schwarzhaarige aber setzte ihre Erzählung fort. „Ich habe dir ja schon erzählt, dass Haru zusammen mit Ryo Urlaub macht.“ Sie räusperte sich.

„Ja, und weiter.“

„Vor lauter Sorge kann ich nicht einmal mehr schlafen. Ich wollte Haru eine SMS schreiben, aber das würde blöd kommen. Ich wollte fragen, was sie so macht... mit Ryo. Ob...“

„Ob er sich an sie ranmacht?“

„Nein.“

Tatsuja hob eine Augenbraue, während er Karin fragend fixierte.

„Nicht so direkt.“

„Du wolltest? Also hast du ihr noch nicht geschrieben?“ der Braunhaarige rührte in seinem Kaffee bevor er einen kräftigen Schluck nahm.

„Darum geht es ja. Ich wollte dich fragen, was du in so einer Situation machen würdest?“ sie sprach den letzten Satz schnell aus und blickte Tatsuja erwartungsvoll an.

„Was ich...?“ Der Ratgeber schien ratlos. „Ich weiß nicht, ich war noch nie in so einer Situation.“

„Gab es nicht einmal Situationen, in denen du über deine Freundin besorgt warst, dass sie mit einem anderen Typen fremdgehen konnte.“

„Ist Ryo dein Freund?“

Die Frage überraschte Karin. Sie sank ihren Blick zu Boden: „Nein.“

„Hm.“

„Was hm? Sag mir, was du in dieser Situation machen würdest? Würdest du es sein lassen oder nicht?“

„Ich sag doch ich weiß nicht. Ich hatte nie...“ seine Stimme wurde plötzlich leise und seine Augen wichen zur Seite.

„Was?“ fragte Karin. Tatsuja antwortete nicht, sondern rührte weiterhin in seinem Kaffee. Plötzlich ging Karin ein Licht auf.

„Sag bloß, du hattest noch nie eine Freundin?“

Keine Antwort.

„Wie alt bist du denn? Du hattest echt noch nie...?“

„Nein, hatte ich nicht! Kannst du jetzt aufhören zu fragen?!“

Karin prustete los, bis sie in lautes Gelächter ausgebrochen war. Sie hielt sich am Bauch fest und kniff die Augen zusammen. „Das heißt du bist noch eine Jungfrau.“

„Das habe ich nicht gesagt!“ sagte Tatsuja abrupt und wütend. „Wenn du hier bist, um über mich zu lachen kannst du sogleich verschwinden.“

Das schwarzhaarige Mädchen hörte auf zu lachen: „Was? Hey, ich hab’s nicht so gemeint.“ Versuchte sie sich noch zu retten, aber der Braunhaarige schob sie schon bereits Richtung Tür.

„Warte.“ Schrie sie, als er bereits die Tür aufgemacht hatte. Tatsuja hielt inne und gab ihr somit die Möglichkeit sich auszusprechen.

„Ich will es von dir trotzdem wissen. Was würdest du an meiner Stelle machen?“ Sie stand in der Türschwelle und faltete ihre Hände zusammen. In ihrem Blick stand Hoffnung geschrieben. Tatsuja machte den Mund auf, wollte sie wütend anschreien, machte seine Lippen aber wieder zu. Er seufzte als Symbol dafür, dass er nach gab.

„Du kennst doch die Antwort bereits.“ Sagte er in einem plötzlich weichen Ton. „Das Beste wäre, du würdest nicht schreiben. Du solltest aufhören an ihn zu denken, dich ablenken. Bilde dir einfach ein, du magst ihn nicht mehr. Und hoffe, dass das Gefühl mit der Zeit vergeht.“

Er machte sich wieder daran, die Tür zuzumachen: „Aber...“ erwiderte Karin noch verzweifelt, bevor das Stück Holz vor ihrer Nase zuging.

Sie blickte die Tür verloren an, nicht wissend, was sie machen soll. Sie senkte ihren Kopf. niedergeschlagen und verzweifelt. Tränen drohten wieder an die Oberfläche zu gelangen, aber Karin versuchte mit allen Mitteln diese zu unterdrücken, sie dort zu behalten, wo sie hingehörten. Das Gefühl der Verzweiflung, welches sie niederzuschmettern drohte, wuchs in ihr heran, bis es eine riesige dunkle Staubwolke in ihrem Inneren war. Karin schluckte und versuchte damit den Kloß in ihrem Hals loszuwerden.

Auf der anderen Seite der Tür stand Tatsuja, der ebenfalls auf die Tür schaute und dann den Kopf senkte. Dann griff er aber entschlossen nach dem Türgriff und machte das blauäugige Mädchen für sich wieder sichtbar. Sie hob erschrocken ihren Kopf, in ihren Augen die ersten Spuren der Tränen.

Völlig unwissend was er tat, griff er nach Karins Handgelenk und zog das Mädchen an sich. Er umschloss sie in seinem Griff und legte eine Hand auf ihren Hinterkopf, um sie somit enger an sich ziehen zu können.

Der Atem des Mädchens stoppte. Ihre Augen waren weit aufgerissen.

Dann ließ Tatsuja Karin genauso schnell los, wie er sie geschnappt hatte, druckte ihr einen Kuss auf die Stirn und sagte: „Das gibt dir genug Stoff zur Ablenkung. Also denk nicht mehr an ihn.“

Dann ging die Tür mit einem lauten Knall wieder zu.

...

Karin zuckte nicht einmal mit der Wimper. Ihr war auch nicht mehr nach Weinen zumute.

Der einzige Gedanke, eher gesagt die einzige Frage, die ihr durch den Kopf schoss, war: >Was zum Teufel war das?<

Sie legte sich eine Hand auf dem Mund, Röte schoss ihr ins Gesicht. Sie drehte sich abrupt um und schritt hastig davon, mit einer Geschwindigkeit von 5 Schritten die Sekunde.

Währenddessen saß Tatsuja in der Hocke in seiner Wohnung und raufte sich die Haare: „Hast du völlig den Verstand verloren? Willst du dich strafbar machen?“

Aber seine Methode hatte gewirkt. Karin vergaß für mehrere Stunden das Problem „Ryo-Haru“ und dachte über andere Dinge nach...
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

...aber sie hatte es auch gar nicht nötig, sich Sorgen um das Problem zu machen, denn Haru tat alles, um Ryos Gesicht nicht sehen zu müssen. Sie lag gerade auf einer Liege im Gartenhaus, dessen Decke mit Glas ausgebaut war. Der ganze Anbau war um einiges größer als ein normales Gartenhäuschen. In der Mitte ging eine gewundene Treppe nach oben und führte zu kleinen Brücken, die die obere Etage bildeten. Auch hier sah das Haus alt aus, und die Stahlkonstruktionen nahmen an manchen Stellen die rote Farbe des Rostes an, der verblüffende Ähnlichkeiten mit der Haarfarbe einer gewissen Dame hatte.

Als Haru mit ihren grünen Augen durch den Raum fuhr, war sie mit dem anschwellenden Gefühl konfrontiert, geheime Wesen zu erblicken und dessen Geheimnisse zu entdecken. Dann drehte sie sich auf den Bauch, als sie feststellte, dass es leider unmöglich war irgendwelche Geister zu sehen, da es diese nun mal nicht gab und nie geben würde. Enttäuscht und doch noch mit einem kleinen Überrest an Hoffnung musterte sie die schlingenden Pflanzen, die die Wände hinaufkrochen und sich weiter oben in alle Richtungen zerstreuten.

Plötzlich spürte sie eine kalte, hauchzarte Berührung auf ihrem Handgelenk. Sie schreckte hoch und erblickte ihre Mutter. Diese lächelte mit einem breiten Grinsen. Haru sank enttäuscht ihre Augenlieder. „Hey, Mama.“

„Haru Schätzchen, kannst du das bitte Ryo-kun bringen?“

Haru spähte nach unten und erblickte das Objekt in der Hand ihrer Mutter: ein Handy. „Er hat es vorhin gesucht.“ Setzte die Frau fort. „Ein Hausmädchen hat es gefunden und mir gegeben.“

„Warum gibst du es ihm nicht selbst?“ fragte Haru gelangweilt und rollte wieder auf den Rücken.

„Du hast doch eh nichts zu tun.“ Ihre Mutter klang plötzlich empört. „Sie dich an: liegst den ganzen Tag rum und starrst auf die Decke. Wenn du mich fragst, solltest du endlich anfangen deinen Urlaub zu genießen.“

Haru blinzelte ein paar Mal mit den Augen, im Unglauben, dass ihre Mutter tatsächlich wütend war. Sie nahm ihr das Handy vorsichtig ab und ließ währenddessen den Blickkontakt zwischen ihnen nicht abbrechen, denn sonst hatte sie befürchtet, dass ihre Mutter noch wütender werden könnte. „Okay. Kein Grund um auszuflippen.“ Sagte sie noch, bevor sie aufstand und, vor sich hinfluchend, Richtung Ryos Zimmer ging. Haru war sich zwar nicht sicher, ob er auch wirklich in seinem Gemach war, aber sie hatte keine Lust ihn persönlich aufzusuchen sondern entschied sich dafür, sein kostbares Gerät einfach auf seinem Bett zu lassen. Wenn sie genug Glück hatte, würde der Braunhaarige vielleicht sogar mit seinem Gewicht drauf landen, wenn er sich abends ins Bett stürzen würde. Und dann würde das Handy kaputt gehen.

Haru grinste teuflisch.

...

Die Tür flog mit rasender Geschwindigkeit auf und knallte gegen die Wand.

„Oi!“ schrie Ryo, der in seinem Zimmer war. Haru zischte ohne ihn anzublicken. Sie war wütend, da ihr Plan jetzt nicht mehr in Erfüllung gehen würde. Sie schritt schnurstracks zum Bett, warf das Handy ohne jegliche Liebe und Sorgfalt auf die Decke.

Ryo fühlte sich mehr als gestört, denn er stand gerade halbnackt im Raum. Genauer gesagt hatte er nur seine Boxershorts an. Als Haru an ihm vorbeizischte, konnte er gar nicht anders, als sich aufzuregen, schließlich hatte er Grund genug dazu: „Hey, schon mal was von Klopfen gehört?“ Er hielt sich ein T-Shirt vor der Brust und versuchte sich hinter diesem zu verstecken. „Bist du doof? Siehst du nicht, dass ich nur Boxershorts anhabe?“ seine Stimme klang aufgeregt, beinahe quietschend. Haru schenke ihm einen gelangweilten Blick. Doch dann hielt sie inne, ihre Augen fingen an, den Jungen voller Gleichgültigkeit zu mustern.

Ryo machte einen winzig kleinen Schritt zurück, so klein, dass es gar nicht auffällig war. Aus irgendeinem Grund kam er sich beobachtet vor. Warum nur?

Als Haru damit fertig war, ihn von oben bis unten und wieder zurück zu studieren, gingen ihre Lippen wieder in diesem einen teuflischen Lächeln auf. Ryo musste unwillkürlich zucken: „Was? Hast du mich nicht gehört? Geh raus!“

Doch statt seinem Befehl zu folgen, machte das Mädchen einen Schritt in seine Richtung: „Was denn? Hast du Angst? Dass ich über dich herspringe?“ Sie kam Ryo immer näher und dieser musste ausweglos sich an die Wand hinter ihm pressen. „Oder fühlst du dich von mir eingeschüchtert?“ Nun war sie direkt vor ihm und grinste ihn von unten an. Aber trotz des Höhenunterschieds kam sich Ryo plötzlich als das schwächere Glied vor.

Haru setzte fort: „Du wirst ja ganz rot. Hast du nicht gesagt du siehst mich nicht als eine Frau? Findest du mich jetzt, nachdem ich mich verändert habe, hübsch?“

Ryo lies das T-Shirt in seinen Händen fallen und drückte diese gegen die Wand, in der verzweifelten Versuchung sich noch flacher zu machen. Doch plötzlich wurde ihm klar, dass er sich so eine Demütigung nicht bieten lassen durfte. Er ballte seine Hände zu Fäusten.

„Hey! Ich glaube du vergisst hier etwas. Ich bin hier der Mann. Ich könnte dir sonst was antun, wenn du dich nicht sofort aus meinem Zimmer entfernst.“ Er richtete sich auf und war dadurch gezwungen, ihr noch näher zu kommen. Aber das unsichere Gefühl unterdrückte er. Das musste er. Schließlich war ER hier der Mann!

„Soll ich etwa Angst kriegen? Du könntest mir nicht das Geringste antun, schon mal von der Tatsache abge...“

Ihre letztes Wort wurde unterdrückt. Ryo griff prompt nach ihrer Taille, mit der anderen Hand umschloss er ihr Handgelenk. Haru konnte nicht einmal realisieren was passiert war, sie war noch dabei sich ihre Rede zusammen zu dichten, als Ryos Lippen hart auf ihre trafen.

Harus Herz setzte einen Schlag aus, bevor es wieder anfing zu pochen, und zwar mit einer rasenden Geschwindigkeit.

In dem flüchtigen Augenblick, den der Kontakt zwischen den beiden einnahm, schloss Ryo seine Augen und drückte seinen Körper gegen Harus, der unter seiner Berührung erstarrte. Haru konnte die Hitze, die von ihm ausging spüren... oder war es ihre eigene?

So schnell es ging drückte sie ihn von sich und starrte ihn an, hastig nach Luft schnappend. Sie wollte ihn anschreien, ihn verfluchen, ihn verprügeln, aber der Schock ließ sie kein Wort aus der Kehle bringen.

Ryo starrte ebenso verdutzt wie das Mädchen vor ihm. Seine Haarsträhnen hingen ihm ins Gesicht und dieser Anblick machte Haru wahnsinnig. Und verwirrt.

Sie wischte sich über die Lippen, drehte sich wütend um und stampfte aus dem Zimmer. Hätte sie es doch gleich getan! Aber wer hätte gedacht, dass er so was machen würde. Was fiel ihm überhaupt ein?

Genau: was fiel ihm überhaupt ein!!!! Wie konnte er es wagen?

Haru drehte sich abrupt um, ihre Schuhsohle hätte dabei beinahe gequalmt.

Ryos Gedanken währenddessen kreisten um eine einzige Frage:

>Was hab ich getan? Was hab ich getan? Ich muss verrückt sein!< Ryo hielt sich eine Hand vor dem Mund. In seinem Gesicht war Panik und Ratlosigkeit geschrieben. Als die Tür wieder laut gegen die Wand knallte, schaute er erschrocken hoch. Haru stand wieder vor ihm und ihrem Gesichtsausdruck nach hatte sie keine friedlichen Absichten.

Sie stiefelte auf ihn zu, ließ ihm keine Chance zu reagieren und trat gegen sein Schienbein. Ryo schrie los und zog sich krampfhaft zusammen. Doch gleich als nächstes flog eine Faust in Richtung seines Gesichts und schaltete ihm die Lichter aus. Als er wieder etwas sehen konnte, lag er auf dem Boden, neben seinem Bett und hörte Harus wütende Schritte auf dem Flur leiser werden.

Er rollte sich stöhnend zur Seite und hielt sich dabei die schmerzende Gesichtshälfte. Wenn Haru ziemlich wütend war, taten ihre Schläge ziemlich weh.

Dieser Schlag tat höllisch weh!

Ryo setzte sich auf.

Moment! Was fiel ihr überhaupt ein? (Wieder geht es von vorne los) Sie war selbst Schuld an der ganzen Sache! Genau! Er war hier der Mann – schon vergessen?

Der Braunhaarige stand rasch auf und eilte aus seinem Zimmer. Das Hausmädchen, das er dabei beinahe umrannte, wurde blass und schrie: „Ach du meine Güte!“

Haru war schon bei der Treppe angelangt, als ihre liebste Person sie einholte. Er schnappte sie wieder an der Hand: „Hey!“ >Das sagt er in letzter Zeit oft.< dachte Haru. „Bist du verrückt? Entschuldige dich.“

„Entschuldigen? Wofür? Da dich deine Mutter anscheinend nie geschlagen hat, musste jemand die Aufgabe deiner Erziehung übernehmen.“ Haru versuchte sich seinem Griff zu entziehen, aber Ryo bleib hartnäckig.

„Hey! Willst du jetzt auch noch meine Mutter beleidigen? Entschuldige dich.“ Sein Griff wurde noch fester, als er an Harus Hand zerrte.

„Träum weiter!“ Haru zog so stark sie konnte, und konnte sich tatsächlich aus seinem Griff befreien. Sie setzte an, um nach unten zu gehen, aber Ryo packte sie an der Schulter und drehte sie um. Sie schubste ihn weg, kam dabei aber selbst ins Schwanken und verlor das Gleichgewicht. Als sie spürte, dass sie gleich nach hinten, und zwar Richtung Treppe fallen würde, angelte sie sich Ryos Arm. Die erhoffte Wirkung, und zwar dass sie durch das Festhalten vom Fallen gerettet werden würde, blieb aus. Stattdessen verlor Ryo ebenfalls sein Gewicht.

Mit lautem Poltern und Krachen stürzten die Beiden die Treppen hinunter.
 

~*~*~//>*<\\~*~*~
 

An einem einzelnen Tag kann vieles passieren. Nicht nur schlechte Dinge. Den Begriff „Pechsträhne“ haben die Menschen selbst erfunden. So etwas wie ein Unglück nach dem anderen zu haben gibt es nicht, es gibt nur Menschen, die sich einbilden, besonders viel Pech zu haben. Die Lösung liegt in der Psyche: man soll mit einem nüchternen Blick die Lage betrachten und die guten Sachen erkennen, denen man alltäglich begegnet. Von diesen gibt es mehr als man glaubt.

Und wenn man auch dann nur Schlechtes sieht: nun... Alles hat seinen Zweck!

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Danke an papillon-chan. Sie war echt fleißig mit dem korrigieren.

Und danke an all die lieben Kommis für den letzten Kapitel. Ganze 10!!! Ich dachte ich habe die meisten meiner Kommischreiber verloren;__;
 

Noch 4 Tage und ich habe Ferien*__*



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Kommentare zu diesem Kapitel (14)
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Von:  CatariaNigra
2009-11-26T16:56:56+00:00 26.11.2009 17:56
Hehe, habe deine Fanfic bis hierher gelesen, gefällt mir echt gut^^ Aber bisher mag ich Takato überhaupt nicht, und Ryo, geht auch so. Wen ich eigentlich mag, ist Kazuma ;__; Aber der ist offensichtlich nicht mehr da, schade.. bin aber mal gespannt, wie es weiter geht^^

naja, lange Rede kurzer Sinn, ich hoffe, du schreibst bald weiter. Ich würde gerne auch mehr über Harus Vergangenheit erfahren^^
Von:  blue-star
2009-07-10T19:44:54+00:00 10.07.2009 21:44
OMG

xDDDD

bitte bitte so schnell wie möglich weiter schreiben
wie cool
ist das denn

x3
Von: abgemeldet
2009-07-09T14:19:08+00:00 09.07.2009 16:19
oh man! meine persönliche startseite zeigt mir nie an, wenn du das neue kapi hochgeladen hast, damit ich meinen inhaltlichen senf dazugeben kannXDDDD

darf ich dir sagen, dass ich ein haru x ryo fan werde?? ich liebe die anspielungen auf die beiden. ryo is sowas von verliebt. und ich mag takato überhaupt nicht. der soll sie ja nicht heiraten!!! ich frag mich eh, wieso sie sich das gefallen lässt.

ich find es generell schade, dass haru sich selbst so verleugnet. sie unterdrückt in den letzten kapiteln ihr wahres ich, und das tut ihr gar nicht gut. das ganze mädchen-sein is doch eh nur ein getue. und haru ist nunmal wie sie ist!!! ich versteh nicht, was daran so schlecht sein soll, dass sie nun mal etwas männlicher is. und wenn karin und nodame echte freundinnen wären, dann würden sie sie nicht dazu zwingen sich zu verstellen.
ja, ich hoffe auf einen ausbruch von haru!! ihre umgebung behandelt sie so schlecht, da muss sie nicht auch noch klein beigeben. sie soll sie mal alle kräftig fertig machenXDDD~
aber das sind natürlich nur meine ansichten. ich weiß ja nicht, was du mit der geschichte noch vorhast, aber es wird zeit mal ein paar geheimnisse zu lüften. die geschichte versteckt so viel rätselhaftes, und bei jedem kapi kommt was neues dazu.

achja, du kannst mir das neue kapi schicken. ich werd erst nach dem 24. juli dazu kommen es zu korrigieren, da sind nämlich dann meine klausuren vorbeiXD~ schicks mir einfach wieder per ens. is einfacherXDDD
Von: abgemeldet
2009-07-01T10:46:19+00:00 01.07.2009 12:46
uhhhh ein Geisterhaus ^.^
da denkt man das keine neuen wendungen kommen und dann das XD


bitte weiter machen *.*
Von:  Holmes
2009-06-30T17:59:04+00:00 30.06.2009 19:59
Super Kapitel! ^________________^
freu mich das es weiter geht!!!

*__________* ich liebe deine FF!!!
bite bite schreib ganz schnell weiter XD'!!

Ich freu mich doch immer so, wenn von Dir endlich eine ENS kommt, in der du deine Fortsetzung ankündigst!!! ^____~
Von:  -fluffi-
2009-06-28T10:50:46+00:00 28.06.2009 12:50
iiisch bin beeegeistert!!!!
ohjeeee wer mag der unheimliche kerl wohl seiin???
hahaaa nedlich ryo hat sie geküsssst *hihi*
ach die beiden san voll schnuggelig =)
ich freu mich schon rieeeesig auf die fortsetzung =)

*knudddääääL*
Von:  mitsuki11
2009-06-26T10:45:54+00:00 26.06.2009 12:45
Wieder mal ein super Kapitel!

Man die beiden sind so süß! tja was sich neckt (bzw prügelt) das liebt sich.

Freue mich auf das nächste Kapitel!!

Lg
Mina
Von: abgemeldet
2009-06-25T13:41:12+00:00 25.06.2009 15:41
Interessantest Kapitel !!!
Wirklich gelungen und es ist auch echt viel passiert ...
Es hat aber lange auf sich warten lassen !!!
Vielleicht hättest du zwei Kapitel daraus machen sollen und eins früher veröffentlichen sollen !!!
Naja deine Sache !!!
Ich erwarte wieder deine ENS ;)

LG Narutofan13-14 !!!
Von: abgemeldet
2009-06-24T19:51:20+00:00 24.06.2009 21:51
aiiih endlich ein neues kapi ... und auch noch ein super mega geiles ^^
ich hoffe das nächste braucht nicht mehr so lange ^^
bin ja mal gespannt was noch so mit haru und ryo passiert im urlaub ^^
ich hab ja so ne vermutung :-P ^^

glg Mei-Linn
Von:  Naomi9
2009-06-24T12:52:40+00:00 24.06.2009 14:52
Wow! 0.0 Was für ein Kapitel!
*bin sprachlos*
*muss mich sammeln*
Das ist ja unglaublich! Ich habe fast damit gerechnet, dass Ryo Haru küsst, aber als er es dann getan hat, da war ich doch geschockt! *lach*
Und dann noch die Sache mit Tatsuja und Karin ... Eigentlich sind sie ja ganz niedlich zusammen, nicht? ^///^
Und Harus Mutter mit ihrer genialen Idee! Was Harus Vater wohl sagen würde?
Und alle Jungs laufen in Boxershorts rum! Shorts-Party! (<- Spiel für betrunkene Männer. Einer ruft "Shorts-Party" und alle ziehen die Hosen runter XD)
Ganz schön rasantes Kapitel! Ich mag es, wie du die Eindrücke beschrieben hast! ^^
Mach bloß weiter so! Ich bin schon sehr gespannt, was im nächsten Kapitel passiert! Ob die beiden ins Krankenhaus kommen? Und wenn Takato das erfährt! was er wohl sagen wird ... Und ich bin sehr gespannt, wie das bei Karin und Tatsuja weitergeht! ^^
Also, bis dann!
LG Nao-chan


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