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Father Dest's Erbe

Fortsetzung zu "Sinnlose Versprechen"
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Es war Freitagabend und Jason lief geschäftig in seiner Wohnung auf und ab. Immer wieder nahm er das Telefon in die Hand, legte es aber grundsätzlich unbenutzt wieder zur Seite. Er würde es den Bürgern von Asht-Zero überlassen müssen, ob sie Vanrims Stellungnahme wirklich durchgehen ließen. Der neue Bürgermeister der Stadt hatte den Abriss der Kapelle bestätigt und dabei herzensschwer verkündet, dass selbst er den Denkmalschutz nicht aufrechterhalten könne. Schließlich obläge die Gesetzgebungskompetenz beim Bundesland und nicht bei der Stadt, die nur das Amt der Unteren Denkmalschutzbehörde innehatte. Das entscheidende Recht habe daher nicht Asht-Zero und läge damit nicht in seiner Hand. Auf die Frage hin, was mit dem Öffentlichen Interesse, also dem Gemeinwohl der Stadt, sei, da den Bürgern nicht nur Raum genommen würde, sondern auch die Verschmutzung zunähme und eine wichtige Gedenkstätte dem Erdboden gleichgemacht würde, hatte Vanrim nur die Schultern gezuckt und gemeint, dass er es ebenso bedauere wie alle Bewohner von Asht-Zero. Im gleichen Atemzug hat er aber beteuert, dass er sich um diese Angelegenheit nochmalig kümmern und sein Bestes geben würde, um die Kapelle der Stadt zu erhalten.
 

„Verflucht!“, stieß Jason hervor.
 

Dieser Derk Vanrim schaffte es immer wieder, die Bürger zu umgarnen. Nur missfiel es Jason, dass nicht nur diese aufgesetzte Unschuldsmiene Erfolg hatte, sondern der Kerl auch noch mit allem Recht hatte. Wie viel Schmiergeld dabei den Besitzer wechselte war vollkommen belanglos. Das Oberhaupt von Asht-Zero allein konnte die Aufhebung des Denkmalschutzes nicht zurücknehmen, dazu bedurfte es des Einschreitens des zuständigen Ministeriums.

Mit seiner rechten, zur Faust geformten Hand stützte Jason sich an der nächstbesten Wand ab. Seine Haltung drückte genau die Verzweiflung aus, die er im Innern spürte. Er war einfach nicht geboren für diese korrupte Welt. Die letzten Monate hatten einiges an Überwindung, Selbstdisziplin und Verzicht gekostet. Und ab und an war er an einem Punkt, an dem er gerne alles hinschmeißen würde. Er war allein. Es gab keinen, der ihm stützend unter die Arme griff. Der ihm neue Hoffnung gab oder einfach nur da war, um mit ihm gemeinsam den Kampf für das Gute durchzustehen. Lance hatte es ihm von Anfang an prophezeit. Vielleicht war dessen Abneigung gegen die Politik auch in der Sorge um ihn begründet gewesen… Ein schwaches Lächeln stahl sich auf Jasons Lippen. Er musste den Glauben an die bedingungslose Liebe endlich aufgeben. Lance hat seinen Vater sterben lassen und ihm konnte nicht einfach vergeben werden. Kelvin war seine Familie gewesen, die ihm von einem Tag auf den anderen genommen worden war.

Auch wenn Jason den Umstand berücksichtigte, dass sich sein Vater selbst in das Gefecht mit Zundersby hineinmanövriert hatte, so versuchte er dennoch sein Herz davon zu überzeugen, dass die Beziehung zu Lance der Vergangenheit angehörte. Die nicht wiederholt werden durfte.

Als er sich mit dem Rücken an die Wand lehnte, seufzte er einmal laut auf. Vielleicht mochte er nicht der knallharte Mensch sein, der sich auf Biegen und Brechen Macht verschaffte, die er brauchte, um seine Wünsche zu erfüllen. Aber er war auf einem guten Weg, die Kontakte zu knüpfen, die er benötigte, um Zundersby auffliegen zu lassen. Und die Bevölkerung las bisweilen seine durch ihn initiierten Artikel und ließ sich hoffentlich durch sie beeinflussen. Irgendwie musste er ja für seine Anliegen einstehen. Und bisweilen entsprang der Wunsch, in der Stadt ein wenig mitzumischen, wirklich seinem Herzen. Als Jason Bürgermeister hatte werden wollen, war er nicht gänzlich bei der Sache gewesen. Er hatte zwar das Verlangen gespürt, etwas zum Guten verändern zu wollen, aber nicht so innig wie es vonnöten gewesen wäre.
 

„Aber welchem Teil meines Herzens…?“
 

Seine geflüsterten Worte, die sich eigentlich in der Weite hätten verlieren sollen, drangen immer wieder zu ihm zurück. Sein Bestreben, Zundersby einen Strich durch die Rechnung zu machen, war immer von dem Gedanken an Lance geprägt. Meist hatte er ein Bild vor sich, das ihm den Atem raubte. Wie Lance dicht hinter Zundersby stand, die Augen fest auf die Waffe gerichtet, und sich keinen Millimeter regte, während Zundersbys Finger den Abzug betätigte…
 

Fest kniff Jason seine Augen zusammen. Es war wieder einmal an der Zeit, alle Gedanken abzuschütteln und sich auf das Wesentliche zu besinnen. Während er sich langsam durchs Haar fuhr, biss er sich in quälender Manier auf die Unterlippe. Erst als er den gewohnt eisenhaltigen Geschmack auf seiner Zunge schmecken konnte, schlug er die Lider wieder auf und nickte. Er hatte ein wichtiges Ziel und das galt es zu verfolgen.
 

„Ich lasse Ihnen die Notizen per Mail zukommen“, klappte Jason sein Handy zu. Bis Montag würde Killian Frimmingway genug Zeit haben, den Artikel seinen Vorstellungen gemäß zu beenden. Seit zwei Stunden tat der Sohn von Kelvin Sartaren nichts anderes als sich darüber Gedanken zu machen, was er im selbigen Artikel hinsichtlich des bevorstehenden Abrisses der Kapelle unternehmen könnte. 48 Stunden waren für solch ein Genie wie Frimmingway genug, noch hier und da eine kleine Spitze gegen Vanrim einzubauen. Das genervte Aufstöhnen des begnadeten Schreibers hatte Jason während ihres Gespräches immer wieder geflissentlich überhört. Schließlich entlohnte er ihn nicht nur zufriedenstellend, sondern teilte auch noch im Kern die gleiche Meinung mit ihm. Auch Frimmingways Familie war durch das Netz der Korruption in Mitleidenschaft gezogen worden. In welcher Weise wusste Jason nicht genau. Aber er hatte es aus einem ihrer ersten Gespräche herausgehört. Und seitdem hoffte er unentwegt, dass Killian nicht aus Angst vor einem weiteren durch Zundersby veranlassten Eingriff in sein Leben abspringen würde. Bis jetzt hat er eine äußerst befriedigende Arbeit verrichtet, doch man konnte sich nie sicher sein, dass das so bliebe.

Während Jason seinen Laptop aufklappte, richtete sich sein Blick auf die Fotos in der hinteren Ecke des Tisches, der nicht nur zum Essen, sondern auch zum Arbeiten diente. Wie eh und je beschlich ihn ein dumpfes Gefühl, wenn er sich seinen Vater betrachtete. Father Dest war bei dem Versuch, die seidenen Fäden des Betruges zu durchtrennen, gestorben. Ob ihn dasselbe Schicksal ereilen sollte?
 

Doch Jason schüttelte nur den Kopf und starrte von nun an angestrengt auf den Bildschirm. Nicht umsonst hat er bisher alle Strapazen auf sich genommen, um sich und seinem Vater irgendwann gerecht werden zu können. Nach den ganzen Entbehrungen, die er auf sich genommen hatte und noch nehmen würde, würde er Zundersby schon noch auf den Zahn fühlen können. Das musste er sich strikt einreden.
 

Sehr geehrter Killian Frimmingway,
 

anbei der Artikel, über den wir gesprochen haben.
 

Mit freundlichen Grüßen,

A.
 

Jason war sehr darauf bedacht, dass man seinen Mails nicht entnehmen konnte, welchen Inhalt sie tatsächlich trugen. Falls Frimmingways Nebenjob als Ghostwriter irgendwann öffentlich würde, hoffte er, dass man die Spur nicht zu ihm zurückverfolgen könne. Den Account, den er für Aspirs Angelegenheiten nutzte, hatte er eigens für solche Zwecke eingerichtet und ausreichend verschlüsselt. Anonymizer gab es im Internet genug zu finden, die seine wahre Identität wahrten. Und bis Zundersby und Konsorten dem auf die Schliche kamen, würde er schon dafür sorgen, dass sie keine Indizien, die ihn belasten würden, vorfänden. Sein schlechter Ruf und seine nicht existierende Präsenz in der Politik ließen ohnehin nicht auf ihn schließen. Doch Vorsicht war allemal besser als Nachsicht. Und wie ausreichend sein kleines Polster der Unschuld war, das er sich geschaffen hatte, würde sich erst noch herausstellen müssen. Zudem wusste Frimmingway nicht, dass er Jason Sartaren, der Sohn von Kelvin alias Father Dest, war. Schließlich kannten sie sich nur durch ihre gemeinsamen Telefonate und der seltenen Emailkorrespondenz, die niemals lange im Speicher währte.

Mit trübem Blick sah Jason vom Bildschirm auf. Dass Killian ihm sozusagen vertraute, obgleich sie sich nie real begegnet waren, war erstaunlich. Aber auch dieser Mann hatte ein Ziel. Und das war Jasons nicht unähnlich…
 


 

„Schön, dass du gekommen bist“, strahlte Holly Jason an, als sie ihm die Tür aufmachte. Eddy stand dicht hinter ihr und lächelte ihm ebenfalls zu.
 

„Lange nicht gesehen“, streckte Eddy ihm die Hand entgegen.
 

„Euch scheint es gut zu gehen“, nickte Jason und drückte Eddys Rechte.
 

„Natürlich“, schmiegte sich der groß gewachsene Mann an Holly. „Sie hat ja endlich eingesehen, dass sie nicht mehr ohne mich leben kann.“

Lasziv strich er ihr über die Wange und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn.
 

„Also…“, räusperte sie sich, als ihr Jasons ein wenig wehmütiger und doch amüsierter Blick gewahr wurde. „Komm doch rein, Jason“, nahm sie ihn bei der Hand und zog ihn ins Wohnzimmer hinein, das man sofort betrat, wenn man in ihre Wohnung kam.
 

Als Jason den Geruch von gebratenen Nudeln wahrnahm, fuhr er sich lächelnd durchs Haar. Die letzten Stunden waren schneller vergangen als er gedacht hätte. Nachdem er Frimmingway die Email hat zukommen lassen, hat er sich eine halbe Ewigkeit im Bett herumgewälzt. Und nach einem äußerst unruhigen Schlaf hat er den ganzen Tag krampfhaft mit dem Versuch vergeudet, nicht an Lance zu denken. Es war so absurd. Immer wenn er glaubte, sein Ziel unabdingbar vor Augen zu haben, überkam ihn ein Gefühl der Einsamkeit. Eines, das sich an der Sehnsucht nach einem jungen Mann nährte, die es so nicht geben dürfte.

„Was möchtest du trinken?“, wurde Jason aus seinen Gedanken gerissen. Obwohl er ein Lächeln im Gesicht trug, fühlte er, wie sein Herz verzweifelt in seiner Brust schlug. Auch wenn er Aspir als sein Schicksal erachtete, so war er nicht wahrlich glücklich.

„Hast du Wein da?“, fragte er jovial.

Keiner sollte wissen, wie es in ihm tatsächlich aussah. Und Holly war die Einzige, die mit ihrem Charme ein wenig Linderung in ihm bewirken konnte.
 

„Lieber rot oder weiß?“, lief die Journalistin an ihm vorüber gen Küche.
 

„Rot“, antwortete er und ließ sich neben Eddy auf das Sofa nieder.

„Wie läuft es in der Druckerei?“, wendete er sich an Hollys Freund.
 

„Momentan sehr gut. Der Hehl um den Abriss der Kapelle kommt uns zugute. Seitdem Vanrim zum Bürgermeister gewählt wurde und der Rummel um deine Person, entschuldige“, zuckte Eddy mit den Schultern, was Jason mit einer Hand abwinkte, „… seitdem du nicht mehr im Mittelpunkt der Presse stehst, ging unser Absatz ein wenig zurück, doch nun läuft das Geschäft wieder. Du weißt ebenso gut wie ich, dass Vanrim nichts dergleichen unternehmen wird, was er gesagt hat.“
 

Als sich ihre Blicke trafen, zuckte Jason unmerklich zusammen. Eddy sah sehr ernst aus und schien durch ihn hindurchzusehen. Die Fassade zu durchbrechen, die er all die Monate schon so mühsam aufrechterhielt. Doch nachdem der andere unschuldig zu lächeln begann, glaubte er, sich für einen Moment nur eingebildet zu haben, dass sein Freund ihn enttarnt hatte. Unbewusst atmete Jason laut aus und erwiderte das Lächeln.

„Vanrim ist ein Hochstapler“, meinte er dann zustimmend.
 

„Leider denken nur wenige wie wir. Insbesondere die weibliche Bevölkerung lässt sich zu leicht in die Irre führen.“
 

„Wann?“, kam Holly mit einer Flasche Wein zurück und sah die beiden mit hochgezogenen Brauen an.

Sie seufzte. „Ich glaube, ich möchte gar nicht wissen, was ihr gerade miteinander gesprochen habt.“
 

Abwehrend hob Eddy die Hände. „Nicht das, was du denkst.“
 

„Ach ja?“, schielte sie ihn über das Glas, das sie gerade voll schenkte, hinweg an. „Was denke ich denn?“
 

Eddy verzog das Gesicht und Jason verkniff sich ein lautes Auflachen. So kannte er Holly und er war froh, dass sie nicht ihn im Visier hatte. Als ihr messerscharfer Blick dann aber auch ihn traf, sackte sein Kopf auf seine Brust. Er hatte sich zu früh gefreut.
 

„Naja…“, versuchte Eddy sich aus der Affäre zu ziehen.
 

„Wie sollen wir wissen, was du denkst?“, kam ihm Jason zu Hilfe.
 

Abwägend sah sie noch einmal von einem zum anderen und schüttelte dann den Kopf. „Manchmal weiß ich das selbst nicht so genau“, grinste sie und reichte Jason eines der drei Gläser.
 

„Danke“, nahm er es erleichtert an. Holly konnte ab und an ein wenig in ihrer Art übertreiben, doch davor schien er vorerst verschont zu bleiben. Obwohl er sie sehr gerne hatte und gerade ihr manchmal aufbrausendes Gemüt das Strahlen in ihm zurückbrachte, wollte er an diesem Abend einfach ein paar ruhige Stunden mit seinen beiden Freunden verbringen.

„Habt ihr eigentlich irgendwelche neuen Pläne?“, wollte er ein neues Thema anschlagen.
 

„Wie kommst du darauf?“, wurde Holly skeptisch und stellte ihr Glas zurück auf den Tisch, von dem sie es erst einen kleinen Moment vorher hochgehoben hatte.
 

Eddy hüstelte neben ihm.
 

„Ja, also…“, begann Holly.
 

„Der Grund, weshalb wir dich für heute Abend eingeladen haben“, fuhr Eddy fort. „… ist, naja…“
 

Eine beklemmende Stille trat ein. Man konnte fast den Wind in den Bäumen rauschen hören, bis Eddy und Holly einen vielsagenden Blick austauschten.

Behände stand der Drucker auf und legte einen Arm um Hollys Schultern.
 

„Sagt nicht, dass ihr heiratet!“, platzte es aus Jason heraus.
 

Nicht nur Holly wurde rot. „Nein, so weit sind wir noch nicht“, meinte sie aber bestimmt. „Wir wollen erst einmal zusammenziehen. Eine Wohnung haben wir auch schon.“
 

„Das ist eine erfreuliche Nachricht“, erhob sich der jüngste Anwesende und hob sein Weinglas. „Auf euch!“
 

Sowohl Eddy als auch Holly hoben ihre Gläser ebenfalls in die Luft. „Auf einen schönen Abend!“
 

Und den hatten sie gewiss. Knapp zwei leere Weinflaschen später hing Eddy halb über dem Couchtisch und richtete sich an die brünette Journalistin: „Ich l-l-liebe d-dich.“
 

„Er verträgt wohl genauso wenig wie ich“, lachte sie und schob ihm liebevoll eine Strähne aus der Stirn. „Jason, fang du bitte aber nicht auch noch das Lallen an, ja?“
 

Der Blondschopf zwinkerte ihr zu. „Mach isch dasch nich schonnn?“
 

„Unddd d-dich lieb ich auch, Jasss-on“, hob Eddy seinen Kopf kurz an und verzog seinen Mund zu einem missglückten Grinsen.
 

„Ihr zwei“, verdrehte Holly die Augen.
 

„Was ist mit uns?“, tat Jason ihr Seufzen mit unschuldiger Miene ab.
 

„Tu nicht so. Du hast ihn schließlich abgefüllt.“
 

„Er hätte ja nicht trinken müssen.“

Im Laufe des Abends hat er eben dann doch keinen ganz ruhigen Verlauf bevorzugt. Außerdem musste das Zusammenziehen der beiden gebührend gefeiert werden.
 

„Männer werden eben bei gewissen Dingen schwach“, knuffte Holly ihm in den Unterarm.
 

„Bei welchen denn noch?“, grinste er.
 

Ob der Anspielung schlug sie sich eine Hand vor das Gesicht. „Könnt ihr an mehr als Alkohol und Sex denken?“
 

„Wie kommst du auf Sex?“
 

Mit glühenden Wangen sah sie ihn an. „Du hast nicht…?“
 

„…“
 

„Natürlich hast du!“, lenkte sie von sich ab.
 

Alsbald erfüllte schallendes Gelächter den Raum. Selbst Eddy stimmte ein, obgleich er nicht den Anschein erweckte, verstanden zu haben, worum es gerade ging.
 

„Idiot“, knuffte sie ihn erneut. „Nicht nur, dass du einen gestandenen Mann unter den Tisch – besser gesagt auf den Tisch – getrunken hast, nein, du hast es auch noch geschafft, mich in Verlegenheit zu bringen. Und das kommt nur von diesem Zeug hier“, nahm sie die Flasche vom Tisch und goss Jason den letzten Schluck aus ihr ein.
 

„Der Wein geht eben an keinem spurlos vorbei“, grinste der Blondschopf.

Auch nicht an ihm. Denn der Alkohol benebelte seinen Verstand insoweit, dass ihn seine zweite Identität in diesem Moment kaum belastete. Vielmehr fühlte er sich irgendwie gelöst.
 

„Und was machen wir nun mit ihm?“, deutete sie auf ihren Freund.
 

„Ins Bett bringen?“, schlug Jason vor.
 

„Jas-sson? Kom-mm unsch doch ma-al bes-suschen… ja?“

Ungelenk arbeitete sich Eddy gen Jason vor und bettete eine seiner großen Hände auf dessen Knie. Mit der anderen tastete er nach dem recht vollen Weinglas, doch Holly kam ihm zuvor.
 

„Du hast genug für heute“, meinte sie streng und reichte Jason das Glas. „Trink es aus, bevor es der Falsche tut.“
 

Belustigt setzte er es wie geheißen an seinem Mund an, doch im selben Moment spürte er weiche Finger um sein Kinn und heißen Atem an seinem Hals. Ein wenig erschrocken sah er alsbald in Eddys hellbraune Augen.

„Dasch gehörd mir“, griff jener nach dem Glas.
 

Obwohl sich Eddy etwas zu unsittlich auf seinem Oberschenkel abstützte, konnte Jason den Wein noch rechtzeitig außer Reichweite bringen. Das wäre ihm niemals gelungen, wenn der Drucker nüchtern gewesen wäre aufgrund der rund fünfzehn Zentimeter, die er von ihm überragt wurde. Bei dem Versuch, abermals das Glas zu ergreifen, erschlaffte Eddy plötzlich und sank auf Jason zusammen. Dabei kam er mit seinem Gesicht auf Jasons Schulter zum Erliegen. Der junge Sartaren spürte die unermessliche Wärme, die von dem anderen ausging, und mit einem Mal schoss ihm ein Bild in den Kopf, das ihn die Augen weit aufreißen ließ.

„Eddy“, hörte er Holly sich echauffieren.

Und dann spürte er, wie das Gewicht nach und nach von ihm genommen wurde.

„Hilf mir bitte, Jason.“

Ehe er Eddy restlich von sich schob, kniff er seine Augen kurz und fest zusammen.
 

Blinzle einmal und die Welt sieht gleich wieder anders aus…
 

Mit vereinten Kräften schafften sie Eddy ins Schlafzimmer und Jason ließ Holly mit ihrem Freund allein. Während sie ihn auszog und zudeckte, setzte sich der Blondschopf zurück aufs Sofa und leerte das Glas, weswegen Eddy ihm zu nahe getreten war und eine Erinnerung in ihm ausgelöst hatte, die er nun belächelte.
 

„Tut mir leid“, seufzte Holly, als sie zurückkam.
 

„Nicht der Rede wert. Denn ich habe das ja herausgefordert, nicht?“
 

Mit einem Grinsen ließ sich Holly nun neben ihn auf die Couch fallen. „Damit werde ich ihn morgen aufziehen.“

Unschlüssig sah er sie an.

„Diese Peinlichkeit kann ich ihm nicht ersparen“, erklärte sie sich. „Aber nimm das nicht persönlich, ja?“
 

„Was?“
 

„Dass ich ihm sagen werde, dass er sich an dich herangemacht hat“, lachte sie.
 

„Schon gut“, winkte er ab. „Hauptsache, du hast deinen Spaß.“

Es machte ihm wirklich nicht aus.
 

„Den werde ich haben… Und du?“, wurde sie ernst.
 

„Keine Sorge. Lance ist Vergangenheit.“

Nur musste das sein Herz auch endlich begreifen, zumal der Wein allmählich an Wirkung zu verlieren schien. Er fühlte bisweilen mehr als ihm lieb war.
 

„Sicher?“
 

„Sicher“, nickte er und belog damit nicht nur Holly.

„Ich werde langsam mal aufbrechen. Ist schon ziemlich spät“, stand er auf und zog seine Jacke an.
 

„War schön, dass du hier warst“, lief sie ihm nach.
 

Er nickte nur noch, ehe er die Tür hinter sich schloss. Er hatte keine Ahnung, wie lange er Holly noch etwas vormachen konnte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2007-09-22T09:50:27+00:00 22.09.2007 11:50
Wieso hab ich das Kapitel erst so spät enttdeckt Oo"?
Naja auf jeden Fall is es super! ^^
Und Eddy, da kann ich mich nur anschließen, is genial *g*

greetz Morri
Von: abgemeldet
2007-09-22T08:59:20+00:00 22.09.2007 10:59
Da bin ich mal in Prag und schon ist die Fortsetzung da *.* hab dann was zu lesen *freu*
Die Fortsetzung ist super gut geworden und ich freu mich auf den 3. teil *.*
Ich finds lustig, dass Jason Eddy dazu gebracht hat sich zu bertinken XD
und wie er sich verhalten hat XD genial


Von:  inulin
2007-09-21T12:03:44+00:00 21.09.2007 14:03
So. Jetzt hatte ich auch endlich meine Ruhe um dein Kapitel zu lesen. Ich bin da gestern weiß Gott nicht zu gekommen. Ich hab es irgendwann aufgegeben. Jedes Mal wenn ich das Fenster mit deiner Geschichte maximiert hab, hat man mich belästigt. XD

Aber gut. Zum Kapitel...
Was soll ich da eigentlich noch zu sagen, ohne mich zu wiederholen?
War wieder super geschrieben. Und mir ist mal wieder einmal mehr aufgefallen, dass die Art wie du dich auszudrücken vermagst eine schöne Abwechslung zu dem anderen ist, das ich lese.
Eddy fand ich am besten in diesem Kapitel. *gg* Ich würd an Hollys Stelle wohl genau das Gleiche machen. *lol*


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