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Brothers

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So, ich weiß, eigentlich wollte ich nicht so schnell das nächste Kappi hochladen, aber da mein Liebes in Urlaub fährt und ich ihr vorher noch was versprochen hab, kriegt sie's doch. Also, Aschra, das hier ist für Dich. Und zwar erstens wegen des Urlaubs und zweitens wegen dieser einen bestimmten Szene, die ich Dir schon vorgelesen hab und an der sowieso nur Du schuld bist.
XD

Wünsche also viel Spaß mit dem siebten Kapitel von "Brothers"!

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Brüdergespräche

Wenn Seto erwartet hatte, dass sich Mokubas Verhalten ihm gegenüber in den nächsten Tagen ändern würde, so hatte er sich gründlich geirrt. Der Fünfzehnjährige sprach auch zwei Tage nach ihrem ›Streit‹ noch immer nur das Allernötigste mit ihm. Jeden Morgen stand er auf, frühstückte, ohne Bescheid zu sagen, und verließ alleine das Haus, um sich mit Ryou und, nachdem dieser wieder gesund war, auch mit Yuugi zu treffen und gemeinsam mit ihnen zu Fuß zur Schule zu gehen.
 

Auch an den Nachmittagen lief es für Seto nicht wirklich besser. Wenn sein kleiner Bruder denn mal zu Hause war, dann ignorierte er ihn und verbrachte seine Zeit entweder in seinem Zimmer oder aber im Garten. Wann auch immer Seto versuchte, mit ihm zu reden, wich sein Bruder ihm aus oder wimmelte ihn mit einer fadenscheinigen Ausrede ab. Und als wäre all das nicht schon genug, war zu allem Überfluss auch noch seine Stellung als Einserkandidat in allen Fächern in Gefahr. Durch den nun schon tagelang andauernden Streit hatte Seto tatsächlich bei dem überraschenden Test in Englisch am Donnerstag Konzentrationsschwierigkeiten gehabt – etwas, das ihm vorher in seiner ganzen schulischen Laufbahn noch nicht passiert war.
 

Selbstverständlich hatte er trotz allem nicht total versagt, aber dennoch war er nicht wie üblich Klassenbester gewesen, sondern hatte sich mit dem zweiten Platz begnügen müssen – was an sich schon schlimm genug für sein Ego gewesen wäre. Durch die Tatsache allerdings, dass ihm ausgerechnet sein zukünftiger Stiefbruder absolut mühelos den Rang abgelaufen hatte, wurde diese kleine Niederlage zu einer persönlichen Demütigung – vor allem dann, als am Freitag die Ergebnisse verkündet worden waren und Jounouchi, diese blonde Flohschleuder, sich vor der gesamten Klasse darüber lustig gemacht hatte, dass ein Anderer besser gewesen war als er.
 

Kein Wunder. Schließlich ist sein Vater Amerikaner und er selbst lebt sechs Monate im Jahr bei ihm in den Vereinigten Staaten. Da ist es ja wohl nur zu verständlich, dass Ryuuji absolut fließend Englisch spricht. Dennoch, auch diese logisch durchaus nachvollziehbaren Gedanken konnten den vergeigten Test nicht ungeschehen machen. Am Freitagnachmittag schließlich, als seine Frustration ihren Höhepunkt erreichte, griff Seto genervt seufzend zum Telefon und wählte Yamis Nummer. Inzwischen war er verzweifelt genug, um wirklich jede Art von Ablenkung dankbar anzunehmen – auch, wenn diese in dem Besuch der Geburtstagsparty samt kindischem Maskenball einer Klassenkameradin bestand.
 

"Muto", meldete Yami sich nach kurzem, für Seto allerdings beinahe ewig anmutendem Klingeln und der Brünette atmete noch einmal tief durch und seufzte abgrundtief, bevor er sich schlussendlich dazu durchrang, seinem besten Freund den Grund seines Anrufs zu enthüllen und damit seinen Samstagabend zu besiegeln. "Wann soll ich dich morgen Abend abholen kommen?" Jetzt musste er auf die Schnelle nur noch irgendetwas finden, das sich als Kostüm eignete.
 

oOo
 

Yami schmunzelte, als er das schnurlose Telefon nach seinem Telefonat mit Seto wieder auf die Ladestation stellte. Ganz offenbar hatte sein bester Freund sich nach dieser Woche, in der für ihn ja nun wirklich so gut wie gar nichts so gelaufen war, wie er es sich gewünscht hatte, doch dafür entschieden, sich zumindest einen Abend lang Spaß zu gönnen. Ich wusste es doch, dachte Yami zufrieden und zerzauste die ohnehin schon wilde Frisur seines jüngeren Bruders, der ihn ob seiner verdächtig guten Laune verständnislos ansah.
 

"Warum bist Du denn so fröhlich, Nii-chan?", erkundigte dieser sich neugierig und der Ältere lächelte hintergründig. "Ich hab dir doch von dieser Party morgen Abend erzählt, oder, otouto?", fragte er zurück und Yuugi nickte. Noch immer wusste er nicht, worauf sein Bruder hinauswollte, aber Yami würde ihm das schon erzählen. Allerdings hatte er manchmal einfach den unverständlichen Drang, um das, was er eigentlich sagen wollte, einen sehr wortreichen Bogen zu machen, bevor er schlussendlich doch noch zum Punkt kam.
 

"Ja, das hast du. Aber was hat das mit deiner guten Laune zu tun?" Im Augenblick war der Fünfzehnjährige einfach nicht in der Stimmung dafür, so lange auf eine Erklärung zu warten. Yamis Lächeln wurde noch eine Spur tiefer und amüsierter und er zerzauste die dreifarbige Haarpracht, die sein kleiner Bruder mit ihm gemeinsam hatte, noch etwas mehr, bevor er sich entschloss, den Jungen nicht länger auf die Folter zu spannen. "Seto hat sich entschieden, morgen Abend doch mitzukommen."
 

"Dann muss er aber sehr, sehr schlechte Laune haben", kommentierte Yuugi und grinste – eine beinahe perfekte Imitation des siegessicheren, zufriedenen Grinsens, das sein großer Bruder bis zur Vollkommenheit beherrschte. Der Ältere nickte und begann selbst auch zu grinsen. "Allerdings", bestätigte er. "Er hatte eine ziemlich schlechte Woche. Da kann ihm etwas Abwechslung nicht schaden." Für so etwas nahm Seto sich, zumindest seiner Meinung nach, einfach generell zu wenig Zeit.
 

"Ist doch seine eigene Dummheit. Er müsste sich nur bei Mokuba entschuldigen. Seto ist doch selbst schuld, dass sein Bruder böse auf ihn ist." Yuugi zuckte mit den Schultern und Yami seufzte. "Ich weiß. Aber du kennst ihn doch. Du weißt doch, wie er ist", gab er zurück und sein kleiner Bruder schüttelte verständnislos den Kopf. Diese Seite an Yamis bestem Freund verstand er einfach beim besten Willen nicht. Was war denn so schlimm daran, sich zu entschuldigen, wenn man einen Fehler gemacht hatte?
 

Yami seufzte erneut. Er hatte in den letzten Tagen mehrfach versucht, auf seinen besten Freund einzuwirken, damit sich dessen Verhältnis zu seinem über alles geliebten kleinen Bruder wieder entspannte, aber alle seine Ratschläge waren auf taube Ohren gestoßen. Entweder hatte Seto seine Worte einfach überhört oder sie ignoriert – so lange, bis Yami schließlich aufgegeben hatte. Irgendwann würde der Brünette schon zur Vernunft kommen.
 

"Dabei ist Ryuuji echt nett. Und total lustig", riss Yuugis Stimme seinen älteren Bruder aus dessen Grübeleien. Verwundert sah Yami den Jungen an. "Und woher weißt du das jetzt schon wieder, du Wiesnäschen?", erkundigte er sich neugierig und sein Bruder kicherte, denn diesen Spitznamen hatte er schon ewig nicht mehr gehört. "Ich hab ihn mal getroffen. Zusammen mit Mokuba und Ryou. Und ich verstehe wirklich nicht, was Seto gegen ihn hat. Wie gesagt, er ist wirklich nett. Er hat mir gleich angeboten, ihn beim Vornamen zu nennen. Sonst würde er sich so alt vorkommen, hat er gesagt", erzählte Yuugi und Yami runzelte nachdenklich die Stirn. Sein kleiner Bruder hatte also Setos zukünftigen Stiefbruder getroffen. Wann und wo mochte das gewesen sein?
 

"So ganz verstehe ich auch nicht, wo Setos Problem liegt", gestand er schließlich und sah seinen Bruder wieder an. Gut, er hatte zumindest die eine oder andere Ahnung, was genau seinen besten Freund an Otogi Ryuuji störte, aber sein kleiner Bruder musste noch lange nicht alles wissen. "Ich glaube allerdings, dass er nicht so begeistert davon ist, dass Mokuba sich so gut mit ihm versteht."
 

Yuugi schüttelte den Kopf und seufzte abgrundtief. "Seto könnte sich doch auch mit ihm verstehen, wenn er nur wollte. Aber so, wie Mokuba erzählt, will er das ja gar nicht. Und genau das ärgert Mokuba eben ganz furchtbar", erklärte er und schenkte seinem älteren Bruder einen fragenden Blick aus seinen großen violetten Augen. "Und was ist mit dir? Verstehst du dich mit Ryuuji?", wollte er wissen und ließ sich neben Yami auf die Couch fallen, als dieser sich hinsetzte.
 

"Ich hatte bisher noch keine wirkliche Gelegenheit, mit ihm zu sprechen. Seto, Du verstehst.", antwortete Yami auf die Frage seines Bruders. Er konnte nicht leugnen, dass er Otogi zumindest interessant fand und sich gerne einmal mit ihm unterhalten hätte. Allerdings bewegten sie sich durch ihren unterschiedlichen Freundeskreis – Seto auf seiner und Jounouchi und Kinoshita auf Otogis Seite – sozusagen in völlig verschiedenen Welten.
 

Na, wenn Setos Vater und Otogis Mutter erst einmal verheiratet sind, wird das auch anders aussehen. Dann werde ich sicher noch des Öfteren die Gelegenheit haben, mit ihm zu sprechen, sinnierte Yami und begann völlig automatisch damit, den bunten Schopf seines kleinen Bruders zu kraulen, als dieser sich gemütlich auf der Couch ausstreckte und den Kopf auf seinem Schoß bettete. Yuugi schnurrte zufrieden. Er genoss es wirklich, wenn sein Bruder ihn so sanft kraulte. Irgendwie hatten diese Berührungen immer etwas sehr Angenehmes an sich. Yami war ein guter Krauler, so viel stand schon mal fest. "Na, ist ja auch egal. Jetzt mal zu etwas viel, viel Wichtigerem, Nii-chan: Was willst du denn morgen Abend zu der Party eigentlich genau anziehen?"
 

oOo
 

"Jetzt verrat mir doch endlich, was du morgen Abend anziehen wirst, Ryuuji!" Katsuya, der bäuchlings auf dem Bett seines besten Freundes lag, strampelte ungeduldig mit den Beinen und schenkte dem Schwarzhaarigen seinen allerbesten, patentierten ›Du musst mir jetzt sofort und auf der Stelle alles verraten, weil ich sonst ganz furchtbar traurig bin und weine‹-Blick, doch der prallte absolut wirkungslos an Ryuuji ab. "Vergiss es, Kats", winkte er ab und lachte, als der Blondschopf schmollend die Unterlippe vorschob.
 

"Dein Hundeblick zieht bei mir schon lange nicht mehr. Lass dich doch einfach überraschen. Du wirst morgen Abend schon sehen, wie mein Kostüm aussieht. Bin ja mal gespannt, ob du mich überhaupt erkennst." Ryuuji grinste bei dem Gedanken an die Verkleidung, das er für den nächsten Abend vorgesehen hatte. Auf der Halloweenparty im letzten Jahr hatte das Kostüm eingeschlagen wie eine Bombe und er war sich sicher, dass es am nächsten Abend nicht anders sein würde.
 

Für einen kurzen Moment schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass das, was er anzuziehen gedachte, vielleicht keine so gute Idee war, doch er schob seine Bedenken schnell wieder zur Seite. Hey, es war doch immerhin eine Kostümparty, oder? Und in dieser Verkleidung würde ihn so schnell sicher niemand erkennen, denn damit würde garantiert kein Mensch rechnen – nicht einmal Kats, der ihn schon seit dem Erhalt der Einladung damit nervte, dass er in Erfahrung bringen wollte, als was sein bester Freund sich denn nun verkleiden würde.
 

Der Blondschopf setzte sich auf, verschränkte seine Arme vor der Brust, schob beleidigt seine Unterlippe noch etwas weiter vor und schmollte. Unglücklicherweise schien jedoch auch diese neue Taktik nicht wirklich von Erfolg gekrönt zu sein, also gab er schließlich seufzend auf. "Nur dass du's weißt: Du bist fies. Verdammt fies sogar", grummelte er und der Schwarzhaarige ließ sich laut lachend rücklings auf sein Bett fallen.
 

"Du hast dich echt nicht verändert, Kats. Kein bisschen. Und du hast mir verdammt gefehlt", gestand er, nachdem er sich wieder beruhigt hatte. Der Angesprochene nickte und seufzte leise. "Du hast mir auch gefehlt, Ryuuji. Ich bin echt froh, dass du endlich wieder da bist", gab er zu und boxte dem Jüngeren freundschaftlich in die Seite. "War wirklich ganz schön öde hier ohne dich, das letzte halbe Jahr."
 

"Na, aber wenigstens bist du nicht ganz einsam gewesen während der letzten sechs Monate. Oder willst du mir etwa ernsthaft weismachen, dass zwischen Kinoshita und dir nichts läuft? Das glaub ich dir nämlich nicht, Kats." Ryuuji rappelte sich wieder auf und sah seinen besten Freund forschend an. Der Blondschopf erwiderte seinen Blick und grinste schief. "Merkt man das echt so sehr?", fragte er und der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf.
 

"Nein, eigentlich nicht. Aber ich kenn dich schließlich schon fast mein ganzes Leben lang, Kats. Ich weiß, wie ich die Blicke deuten muss, die du ihm zuwirfst, wenn keiner hinsieht." Schließlich hast Du mich auch mal so angesehen, fügte er in Gedanken hinzu, sprach es aber nicht laut aus. Das, was zwischen ihnen beiden im letzten Jahr gelaufen war, war vorbei. Und so, wie Katsuya aussah, war das auch besser so. immerhin schien ihm viel an Kinoshita zu liegen. Sehr viel sogar.
 

Katsuya seufzte leise. Seinem besten Freund konnte er einfach nichts vormachen. "Ja, okay, du hast Recht. Kura und ich ... Da läuft was. Ich kann dir nicht sagen, ob wir wirklich zusammen sind oder was das überhaupt genau ist, was da zwischen uns abgeht, aber ich mag ihn sehr. Vielleicht sogar mehr als das. Viel mehr. Ich ... Anfangs, als er mit seiner Mutter bei meinem Vater und mir eingezogen ist, dachte ich noch genau wie alle Anderen aus unserer Klasse, dass er sogar noch verschlossener ist als Kaiba. Aber so nach und nach haben wir uns eben gegenseitig besser kennengelernt und ... Er ist jedenfalls kein schlechter Kerl, auch wenn er manchmal vielleicht so rüberkommt. Er ... er hat seine Gründe dafür, dass er so ist."
 

Ryuuji hörte sich diese Worte des Blondschopfs schweigend an und begann dann wieder zu grinsen. "Wenn du ihn so sehr verteidigst, dann bedeutet er dir wirklich ne Menge.", stellte er fest und sein Grinsen wurde noch breiter, als sich die Wangen seines Gegenübers tatsächlich leicht röteten. Wie lange war es jetzt her, dass er seinen großmäuligen besten Freund, der sonst immer einen flapsigen Spruch auf den Lippen hatte, das letzte Mal so verlegen gesehen hatte?
 

Knapp ein Jahr, erinnerte Ryuuji sich und schüttelte den Kopf. Vorbei war vorbei. Kats hatte jetzt einen Anderen gefunden, der ihm viel bedeutete. Und das war auch gut so. immerhin war ihnen beiden ihre Freundschaft einfach zu wichtig gewesen, um sie für eine Beziehung aufs Spiel zu setzen, die damals wie heute sowieso keine Chance gehabt hätte, wirklich dauerhaft zu sein. Dennoch konnte Ryuuji nicht umhin zuzugeben, dass er seinen besten Freund zumindest ein kleines bisschen beneidete. Auch, wenn Bakura vielleicht etwas schwierig sein mochte, so schien doch auch er mehr für den Blondschopf zu empfinden. Immerhin durfte dieser ganz offen den Spitznamen verwenden, den, wie der Schwarzhaarige inzwischen in Erfahrung gebracht hatte, bisher nur der jüngere Bruder des Weißhaarigen hatte benutzen dürfen. Für jemanden wie Bakura war das schon so etwas wie ein Eingeständnis, dass ihm die Person, der er das erlaubt hatte, eine Menge bedeutete.
 

Ryuuji seufzte leise und versuchte, seine Gedanken in andere Bahnen zu lenken – weg von azurblauen Augen, die ihn in den letzten Tagen förmlich verfolgt hatten. Unglücklicherweise, das hatte er sich inzwischen eingestehen müssen, hatte er in den letzten Tagen eine ziemliche Schwäche für einen seiner zukünftigen Stiefbrüder entwickelt. Das würde jedoch eine einseitige Schwärmerei bleiben, das wusste er genau. Egal, wie er es auch drehte und wendete, Seto mochte ihn einfach nicht.
 

Ist wahrscheinlich auch besser so. Wenn er mich wenigstens ein bisschen mögen würde, würde ich's ihm früher oder später wahrscheinlich sagen. Und das muss nun wirklich nicht sein. Das gäbe nur Probleme. Mum hat's mit mir auch so schon schwer genug. Nein, nahm Ryuuji sich vor, er würde schön die Klappe über seine sexuellen Vorlieben halten – zumindest so lange, bis er in sechs Monaten wieder zu seinem Vater fliegen würde. Falls er dann noch einmal nach Japan zurückkehren würde, würde er in einem Hotel oder etwas Ähnlichem unterkommen und dann wäre es ihm egal, ob seine neue Familie von seiner Homosexualität erführe oder nicht. Aber solange er mit den Kaibas unter einem Dach leben müsste, würde er sich, seiner Mutter zuliebe, in Zurückhaltung üben.
 

Katsuya, dem die seltsam grüblerische Stimmung seines besten Freundes nicht entgangen war, wollte gerade nach dem Grund dafür fragen, doch ein leises Klopfen an Ryuujis Zimmertür hielt ihn davon ab. "Du kannst ruhig reinkommen, Mum", forderte dieser seine Mutter auf, denn außer ihr konnte schließlich niemand da sein. Yukiko öffnete die Tür und lächelte ihren Sohn und seinen blonden Freund an. "Guten Abend, Katsuya-kun", grüßte sie und der Angesprochene lächelte zurück.
 

"Guten Abend, Yukiko-san. Sie sehen wieder mal umwerfend aus. Wie immer eigentlich", schmeichelte er der Mutter seines besten Freundes und Yukiko errötete leicht, während Ryuuji dem Blondschopf insgeheim beipflichtete, nachdem er seine Mutter kurz, aber gründlich gemustert hatte. In dem himmelblauen Kostüm, das sie heute trug, sah sie in seinen Augen einfach nur bezaubernd aus.
 

"Danke, Katsuya-kun", murmelte Yukiko und blickte dann zu ihrem Sohn. "Ich wollte eigentlich nur Bescheid sagen, dass Gozaburo mich gleich abholt. Wir wollen zusammen Essen gehen und noch die letzten Details wegen der Hochzeit besprechen. Das Abendessen steht im Kühlschrank. Es sollte eigentlich auch für euch beide reichen", erklärte sie und Ryuuji stand auf, um seine Mutter kurz zu drücken.
 

"In Ordnung, Mum. Dann wünsch ich dir nen schönen Abend. Amüsier dich gut, ja? Bis nachher", verabschiedete er sie und Yukiko nickte erst ihm und dann Katsuya noch einmal zu, bevor sie die beiden Jungen wieder allein ließ. "Deine Mutter ist echt glücklich mit Kaiba, oder?", fragte der Blondschopf und Ryuuji nickte, bevor er sich wieder auf sein Bett fallen ließ. "Ja, allerdings. Sie strahlt jedes Mal, wenn sie von ihm spricht. Ich glaub, die Zwei passen gut zusammen. An dem Abend, als ich ihn kennengelernt hab, machte er den Eindruck, als ob er wirklich der Richtige für sie wäre. Ich wünsch den beiden jedenfalls alles Gute. Mum hat's echt verdient, endlich glücklich zu werden", murmelte er und Katsuya legte den Kopf schief.
 

"Und für dich ist das echt okay? Ich meine, du musst immerhin mit dem Eisklotz zusammenleben, wenn eure Eltern erst mal verheiratet sind. So, wie der sich im Augenblick aufführt, wird das sicher nicht einfach", vermutete er und Ryuuji seufzte. "Ich weiß. Aber daran kann ich nichts ändern. Wir müssen uns ja nicht mögen oder so. Hauptsache, wir vertragen uns. Und irgendwie werden wir uns schon arrangieren können. Jedenfalls hoffe ich das."
 

oOo
 

"... und wenn Deine Eltern ..." Gozaburo hielt inne und sah seine Verlobte über den Tisch in dem Restaurant, in das er sie eingeladen hatte, hinweg an. Im Augenblick machte sie auf ihn den Eindruck, als wäre sie gar nicht bei der Sache. "Ist irgendetwas nicht in Ordnung?", erkundigte er sich daher besorgt und Yukiko lächelte entschuldigend. "Bitte entschuldige, Gozaburo. Ich mache mir nur etwas Sorgen um Ryuuji. Ich habe den Eindruck, irgendetwas stimmt nicht mit ihm", erklärte sie und der Angesprochene nickte.
 

"Ich verstehe. Denkst du, es liegt an der Hochzeit?", fragte er, doch Yukiko schüttelte den Kopf. "Nein, das glaube ich nicht. Ich denke, es ist etwas anderes. Irgendetwas bedrückt ihn, das spüre ich. Aber er scheint nicht darüber reden zu wollen. Jedenfalls nicht mit mir", murmelte sie und Gozaburo nickte erneut. Im Moment hatte er mit seinen beiden Söhnen ein ähnliches Problem.
 

"Bei Seto und Mokuba ist es im Augenblick ähnlich. Ich weiß nicht genau, was vorgefallen ist, aber seit ein paar Tagen schweigen sie sich gegenseitig förmlich an und sprechen nur das Nötigste miteinander." Dass Mokuba sich ihm selbst gegenüber seit seinem Ausbruch nach dem Kennenlernen genauso verhielt und er deshalb zumindest ahnte, was mit seinem Jüngsten los war, behielt Gozaburo allerdings für sich. Immerhin hätte seine Verlobte sicher kein Verständnis dafür, wenn er ihr sagte, dass seiner Meinung nach zumindest im weitesten Sinne ihr Sohn Schuld an dem angespannten Verhältnis seiner Söhne war. "Nun ja, vielleicht klärt sich das ja von selbst. Immerhin sind sowohl Ryuuji als auch Seto und Mokuba inzwischen alt genug, um mit jemandem über ihre Probleme zu reden, denkst du nicht auch?"
 

"Ich hoffe es." Yukiko seufzte leise, lächelte aber dann wieder. Ryuuji war im Augenblick ja nicht alleine zu Hause. Vielleicht gelang Katsuya ja das, was ihr selbst nicht gelang, und ihr Junge redete mit ihm. Jedenfalls hoffte sie das ganz stark. "Aber genug davon." Yukiko wollte nicht, dass die Sorge um ihre Söhne – denn bald würden ja auch Seto und Mokuba zu ihrer Familie gehören – den ganzen Abend überschattete. Um die Probleme der drei Jungs konnten sie sich auch morgen noch kümmern. "Ich glaube, wir hatten da noch ein paar Dinge wegen der Hochzeit zu besprechen, oder?" Gozaburo nickte und lächelte ebenfalls. Diese kluge, wunderschöne Frau, die ihm im Augenblick gegenübersaß, war neben seinen Söhnen eindeutig das Beste, was ihm sein Leben in den letzten Jahren zu bieten gehabt hatte.
 

oOo
 

"Paps, ich bin zu Hause." Katsuya schloss die Wohnungstür auf, doch in der Wohnung war alles dunkel. "Alle ausgeflogen, was?", murmelte er mehr zu sich selbst und trat die Tür hinter sich mit dem Fuß zu. Dann kickte er seine Schuhe in die Flurecke, in der er sie immer deponierte, und ging durch den dunklen Flur in Richtung des Zimmers, das er sich mit Bakura teilte. Für diesen Weg brauchte er kein Licht, denn immerhin wohnte er schon mehr als sein halbes Leben in dieser Wohnung.
 

Zu seiner Überraschung fand er, als er die Zimmertür öffnete, seinen Beinahe-Bruder mit unter dem Kopf verschränkten Armen auf seinem Bett liegend vor. Bakura starrte so verbissen an die Decke, als versuchte er, allein mit seinem Blick und schierer Willenskraft ein Loch in das Mauerwerk zu brennen. Diese Stimmung, das wusste der Blondschopf, war brandgefährlich. Wenn er jetzt einen falschen Ton von sich gab, war es gut möglich, dass der Weißhaarige ausflippte.
 

"Kura?", fragte Katsuya deshalb so leise wie möglich. Der Angesprochene reagierte jedoch nicht, so dass Katsuya sich nicht einmal sicher war, ob Bakura ihn nun gehört hatte oder nicht. Unschlüssig blieb er stehen und lehnte sich mit dem Rücken an das Holz der Zimmertür, die er mittlerweile wieder geschlossen hatte. Dabei kaute er unsicher auf seiner Unterlippe herum. Sollte er zum Bett gehen oder nicht? Was war besser?
 

"Komm her", riss Bakuras Stimme den Blondschopf schließlich nach einer zumindest gefühlten scheinbaren Ewigkeit aus seinen Grübeleien und Katsuya kam der Aufforderung langsam und zögerlich nach. Neben dem Bett blieb er stehen, doch als Bakura seinen linken Arm nach ihm ausstreckte – noch immer, ohne seinen Blick von der Zimmerdecke zu nehmen –, rutschte er gehorsam auf die Matratze, streckte sich neben ihm aus und bettete seinen Kopf auf dessen Schulter.
 

Bakura versank wieder völlig in Schweigen, doch zuvor hatte er noch seinen Arm um die Schultern des Blonden geschlungen – ganz so, als befürchtete er, dass dieser sonst plötzlich wieder aufstehen und gehen könnte, wenn er ihn nicht fest genug hielt. "Du warst bei ihm, oder?", fragte er nach einer Weile und seine Stimme klang so rau, als hätte er sie seit mehreren Stunden schon nicht mehr benutzt. "Redest du von Ryuuji? Ja, ich war bei ihm", bestätigte Katsuya und drehte sich leicht in Bakuras Arm, bis er sein Kinn auf dessen Brustkorb abstützen und ihn ansehen konnte. "Warum fragst du, Kura?"
 

"Was ist da zwischen euch?", erkundigte der Angesprochene sich, ohne auf Katsuyas Frage einzugehen. Noch immer sah er ihn nicht an und der Blondschopf seufzte leise. "Er ist mein bester Freund. Wir kennen uns schon ewig, aber er ist immer nur für sechs Monate in Japan. Den Rest des Jahres verbringt er bei seinem Vater in Amerika. Hat irgendwas mit der Scheidung seiner Eltern und geteiltem Sorgerecht zu tun", erklärte er und wartete, aber noch immer verriet Bakura weder den Grund für seine Fragen noch den für seine schlechte Stimmung.
 

Mehrere weitere Minuten verstrichen in brütendem Schweigen. Katsuya bemühte sich, in der Dunkelheit des Zimmers das Gesicht des Anderen zu erkennen, aber das Einzige, was er wirklich deutlich sehen konnte, waren Bakuras weiße Haare. Sein Gesicht war nur ein heller Fleck, der sich kaum von den Haaren und dem Laken, auf dem sie beide lagen, abhob.
 

"Hattet ihr Sex?" Die Frage kam ohne Vorwarnung und der Blondschopf zuckte erschrocken zusammen, bevor er langsam nickte. "Ja. Aber das ist lange her. Letztes Jahr, als er hier war, waren wir für ein paar Wochen zusammen und haben auch miteinander geschlafen, aber seitdem ist absolut nichts mehr zwischen uns gelaufen", antwortete er wahrheitsgemäß und legte eine Hand auf Bakuras Brustkorb. Unter seinen Fingerspitzen konnte er mehr als deutlich fühlen, wie angespannt der Andere war.
 

Wieder versank das Zimmer in Stille, doch bevor Katsuya noch etwas sagen konnte, um diesen Umstand zu ändern, fand er sich auch schon rücklings auf der Matratze wieder, von Bakuras Gewicht noch zusätzlich in die Laken gepresst. Die dunkelbraunen Augen des Weißhaarigen wirkten im Zwielicht beinahe schwarz und der Blondschopf hielt unwillkürlich den Atem an. Diesen intensiven Blick, mit dem Bakura ihn gerade bedachte, hatte er bei ihm vorher noch nie gesehen.
 

"Wenn er dich noch mal anfasst, bring ich ihn um. Du gehörst mir", flüsterte Bakura heiser und verschloss die Lippen des unter ihm Liegenden mit seinen, bevor der Blonde protestieren oder überhaupt irgendetwas dazu sagen konnte. Und erst in dem Moment, in dem er den hungrigen Kuss zu erwidern begann, begriff Katsuya, warum Bakura ihm all diese Fragen über sein Verhältnis zu Ryuuji gestellt hatte: Kura war eifersüchtig.
 

Binnen weniger Minuten war sämtliche Kleidung, die sie gerade noch getragen hatten, auf dem Boden verstreut und Bakura liebte den Blondschopf mit einer Leidenschaft, die schon beinahe an Verzweiflung grenzte. Als Katsuya in dem Augenblick, in dem er den Gipfel erreichte, seinen Namen schrie, biss Bakura ihm in die Schulter, um ihn ein für allemal als sein Eigentum zu kennzeichnen. Auf keinen Fall würde er zulassen, dass irgendjemand ihm Katsuya wegnahm. Der Blonde gehörte ihm und nur ihm – mit Leib, Seele und allem, was ihn sonst noch ausmachte.
 

Knapp zwei Stunden später, als er Bakura bereits eingeschlafen wähnte, schlich Katsuya sich leise aus dem Bett und ging hinüber ins Bad. Nachdem er dort einem nur allzu menschlichen Bedürfnis nachgegangen war, warf er einen Blick in den Badezimmerspiegel und fuhr dann mit den Fingerspitzen ganz vorsichtig über die Bisswunde an seiner Schulter. Der Schmerz ließ ihn scharf die Luft einziehen, aber seltsamerweise lächelte sein Spiegelbild trotzdem ein mehr als zufriedenes Lächeln – eins, das man beinahe schon als glücklich bezeichnen konnte. Wenn er sich am Nachmittag bei Ryuuji auch bezüglich Bakuras Gefühlen noch nicht sicher gewesen war, inzwischen war er es. Bakuras Worte – und mehr noch das, was er getan hatte – hatten endgültig alle seine Zweifel beseitigt.
 

"Tut's weh?" Katsuya schrak zusammen, als sich urplötzlich Bakuras Spiegelbild zu seinem gesellte. Er hatte gar nicht gehört, dass dieser aufgestanden war. Andererseits war es eine Angewohnheit des Weißhaarigen, sich so unheimlich leise zu bewegen, dass man ihn kaum hörte. "Nicht wirklich", beantwortete der Blondschopf die Frage und schüttelte den Kopf. "Jedenfalls nicht sehr. Ich wollte dich nicht wecken, Kura", fügte er leise hinzu, doch dieser schien ihm nicht zuzuhören. Stattdessen öffnete er den Arzneischrank und kramte darin herum, bis er Desinfektionsmittel gefunden hatte. Damit wollte er sich um die Wunde kümmern, die er selbst verursacht hatte, doch Katsuya hielt seine Hand fest, bevor er dazu kam.
 

"Das ist nicht nötig. Ich hab doch gesagt, es tut nicht weh. Das heilt schon von selbst wieder", versuchte er, den Anderen aufzuhalten. Bakura neigte den Kopf leicht zur Seite und hob eine Braue. "Das gibt ne Narbe, wenn's nicht behandelt wird", sprach er das Offensichtliche aus und der Blondschopf grinste ihn an. "Na und? Mir doch egal", erwiderte er achselzuckend, nahm Bakura das Desinfektionsmittel aus der Hand und stellte es wieder zurück in den Medizinschrank. Dabei sah er aus den Augenwinkeln im Spiegel, dass für den Bruchteil einer Sekunde ein kaum wahrnehmbares Lächeln über das Gesicht des Weißhaarigen huschte. Scheinbar war seine Botschaft also bei diesem angekommen. Genau das hatte er gehofft.
 

oOo
 

Obwohl es eigentlich längst Zeit zum Schlafen gewesen wäre, war Seto kurz vor Mitternacht immer noch wach. Knapp eine Stunde zuvor war sein Vater von seinem Essen mit seiner Verlobten zurückgekehrt und hatte kurz mit ihm über die bevorstehende Hochzeit gesprochen, aber seit einer halben Stunde war er wieder alleine. Und genau diese halbe Stunde hatte er damit verbracht, unruhig in seinem Zimmer auf und ab zu gehen. Verflucht, es konnte doch nicht sein, dass Mokuba immer noch schmollte! So lange hatte er sich noch nie zurückgezogen. Das war alles nur die Schuld von diesem schwarzhaarigen Notendieb, eindeutig! Nur wegen Ryuuji benahm sich sein kleiner Bruder, als wäre er plötzlich ein Monster oder etwas ähnliches. Es war einfach zum aus-der-Haut-fahren!
 

Nachdem Seto sich zum sicherlich hundertsten Mal alleine am heutigen Tag davon abgehalten hatte, sich selbst die Haare zu raufen, gab er sich schließlich einen Ruck und verließ sein Zimmer, um zum gegenüberliegenden Raum – Mokubas Zimmer – hinüberzugehen. Irgendwann musste Mokuba doch endlich wieder mit ihm reden, da war dieser Zeitpunkt so gut oder schlecht wie jeder anderer auch. Seto klopfte kurz an die Tür, wartete aber keine Aufforderung ab, sondern betrat den Raum gleich und schloss die Tür hinter sich wieder.
 

Mokuba, der gerade telefonierte, sah überrascht auf, doch als er seinen älteren Bruder erkannte, verfinsterte sich seine Miene gleich wieder – kein gutes Zeichen in Setos Augen, aber für einen Rückzieher war es jetzt zu spät. Kneifen würde er nicht. Mokuba hingegen beschloss, seinen Bruder einfach weiterhin zu ignorieren, also wandte er sich wieder seinem Gespräch zu. "Ja, finde ich auch. Das würde bestimmt Spaß machen. Ich wollte mich am Sonntag ja sowieso mit ihm treffen, dann frag ich ihn mal, was er davon hält. Er kommt ganz bestimmt mit. Schließlich ist er bisher ja auch für jeden Spaß zu haben gewesen", sprach er in den Hörer und schmunzelte, als er die Antwort seines Gesprächspartners hörte.
 

"Genau. Kann ja nicht jeder so eine Spaßbremse sein wie gewisse andere Leute, die keinerlei Respekt vor der Privatsphäre ihrer Geschwister haben, ungefragt deren Zimmer betreten und sogar noch deren Telefonate belauschen", stichelte er und sein älterer Bruder kniff ärgerlich die Lippen zusammen, machte aber keine Anstalten, den Raum zu verlassen. Er hatte sich vorgenommen, heute noch mit dem Jungen zu sprechen, und genau das würde er auch tun.
 

"Wie? Ja, der ist hier. Ja, genau das dachte ich auch gerade." Mokuba kicherte leise. "Und wie! Total sauer sogar. Du solltest mal sein Gesicht sehen!", informierte er seinen Gesprächspartner und genau in diesem Moment reichte es Seto. Sein ohnehin schon kurzer Geduldsfaden riss endgültig und er trat zum Bett, auf dem sein Bruder saß, nahm diesem das Telefon aus der Hand und legte mit einem knappen "Ihr könnt morgen weitertelefonieren" auf, ohne sich auch nur die Mühe zu machen, herauszufinden, mit wem Mokuba da eigentlich gerade gesprochen hatte.
 

Einen Augenblick lang starrte Mokuba Seto fassungslos an, dann riss er ihm das Telefon aus der Hand, ließ es neben sich aufs Bett fallen und verschränkte trotzig seine Arme vor der Brust, bevor er seinen Bruder aus zu schmalen Schlitzen verengten blauen Augen böse anfunkelte. Dass er damit schon ziemlich nahe an den eisigen Blick herankam, mit dem dieser gewöhnlich Leute einzuschüchtern pflegte, fiel ihm nicht auf.
 

Seto hingegen bemerkte das durchaus, doch er sagte nichts dazu. Stattdessen ließ er sich unaufgefordert auf dem Schreibtischstuhl seines jüngeren Bruders nieder, schlug die Beine übereinander und kämpfte mühsam den Drang nieder, seine Arme ebenso zu verschränken wie Mokuba es getan hatte. Derartiges Verhalten würde ihn hier nicht weiterbringen, das wusste er genau, also legte er seine Hände in seinen Schoß und verschränkte dort einfach nur seine Finger miteinander.
 

"Ich würde gerne mit dir reden, otouto", setzte er an, doch ein wütendes "Ich will aber nicht mit dir reden!" unterbrach ihn, bevor er wirklich beginnen konnte. Seto seufzte unhörbar und atmete tief durch, um weitersprechen zu können, ohne seinem Frust Luft zu machen und seinen Bruder anzuschreien. Das wäre im Augenblick absolut kontraproduktiv, dessen war er sich voll und ganz bewusst. "Das ist mir durchaus aufgefallen, Mokuba. Immerhin schweigst du mich jetzt ja schon seit mehreren Tagen an", erwiderte er stattdessen und sah den Jüngeren geradeheraus an.
 

"Und das gefällt mir nicht. Ganz und gar nicht, um ehrlich zu sein.", räumte er dann ein, doch wenn er erwartet hatte, dass sein Bruder ihm jetzt entgegenkommen würde, so musste er einsehen, dass er sich getäuscht hatte. "Ist doch nicht mein Problem", fauchte Mokuba aufgebracht und seine Haltung wurde, sofern das möglich war, sogar noch etwas trotziger. "Mir gefällt auch so einiges nicht, was du tust, aber du tust es trotzdem. Warum sollte ich es also anders halten? Was du kannst, kann ich schon lange, Seto", schob er noch hinterher und der Ältere seufzte abgrundtief.
 

"So kommen wir nicht weiter", murmelte er, doch Mokuba ging nicht darauf ein. "Wenn Vater und du schon der Meinung seid, ihr müsstet mich wie ein Kind behandeln und hinter meinem Rücken über Ryuuji sprechen, bitteschön. Aber dann erwartet nicht, dass ich mich erwachsen benehme. Wenn ich für euch noch ein Kind bin, dem man nichts erzählen muss, dann werde ich mich auch genauso verhalten. Das habt ihr euch also selbst zuzuschreiben. Ich bin fast sechzehn, aber ihr tut so, als wäre ich erst drei!", machte er seinem Ärger Luft und ballte seine Hände zu Fäusten.
 

Setos Augen weiteten sich kaum merklich, als er die Worte seines Bruders hörte. Also war es gar nicht um sein Verhalten ihrem zukünftigen Stiefbruder gegenüber gegangen – jedenfalls nicht direkt –, sondern vielmehr darum, dass ihr Vater mit ihm über Ryuuji gesprochen hatte, mit Mokuba allerdings nicht? Das war das ganze Problem? Der Jüngere fühlte sich zurückgesetzt? "Wir haben nur über ihn gesprochen, weil ich in dieser Nacht noch länger wach war. Du warst schon im Bett, otouto, aber ich konnte nach Vaters Ankündigung, dass er wieder heiraten will, einfach nicht schlafen. Wir haben uns im Wohnzimmer unterhalten und ich habe Vater nach Yukiko-san und Ryuuji gefragt", erklärte er und sein Bruder schnaubte.
 

"Und warum hast Du dann am nächsten Abend behauptet, du wüsstest auch nichts über ihn?", wollte er aufgebracht wissen und Seto seufzte erneut. "Weil es stimmte. Ich wusste doch selbst auch nicht viel mehr über ihn als du. Vater wusste auch nur, dass Yukiko-san mit einem Amerikaner verheiratet war, aber er hatte Ryuuji auch noch nie getroffen. Ich habe dir nichts davon erzählt, weil es nicht wichtig war. Ich wollte mir selbst eine eigene Meinung bilden. Genau das solltest du schließlich auch tun", nahm er die nächste Frage gleich vorweg.
 

Mokuba sah seinen Bruder nachdenklich an. "Trotzdem war das, was Vater und du über Ryuuji gesagt habt, nicht besonders nett", beharrte er und entlockte seinem Bruder damit ein weiteres Seufzen. "Das mag durchaus sein, aber daran kann ich nichts mehr ändern. Was geschehen ist, ist geschehen." Ganz davon abgesehen, dass sich seine Meinung über Otogi Ryuuji in den letzten Tagen nicht wirklich gebessert hatte. Aber das behielt Seto lieber für sich.
 

"Ich habe Ryuuji übrigens erzählt, was ihr gesagt habt", unterbrach die Stimme seines Bruders Setos Grübeleien. "Ich dachte, er hätte ein Recht zu wissen, was hinter seinem Rücken über ihn geredet wird", fuhr der Junge fort und Setos Gedanken überschlugen sich. Mokuba hatte ihrem zukünftigen Stiefbruder tatsächlich davon erzählt? "Und weißt du, was er dazu gesagt hat? Er hat gelacht." Mokuba beobachtete seinen Bruder genau, aber er konnte an dessen Gesicht nicht ablesen, was er dachte. "Er hat einfach darüber gelacht. Und dann hat er gesagt, solange über ihn geredet würde, wäre er wenigstens noch interessant." Eine Reaktion, für die er selbst Ryuuji auch nachträglich noch eine Menge Respekt zollte. Nicht einmal sein großer Bruder war so cool, dass er sich überhaupt nicht um die Meinungen Anderer scherte.
 

"Verstehst Du, Seto? Er war kein bisschen böse auf euch. Es ist ihm vollkommen egal, was ihr von ihm denkt. Das interessiert ihn alles überhaupt nicht. Kein bisschen." Die Worte seines jüngeren Bruders drangen nur wie durch Watte an Setos Ohren. "Schön für ihn. Gute Nacht, otouto. Schlaf gut", murmelte er, erhob sich aus dem Schreibtischstuhl und verließ beinahe schon fluchtartig das Zimmer seines jüngeren Bruders.
 

"Gute Nacht, Nii-san", erwiderte Mokuba perplex und starrte dem Brünetten verwirrt hinterher. Was war denn jetzt los? Warum hatte Seto es denn plötzlich so eilig? Hatte er nicht noch reden wollen? Nach einem kurzen Moment des Nachdenkens zuckte Mokuba mit den Schultern. Versteh einer seinen großen Bruder! Manchmal war Seto einfach komisch. Mokuba warf noch einen kurzen Blick auf seine Uhr. Für die Fortsetzung seines Telefonats mit Yuugi war es bereits zu spät, also beschloss er, stattdessen ins Bett zu gehen. Mit seinen Freunden telefonieren konnte er auch am nächsten Tag noch.
 

Seto hingegen überquerte den Flur und schlug die Tür seines eigenen Zimmers hinter sich zu. Dann lehnte sich von innen rücklings gegen das Holz und schloss die Augen. Mokuba hatte Ryuuji tatsächlich erzählt, was er über ihn gesagt hatte. Warum in aller Welt war er dann nicht wütend geworden? Warum hatte er ihn nicht angeschrieen? Warum hatte er keine Erklärung für diese Worte gefordert?
 

Ist ihm das etwa wirklich egal? Interessiert es ihn denn tatsächlich nicht, was ich über ihn denke? Lässt es ihn etwa wirklich vollkommen kalt, was ich sage und tue? Seto konnte es nicht fassen, aber er hatte auch keinen Grund, an den Worten seines kleinen Bruders zu zweifeln. Ryuuji störte sich offenbar wirklich nicht daran, was er von ihm hielt – eine Tatsache, die Seto so gar nicht gefiel. Woran das allerdings genau lag, wusste er nicht zu sagen. War er selbst dem Schwarzhaarigen etwa auch vollkommen egal? Und warum in aller Welt irritierte ihn diese Vorstellung bloß so sehr?


Nachwort zu diesem Kapitel:
Tja, warum wohl?
XD
Als ob ihr das nicht schon wüsstet. Na ja, aber wir sprechen hier immerhin von Seto, nicht wahr? So, und jetzt bin ich wieder weg. Bis zum nächsten Mal!
*wink*

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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von:  jyorie
2016-09-22T04:36:30+00:00 22.09.2016 06:36
Hey ⊹⋛⋋( ՞ਊ ՞)⋌⋚⊹

wow, das ist ja mal was, hätte ich nicht gedacht, das Mr Eisklotz-himselv sich so beeindrucken lässt das die Noten sinken. Aber irgendwie hat Mokuba auch recht, das er weiter schmollt und Duke scheint ihn wirklich zu beeindrucken. Finde ich gut :D

Die Szene zwischen Bakura und Joey fand ich auch toll, das Joey vorher im Gespräch mit Duke noch gesagt hat, das er eigentlich nicht genau weiß, wie Bakura denkt und sich der Zweisamkeit nicht sicher ist. Aber jetzt wie Bakura ihm klar gemacht hat, das er ihn will und das er extrem Eifersüchtig sein kann ist doch mal ein Statement. *lacht* das mit der Narbe die Joey „haben“ will, hätte mir wohl auch passieren können. Irgendwie ist man stolz auf solche Liebesbeweise^^° Man, da muss Kura aber zugebissen haben. Süß, wie es ihm hinterher leid getan hat.

CuCu Jyorie

Antwort von: Karma
22.09.2016 12:49
*kicher*
Jaja, Seto ist ja so tough und lässt sich von nichts und niemandem den Rang ablaufen...
*hust*
XD
Ich muss gestehen, ich habe immer wieder Spaß daran, es zu schreiben, wenn Seto außer Balance gerät.
;)

Bakura und Joey waren anfangs eigentlich gar nicht geplant. Jedenfalls nicht als Paar.
^^°
Aber da Aschra, die meine Muse ist, ein sehr großer Fan dieses Pairs ist, hab ich's eingebaut - und es noch keine Sekunde bereut. Ich mag die beiden zusammen sehr - auch wenn's da später auch noch ein bisschen Drama geben wird.
^___^
Aber das ist ja bei mir nicht anders zu erwarten, nicht wahr?
Von:  Shogikoneko
2008-08-08T06:43:19+00:00 08.08.2008 08:43
ich will dieses kostüm endlich sehen, sitz hier schon voll auf heißen kohlen*grummel*

kura ist ja mehr als süß mit seiner eifersucht und dann legt er auch noch joey flach..hach *___* *quietsch*

hai ja warum wohl? *mitgrins*
das gespräch der beiden kaiba-brüder war doch wirklich sehr interessant lach
mal gespannt wie seto reagieren wird, wenn er duki auf der feier sieht*grins*
*hände reibt* ok eher die frage, wird er ihn erkennen und was wird passieren xDDD
Von:  trinithy
2008-07-11T18:38:37+00:00 11.07.2008 20:38
So, endlich komm ich dazu dir zumindest hierfür schon mal in Kommi zu hinterlassen xD

Ich liebe diese Story irgendwie total!
Sie ist super, hab ich das schon mal erwähnt.

Außerdem bin ich auf Dukes Kostüm gespannt. Und was Seto dazu sagen wird. Wobei ich hab so eine Ahnung. Er wird Duke bestimmt nicht erkennen in dem Kostüm, oder? xD

*ungeduldig wart*
ich kanns kaum erwarten wies weiter geht!
*knuddel*
Von:  Mihikoru
2008-07-08T10:09:18+00:00 08.07.2008 12:09
Je weiter ich lese - von Kapitel zu Kapitel - wird mir diese Geschichte immer sympathischer und spannender ^-^
Aber du weißt ja auch inzwischen, dass ich mich mit allem anfreunden kann was du so schreibst, nicht wahr?

Es hat mich zum schmunzeln gebracht, dass Seto jetzt doch darüber nachgedacht, warum es ihn so wurmt, dass es seinem Stiefbruder wohl doch egal zu sein scheint wie dieser auf ihn und die anderen wirkt.

Bin gespannt wie du das ganze noch so weiter spinnen wirst ^-^
Ich behalte die Story auf jeden Fall im Auge.

LG Mihikoru
Von:  -Fairy
2008-07-06T16:23:30+00:00 06.07.2008 18:23
*____*
Karma~ ich leieb dich |D Noch eine FF in der das Wölfchen mit dem Hündchen gepaart wird ;___;~ sooo toll! dankeschön! Ist wunderbar beschrieben~ ich hab den Teil wirklich geliebt, als die Fragen von kura kamen ~ aww~ so wai!

XD Ich finde es herrlich, wie Moki es Seto mal so richtig zeigt! Und wie Seto sich darüber aufregt, das Ryuiji sich ofensichtlich nichts aus seiner meinung macht ~

Nju~
sry das ich so selten Kommentare schreibe, bitte nicht haun...Hab nur 'nen Nebenjob bekommen, der schulckt viel zeit noch so viel wegen Cosplay und Nähauträge zu tun X__x

LG
Fairy
Von:  Ryubi
2008-07-04T21:46:36+00:00 04.07.2008 23:46
waah wie fies xD" naja wenigstens hat er sich ma mit moki ausgesprochen, eine hürde scheint schon fast überwunden, nur das größere problem steht noch bevor ^^°
ich glaub das dauert dann allerdings noch lange xD" kann einem ja leidtun, sowohl seto als auch ryuji ^^°
hmmm ich frag mich was seto dann zu dem maskendingens anziehen will xD" ich glaub das wird auch noch ne peinliche sache... bin mir nich so sicher ob ryujis kostüm so gut ankommt ö.o naja werds ja sehen ^^
bin gespannt auf kommendes, aber in der ruhe liegt die kraft :3
hdl Lisa
Von:  Sweet-Akane
2008-07-04T19:58:46+00:00 04.07.2008 21:58
Hoffe dem lieben Karmalein gehts gesundheitlich wieder besser?
Das Kappi war absolut klasse :-).

Vor allem die Szene zwischen Kats und Kura...
Süß die beiden ^^.

Bin gespannt wies weitergeht!
LG Akane-chan ^^
Von:  FinAP
2008-07-04T19:57:51+00:00 04.07.2008 21:57
Hi karma-chan!
Lang nich mehr getroffen. ^^
Hab deine neuen Kappis gelesen und muss echt sagen, dass sie richtig gut sind! Respekt. Du kannst die Personen richtig gut darstellen, auch wenn mir das Pairing BakuxJoey nich so wirklich in den Kopf will >>
Trotzdem klasse. Ich frag mich schon, wie die Kostüme von den Jungs aussehen werden ^^.
Werd aber bis zum nächsten Kappi warten müssen. *schnüff*
Aber bei dir lohnt sich das Warten wenigstens ^^
Also bis demnächst!
*knuff*
Cu dat Fin


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