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Eikyû - gesegnetes Land

Die Legende der schlafenden Götter
von

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Der Kappasumpf

Hi!

Der NaNoWriMo ist geschafft und schon gibt es hier das nächste Kapitel :D Juhuu~

*hüstel*

Naja, zumindest ein Kapitel mit Yuki-Focus. Einige scheinen die Figur ja wirklich zu mögen ^-^

Wünsche euch viel Spaß damit und freue mich über Feedback.


 

*~*~*~*~*~*
 

Kapitel 23: Der Kappasumpf
 

Mittlerweile reisten sie schon wieder drei Tage, froh, dass der Regen mittlerweile aufgehört hatte, wenngleich der Himmel noch immer bewölkt war. Trotzdem hatten sie wenig gerastet, denn Fukuro hatte sie immer weiter vorangetrieben und der Boden war zu dem immer noch feucht.

Nun war es wieder Nacht und ziemlich finster, auch wenn die Wolken nun an einigen Stellen aufgebrochen waren und sie die Sterne sehen ließen.

Yuki fröstelte, sie fühlte sich schon eine ganze Weile nicht wohl und sie ahnte, dass es den beiden Männern nicht anders ging. In der Abenddämmerung hatten sie ein Dorf passiert hatten, dessen Häuser alle leer standen, während die Dächer teilweise eingefallen oder durchlöchert waren.

Es sah nicht so aus, als seien Oni dafür verantwortlich, doch wissen konnten sie es nicht, weshalb sich die gedrückte Stimmung über ihnen noch verstärkt hatte.

Eigentlich blieb Yuki und Shen im Moment ohnehin nichts anderes übrig als auf Fukuro zu vertrauen, der wesentlich mehr über das Land wusste als sie beiden. Er hatte zumindest so etwas wie eine Ahnung, wohin sie gehen mussten, um zur Hauptstadt zu kommen.

So liefen sie nun weiter nebeneinander her und sie konnte es nicht vermeiden immer wieder zu ihrem Bruder zu sehen. Wenn das alles vorbei war, würde er sich dann wieder so um sie kümmern, wie er es vorher gemacht hatte.

Auf einmal entfuhr ihr ein kurzer, spitzer Schrei, als sie mit einem Fuß ein Stück in den Boden einsackte.

„Sei vorsichtig“, meinte Fukuro und half ihr den Fuß herauszuziehen, der nun vollkommen mit Schlamm bedeckt war.

Sie verzog das Gesicht, da der Matsch ziemlich stank. Durch die Dunkelheit hatte sie nicht gemerkt, dass das Gelände um sie herum allgemein sehr wässrig zu sein schien und sich kleine Pfützen überall auf dem Boden bildeten.

Sie schwieg kurz. „Das ist ein Sumpf“, meinte sie schließlich vorsichtig.

„Auen“, korrigierte ihr Bruder sie und musterte ihre Umgebung ebenfalls erneut vorsichtig, wie er es schon die ganze Zeit immer wieder tat.

„Wie auch immer“, antwortete sie. „Meinst du wirklich, dass es gut wäre, weiter zu gehen? Im Dunkeln verfehlt man leicht den Weg.“

Er schwieg kurz, doch dann schüttelte er den Kopf. „Es hat auch keinen Sinn zurück zu gehen. Ich will nicht unbedingt die Nacht in diesem Dorf verbringen.“

Erst wollte sie etwas erwidern, seufzte aber nur, da er eigentlich Recht hatte. Zumal sie ohnehin vorsichtig war, konnte es doch sein, dass irgendwo zwischen den Ruinen Geister umherwanderten. Doch auf der anderen Seite gab es auch noch andere Geschichten über Sümpfe. Die Geisterflammen, die hier angeblich nachts zu sehen waren und die ruhelosen Seelen im Morast Ertrunkener sein sollten.

Wie man es wendete, eine angenehme Lösung gab es nicht und sie verfluchte diese Reise ein weiteres Mal. Seit sie in diesem Dorf auf die Füchsin getroffen waren, ging irgendwie alles schief. Nein, eigentlich war es, seitdem Raiu Akki in ihr Dorf gekommen war, aber es war leichter der Füchsin die Schuld zu geben.

„Shen?“, fragte Fukuro nun, woraufhin der Krieger leicht nickte und ihm folgte, als er Yuki weiterhin beim Arm haltend voranging, einem dünnen, kaum erkennbaren Trampelpfad folgend.

Doch auch als sie weitergingen konnte die junge Schneefrau eins nicht verleugnen: Der Geruch von Fisch, der die ganze Luft zu durchströmen schien, und von den kleinen tieferen Wasserstellen zu kommen schien, da er immer dann zunahm, wenn sie an so einem vorbei kamen.

„Was ist das?“, fragte sie vorsichtig und sah zu einem der kleinen Seen. Hatte sich da nicht grade irgendetwas an der Oberfläche bewegt?

„Es ist alles in Ordnung“, erwiderte ihr Bruder und wollte weitergehend, als es Shen war, der nun aufschrie, da auch er fehlgetreten war und mit dem Fuß in der Wasserlache stand, ihn aber rasch wieder hervor zog.

„Was ist?“, fragte Fukuro, als der Mann aus Pengguo in die Knie ging und sich ans Fußgelenk fasste.

„Da ist etwas“, murmelte er.

Einen Moment später breitete sich mit unglaublicher Schnelligkeit dichter Nebel um sie herum aus, der ihnen jegliche Sicht nahm.

Yuki hörte, wie der Wolkenkrieger nach Shiyun pfiff, wahrscheinlich, um sich aus der Luft eine bessere Sicht zu verschaffen. Dann hörte sie ein Platschen, das ihr verriet, dass irgendetwas das Wasser verlassen hatte. Nur was?

Der Geruch von Fisch war stärker geworden, aber sie zweifelte doch, dass es die Geister von Meerestieren waren.

„Sei vorsichtig“, zischte ihr Bruder und griff nach ihrem Handgelenk, auch wenn sie selbst dieses kaum erkennen konnte.

„Was ist das?“, murmelte sie erneut und sah sich um.

„Kappa“, erwiderte ihr Bruder leise und sie merkte, wie er sich hinter ihr anspannte.

Dann war er nicht mehr da. Es war sehr schnell gegangen, sie hatte noch gemerkt, wie ihn etwas zu Boden riss, doch dann war seine Hand verschwunden gewesen.

„Fukuro?“, rief sie und ging vorsichtig etwas zur Seite, ehe sie fiel und nun ganz im Wasser landete.

Ein Stechen - etwas biss nach ihrer Hand, doch irgendwie schaffte sie es rechtzeitig diese zurück zu ziehen. Strampelnd kämpfte sie sich an die Wasseroberfläche und tastete nach irgendetwas festen, um sich hinaus zu ziehen. Gleichzeitig zerrte irgendwas an ihrem Gewand, ließ dann wieder los und biss im nächsten Moment in ihre Wade.

„Verdammt“, zischte sie einen Aufschrei unterdrückend, als sie endlich eine Wurzel oder etwas Ähnliches zu fassen bekam und sich aus dem Wasser zog.

Tatsächlich schien es ein Baum zu sein, an den sie sich jetzt drückte, was sie darauf schließen ließ, dass sie von dem Kappa ein ganzes Stück vom Weg weggezogen worden war.

„Fukuro?“, rief sie unsicher. „Fukuro?“

Es kam keine Antwort.

Ihr Herz begann zu rasen, konnte es etwa sein, dass ihm etwas passiert war? Hatten diese Yokai ihn etwa ertränkt?

„Fukuro?“, versuchte sie es noch einmal.

„Yuki?“, erklang nun eine Stimme über ihr, allerdings nicht die ihres Bruders, sondern die von Shen.

„Ja“, erwiderte sie und versuchte durch die milchige Schicht des Nebels zu sehen, erkannte aber nichts.

„Alles in Ordnung?“, erkundigte er sich.

Sie hielt sich noch immer fest an den Baum geklammert, da sie auch die Tiere im Wasser hören konnte. „Ja“, erwiderte sie dann. „Aber was ist mit Fukuro?“

„Ich weiß es nicht“, antwortete der Krieger.

Erneut gewann die Angst die Oberhand in ihr. „Fukuro?“, brüllte sie. „Fukuro?“ Wenn sie doch nur etwas sehen könnte. Dieser furchtbare Nebel!

„Sei vorsichtig“, warnte Shen über ihr. „Wo bist du genau?“

„Hier“, erwiderte sie, da sie nicht viel mehr wusste. „Hier ist ein Baum“, ergänzte sie dann. „Mehr kann ich nicht sehen.“

Ihre Kleidung war vollkommen durchnässt und zog an ihr wie Blei. Außerdem hatte sie ihre Sandalen verloren, so dass sie mit baren Füßen auf den glitschigen Wurzeln des Baumes stand. Wenn sie einen Moment den Halt verlor, würde sie wieder ins Wasser fallen und da wären wieder die Kappa. Kein angenehmer Gedanke.

Wieso griffen diese Yokai sie denn überhaupt an? Eigentlich lebten Kappa meist friedfertig, wenngleich sie manchmal Badende angriffen, aber normal niemanden, der sich an Land aufhielt. Jedenfalls hatte sie davon noch nie gehört.

„Yuki.“ Shens Stimme war nun näher, als sie merkte, dass sich eine Hand auf ihre Schulter legte.

Sie zuckte zusammen, doch der Krieger beruhigte sie. „Ich bin es“, meinte er. „Nimm meine Hand.“

„Aber“, begann sie, als sie erneut ein Platschen unter sich hörte und einfach tat, was er ihr sagte. Einen Augenblick hatte sie das Gefühl den Halt zu verlieren, doch dann griff er auch mit der zweiten Hand nach ihrem Arm und zog sie irgendwie zu sich auf die Wolke hinauf, die sich im nächsten Moment über die Nebelbrühe erhob und ihr wieder freie Sicht verschaffte. Trotzdem konnte sie vom Boden nicht viel sehen, da scheinbar der ganze Sumpf mit diesem Nebel bedeckt war. Nur an einigen Stellen ragten die Gipfel von Bäumen durch die weiße Schicht.

„Alles in Ordnung?“, fragte Shen vor ihr.

„Ja“, murmelte sie und starrte angestrengt in den Nebel unter ihnen. „Aber Fukuro“, flüsterte sie dann.

Der Mann erwiderte nichts, sondern folgte nur ihrem Blick. „Solange er nicht antwortet können wir ihn nicht finden“, meinte er dann und zog die Augenbrauen zusammen.

„Aber wir müssen ihm helfen.“ Noch immer konnte sie nichts erkennen. Was sollte sie denn nur tun?

„Wenn wir ihm noch helfen können“, murmelte Shen vor ihr.

„Nein“, erwiderte sie leise. „Nein, es geht ihm sicher gut. Wir müssen noch einmal runter.“

„Solange wir nichts sehen bringt uns das vielleicht um“, erwiderte der Mann leise, wobei man erneut Unsicherheit und Trauer seiner Stimme entnehmen konnte.

Daraufhin schwieg Yuki. Sie konnte ihren Bruder doch nicht einfach im Stich lassen! Er hätte sie genauso wenig da gelassen. Aber was sollte sie tun? Was konnte sie tun?

Zitternd rieb sie sich die Hände, die ebenfalls nass und mit Pflanzenresten aus dem Wasser behangen war. Vorsichtig, um nicht runter zu fallen, versuchte sie den Dreck abzuwischen, als ihr etwas auffiel. „Oh nein“, entfuhr es ihr, als ihr klar wurde, dass etwas an ihrem Handgelenk fehlte.

„Was ist?“, fragte Shen.

„Das Siegelamulett“, murmelte sie und erinnerte sich, wie der Kappa nach ihrer Hand schnappte. Hatte er dabei vielleicht das Armband erwischt?

„Was ist damit?“, erwiderte der Krieger.

„Es ist weg…“

„Und?“ Fragend sah er sie an.

Was sollte sie jetzt machen? Normaler Weise dauerte es immer, bis sie die Kontrolle verlor, aber es würde passieren, wie es bisher immer passiert war. Damit war sie eine Gefahr für Shen und auch für Fukuro – wenn er noch lebte. Nein, das konnte nicht sein. Was konnte sie jetzt tun?

Sie spürte erneut, wie ihr Herz raste. Sie fühlte ihre Angst, die ihr allmählich die Kehle zuschnürte.

War es nicht dumm sich so sehr vor sich selbst zu fürchten?, dachte sie mit einer gewissen Selbstironie. Aber dieser andere Teil von ihr war so mächtig. Sie hätte mittlerweile schon mehrmals Fukuro beinahe getötet, als sie sich nicht unter Kontrolle hatte. Dabei wollte sie nicht töten. Schon gar nicht Fukuro.

Unsicher wanderte ihr Blick zwischen Shen vor ihr und dem Nebel unter ihr hin und her. Ihre Angst wurde nicht weniger, doch schließlich rückte sie von dem Mann vor sich weg und ließ sich fallen. Sie wollte auch Shen nicht unnötig in Gefahr bringen, auch wenn sie mit ihm eigentlich nichts zu tun hatte.

Erneut war sie vom Wasser umgeben, nachdem sie kurz vorher durch den Nebel gefallen war. Sie bekam keine Luft mehr und war schon zu tief gesunken, als dass sie sich im dunklen Gewässer noch orientieren konnte. Selbst wo oben oder unten war konnte sie nicht sicher sagen. Dafür spürte sie jedoch etwas anderes: Die Kappa, die um sie herum schwammen. Immerhin waren auch sie Yokai und somit Wesen der Magie, die sie ohne den Schutz des Amulettes spüren konnte.

In ihr regte sich die Yuki Onna und sie wusste nicht, wie lange sie noch dagegen ankämpfen konnte. Es war doch praktisch unmöglich das Armband wieder zu finden, das praktisch irgendwo im Wasser sein konnte.

Zumindest fror sie nicht mehr. Die Magie in ihr erhielt sie am Leben, linderte auch die Schmerzen der Lunge, die sich nach Luft sehnte.

Wieder schnappte ein Kappa nach ihr, doch ihr Körper reagierte von allein und einen Moment später befand sich das Wesen in einem Wesen aus Eis, der in eine Richtung trieb.

Von irgendwo erinnerte sie sich an das, was ihr Fukuro einst beigebracht hatte und was sie selbst schon festgestellt hatte. Eis trieb im Wasser immer nach oben, also musste sie dem Eisblock folgen, um an die Wasseroberfläche zu kommen.

Hastig und immer noch von der schwere ihres Kimonos belastet kämpfte sie sich nach Oben und durchbrach endlich nach einer gefühlten Ewigkeit die Oberfläche, wo sie gierig die Luft einsog.

Gleichzeitig spürte sie weitere Kappa, die unter ihr lauerten, sich aber scheinbar nicht trauten sie anzugreifen. Wahrscheinlich hatten sie aus dem Schicksal des im Eisblock vor sich hin treibenden Artgenossen gelernt.

Doch solange sie im Wasser war, konnten sie es sich jederzeit anders überlegen. Außerdem vertraute sie ihren Kräften nicht und fürchtete, dass sie am Ende sich selbst im See einfrieren würde, sollte die Schnellfrau die Oberhand gewinnen. Sie musste aus dem Wasser heraus, doch wie, wenn sie nicht wusste, wo das Ufer war.

Nun schnappte doch eine der schildkrötenartigen Kreaturen mit ihrem Schnabel nach dem wohl noch immer leicht blutenden Bein und fand sich einen Moment später in einem noch größeren Eisblock unter ihr wieder. Auch zwei andere Kappa waren diesem nicht entkommen und nun bewegungslos eingefroren.

Yuki wusste nicht genau, was sie tat und warum sie es tat, es war eigentlich mehr Intuition. Der Selbsterhaltungstrieb der Yuki Onna reagierte auf die Yokai und verteidigte sich vor ihnen. Außerdem war der riesige Eisblock, den sie nun erzeugt hatte, groß genug, als das sein Auftrieb reichte um Yuki ganz über Wasser zu bringen.

Im Moment dachte sie nicht darüber nach, ob die eingefrorenen Kreaturen nun tot waren, sondern überlegte, was sie nun tun sollte. Auch wenn sie wieder ganz über Wasser war konnte sie das Ufer noch immer nicht sehen. Dafür hörte sie wieder Shen über sich nach ihr rufen.

Für den Augenblick hatte zumindest ihr Herz aufgehört zu rasen und es schien ihr, dass sie zumindest halbwegs klar denken konnte. Sie überlegte, ob sie nicht einfach die Oberfläche des Wassers gefrieren lassen sollte, doch dann verwarf sie den Gedanken wieder. Wenn Fukuro im Wasser war, wäre das sein Tod.

„Fukuro“, flüsterte sie und kämpfte weiter gegen das, was sich in ihr auflehnte und darum flehte heraus gelassen zu werden, an. Sie brauchte die Kontrolle über sich selbst, um am Leben zu bleiben und irgendwas für ihren Bruder zu tun. Solange er noch hier unten war würde er sterben, wenn sie die Kontrolle verlor. Wieso musste sie überhaupt so darum kämpfen?

Sie war keine ganze Schneefrau, hatte Fukuro immer gesagt, denn immerhin hatten sie denselben Vater. Aber wie sollte man dann zu einer ganzen Schneefrau werden? Immerhin gab es natürlich nur weibliche Yuki Onna und die brauchten Menschenmänner, um Kinder zeugen zu können, wenn sie nicht welche aus den Dörfern stahlen.

Wieso musste sie so gegen sich selbst kämpfen?

Sie schüttelte den Kopf. Jetzt war nicht der Zeitpunkt, um darüber nachzudenken, denn sollte sie wirklich die Beherrschung verlieren, sollten Shen und Fukuro bis dahin möglichst weit von ihr entfernt sein.

Eine Träne rann über ihre Wange und gefror dort, bevor sie hinabtropfen konnte. Sie wollte ihrem Bruder helfen, wie er es für sie getan hatte. Bisher war es immer die Füchsin gewesen, die ihn geschützt hatte.

Irgendwo, nicht all zu weit von dem schwimmenden Eisblock entfernt, tauchte ein Kappa auf. Wenn sie wüsste, wie diese Yokai den Nebel erzeugten…

Nebel…

Irgendwo in ihren Erinnerungen war etwas, das sie darüber gelernt hatte. Was war Nebel eigentlich?

Der Rauch, den sie mit den Ninjawaffen erzeugten, war Nebel nicht unähnlich, bestand aber aus aufgewirbeltem und durch die Luft verteiltem Staub, weshalb er so in den Augen brannte. Richtiger Nebel war etwas anderes.

Genau! Sie erinnerte sich. Im Sommer, nachdem es geregnet hatte, hing oft dünner Nebel über dem Boden, da das Wasser durch die Hitze wieder verdampfte, auch das hatte Fukuro ihr erklärt. Also war Nebel dasselbe wie Wasserdampf, der in der Luft hing. Die ganze Luft war voller Wasser und Wasser gefror bei Kälte.

Noch immer wusste sie nicht genau was sie machte und wie sie es machte, aber ihr war eine Idee gekommen. Wasser konnte sie nicht kontrollieren, aber Eis hingegen schon, wie auch die Kälte in der Luft. Diese breitete sich nun um sie herum aus und ließ die kleinen Wassertropfen gefrieren, ehe diese aneinander gezogen wurden und wie kleine Schneeflocken auf den Boden fielen. Zwar dauerte es etwas, doch nach und nach wurde die Sicht klarer, auch wenn es sie erschöpfte.

Erneut begehrte das Etwas in ihr auf, doch sie schluckte es hinab. Es waren ihre Kräfte, sie musste sie irgendwie selbst benutzen können, ohne dass dieses Monster in ihr das ausnutzte. Sie war immerhin als Mensch großgezogen worden. Sie war nicht schwach.

„Yuki?“, fragte Shen, den sie nun über sich fliegen sah.

Sie erwiderte nichts sondern sah sich schnell um. Fukuro, dachte sie. Wo bist du?

Der Wolkenkrieger verstand wonach sie suchte und begann auf Shiyun große Kreise über das Gelände zu fliegen, während das Mädchen nun vorsichtig und auf die Kappa achtend mit den Händen im Wasser ruderte, um an das nächste Ufer zu kommen. Schließlich zog sie sich auf einen anderen Trampelpfad, wobei sie wieder halb im Wasser landete, sich aber schnell herauszog.

Nun waren die Schildkrötenwesen untergetaucht. Sie fürchteten sich scheinbar wirklich vor ihr, aber sie wollte sich nicht drauf verlassen, dass es so blieb.

Dann hörte sie erneut Shen rufen. „Yuki, ich glaub ich habe ihn gefunden!“

Hastig suchte sie den dunklen Himmel nach der gelblichen Wolke ab. Als sie ihn endlich erblickte, rannte sie, nun ohne Rücksicht auf das Wasser, in die Richtung, wo er schwebte, los, so gut es ging von einem trockenen Landstreifen zum nächsten springend. Trotzdem landete sie mehrmals kurz im Wasser, zog sich aber sofort wieder hoch.

„Fukuro?“, keuchte sie, als sie die dunkle Gestalt zwischen einigen Schilfpflanzen liegen sah und war einem Moment später bei ihr. Zwischen dem Schilf war eine weitere Wasserlache, aus der er sich wahrscheinlich hinausgezogen hatte. Es war nicht allzu weit von dem Ort, wo sie seine Hand verloren hatte, entfernt.

„Fukuro?“, fragte sie erneut, als auch Shen neben ihr auf dem Boden landete.

„Er ist ohnmächtig“, meinte er und griff nach dem Arm des Ninjas, um ihn ganz aus dem Wasser zu ziehen.

Schließlich untersuchte er Yukis Bruder kurz, was ihm wegen der Dunkelheit jedoch ziemlich schwer zu fallen schien. „Ja, er ist ohnmächtig“, bestätigte er. „Ich glaube, er ist verletzt, aber mehr kann ich nicht sagen.“

Für einen Moment alles vergessend kniete sie sich neben Fukuro. „Fukuro?“, versuchte sie es erneut und strich ihm das nasse und verklebte Haar aus dem Gesicht. „Fukuro?“ Zumindest spürte sie, dass er noch atmete. „Fukuro“, hauchte sie erneut und spürte, wie erneut Tränen in ihre Augen stiegen.

„Wir sollten erst einmal von hier weg“, meinte Shen. „Shiyun kann ihn tragen.“

„Aber ich“, begann sie. „Es ist besser, wenn ich nicht mitkomme“, murmelte sie dann und wandte den Blick ab. „Ich… Ich bin eine Gefahr.“

Der Wolkenkrieger schwieg eine Weile, immerhin hatte sie ja auch ihn schon einmal fast getötet, wie sie sich erinnerte. Zumindest hatte sie das von Fukuro und Tsuki erfahren.

„Shiyun ist schnell“, meinte er schließlich. „Ich werde schon aufpassen, dass ihm nichts passiert, selbst wenn du… Wenn du wieder die Kontrolle verlierst…“ Seiner Stimme war zu entnehmen, dass er das alles nicht wirklich verstand. „Wir werden dann einfach verschwinden…“ Auch er sah sie nicht direkt an. „Fukuro würde sicher nicht wollen, dass du einfach so hier bleibst.“

Seufzend sah sie in das bleiche Gesicht ihres Bruders. Als sie losgingen hatte er ihr noch gesagt, dass sie dableiben sollte.

„Er hängt sehr an dir“, meinte Shen nun, da er ihre Gedanken zu lesen schien. Er schenkte ihr ein aufmunterndes, aber nicht ganz überzeugendes Lächeln. „Außerdem hast du dich im Moment ganz gut unter Kontrolle, oder?“

Erneut seufzte sie, doch dann stand sie auf und nickte nur leicht.

„Gut.“ Damit hievte Shen Fukuro auf die nun ganz dicht über den Boden schwebende Wolke, ehe er ihr ein weiteres Lächeln schenkte.

Yuki sah zu der Wasserlache, unter dessen Oberfläche sie noch immer die angriffslustigen, aber eingeschüchterten Kappa lauerten. Langsam gefror die Oberfläche, so dass die Yokai nicht mehr hinaus konnten, jedenfalls vorerst. Vielleicht starben sie auch, dann konnten sie zumindest keine anderen Menschen – sollten sich überhaupt noch welche hierher trauen – angreifen.
 

Es dämmerte, als sie endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatten und zwischen einigen Büschen Schutz suchten. Die Müdigkeit hatte sich durch den Kampf im Sumpf nicht verbessern und alle drei waren sie verwundet, wenngleich die Wunde an Yukis Bein erstaunlich schnell heilte.

Während Shen fluchend versuchte sich seine Wunde mit etwas Wasser zu säubern, hatte das Mädchen den Kopf ihres Bruders auf ihren Schoß gebettet und wartete darauf, dass er aufwachte. Nun, wo die Lichtverhältnisse allmählich besser wurden, konnte sie auch erkennen, dass sein Gewand in der Seite und auch an seinem Po zerrissen und blutig war. Trotzdem vermutete der Wolkenkrieger, dass Fukuro das Bewusstsein verloren hatte, weil er zulange unter Wasser und dabei zu erschöpft gewesen war.

„Fukuro“, flüsterte sie erneut und strich gedankenverloren über sein Gesicht. Noch immer kämpfte sie damit einfach aufzustehen und alleine weiter zu gehen, doch irgendwas hielt sie davon ab. Eigentlich wollte sie sich nicht von ihm trennen.

Die Zeit verstrich und fast döste Yuki weg, was sie eigentlich vermeiden wollte. Da begann ihr Bruder sich zu regen und öffnete schließlich die Augen. „Yuki“, flüsterte er, woraufhin sie zusammenzuckte.

Nun lächelte sie doch. „Fukuro“, erwiderte sie. „Ein Glück, du bist wach.“

Er versuchte zu nicken, doch es gelang ihm nicht ganz, als er einen Moment später zusammenzuckte und vor Schmerzen das Gesicht verzog.

„Es tut mir leid“, hauchte sie und konnte nicht verhindern, dass schon wieder einzelne Tränen über ihre Wangen liefen.

„Dafür kannst du doch…“ Fukuro brach ab, als sie ihm das blanke Handgelenk zeigte. „Was…“, begann er dann.

„Ich habe es verloren“, flüsterte sie und stand dann vorsichtig, damit sein Kopf nicht einfach auf den Boden fiel, auf, ehe sie sich abwandte.

Es dauerte eine Weile, bis er verstand. „Du willst gehen“, stellte er dann fest und stöhnte auf, als er sich aufrichtete.

Von Shen fehlte im Moment jede Spur, da er sich wahrscheinlich zurückgezogen hatte.

„Es ist das Beste“, erwiderte sie. „Wenn ich bei euch bleibe bringt euch das in Gefahr.“

Irgendwie schaffte er es, sich an einem dürren Bäumchen festhaltend, ganz aufzustehen. „Ich weiß“, erwiderte er und humpelte die paar Schritte zu ihr, ehe er fast auf sie drauf fiel. „Aber ich will nicht, dass du gehst“, meinte er dann und legte ihr die Hände von hinten auf die Schultern.

Noch immer liefen die Tränen über ihr Gesicht. „Ich will dich nicht töten“, antwortete sie leise. „Und ich weiß nicht, ob ich wirklich gegen das in mir ankämpfen kann.“ Sie seufzte. „Ich habe Angst zu schlafen, weil es dann rauskommen könnte.“

„Das wird es nicht“, erwiderte Fukuro nun auf einmal sicher. „Du bist stark genug“, meinte er dann. „Du musst es nur wollen.“ Er legte die Arme um sie, woraufhin sie sich zu ihm umdrehte und ihn ihrerseits umarmte.

„Ich habe Angst vor mir…“, flüsterte sie.

„Ich weiß“, murmelte er nur und strich ihr stockend durchs Haar. „Aber ich glaube an dich. Ich möchte nicht, dass du gehst.“

Sie nickte und weinte weiter. Trotz allem tat es gut diese Worte zu hören, nachdem er sie beinahe weggeschickt hatte. Sie wollte bei ihm bleiben, denn immerhin war sie schon immer bei ihm gewesen, seit ihr Vater sie nach Kakureba gebracht hatte. Er war ihr Bruder und deswegen gehörten sie zusammen.
 


 

*~*~*~*~*~*
 

Kappa: Kappa sind wasserliebende Yokai, die auch als Wasserkobolde bezeichnet werden. Sie sehen aus wie Schildkröten mit Affenschädel und einem Schnabel. Außerdem sagt man ihnen nach das sie Gurken lieben, aber manche scheinen auch gewissen menschlichen Körperteilen nicht angeneigt zu sein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Jitsch
2012-09-24T19:51:40+00:00 24.09.2012 21:51
Ich fand es überraschend, dass Yuki auf einmal wieder ein Siegelarmband hat. Sie haben sie zwar letztes Mal irgendwie versiegelt, aber davon, dass sie ein neues Armband hat wurde soweit ich mich erinnere gar nichts erwähnt... Auch wenn's irgendwie logisch ist.

Aber sonst hat mir das Kapitel gefallen. Primär, weil endlich mal was passiert XD Aber Yuki scheint ja wirklich langsam so etwas wie Kontrolle über ihre Kräfte zu entwickeln, das ist sicher eine gute Sache. Und Shen wirkte auf mich auch schon wieder etwas weniger depressiv als zuvor.
Von: Futuhiro
2010-01-01T13:12:45+00:00 01.01.2010 14:12
Warte mal, jetzt bin ich verwirrt. Ich dachte immer, Kappa sind Gurken. Jedenfalls, wenn ich Kappa Maki esse, dann sind das Gurken-Maki. *?* Aber nagut, das muss nichts heißen. Bei uns gibt es auch für verschiedene Sachen ein und das selbe Wort.

Yeah, hammer Kapitel, hat mir gut gefallen. Spannend bis ins letzte. Ich bin vom fiebernden Mitlesen ganz fertig. Ein echter Schocker nach den letzten, eher ruhigen Kapiteln. Aber wo hat Yuki plötzlich das Armband wieder her? Das letzte Mal wurde es ihr doch von ihrer Mutter weggenommen. Und als Fukuro nach seinem Kampf mit ihr wieder aufgewacht ist, hatte sie es auch noch nicht / nicht mehr.
Von:  Heruvim
2009-11-03T15:20:11+00:00 03.11.2009 16:20
;________;
Ich erlebe hier neben Yuki starke, traurige Emotionen, die durch den Soundtrack von "Die Geisha" (was ausnahmsweise nichts mit Madonna zu tun hat xD") verstaerckt werden :(
Es ist ein tolles, aber gleichzeitig trauriges Gefuehl, wie sie verzweifelt nach ihrem Bruder sucht. Gleichzeitig muss sie mit ihren Kraeften kaempfen um sie nicht raus zu lassen.
Ich finde das Kapitel natuerlich super, allerdings finde ich, dass du einen Tick naeher haettest die landschaft und das geschehen beschreiben koennen, zumindest nachdem Yuki den Nebel besiegt hatte.

Die Kappa waren als kleine nervige Terrorviecher ganz toll, wenngleich ich bis zum Ende des Kapitels keine Ahnung hatte, wie die Teile ausschauen oder wie am Anfang dachte, dass es eine Anspielung auf die Marke gibt o.o

Jedenfalls war das ein super Kapitel. Bin schon gespannt auf das naechste und kann es kaum noch erwarten umzublaettern ;D

LH, your Knofilein <3
Von:  Taroru
2009-03-20T22:12:49+00:00 20.03.2009 23:12
yuki macht hier tatsächliche eine veränderung durch und man erfährt mehr von ihr, das finde ich gut ^^
ich kann ihren konflikt wirklich gut verstehen ^^ ich hätte da auch angst vor mir selbst ^^°
aber auch shen finde ich hat eine verändrung gemacht, er ist wieder aktiver geworden und greift in das geschehen ein, das ist gut ^^

nur eine klinigkeit musst du mir erklären XD
was ist eine "Schnellfrau" *lach* ich wette es ist ein tippfehler bzw ne autokorektur vom pc XD aber das hat mich erstmal stutzig werden lassen Xd
ist aber nicht weiter tragisch ^^ es ist trotzdem verständlich ^^
Von:  DINO2011
2008-11-26T11:40:32+00:00 26.11.2008 12:40
Nun, mir hat das Kapitel um einiges besser gefallen als die letzten. Endlich ist wieder Bewegung in der Geschichte. Auch wenn es jetzt nicht um Ryuujin oder Tsuki ging, so war es doch ein sehr wichtiges Kapitel, denn hier machte Yuki geradezu einen Sprung in ihrer Charakterentwicklung. Jedoch ist die Beziehung der beiden etwas komisch, weil sie mir doch etwas sehr aneinander hängen, schon fast zu sehr für Geschwister...Aber okay, das ist wieder ein andere Thema xDD

Nja, du hattest diesmal einige Wortwiderholungen im Text, auch so sind ein paar Fehler passiert, aber das kommt vor, war nicht weiter schlimm, der Lesefluss war weiterhin noch gegeben ^^

Bin schon gespannt was im nächsten Kapitel passiert, kann es ja jetzt gleich lesen xDD

Ah, und ich glaube, ich weiß wo der Kappa her kommt *zu Nagasarette Airantou schielt*

Von: abgemeldet
2008-11-24T20:27:27+00:00 24.11.2008 21:27
Yay Kappa! :D Ich hab mich schon bei dem Titel des Kapitels gefreut. Yuki und Kappa zusammen in einem Kapitel? Ich bin begeistert.
Du weißt, wie sehr ich Yuki mag und es war ja klar, dass ich mich über ein Kapitelchen mit ihr freuen würde. Aber was du da wieder hingelegt hast... :D Der Konflikt, in dem Yuki steckt, ist interessant genug, aber du schaffst es mit diesem Kapitel den Leser wirklich teilhaben zu lassen an ihrem Schicksal. Ich war sehr berührt. Diese Angst vor sich selber muss schlimm für sie sein. Du hast die Beziehung zwischen ihr und Fukuro wirklich schön aufgezeigt und diese Vertrautheit zwischen den beiden unterstreicht ja nur die heikle Situation, in der Yuki steckt.
Ein paar Wortwiederholungen und kleinere Rechtschreibpatzer hatten sich wieder eingeschlichen, die aber wie immer den Lesefluss nicht gestört haben. Geh das Kapitel vielleicht noch mal durch, weil besonders die Wortwiederholungen sich sehr negativ auf deinen Stil auswirken (z.B. die zwei "praktisch" in einem Satz).
Ansonsten wie immer ein gelungenes, spannendes Kapitel. :)


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