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Liebe, bis dass der Tod sie scheidet

von

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Blinzelnd öffnete Zadei die Augen und starrte angestrengt in die Dunkelheit, die ihn umgab. Es dauerte eine Weile, bis er sich an die fast vollkommene Schwärze gewöhnt hatte. Sein Blick glitt über den staubbedeckten Boden. Eine fette Ratte huschte von der einen Ecke in die andere, drehte den Kopf linkisch nach rechts und links, blitzte den Dämonengeneral an. Angewidert verzog er das Gesicht. Mit einem leisen Stöhnen drehte er sich auf die Seite und erblickte Titius' schlafende Gestalt direkt neben sich. Behutsam tastete er nach seiner Hand, nahm sie zwischen seine eigenen Hände, küsste die kalten Finger, die schlaff in seinem Griff lagen.

Auf dem Gang ertönten Schritte, hielten direkt vor der Tür ihres elenden Gefängnisses inne. Jemand sagte etwas, das er nicht verstand, woraufhin ein lautes, donnerndes, gröhlendes Lachen ertönte.

Still verharrte er dicht an seinen Geliebten geschmiegt und lauschte seinem eigenen Atem, der viel zu schnell und stoßweise kam, wie er bemerkte. Er rührte sich nicht, als würde ihn seine Reglosigkeit für den Angreifer unsichtabr machen, horchte nach den Stimmen, den Blick konzentriert ins Nichts gerichtet. Schützend legte er die Arme locker um den jungen Dämon, der von all dem nichts mitbekam, tief und fest schlief.

Er fragte sich, ob gleich die Tür aufgerissen würde, ob sie wieder in die Folterkammer gezerrt würden, um Gelms, Laures' oder wessen Willkür auch immer ausgesetzt zu werden. Ein großer Kloß in seinem Hals erschwerte ihm das Schlucken. Er konnte alles ertragen, aber nicht Titius erneut leiden zu sehen, ohne etwas ausrichten zu können und genau das würde, solange er das verdammte Halsband trug, der Fall sein.

Er hörte, wie etwas von außen an der Tür entlang schabte. Verschreckt schloss er die Arme noch fester um den schlafenden Dämon an seiner Seite und krümmte sich. Er spürte die raue Wand in seinem Rücken. Es gab kein Entkommen für sie, schoss es ihm durch seine Gedanken. Er blickte hinab auf Titius, der ahnungslos da lag, die Hände auf Gesichtshöhe zu lockeren Fäusten geballt. Im Schlaf hatte sich all der Schmerz, den er zuvor zu verbergen versucht hatte, ungehindert auf seine Züge gelegt.

Die Stimmen auf dem Flur entfernten sich, verebbten. Die Tür blieb verschlossen. Keine groben Hände, die ihm seinen Geliebten aus den Armen rissen, um ihn auf's Neue leiden zu lassen. Zadei bettete den Kopf schräg an Titius' Schulter, so dass er sein Gesicht im Blickwinkel behielt. Er lächelte. Eindrucksvolle, schöne Züge, selbst jetzt noch. Er schob sein wirres Haar, das wie ein Umhang um seine Schultern lag, zur Seite und küsste ihn sanft auf die Wange, unter das linke Auge, dorthin wo er vorhin einen bereits verblassenden blauen Fleck ausgemacht hatte. Seine Finger glitten tiefer, fuhren über seine Brust, um die nun notdürftig ein paar schmale Stoffbahnen, die wohl ebenfalls aus Titius' Hose stammten, da diese nur noch in jämmerlichen Fetzen an ihm hing, gerade so noch sein Gesäß verdeckte, was auch für sein eigenes Beinkleid galt, wie er nun bemerkte. Ein Paar Hosenbeine hatte wohl nicht gereicht, um ihrer beider Verletzungen alle zu verbinden.

Kalter Zorn ergriff vom Shogun Besitz, als er vereinzelt rote Stellen, an denen Blut durch den dünnen Leinenstoff gesickert war, auf dem improvisierten Verband entdeckte. Sachte strich er mit den Fingerspitzen über die blutverkrusteten Handrücken seines Liebsten. Unbehaglich verzog der junge Dämon das Gesicht, gab einen leisen Laut des Unwillens von sich und versuchte sich unbewusst der Berührung zu entziehen.

Langsam zog Zadei seine Hand zurück.

-"Was hast du Furchtbares durchmachen müssen?", flüsterte er schmerzlich. Tiefe Pein übermannte ihn. Er verbarg sein Gesicht in Titius' Halsbeuge und weinte lautlos.
 

Hilda saß im Schlossgarten auf einer Bank und betrachtete das Beet Pusteblumen vor ihr. Der Wind strich sachte durch die weißen, weichen, runden Köpfe und raffte sie davon. Auseinander gepflückt schwebten sie dahin, selbst nicht wissend, was ihr Ziel sein würde. Sie blickte auf ihre im Schoß gefalteten Hände. Die zahlreichen Ringe, die sie noch am Tag zuvor getragen hatte, allesamt Geschenke von Laures, hatte sie abgenommen. Sogar den Ehering hatte sie abgesetzt. Sie konnte sie plötzlich nicht mehr an sich ertragen. Es war sowieso nie ihre Art gewesen, sich in solchem Übermaß mit irgendwelchem Prunk zu schmücken. Sie hatte es nur Laures zuliebe getan.

Ihre schlanken Finger verschränkten sich krampfhaft miteinander. Unerwartet hatte sie gestern Nacht die Sehnsucht übermannt. Sie wollte zurück in die Menschenwelt. Sie verspürte schlicht und einfach Heimweh. So hatte sie zuletzt empfunden, kurz nachdem sie mit Laures in die Makai gegangen war. Sie hatte sich niemals allein oder einsam gefühlt, seit sie hier war, aber nun tat sie es... weil sie enttäuscht war und festgestellt hatte, dass sie die einzige Person, die ihr in ihrem Leben etwas bedeutete nicht halbwegs so gut kannte, wie sie geglaubt hatte. Der Mann an ihrer Seite schien ein Trugbild zu sein. Die Gewissheit stets jemanden hinter sich zu haben, der sie beschützte, sie liebte und niemals im Stich lassen würde, war zusammengefallen wie ein wackeliges Kartenhaus. Liebevoll zu sein und Schutz zu spenden waren Eigenschaften des Laures, wie sie ihn bisher gesehen hatte. Aber dieser Laures existierte gar nicht, so glaubte sie nun und dem wahren Laures, so wie sie ihn nun kennen gelernt hatte, traute sie es nicht mehr zu so etwas wie Zuneigung oder Liebe zu empfinden. Jemand der so grausam und gnadenlos war...wo sollte er in all der Kälte, die in ihm herrschte einen Platz für ein liebendes Herz haben? Sie wusste nicht was sie fühlte. War sie traurig? War sie wütend? Fühlte sie überhaupt irgendetwas? Ihr Blick wanderte zurück zu den Pusteblumen. Sie beugte sich vor und pflückte eine, hob sie nah an ihr Gesicht. Eine ganze Weile betrachtete sie sie reglos, in Gedanken versunken, dann blies sie gegen sie. Sie löste sich regelrecht auf, in viele, kleine, weiche Flöckchen, die sich vom Wind willenlos forttragen ließen.

Vergänglichkeit...ihr war als blicke sie ihr direkt ins Antlitz. Sie musste daran denken, dass alles ebenso vergänglich war wie diese Pusteblume, von der sie nur noch den Stängel zwischen den Fingern hielt. Sie, Laures, Zadei und Titius, das geräderte Dämonenmädchen, der Küchenjunge ohne Hände, alles...jeder. Und die Liebe? War sie ebenso vergänglich? Konnte Liebe von einem Moment zum nächsten erlischen? So wie eine Pusteblume von einem Moment zum nächsten einfach verschwand? Sie hatte das Gefühl, dass genau das mit ihrer Liebe geschehen war. Laures hatte seinen Atem gegen sie gehaucht und sie war in unzählige Fragmente zerfallen.

Sie hörte den Kies des Weges unter ruhigen Schritten knirschen. Ein Schatten legte sich über sie. Aus dem Augenwinkel sah sie ein Stück eines roten Samtumhanges im Wind tänzeln.

-"Ich muss mit dir reden", erklang Laures' Stimme ernst.

Sie sah ihn an und empfand nichts bei seinem Anblick.

-"Bitte", entgegnete sie, " Ich bin ganz Ohr".

-"Nicht hier. Komm' mit...in den Thronsaal". Er drehte sich um und ging wieder, ohne auf eine Antwort zu warten.

Sie erhob sich und folgte ihm.
 

Als sie im Thronsaal angelangten, wurden sie bereits erwartet. Eine Gruppe Dämonen, die Hilda, mit Ausnahme von Gelm und Rakuto, gänzlich unbekannt war, hatte sich versammelt und sahen ihnen, unter leichten Verbeugungen, entgegen. Ihre Gesichter wirkten starr und maskenhaft. Hilda fühlte sich von ihren Blicken regelecht durchbohrt. Sie sollten wegsehen...alle miteinander. Das Gefühl der Sicherheit, das sie zuvor stets in Laures' Nähe empfunden hatte war ebenfalls verschwunden.

Der Dämonenkaiser ließ sich auf den rechten von zwei Thronen sinken und schlug die Beine übereinander. Hilda hingegen blieb vor der Stufe, die zu den beiden Thronen führte, von denen einer der ihre war, stehen. Sie würde sich nicht neben ihn setzen. Niemals wieder würde sie sich auf diesen Thron begeben.

-"Nun, was wolltest du mir sagen?", fragte sie. Ein ungutes Gefühl machte sich langsam aber sicher in ihr breit.

Er ließ sich Zeit mit der Antwort, als überlege er, wie er es am besten ausdrücken sollte. Schließlich blickte er sie direkt an. Seine gesamte Aufmerksamkeit galt nun ihr.

-"Ich habe über das, was du gesagt hast nachgedacht. Du hattest Recht. Ich habe dir Dinge verschwiegen und dich belogen und ich sehe ein, dass das nicht der richtige Weg war. Es tut mir leid".

Ein skeptischer Blick ihrerseits glitt über ihn hinweg. Das konnte nicht alles sein. Das hätte er ihr auch später sagen können, wenn sie allein waren. Es passte nicht zu Laures, dass er in Gegenwart seiner Untergebenen um Verzeihung bat, oder gar Fehler eingestand.

-"Ich will nicht, dass es zu erneuten Missverständnissen kommt", sprach er weiter, als Hilda nichts entgegnete, " Deswegen werde ich von nun an absolut und vollkommen aufrichtig dir gegenüber sein". Ein kaum merkliches Lächeln, dass Hildas Augen allerdings nie im Leben hätte entgehen können, huschte über Laures' Lippen bei diesen Worten. Er stand auf und deutete auf die Dämonengruppe im Saal.

-"Mein Berater", er wies auf Gelm, der Hildas ungläubigen Blick kühn erwiderte, "und ich haben Zadeis und Titius' Hinrichtung endgültig beschlossen. Sie wird in drei Tagen auf dem Palasthof stattfinden und ab heute Nachmittag offiziell im ganzen Reich verkündet werden. Gelm ausgenommen, bist du gemeinsam mit den übrigen hier Anwesenden die Erste, die es erfährt. Sie sind alle Personen meines Vertrauens und werden sich um die Kleinigkeiten kümmern. Die Bekanntmachung, den Aufbau des Schafotts, die Beseitigung der Leichen und so weiter, du weißt was ich meine".

So ungerührt als erzähle er von den Geschehnissen während eines Spazierganges an einem sonnigen Nachmittag, klärte er sie über den geplanten Verlauf auf.

-"Es wird eine Anklage verlesen werden mit anschließender Urteilsverkündung. Zadei wird als erster hingerichtet. Ich werde ihn steinigen lassen. Zu diesem Zweck wird er mit auf dem Rücken gefesselten Händen bis zur Hüfte eingegraben werden. Titius wird während dessen selbstverständlich anwesend sein und dem beiwohnen. Wenn Zadeis Dahinscheiden dann vollzogen ist, wird ihm der Scharfrichter die Flügel abgeschlagen...falls er bis dahin nicht an gebrochenem Herzen von selbst gestorben ist". Gelm lachte meckernd. Laures ließ ihn gewähren. "Ich habe mich deshalb für diese Reihenfolge entschieden, weil Zadeis Tod erheblich länger dauern wird und ich finde es wäre nicht gerecht, Titius seinen langen Leidensweg vorzuenthalten".

Mit ausdruckslosen Augen starrte Hilda ihn an.

-"Nun, jetzt bist du im Bilde. Dieses Mal ist nichts von dem, was ich gesagt habe gelogen und ich habe dir auch nichts verschwiegen. Das können dir Gelm und die anderen jeder Zeit bestätigen. Ich hoffe das war in deinem Sinne", sagte er ernst, aber seine Stimme und sein Blick troffen vor Süffisanz.

Ein kurzer Moment der vollkommenen Stille breitete sich zwischen ihnen aus.

-"Was habe ich nur jemals an dir gefunden?", ertönte dann leise die Stimme der jungen Frau. "Du bist ein Monstrum Laures. Ich verachte dich!"

Der Dämonenfürst nahm es dankend mit einem Lächeln hin.

Energisch wirbelte Hilda herum und eilte aus dem Thronsaal, rannte beinahe schon. Keine Sekunde länger wollte sie seinen Anblick ertragen müssen.
 

Möglichst lautlos schob Hilda die Leiter vor die Regalwand gegenüber der Fensterfront. Es war bereits tiefe Nacht, ihre Lider fühlten sich an, wie mit Blei gefüllt. Laures würde sich sicher nicht darüber wundern, dass sie ihrem gemeinsamen Schlafzimmer fern blieb, nicht nach allem, was vorgefallen war. Unnachgiebig rieb sie sich die Müdigkeit aus den Augen. Sie hatte den ganzen Tag in der Bibliothek verbracht, das war das letzte Bücherregal. Es musste hier stehen. Es musste! Es konnte nirgendwo anders sein. Sie blickte an dem Regal empor, das bis unter die hohe Decke reichte. Es konnte sich nur noch um einige Stunden handeln. Sie stieg die Leiter empor, begann mit den Büchern, die sich ganz oben befanden. An jedes einzelne hielt sie die unaufhaltsam herabbrennende Kerze, beleuchtete die ledernen, antik anmutenden Buchrücken und entzifferte konzentriert die Lettern auf ihnen.

Nach drei weiteren Stunden weiteten sich Hildas, vor Müdigkeit kleine und geschwollene Augen, als das spärliche Licht der Flamme einen unscheinbaren, schwarzen, mit großen roten Lettern beschrifteten Buchrücken erleuchtete. Sie unterdrückte den gellenden Freudenschrei, der ihre Kehle empor sprudelte. Eilig zog sie das Buch hervor, stieg die Leiter hinab und setzte sich an den großen Tisch. Wie ein Heiligtum legte sie es vorsichtig vor sich hin und schlug es auf. Ihre Augen flogen über die Seiten. Sie konnte die Schrift nicht lesen. Sie war zu alt, wahrscheinlich einige hundert Jahre älter als die Dämonenschrift, mit der sie sich auseinandersetzte, seit sie in der Makai lebte. Sie blätterte weiter. Es war nicht wichtig die Worte entziffern zu können. Sie brauchte nur die Baupläne, nichts weiter. Sie würde sie auch ohne die Anmerkungen, die an den Rändern standen verstehen können.

Seite für Seite studierte sie die alten Zeichnungen. Das Papier war schon völlig vergilbt. Irgendwann musste sie finden, was sie suchte. Es gab kein Schloss ohne Geheimgänge. Geduldig sah sie sich die architektonischen Skizzen eine nach der anderen an. Fast ganz zum Schluss, enteckte sie ein aufklappbares Bild. Sie breitete es ganz vor sich aus und klatschte einmal freudig erregt in die Hände. Das waren sie! Sämtliche Geheimgänge, unterirdisch und nicht unterirdisch, klar und deutlich in den Bauplan des Palastes eingezeichnet. Sogar in unterschiedlichen Farben. Hilda bemerkte, dass ihre Hände leicht zitterten, als sie sie flach auf das Papier legte, um es glatt zu streichen.

Die gesamte restliche Nacht verbrachte sie damit, sich den Plan immer und immer wieder anzusehen, auszurechnen, welche Wege kürzer waren, abzuwägen welche sicherer waren. Schließlich entschied sie sich für einen verborgenen Gang, der im Kellergewölbe lag und unterirdisch durch ein Waldstück führte. Er war mit einer kleinen, unscheinbaren, wohl längst in Vergessenheit gerateten Kapelle verbunden, die irgendwann einmal für zwielichtige Rituale genutzt worden sein musste. Der Weg war zwar nicht wirklich der kürzeste, aber der praktischste, da er eben im Keller seinen Ursprung hatte. Unzählige Male hatte sie mit geschlossenen Augen am Fenster gestanden oder war um den Tisch herum gewandert, während sie sich im Geiste den Plan immer wieder vor Augen rief, sich gedanklich vorstellte wie sie der violetten Tintenlinie folgte. Als der Morgen dämmerte, beschloss sie die Bibliothek zu verlassen. Einen kurzen Moment zögerte sie, ob sie den Plan nicht einfach aus dem Buch heraustrennen sollte. Die Wahrscheinlichkeit, dass es irgendwann irgendwem auffallen würde war wohl eher gering und wenn doch, dann würde es sicher nicht so bald geschehen...hoffte sie. Sie entschied sich allerdings das Risiko besser nicht einzugehen, ihr Vorhaben war so schon gewagt genug. Sie würde sich voll und ganz auf ihr Gedächtnis verlassen müssen. Sie konnte nur beten, dass es sie nicht erneut im Stich lassen würde.

Sie schlug das Buch zu und stellte es zurück in das Regal, danach schob sie die Leiter wieder in die Ecke, in der sie üblicherweise stand und verließ die Bibliothek. Kurz blickte sie zu beiden Seiten den Gang entlang. Es war niemand zu sehen. Auf nackten Sohlen huschte sie in eines der zahlreichen Gästezimmer.
 


 

Schon zum wiederholten Male an diesem Nachmittag, lief Hilda über den Flur. Immer wieder schritt sie ihn, so unauffällig wie möglich, auf und ab, wobei sie in Gedanken den Verlauf des Geheimganges durchging. Sie blieb an einem der Rundbogenfenster stehen und blickte hinunter in den Hof. Bald würden die Vorbereitungen beginnen. Sie sah hinüber zu der Treppe, die in das Kellergewölbe führte. In wenigen Minuten müsste es wieder soweit sein. Sie wandte sich vom Fenster ab und schritt weiter den Gang hinab. Einen Augenblick blieb sie stehen und schloss die Augen. Tausend Gedanken schwirrten durch ihren Kopf. Gedanken, die sie zu verdrängen versuchte, die sie nicht gebrauchen konnte...sie konnte später darüber nachdenken, wenn es geschafft war. Sie drehte sich seufzend um und schritt langsam zurück. Zunächst leise, entfernte, zunehmend lauter werdende Schritte näherten sich. Sie hörte das verhaltene Geräusch einer Schwertscheide, die ryhthmisch, bei jedem Schritt gegen eine Rüstung stieß.

Ruhig kam ein Soldat über den Gang, blieb stehen, als er Hilda erblickte und verbeugte sich respektvoll. Sie nickte leicht, woraufhin er seinen Weg fortsetzte und die Treppe zum Kellergewölbe hinab stieg. Aufmerksam blickte sie ihm nach. Ein paar Momente später ertönten erneut Schritte auf der Treppe und ein anderer Soldat erschien auf dem Gang. Also war es wie sie es vermutet hatte. Die Wache im Kellergewölbe war allein und wechselte zu jeder vollen Stunde. Umstände, die ihr zugute kamen. Nun wo sie Gewissheit hatte brauchte sie die Soldaten nicht länger zu beobachten. Sie machte sich auf den Weg in ihr Zimmer. Als sie dieses Mal kurz am Fenster inne hielt und hinunter in den Hof sah, tummelten sich dort ein paar Dämonen, die begannen das Schafott aufzubauen. Etwas abseits, saß der Scharfrichter, maskiert wie er es immer war, sobald er in die Öffentlichkeit trat, und schleifte eine mannshohe Axt. Die Zeit drängte.
 

Es war mitten in der Nacht, der gesamte Palast schlief, als Hilda lautlos aus ihrem Zimmer schlüpfte. Einem Schatten gleich huschte sie, mit den Wänden eins werdend, ungesehen über die Gänge.
 

Die Wache gähnte geräuschvoll, rieb sich über ihre Augen. Sie wippte mit dem Schemel, auf dem sie saß, vor und zurück, streckte ihre langen Beine von sich und betrachtete desinteressiert ihre Stiefelspitzen. Sie lehnte ihren Kopf an die Wand und ließ sich von den bizarren Gestalten, die die wenigen Fackeln auf Boden, Gemäuer und Decke reflektierten, einlullen. Wie überdimensionale Scherenschnitte tanzten sie vor ihren übermüdeten Augen hin und her. Sie versuchte konkrete Figuren in ihnen auszumachen. Ein Spiel, von dem sie hoffte, dass es sie bis zum Wachenwechsel wach halten würde. Der junge Soldat war schon seit geraumer Zeit in die Schattenbilder vertieft, als ein leises Klirren ihn zurück in die Realität zerrte. Er wandte sich um. Es war niemand zu sehen. Den Kopf schüttelnd vertiefte er sich erneut in seine Fantasiegebilde.
 

Angespannt hielt Hilda den Atem an und drückte sich fest an die Wand, in der Hoffnung die Wache möge sie nicht entdecken. Ein lautloses Seufzen entrang sich ihrer Kehle, als der Soldat seine Aufmerksamkeit wieder auf etwas anderes richtete. Auf leisen Sohlen setzte sie ihren Weg mit kleinen Schritten fort.
 

Eine Bewegung, die sie aus dem Augenwinkel heraus gesehen hatte, lenkte die Wache erneut von den flackernden Formen ab. Misstrauisch äugte der Dämon in die Dunkelheit. Mit einem kaum hörbaren Laut des Schreckes fuhr er hoch, als er für einen Augenblick die Umrisse einer Person ausmachte.

-"Ist dort jemand?"

Die schemenhafte Shilouette tauchte in den Schatten unter, entzog sich seinem Blick.

-"Laures-Sama?" Langsam wanderte seine Hand zu seinem Schwert. Ein leicht kühler Luftzug streifte ihn, er hörte das Rascheln von Stoff. Wie aus dem Nichts tauchte eine in Schwarz gehüllte Gestalt vor ihm auf. Ein Ruck ging durch seinen Körper. Er schloss die Finger um den Schwertgriff, doch ehe es ziehen konnte, traf ihn etwas hartes mit voller Wucht mitten ins Gesicht. Stöhnend ging er zu Boden, kauerte auf allen Vieren neben dem Schemel und presste die linke Hand auf Nase und Mund.

Mit einem großen Schritt trat Hilda hinter ihn. Eine fließende Bewegung aus dem Handgelenk heraus, ließ die um ihre geballte Faust gewundene Kette hinab über ihre Finger rutschen. Sie umfasste mit jeweils einer Hand ihre Enden, wickelte sich jedes Ende einmal um die Unterarme, um mehr Kraft aufzubringen, schlang sie von hinten um den Hals der Wache und zog zu.

Reflexartig griff der Soldat nach der Kette, die ihm seine Energie regelrecht aus seinem Körper zu saugen schien. Er versuchte die Hände zwischen die kalten Glieder und seinen Hals zu schieben, was ihm nicht gelang. Er keuchte laut auf. Seine Sicht drohte zu verschwimmen, er fühlte sich plötzlich furchtbar schwach. Sein Atem ging schneller, vergeblich wand er sich hin und her. Unnachgiebig zog Hilda die Kette immer enger. Der Soldat kippte vorn über, fing sich mühsam mit den Händen ab. Verzweifelt krallte er die Finger in den Boden. Er fühlte sich, als läge eine zentnerschwere Last auf ihm. Silberranke, schoss es ihm durch den Kopf. Mit aller Kraft versuchte er sein Schwert zu ziehen. Seine angespannten Muskeln zitterten. Er spürte wie der Druck auf seine Kehle nachließ.

-"Wo sind Zadei und Titius?". Wie durch dicke Watteschichten drang eine gedämpfte Stimme an seine Ohren. Er blinzelte, stemmte sich gegen die Kette, die daraufhin sofort wieder enger gezogen wurde.

-"WO?!"

Panisch schnappte der Dämon nach Luft. Vergeblich versuchten sich seine Lungen mit Luft zu füllen. Erneut löste sich die Kette ein paar Zentimeter. Röchelnd stöhnte er erleichtert auf, atmete tief ein.

-"Todeszelle...am Ende...des...Kellers...", stieß er abgehackt hervor.

-"Schlüssel!" Fordernd streckte sich ihm eine behandschuhte Hand entgegen.

Zitternd deutete die Wache hinter sich auf ihren Rücken und schluckte trocken.

-"Hier...". Hilda zerrte das Obergewand des Dämons beiseite und entdeckte einen Schlüsselbund mit nur 5 Schlüsseln, der im Gegensatz zu den anderen drei, die an seiner Seite hingen, hinten an seinem Gürtel befestigt war. Mit einem Ruck löste sie ihn und hielt ihn ihm hin.

-"Welcher?"

Er zögerte. Dafür würde Laures ihn in aller Öffentlichkeit pfählen lassen. Er presste die Augen zusammen. Wieso geschah das jetzt? Warum ihm? Warum nicht einem der anderen Soldaten? Erneut zog sich die Kette eng um seinen Hals zusammen, drohte ihm den Kehlkopf zu zerquetschen. Er biss sich auf die Unterlippe, bis Blut unter seinen Zähnen hervor perlte.

-"Willst du sterben?". Das scharfe Zischen schien ewig zu brauchen, um zu ihm durchzudringen. Er schüttelte so weit es möglich war den Kopf, schluchzte verzweifelt auf. Er wollte doch nicht sterben! Nicht hier! Nicht jetzt! Jetzt und hier wollte er leben! Zuhause warteten seine Frau und sein zwei Monate altes Kind auf ihn, er _musste_leben! Er verdrängte den Gedanken an Laures. Schwerfällig nestelte er an den Schlüsseln.

-"Der...rost...ige...".

Wortlos zog Hilda die Kette nun so fest sie nur konnte. Die Wache sackte zusammen auf den Boden, keuchte herzerweichend. Sie streckte den Arm der Dunkelheit des Ganges entgegen, als erwarte sie einen unverhofften Retter. Voller Angst spürte sie wie ihre Kraft sie gänzlich verließ. Ihr wurde schwindlig, alles drehte sich in und vor ihr. Sie schloss die Augen, versuchte gewaltsam Luft in ihre schmerzenden Lungen zu pressen. Speichel floss aus ihren Mundwinkeln.

Schließlich erstarb der Widerstand des Dämons, mit einem dumpfen Laut fiel sein Arm leblos herab. Stumme Tränen vergießend überließ er sich der tiefen Besinnungslosigkeit, die sich seiner bemächtigte.

Sobald der Soldat sich nicht mehr regte, löste Hilda sofort die Kette. Sie nahm ihm sein Schwert ab, hob eine der Fackeln aus ihrer Halterung und rannte den verborgensten, tiefsten Winkeln des Kellergewölbes entgegen.
 

TBC
 

Sorry, keine Kaffeekränzchen dieses Mal. Ich bin groggy und muss bis zu 10 Stunden am Tag arbeiten *um Verständnis bittet*

Trotzdem hoffe ich wie immer, dass alle ihren Spaß hatten ^^v

Und natürlich können mir alle wie immer ihre Begeisterung, Morddrohungen, seelischen Zusammenbrüche, Wutanfälle usw. wie stets per ENS mitteilen ^.-

Bis zum nächsten Kappi

die Psychose

^^/



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  AssassinsAtu
2006-08-18T08:08:31+00:00 18.08.2006 10:08
Der arme Soldaaaaaat *plärr* XD aber stimmt, Hilda muss au tot gehen...schon,weil ich sie überhaupt nicht mag -_-Laures ist wieder der Arsch XD gefällt mir. Herrjeh. bitte weitermachen ^^
*plüschz*
Gabriel XD
Von:  das_inale
2006-08-12T00:55:54+00:00 12.08.2006 02:55
hui, wow diesmal hab ichs doch tatsächlich mal geschafft frühzeitig mitzukriegen, dass ein neues kappi da ist und net erst dann, wenn du mir irgendwann ne ens schickst! (das ist ubrigens echt lieb! danke!) *trotzdem stolz ist*

aber zum wesentlichen:
hilda geht jetzt so richtig in den widerstand! *freu* ich mag sie immer mehr! ^^ aber ich fands auch die gedanken, die sich hilda über liebe und vergänglichkeit gemacht hat, echt gut! auch dann mit dem bild von der blume und so -> schön geschrieben! ^^
zu laures .. nya, muss ich ja fast nichts sagen, oder? irgendwie ist der ja schon krass drauf wie er seine "liebsten" alle infos zur hinrichtung verklickert und dabei noch sadistisch grinst, kann ich mir richtig vorstellen! würden unter seiner art nicht zadei und titius leiden, wäre er ja schon fast wieder cool-böse!
aber die beiden mag ich da doch einfach noch viel viel lieber! und zadei war ja so schrecklich lieb wie geweint hat! hach, die zwei verdienen es echt glücklich zu werden nach allem, was sie schon haben durchmachen müssen!!

ach, es dauert noch 5-6 kapitel?! kein problem... lass dir zeit!! ^^
aber die idee mit azura... mhh, klingt schon...nya interessant! *rofl*

dann bis hoffentlich bald zum nächsten kappi! feru mich echt schon drauf, dass die ganze rettungsaktion da so richtig ins laufen kommt! ich nehm ja auch mal an, dass nicht alles so glatt laufen wird wie hilda sich das denkt... aber zumindest ist zadei dann bald mal das dumme halsband los und dann soll laures sich mal auf was gefasst machen... muhaha!!! ^^

das_inale
(...ich glaub, ich mach viel zu oft dieses zeichen ^^!) dann eben so XD
Von: abgemeldet
2006-08-10T13:36:19+00:00 10.08.2006 15:36
=___= nun muss hilda aber auch sterben. immerhin hat sie jemaden umgebracht. fals der junge denn auch tot is. *Drop* aber ich mag sie immer weniger gern ¬_¬
aber wer war das auf dem gang der da geredet hat? oO war das laures oder hilda?
und laures er ist einfach nur toll. ich glaube ich nerve oder?! ich schwärme nur als von laures *lach*
ne aber ich fands toll mit welcher kälte und gleichgüldikeit er das alles erklärt was er vor hat. '_'
und ich freu mich shcon drauf fals es denn noch so weit kommen sollte.

musst auf jeden fall bald das nächste kapitel hochladen! *ö*
sonst sterb ich............keinen laures sonst zum bewundern und bestaunen....und ansabbern XDDD~ *knuff*

_kodou


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