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Die unerträgliche Leichtigkeit des Dies

...Manche Menschen machen es sich wirklich zu einfach! [Die x Kao]
von

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Oh Du Fröhliche

Tut mir so wahnsinnig leid, dass es so lange gedauert hat! T_T Ich habe zwischendurch einen Lemon geschrieben (Link siehe Archiv), einen Film gemacht, welche geschaut *debiles Grinsen* und meinen Freunden oder sogenannten meine Aufmerksamkeit gewidmet. No excuses anymore. Hier’s die nächste Episode. ;D

Einen riesigen Dank an kAmO, chb, Namida_desu, eba-chan, Bou-kun, Januce, Totchan, inori, Hakuchan, RedCrescent, CrimsonBubble, Tetsu, yumeky, Riesuke, Toshie, _Domestic_Fucker_, DOKIDOKI, theMonster, tayo, Lyciel, nekoangel-tsukasa, Aimi & alle, die sonst noch kommentiert haben! Me <3 U. Arigatou gozaimasu!
 


 

Kapitel Acht
 


 

Als wir endlich in Kaorus Straße ankommen, kann ich nicht sagen, ob ich nun doch etwas erleichtert bin, dass ich jetzt endlich nicht mehr seine betörende Nähe ertragen muss, oder traurig, dass ich gleich nicht mehr seine Hand halten kann. Die Entscheidung bleibt ungewiss, als Kaoru die Augen öffnet und sich verschlafen umsieht. Er registriert offensichtlich, wo wir sind, dass er gepennt hat, aber auch dass ich seine Hand halte.

Oh Gott. Warum habe ich sie auch nicht früher losgelassen? Nun schaut Kaoru auf unsere Hände, als wäre er sich nicht sicher, ob er wach ist oder träumt. Herrje, warum lasse ich nicht los? Einatmen. Mit aller Willenskraft löse ich meine Pfote vom Kaohändchen und lache nervös vor mich hin, denn er sieht mich mit einem fragenden Blick an. Gott sei Dank scheint sein Hirn noch im Schlummerland zu sein.

„Du hattest kalte Hände.“ Bravo gelogen! Darin bin ich gut, nicht wahr?

„Okay,“ sagt er leicht heiser und setzt sich langsam in Bewegung, nachdem uns Kyo freundlicherweise die Tür geöffnet hat.

Ich bin ja bloß froh, dass es keine Diskussionen von wegen Die will bestimmt nach Hause fahren gibt. Dazu muss ich mich wohl kaum äußern, wenn Kaoru davon ausgeht, dass ich ihm morgen mit seinen Eltern helfe. Und übermorgen fahren wir bereits wieder auf Tour. Komische Tour mit Unterbrechung. Macht irgendwie die typische Tourstimmung platt, aber ich kann nicht sagen, dass mich das stört. Jetzt, wo ich bei meinem Schätzi wohne, kann mir das nur recht sein.

Wir verabschieden uns knapp bei unseren Freunden und gehen sogleich nach oben in die Wohnung. Das rockt. Hallo! Kaoru und ich kommen nach Hause, als wäre es die normalste Sache der Welt, dass er und ich zusammen leben. Das ist doch eigentlich der helle Wahnsinn.

„Ich hab Hunger,“ mault er auch gleich rum und ich kann ihn nur dumm anstarren, als er den Kühlschrank inspiziert. Nichts drin. War ja klar. „Mist, ich koch erst mal’n Kaffee. Zu essen ist hier eh nichts.“

„Ich hab noch Schokolade in meinem Rucksack,“ erwähne ich, denn es ist tatsächlich das einzig Essbare, was mir einfällt.

„Ah, heb sie lieber auf als Frühstück für Morgen,“ kichert Kao und reibt sich das Bäuchlein. „Da haben wir nämlich auch nichts und auf gammelige Eier haste sicher kein Bock, ne?“

„Nein, Gammeleier waren noch nie mein Fall.“ Da hebe ich tatsächlich lieber die Schokolade auf. „Machst du mir auch einen Kaffee? Ich würde gerne duschen jetzt.“ Und mich rasieren, vor allem da, wo die dunklen Stoppeln besonders hervorstechen gegenüber der blassen Haut. Ich blamiere mich doch nicht, falls dem Alphatierchen doch einfallen sollte, das Rudeltierchen vor seinen Eltern zu vögeln oder nebenan oder wo auch immer. Jedenfalls nickt Kaoru auf meine Frage hin und das ist gut so. Jetzt muss er nur noch lernen auf jede meiner Fragen so zu reagieren.

Mit einem Pfeifen auf den Lippen mache ich mich auf ins Bad.
 

Nach guten zwanzig Minuten komme ich wieder und rieche auch schon den Duft von Kaffee. Kaoru sitzt am Tisch, Brille auf der Nase, Zigarette in der Hand, und kämpft sich durch seine Post. Der schlaue Fuchs Die – daher die roten Haare, jetzt ist es raus – hat sich natürlich nur das Handtuch um die Hüften gewickelt und strahlt seinen verführenden Duft der Bodylotion aus, die seinen noch verführerischeren Körper bedeckt.

„Hier, dein Kaffee ist sicher nur noch lauwarm,“ meint Kao ganz schroff, vertieft in einen Brief von seinem Steuerberater. Er sieht so bekloppt aus, dass es schon wieder zum Anbeißen ist. Ist schon etwas Besonderes, mein Kaokao.

Ich nippe vom Kaffee und spucke ihn beinahe wieder auf den Tisch. Igitt, lauwarm. Als Kaoru aufsteht um den AB abzuhören, klaue ich mir schnell eine Kippe von ihm und stecke sie mir an, den Rauch tief in meine Lungen ziehend. Das tut gut. Plötzlich vernehme ich eine bekannte Stimme vom Anrufbeantworter.

„Hallo Kaoru, hier ist Mutti. Holst du uns bitte um viertel vor drei am Bahnhof ab? Da du dich nicht gemeldet hast, gehen wir davon aus, dass alles klar geht morgen. Also tschüssi.“ Sie hinterließ noch einen geräuschvollen Schmatzer an der Ohrmuschel und legte dann auf.

Nun steht Kaoru vor dem Anrufbeantworter mit einer hochgezogenen Augenbraue, bevor sich seine Stirn in Falten legt und er tief ein- und wieder ausatmet.

„Die, sag mir, dass ich das nicht wirklich auf mich nehmen werde.“ Och Gottchen, wie ein begossener Pudel steht er da, der Kleine.

„Doch, wirst du und mach dir keine Sorgen, ich habe alles im Griff.“ Hoffe ich. Mal sehen, was Sho dazu sagt, wenn ich morgen bei ihm auftauche. „Jetzt zerbrich dir nicht den Kopf. Ich besorge morgen alles, was wir brauchen und du holst deine Ellis. Das geht schon alles gut, wirst sehen.“

„Ich wünschte, ich wäre so optimistisch wie du.“ Skeptisch schaut er mich an und nimmt die Brille von der Nase um sich das Nasenbein zwischen Daumen und Zeigefinger zu reiben. „Tja, kann ja nicht mehr schlimmer werden, als es bisher immer war.“

„Genau!“ Bisschen dreist, aber ich grinse ihn an. „Mit ein bisschen Humor geht alles.“

„Ha haha ha hahaha.“ Gesprochen wirkt das irgendwie gar nicht lustig, soll es wohl auch nicht sein. Na egal, den Pessimismus treib ich ihm schon noch aus, Betonung auf treiben. „Wie auch immer, ich gehe ins Bett. Gute Nacht, Die.“

Wie? Er lässt mich hier so sitzen, so halbnackt? Das ja wohl die Krönung! Hach, was muss ein Mann noch alles tun um den Typen endlich zu überzeugen? Aber ich bin einfach zu gutherzig und lächele ihn an, denn Kaoruleinchen ist einfach zu putzig, wenn er gähnt.

„Gute Nacht und träum was Schönes.“ Ein kurzer Zwinkern meinerseits reicht hoffentlich, damit er den Wink versteht.

Die Augen verleiernd zieht er ab. Mal wieder. Sein Hintern ist der Wahnsinn. Unterdrück das Pfeifen, Daisuke. Himmel Herr Gott. Ich gehe besser auch schlafen.
 

„Mmmwuargh~“ Ich stöhne ins Kissen, als mich das Geräusch der blubbernden Kaffeemaschine zusammen mit den Nachrichten auf dem Fernseher weckt. Verdammter Niikura! Muss man denn immer wissen, was in der Welt los ist? Zumal hier ein Die schlafen will.

„Wird ja mal Zeit, dass du aufwachst. Ist schon fast halb neun,“ die Stimme des Meisters erreicht meine Gehörgänge, aber mein Hirn versucht seine Worte zu deuten. HALB NEUN?

„Waaaaas?“ So scheißfrüh? Aus Verzweiflung stöhne ich noch etwas lauter in mein Kissen.

„Ja, los, steh endlich auf und pack deine Schokolade aus. Kaoru hat Hunger. Kaffee hab ich auch schon gekocht und einen Kakao für den Die. Also...?“

Alter, ich glaube, ich bin im falschen Film. DER starrt mich mit großen, lieben Augen an und wirkt so... so aufgekratzt. Ich zwicke mich in den nichtvorhandenen Hüftspeck, aber es ist kein Traum.

„Ist ja gut, ist ja gut.“ Ich schiebe mich aus dem Bett und watschele in die Küche, wo Kaoru, der mir fix gefolgt ist, mir gleich meinen Kakao hinstellt und auf seine Schokolade warten. „Bist du unterzuckert oder was?“

„Quasi.“ Er grinst. Das ist mir unheimlich. „Außerdem hast du gesagt, dass du heute alles besorgst. Ergo du gehst aus dem Haus. Ergo Kaoru kann die Bude hier blitzeblank putzen, damit die liebe Mama nicht mit ihrem weißen Handschuh rumlaufen und nach Staub suchen muss.“

Zynisch, aber irgendwie hat er auch recht, wenn er doch stark übertreibt. Putzen muss er, so viel ist sicher. „Ja, jetzt mach doch aber mal keinen Stress.“

„Mach ich nicht. Hautsache, alles geht seinen Gang. Geht’s doch, oder?“ So ganz vertraut er mir dann wohl doch nicht, aber was soll ich machen? Skepsis und Kaoru sind verwachsen wie siamesische Zwillinge.

Erst einmal schlurfe ich in aller Ruhe meinen Kakao und rauche eine Zigarette, dann esse ich auch brav ein Stückchen Schokolade und behalte für mich, dass ich nachher unterwegs bei Mäcces Eier mit Speck hole. Unglücklich vollgefressen mit dem süßen Kram sitzt mir Kao gegenüber und zieht auch noch eine durch, bevor er aufsteht und mir sogar Kohle auf den Tisch legt. „Kauf was auch immer du denkst, dass wir brauchen, ja? Ich verlass mich auf dich, Die. Ich muss jetzt erst mal duschen.“

Das Geld wäre echt nicht nötig gewesen, aber da diskutiere ich gar nicht. Das wäre sinnlos, über solche Kleinigkeiten am frühen Morgen noch zu reden. Ich bin gedanklich eh beim Wort ‚duschen’ ganz woanders hängen geblieben. Gähnend strecke ich mich, nachdem ich meinen Platz verlassen habe, und ziehe mir etwas Schickes an, etwas für die Stadt, etwas womit ich Sho Konkurrenz machen kann. Vielleicht werde ich an dieser Stelle klischeehaft, aber ich will besser aussehen als er, schon allein, weil er immer mehr Typen abkriegt als ich. Liegt vielleicht auch daran, dass ich es in letzter Zeit nicht mehr so darauf angelegt hatte, welche abzuschleppen. Kaoru ist das Hauptziel meiner Begierde; das einzige im Grunde.

Boah, schon wieder klingelt das Telefon. „Ja, hier bei Niikura, Die am Apparat.“

Das klingt doch auch mal geil, oder? Er könnte seinen höchst privaten AB haben, wenn er wollte.

„Ach guten Morgen, Die. Gut, dass du da bist. Hier ist noch mal Kaorus Mama. Ich wollte nur sicher gehen, dass ihr da seid, bevor wir losfahren.“

„Oh Frau Niikura! Jaaa, ja wir sind da. Es war gestern spät, als wir angekommen sind, sonst hätten wir uns gleich gemeldet, nachdem wir den Anrufbeantworter abgehört hatten.“ Merke: wir. Ich finde das gut so, noch wer?

„Geht das denn klar oder etwa nicht?“ Leicht besorgt, die gute Frau.

„Geht klar. Kaoru holt sie beide von Bahnhof ab. Viertel vor drei, richtig?“ Wie aufmerksam von mir. So nett wie ich bin, da kann doch keine Mutter dieser Welt noch Kritik üben, oder?

„Ja, und der Zug nach Hause geht morgen früh um halb zehn, ist das okay?“ Aha! Also bleiben sie über Nacht. Wäre ja auch eine Zumutung die beiden nachts noch nach Hause fahren zu lassen.

„Ja, das ist schon okay so. Wir müssen gegen Mittag wieder los.“ So ein Stress.

„Bestens, Die. Sag Kaoru bitte noch bescheid und schönen Gruß an ihn, ja? Er soll uns bitte nicht vergessen.“ Als ob Kaoru jemals etwas vergisst! Tut er doch nie.

„Mach ich, Frau Niikura. Also bis dann, wir freuen uns.“ Ich mich zumindest.

„Bis dann, Die. Wiederhören. Wie formell. Nette Frau, sehr nett.

Als ich auflege, höre ich noch immer das Wasser im Badezimmer rauschen. Vorsichtig probiere ich, ob die Tür offen ist, aber leider hat Kao abgeschlossen. Eine Schande! Dann werde ich wohl mal losmachen zu Sho. Ich klopfe lautstark an die Tür.

„Ich fahr dann, Kao. Bis später!“
 

Etwas mehr als eine halbe Stunde später habe ich mir Ham & Eggs zum Mitnehmen im Auto reingezogen, da ich natürlich auch wieder im Stau stand, und stehe jetzt endlich vor dem Haus, in dem mein bester Freund wohnt. Was tun? Klingeln!

„Hallo?“, meldet sich eine Stimme durch die Gegensprechanlage.

„Selber hallo. Hier ist Die, lass mich rein.“ Es ist nämlich arschkalt, auch wenn es ein sehr lauer Winter ist. Mir ist kalt und ich hasse es, wenn mir kalt ist. Kalt ist dumm.

Sho ist Kumpel wie Sau und lässt mich rein, der Gute. Nachdem ich die Treppe in die zweite Etage gemeistert habe, sehe ich schon, wie er lässig mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen lehnt. Er lächelt, als er mich sieht.

„Na, alles fit im Schritt, Sho?“ Er ist zwar mit allen Wassern gewaschen, aber sprüchemäßig konnte er mir noch nie das Wasser reichen. Da bin ich der Held im Erdbeerfeld.

„Bei mir immer, Die. Komm rein und fühl dich wie bei mir Zuhause.“ Er grinst ein Schuljungengrinsen, welches ich erwidere und an ihm vorbeiziehe, direkt in seine Bude. „Und, schon aufgeregt?“

„Wieso sollte ich?“ Ich kratze mich am Kopf zur visuellen Unterstützung, denn ich verstehe gerade wirklich nicht, was er meint.

„Hoher Besuch.“ Er geht ins Wohnzimmer und lässt sich auf das Sofa fallen, gießt mir aber freundlicherweise einen Orangensaft ein. Bäh. Sehe ich aus, als lebe ich gesund?

„Nein, nicht aufgeregt, sofern du die Sachen hast, die ich brauche. Hast du?“ Ich setze mich neben ihn und schaue ihn mit großen Augen an.

„Hab ich.“ Wieder grinst er kurz und ich muss mir schon eingestehen, dass er mal wieder verflucht heiß aussieht. Wäre ich nicht verliebt, würde ich ihn flachlegen. Nein, aber er tut ja auch was für sich und seinen Körper, ist immer gepflegt, lebt gesund, hat regelmäßig Geschlechtsverkehr...

Ich frage mich manchmal, wie er das hinbekommt, alles unter einen Hut zu kriegen. Er muss doch auch mal arbeiten, sonst könnte er sich die schicke Bude hier nicht leisten. Jedenfalls scheint er keinen nine to five Job zu haben, so genau weiß ich das nämlich gar nicht, nur dass er wohl bei einer Produktionsfirma beschäftigt ist. Bei Gelegenheit frage ich mal, was die da eigentlich produzieren. Jetzt habe ich keinen Kopf dafür.

„Guter Junger. Was kriegst du?“

„Was gibst du mir?“ Elende Kröte, aber diese Spielereien zwischen uns werden nicht ernst genommen, ich schwöre.

„Toshiya?“ Biete Bassist, zahle zu.

„Deal.“ Notgeiler Casanova.

„Wenn das alles ist...?“ Da komme ich ja billig bei weg.

„Kassenzettel liegen in den Tüten.“ Er macht eine Kopfbewegung in Richtung drei riesiger Einkaufstüten, die ein paar Meter weiter weg an einer Wand stehen. „Ist auch ein kleines Geschenk dabei. Das ist gratis. Zu Weihnachten sozusagen. Fest der Liebe und blah...“

„Woah danke, ich habe gar nichts...“ Das ist mir jetzt wirklich unangenehm, ehrlich.

„Ist nicht schlimm. Ich hätte auch nichts, wenn du mich nicht selber einkaufen geschickt hättest,“ sagt er und legt den Kopf schief. Zuckersüß. Manchmal frage ich mich, ob es nicht einfacher gewesen wäre, wenn ich mich in ihn verliebt hätte. Ich habe ihn nie gefragt, ob er damals etwas für mich empfunden hat. Er war auch gleich so verständnisvoll und alles, aber mal ehrlich, vielleicht wollte er es einfach nicht zugeben. Möglicherweise auch besser so, denn ich habe mich ja nie in ihn verknallt. Nicht mal ansatzweise und das ist erstaunlich bei seinem Charakter und vor allem seinem Aussehen. Man könnte behaupten, er sieht besser aus als Kaoru, aber deshalb liebe ich Kaoru wohl umso mehr. Der ist schlicht und hat doch etwas ganz Besonders. Und ich spiele nicht auf seinen dummen Kinnbart an. Vielmehr die Momente, wo er nicht gut aussieht und ich ihn trotzdem auffressen könnte, so geil ist er in meinen Augen.

„Erde an Die, noch da?“ Er winkt mir mit der Hand vorm Gesicht umher und holt mich aus meiner vorübergehenden Phase der Trance zurück in die Realität. „Wolltest du mir nicht noch irgendwas erzählen?“

„Wieso? Was denn?“ Wollte ich das? Ich brauche ein neues Hirn mit größerer Speicherkapazität.

„Hast du am Telefon gesagt. Irgendwas von, dass du nahe dran wärst... oder so. Mit Kaoru. Woher soll ich denn wissen, was genau du meintest?“ Mit riesigen Fragezeichen in den Augen schielt Sho zu mir rüber und zuckt einmal kurz mit den Schultern.

„Ach so, ja.“ Mir fällt wieder ein, was ich gemeint hatte. „Das ist, weil... also Kaoru und ich, wir haben uns geküsst, also so richtig geknutscht...“

„Was?“ Jetzt reichen seine schmalen Augenbrauen bis zum Haaransatz. „Dann seid ihr...?“

„Nein, eben nicht, nein.“ Ich schüttele gequält den Kopf. „Die Sache ist kompliziert. Das war am Morgen nach meinem Geburtstag und ich hatte bei Kao gepennt, weil Toshiya auf dem Sofa lag. Als ich aufwachte, lag ich ganz dicht an ihm – oder er an mir, wie man’s nimmt. Jedenfalls fast verknotet. Da hab ich ihn geküsst.“

„Du dreiste Sau, ich bin stolz auf dich.“ Zustimmendes Nicken von Sho. „Und Kaoru hat dir nicht die Nase gebrochen oder versucht dich mit baren Händen zu erwürgen?“

„Nein.“ Kopfschütteln von Die. „Eben nicht. Er hat den Kuss erwidert und stattdessen ist die ganze Sache immer heißer geworden.“

„Und dann?“ Er will Details, aber ich muss ihn enttäuschen.

„Dann kam Kyo rein.“

„Nein!“

„Doch.“ Kurze Inhaltsangabe von meiner Wenigkeit. „Kaoru ist natürlich blitzschnell ans andere Bettende gezischt, weil es ihm sicher peinlich war, und ich hin auch gleich auf Abstand, weil ich nicht wollte, dass ihm etwas unangenehm ist. Letztlich gab es danach keinen Moment, in dem wir wieder allein waren, erst nach dem Frühstück und da hat Kao es bevorzugt zu packen, anstatt mit mir zu reden oder vorzugsweise weiterzuknutschen. Und so ging das weiter bis jetzt. Er ignoriert, dass dieser Kuss jemals stattgefunden hat.“

„Das ist saudämlich. Wie hältst du das nur aus? Ich hätte wohl schon aufgegeben.“ Immerhin ist Sho ehrlich, wenn mir die Aussage auch nicht weiter hilft.

„Nicht, wenn ich so nahe dran bin. Als wir auf Tour waren, da hatte er eine Frau mit auf dem Zimmer. Ist aber nichts gelaufen, sagt er. Stattdessen durfte ich bei ihm schlafen.“ Meine Zusammenfassungen waren auch schon mal besser.

„Ich versteh nur Bahnhof. Und die Frau, die war dann weg? Woher weißt du, dass er nicht lügt?“ Gute Argumente – für einen Nicht-Kaoru-Kenner.

„Erstens vertrau ich ihm dahingehend und zweitens hätte er keinen Grund zu lügen. Höchstens andersrum, um mich fern zu halten. Stattdessen sagte er mir, dass er nichts hatte mit ihr. Warum? Will er mir damit etwas sagen?“ Da kann Sho mal sehen, wer hier wirklich nur Bahnhof versteht. Nämlich ich.

„Du bist hier der Fachmann, was den Kerl angeht.“ Das ist wohl wahr und ich will Sho das auch geraten haben, dass er von meinem Kaoschokibaby keinen, aber auch nicht den geringsten Plan hat.

„Weiß nicht, aber ich find’s heraus. Im Bus nach Hause habe ich sogar seine Hand die ganze Zeit gehalten und er hat nicht geschimpft.“ Stolz gebe ich Auskunft an alle Schwulen dieser Nation.

„Hat er geschlafen?“

„Yup.“ Ist ja auch egal. „Sag mal, du hast doch gesagt, dass du dich auf meiner Geburtstagsfete mit ihm unterhalten hast. Über was denn? Auch über mich?“

Wieder dieses kleine Grinsen, dann ein Schulterzucken mit dem Sho seine Unschuld beteuert. „Nicht wirklich, nein. Er wirkte etwas verschlossen, als das Thema auf dich kam. Da haben wir lieber über andere Dinge gequatscht. Er ist schon cool, aber auch strange, wenn du mich fragst. In einer recht konventionellen Art, wenn du verstehst?“

„Nein, kein Plan, was du meinst.“ Was faselt der da für einen Kram? Kaoru ist also verschlossen, wenn ich das Thema bin. Na, das hilft ja so sehr weiter! „Ach Sho, ich habe eigentlich noch ein viel größeres Problem.“

“Das wäre? Ich bin ausgebildeter Verkehrshelfer, aber kein Sanitäter, denk dran.“

„Lass mal die Witze. Ich habe kein Weihnachtsgeschenk für Kao.“ Am besten mache ich mich ganz klein hier auf dem Sofa, dann wirke ich mitleiderweckender. „Hast du eine Ahnung, was ich ihm schenken soll? Du hast so coole Sachen und weißt immer, was Typen wollen.“

„Wohl wahr.“ Er badet in diesem Kompliment, dann legt er wieder den Kopf schief. „Aber Kaoru ist ein Sonderfall. Kauf ihm etwas Einfaches, aber Cooles. Der fährt auf Kleinigkeiten ab. Mag er etwas Bestimmtes? Dann finde etwas zu dem Thema. Oder kaufe ihm Schmuck, aber nichts Teures, sondern irgendwas Symbolisches. Ein Kreuz oder so was. Der ist so Rock’n’roll, ne?“

„Oh Gott.“ Das lässt ja so ziemlich alles offen. „Danke für den Tipp. Ich weiß das zu schätzen.“

„Nicht der Rede wert.“ Sho steht auf und räumt die Gläser weg. „Ich muss gleich weg, sorry.“

„Ich doch auch, sonst steigt mir Kaoru auf’s Dach.“ Wir haben unterschiedliche Auffassungen vom Dachsteigen, also riskiere ich Kaorus Rache lieber nicht. „Wohin gehst du?“

„Kaffeetrinken,“ antwortet er mit diesem versaut schelmischen Grinsen.

„Kurz vor Mittag? Das sind ja Sitten,“ scherze ich und schnappe mir eine der Tüten.

„Manchmal geht es eben nicht anders und wer weiß, vielleicht gibt’s anschließend auch ein Mittagessen spendiert.“ Auch er nimmt sich eine der Tüten um mir beim Runtertragen zu helfen.

„Spendiert?“, frage ich, als die letzte Tüte auch an mir hängen bleibt. „Mit wem gehst du?“

„Dem Bassisten von Dir en grey,“ kichert er und rümpft die Nase. „Soll ja eine nette Band sein.“

„Toto?“ Ich muss lachen, als ich in den Hausflur trete, was die Lautstärke erheblich angehoben erscheinen lässt. Sho schließt die Tür und geht dann voran die Treppe hinab. „Das geht aber flott bei euch. Gerade erst habe ich ihn dir geschenkt, quasi als mein Weihnachtsgeschenk, nur dass die rote Schleife noch fehlt drum herum.“

Er lacht und hält mir die untere Eingangstür auf. „Die kann ich auch selber dran machen.“

„Ja, mach mal. Ist mir so auch lieber.“ Leider muss ich die Tüten abstellen um das Auto aufzuschließen, aber sobald der Kofferraum offen ist, verstaue ich den ganzen Kram sachte.

„Eben, hast ja deinen Kaoru.“ Er lächelt mich mal wieder an, als käme er gerade erst aus dem Kindergarten, und vergräbt seine Hände in den Jackentaschen. „Dann viel Glück heute, Die.“

„Danke, dir auch. Soll ich dich irgendwo absetzen?“ Bin ja nett, kann ja mal fragen.

„Brauch ich nicht und nein, ich werde abgeholt,“ sagt er mit einem Augenzwinkern. Blödmann. Er sucht sich eben die aus, die leicht rumzukriegen sind: Toshiya. Da müsste ich auch nur mit einem warmen Bett winken und schon hüpft er rein. Immer muss Sho mich ärgern – oder es zumindest versuchen. Ich öffne die Fahrertür und setze mein breitestes Grinsen auf, als mir noch etwas einfällt.

„Hey Sho, aber eines solltest du vielleicht wissen. Totchi ist uke.“ Damit verschwinde ich in meinem Auto und hinterlasse einen dumm aus der Wäsche guckenden Sho, der mir nämlich mal im Suff erzählte, dass er viel lieber gefickt wird, als selbst die ganze Arbeit zu übernehmen.

Ziemlich fies von mir, oder? Wenn man es so betrachtet, ja, aber wenn man weiß, dass ich nur Spaß mache, ist es halb so wild. Im Grunde bin ich doch der letzte, der eine Ahnung hat, was Toshiya bevorzugt. Das soll mein Freund mal schön selbst herausfinden.

Die, sage ich zu mir selbst, gib Gummi. Zuhause wartet dein Angebeteter!
 

In Nullkommadoppelnichts, sprich etwa 60 Minuten später inklusive Zwischenstopp bei Pizza Hut und an der Tanke, bin ich wieder bei Kaorus Wohnung angekommen, oder fast. Warum hat der Typ eine Bude so weit oben? Ein Glück hat das Haus hier wenigstens einen Fahrstuhl. Nur drück mal den Knopf, damit das verfluchte Mistding kommt, wenn du drei Riesentüten in den Armen hältst.

Als ich oben ankomme, sieht mein Gesicht so rot aus wie die Hälfte meiner Haare auf dem Kopf. Ich muss erst einmal die Tüten abstellen, sonst komme ich gar nicht rein hier. Aufschließen, schon mal Schuhe aus und Tüten reinholen steht auf dem Programm, aber ich muss mich bereits wundern. Was läuft denn hier für eine brutale Musik? Klingt doch nach dem guten, alten – Gott hab ihn selig – hide! Wo hat denn Kaoru seine Uralt-CDs gefunden?

Ich schleppe die Tüten zunächst einmal in die Küche auf den Tisch und atme einmal tief durch, vielleicht auch zweimal, dann weg mit der Winterjacke und dem Pullover, sonst schwitze ich mich tot. Ja, ich habe noch ein T-Shirt an.

„W...wow,“ entfährt es mir mit einem Pfeifen, als ich ins Wohnzimmer komme. Nicht, weil es hier so blank geputzt ist, das auch, sondern weil Kaoru gerade auf allen Vieren auf dem Boden eine undefinierbare Bewegung ausführt, die mich einfach zum Staunen veranlasst. Für den Hintern braucht der Typ doch einen Waffenschein, oder? Dem mir so entgegen zu strecken, ist doch fahrlässige Diequälerei.

Kaoru dreht sich um und verleiert die Augen, als ich dastehe mit meinem debilen Grinsen. Er setzt sich auf die Waden und seufzt.

„Was ist los, mein Bester? Und was zum Henker machst du da unten... ohne mich?“ Ich gehe auf ihn zu und mustere den Schwamm in seinen Händen und den riesigen Fleck auf dem Teppich.

„Der geht nicht raus, ich hab schon gescheuert wie’n Affe hier.“ Auf Knien und so zu mir nach oben schauend gefällt mir das Kaotierchen, aber holla. An was erinnert mich das wohl? Wovon lässt es mich träumen? Darf ein Die denn Schwärmen? So nenne ich mal ein Lied, aber jetzt zurück zum Problem: Fleck.

„Was ist denn das? Also ich kriege ja viele Flecken raus, aber die sind meist anderer Natur.“ Das Ding sieht irgendwie pink aus. Ich kann mir nicht helfen.

„Das ist Wein,“ meint er trocken. „War früher mal rot und ist jetzt schon pink, geht aber nicht weg. Zum Kotzen ist das.“

„Ich weiß eine Lösung!“, prahle ich stolz und sehe mich in der Bude um.

„Ach, echt?“ Hoffnungsvoll schaut mich das Leaderchen an. Zu süß ist das.

„Japp.“ Ich nicke und hole den blöden Gummibaum, der in der hinteren Zimmerecke steht, und ziehe ihn, bis er den Fleck verdeckt. „Voila!“

„Toll.“ Erkenne ich da einen Schweißtropfen an Kaorus Stirnseite? „Darauf hätte ich auch kommen können.“

„Richtig. Biste aber nicht.“ Ich bin so klug, das ist der helle Wahnsinn! „Komm mit. Ich habe Pizza zum Mittag mitgebracht.“

„Oh gut.“ Jetzt meldet sich auch sogleich Kaorus kleines Bäuchlein, das sicherlich die Nase gestrichen voll von Schokolade und den Putzarbeiten ist.

Also rafft er sich auf und folgt mir in die Küche, wo er dem Duft nachgeht und sich die Schachtel mit der Pizza krallt. Er nimmt sich eine Ecke auf die Hand und lässt es sich ohne Kommentar schmecken. Das freut mich. Glücklicher Kaoru bedeutet glücklicher Die.

„Was hast du denn so alles gekauft?“ Er streckt ein Pfötchen aus und zieht zwei CDs aus einer der Tüten. „Was ist das denn hier? Weihnachtsmusik?“

„Jawoll, denn mit hide kannst du vielleicht mich beeindrucken, aber nicht deine Mam.“ Versteht sich von selbst.

Kaoru nickt. „Wohl wahr. Denkst auch an alles. Darauf fährt sie bestimmt voll an. Tokio Kirchenchor. Meine armen Ohren.“

„Den Geschmack deiner Mutter kenne ich eben nicht, aber mit Kirchenschnulli macht man alte Leute glücklich.“ Jetzt stopfe ich mir auch erst einmal Pizza zwischen die Zähne.

Kao legt die Disks beiseite und zieht erneut etwas aus der Tüte. „Dekoengel?“

„Ischt dosch Weihnaschten.“ Mmmmh, lecker Pizza.

„Und das hier?“ Er zieht ein in Folie eingeschweißtes Präsent mit roter Schleife aus der Tüte und beäugt es skeptisch. „Das ist aber nichts für meine Mutti, oder?“

Er wirkt leicht angeekelt und das macht mich jetzt auch skeptisch. „Zeig mal.“

Schnell schnappe ich mir das hübsche Präsent und schaue durch die Folie auf den Inhalt. Zuerst dachte ich ja, es sei Duschbad oder Aftershave, aber bei genauerer Betrachtung... ist es eine Flasche Gleitmittel, eine 10er Packung Kondome und ein winziger Vibrator, den man als Schlüsselanhänger verwenden kann. Mir kommt da nur ein Gedanke: Sho!

„Ach, dieser Mistbock. Das ist von Sho. Er sagte schon, dass ein Geschenk für mich dabei ist.“ Ich finde es um ehrlich zu sein ganz witzig.

„Sho, ja?“ Kaoru wirkt nicht sonderlich belustigt.

„Ja, den habe ich doch gebeten einzukaufen, denn, wie du sicher weißt, haben heute keine Geschäfte auf. Also hat er die Woche alles gekauft, was ich haben wollte, und ich habe es heute nur bei ihm abgeholt.“ Ich sage die Wahrheit und nur die Wahrheit, so wahr mir Gott helfe.

Allerdings sieht Kao auch nicht viel anders aus, nur dass er die Augenbrauen nach oben zieht. „Okay,“ kleine Pause in seiner Bemerkung, „aber so was schenkt der dir?“

„Ist doch nur Spaß. Er zieht mich eben auf.“ Versteht er das nicht? Damit will Sho mir viel Erfolg wünschen und das ist nett von einem Freund, nicht?

„Ah so.“ Er wirft noch einmal einen Blick auf das Päckchen und hebt argwöhnisch die Augenbraue. Weil wir gerade beim Thema sind ich und gerne tratsche, plaudere ich ein wenig aus dem Nähkästchen. Oder aus Shos Nachtkästchen, je nach Auge des Betrachters. „Er geht heute sogar mit Totchi Kaffeetrinken. Fährt wohl auf ihn ab. Hoffentlich passt das.“

„Hm. Und da bist du nicht eifersüchtig?“ Mein Gott, wie kann mir mein Kaotoffee so eine Frage stellen und dabei so rotzecool bleiben? Man sieht ihm nicht die geringste Gefühlsregung an, nicht einmal Neugier, dabei ist die Frage schon sehr direkt.

Bringt mich allerdings eher zum Lachen. „Ich? Nein, wieso sollte ich? Ich sag doch, ich hoffe, dass es klappt mit den beiden. Wieso eigentlich? Bist du eifersüchtig?“

Jetzt lacht er oder vielmehr schnarcht er mich an. „Auf wen denn bitte?“

„Na, vielleicht auf Sho wegen Toshiya.“ Nur ein kleiner Test.

„Verarscht du mich gerade? Was in deinem Kopf vergeht, möchte ich manchmal wissen.“ Er schnappt sich noch ein Stück Pizza und sieht mich spöttisch an, fast, als hätte er Mitleid aufgrund meiner nichtvorhandenen Geisteskrankheit.

„Hm, dann nicht. Wärst du denn eifersüchtig, wenn ich mit Sho ausginge?“ Ich will wissen, wo der Frosch die Locken hat. Das liegt in meiner Natur. Nur mein Kaofröschi drückt sich vor der Antwort und wühlt lieber weiter in den Tüten. „Hätte ich mir denken können, dass dich das nicht kratzt.“

Nicht einmal darauf reagiert er, sondern zieht einen großen Karton von ganz unten hervor. „Was zur Hölle ist das denn?“

„Ah! Das muss der Weihnachtsbaum sein.“ Stand auf meiner Bestellliste.

„Bitte was? Im Karton?“ Kao dreht die Schachtel ein paar mal in seinen Händen und macht dabei recht komische Gesichter.

„Ja, für einen echten ist es zu spät. Los, wir bauen den hier auf. Das wird lustig.“ Ich schnappe mir die Pizzaschachtel und die Tüte mit der Weihnachtsdeko, bevor ich ins Wohnzimmer marschiere. „Der Gummibaum muss weg dort. Da passt prima unser Bäumchen hin!“
 

Bei mir zuhause hatte das Christbaumschmücken immer eine besondere Bedeutung, denn da kamen wir Kinder am Morgen zusammen und hatten jede Menge Spaß beim Dekorieren. Die letzten Jahre hatte ich davon nicht viel, aber heute hier bereitet es mir/uns wirklich sehr viel Freude. Kaorus linke Hände beim Handwerken lassen an seinem Beruf als Gitarrist zweifeln, aber durch meine Hilfe können wir bald auch die letzten Zweige befreien, als er stolz das Seil durchschneidet.

„Autsch!“, quiekt Kao und zuckt zurück, bevor er sich kurz das Auge hält. „Du blöder Baum!“

Ich würde ja gerne, aber ich kann mein fieses Kichern nicht in Zaum halten. Der Typ flucht einen Baum an, wie beknackt ist das denn? Aber so verdammt niedlich! „Memme.“

„Ich?“ Mit leicht errötetem linken Auge schaut er mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. „Was bist denn dann du? Ich hab heute noch Ohrenschmerzen von deinen Schreien, als du dir das Minitattoo hast stechen lassen.“

„Ich habe nicht geschrieen!“ Ich protestiere. Vielleicht habe ich ja ein bisschen gejammert, aber nicht geschrieen, nein.

„Kaooo, das tut weeeh...“, äfft mich dieser fiese Hund nach. „Wäh, meine Hand~! Ich werde nie wieder Gitarre spielen können.“

Ich biege ein paar Drahtzweige am Kunstbaum gerade und ziehe einen Schmollmund. „Ich bin eben sensibel.“

Anstatt mich zu trösten und mich mal in den Arm zu nehmen, wühlt Kaoru die Baumspitze aus dem Karton hervor und setzt sie mir auf den Kopf. Er lacht sein typisch gemeines, möchtegernbösartiges Grienen und strahlt mich an. „Steht dir, Prinzessin.“

„Hey! Das ist die Christbaumspitze, die setzt man auf den längsten Ast!“ Da mir das Teil eh gerade vom Kopf fällt, nehme ich sie lieber in die Hand und wackele damit vor Kao herum. Dann schnappe ich mir eine rote Christbaumkugel und hänge sie ihm an eines seiner Ohren. „Steht dir, Prinz Charming.“

„König Kaoru heißt das,“ erwidert er, die Arme verschränkend, als er stolz die Brust herausstreckt.

Ich fall gleich um vor Lachen! Wie er da so sitzt mit der Riesenperle am Ohr! „Hier, steck die Krone an den Baum, König Kaoru.“

Gefügig steht er auf und versucht die Spitze auf den Kunstbaum zu hieven. „Ich komm nicht ran!“

„Streck dich halt mehr,“ fordere ich ihn auf, denn es ist mir egal, ob er ran reicht oder nicht, Hauptsache er streckt sich. Ich kann nämlich jetzt schon unter seinen schwarzen Sweater schauen. Wie gerne ich da meine Finger drunter schieben würde, das übersteigt jegliche Vorstellungskraft.

„Was musst du auch einen so großen Baum kaufen, der auch noch piekt.“ Durch die Zweige hindurch schaffst es das männliche Kaobärchen, die Spitze des Tannenbäumchens zu fassen und so zu biegen, dass er den Schmuck darauf setzen kann. Er verhofft sich somit Respekt gegenüber seinem mit im Rudel lebenden Diebärchen zu schaffen. Das Diebärchen allerdings ist mal wieder im Gagaland, wohin Kaobärchen keinen Zutritt haben.

„Geschafft. Man kann ruhig dumm sein. Mann muss sich nur zu helfen wissen.“ Er strahlt mich an und ich glaube, ich kriege einen Ständer. „Wie spät ist es?“

Meinen Sabber wieder den Mundwinkeln reinziehend, wende ich meinen Blick zur Uhr. „Kurz nach eins.“

„Mist. Schon?“ Die Weihnachtsstimmung wird leicht gedrückt, denn die Stunde der Wahrheit rückt unaufhaltsam näher. „Ich habe die Fenster noch nicht geputzt.“

„Okay, hör zu. Du gehst Fenster putzen und ich mache den restlichen Kram hier. Wir treffen uns in einer Stunde in deiner Küche.“ Da! Ich habe doch Chefpotential.

Salutierend nickt Private Kaoru und zieht ab, um sich mit Eimer und Lappen zu bewaffnen.
 

Die Stunde geht natürlich um wie im Flug und ich hatte auch wirklich alle Hände voll zu tun. Zuerst habe ich den Baum fertig gemacht, die Kugeln sind dran, das Lametta auch und die Lichterkette strahlt. Auf dem Wohnzimmertisch glänzen schöne Kerzen auf einem dunkelroten Weihnachtsdecker. Auf dem Küchentresen und dem Regal neben dem Fernseher stehen Rächerstäbchen und Kaorus Actionfiguren landeten alle in der unteren Schublade tief hinten. Die Bilder von ihm und Dir en grey wurden fein säuberlich im Schreibtisch vergraben und stattdessen Bilder von seinen Eltern und Verwandten in gläsernen Rahmen aufgestellt. Die Weihnachts-CDs liegen spielbereit im Player und jedes seiner Dekorkissen auf dem Sofa hat eine Falte durch Kantschlag. Das Genie Daisuke hat das alles geschafft, obwohl es nicht einfach war sich zu konzentrieren, denn Kaoru mit gelben Gummihandschuhen und zwei Pferdeschwänzchen rechts und links ist wirklich verdammt sexy und lenkt sehr leicht ab!

Erschöpft lasse ich mich auf den Stuhl in der Küche fallen und stecke mir eine Kippe an, als auch Kao eintrudelt und genauso aussieht und dementsprechend nach Nikotin lechzt.

„So, ich zieh mich dann um und mache mich los, sonst schaffe ich es nicht bis viertel vor drei zum Bahnhof,“ sagt er und nimmt gleich zwei Züge nacheinander.

„Okay, ich habe hier noch zu tun.“ Leider. Aber all der Stress macht sich ja bezahlt, denn immerhin habe ich noch kein einziges Weihnachtsfest mit Kaoru so verbracht, zuhause, mit einem Baum, wie eine Familie. Das allein ist es schon wert.

„Kommst du nicht mit?“ Das Kaobaby sieht mich an, als hätte man ihm sein Spielzeug weggenommen.

„Geht nicht, aber die Abholerei schaffst du auch alleine. Wenn was ist, ruf mich an.“ Gerne würde ich ihn begleiten, aber es geht nicht, denn ich habe weiß Gott noch Wichtigeres zu erledigen.

„Dann muss ich eben allein.“ Mit dem Zigarettchen im Schnabel läuft er ins Schlafzimmer, wo er sich wohl umziehen wird. Ich würde ja hineinschielen, aber ich habe meine Pause gerade nötiger als Sex – sofern ich welchen haben könnte. Das soll was heißen.
 

Nicht einmal kurze zehn Minuten später rolle ich den Fertigteig aus und steche fröhlich meine Weihnachtsplätzchen aus. Gehört schließlich auch dazu. Nachdem ich alle auf ein Blech gepackt habe, schiebe ich es in den vorgeheizten Backofen, 150°C, nicht zu hoch, dann gehe ich schnell noch einmal ins Bad und wasche meine Hände und sprühe mich kräftig mit Deo ein. Backen ist eben anstrengend. Danach hole ich die Kekse aus dem Ofen, dann bereits nach etwa 15 Minuten sind diese fix und fertig. Schnell in eine Schale schütten und auf den Tisch stellen, dann Kaffee kochen. Die ist einfach ein Superheld.

Es klingelt. Na prima! Hat Kaoru keinen Schlüssel oder warnt er mich nur vor? Als die Tür aufgeschlossen wird, erklärt sich meine Frage von selbst. Er denkt auch an alles.

Fröhlich grinsend warte ich auf die Gäste und erkenne sogleich einen gestresst lächelnden Kaokao und eine etwas ältere, viel redende Frau, sowie einen älteren Mann, der wie von einem anderen Planeten kommend auf seine eigenen Füße starrt.

„Herzlich willkommen. Einen schönen guten Tag!“, wünsche ich und verbeuge mich höflich.

„Oh guten Tag, du musst Die sein,“ spricht sie mich an und geht bedrohlich auf mich zu, lächelt jedoch wie ein Gänseblümchen. „Kaoru hat uns schon erzählt, dass du hier wohnst wegen deiner Wohnung. Das ist ja sehr bedauerlich mit dem Wasserrohrbruch.“

„Ja, nichts zu machen, aber ich habe ja Kaoru, der mir sehr hilft, dass ich bei ihm wohnen kann, solange es dauert,“ strahle ich die Gute an und nehme ihr den Mantel ab.

„Sehr freundlich,“ raunt sie und rammt mir auch noch die Handtasche in den Magen. „Es durftet so wunderbar nach Kaffee!“

Sie zieht ab ins Wohnzimmer und Kao schenkt mir bereits das ‚ich-hab’s-dir-doch-gesagt’-Grienen. Sein Vater wirft die Jacke an den Haken, nickt mir zu und folgt wortlos seiner Gnädigsten. Läuft doch super bisher!

„Wonach riecht es hier?“, fragt mich Kaoru hinter vorgehaltener Hand und beäugt mich skeptisch.

Ich ignoriere ihn und gehe zu den älteren Herrschaften. „Ich habe frische Plätzchen gebacken. Kaffee kommt auch sofort.“ DANN schaue ich zu Kao. „Deckst du mal den Tisch?“

Unweigerlich tut er, was ich sage. Muss er ja wohl. Ich gehe mal besser den Kaffee holen.
 

Der Nachmittag verläuft alles in allem wirklich gut. Kaorus Mama schmecken sogar meine Plätzchen und auch Kaoru kam nicht umher, mir dafür ein Kompliment zu machen. Leider traute er sich nicht allzu viele zu vernaschen, wahrscheinlich aus Angst er wäre unhöflich. Ich flüsterte ihm dann zu, dass noch eine weitere Schüssel im Schrank wäre, was er mit einem riesig breitem Lächeln zur Kenntnis nahm.

Als seine Mutter auf die berühmte Freundinnenfrage kam, erklärte ich ihr, wie schwer Kaoru es doch habe, vor allem in der heutigen Zeit, wo die Mädels doch einfach nur noch auf das Geld schauen und niemals mehr auf die inneren Werte. Ich schätze, ich habe sie beeindruckt, denn Kaos Mama nickte mir zustimmend zu und bedauerte ihr Klein-Kao sogar.

Ich bin gerade beschäftigt das Abendessen zuzubreiten, als mich das Kaomännchen in der Küche besucht.

„Soweit alles im Grünen. Wie schaffst du das nur? Ich glaube, meine Mutter liebt dich.“ Er beugt sich über die Arbeitsplatte, auf der ich gerade hantiere, und inspiziert das vorgesehene Dinner.

„Ich sagte dir doch, dass ich es drauf habe. Außerdem ist sie doch auch nur ein Mensch,“ erkläre ich ihm etwas großspurig und klopfe ihm auf die Finger, als er etwas vom Käse klauen will.

„Aua!“

„Finger weg! Das ist unser Abendessen. Geh lieber zurück zu deinen Eltern und erzähl ihnen noch ein paar Anekdoten oder so...“ Er lächelt nur gequält und steckt sich eine Zigarette an.

„Die, nur eine Kippe, dann geh ich, ja? Außerdem sieht sich meine Mutter gerade den Weihnachtsbaum an und hört in die CDs. Ich muss schon sagen, du bist heute echt mein Held.“ Diesmal lächelt er tatsächlich auch mal ganz aufrichtig und dankbar. Bringt mein Herz zum Schmelzen.

„Dein Held bin ich gern.“ Ihm zuzwinkernd lege ich den Käse noch in die Auflaufform und stelle das ganze in den Ofen.

„Was machst du eigentlich zum Essen?“, fragt er neugierig und stiert in den Herd.

„Irgendetwas von den Sachen, die man meist hinten auf den Soßentüten findet.“ Schulterzuckend gehe ich zurück ins Wohnzimmer um mich um Kaorus Gäste zu kümmern.

Seine Mutter bewundert gerade die neue Zimmerdekorationen und den schicken Baum. Hundert Punkte, Die. Ich bin mehr als stolz auf mich! Mit einem fetten Grinsen frage ich die Dame höflich, ob ich ihr auch etwas Punsch anbieten könne.
 

Auch das Abendessen geht ohne Schwierigkeiten vorüber und ich heimse sehr viel Lob ein, was ich natürlich, so klug wie ich bin, an Kaoru weiter gebe. Ich lüge seiner Mutti vor, dass er das Essen gemacht hat und ich nur ein kleinwenig geholfen. Stolz ist sie auf ihren Kaokao!

Nach dieser gelungenen Mahlzeit verteile ich noch einmal großzügig Punsch an alle und es dauert natürlich nicht lange, bis die älteren Herrschaften müde werden. Auch ich muss zugeben, dass mich der ganze Tag etwas schläfrig gemacht hat.

Frau Niikura blinzelt ihren meistens nichts sagenden Mann an und räuspert sich. „So langsam werden wir wirklich müde. Vielleicht sollten wir dann schlafen gehen...“

„Wie, schlafen?“ Kaoru schaut so verdutzt, als hätte jemand gerade etwas von rosa Elefanten erzählt. Ups Die! Du wolltest ihm doch noch etwas sagen... Ich muss abrupt husten.

„Tjaaa,“ sage ich. „Dann werden wir mal die Betten schnell herrichten.“

„Wie bitte?“ Kaoru schießt mir einen scharfen Blick zu. Ich ihm einen entschuldigenden, unschuldigen. „Die. Räumst du mal bitte mit mir ab?“

Ein sehr deutlicher, noch schärferer Ton wird angeschlagen und ich befolge die Anweisungen des Leaders. Sobald ich das Geschirr in der Küche abstelle, höre ich auch schon ein Schnauben in meinem Nacken und die sich aufstellenden Härchen sind nicht aus angenehmen Reiz.

„Das hast du doch gewusst, nicht wahr?“, schnaubt mich der kleine böse Mann wütend an, hält aber seine Stimme bedächtig leise.

Ich schüttele den Kopf. Na und, dann lüge ich eben! Aus purer Angst, ich schwöre! „Hab ich nicht...“

„Die!“ Bedrohliches Anraunen. Durchschaut er mich? „Meine Eltern können nicht hier bleiben. Wie denkst du dir das eigentlich? Meine Bude ist so schon winzig und dank dir als Dauergast wird sie auch nicht größer!“

„Ja, aber du kannst deine Eltern auch nicht nach Hause jagen mitten in der Nacht!“, verteidige ich die Eltern und mich. Okay okay, ich habe Hintergedanken.

„So spät ist es auch wieder nicht,“ sagt er bockig und verschränkt die Arme. Manchmal benimmt er sich aber auch wie ein kleines Kind. „Ich fahre sie zum Bahnhof, fährt bestimmt noch ein Zug und schwupps sind die Daheim.“

„Glaubste doch wohl selber nicht.“ Diesmal verschränkt ICH die Arme vor der Brust. „Fährt natürlich zufällig gerade ein Zug, wenn du da auftauchst, ist klar. Außerdem dauert die Fahrt mit Sicherheit auch etwa zwei Stunden, ist anstrengend und zudem auch noch gefährlich. Vielleicht hatte deine Mutter ja recht bisher und du bist wirklich kein guter Sohn.“ Ich war gerade so derb gemein, dass es mir bereits schon wieder leid tut. Aber Kaorus Gesichtsausdruck nach zu folgern habe ich auch ihm ein schlechtes Gewissen gemacht.

„Fein,“ giftet er mich an, dreht sich um und geht zurück in die gute Stube. Ich folge ihm, denn ich ahne nichts Gutes. Meine Befürchtungen werden wahr, als er seine Eltern knapp und schlüssig anspricht. „Wenn Die so freundlich ist und das Sofa räumt, kann ich euch die Betten beziehen.“

Hä? Und wo soll Die dann pennen? Und wieso überhaupt ist er so unfreundlich? Das gibt doch Minuspunkte! Wie dumm ist der Knabe eigentlich? Warum muss ich ihm sein Leben retten?

„Das Sofa?“, holt seine Mama bereits aus und verzieht die Miene. Selbst Kaorus Vater seufzt.

„Für ihn meint Kaoru!“ Ich muss schon sehr freundlich lächeln, damit ich überzeugend wirke und alles seine Schuld, dieser kleine Miesepeter. Ich könnte ihn auffressen. „Ich mache einfach etwas Platz für ihn auf dem Sofa und Sie beide schlafen natürlich im großen Bett im Schlafziiie—aua!“

Blödmann! Was tritt der mich auf den Fuß?

„Ich beziehe die Betten,“ brummt der Bär und zischt ab.

Ich entschuldige mich und folge ihm bis ins Schlafzimmer, wo ich ihn zur Rede stelle. „Was bist du nur so zickig? Ich kann auch nichts dafür, dass deine Eltern hier übernachten wollen.“ Finger gekreuzt. „Kannst sie aber nicht auf dem Sofa pennen lassen. Dafür habe ich mir heute echt zu viele Geschichten deiner Mum angehört, wie sehr dein Dad doch an Rückenschmerzen leidet. Ganz zu schweigen von ihren Hämorrhoiden. Also stell dich nicht so an, oder hast du nur wieder ein Problem damit, dir mal mit mir die Couch zu teilen? Fein, dann schlafe ich eben auf dem Boden!“

Mit einem theatralischem Seufzer verlasse ich das Zimmer und hoffe darauf, dass die Nacht auf dem Fußboden erträglich wird. Wie viele Opfer muss ich denn noch bringen für mein Kaobutzi?

„Alles in Ordnung?“, fragt mich Frau Niikura mit einem besorgtem Blick, als ich wiederkomme.

„Ja sicher,“ bestätige ich und schlucke meinen Ärger runter. „Kao ist gleich fertig.“
 

Bald schon schlurft er aus dem Kämmerlein und hat bereits sein Bettzeug dabei, welches er vorerst auf den Sessel wirft. „Also die Betten sind gemacht, wenn ihr schlafen wollt.“

„Sehr schön!“ Die Mutti zieht den Vati am Hemdsärmel, damit dieser auch aufsteht. „Kennst ja den Rücken von deinem Vater. Ich hoffe nur, das Bett ist nicht zu weich. Also dann gute Nacht, ihr beide!“ Mit einem breiten Lächeln auf ihren schmalen Lippen macht sich die gute Frau auf ins Schlafzimmer. Ihr Mann folgt ihr wie immer sprachlos.

„Gute Nahacht,“ wünsche ich noch fröhlich wie immer und warte, bis die beiden verschwunden sind, bevor sich meine Mundwinkel senken und ich seufze.

Kaoru ebenfalls. Das wundert mich. „Sorry wegen vorhin,“ meint er plötzlich. „Kannst ja auch nichts dafür und hast ja auch irgendwie recht. Ich habe mich wohl nur überrumpelt gefühlt. Wie auch immer. Es tut mir leid, dass ich dir die Schuld gegeben hab.“

OH. MEIN. GOTT. Ist das knuffig! Kaoru entschuldigt sich und zwar bei mir! AAAH! Ich will ihn knuddeln! Haltet mich jedoch zurück! Denn zunächst erst einmal will ich etwas klarstellen, während ich ihm so dabei zusehe, wie er bereits das Sofa auszieht.

„Heißt das, ich muss nicht auf dem Boden schlafen?“ So traurig es geht, blicke ich drein mit Dackelaugen so lieb und braun.

Kao dreht sich um und lächelt einseitig. „Wenn du versprichst, dass du dich benimmst.“

Huuuh, das ist fast schon neckend, wie er spricht. „Ich verspreche dir alles, was du willst.“

Er lacht kopfschüttelnd und wirft seine Bettsachen auf die eine Seite des ausgezogenen Schlafsofas. Hurra! Da fällt mir ein... Schnell eile ich zu meiner Reisetasche, worin ich noch etwas versteckt gehalten habe und hole es hervor.

„Ich hab noch was für dich, Kao!“, jubele ich ihn an und strecke ihm mein kleines Präsent, welches ich noch schnell an der Tankstelle besorgt hatte, entgegen. „Das ist mein Weihnachtsgeschenk an dich!“

Zögerlich nimmt er die in rotem Papier verpackte Gabe und schaut mich verdattert an. „Danke, ich... Das wäre nicht nötig gewesen.“

„Jajaja, schon gut. Ist auch nur eine Kleinigkeit, die dich an mich erinnern soll.“ Ich kann bald nicht mehr vor lachen, aber ich halte es zurück, grinse lediglich wie ein Schelm. Macht der bald mal auf?

„An dich erinnern? Na, da bin ich mal gespannt...“ Seinen Sarkasmus überhöre ich ganz dezent, als er endlich das Papier entfernt und die Tüte aufreißt. „Was zum Anziehen?“

„Eine Schürze!“, strahle ich und nicke. „Damit du deine Küche auch mal ohne mich benutzen kannst und trotzdem sicher bist.“ Vor Verbrennungen und so.

„Was zum Henker—? Och nee Die, da vorne steht ‚Kiss the Cock’ drauf!“ Er schaut mit gerümpfter Nase zu mir und hebt eine Augenbraue.

„Verdammt! Ich dachte, du bemerkst es nicht!“ Ich schlage mir die Faust in die Handfläche und ärgere mich nur halbherzig, denn selbst wenn er es nicht bemerkt hätte, wäre ich vielleicht nie bis zum ‚Cock’ gekommen, sondern hätte mich lediglich am Ansehen des ‚Cooks’ ergötzen müssen.

„Guter Versuch, Die.“ Mein Kaochen schmunzelt trotzdem und schmeißt sich unter seine Bettdecke.

Sogleich klettere ich unter meine und grinse ihn an. „Danke, ich weiß. Hätte ja auch gut gehen können. Bereut hättest du es nicht, glaub mir.“

„So gut?“ Er grinst leicht fies zurück und ich nicke wie ein Blöder, bis er lachen muss. Allerdings wird er plötzlich wieder ganz ernst. „Also dann gute Nacht und... tja, bleib besser auf deiner Seite vom Sofa, ja? Nicht, dass meine Mutter hier rein spaziert und einen Herzstillstand erleidet.

Wenn das alles ist, was ihm Kummer bereitet... „Was soll’n das heißen? Ich auf meiner Seite? Wenn du auch auf deiner bleibst...“

Gewagt, ich weiß, aber so ein bisschen ärgern kann ich mir nicht verkneifen. Wer sagt denn, dass ich auf ihm lag, als wir am Tag nach meinem Geburtstag aufgewacht sind. Vielleicht lag er auf mir. Ich jedenfalls bin mir keiner Schuld bewusst.

„Mah~ also egal wer und wo, jeder auf seiner Seite, okay? Kein kuscheln oder so...“ Jetzt wird er auch noch verlegen, wie süß! Dreht sich zur Seite und hustet. Ich sterbe, oh heilige Jungfrau. „Du kommst nicht zu mir, ich nicht zu dir. Denk an meine Eltern.“

„Schon gut,“ willige ich aufopferungsbereit ein, als mir eine Idee kommt. „Aber dafür will ich was haben.“

„Was willst du denn bitte haben?“ Wieder diese linke Augenbraue, die sich Richtung Haaransatz schiebt. Bekloppt sieht es aus, aber umso niedlicher.

„Hmmm...“ Kurz überlegen. „Einen Kuss!“ Mein breites, debiles Grinsen kann ich leider nicht unterdrücken, selbst wenn Kaoru nicht sonderlich begeistert aussieht.

„Spinnst wohl?! Nebenan sind meine Eltern. Da knutsch ich dich doch nicht.“ Er schüttelt den Kopf, als hätte ich nicht mehr alle am Christbaum. Aber, nur um das hier noch einmal festzuhalten, er schiebt seine Eltern vor als Ausrede. Das bedeutet dann wohl, dass er sie entweder nur vor’s Loch schiebt, um die Wahrheit nicht sagen zu müssen, oder es ist tatsächlich so.

Wie auch immer. „Och, komm schon, Kao. Nur einen Kuss. Deine Eltern schlafen doch schon, hör mal.“ Ich halte mir kurz die Hand um die Ohrmuschel um zu lauschen. „Kein Mucks hörbar, nur ein kehliges Schnarchen.“ Das klingt mehr als verdächtig, aber egal. „Ich verspreche dir auch, dass ich mich auf meiner Seite vom Sofa anbinde. Nur ein klitzekleiner Kuss... für den lieben Die.“

Tiefes Seufzen. Kein Wort von Kaoru, nur ein nachdenklicher Gesichtsausdruck. Er schaut mich an. „Und du hältst dich daran, wenn ich es tue?“

Ich nicke. „Pfadfinderehrenwort.“

„Schwöre auf deine ESP.“ Wie niedlich. Was liegt mir an der dummen Gitarre, wenn ich dafür Kao habe?

„Ich schwöre bei meiner ESP!“ Ich hebe sogar zwei Finger zum Zeichen meines Schwurs. Oder hätte ich die Hand auf das Herz legen müssen?

Gerade noch in Gedanken, ob mein Schwur nun formal korrekt war oder nicht, werde ich von einer relativ kalten Hand an meiner Wange überrascht, als Kaoru mein Gesicht zu sich dreht und seine Lippen auf meine legt. Ich bin positiv überrascht, entzückt, erregt, glücklich, aber vor allem total eingenommen von dem Kuss, mein Herz erwärmt und mein Verstand zum Stillstand gebracht. Einzig das weiche Gefühl seiner Lippen, die zärtlich unsicher auf meinen tanzen, mein pochendes Herz, das mich schon davon abhält, den Kuss zu intensivieren, und die Berührung seiner Fingerspitzen an meiner Haut lassen mich erahnen, dass ich noch immer am Leben bin. Denn das hier ist mit Sicherheit der Himmel auf Erden.

Glücklicherweise übernimmt mein Körper das Denken für mich und bewegt meine Lippen im Spiel mit seinen, bevor ich nicht anders kann und mit meiner Zunge nach seiner suche. Ich spüre ihn nur sanft, als sich seine Zungenspitze vorsichtig ihren Weg bahnt, und gebe mich dem spielerisch entdeckerischem Reiz hin, als wäre ich wieder fünfzehn. Ich stupse seine Zunge mit meiner, animiere zum Spielen und lasse dabei meine Lippen die seinen streicheln.

Ich wünschte, dieser Moment würde für immer andauern.

Andererseits... dann hätte ich ja nie die Möglichkeit Kaoru flachzulegen. Auch doof. Schwierig, schwierig. Aber ich gebe zu, dass ich mit Sicherheit glücklich wäre, wenn die Zeit jetzt und genau jetzt stehen bleiben würde.

Leider tut sie das nicht und Kaorus Lippen verlassen mich, wenn auch zögerlich, dennoch ganz und gar, als er sich räuspert und umdreht. „Halt dich an dein Versprechen.“

Ich bin noch nicht fähig wieder zu denken, geschweige denn zu antworten. Schweigend sehe ich zu, wie Kaoru es sich auf seiner Seite bequem macht, den Rücken mir zugewandt. Dann gleite ich langsam in eine Position, die man als liegend betrachten kann und schließe die Augen.

Jede Wette kann ich heute Nacht nicht schlafen, aber so kann ich wenigstens sicher gehen, dass ich mein Versprechen halte. Im Schlaf wäre ich nach dem Kuss zu allem in der Lage.

Habe mich soeben noch mal neu verliebt.

Nur in den selben.

Mein Herz.

Warm.

Rauschen in meinen Adern.

„Gute Nacht Kao,“ flüstere ich und erhalte als Antwort nur das Geräusch seiner gleichmäßigen Atemzüge.
 


 

Ende Kapitel Acht.
 


 

Okay, ich hoffe, niemand ist enttäuscht, denn ich war einfach total hängen geblieben an der Stelle mit Kaos Eltern. Nichts ging mehr über mehrere Wochen. >_> Schließlich und letztendlich habe ich den Teil einfach verkürzt dargestellt und mit den Dingen weitergemacht, die wirklich wichtig sind: Die & Kaoru! Gomeeennn nasai ^_^
 

Fanfiction journal: http://sangha_ff.livejournal.com



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Kommentare zu diesem Kapitel (24)
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Von:  -shiyuu
2009-10-04T22:23:37+00:00 05.10.2009 00:23
omg!!! die und sho sind schon seit jahren befreundet und er weiß NICHT welchem gewerbe der gute nachgeht? ahahahaha! köstlich x]
der kuss war auch toll <3
hach, die wäre ein ganz bezaubernder schwiegersohn x3
Von:  AlmightyKai
2008-09-30T11:02:54+00:00 30.09.2008 13:02
YA! das war doch mal toll
*herzchen in die runde streu*
die und kaaooo *sing*
Von: abgemeldet
2007-07-06T19:26:38+00:00 06.07.2007 21:26
xDD lol die die sau verkauft doch tatsächlich dirus bassisten xDD~
*rofl* sho is geil xDD

ai wie geil die is ja ein richtiger schwiegermutterliebling xDD~*sich das merZ* <3

ich liebe die in der ff xD das is son kleines schlitzohrchen xDD~
*weiter lesen gehZ*
Von:  tayo
2007-04-25T17:09:14+00:00 25.04.2007 19:09
das is ja der hammer...*weglach*
solche ellies wünsch ich mir aber auch net wirklich...^^
das macht lust auf mehr und ich hoffe, dass es so schön weiter geht^^
Von:  Rabbid
2007-04-23T20:04:18+00:00 23.04.2007 22:04
ah~ ;__; schon wieder so ein schnöner schluss~ auf das man mehr will~ XDDD

also~ ich meinerseits bin froh, dass du den teil mit Kaorus Eltern nicht allzu ausführlich beschrieben hast, fand es so wie es jetzt ist, so ziemlich passend, nicht zu viel gerede, sodas man keine lust hat mehr weiterzulesen und nicht zu wenig |DD

aber .. fucko~ ><
ich hoffe du kommst bald zum weiterschreiben o(;__;)o
Von:  QueenLuna
2007-04-21T16:28:30+00:00 21.04.2007 18:28
waaaaaaaaaah... is das toooooll *.*
ich find ja die namen für kaobärchen so herrlich xDD
meine Lieblingssätze:
- "Er strahlt mich an und ich glaube, ich kriege einen Ständer"
- "...zwei Pferdeschwänzchen rechts und links ist wirklich verdammt sexy..." > omg.... das will ich sehn Ö.Ö
- "und geht bedrohlich auf mich zu, lächelt jedoch wie ein Gänseblümchen" > wie lächelt ein gänseblümchen Oo? xDDD
- "raunt sie und rammt mir auch noch die Handtasche in den Magen. " > brutale oma... aba irgendwie is die herrlich ^__________^ herrliche ellis^^

Der Kuss war ja sooooooooo geil *~* ich bin mir sicher:
KAO WILL DIE!!!! und über Die müssen wir ja ne sprechen xDD
ich liebe es =^^=

mach weiter!!!! und zwar schnell!!!!!!!!!!!! <3
wieviel kapis werdens eigentlich oÔ?
Von:  _mayaku_
2007-04-20T22:12:44+00:00 21.04.2007 00:12
^^
das war toll. ich konnt mich ja mal wieder untern tisch lachen. XDD
und der schluss *____* aba warum is da schluss? das hät doch noch weiter gehen können. (das kapi natürlich auch)
hoffe, dass dat kao das nu endlich mal packt und den die auch in nem anderen 'licht' sieht. XDDD
mach gaaaanz fix weiter. ^^
ich freu mich jetz schon.
*knuddel*
Von:  teufelchen_netty
2007-04-20T17:55:27+00:00 20.04.2007 19:55
woar ist das süß ey. voll neidlich. ich freu mich auf das nächste kapiel. hoffentlich verpasse ich es nciht. is grad so geil
Von: abgemeldet
2007-04-20T17:47:45+00:00 20.04.2007 19:47
Sangha, du hast meinen Tag gerettet! Q__Q Dankeee!
Ich war grad absolut fertig und müde, aber nach diesem gelungenen Kapitel fühl ich mich wie neu geboren! ^___^

Weiter so!! (Hoffentlich schnell weiter °_O)
Von:  Chino
2007-04-20T17:34:25+00:00 20.04.2007 19:34
Oh mein Gott, Kao mit Zöpfchen -lachflash- göttlich xDDDDD
Wie immer total toll geschrieben und alles...herrlich.


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