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Machst du, dass die Sonne wieder scheint?

von

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Einige Wochen später:
 

Vorsichtig nährten wir uns unserem nächstes Ziel. Ein kleines Dorf, das zwar keine Bedrohung für irgendeine Rebellion darstellte, aber dennoch ausgelöscht werden sollte. Ich hatte es aufgeben den Sinn in der Abschlachtung harmloser Bauern zu suchen, denn es gab ihn nicht. Doch ein Befehl war ein Befehl und er musste ausgeführt werden, ob wir wollten oder nicht. Und was sollte mich das auch kümmern?

Ich signalisierte Brandon, dass ich bereit war und er gab das Zeichen weiter an den Rest unserer Truppe weiter. Brandon und ich hatten uns inzwischen angefreundet. Ihm war aufgefallen, wie sehr mich meine Vergangenheit belastete und er versuchte mir zu helfen. Er war der einzige mit dem ich darüber sprechen konnte und ich hatte Angst, dass sich das ändern könnte, dass Brandon stirbt und ich noch einsamer als zuvor werde würde. Nun konnte ich Nami zum ersten mal wirklich verstehen, doch was nützte das?

Ich schüttelte den Gedanken ab und wartete auf das Zeichen zum Angriff. Als dies endlich kam, griffen wir an.

Es war wie immer.

Nichts anderes als ein Job, den man ausführt. Ohne mit der Wimper zu zucken entsicherte ich meine Waffe und löschte das erste Leben aus, das mir über den Weg lief. Ich wütete wie ein Todesengel und metzelte die Leute nieder, bloß weil es mein Befehl war. Es war nichts ehrenhaftes daran, nicht das, für das ich in den Krieg gezogen war, doch was sollte ich mich beschweren? es würde mir nur Probleme bereiten.
 

Als die letzten Schreie der Bewohner verstummt waren durchsuchten wir die Häuser nach Überlebenden, die sich irgendwo versteckt haben könnten. Schleichend begab ich mich in ein Haus. Ich erwartete, vielleicht dem Feind zu begegnen, also lege ich meine Waffe an und machte mich weiter auf den Weg durch die Räume. Ich versuchte so leise wie möglich zu sein, um nicht gehört zu werden, falls dieses Haus ein Falle darstellen sollte. Plötzlich hörte ich etwas.

Ich war gerade durch den langen verstaubten Flur gegangen, als ich aufhorchte. Ich konnte noch nicht sagen was ich da hörte, nur das ich es hörte. Ich wollte und musste einfach herausfinden was dort war. War es ein Vietnamese, so müsste ich in umbringen, dache ich mir und machte mich schon dazu bereit, dieses etwas was ich dort hörte zu erlegen. So leise wie möglich versuchte ich das Geräusch zu orten. Es kam aus einem der hinteren Zimmer. Alle Türen waren geschlossen bis auf eine. Es war die letzte auf der linken Seite. Ich schlich mich an. Langsam öffnete ich mit der Hinterseite des Gewehres die hölzerne, verwurmte Tür und legte mein Gewehr erneut an. Ich stellte mich bereit zu schießen in die Tür und suchte mit dem Gewehr nach demjenigen, der diese Geräusche gemacht hatte. Ich konnte diese immer noch hören. Jetzt jedoch war klar, dass es ein Schluchzen war. Ich blickte mich im Zimmer um.

Es schien früher mal eine Art Wohnzimmer gewesen zu sein. Doch nun war alles zerstört und lag zerstreut im Zimmer herum. Ich ging auf die Couch zu, die man nicht mehr hätte als solche bezeichnen können. Dann trat ich jedoch auf etwas weiches. Ich blickte zur Seite. Dort lag ein Mantel. Das musste ein Mensch sein, dachte ich mir, als ich den gewölbten Mantel anhob. Und tatsächlich. Es war eine junge Frau, die dort tot auf dem Boden lag. Sie war Vietnamesin. Nun war sie tot und lag in ihrem eigenen Blut. Ich konnte die Frau nicht genau erkennen, da sie auf dem Bauch lag, also wollte ich sie umdrehen. Sie schien schon etwas länger tot zu sein. Das Blut war vertrocknet und die Leiche starr. Nachdem ich sie umgedreht hatte erkannte ich ihre Todesursache. Sie wurde mit einem Schuss genau ins Herz getroffen. Ich nahm den Mantel und legte ihn wieder über die Frau. Wie sie mich doch an sie erinnerte! Dachte ich mir nur und seufzte. Plötzlich hörte ich etwas poltern. Schnell wandte ich mich um. Ich brachte meine Waffe sofort in Position. Ich war bereit abzudrücken. Doch augenblicklich erschrak ich. Ich ließ vor lauter Schreck die Waffe zu Boden fallen. Ein dumpfer Aufschlag erfolgte, doch diesen bekam ich gar nicht mit. Ich war viel zu geschockt was ich da gerade sah.

Ein kleines Mädchen saß zusammengekauert in der Ecke und weinte.

„Becky...„, flüsterte ich. Schlagartig verkleinerten sich meine Pupillen und ich riss erschrocken die Augen auf. Durch den Aufprall des Gewehres blickte die kleine verschreckt auf. Sie presste durch ihr weinen einen spitzen Schrei aus und sprang auf. Die kleine war total fertig. Sie lief zu ihrer Mutter und legte sich schützend auf sie.

„Lass uns in ruhe! Ihr kriegt meine Muter nicht und mich auch nicht!„, schrie sie aus Leibeskräften und brach gleich darauf wieder in Tränen aus. Ich war immer noch zu geschockt von diesem Anblick eben in der Ecke. Wieso musste sie ihn denn an seine eigene Tochter erinnern?

Ich versank im Gefühlschaos. Ich konnte nicht mehr klar denken. Allein der Gedanke, dass ein kleines Mädchen seine Mutter verloren hatte machte mich wahnsinnig wütend. Aber warum musste sie Becky denn so ähnlich sehen?

Wäre ich mir nicht hundertprozentig sicher gewesen, dass Becky jetzt irgendwo in Amerika bei ihrer Mutter sein würde, die sich hervorragend um sie kümmerte, hätte ich dieses kleine Mädchen hier für sie gehalten. Diese Tatsache setzte mir mehr zu als mir lieb war. Immerzu musste ich an meine eigene Familie denken. Die, die ich verloren hatte. Ich bekam quälende Schuldgefühle und mein Magen krampfte sich zusammen. Ich war doch selber dran Schuld, dass unschuldige Menschen starben. Das wurde mir nun klar, doch nun war es schon zu spät. Ich hatte zahlreiche Menschen getötet. Darunter garantiert auch Familienväter, so wie ich einer war. Ich kam mir elend vor.

Wieder blickte ich zum kleinen Mädchen. Sie saß immer noch weinend bei ihrer toten Mutter. Ich ging langsam af sie zu. Sie sah auf und blickte mich mit großen verheulten Augen an. Ich streckte ihr die Arme entgegen. Sie wich einen Schritt zurück. Ich ging näher an sie heran und setzte einen freundlichen Gesichtsausdruck auf, auch wenn in mir eine ganz andere Stimmung herrschte. Ich versuchte sie zu beruhigen: „Hey, Kleine! Ich tu dir nichts! Ich will dir nur helfen! Ich bring dich hier raus!" Sie sah mich an. Ich wollte ihrem Blick ausweichen, doch ich durfte es nicht. Ich wollte ihr helfen und dazu musste ich nun einmal ihr Vertrauen gewinnen. Mein plötzlicher Sinneswandel kam mir selbst komisch vor, doch ich akzeptierte ihn. Ich empfand ihn nun sogar als human. Nun lächelte ich sie leicht an. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. Ich winkte sie mit dem Händen herbei. Ihre braunen Augen blickten mich durchdringend an. Sie schien aus ihnen lesen zu wollen ob sie mir vertrauen konnte.

„Ich tu dir nichts, vertrau mir!" Versicherte ich ihr erneut mit ruhiger Stimme. Zögernd richtete sie sich ganz auf. Sie schien sich noch nicht hundertprozentig sicher zu sein, doch nun ging sie langsam auf mich zu. Ich breitete die Arme noch mehr aus. Immer wieder fragte ich mich, wie es dem Kind jetzt gerade nur gehen musste und was in ihrem Kopf vorginge, doch das würde ich niemals erfahren. Doch ich war mir sicher, dass sie mit der ganzen Situation hier überfordert war. Nun ging auch ich einen Schritt auf sie zu. Dann umarmte ich sie. Ihr Körper war kalt und ihr Herz schlug schnell und unregelmäßig gegen die Kugelweste, doch ich spürte es durch sie hindurch. Sie begann wieder zu weinen. Ich merkte wie sie versuchte sich an meinen Anzug zu krallen, doch das ging nicht, also schloss ich sie noch fester in den Arm. Ich schloss die Augen und atmete tief ein und aus. Ich hörte ihr Wimmern, dass nach einiger Zeit wieder abebbte. Ich strich ihr sanft über den Rücken um sie zu beruhigen. Ihr Kleid war dreckig und verschlissen. Ich drehte den Kopf zur Seite und sah zu meiner Schulter. Das Gesicht der kleinen war darin verborgen und eine Hand hatte es daneben geschafft den Stoff des Anzugs zu fassen. Ich zog sie ein wenig von mir weg, sodass sie mir in die Augen sehen musste.

„Ich werde dir helfen! Vertraust du mir?" Fragte ich sie ernst anblickend. Die kleine sah mich mit Tränen in den Augen an. Ich wischte eine herablaufende Träne mit der Hand aus ihrem verschmutzten Gesicht. Wie gerne ich jetzt auch geweint hätte, doch das ging einfach nicht. Ich durfte jetzt einfach nicht weinen. Ich durfte vor ihr keine Schwäche zeigen. Hätte ich jetzt geweint, wäre ich aus meinem Gefühlschaos wahrscheinlich gar nicht mehr herausgekommen. So viele verschiedene Dinge gingen mir durch den Kopf, dass es mir schon schwer viel sie noch zu zählen. Doch ich musste diese Dinge erst einmal verwerfen. Jetzt musste ich mir zunächst überlegen, wie ich es schaffen sollte das kleine Mädchen aus diesem Krieg herausbringen könnte. Ich hatte eine Idee. Ich war mir noch nicht sicher, ob es funktionieren würde, aber ich würde alles dafür geben, das es klappte. Da fiel mir ein, dass ich auf meine Frage noch keine Antwort bekommen habe und fragte erneut, vor ihr hockend um ihr in die Auge zu schauen und die Hände auf ihren Schultern ruhend. Sie atmete tief und sah mich groß an. Wir beide schwiegen eine Zeit lang. Keiner sagte etwas. Sie sah mir so in die Augen, als suche sie darin eine Antwort darauf, ob sie mir vertrauen könne. Dann plötzlich und an den Moment werde ich mich mein ganzes Leben lang erinnern, lächele sie leicht, kam ein Stück näher und umarmte mich. „Ich vertraue dir! Bitte enttäusch mich nicht!„ flüsterte sie mir ins Ohr uns löste sich dann wieder von mir. In mir waren gerade tausende von Glücksgefühlen freigesetzt worden. Ich wollte ihr unbedingt helfen. Sie hatte ja nichts mehr. Keine Mutter, kein Zuhause und nichts zu essen. Sie hatte einfach nichts. Ich musste sie einfach mitnehmen. Es machte mir jedoch sehr zu schaffen, dass mich die kleine so sehr am meine Becky erinnerte. Es machte mich nämlich einerseits auch traurig, wenn ich dem Mädchen in die Augen sah, denn diese sahen fas so aus wie die von Becky. Groß und dunkelbraun. Ich hatte ständig ein bild von Becky vor meinen Augen. Ich bekam sie einfach nicht mehr aus meinem Kopf, aber wollte ich das denn?

Wollte ich sie aus dem Kopf bekommen?

Nein. Sicherlich nicht. Dazu liebe ich sie viel zu sehr. Genau wie Nami. Eigentlich hätte ich diese Gedanken jetzt erst einmal beiseite schieben müssen, doch ich tat es nicht, denn sie verliehen mir eine gewisse Kraft. Die Kraft die ich brauchte.

Endlich lächelte ich ihr zurück. Sie lächele wieder etwas breiter. Es kam mir mit einem Mal vor, als würde ich dieses Mädchen schon seit langem kennen. Ich ging wieder vor ihr in den Stand. Sie folgte mit ihrem Augen meinen Bewegungen und hob den Kopf, als ich aufgerichtet stand. Ich bückte mich leicht und hielt ihr die Hand hin.

„Komm mit, ich bring dich jetzt erst Mal in Sicherheit!" Sagte ich ruhig. Doch anstatt meine Hand zu nehmen breitete nun sie die Arme aus. Sie gähnte. Das brachte mich erneut zum Lächeln. Sie war ihr wirklich so ähnlich, dachte ich noch, also ich sie au den Arm nahm. Ich hielt sie ganz vorsichtig um ihr nicht wehzutun. Sie kam mir so gebrechlich in meinen Armen vor. Sie war total abgemagert, sodass ich jeden einzelnen Knochen durch das Kleid hindurch spüren konnte. Das löste Wut in mir aus. Wut auf den Krieg. Und ich war mit daran Schuld. Das werde ich mir nie mehr verzeihen können und eins wurde mir klar: Nami hatte Recht.

Langsam ging ich mit der kleinen zur Tür. Ich blickte noch einmal zu ihr und sah, dass sie in meinem Arm eingeschlafen war. Das musste wohl etwas viel heute für sie gewesen sein, doch ich schwor ihr, dass das bald ein ende haben würde. Ich lausche. Nichts war zu hören außer dem leise Atem des Mädchens und meinem eigenen. Es war totenstill. Langsam öffnete ich mit dem vorhin noch aufgehobenen Gewehr die Tür, dann steckte ich es zurück auf meinen Rücken. Ich nahm nun wieder die zweite Hand hinzu um die kleine besser tragen zu können und drückte sie noch ein wenig fester an mich heran. Dann ging ich hinaus. Der Einsatz musste schon zu Ende sein. Niemand war mehr zu sehen oder zu hören. Ich wollte aber auch nicht nachschauen, ob noch jemand hier war. Ich wollte nur noch zum Lager zurück. Ich lief los. Gut das sie schlief, denn ich musste vorbei an den ganzen Leichen. Plötzlich spürte ich einen Kloß in meinem Hals, als ich die ganzen Toten auf dem Boden liegen sah.

„Es tut mir schrecklich Leid!" Flüsterte ich immer wieder, während ich nur noch weg wollte. Ich hatte eindeutig genug.

Genug von Krieg.

Ich rannte und rannte. Mein Ausrüstung spürte ich nach einiger Zeit nicht mehr, denn das Rennen verlieh mir eine Art Freigefühl und Energie, was ich vorher noch nie empfand. Es war ein schönes Gefühl. Und plötzlich schien mir Leben wieder einen Sinn zu machen. Ich hatte eine Aufgabe. Ich musste das Mädchen unbedingt hier herausschaffen. Allein dafür musste ich schon weiterleben. Endlich war das Lager in Sicht. Nun musste ich ein wenig aufpassen. Ich musste es ins Zelt schaffen, ohne dass mich jemand bemerkte. Zum Glück dämmerte es schon, sodass es etwas leichter war. Ich schlich mich leise zurück. Am Zelt angekommen atmete ich erst einmal auf. Ich hatte es geschafft. Ich konnte immer noch nicht ganz glauben was heute passiert war. Es kam mir alles so unwirklich vor, doch ein Blick an mir runter war Beweis genug, dass es Realität war. Damit ging ich mit dem schlafenden Kind ins Zelt. Ich wurde schon erwartet. Brandon saß auf seiner Liege in eine Decke gewickelt. Er hatte eine Öllampe angezündet.

„Da bist du ja endlich!" Sagte er halb wütend und halb erleichtert. Er sprang auf, als ich ganz im Zelt war und wollte mich umarmen, doch dann bemerkte er das Mädchen auf meinem Arm.

„Ein Mädchen?" Brachte er nur heraus. Er sah mich groß an.

„Ja, ich hab sie aus einem Haus am Einsatzort geholt. Sie hat ihre Mutter verloren. Sie war ganz allein." Antwortete ich schnell um Brandon nicht mehr ganz so verwirrt dastehen zu sehen.

„Verstehe...„, kam nur knapp von ihm und er machte mir den Weg zu meiner Liege frei. Ich trat hindurch. Das Mädchen schlief immer noch. Behutsam legte ich es auf der Liege ab und deckte es zu. Es war fast so, als würde ich Becky ins Bett bringen. Das machte mich ein wenig traurig, denn ich wusste, dass das nicht mehr passieren würde. Ich würde Becky nie mehr zudecken können. Und auch Nami nicht.

„Was hast du dir nur dabei gedacht Lorenor? Wieso hast du sie mit hierher genommen?" Fragte mich Brandon flüsternd.

„Ich weiß es nicht." Antwortete ich. „Aber irgendwie erinnerte sie mich an Becky erinnert und ich konnte es einfach nicht übers Herz bringen ein hilfloses, kleines Mädchen allein zu lassen." Sagte ich auf das schlafende Kind blickend.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Rin_Sui
2006-08-27T15:29:52+00:00 27.08.2006 17:29
Hallo^^
Yuna hat mir geschrieben, dass ich deine ff
unbedingt lesen muss!
Und ehrlich gesagt ist sie dir echt super gelungen!!!
Ich bin scho auf das nächste capi gespannt*sehnsüchtigwart*
kannst du mir vielleicht schreiben, wenns weiter geht?
LG
Trunks
Von: abgemeldet
2006-08-24T11:42:24+00:00 24.08.2006 13:42
Hi^^
Mir gefällt deine ff bis jetzt sehr gut!!
Die Idee ist toll,mal was ganz anderes ich freu mich schon wenn du weiter schreibst*smile*
LG
Yuna


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