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Menschen, die auf Gras wandeln I+II+III

von

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Kapitel 51

Kapitel 51
 

Als Seth und seine zwei Begleiter nach ein paar Tagesreisen die Mauern von Pe-Amun erreichten, fanden sie nicht nur die Wüste von Räubern verlassen, sondern auch die Stadt schon aus der Ferne von fremden Truppen umringt. Es war eine beeindruckende Armee, welche ihre Fänge um die prächtigen Stadttore schloss und ein unbemerktes Ein- oder Ausreisen unmöglich machte. Wo der Blick auch weilte, vernahm er ein sattes Blutrot und Sonnengelb. Die Uniformen des ausländischen Heeres zeigten den Stolz ihrer Träger, ebenso wie die schwere Bewaffnung ein fremdes Gefühl der Bedrohung heraufbeschwor.

Kämpfe tobten sichtlich keine. Die Soldaten lagerten am Ufer des nahen Nilarmes zwischen den Bauersbehausungen und teils auf den angrenzenden Feldern, hatten rund um die Stadtmauern Zelte hochgezogen und ließen sich mit selbst mitgebrachten oder aus der Stadt gelieferten Waren versorgen. Alles schien friedlich … wenn nicht die vielen Streitwagen und das scharfe Metall deutlich machten, dass dies hier nicht harmlose Wanderer waren.

„Die waren ja schnell hier“ stellte Penu fest, während sie bereits mitten durch die fremden Truppen ritten. In die Belagerungsringe war eine breite Schneise geschlagen, um Händlern und Wanderern nicht den Zutritt zur Stadt zu verwehren. Dennoch war das Reisen durch schwere Geschütze nicht eben beruhigend. Die Soldaten scherten sich nicht weiter um die Fremden und schienen sie auch nicht an etwas hindern oder kontrollieren zu wollen. Dennoch weckte es in jedem ägyptischen Herzen ein unangenehmes Gefühl, die stolze Stadt von Ausländern in Zwang genommen zu sehen.

„Die Truppen in der Wüste müssen die Nachhut gewesen sein“ vermutete Faari, der sich ebenso beunruhigt umsah. „Ich frage mich, wo unsere Armee ist. Ich sehe nicht einen ägyptischen Soldaten.“

„Faari, Penu“ bat Seth die beiden mit gesenkter Stimme zur Ruhe. „Wir sprechen hier besser nicht darüber.“ Sie wussten nicht, was während ihrer Abwesenheit im Palast geschehen war und auch nicht, welche Pläne der Pharao verfolgte. Derzeit schien die Lage entspannt, denn die Waffen ruhten und teilweise konnte man sogar neugierige Stadtbewohner zwischen den Soldatenlagern gehen sehen. Dennoch … diese Szenerie stand dem Machtzentrum des Reiches nicht zur Ehre.

So ritten sie schweigend an den eilig aufgebauten Quartieren vorbei und auf das prächtige Haupttor der riesigen Stadt zu. Je näher sie den mit goldenen Amun-Meißelungen verzierten Empfangsobelisken kamen, desto belebter wurde die Stimmung. Die ausländischen Soldaten wurden weniger und es tummelten sich nach gängiger Lebensart die Händler, feilschten oder warben für ihre Waren, welche man auf dem Marktplatz zur Genüge erstehen konnte. Auffallend war jedoch, dass auch die Präsenz der ägyptischen Streitkräfte innerhalb der Stadtmauern zunahm. Hier dominierten die weißgrauen und mit braunem Leder verzierten Uniformen aus leichtem Stoff und die fein bis schwer gefertigten Waffen der einheimischen Armee. Mehrere Truppen aus vier bis acht Mann weilten zwischen den Zivilisten verteilt und ließen ihren wachsamen Blick über das geschäftige Treiben schweifen. Sie dösten nicht wie die Ausländer vor sich hin, sie taten ihren Dienst zu Fuß oder zu Pferde, sprachen mit einzelnen Bürgern und fanden beruhigende Worte. Trotz der oberflächlichen Ruhe war allgegenwärtig zu spüren, dass die Bewohner unruhig in diesen Tagen lebten und nicht wussten, wie mit dieser Belagerung umzugehen war. Kämpfe tobten nicht und waren anscheinend auch nicht beabsichtigt … jedoch musste man diese Situation mit Vorsicht betrachten. Und dass es Kämpfe an den Reichsgrenzen gab, hatte längst Kunde gemacht. Es war eine rätselhafte, zwilichtige Stimmung, welche sich in der Hauptstadt des mächtigen Pharaonenreiches breit gemacht hatte.

Der direkte Weg zu den Palasttoren stand ihnen frei, jedoch verstärkte sich hier die Dichte ägyptischer Soldaten, welche misstrauisch dreinblickten und die Hand stets am Schwert hatten. Was war nur geschehen in dieser kurzen Zeit?
 

So ritten sie schweigend die lange Hauptstraße voran, an Händlern, Bewohnern und Kornspeichern vorbei, über Wasserläufe und Bodenbrunnen hinweg bis ihnen eine Truppe von Soldaten in den Weg trat und den Zugang zum Vorplatz des Palastes versagte. Den acht Männern voran ein sehr muskulöser Mann mit einem glänzenden Lederhelm auf dem Kopf und einem schweren, braunen Brustpanzer. Ganz offensichtlich ein hochgestellter General, denn solch prächtigen Lederschutz bekamen nur die oberen Ränge zugesprochen.

„Halt“ sprach er mit bestimmter, tiefer Stimme und ließ seine stechend hellen Augen an den drei Reitern hinaufwandern. Es war ihm nicht möglich, eine Zugehörigkeit zu den königlichen Hallen zu erkennen, denn diese Soldaten trugen keine Uniformen und dieser Priester kein Gewand. Sie waren so zurückhaltend gekleidet wie es sich für Reisende schickte. „Für Fremde besteht über diesen Weg kein Zutritt zum Palast. Bitte kehrt um, Wanderer.“

„Wir sind keine Fremden“ widersprach Faari ebenso ernst. „Wir sind Ägypter und begehren Zutritt, um …“

„Dass ihr Ägypter seid, sehe ich“ unterbrach der Oberst ihn, bevor der Satz vollendet werden konnte. „Jedoch werden derzeit keine Palastfremden an den königlichen Mauern eingelassen. Egal, ob Ägypter oder nicht. Wenn ihr etwas begehrt, so bittet euren Kontaktmann, dass er euch eine Vollmacht ausstellen möge. Wenn ihr die nicht vorweisen könnt, so dürfen wir euch nicht einlassen. Zur Sicherheit unseres Pharaos.“

„Wir wollen dem Pharao nicht schaden und sind nicht bewaffnet“ sprach Seth und stieg zur Verdeutlichung seiner guten Absichten vom Pferd ab, breitete seine schuldlosen Arme aus. „Wir kehren eben von einer Reise zurück und wünschen, unseren Bericht abzulegen.“

„Mein Bedauern, so sehr ich dir glauben möchte“ schüttelte er seinen Kopf, was den glänzenden Lederhelm in der Mittagssonne blenden ließ. „Ohne Vollmacht und Nennung eines Kontaktmannes ist der Zutritt bis auf Weiteres untersagt. Bitte kehrt um, bevor meine Soldaten euch zur Umkehr bewegen müssen. Wir haben unsere Vorschriften und gehen nur ungern gegen unsere ägyptischen Brüder vor.“

„Du weißt wohl nicht, mit wem du sprichst!“ schimpfte Penu und rutschte ebenso vom Pferd. Jedoch wurde er sogleich von Faari festgehalten, bevor er noch ganz zum Oberst stampfen konnte. Die Soldaten hatten bereits die Hand an den Waffen und waren angespannt. Zu viel ging vor sich in diesen unsicheren Zeiten.

„Bitte beruhige dich, Penu. Mit Kampf kommen wir hier nicht weiter. Auch wir wollen keinen unserer Landesbrüder verletzen“ beruhigte Seth erst ihn und blickte dann den Grenzposten mit seinen bewaffneten Männern ruhig und unbedrohlich an.

„Wenn Ihr mir nicht glaubt, so bitte ich Euch, dass ihr Djiag oder einen von ihm autorisierten Priester zur Rate zieht. Ich bin mir sicher, man wird für unseren Einlass bürgen.“

„Oder ruf Fatil!“ Penu war sichtlich erbost darüber, dass man ihnen als engen Freunden des Pharaos den Zutritt verwehrte. „Der wäscht dir den Kopf, wenn du uns nicht reinlässt!“

„Penu, benimm dich“ zischte Faari ihm zu. „Du bist Soldat, also ist dieser Oberst auch dein Vorgesetzter.“

„Und den Palastvorsteher werden wir sicher nicht rufen. Der hat wahrlich anderes zu tun, als sich mit Wüstenreisenden zu befassen. Die Berichte von außerhalb erreichen den Pharao zu Hauf und werden …“

„Oberst, wenn ich Euch respektvoll unterbrechen darf“ bat einer der Soldaten, tat einen Schritt aus seiner Reihe vor und stützte sich untergeben auf sein Knie. „Ihr solltet wahrlich einen höheren Priester zur Rate ziehen. Ich vermute, dieser Fremde ist der Geliebte des Pharao.“

„Seth?“ Der Befehlshaber blickte eben den skeptisch an, verengte seine Augen und musterte den großen Mann vor ihm. „Glaube ich kaum. Seth ist ein Priester. Er soll für seine Schönheit bekannt sein und würde nie solch versandete Wüstenkleidung tragen. Geschweige denn, dass er nur zwei Männer bei sich hätte.“

„Dies hat durchaus einen Grund“ bat Seth, legte seinen von der Reise zerschlissenen Umhang ab und zeigte, dass darunter ein durchaus wohlgenäherte und ansehnlicher Mann verborgen lag. „Wir haben eine beschwerliche Reise hinter uns und wissen, dass wir derzeit keinen Anschein von Palastzugehörigkeit zeigen. Wenn Ihr jedoch einen Bürgen für uns braucht, so fragt bitte einen Priester oder vielleicht auch eine der Palastwachen dort drüben. Sie werden Euch bezeugen, dass der Pharao uns empfangen wird und unsere Identität bestätigen.“

Der Oberst blickte die drei Reisenden misstrauisch und prüfend an. Einen ganzen Moment, in welchem er sich Zeit ausbedachte, diese fadenscheinige Auskunft zu klären. Dann erst drehte er sich herum und winkte eine der Palastwachen vom großen Tor heran. „Talib! Komm!“

Der Wachmann hörte seinen Ruf, stellte seinen Speer zur Seite, legte auch sein schweres Schild ab und lief zu dem Oberst herüber. Seine drei Mitwachenden würden auch für einen Augenblick ohne ihn achten können, dass niemand zum Haupttor herein den Palast betrat. Zumal dieser Niemand ohnehin erst an den explizit hierfür abgestellten Soldaten vorbeikommen müsste.

„Oberst“ nickte der Gerufene und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dieser kurze Lauf in der Mittagshitze hatte sein dünnes Haar klebriger gemacht und gaben seinem hellen Gewand ein paar dunkle Flecken. Es war eben keine vorzügliche Arbeit, in der prallen Sonne Wache zu halten, zumal er durchaus beleibt war. Qualitäten eher zum kräftigen Kämpfer und nicht zum ausdauernden Botenläufer.„Talib, kennst du diese Männer?“ fragte er ihn und wies auf die drei Reisenden.

„Selbstverständlich tue ich das“ gab er sofort Auskunft. „Dies sind der Priester Seth und zwei Soldaten der Pharaonenleibgarde.“ Er nickte den dreien zu und wurde erleichtert angelächelt. „Sie sind abgereist, bevor der Palastvorsteher die Zutrittsvollmachten beschlossen hatte.“

„Gut, dann glaube ich dir und Shaka“ beschloss er und schickte auch den anderen Soldaten zurück in die Reihe. Wenn zwei Männer sich getrennt voneinander für die Identität der Fremden verbürgten, so wollte er es sich mit engen Vertrauten des Pharaos nicht verderben. „Dann tretet ein, Priester. Und verzeiht, dass ich Euch nicht erkannt und den Weg versperrt habe.“

„Es ist beruhigend zu sehen, dass der Pharao pflichtbewusste Männer vor seinen Toren zu stehen hat“ dankte Seth, nahm die Zügel seines Pferdes und führte die Männer an den Wachen vorbei. „Habt Dank für Eure Dienste, Oberst.“

„Willkommen zurück, Seth.“ Er verneigte sich und ließ die drei passieren.

Sobald sie an der Sperre vorbei waren, konnten sie über den prächtig weiten Palasthof gehen und endlich den Toren zu den Königshallen nahe kommen.

Erst nachdem sie außer Hörweite waren, wand Seth sich dem Wachmann zu und erhoffte sich von dort erste Berichte. „Dank dir, Talib. Der Oberst befolgt seine Befehl wahrlich streng.“

„Kaum zu glauben, dass noch nicht jeder dein Gesicht kennt“ lächelte er zurück. Die Wachmänner kannten Seth alle, genauso wie sie jedes wichtige Gesicht kennen mussten. Schließlich waren sie diejenigen, welche speziell hierfür ausgebildet die Sicherheit des Pharao gewährleisteten. Und dem Geliebten den Zutritt zu entsagen, würde beim König mit Sicherheit nicht auf Zustimmung treffen. „Wo warst du so lange?“

„Viel eher würde ich gern erfahren, was hier geschehen ist“ gab er diese Frage gleich zurück. „Draußen diese Soldaten. Ist das Ephrabs angekündigte Armee?“

„Zum Schutze Pe-Amuns vor Libyen und Tschad“ antwortete Talib und spuckte auf den Boden, um seiner Verachtung Bedeutung zu geben. „Die ägyptische Armee hat niemals um Hilfe gebeten. Ich verstehe nicht viel von Politik, aber die Beschlüsse der Minister sind für meinen Geschmack unpatriotisch.“

„Hm.“ Dann hatte sich diese Sache bereits bis ins Volk rumgesprochen. Wäre andererseits schwer zu verheimlichen, wo doch vor der Stadt Hundertschaften eines fremden Heeres lagerten. „Und das Volk? Wie ist die Stimmung?“

„Beunruhigt“ erzählte der Wachmann frei heraus. „Kämpfe gab es bisher nicht, jedoch fehlt auch die Erklärung für diese fremdländische Unterstützung. Es heißt, Königin Ras Lanuf würde bald eintreffen. Jedoch unken viele, dass diese fremde Armee nicht zum Schutze des Palastes hier ist. Ägypten war immer auch stark genug allein.“

„Dann zweifelt das Volk an der Sicherheit unserer Stadt?“

„Schlimmer noch. Man zweifelt an der Sicherheit unseres Pharaos. Es heißt, er hätte die Königin und den Thronerben bereits aus der Stadt fortgebracht. Wilde Gerüchte machen die Runde und lassen das Volk nervös werden. Und das alles, wo doch der große Feiertag bevorsteht.“

„Dass sich das Volk angesichts solcher Militärpräsenz beunruhigt zeigt, ist nicht verdenklich“ seufzte Seth. „Hoffentlich bricht keine Panik aus. Die Massen schaukeln sich leicht gegenseitig auf. Das ist selbst mir geläufig.“

„Die Priester und die Soldaten arbeiten gemeinsam daran, die Ruhe in der Stadt zu bewahren“ gab der Wachmann leicht Auskunft. „Das Vertrauen in Djiag und den Pharao ist hoch. Noch.“

„Beten wir, dass es so bleiben möge“ nickte Seth und blieb noch den letzten Augenblick stehen, als Talib am großen Torbogen seine Waffen an sich zurücknahm, um dann fortgesetzt seinen Platz vor der offenen Halle einzunehmen. „Ich danke dir für deinen Bericht.“

„Dir berichte ich gern, sofern ich es kann“ erwiderte er vertrauensvoll. „Aber du weißt, wir Wachen bekommen nicht allzu viel Kenntnis von den wichtigen Dingen. Du solltest den Pharao besser selbst nochmals befragen.“

„Das werde ich. Mögen die Götter mit dir sein.“

„Danke, Seth.“

Als er sich fortdrehte hatte er wenigstens schon etwas mehr darüber erfahren, was während ihrer Abwesenheit geschehen war. Jedoch die Fragen, welche er sich wirklich stellte, konnte der treue Wachmann nicht beantworten. Allem voran die Frage nach Atemus Befinden. Er sah so kränklich aus und übermüdet. Seth hatte ihn gar nicht verlassen wollen. Hoffentlich hatte ihn nicht eine Krankheit heimgesucht, welche er sich selbst zuletzt zugestehen würde. Und die Frage nach Ephrab. Hatte der Pharao ihn mittlerweile enttarnen und strafen können? Hierbei aber auch die Frage nach dem Ministerrat, welcher hier einem Verräter den Rücken deckte. Hätte etwas derartiges wie ein Putsch stattgefunden, hätten selbst die Wachen davon Kenntnis erhalten. Jedoch schien sich in den Führungsriegen kaum etwas verändert zu haben. Vielleicht war auch diese fremdländische Armee ein Grund, welcher das Handlungsfeld des Pharaos einschränkte. Es war eine verzwickte Lage, welche Seth nur schwerlich zu verstehen mochte. Er wusste viel über Politik, jedoch beschränkte sich dies lediglich auf das Wissen und nicht das Leben. Er wusste nichts davon, wie man Massen lenkte und militärische Strategien erarbeitete. Er konnte Menschen betören und ihnen etwas vorlügen, ihnen weißmachen, er verstünde sie. Nicht jedoch konnte er dem Pharao einen Rat geben, wie er mit anderen Königreichen verfahren sollte. Wäre er selbst ein Adliger oder Kind eines reichen Hauses, so würde er davon vielleicht mehr verstehen als nur die Lehre hoher Bildung. Ihm fehlte die Praxis des Wissens, ein Vorbild. So stieg in ihm wieder dieses Gefühl der Nutzlosigkeit auf, welches seine Kehle zuschnürte und sein Herz schwerer schlagen ließ. Er würde alles für seinen Pharao tun, alles für Atemu. Wenn er doch nur wüsste was dieses Alles bedeuten könnte. Er konnte bereits die tiefe Trauer um den alten Fatil kaum nachfühlen, da er selbst kein Gefühl, keine Erinnerung an Familie besaß. Und nun konnte er kaum das Gefühl verstehen, wie es war, sich vor ein ganzes Volk und seinen traditionellen Stolz zu stellen. Wie konnte er nur seinen Pharao, seinen Geliebten mehr stützen? Er wollte mehr tun, als nur stetig nicken. Er wollte verstehen und fühlen. Und doch … er war nutzlos.

„Seth.“ Faari weckte ihn aus seinen schweren Gedanken, stieß ihn an und lenkte den Blick auf eine kleine Garde ausländisch wirkender Männer, welche direkt auf sie zusteuerten.

Es waren vier kräftige, hoch gebaute Mannen mit schlanken Schwertern an den Gürteln. Ihre Kleidung war die fremde Uniform aus blutrotem Rock und sonnengelber Robe, grob gewebt und farbensatt. Schlichte Stickereien an den Schultern und dünnes Leder an den Füßen. Die Haut der Soldaten war durchweg hellbraun, ihr Haar schwarz bis dunkelbraun, jedoch kurz geschoren, um im Kampfe nicht zu stören. Und in der Mitte dieser vier stattlichen Soldaten schritt ein Mann, welcher jeden Blick auf sich lenkte. Seine Haut war sehr dunkel, fast schwarz, der geflochtene Zopf aus dickem, vollem Haar geformt. Ein typischer Mann aus südlichen Reichen stämmig schien er jedoch nicht zu sein, denn seine Nase war ebenso fein gewachsen wie seine recht schmalen Lippen. Auch war seine Statur eher zierlich. Nicht unmännlich, jedoch war er lange nicht so kräftig wie die schwarzen Sklaven, welche gern nach Ägypten gebracht und aufgrund ihrer robusten Stärke begehrt wurden. Ein merkwürdiger Mann, vielleicht ein Mischling aus dem fernen Orient und dem schwarzen Süden. Seine Uniform jedoch sprach eindeutig, dass er diesen fremden Soldaten zugehörte. Durch seine geschlossenen Schuhe und den silbernen Gürtel, sowie die mit Edelsteinen verzierte Scheide eines Dolches zeigte sich, dass er einen höheren Rang bekleidete. Er trat näher und seine schwarzen Augen ruhten auf Seth, welchen er unumwunden musterte und dies auch dann noch tat als er grußlos nur einen Schritt vor ihm entfernt Halt machte. Der Feldherr blickte ihn an, seine schwarzen Augen groß und glänzend, seine schmalen Lippen bebend. Seine dunkle Haut schimmerte in der heißen Sonne und sein glattes, dickes Haar entließ im schwachen Wind eine Strähne aus dem Zopf.

„Gepriesen sei unsere heilige Erde“ hauchte der fremde Schwarze und seine Augen füllten sich mit Tränen, während sie Seth betrachteten. „Zahir, es ist geschehen. Wir haben es wahr gemacht.“ Er legte seine dunklen Hände an Seths Arme und keuchte nach Luft. „Ich wollte es nicht glauben, aber … Zahir, ach … du hast … du hast nicht gelogen. Du sprachst die Wahrheit.“

„Verzeiht, Fremder.“ Seth wusste nicht, wie er darauf zu reagieren hatte. Er kannte diesen ranghohen Mann nicht und hatte keine Ahnung, weshalb dieser so außer sich war. Deshalb trat er einen Schritt zurück, um sich aus seinem zitternden Griff zu erlösen. „Ihr müsst mich verwechseln.“

„Wie?“ Der aufgewühlte Feldherr blickte ihn geschockt an und trat ihm langsam den Schritt nach. „Fremder? Zahir, erkennst du mich denn nicht? Bitte sag, dass du mich erkennst. Ich …“

„Es tut mir leid, Soldat, aber wir haben es eilig.“ Er brachte sein Pferd in Bewegung und ging langsam an ihm vorbei. „Ihr verwechselt mich mit jemandem. Verzeiht.“

Er wusste nicht, weshalb er diesem Fremden nicht helfen mochte. Er kannte ihn nicht und ganz eindeutig wurde er hier Opfer einer Verwechslung. Vielleicht hätte er sich Zeit nehmen und diese Sache aufklären sollen … dennoch … sein Herz zog ihn fort. Halb getrieben aus Sehnsucht nach seinem Pharao … und halb getrieben fort von diesem sonderbaren Mann mit seinen verwirrten Tränen …



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