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Ayashi - Der Weg zur Wahrheit

(überarbeitet)
von

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Nach einem kurzen Abschied ging Ayashi mit Ayame, die langsam wieder aufwachte, auf dem Arm ihren Dienerinnen entgegen und betrat mit ihnen ihre Gemächer.

„Euer Vater bittet Euch, Euch in der nächsten Zeit um Ayame-Hime zu kümmern, bis er eine andere Lösung gefunden hat, Ayashi-Hime.“

„Das ist selbstverständlich. Lasst ihre Sachen und ihre Wiege in mein Schlafgemach bringen und beauftragt den Koch, ihr noch einmal Milch zu erwärmen.“

„Ich wusste, dass Ihr das Herz Eurer Mutter habt.“ meinte Zhu-Lien, die ältere ihrer beiden Dienerinnen, die Midoriko noch gekannt hatte, und verließ dann mit Zhang das Gemach, um die Wünsche ihrer Herrin zu erfüllen.

Ayashi wiegte Ayame solange auf ihren Armen und ging in ihrem Zimmer auf und ab.

„Ich kümmere um dich, meine Kleine.“ flüsterte sie und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.

Diener traten lautlos in das Gemach und brachten die Sachen, die Ayashi geordert hatte. Zhu-Lien brachte warme Milch und überließ es Ayashi, ihre Schwester zu versorgen, da sie es so wünschte. Sachte wiege Ayashi den Säugling und gab ihm die warme Milch, die Ayame gierig hinuntertrank. Als sie ausgetrunken hatte, stellte Ayashi das Fläschchen weg und richtete Ayame zum Schlafen, ehe sie sie vorsichtig in die Wiege legte, liebevoll zudeckte und behutsam in den Schlaf wiegte.

„Ich werde mein Bestes tun, Ayame Hinomaho. Das verspreche ich dir.“ flüsterte Ayashi und küsste das kleine Händchen ihrer Schwester, Ayame Hinomaho, wobei Hinomaho ‚Feuerzauber’ bedeutete.
 

Innerhalb der nächsten Tage verließ Karasu ohne ein Wort den Palast und Kataga suchte das Gespräch mit seiner ältesten Tochter. Er fand sie in ihren Gemächern bei Ayames Wiege sitzen und an einem Tuch sticken, das sie schon lange begonnen, aber niemals beendet hatte.

„Es ist seltsam, dich so zu sehen, aber ich muss gestehen, dass es mir gefällt.“ meinte Kataga und küsste Ayashi auf die Stirn.

„Es ist die einzige Arbeit, die ich tun kann, ohne sie aufzuwecken.“ lächelte Ayashi und wob den Faden wieder in das Tuch. „Du solltest dich nicht an diesen Anblick gewöhnen.“ fügte sie hinzu, als sich ihr Vater gegenüber von ihr setzte und sie musterte.

„Ich bin stolz auf dich, mein Kind.“

„Weshalb?“ fragte Ayashi verwundert, da sie sich keiner besonderen Tat bewusst war.

„Du musst nichts Besonderes tun, um mich mit Stolz zu erfüllen, Ayashi. Du brauchst nur hier zu sitzen und auf Ayame zu achten – das genügt bereits.“ entgegnete Kataga, selbst etwas verwundert.

„Was wird nun aus ihr? Ich hörte, Karasu ist gegangen.“ fragte Ayashi und blickte in Ayames Wiege.

„Ich habe Karasu fortgeschickt. Sie wird nicht wagen, Ayame für sich zu beanspruchen. Wenn ich sie richtig verstanden habe, will sie das auch nicht.“

„Wenn es dir recht ist, werde ich mich um sie kümmern. Immerhin ist sie meine Schwester.“

„Sie ist deine Halbschwester.“

„Nun gut, aber sie ist deine Tochter und, wenn mir das nicht genug wäre, dann muss ich zugeben, dass ich sie bereits ins Herz geschlossen habe.“ meinte Ayashi und Kataga lächelte. „Du hast vorhin gesagt, du seist stolz auf mich. Du wirst sehen, dass du eines Tages auch stolz auch Ayame sein wirst.“

Kataga blickte in Ayames Wiege und strich ihr mit zwei Fingern die Wange entlang.

„Da bin ich mir sicher, Ayashi.“ sagte er, nahm Ayame zärtlich auf den Arm und küsste sie dann auf die Stirn, ehe er sie wieder zurück in ihre Wiege legte.

Die Kleine war nicht einmal aufgewacht, sondern steckte einfach nur den Daumen in den Mund. Kataga schüttelte liebevoll den Kopf, küsste dann seine Älteste auf die Stirn und wandte sich um.

„Wohin gehst du?“ fragte Ayashi und sah ihm nach.

„Ich besuche deine Mutter.“ entgegnete er und verließ sie.

Ayashi sah nach draußen, als er die Tür aufschob, und bemerkte, dass der erste Schnee vom Himmel fiel und den Garten schon unter eine leichte, weiße Decke gelegt hatte. Es war endlich Winter geworden und Ayashi war froh, dass sich nichts geändert hatte.
 

Ayame war bald zu einem übermütigen Youkai-Mädchen herangewachsen und nötigte Ayashi nun immer öfter, mit ihr durch die Wälder und Täler zu streifen, die den Palast des Vaters umgaben. Ayashi brachte ihr bei, was sie wusste, und auch Katsumoto war in dieser Zeit wieder öfters bei seinem Bruder zu Gast, damit Ayame ihn schon einmal kennen lernen konnte.

Ayashi gefiel der Gedanke nun nicht mehr, dass sie ihre Schwester bald gehen lassen musste, doch sie würde in den Bergen bei Katsumoto sicher genauso ausgelassen durch die Wildnis streifen können – vielleicht noch ausgiebiger als sie es hier auf Kyushu konnte. Ayashi allerdings hatte mit Ayame nach langer Zeit wieder das Gefühl, richtig frei zu sein und sah dem Mädchen gern zu, wie es seine ersten Übungen im Schwertkampf unter Katsumotos Anleitung unternahm.

Kataga beobachtete seine Töchter mit Wohlwollen – die vergangenen Unannehmlichkeiten mit Ayames Mutter wurde durch Ayames Wesen gänzlich überspielt. Ayame war fröhlich und ein kleiner Wirbelwind. Sie hatte das rotbraune Haar ihrer Mutter, doch seine grünen Augen.

Heute wollte er mit Katsumoto sprechen, damit er sie bald mit sich nahm. Obwohl ihm und ihr, und - wie es wusste - auch Ayashi der Abschied schwer fallen würde, wusste er, dass es an der Zeit war, dass sie ihr zukünftiges Herrschaftsgebiet als ihre Heimat kennen lernte.
 

Am Abend saß die Familie bei einem leichten Nachtmahl zusammen und Kataga lenkte das Gespräch in die Richtung von Ayames Aufbruch zu Katsumoto.

„Ich denke, Ayame ist bereit. Was meint ihr?“ fragte Kataga und blickte erst zu seinem jüngeren Bruder Katsumoto, dann zu Ayashi.

„Sie ist auf jeden Fall alt genug.“ antwortete Katsumoto und Ayashi nickte.

„Ja, sie ist alt genug. Ich sehe auch keinen Grund, warum sie nicht mit Katsumoto gehen sollte.“ meinte Ayashi und nickte.

Kataga musterte seine älteste Tochter ausgiebig, dann wanderte sein Blick zu Ayame, die dem Gespräch aufmerksam folgte. Sie wusste, was besprochen wurde, und hatte noch niemals geäußert, dass es ihn nicht gefiel, Fukuoka zu verlassen.

„Ayame, möchtest du immer noch mit Katsumoto mitgehen, um bei ihm zu leben?“ fragte Ayashi, die sicher gehen wollte.

„Ja, das wird sicher lustig.“ meinte Ayame und grinste bis über beide Ohren. „Katsumoto hat mir von vielen jungen Youkai erzählt, die dort leben.“

Ayashi nickte und blickte zu Katsumoto. Um Katsumoto herum lebten tatsächlich einige Youkai mit Kindern oder auch Waisen, die dort bei Familien untergekommen waren. Ayame würde mit Gleichaltrigen aufwachsen und lernen.

„Das ist wahr, Ayame. Darauf freust du dich bestimmt sehr.“ ergriff Ayashi wieder das Wort und sah zu ihrem Vater und zu ihrem Onkel, die die Schwestern betrachteten.

„Es fällt mir schwer, sie gehen zu lassen, aber du brichst morgen wieder auf, Katsumoto. Würde es dir Umstände bereiten, Ayame schon morgen zu dir zu nehmen?“

„Natürlich nicht.“

„Morgen schon?“ fragte Ayashi und schüttelte den Kopf.

„Warum nicht, Ayashi?“ fragte Ayame und blickte ihre große Schwester verwundert an.

„Geht dir das nicht zu schnell?“

„Nein, wieso denn? Ich freue mich auf die Reise.“ meinte Ayame ehrlich.

„Gut… Wie du willst.“ entgegnete Ayashi und nickte.

Es gefiel ihr nicht. Es gefiel ihr gar nicht. Ayashi zwang sich zu einem Lächeln und nickte wieder.

„Ayashi, warum begleitest du uns nicht? Du könntest in Kochi bleiben, bis Ayame sich eingelebt hat.“ schlug Katsumoto vor und warf seinen Bruder einen auffordernden Blick zu.

„Ja, wieso nicht? Möchtest du, Ayashi? Ich kann mir vorstellen, dass du Ayame nicht so einfach gehen lassen möchtest, nachdem du sie die letzten vier Jahre um sie gekümmert hast.“ schloss sich Kataga an und Ayashi nickte.

„Natürlich. Das würde ich sehr gern.“ stimmte Ayashi zu und umarmte ihre kleine Schwester. „Sollen wir gleich sehen, dass wir unsere Sachen packen?“

Ayame sprang auf und rannte zur Tür.

„Komm’ endlich!“ rief sie ihrer Schwester zu und verschwand im Gang.

Ayashi schüttelte den Kopf und erhob sich, um ihr in ihre Gemächer zu folgen.



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