Schnee
Hikaru wischte mit seinem Pulloverärmel über die beschlagene Scheibe, des Fensters. Seufzend legte er seinen Kopf auf seine Arme und sah aus der, für den Blick freien, Scheibe. Vorsichtig wurde er von hinten umarmt.
„Du glaubst doch nicht echt, dass unsere Eltern heute nach Hause kommen, oder?“ flüsterte Kaoru ihm ins Ohr und küsste ihn ins Haar.
„Ich habe schon vor Jahren aufgehört daran zu glauben, dass sie Weihnachten mit uns feiern…“ seufzte der nur etwas ältere von den beiden, „Aber schau, es schneit…“
Hikaru zog seinen Arm unter seinem Kopf hervor und zeigte nach draußen. Sein Ebenbild sah seinen Finger nach und sah, wie die weiße Pracht vom Himmel, hinunter, auf die schon weiße Erde fiel.
Kaoru quietschte wie ein kleines Kind und sprang auf:
„Kommst du mit raus? Bitte!“
Seine Augen leuchteten voll Glück und Wärme. Hikaru stützte sich mit seinen Armen auf und seufzte.
„Ist ja schon gut…“
Er klopfte sich die Hose und das Hemd glatt und ging mit seinem Bruder zur Garderobe, wo er Kaoru die Jacke reichte und sich selbst eine anzog. Sie liefen den langen Flur zur Eingangshalle und wurden von den Dienstmädchen freundlich begrüßt. Die beiden Zwillinge nickten nur und kamen an der Tür an. Eines der Dienstmädchen kam hektisch angerannt.
„Hikaru-san, Kaoru-san, sie haben ihre Handschuhe und ihre Mützen vergessen aufzusetzen. Ihr sollt doch nicht krank werden!“ Sie reichte ihnen die Mütze, in der die Handschuhe drin lagen.
„Dankeschön!“ grinste Hikaru und beide zogen sich die Sachen an.
Kaoru öffnete die große Tür des Hauses und stolperte gleich in den Schnee.
Hikaru lachte und half seinen Bruder auf.
„Nicht so stürmisch!“
Kaoru schüttelte den Schnee aus seinem Haar und sah sich freudestrahlend um.
Hikaru ging etwas weiter raus und blickte nach oben in den grauen Himmel. Die Schneeflocken fielen ihm ins Gesicht und wurden durch Hikarus wärme wieder zu kleinen Wassertropfen. Dieser schloss genüsslich die Augen und atmete tief ein. Kaoru war am Eingang stehen geblieben und hockte sich nun hin. Er formte mit dem Schnee eine kleine Kugel in seiner Hand und schmiss sie in Richtung Hikaru, der nichts mit bekam. Der Schneeball traf Hikaru am Arm und der sah verdutzt zu seinem Bruder.
„Was soll das?“ fragte er gespielt böse. „Es tut mir leid, der Ball war mir aus der Hand gerutscht!“ grinste der etwas jüngere von den beiden und sah ihn entschuldigend an.
Hikaru lachte und hockte sich ebenfalls hin, doch er machte eine kleine Kugel und rollte sie im Schnee hin und her, so dass sie immer größer wurde.
„Hilfst du mir?“ fragte er Kaoru und dieser nickte eifrig. Schnell hatte er sich in den Schnee gesetzt und fing an, eine etwas kleinere Kugel zu machen, wie die von Hikaru.
Am Ende stand ein kleiner Schneemann vor den beiden und sie zogen im die Mütze von Hikaru, den Schal und die Handschuhe von Kaoru über. Kaoru war glücklich über die weiße Pracht und legte sich auf den Boden.
Hikaru tat es ihm gleich und sie fingen wie wild an, mit den Armen und Beinen den Schnee zur Seite zu schieben.
Leicht fröstelnd standen die beiden wieder auf und sahen auf ihr „Kunstwerk“. Es waren ziemlich große Schneeengel, was Kaoru zum lachen brachte. Doch er merkte, dass es ohne Schal und ohne Handschuhe ganz schön kalt war. Er öffnete die Jacke seines Bruders und auch den Knoten des Schals und umarmte Hikaru so, dass er unter der Jacke seines Bruders gewärmt wurde. Hikaru band ihm den Schal um den Hals und umarmte ihn auch.
So standen sie einige Zeit da. Gaben keinen Laut von sich und sahen in die Weite, betrachteten den fallenden Schnee und kuschelten sich an sich.
„Wir sollten wieder rein, meinst du nicht auch?“ fragte Hikaru seinen Bruder und löste die Umarmung.
Leicht enttäuscht nickte Kaoru, er wollte gerne weiterhin die Nähe und die Wärme seines Bruders spüren, doch Hikaru hatte recht, es wurde langsam recht kalt.