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Der Tod steht Dir gut

Story zur Adoption freigegeben, weitere Informationen am Ende von Kapitel 17
von

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Kapitel 1-II

Kapitel 1-II
 


 

Jetzt saß er also hier.

Und wie ihm der Tod versprochen hatte, trug er jetzt das Amt des Ewigen

Vollstreckers.

Die vergangenen Wochen hatten ihn geformt und gehärtet.

Er hatte alles beigebracht bekommen, was er wissen musste, damit die

Amtsübergabe ohne größere Reibereien vonstatten ging und der

natürliche Lauf der Dinge nicht gestört wurde.

Es schien als wäre einzig und allein der Junge, der sich mit verzweifelter

Kraft an ihn klammerte, in der Lage etwas in ihm zu rühren.

Nachdenklich blickte er auf den schwarzen Schopf runter, der auf seinem

Oberkörper ruhte. Seine Finger strichen immer noch durch die seidige

Mähne.

Versuchten dem Bewusstlosen in wenig Komfort zu vermitteln.

Die Türen zum Krankenflügen wurden aufgestoßen und rissen ihn aus

seinen Erinnerungen.

Wie erwartet rauschten niemand anderes als der Direktor und die Medi-

Hexe herein.

Madame Pomfrey wollte gleich einen Analyse- Zauber über Harry

schicken, doch das kalte Funkeln in den silbergrauen Seen Dracos ließ sie

inne halten und zögernd zum Direktor blicken.

Der setzte sich auf einen Stuhl neben dem Bett.

Nahm das Bild, welches sich vor ihm auf dem Krankenhausbett bot,

nachdenklich in sich auf.

An sich hätte er vor ein paar Monaten seinen Bart darauf verwettet, dass

es unmöglich schien die beiden ewigen Rivalen derartig friedlich

beieinander zu sehen. Aber wie es aussah...

„Mr. Malfoy, meinen Sie nicht, dass es besser wäre Poppy einen Blick auf

Harry zu gewähren?", fragte er freundlich lächelnd.

Albus bemerkte sehr wohl, wie Draco die Umarmung um den Kleineren

verstärkte und wollte gerade erleichtert aufatmen, jedoch machte ihm der

Slytherin einen Strich durch die Rechnung:

„Tut mir leid, Direktor, aber das meine ich nicht.", gab er unbewegt zurück.

„Ich kann Ihnen versichern, dass es Harry soweit gut geht."

„Und woher wollen Sie das wissen? Die Sorge über das Wohlergehen der

Studenten obliegt immer noch mir, von daher würde ich es begrüßen,

wenn Sie, um ganz sicher zu gehen, Poppy kurz an Harry lassen."

Die silbernen Seen verengten sich gefährlich und selbst Professor

Dumbledore fühlte sich leicht unbehaglich durch die Kälte, die er von dem

jungen Malfoy ausgehend spürte.

„So so, das Wohlergehen der Studenten obliegt also Ihnen.", zischte

Draco mit beherrschter Wut. „Diese Fürsorge haben wir ja letztes

Schuljahr zu genüge zu spüren bekommen- Danke sehr."

Erschrocken zuckten Albus und Poppy zurück.

Das waren keine Worte, das waren Messer, die durch die Luft schnitten.

Nach einer Weile schaffte es der Direktor sanft nachzufragen:

„Was ist passiert?"

Draco blickte mit einem traurigen Lächeln hinab auf den jungen Mann in

seinen Armen, ehe er monoton antwortete:

„Das geht niemanden etwas an."

„Warum hat Harry seitdem nichts mehr gesagt?", versuchte es der alte

Mann weiter.

„Seien Sie froh, dass er sich nicht mehr in der Lage sah, mit Ihnen darüber

zu sprechen. Sie wären allein von den Schilderungen zusammen

gebrochen."

Mione und Ron sogen scharf die Luft ein.

Sie hatten ja geahnt, dass es schlimm gewesen ist.

Aber so schlimm?

„Was hat es mit dem Dolch auf sich, mit dem Harry ab und zu unbewusst

herumspielt?", preschte Dumbledore weiter nach vorn.

Er hatte jetzt die Möglichkeit etwas über die Geschehnisse der Entführung

zu erfahren. Er konnte in Erfahrung bringen, was Harry dermaßen...

brechen ließ, dass er sich nicht mehr aufrichten konnte.

„Oh!", kam es sanft von Draco. „Den hat er behalten?"

Mit seiner anderen Hand strich er zärtlich über die Wange Harrys.

„Ja.", nickte der Direktor traurig. „Wir haben zwischendurch Angst gehabt,

dass er ihn benutzen würde, um seinem Leben ein Ende zu setzen... er

konnte jedoch nicht dazu gebracht werden ihn loszulassen... er

umklammerte ihn, als würde der Dolch alles sein, was ihn noch am Leben

hält..."

Der silberblonde junge Mann sagte daraufhin nichts mehr, sonder beugte

sich ein wenig hinunter, um Harry einen Kuss auf die Stirn zu drücken.

Die Anwesenden konnten nicht glauben, was sie sahen.

Einen zärtlichen Draco Malfoy?

Einen Malfoy, der liebevoll mit Harry Potter umging?

Da musste doch etwas ganz entschieden im Busch liegen!

Albus Dumbledore schluckte nervös den Kloß in seinem Hals hinunter:

„Wo... wo haben Sie sich die letzten Wochen aufgehalten?"

Endlich hob Draco seinen Blick.

Und Albus wünschte sich, dass sein Schüler es nicht getan hätte.

Das sonst so helle Silber der Augen des Slytherin war umwölkt von

dunklen Sturmwolken. Dennoch gab er ganz ruhig zurück:

„Das geht Sie nichts an."

Madame Pomfrey platzte der Kragen.

Was bildete sich dieser eingebildete kleine Knilch eigentlich ein?

Wie konnte er es wagen, so mit Albus Dumbledore rumzuspringen?

Malfoy hin oder her, aber das konnte nicht sein.

„Direktor! Ich weiß gar nicht, warum Sie sich so um ihn bemühen? Er zieht

hier einen Show ab und Sie fallen auch noch darauf rein. Würde mich gar

nicht wundern, wenn er derjenige gewesen ist, der Harry in die Arme der

Todesesser getrieben hat. Und in den letzten Wochen hat er sich in der

Belohnung von Du- weißt- schon- wer gesuhlt..."

„Nein...", unterbrach ein raues Flüstern ihre Triade.

Geschockt blickten alle auf den Schwarzhaarigen, dessen Finger weiterhin

fest in den Stoff von Dracos Robe verkrallt waren.

Nur Draco erlaubte sich ein sanftes Lächeln und spielte mit den Strähnen

des schwarzen Haares.

Harry vergrub sein Gesicht ebenfalls in den feinen Stoff. Dennoch

verteidigte er den Slytherin weiter. Seine Stimme rau, belegt und leise von

der langen selbstgewählten Stummheit.

„Draco... hat keinen Grund... Voldemort in die Arme zu spielen... wo auch

immer er die letzten... Wochen gesteckt hat... er hat sich weder bei

seinem Vater aufgehalten... noch bei dem Dunklen Lord..."

„Wo- woher willst du das wissen, Junge?", fragte die Medi- Hexe

erschüttert. Sie hatte schon beinahe die Hoffnung aufgegeben den

Gryffindor, der ihr so ans Herz gewachsen war, sprechen zu hören.

Und ausgerechnet ein verbaler Angriff auf seinen Schul- Feind Numero

Uno verleitete ihn dazu, seine Stille zu durchbrechen?

Harry hob seinen Kopf ein wenig.

Blickte Poppy direkt in die Augen.

Poppy wich sofort ein, zwei Schritte zurück, als sie die Qual, die Schuld,

den Schmerz darin erkannte.

Seit langen Wochen zeigten sich endlich Gefühle in den Smaragden.

Brachten sie wieder zum leuchten.

Doch Poppy wünschte sich beinahe wieder das blanke Grün zurück.

Denn da konnte sie sicher sein, dass Harry wenigstens nichts gefühlt

hatte...

„Ich weiß... es einfach..."

Damit kuschelte er sich zurück an den warmen Körper unter ihm. Atmete

tief den eigentümlichen Duft nach Frühlingssturm und frischer

Sommerbriese ein.

„Aber..."

Albus unterbrach Ron mit einer Frage:

„Was ist passiert, Harry?"

„Wie Draco vorhin schon sagte... das geht niemanden etwas an. Nur

die...Beteiligten. Und Sie sind kein Beteiligter..."

Man hörte Harry an, dass es ihm Mühe bereitete zu sprechen. Die

passenden Worte zu finden.

Draco griff nach dem Glas Wasser auf dem Nachtischchen und hielt es

Harry fürsorglich vor die Nase.

Der blickte ein wenig durcheinander erst das Glas an, dann Draco und

zurück zu dem Glas, ehe er sich etwas aufraffte und ein wenig daraus

trank. Danach legte er sich zurück. Missbrauchte Draco weiterhin als sein

Kopfkissen. Dem das augenscheinlich wenig auszumachen schien. Legte

er doch wieder einen Arm um den Kleineren, um ihn sicher an seiner Seite

zu halten und schloss ebenfalls die Augen.

Schwer seufzend erhob sich Albus aus seinem Stuhl.

Ihm war klar, dass das hier das Ende der Unterhaltung bedeutete.

Winkte alles Anwesenden hinaus.

Als sie draußen vor der Tür standen, schauten die Medi- Hexe und die

beiden Schüler erwartungsvoll zu ihm auf.

„Die beiden werden schweigen. Was auch immer damals passiert ist, von

ihnen werden wir es nicht erfahren.", fuhr er sich geschafft über sein

Gesicht. „Außerdem möchte ich euch bitten, die beiden machen zu

lassen..."

„WAS??", rief Ron entsetzt aus. „Wir sollen Harry allein mit dem Frettchen

lassen?"

Mione legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm.

„Ron,", holte sie ihn ruhig zurück. „Draco ist seit... dem Vorfall der Einzige,

der es geschafft hat, Harry eine Reaktion zu entlocken. Weder wir, seine

angeblich besten Freunde haben es geschafft, noch die Lehrer oder die

besten Mediziner des Landes. Einzig und allein Draco Malfoy hat es heute

geschafft durch die Mauer um Harry zu preschen.

Was auch immer passiert sein mag, es hat dazu geführt, dass sich

zwischen den beiden ein starkes Band geformt hat. Wenn nicht sogar

stärker als zwischen uns dreien.", endete sie traurig.

Ungläubig blickte ihr Hauskamerad zu ihr hinunter.

„Das kann doch nicht dein Ernst sein- oder?", stotterte er fassungslos.

Mione schüttelte ihren Kopf und erklärte sanft:

„Hast du die beiden mal ganz genau beobachtet? Wie sie miteinander

umgehen? Miteinander agieren? Harry braucht Draco. Braucht seine

Nähe. Seinen Rückhalt. Und Draco gibt ihm das. Ohne wenn und aber.

Ohne irgendwelche Gegenleistungen zu erwarten.

Harry mag gebrochen sein.

Was damals passiert ist, hat Harry komplett vernichtet.

Er hat sich bis jetzt nicht davon erholt.

Draco hingegen... ich weiß nicht, wie ich es erklären soll... er scheint

immer noch ein kalter, arroganter Bastard zu sein, der denkt, er wäre

etwas Besseres. Doch auf den zweiten Blick wirkt er ernster. Ruhiger.

Reifer. Erwachsener.

Er IST in den vergangenen Wochen... gewachsen.

Nicht nur körperlich, auch geistig.

Und es ist ihm ernst mit Harry.

Auch wenn ihn alle anderen einen Scheißdreck zu interessieren scheinen,

um Harry sorgt er sich WIRKLICH. Er wird nicht zu lassen, dass seinem

anhänglichen kleinem Löwen etwas passiert.", endete sie leise lächelnd.

Albus nickte anerkennend:

„Seht gute Beobachtungsgabe, Miss Granger. Zudem hätte ich es nicht

besser ausdrücken können."
 

Nachdem die Türen hinter der Gruppe zugegangen und Harry und Draco

allein im ansonsten leeren Krankenflügel waren, richtete Harry sich auf.

Schaute den Anderen an.

Setzte sich dann so, das er Draco im Schoss saß und ihm ins Gesicht

schauen konnte.

Amüsiert zog Draco eine Augenbraue hoch, als er das Gewicht Harrys auf

sich spürte:

„Hast du Angst, dass ich dir davon laufe?"

Der Schwarzhaarige schüttelte nur kurz den Kopf.

Hob beide Arme und umschloss mit seinen Händen das Gesicht Dracos.

Seine Daumen fuhren die zarte, unvernarbte Haut entlang.

Er konnte die Wärme unter seinen Handflächen spüren.

Die Weichheit der ungegeelten Haare.

Ein paar Strähnen strichen über seinen Handrücken und kitzelten ihn.

Er sah das Leben in den silbernen Seen.

Strahlendes, warmes Leben.

Dann beugte er sich vor.

Lag mit seinem Ohr über dem Herzen des Größeren.

Hörte es schlagen.

Ruhig. Gleichmäßig. Kräftig.

Er erhob sich wieder.

Sah am Hals die Hauptschlagader pochen.

Eine seiner Hände löste sich von dem Gesicht und mit dem Zeigefinger

zeichnete er die Linie von der Wange über den Kiefer zu dem schlanken

Hals nach. Folgte der pochenden Ader. Spürte das Pulsieren des Lebens.

Verblüfft konnte er sich endlich aus dem Bann lösen.

Schaute mit großen, erstaunten Augen in die Silbernen Dracos.

„Du... lebst... du lebst, Draco.", brach er schließlich schluchzend über dem

warmen Körper zusammen.

Immer wieder brachen diese Worte aus ihm heraus.

Schluchzer schüttelten seinen Körper. Tränen lief über seine Wangen.

Draco konnte nichts anderes tun, als den Kleineren in eine sanfte

Umarmung zu ziehen und ihm beruhigende Nichtigkeiten zu zuraunen.

Nach Ewigkeiten wie es schien, ebbten die krampfartigen Schluchzer ab

und Draco spürte, wie Harrys Atmung sich langsam wieder normalisierte.

„Wie?", war schließlich das Einzige, was Harry herausbrachte.

Seine Stirn ruhte immer noch auf dem Oberkörper des Slytherin.

Seine Hände fest in die Roben gekrallt.

Der Größere legte eine Hand unter das Kinn des Anderen und zwang ihn

mit sanfter Gewalt dazu aufzusehen. Der andere Arm lag um die Hüfte

des Kleineren. Gab ihm so ein wenig Halt.

„Harry, was damals auf der Lichtung passiert ist, ist weder deine noch

meine Schuld. Es ist passiert. Und es hatte nur so enden können.

Verstehst du?"

Harry nickte langsam und fragte dann schüchtern mit niedergeschlagenen

Augen:

„Dann bist du mir nicht... böse?"

Verblüfft schaute Draco auf den Jüngeren.

„Um Gottes Willen, nein.", lachte er schließlich leise auf und zog Harry

wieder zu sich. Den Kopf des Anderen bettete er in der Kuhle zwischen

Hals und Schulter und hielt Harry mit beiden Armen in einer lockeren

Umarmung gefangen.

Er spürte, wie Harry sich in dieser Position arrangierte und näher an ihn

kuschelte.

„Nein Harry, ich bin dir nicht böse.", nahm Draco nach einer Weile

komfortablen Schweigens den Faden wieder auf. „Im Gegenteil, ich bin dir

zutiefst dankbar. Wenn wir wider Erwarten beide dort weggekommen

wären, was wäre dann mit mir passiert? Mmh?"

Er spürte Harry kurz schauern, als dieser sich an die Geschehnisse und

die daraus resultierenden Ergebnisse zurückerinnerte.

„Die Ärzte hätten vielleicht mein Leben retten können. Aber hätten sie

auch mein Körper retten können? Jedes mal, wenn ich in den Spiegel

geschaut hätte- die Spuren... die Narben- es hätte mich niemals

vergessen lassen. Das was du da gemacht hast, war das Mutigste, was

ich bisher gesehen habe." Er verstärkte kurz seine Umarmung, um seine

Aussage zu unterstreichen.

„Entgegen deinen Überzeugungen hast du den Dolch genommen. Hast

meinem Leben ein Ende gesetzt. Die Qualen beendet. Und hast meinem

Wunsch entsprochen und zum Schluss meinen Leichnam verbrannt."

Er neigte seinen Kopf und lehnte seine Wange gegen den schwarzen

Schopf.

„Nachdem du deinen Teil erledigt hattest, traf ich auf einen Mann.

Er stellte sich als Gevatter Tod vor und bot mir seinen Job an.

Zum einen sei er der ewigen Einsamkeit mehr als überdrüssig, zum

anderen wäre er Voldemort nicht gewachsen. Er hatte sich damals

vollkommen von Voldi überrumpeln lassen. Und das hatte zu der

unnatürlichen Verlängerung des Lebens von Tom Riddle geführt.

Und zum dritten war er der Meinung, dass nur ich in der Lage wäre, dich

aus deiner Lethargie zu reißen. Scheint, als hätte er bei letzterem recht

gehabt.", lachte er leise.

„Du bist jetzt Gevatter Tod?", fragte Harry gefasst nach.

„Ja.", bestätigte Draco simpel. „In den vergangenen Wochen hat mein

Vorgänger mich eingewiesen und mir schließlich sein Amt übertragen. Soll

ich dir mal was verraten? Seit Anbeginn der Zeit bin ich erst der dritte in

dieser Stelle. Oder sollte ich eher sagen: schon?", überlegte er laut.

Harry löste sich ein wenig von Draco und schaute ihn mit einem

undeutbaren Ausdruck in Gesicht und Augen an.

Draco erwiderte den Blick lächelnd und meinte schließlich:

„Komm. Ich möchte dir was zeigen."

Ehe Harry es sich versah, stand er neben dem Größeren in einem

Muggel- Krankenzimmer.

Eine alte Frau, die an einen Tropf und ein Atmungsgerät angeschlossen

war, lag unter der weißen Decke.

Die Hand, die von ihrer Tochter gehalten wurde, war ausgemergelt und

fast schon dürr.

„Sie hat Krebs. Der ganze Körper ist von Metastasen befallen.", erklärte

Draco leise. „Sie kann die Schmerzen nur noch unter Morphium ertragen.

Aber selbst das hilft nicht mehr viel, da sich ihr Körper bereits darauf

eingestellt hat.

Sie ist eine tapfere alte Lady und zeigt es nicht. Sie möchte nicht, dass

sich ihre Familie noch mehr Sorgen macht."

Harry schaute erst zu der alten Frau, dann zu Draco.

Auf dessen Gesicht konnte er einen sehr sanften und friedlichen Ausdruck

erkennen. Ebenfalls wieder ruhiger, beobachtete er das weitere

Geschehen.

Die Tochter saß am Bett und redete leise und eindringlich auf ihre Mutter

ein. Der Mann der jungen Frau stand hinter ihr. Eine Hand als stummer

Beistand auf der schmalen Schulter.

Nach ein paar Minuten trat Draco ein paar Schritte vor. Nahm die andere

Hand der alten Dame in die seine.

„Kommt, es wird Zeit, Mylady.", warnte er ruhig.

Ein friedvolles und vor allem schmerzfreies Lächeln breitete sich in den

hunzeligen Zügen aus. Als wenn Dracos Berührung ihr in den letzten

Momenten ihres Lebens den Schmerz entziehen würde.

Hoffnung breitete sich auf dem Gesicht der Tochter aus.

Die jedoch schnell in Verzweiflung umschlug, als die empfindlichen Geräte

nur noch einen andauernden monotonen Piepton von sich gaben.

Harry hingegen sah erstaunt, wie die Seele der alten Frau frisch wie der

junge Morgen aus ihrer körperlichen Hülle schlüpfte. Draco verbeugte sich

mit einer galanten Verbeugung vor ihr und drückte ihr einen Handkuss auf

den Handrücken.

Die Frau lachte wie ein jungen Mädchen.

Als Draco sich wieder aufrichtete, zwinkerte er ihr lächelnd zu:

„Aber nicht Eurem Gemahl verraten- o.k.?"

Erneut brach sie in ihr glockenhelles Lachen aus:

„Versprochen. Das bleibt zwischen uns."

Draco nickte, löste sich von ihrer Hand und sagte:

„Geh. Dein Mann wartet bereits auf dich."

Die Frau fasste Harry kurz ins Auge und noch während sie sich

wortwörtlich in Luft auflöste, bedachte sie ihn mit einem strahlenden

Lächeln.

Der Silberblonde streifte mit seinem Blick die weinende Tochter und den

nach außen hin gefassten Schwiegersohn, ehe er sich Harry zuwandte

und ruhig erklärte:

„Der Tod bedeutet für die Hinterbliebenden meist Verzweiflung, weil sie

um die Toten trauern. Sie hängen an ihnen. Wünschen sie sich zurück,

weil sie im ersten Moment nicht in der Lage sind die klaffende Lücke, die

in ihrem Leben entstanden ist, zu schließen.

Für die Toten hingegen, kann der Tod mitunter eine Erlösung sein.

Wenn der Schmerz sie auffrisst. Ihnen kaum noch Luft zum atmen lässt...

Komm, gehen wir eine Etage tiefer."

Draco nahm den stillen Harry an die Hand.

Und mit dem nächsten Augenzwinkern befanden sie sich in einem OP-

Saal.

Fast sofort warf sich ein kleines Mädchen um die Hüfte des Silberblonden.

„Bist du der Tod?", schaute sie ihn aus ihren großen himmelblauen Augen

an.

Draco ging vor dem Mädchen in die Knie und strich ihr mit einer

liebevollen Geste ein paar Strähnen hinters Ohr.

„Ich fürchte, das bin ich.", bestätigte er ihr ernst.

„Nimmst du mich dann bitte mit?", bettelte sie ihn herzzerreißend an.

Er nahm sie in seinen Arm und erhob sich. Die Beine der Kleinen

klammerten sich um seine Hüfte und er hielt sie sicher in seinen Armen.

Stumm blickte er auf das Ärzte- Team, welches verzweifelt um das Leben

des Mädchens kämpfte.

„Wie ist das passiert?", fragte Draco die Kleine sanft, während er mit ihr

langsam Richtung Ausgang ging. Harry folgte. Immer noch ruhig und nur

beobachtend.

„Ich bin gelaufen.", gab die Kleine schüchtern zu.

„Warum?", hakte der Slytherin ruhig nach.

Als Antwort vergrub das Mädchen ihr Gesicht verschämt in der Halsbeuge

des Silberblonden.

„Weshalb bist du gelaufen?", gab Draco nicht auf.

„Devon hat mir Angst gemacht.", murmelte die Kleine verloren gegen

seinen Hals.

„Und wer ist Devon?", bohrte Draco weiter nach.

„Der Freund meiner Mutter...", gab die Kleine noch leiser als vorher zu.

Draco drückte die Kleine kurzzeitig und ging dann mit ihr durch die Tür,

weiter zum langen Krankenhausflur. Bis sie zum Aufenthaltsraum für

Angehörige kamen.

Dort saß eine tränenüberströmte Frau, die sich in ihrer Trauer auf dem

ungemütlichen Plastikstuhl hin- und herwiegte.

„Warum? Wie konnte das passieren? Sie ist doch sonst so ein

vorsichtiges Mädchen und rennt nicht ohne einmal nach links oder rechts

zu schauen über die Straße. Wie konnte das nur passieren? Mein kleines

Mädchen...", schluchzte sie auf.

Ein grobschlächtiger Mann nahm sie unbeholfen in den Arm und

versuchte sie zu trösten. Sehr viel Erfolg schien er damit aber nicht zu

haben. Die Mutter rief immer wieder nach ihrer Tochter. Ignorierte den

Mann an ihrer Seite vollkommen.

Draco, das Mädchen und Harry schauten dem ganzen ein wenig zu.

Dann fragte Draco die Kleine ganz sanft:

„Möchtest du immer noch gehen? Möchtest du deine Mutter so

zurücklassen?"

„Nein...", klammerte sie sich zitternd an Draco.

„Aber du hast Angst vor Devon- oder?"

Die Kleine nickte verloren.

Er ging wieder in die Hocke und stellte die Kleine vor sich ab.

Strich ihr über die Wange.

„Was, wenn ich dir versichere, dass Devon in ein paar Wochen an einem

Herzinfarkt sterben wird- mmh?"

„Wirklich?", schaute sie ihn hoffnungsvoll an.

„Ja, seine Zeit wird demnächst kommen. Und zwar, während du noch im

Krankenhaus liegst. Er also nicht an dich rankommt, weil hier so viele

Ärzte und Schwestern sind."

Das Mädchen schaute noch einmal zu seiner völlig aufgelösten Mutter,

dann schob sie schüchtern ihre Hand in die Dracos.

„Bringst du mich bitte zurück?"

„Natürlich.", lächelte Draco jetzt, fast schon erleichtert. „Komm."

Und gemeinsam gingen sie wieder Richtung OP- Saal.

Als sie an Harry vorbeigingen, griff die Kleine auch nach Harrys Hand.

Ihm blieb also gar nichts weiter übrig, als mitzugehen.

„Ist das dein Freund?", fragte die Kleine neugierig an Draco gewandt.

Die beiden jungen Männer schauten erst sich ganz erstaunt an, dann das

kleine Mädchen zwischen ihnen und fragten gleichzeitig:

„Wie kommst du denn DARAUF?"

„Weiß nicht.", gab die Kleine kichernd zu. „Aber ihr seht sehr süß

zusammen aus. Und da ist etwas zwischen euch... ich weiß auch nicht...",

brach sie schließlich schulterzuckend ab. Sie konnte nicht genau in Worte

fassen, was sie bei den beiden jungen Männern fühlte.

Nur, dass als sie auch die Hand des Schwarzhaarigen genommen hatte,

sie genau gefühlt hatte, dass die beiden zusammengehörten.

Schließlich waren sie wieder in dem sterilen Saal.

Die Traube von Ärzten kämpften immer noch um das Leben des

Mädchens.

Draco nahm die Kleine und setzte sie auf dem OP- Tisch ab.

„Leg dich hin.", orderte er ruhig.

„K- kannst du die Schmerzen wegmachen? Bitte?", fragte sie leise. „Es tut

so weh."

„Ich werde dich in eine ganz tiefe Bewusstlosigkeit fallen lassen, aus der

du erst erwachen wirst, wenn zum einen dein Körper so gut wie verheilt ist

und ich Devon geholt habe. Geht das klar für dich?"

„Ja. Hab dich lieb.", fiel sie ihm glücklich um den Hals, ehe sie sich

schließlich hinlegte und wieder mit ihrem Körper verschmolz.

Sofort begab sich Draco zum Kopfteil der Kleinen und hauchte ihr einen

Kuss auf die Stirn.

„Träum was schönes.", flüsterte er zärtlich gegen die junge Haut.

Strich ihr noch einmal über den Lockenkopf und begab sich wieder zu

Harry.

Gemeinsam machten sie sich erneut auf den Weg.

Und Draco fing an zu erklären:

„Die Aufgabe des Todes besteht nicht nur darin, Leben zu nehmen. Er

muss auch dafür sorgen, dass die Seelen derjenigen, die bereits

aufgegeben haben, wieder zurückkehren und im Körper verankert bleiben.

Er muss dafür sorgen, dass niemand vor seiner Zeit geht. Wie mit der

Kleinen eben. Die Angst vor ihrem Stiefvater hat sie in meine Arme

getrieben. Dennoch musste ich sie zurückschicken. Ihre Zeit war noch

nicht da.

In den vergangenen Wochen habe ich lernen müssen, dass dieses Amt

eine ganz eigene Dynamik hat. Manchmal möchte ich das Lebenslicht

nicht mitnehmen, nicht zum erlöschen bringen, wie z.B. bei einem

Neugeborenen, welches mich mit seinen großen, unschuldigen Äuglein

anschaut. Bei manchen wiederum kann mir das Ende gar nicht schnell

genug kommen und ich möchte den Lebensstrang sofort durchtrennen,

wie z.B. bei Devon. Es fällt manchmal verdammt schwer. Schwer sich

zurückzuhalten. Seinen eigenen Gefühlen nicht zu folgen.

Sondern das zu tun, was von einem erwartet wird.

Es sind Erlebnisse wie die letzten beiden, die mich davor bewahren mich

komplett zu vergessen. Und der Gedanke, dass jedes Leben, welches auf

der Erde weilt und sei es noch so klein und unbedeutend in Wirklichkeit

sehr groß und bedeutend ist. Jede Seele, jedes Leben hat seinen Platz

und seine Aufgabe.

Es gibt natürlich auch Ausnahmen.

Wie z.B. Voldemort.

Im Augenblick seines Todes hat er mit meinem Vorgänger geschachert.

Und zwar um dein Leben.

Tom Riddle hatte dich so fest umklammert, dass er dich unweigerlich

mitgerissen hätte. Aber deine Zeit war noch nicht gekommen.

Mein Vorgänger musste alles tun, was in seiner Macht stand, um dich aus

seinen Klauen zu befreien. Und wenn es bedeutete, dass er die Bestie

gehen lassen musste. Ohne Körper zwar, aber er musste sie gehen

lassen. Er ist mit Voldemort nicht fertig geworden.

Es kommt nicht sehr häufig vor, dass dem Tod eine Seele entwischt.

Überhaupt nicht oft.

Aber wenn, dann bringt es eine ganze Menge Lebens- und

Schicksalsstränge durcheinander und der Tod darf sich mit drei sehr

verärgerten Schicksalsschwestern rumärgern...", gluckste Draco leise in

sich hinein.

Harry strich dem Silberblonden über eine Wange.

„Schon gut, Draco. Du brauchst dich nicht weiter rechtfertigen. Ich habe

verstanden. Jedes Ding hat zwei Seiten. Genauso wie dein Amt. Du bist

nicht nur Herr über Tod, sondern auch über Leben. Das ist eine enorme

Verantwortung. Dennoch bist du der Aufgabe gewachsen. Wenn nicht,

bezweifle ich, dass dich dein Vorgänger in das Amt gelassen hätte.

Und was ich heute beobachten durfte...", Harry lachte leicht amüsiert auf.

„... ich bezweifle, dass die Menschen eine dermaßen sanfte und zärtliche

Seite in Draco Malfoy vermuten. Danke, dass ich das mit ansehen durfte."

Harry stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte dem perplexen Tod

einen Kuss auf die Nasenspitze.

Der schaute dem Anderen verblüfft hinterher.

„Dir ist aber schon klar, dass auch Massenvernichtung zu meinen

Aufgaben gehört? Wie Pest, chemische Vergiftungen, Epidemien,

Hungersnöte, Dürren, Flüche..."

„Schon gut,", unterbrach ihn Harry befreit lachend. „Hab's begriffen. Du

bist ein gaaanz böser Tod."

Immer noch leise vor sich herlachend, öffnete der Gryffindor schließlich

seine Augen und befand sich wieder in der Krankenstation Hogwarts.

Er saß immer noch mit gespreizten Beinen auf Dracos Schoß an ihn

gekuschelt. Er spürte, dass Draco ebenfalls wieder zurück war.

„Wie funktioniert das eigentlich? Ich meine, du musst dich in jeder

Sekunde einer Stunde um so viele Leben und Tode gleichzeitig kümmern.

Wie machst du das? Wenn ich fragen darf..."

„Du darfst.", seufzte Draco. „Im Grunde genommen ist es Magie, die

dermaßen kompliziert und ineinander verschachtelt ist, dass das, was wir

hier in Hogwarts lernen, wie Spielerei für Kleinkinder aussieht.

Diese Magie macht es mir möglich niemals den Überblick über die

Geschehnisse zu verlieren und alles im Auge zu behalten. Dabei helfen

mir auch die sogenannten Geister der Elemente, die sich in den Dienst

des Todes gestellt haben. Fleißige, treue kleine Geschöpfe..."

Harry war eingeschlafen.

Der Tag ist lang und aufregend gewesen.

Glucksend drückte Draco einen Kuss in die schwarze Mähne, verstärkte

die Umarmung und gestattete sich ebenfalls die Augen zu schließen.
 

So fand Poppy sie am nächsten Morgen:

Fest ineinander verkeilt, nicht willens den anderen loszulassen. Aber

friedlich und entspannt schlafend.
 


 


 

Und?

Hat es sich gelohnt hier auch noch mal lang zu schauen? Oder werde ich

jetzt trotzdem von Euch gesteinigt?^.~
 

Würde mich freuen, wenn Ihr auch zum nächsten Kapitel reinschaut
 

bis denne
 

kessM ^___^



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
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Von:  InaBau
2006-08-17T11:34:37+00:00 17.08.2006 13:34
Ein tolles Kapitel! Bitte schreib ganz schnell weiter! Ob Harry und Draco jemals wieder zusammen kommen werden? Ich hoffe es jedenfalls.
Von: abgemeldet
2006-08-15T18:07:10+00:00 15.08.2006 20:07
Wow schönes Pitel!Wer hätte das Gedacht... Draco ist der Tod geworden (der Stz klingt irgendwie falsch^^).
Ich war schon die ganze Zeit am überlegen wie du Harry und Draco wieder zusammen bringen wills.... und ich hatte auch schon viele Ideen, aber das hier ist mir noch nicht einmal ansatzweise durch den Kopf gegangen.
Dein Schreibstil gefällt mir im übrigen auch total gut. Du lässt viele Gefühle mit schwingen...


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