Zum Inhalt der Seite

Conspiracy

Verschwörung
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Stadt Tenguuna

Die Gruppe verbrachte einige Zeit damit, um nach Ron's Verbleib zu fragen, doch die Suche blieb leider vergebens. Ohne jegliche Anhaltspunkte, machten sich Matthew, Walther und James auf den Weg, den Wald zu durchqueren. Die letzten Worte, die Jillian ihnen mitgab, war "dem Fuchs und dem Reh zu folgen", sie würden sie sicher aus dem Wald geleiten. Auf die Frage, ob sie sich der Gruppe anschließen würden, mussten die beiden jedoch dankend ablehnen. Mit einer neuen Karte und einigen Vorräten im Gepäck, führten sie ihre Reise zu dritt fort...
 

"Tja, du Schlaumeier... dann leg mal los. Wohin soll diese Irrfahrt als nächstes gehen?"

Matthew knirschte leise, als Walther ihn zu sticheln begann. Als wäre er so nicht schon enttäuscht genug davon, weder seinen Bruder, noch Anhaltspunkte gefunden zu haben, hackte nun auch noch der alte Sack auf ihm herum. Matthew antwortete mit einem bösen Blick, James hingegen versuchte, mit einigen Gesten die Situation zu beruhigen.

"Wie kommst du eigentlich darauf, ohne eine Karte zu reisen? Glaubst du wirklich, dass du auf gut Glück dort hin kommst, wo dein Bruder aktuell ist? Dass dir einfach, alles so, wie aus dem Nichts, vor die Füße fällt??"

"Hör auf!" Matthew schrie Walther an. Er konnte keine Schelte gebrauchen.

"Dummkopf."

"B-beruhigen wir uns erst einmal... Es bring nichts, wenn wir streiten..." James zitterte allein bei der Vorstellung.
 

Im Stillschweigen gingen sie weiter und würdigten sich keines Blickes... Bis zum Moment, wo Matthew mit einem Seufzer das Schweigen brach. "Sie ist mir verbrannt." murmelte er unklar. Walther blickte ihn an, ohne den Kopf zu bewegen. "Hm?"

"Ich sagte, sie ist mir verbrannt!" Matthew sprach nun lauter und klarer, und vor allem, wütender. "In der Wüste... ich habs vergeigt, okay??"

Fehler zuzugeben sorgte immer für einen bitteren Beigeschmack. Matthew wusste das zu gut, Walther aber auch.

"Wir haben jetzt eine neue... und fertig." - für Matthew war das Thema abgeschlossen.
 

"Miau, sei doch nicht so streng mit ihm..." - Walther hielt sich den Kopf, als die Stimme in seinem Gedächtnis hallte.

"Geh aus meinem Kopf raus!" schimpfte er lautstark und verärgert.

"Miau, schrei mich doch jetzt nicht so an... So kommunizieren wir, wenn wir in unseren Seelensteinen ruhen. Entweder also ich laufe neben dir und rede normal, oder aber ich bleibe hier drin, weil du von mir schon wieder genervt bist, und bereite dir Kopfschmerzen!"

Der Kater schien Walther auf eine gemeine Art zu necken. Und heimlich schien Matthew dafür dankbar zu sein. Auch wenn er die beiden nicht hören konnte, machte Walther mit seiner Gestik klar, dass er sich ärgerte und sein Fett ab bekam.

"Karma kann böse sein." flüsterte er zu sich selbst, ein Grinsen auf dem Gesicht.

"Walther... hey, Walther!" - erneut versuchte der Kater, Aufmerksamkeit zu erregen. "Da kommt jemand!"
 

Als es in den Büschen raschelte, sprang der Soldat reflexartig zur Seite. Wer hatte es nun schon wieder auf sie abgesehen? War da wieder ein Wilderer? Oder nur ein Tier...? Nein, keins von beidem: mit hastigen Bewegungen trat eine Person hervor, die der Gruppe nicht unbekannt war.

"Sir Lee!" rief James fast erleichtert und ließ sich auf den Boden fallen. Denn es war niemand anderes als Lee, der auf die Gruppe zu ging.

"Lee, was machst du denn hier?" Walther schien leicht erfreut, wenn auch er es nicht so deutlich machte. Die beiden gaben sich einen Kumpel-Handschlag - doch die Freude hielt nicht lang. Lee schien in Eile.

"Bin ich froh, dass ich euch gefunden habe! Wir haben nicht viel Zeit." erklärte er.

"Was ist los? Ist dir jemand gefolgt?"

"Noch nicht... Aber es wird wohl nicht mehr lange dauern. Sie sind hinter dir her, Walther."

"Wer ist hinter mir her?"

"Hmmmm, das habe ich doch versucht, die ganze Zeit zu sagen!" rief James dazwischen. "Die Einheit von Officer Swanson sucht nach Ihnen, Sir!"

"Das ist leider wahr." bestätigte Lee. "Er hat Pierre und mich verhört und ausgequetscht, und dann die Truppen losgeschickt... Ich war in der Lage, sie durch Umwege zu umgehen, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass sie nicht weit entfernt sind..."

Matthew lehnte sich an einen Baum. "Sollen wir sie in Empfang nehmen?"

"Keine gute Idee." Lee schüttelte mit dem Kopf. "Ihr müsst hier ganz schnell weg, sonst kriegen sie euch, und wer weiß, was sie dann mit euch tun..."

"Und was werden sie mit dir tun, wenn sie mitkriegen, dass du uns hilfst und sie damit verrätst?" Matthew hatte einen guten Punkt.

"Geht! Ich halte sie auf..."

"Du bist ein Spinner..." Matthew war von der Idee nicht angetan, Walther jedoch hörte auf seinen Freund, griff Matthew am Oberarm und zerrte ihn vom Baum. In diesem Moment tauchte auch der Diener des Feuers auf - der listige Fuchs, und rannte voraus, um ihnen den Weg zu zeigen.

"Mich machst du fertig, weil ich Fremden vertraue... aber wenn dein Freund sich opfert, ist das natürlich okay?!" Matthew hatte starke Einwände.

"Er weiß, was er tut." Walther war sich dessen sicher. Egal, wie selbstsüchtig die Entscheidung schien, fürs erste zu fliehen und nicht zurück zu schauen. Doch ein plötzlicher Schuss zwang Matthew dazu, still zu stehen und sich umzusehen. Die Angst stand ihm in den Augen, Walther jedoch griff nach dem Affenschwanz und zog Matthew davon. "...Was verstehst du eigentlich nicht, wenn man dir sagt, nicht stehen zu bleiben??" Er handelte sehr schroff und ließ Matthew keine Gelegenheit des Widerstands...
 

Als sie dachten, einen guten Abstand gewonnen zu haben, hielten sie kurz an. Matthew war sichtlich angeschlagen und es fiel ihm schwer, den Schock zu verarbeiten. Für einen Moment war ihm sogar schlecht. James bemerkte dies und gab ihm rasch einen Schluck Medizin. "Hier, damit fühlst du dich bestimmt besser..."

Als Matthew nach der Medizin griff, fiel ihm die Karte aus der Jacke. Walther griff danach und schimpfte erneut. "Verlier sie nicht schon wieder, wir brauchen sie noch!"

"Ja, ja..." Matthew konnte kaum antworten. Und leider überraschte es ihn langsam nicht mehr, dass er keine Rücksicht darauf zu nehmen schien, wie es ihm erging. "Was bist du nur für ein Soldat, der seinen Kameraden zurück lässt und dann auch noch auf Jüngere herumhackt... Ganz große Klasse bist du..." Obwohl Matthew keinen Streit anfangen wollte, hatte er sichtlich die Schnauze voll - als Antwort bekam er jedoch einen Schlag in die Magengrube, und sank zu Boden.

"Hng... du bist ein Arschloch, Walther..." - seine letzten Worte, bevor er entgültig im Gras lag.

"Und du solltest lernen, Entscheidungen von Erwachsenen zu respektieren! Wenn ich sage 'Lauf' dann läufst du! Und wenn ich sage, 'ich weiß, was ich tue' dann gibst du verdammt nochmal keine Widerworte!"

James kümmerte sich weiterhin um Matthew und stellte sicher, dass sich seine Gesundheit stabilisierte. Dabei flüsterte er ihm zu... "Tut mir sehr leid, dass Sir Walther so schroff zu dir ist... aber ich bin mir sicher, dass er sich nur Sorgen um dich macht..."

"James!" - die tadelnde Stimme richtete sich nun an den Sanitäter. Walther's Blick war furchteinflößend, und er wusste das genau.

"Geht es wieder...?" James half Matthew, als er versuchte, sich aufzusetzen. Den einen Arm noch um seinen Bauch haltend, griff er mit der anderen Hand nach der Karte. Der listige Fuchs hatte sie Walther wieder aus der Hosentasche stibizt.
 

"Also... Sobald wir aus dem Wald raus kommen, gibt es zwei Routen. Sie führt über einen Gebirgsweg, und teilt sich dann auf..."

"Yip yip!" Der Fuchs nickte eifrig.

"Wenn ich einen Vorschlag machen darf..." Matthew senkte die Karte, als James vorsichtig fragte. "Eine der Routen führt direkt nach... ähm... Tenguuna, richtig?"

"Ja, das ist richtig. Eine kleine Stadt, weit im Südwesten... aber ich glaube nicht, dass Ron..." Je mehr Matthew sprach, desto mehr senkte James seinen Kopf. Als Matthew das bemerkte, verwarf er seine Worte. Allein schon um sich dankbar zu zeigen und zu revanchieren.

"Ich meine... du kennst diese Stadt?"

"Wie meine Westentasche, ja!" - und plötzlich war James wieder fröhlicher. "Nun... ehrlich gesagt würde ich gerne meine Eltern besuchen gehen. Ich... habe sie schon lange nicht mehr gesehen."

"Du kommst aus Tenguuna? Ich dachte du lebst in Lungrais..."

"Tue ich auch, aber..."

"Könnt ihr jetzt mal aufhören, zu quatschen?" Walther stand es schon wieder bis hier, und der Smalltalk machte es nicht besser. Er griff die Karte und entschied spontan. "Suchen wir Tenguuna auf. Dort sollten wir eine Weile Ruhe haben."

"Ja... ja, das sollten wir!" James war ganz aufgeregt, er konnte seine Füße kaum still halten.

"Ruhe... als ob es irgendwo noch ruhig wäre..." Matthew versuchte, aufzustehen, und war sich all dem gar nicht mehr sicher.

"Aber ja, und ich werde dir liebend gerne zeigen, wieso!"
 

Die Gruppe folgte dem Fuchs den langen Weg, der sie schließlich aus dem Wald hinaus führte. So schnell sich die Umgebung auch änderte - die viele Vegetation, Flora und Fauna, verwandelten sich bald in karge Felslandschaft. Je weiter sie schritten, desto mehr wurden Pflanzen durch Dreck und Steine ersetzt. Außerdem war es hier ausgesprochen windig. Matthew winkte dem Fuchs zu, als dieser mit einem Yip Yip wieder in den Wald verschwand, und weiter ging die Reise in der Mittagshitze...
 

Glücklicherweise machte die Route den Anschein, als gäbe es aktuell keine Hindernisse. Es waren keine Menschen unterwegs, es gab keine Wilderer, die irgendwo lauern konnten. Es war angenehm ruhig. James ging voraus, um der Gruppe den Weg zu zeigen. Doch Matthew hatte das Gefühl, dass dennoch irgendetwas nicht stimmte. Er fühlte sich beobachtet, konnte aber nicht herausfinden, wieso.
 

"Hier entlang. Dieser Weg ist sogar kürzer!" rief er, und sprang fröhlich voraus - nur um wenig später festzustellen, dass sie in einer Sackgasse angekommen waren.

"Geht hier wohl doch nicht lang." meinte Walther, und schüttelte den Kopf.

"Das ist merkwürdig. Früher konnte ich hier immer lang... seit wann ist der Weg blockiert?"

James wollte der Sache auf den Grund gehen. Und obwohl er für gewöhnlich vorsichtig war und sich ungern Gefahr aussetzte, kletterte er dieses Mal mutig den Hang hinauf - zumindest versuchte er es, scheiterte aber kläglich und rutschte wieder herunter. Matthew hingegen sprang an ihm vorbei und kletterte den Hang hinauf. Seine Schmerzen schienen langsam nachzulassen, weshalb ihn das Klettern wieder leichter fiel. Kurz darauf zog er James zu sich hoch.

"Da haben wir das Problem."

Matthew deutete auf die Felsmassen vor ihnen. Vor kurzem scheint es einen Erdrutsch gegeben zu haben - die Abkürzung ist verschüttet, und es sieht nicht danach aus, als würde es Arbeiter geben, die den Weg in Zukunft frei räumen.

"Sieht aus, als müssen wir den langen Weg gehen. Am Erdrutsch kommen wir nicht vorbei."

"Ich hoffe nur, da liegt niemand drunter..." James war besorgt. Als Sanitäter umso mehr, und es trieb ihn sogar dazu, näher ran zu gehen. "...Whoa!" - doch ein falscher Schritt sorgte dafür, dass er seinen Halt verlor und fast in die Tiefe stürzte - wäre Matthew nicht gewesen, der schnell genug reagierte und nach ihm griff.

"Ich verstehe, dass du dir Sorgen machst. Aber pass auf, wo du hin trittst..."

"Tut mir Leid!"

Obwohl Matthew nicht sehr angetan davon war, aktuell mit Walther zu reden, blieb ihm keine große Wahl. "Wir sehen uns das mal an. Kommst du mit?" rief er von dem Vorsprung herunter. Walther jedoch verschränkte die Arme.

"Ja, klar. Geht nur ohne mich weiter..."

"In Ordnung." Matthew nahm die Antwort für bare Münze, drehte sich schnell herum und ging voraus. Ohne einen zweiten Gedanken daran zu verschwenden, wie der Soldat seine Wortwahl gemeint haben könnte.

"Matthew, ich bin mir sicher, er war sarkastisch." lenkte sein animalischer Freund schließlich ein.

"War er das? Ich kann das bei ihm nie unterscheiden, ob es sich um Ernst oder Sarkasmus handelt... WHOA!" - und im selben Moment stand Walther direkt hinter ihm.

"Dir ist echt nicht mehr zu helfen..."

"Wie ist der hier rauf gekommen? Er ist alt!" wunderte sich Matthew und murmelte vor sich hin, kaum hörbar. Er war immernoch sauer. Und ein Teil von ihm hätte Walther wohl gerne unten stehen gelassen.

"Und er ist ein Soldat. Findest du nicht, das gehört mit zu seinem Training, egal wie alt er ist?" - und wieder hatte der Affe einen Punkt mehr. Matthew hingegen seufzte.

"Damit muss er nicht angeben... und allgemein wäre es einfach... angenehmer, wenn er nicht so schroff wäre..."

"Ich gebe zu, dass der Schlag in die Magengrube nicht gerechtfertigt war. Auf der anderen Seite schimpfe ich ebenfalls oft mit dir. Du hast ihn um Hilfe gebeten, und man kann sich seinen Partner nicht immer aussuchen - zumindest hat er markante Fähigkeiten. Oder wäre es dir lieber, wenn jemand mit seiner Kraft und Können prahlen würde, aber nichts dahinter steckt, wie zum Beispiel bei diesem Kyle?"

Matthew runzelte verärgert die Stirn. "Ja... irgendwo hast du ja Recht... Trotzdem, ist es so schwer... einfach mal netter zu sein?"

"Du bist auch nicht immer nett zu ihm. Und jedes Verhalten hat für gewöhnlich seinen Grund. Wir wissen nicht, warum er so ist, wie er ist, aber in der heutigen Welt muss man sich eben damit arrangieren, Matthew. Und im Grunde gilt: Aktion und Reaktion."
 

James war weiterhin damit beschäftigt, an der Erdrutsch Stelle nach Vermissten zu suchen. Er versuchte sogar, tiefer zu graben, kam damit aber nicht sehr weit.

"Aus reiner Logik her kann man schließen, dass hier niemand begraben liegt, Junge." Walther lenkte ein, und hielt den jungen Sanitäter davon ab, seine Kräfte zu verschwenden. "Wenn du sagst, dieser Weg ist eine Abkürzung, die kaum jemand nimmt, dann werden hier wohl nur wenige Leute entlang gehen."

"Woher willst du das schon wieder wissen?!" Matthew hegte große Zweifel, und da er immernoch angefressen war, war es ausgesprochen leicht, ihn zum explodieren zu bringen. "Hier könnten trotzdem Menschen begraben sein, egal wie unbekannt dieser Weg ist! Deine Logik interessiert niemanden!"

"Hast du's immernoch nicht begriffen, was passiert, wenn du Widerworte-"

"Bitte nicht schon wieder streiten!" - James war bewusst, dass die beiden wie Pulverfässer sind, und trotzdem wollte er den Frieden bewahren. "So geht das nicht... Wenn ihr euch ständig streitet, kommen wir nicht weiter..."

Er drehte sich zu Matthew. "Ja, Sir Walther ist schroff, das stimmt... Aber er sagt diese Dinge nicht, weil er herzlos ist..."

"James, Ruhe-"

Dann drehte er sich zu Walther um, und wenn auch zögerlich, und sehr respektvoll, sprach er ihn ebenfalls an. "U-und Matthew... denkt nunmal emotionaler über das Leben anderer... das heißt aber nicht... das ihr beide nicht Recht haben könntet..." Er nahm seine Mütze ab und hielt sie sich vor die Brust. "Aber das ist doch kein Grund, sich ständig zu zanken... Vielleicht liegen hier Menschen begraben, vielleicht aber auch nicht. Der Erdrutsch scheint frisch zu sein, und einen Erdrutsch hört man von der Stadt aus... Ich sehe keine Rettungs Teams... aber..."

"Schon gut, James." Zur Überraschung aller, ging Walther auf seine Worte ein. Er verstand, was der Sanitäter versuchte, zu sagen. Dann rief er seinen Diener herbei, und der Kater begann, an verschiedenen Stellen zu graben.

"Miau... ich spüre... ich spüre.." als der Diener seine Augen öffnete, sprang er hervor und stellte sich knurrend vor die Gruppe. "Da kommt jemand!"
 

...Mit langsamen Schritten kam eine Person auf sie zu. Der Umhang flatterte im Wind, die Klingen glänzten im Sonnenlicht - und doch bewegte er sich deutlich langsamer, angeschlagen und verletzt. Die Gruppe machte sich kampfbereit, als sich herausstellte, dass es sich um niemand anderes als Pierre Steward handelte, der sie verfolgt hatte.

"Das Spiel ist aus, Walther!" konfrontierte er den Soldaten und zog mit seiner rechten Hand die Klinge. Aufgrund seiner Verletzung, die er an der anderen Schulter hatte, fiel es ihm allerdings deutlich schwerer, das Schwert zu ziehen oder gar zu halten. Für gewöhnlich kämpfte er mit beiden Klingen. Doch bei jeder Bewegung klaffte die Wunde mehr.

"Wenn ich du wäre, würde ich in diesem Zustand nicht kämpfen." warnte ihn Walther, der bereits seinen Speer gezogen hatte. Sein Diener reagierte aggressiv und griff Pierre sofort an - doch zur Überraschung aller wich er dem Angriff aus!

"Er kann mich sehen??" wunderte sich der Kater. Für gewöhnlich war dies für normale Menschen nicht möglich.

"Pech gehabt, Mistvieh...!" Pierre holte zu einem Schlag aus, der Diener jedoch besaß ausgesprochen gute Reflexe, die im Kampf umso mehr glänzten, da sein Gegenüber angeschlagen war. Der Kater stieß ein hitziges Kampfgebrüll aus, Pierre beantwortete es mit einem eigenen Kampfschrei, als wäre er wie wild besessen.

"Deinen Affen hat er beim letzten Mal nicht gesehen, richtig?" fragte Walther ihn. Matthew nickte. "Wer kein Shapeshifter ist, sieht auch die Diener nicht. Und ich finde das arg merkwürdig...!"

"A-aber ich sehe sie doch auch..." stotterte James dazwischen. "Und ich bin nicht..."

"Hört auf, zu quatschen!" Obwohl es Walther gewaltig gegen den Strich ging, gegen Pierre in diesem Zustand anzutreten, unterstützte er seinen Diener im Kampf und griff ein.

"Zwei gegen einer ist nicht ehrenhaft, Walther..." warnte ihn Pierre, als er den Speer mit seinem Breitschwert parierte. Er versuchte, Pierre von seinem Diener abzulenken und selbst die Führung im Kampf zu übernehmen.

"Aus dem Hinterhalt anzugreifen ist genauso wenig ehrenhaft!" schlug Walther zurück und drängte Pierre damit fast den Hang hinunter. Als er fast über die Kante taumelte, hielt er mit seinem Schwert die Balance - und tauschte geschickt die Plätze mit seinem Gegner. "...Dann läuft es wohl wieder auf uns zwei hinaus..." grinste Pierre, als er seinen Gegenüber in die Ecke gedrängt hatte. Jetzt drohte Walther, zu fallen! Die beiden bewegten sich so knapp an der Klippe, dass vor allem James nicht hinsehen konnte. Die beiden Kontrahenten teilten weiterhin Hiebe und Schläge aus, der Kampf wurde immer intensiver, selbst als sie an der Kante der Klippe tänzelten. Matthew stand davor, mit einem flammenden Faustschlag einzugreifen - doch Walther warnte ihn davor, einzugreifen und wies ihn und seinen Diener dazu an, sich nicht einzumischen. Walther bestand auf ein Duell, eins gegen eins - der Diener des Eises jedoch beobachtete das Geschehen mit großem Bangen, und entschied sich letztlich dazu, Walther's Befehl zu ignorieren. Mit einem kräftigen Körperstoß, Kopf voran, griff er Pierre an und stieß sich mit ihm die Klippe hinab... Walther war zunächst irritiert, hockte sich dann aber nahe der Klippe und wagte einen Blick nach unten. Dort sah er das Geschehen...

Unter ihnen: ein reißender Fluss, der drohte, sie mitzunehmen. Von hier an ging es nur noch abwärts... Der Kater krallte sich ins Gestein, doch Pierre hatte ihn fest an den Hinterbeinen gepackt. Je mehr der Diener versuchte, hochzuklettern, desto mehr Geröll fiel hinab. Pierre ließ nicht locker, ob aus Angst, abzustürzen oder aus Rachsucht, den Diener mit sich zu reißen. Eines der Schwerter, welches er noch in der Hand hielt, fiel als erstes hinab... dennoch blieb er für den Diener eine schwere Last, die sich kaum abwerfen ließ. In letzter Hoffnung versuchte der Kater ihn abzuschütteln, indem er ihn mit krallenden Hinterläufen versuchte, zu treten! Anfänglich nur in den Bauchereich, doch sein Plan ging auf und er spürte, dass Pierre immer lockerer ließ - bis er ihn schließlich mit einen letzten Tritt in die Tiefe beförderte und dann in der Lage war, die Klippe hinauf zu klettern. Walther sah dem fallenden Pierre hinterher, mit gemischten Gefühlen. Es ging so tief hinunter, dass man weder das Platschen des Flusses hörte, noch sehen konnte, wo er aufschlug...
 

"Schreck, lass nach. Das war ganz schön knapp, Walther! ...Walther?" Der Diener stubste ihn mit der Pfote. "Bist du okay?"

Walther schüttelte den Kopf. "Fängst du jetzt auch noch an, meine Befehle zu ignorieren?! Ich habe dir gesagt, misch dich nicht ein!"

"Aber Walther, mau..." der Diener wich zurück, da ging Matthew dazwischen.

"Zumindest haben wir jetzt... Ruhe vor ihm...?" Matthew hatte zwar Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden, wusste aber, dass er Walther zurückhalten musste. "Du empfindest doch nicht etwa Reue? ER hat UNS angegriffen... nicht umgekehrt!"

"...Halt einfach die Klappe." Walther sparte sich die Mühe, sich zu erklären, und wehrte ab. Er wusste, dieser Angriff würde bald Aufmerksamkeit erregen, weshalb es nun wichtiger war, weiter zu ziehen. "Die Stadt ist nicht mehr weit. Doch wenn du noch einmal meine Befehle ignorierst..."

"Ja, von hier nur noch ein Katzensprung!" bestätigte James aufgeregt. "Ähm... tut mir Leid."

"Mrrrrrrr..." Der Diener knurrte regelrecht traurig und zog sich in seinen Seelenstein zurück.

"Jetzt mal im Ernst, er rettet dir das Leben und du schreist ihn an? Ist dir Ehre zu einem Zweikampf wichtiger, als zu überleben??"

Walther ignorierte Matthew's Standpauke und ging einfach an ihm vorbei.

"Hey, ich rede mit dir!"

"L-lass gut sein, Matthew... Sonst streitet ihr euch nur wieder..."

Er seufzte tief. "Ich würde einfach nur... dieses Verhalten begreifen können. Das ist alles."

"Nun... wenn ich das so sagen darf... Als ich damals in der Einheit angefangen habe... da schienen Sir Walther und Sir Pierre noch Freunde zu sein." James erklärte vorsichtig und flüsterte fast, damit der Veteran es nicht mitbekam. Er war sowieso bereits ein Stück voraus gegangen.

"...Sie waren Freunde?"

"Zumindest haben sie sich generell gut vertragen, kamen miteinander aus und soweit ich mich erinnere, absolvierten sie auch gemeinsam Training und einige Missionen. ...Aber irgendetwas ist passiert." James runzelte die Stirn. "Ich weiß nur nicht, was... doch ich kann mir denken, dass auch Sir Walther's Soldatenstolz einen Anteil hat an seinem Verhalten."

"Er und Stolz...? Tch..."

"Das war aber nicht sehr nett, Matthew. Natürlich besitzt er..."
 

James unterbrach seine Erzählung, als Walther die beiden aus der Ferne anstarrte und wortlos dazu aufforderte, sich endlich zu beeilen. James schluckte und hoffte nur, dass er sie nicht gehört hatte.
 

"...Hattest du vorhin nicht erwähnt, dass du unsere Diener ebenfalls sehen kannst?" Fragen über Fragen. Matthew konnte sich einfach keinen Reim darauf bilden, wie Pierre in der Lage war, den Diener des Eises zu sehen.

"Ja."

"Und warum sagst du uns das nicht früher?"

"Ich war zu der Zeit noch im Wald, und wusste überhaupt nichts!" James' Stimme erhöhte sich aus Nervosität. "Ich war dabei, euch zu suchen... doch dann fand mich Lady Jillian, und..."

"Und seitdem kannst du sie sehen?"

James war sich unsicher und gestikulierte mit seinen Händen. "Ich kann mich nicht erinnern, dass im Wald irgendetwas Besonderes passiert ist, das Einfluss darauf hatte, ob ich sie sehen kann oder nicht..."

Matthew klopfte schließlich an seinen Seelenstein. "Was sagst du dazu, Äffchen?"

"Ach, wird man hier auch mal gefragt?" Der Affe sprach dieses mal deutlich durch das Juwel, sodass es für alle drei hörbar war. "Sehr schön."

"Ist Eure Hoheit von Affigkeit nun beleidigt, weil ich nicht mit Euch geredet habe? Asche über mein Haupt..." Matthew und sein Diener schienen sich sarkastisch zu necken.

"Euch sei vergeben. Schon in Ordnung." antwortete der Diener gelassen. "Zu deiner Frage... Ich kann es mir ehrlich gesagt auch nicht so ganz erklären. Ich könnte mir allerdings durchaus vorstellen, dass es sich um eine 'Ausnahmen bestätigen die Regeln' Situation handelt. Das heißt so viel wie... auch wenn generell nur potenzielle Shapeshifter uns sehen und erkennen können, gibt es sicher auch Menschen, die dies können, ohne das Potenzial zum Shapeshifter zu haben."

"Und du meinst, dieser Pierre besitzt so etwas?"

"Er besitzt ein ausgesprochen hohes Kampfgeschick und Fähigkeiten, aber daran kann man den Grund, weshalb er uns wahrnehmen kann, nicht festlegen. Ich nehme an, dass es etwas Anderes sein könnte, aber bitte verlange keine sofortigen Antworten von mir. Ich muss dies selbst noch beobachten und analysieren. Vielleicht komme ich dann auf eine Antwort."

"Alles klar. Dann danke ich dir für einen... Input."
 

Von ihrer jetzigen Position aus, war es nicht mehr weit bis zur Stadt. James konnte aus der Ferne einige Wachtürme wahrnehmen. Aufgeregt rannte er voraus, und wurde sobald von zwei männlichen Wachen begrüßt, die den Eingang zur Stadt bewachten.

"Na, wenn das nicht der kleine James ist!"

"Hallo! Ähm... freut mich, euch wieder zu sehen." James reagierte erfreut, aber schüchtern.

"Haben dich ja lange nicht mehr gesehen. Das gibt bestimmt eine große Überraschung."

"Ja, b-bestimmt..."

Eine der Wachen richtete seinen Blick auf Walther und Matthew.

"Freunde von dir?"

James nickte eifrig. "Ja!" Dann drehte er sich zu ihnen. "Gehen wir! Um diese Zeit sind meine Eltern sicher daheim."
 

Tenguuna schien eine ruhige, kleiine Stadt. Obwohl sie von Felsmassiv umgeben ist, befand sich innerhalb der Mauern eine rege Vegetation. Alles wirkte freundlich und lebendig. In alle Himmelsrichtungen verteilt befanden sich Wachtürme, aus Hartholz gebaut. Wachen waren hier rege stationiert. Sie garantierten die Ruhe in der Stadt. Viele Häuser waren eher klein, doch das größte Gebäude dieser Gegend war ein Amt, von Wachen und Polizei besetzt.
 

"Kommt mir so vor, als gäbe es hier mehr Wachen als in Lungrais... und Lungrais ist um einiges größer..." Matthew gab verwunderte Anmerkungen von sich.

"So war es hier schon immer. Aber wenigstens konnte man sich darauf verlassen, dass es hier immer sicher war. Kein Dieb traute sich je hier rein." James rannte zu einem Haus, das ein wenig größer war als die anderen Häuser, und dennoch schien es unscheinbar. Ein kleiner Garten in der Nähe, umringt von einem Zaun...

"Und dies... ist mein Zuhause!"

"Gemütlich." sagte Walther trocken, während James die Tür aufschloss. Doch schon beim ersten Schließen runzelte der mit der Stirn, und trat schließlich mit seinen Freunden ein.
 

Von innen wirkte das Haus nur umso freundlicher. Es war angenehm warm, als hätte jemand vor kurzem eine Feuerstelle angeheizt. James sah sich um. Alles war sauber und schien unberührt, daher ging er in die Küche, um zu prüfen, ob dort jemand ist... doch die Küche war ebenfalls leer.

"Oh..."

"Sind wohl doch noch nicht zu Hause, hm?" Matthew lächelte sanft über diese Ironie. James ging an ihm vorbei, war aber weiterhin aufgeregt. "Vielleicht ist Papa oben." sagte er, und rannte die Treppe hoch. Er ging auf ein Zimmer zu und versuchte, die Tür zu öffnen - diese war aber ebenfalls abgeschlossen.

"...Dad?" ...James rief, aber keine Antwort kam zurück. Dies machte ihn schon irgendwie traurig.

"Scheint wohl wirklich niemand zu Hause." Walther hatte das Treppensteigen bereits satt, und trottete ein wenig erschöpft hinterher. Als er die letzte Stufe erreichte, bemerkte er in seinem Augenwinkel einen Schatten, der sich langsam näherte. James war noch immer damit beschäftigt, seinen Papa zu finden und klopfte noch einige Male an die Tür - bekam aber weiterhin keine Antwort. Der fremde Schatten hingegen kam näher... und mit einem geschickten Manöver, griff er sich James von hinten und nahm ihn regelrecht in den Schwitzkasten.
 

"Nanu, wen haben wir denn hier?" die Person flüsterte fast, und beugte ihren Kopf nahe zu James. Kurz darauf entfernte sie seine Kappe, und während James sich zu befreien versuchte, bekam er einen süßen Schmatzer auf die Stirn gedrückt, und fiel direkt in die Schockstarre. Unglaubwürdig sah er der Person in die Augen, die ihn sanft anlächelte.

"M-Mom...?" schließlich war er doch in der Lage, etwas zu sagen, und der schockierte Blick änderte sich sobald. James fiel der schwarzhaarigen Frau in die Arme und drückte sie lieblich. Ihm kamen sogar fast die Tränen dabei.

"Wir haben uns lange nicht gesehen, mein Kind..." sagte sie mit warmer Stimme. "Was denkst du dir nur dabei, ewig nichts von dir hören zu lassen?"

"Ewig?" James lockerte die Umarmung, und sah seine Mutter mit einem schiefen blick an. "Aber ich schicke doch Briefe..."

"Das ist ebenfalls schon eine Weile her." sagte sie mit verschränkten Armen. Dann sah sie zuerst Matthew, danach Walther an. "Deine Freunde, hm?" lächelte sie.

"Ja, verzeih! Dies ist Sir Walther, ich habe dir bereits von ihm erzählt. Ein sehr talentierter Veteran, die Nummer Eins!"

Walther seufzte ein wenig, blieb aber höflich. "Erfreut."

"Und das ist Matthew! Ich habe ihn erst vor kurzem kennengelernt... aber er hat mir schon sehr viel geholfen, in dieser kurzen Zeit!"

Matthew lächelte und winkte James' Mutter fröhlich mit der Hand zu. "Nett, Sie kennen zu lernen!"
 

Die Mutter behielt ihr verschmitztes Lächeln auf den Lippen, und die Arme blieben verschränkt, als sie sagte. "Mein Name ist Beatrice. Ihr müsst müde sein von der Reise, bitte folgt mir." Sie ging voraus und leitete die drei ins Esszimmer zurück. "Hätte mein Sohn euer Kommen angekündigt, gäbe es nun etwas zu Essen..."

"Aber Mama..."

"Ich hoffe, er hat euch keinen Ärger bereitet? Es ist ungewöhnlich, meinen kleinen James spontan handeln zu sehen." sie behielt ihr lächeln, während sie redete.

"Hielt sich in Grenzen." sagte Walther auf ihre Frage über den Ärger. Matthew hatte eine genauere Meinung und ergänzte. "Er war uns sogar sehr hilfreich!"

"Tut mir Leid, dass ich nicht sagen konnte, dass wir herkommen... Ich mache es wieder gut..." James klang mit seiner 'Reue' schon fast niedlich. Seine Mutter ging auf ihn zu und strich ihm durchs Haar. "Ist schon in Ordnung, Schatz."

Aber eine Frage brannte ihm dennoch auf der Seele... "Sag mal, wo ist denn Papa?"
 

Bei Beatrice veränderte sich ihre Mimik merklich. Leichte Sorge schien ihr ins Gesicht geschrieben. "Er ist noch auf Arbeit. In letzter Zeit gab es mehr zutun. Und eigentlich drängt auch für mich die Zeit, da ich ihm bei seiner Arbeit unterstützen muss."

"Können wir etwas tun?" Matthew bot seine Hilfe an, ohne zwei mal zu überlegen. Beatrice jedoch zögerte. "Das ist wirklich lieb von euch gemeint, aber es ist und bleibt Polizeisache. Daher kann ich euch mit dieser Aufgabe nicht belasten. Auch, wenn ihr es gut meint."

"Wo liegt denn das Problem, Mama?"

Obwohl die Mutter weiterhin zögerte, ins Detail zu gehen, wurde sie immer weicher, je länger ihr Sohn sie fragend ansah. Schließlich ließ sie sich breitschlagen, blieb aber mit den Details doch bedeckt. "Es ist hier in letzter Zeit sehr unruhig geworden und wir haben mit Dieben zu kämpfen. Wir dachten, der Erdrutsch, der vor einigen Tagen hier passiert ist, würde abschreckend wirken... doch leider haben wir uns geirrt."

"Diebe, hier?" James war das überhaupt nicht gewohnt. Seine Heimat war immer sicher, das wusste er genau. Zu hören, dass sich hier nun Diebe herumtreiben würden, machte ihn irgendwie wütend. Und es war nicht einfach, ihn wütend zu machen.

"Versprich mir, dass du dich aus der Sache raus hältst, mein Sohn. Es ist gefährlich genug."

"...Hör auf deine Mutti." Walther war dabei, sich eine Zigarette anzuzünden, Beatrice jedoch reagierte unglaublich reflexartig und nahm ihm den Glimmstängel weg.

"Nicht hier drinnen, Herr Veteran." warnte sie ihn.

"...Dann geh ich eben raus." - und mit diesen Worten verließ Walther das Haus.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück