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Conspiracy

Verschwörung
von

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Die Ruinenstadt

Die letzten Lichtstrahlen der untergehenden Sonne, durchbrachen die Baumkronen des Waldes und erfüllten ihn mit der angenehmsten Wärme der Tageszeit, bevor sie langsam wieder sank und die Umgebung in ein dunkles Blau hüllte. Matthew und Walther hatten sich auf den Weg gemacht und folgten ihren tierischen Dienern, die selbstsicher die Führung übernahmen. Das Knistern und Rascheln des Grases zwischen ihren Füßen klang sehr angenehm und war vorerst alles, was sie wahrnahmen - bis Matthew's Magengrummeln die Ruhe brach, und am Fleck stehen blieb.
 

"Du hattest vorhin erst etwas."

Wie immer war Walther weniger amüsiert über die Unterbrechungen. Es hatte eher den Anschein als wollte er den Wald so schnell wie möglich verlassen - und das, obwohl er keine sichtbaren Zeichen von sich gab, als würde er drängeln.

"Hier entlang. Es ist sicher nicht mehr weit." sagte der Diener des Eises und schritt weiter voran. Und Tatsächlich hatte er mit seiner Vorahnung recht: vor ihnen erstreckten sich bald mehrere kleinere Felsmassive. Auf dem ersten Blick wirkten sie natürlich, auf den zweiten Blick jedoch wurde klar, dass es sich hier um mehr handelte. Selbst der Boden veränderte sich - die Vegetation wurde sichtbar weniger und sobald liefen sie auf blanken Steinen, einige gar zersplittert.

"Und wo sind wir hier?"

In dem Moment, als Matthew sich umsah, raschelte es in der näheren Umgebung, und schon bald sprang ein Gestalt hervor, die ihnen nicht ganz unbekannt war: es handelte sich um den fremden Fuchs, den sie zuvor getroffen hatten.
 

"Yip yip."

Matthew begann zu kichern, als der Fuchs witzige Geräusche von sich gab.

"Yip yip dich selbst." sagte er amüsiert. "Was nun?"

"Er möchte, dass wir ihm folgen." antwortete das Äffchen, und ging voran. Er schien Vertrauen in den Fuchs zu haben, obwohl es doch so gern heißt, sie sind listig und führen Menschen gern hinters Licht.
 

Nach einem längeren Fußmarsch hielt der Fuchs schließlich vor einem Tor an, welches durch einen Mechanismus verschlossen schien. Matthew seufzte und stand kurz davor, sich wieder zu beschweren; lehnte sich dabei an eine der Säulen und drückte aus Versehen einen versteckten Schalter, der dafür sorgte, dass die Tür sich öffnete.

"Oho, Sesam öffne dich!" sagte er mit einem verschmitzten Grinsen.

"Hör auf, rum zu trödeln." Walther und die Diener waren bereits an Matthew vorbei gelaufen, und betraten die Ruinen, während Matthew still seine Klugheit feierte.
 

Alles hätten sie erwartet... doch inmitten des Waldes eine Ruinenstadt zu finden? Niemals. Der Wald schien mehr Geheimnisse zu verbergen, als ihnen bewusst war. Die Gruppe sah sich um. Zu dieser Tageszeit schien die kleine Stadt wie ausgestorben. Es gab eine Fontäne, und mehrere Flüsse, die die Stadt umgaben. Kleinere Stände waren aufgebaut, sie gaben den Anschein, dass es hier einige Händler zu geben scheint.

"Yip."

Der Fuchs rannte voraus und erklomm eine steinerne Treppe, die zu einem größeren Gebäude führte, die einem antiken Haus ähnelte. Links und rechts des Eingangs befanden sich leuchtende Fackeln, eine der wenigen Lichtquellen, und dennoch gaben sie keinen Einblick ins Innere des Hauses. Doch obwohl es pechschwarz war, ging der Fuchs hinein.

"Sollen wir ihm immernoch folgen?"

Matthew verschränkte die Arme, doch hielt sich bald den Bauch, als ein weiteres, lautes Grummeln ertönte. Als Walther dabei war, etwas zu sagen, kam der Fuchs zurück - und hatte sogar eine Begleitung dabei: jener große, dunkelhäutige Mann, dem sie nun mehr als einmal im Wald begegnet waren.
 

"Chris."

Der Fuchs nickte, und der Mann sah jeden einzelnen an, bevor er sich herum drehte und wieder hinein ging.

"Der Typ macht mir immernoch ne Gänsehaut..." murmelte Matthew.

"Chris." wiederholte sich der Fuchs, und lächelte sogar dabei. "Willkommen."

Trotz aller Einladungen, wagte sich die Gruppe nur sehr vorsichtig in das Haus - doch waren sobald positiv überrascht, als sich der Unterschlupf als recht gemütlich entpuppte. Trotz der massiven Steinwände, war es hier angenehm warm. Und der bullige Mann saß nahe einer Feuerstelle auf dem Boden, und polierte seine Waffen, um sie einsatzbereit zu machen. Die Gruppe wusste nicht so recht, wie sie reagieren sollte, doch als die Diener einen Platz einnahmen, setzten sich auch Matthew und Walther.

"Yip yip!"

Der Fuchs schien ausgesprochen glücklich und rannte sogar im Kreis, bevor er sich ebenfalls setzte.

"Chris."

"Hmhm." Der Mann nickte, wenn auch eher still, und schien allgemein passiv und zurückhaltend zu reagieren. Dennoch bestätigte er damit auch seinen Namen.

"Ähm, freut uns?" Matthew kratzte sich verlegen am Kopf, hielt ihm aber dann seine Hand hin. "Ich bin Matthew, und das ist Walther. Wir sind..."
 

Trotz des Willkommens, schien Chris nicht gerade gesellig zu sein. Er schaute auf Matthew's Hand, fuhr aber dennoch damit fort, seine Waffen vorzubereiten, anstatt die Geste zu beantworten.

"Ähm, okay..." Matthew zog die Hand vorsichtig zurück. Walther sagte nichts. Er beobachtete die Situation und Reaktionen aufmerksam, verlor dabei aber kein Wort. Insgesamt konnte man diese Atmosphäre als leicht unangenehm, wenn nicht sogar peinlich, bezeichnen.

Matthew's Aufmerksamkeit wandte sich bald einem Thema zu: der leckere Geruch kochenden und bratenden Essens, der aus einem kleinen Raum zu kommen schien. Er vermutete dahinter die Küche, und sein Magen reagierte umso intensiver auf den Geruch der Nahrung. Nach einer Weile trat eine Frau hervor - Matthew und Walther hatten die rothaarige Dame noch nie zuvor gesehen, doch sie begrüßte die Gruppe mit einem Lächeln . und mit einem größeren Tablett in der Hand.
 

"Wie es aussieht, haben wir tatsächlich Gäste heute Abend." sagte sie mit freundlicher Stimme und setzte sich bald dazu. Sie bot jedem ihr zubereitetes Essen an, und brachte freundliche Atmosphäre in die Runde, die die peinliche Situation durchbrach.

"Chris hatte euch bereits angekündigt. Freut mich sehr, mein Name ist Jillian!"

"Matthew. Und das ist Walther. Sehr erfreut!" erneut gab Matthew seine Hand und freute sich auf den Handschlag, den Jillian beantwortete.

"Bitte, greift zu." lud sie die Gruppe ein, und dies ließ sich Matthew nicht zwei mal sagen.
 

Während sie aßen, stellte Jillian ihnen neugierig einige Fragen.

"Ich habe davon gehört, wie ihr Chris geholfen habt, Wilderer zu überwältigen. Das war wirklich mutig von euch."

Matthew verschluckte sich fast an einem Brötchen.

"Eigentlich haben wir nicht viel gemacht..."

"Yiiiiiip!"

Der Fuchs schien einige Einwände zu haben.

"Da sagt das Füchschen aber etwas anderes." Sie zwinkerte dabei, behielt aber ihr Lächeln. "Gerade du hast den Fuchsbabies ihr noch so junges Leben gerettet."

"Nun... ich gebe zu, ich habe mir Sorgen gemacht. Aber wenn Kitty nicht gehandelt hätte..."

"Oh, miau! Ich bin erwachsen, Matthew!" der Kater schien ein wenig beleidigt zu sein nach dieser Bemerkung.
 

"Es ist traurig, was aus dem Wald geworden ist. Einst war es hier friedlicher."

Jillian's Worte hatten einen bitteren Nachgeschmack.

"Doch seit einiger Zeit fallen hier immer wieder Wilderer ein. Und jedes Mal wenn wir hoffen, wir hätten sie vertrieben, kommen sie wieder." Sie blickt in die Runde. "Chris verteidigt den Wald mit seinem Leben und ist sehr bemüht, den Anführer zu finden. Bisher jedoch leider ohne Erfolg. Der Wald ist groß, die Verstecke zahlreich und so auch die Gefahren."

"Das klingt echt hart. Tut mir leid, Dicker." Walther gab Matthew einen Stoß - und erinnerte ihn so erneut daran, Chris nicht zu provozieren.

"Aua!"

"Er ist nicht dick, nur kräftig gebaut. Äußert kräftig sogar." erzählte Jillian stolz.

"Ja, haben wir gesehen." Matthew erinnerte sich, wie Chris den Eisblock einfach so angehoben und fortgetragen hatte - und das trotz des Gewichts und der Kälte des Elements. Matthew's Affenschwanz wanderte bald zu seinem Ohr und kitzelte es im Inneren. Als Jillian dies sah, traf es sie plötzlich wie ein Blitz. Sie erkannte, dass die Beschreibungen, die sie von einem jungen Mann hörte, wie die Faust aufs Auge passte.

"Stimmt etwas nicht?" Walther bemerkte die Veränderung, und Jillian zögerte nicht.

"Es gibt da möglicherweise jemanden, der nach euch sucht. Aktuell schläft er allerdings im Gästebett und ich würde vorschlagen, ihr macht es ihm bald gleich."

"Na großartig." Walther ahnte Schlimmes, stand auf und machte sich auf den Weg nach draußen. Matthew blieb zurück, sah ihm aber hinterher. Der Diener des Eises hingegen ließ seinen Partner nicht im Stich und folgte ihm vor die Tür.
 

"Was hat er denn auf einmal?"

Matthew erklärte auf ihre Frage, dass die beiden eigentlich nur auf Durchreise sind. Zumindest könnte man es so bezeichnen. Und für einen kleinen Moment baute sich die Hoffnung auf, dass es sich bei der Person, die nach ihm suchte, um seinen Bruder handeln könnte. "...Könnte es sein?" - er stand von seinem Platz auf und durchsuchte die naheliegenden Räume auf der Suche nach der Person, und dem Gästezimmer. Sein Diener folgte ihm genauso aufgeregt, und bald folgte auch Jillian.

Je weiter Matthew suchte, desto öfter rief er, wenn auch leise, den Namen seines Bruders. Und als er das Gästezimmer fand, und die Person, die in einen der Betten lag, näher untersuchte, verschwand die Aufregung von seinem Gesicht - und Enttäuschung und Trauer machte sich langsam breit.

"...Du bist es nicht." Matthew biss sich auf die Lippen und versuchte, die Tränen zu unterdrücken. Sein Diener kletterte ihm den Rücken hinauf und versuchte, ihm Trost zu spenden. Matthew setzte sich bald auf eines der steinernen Betten, welches mit Stroh ausgeschmückt war, und schüttelte enttäuscht den Kopf.
 

"Was ist denn los, Matthew? Ist er nicht euer Freund?"

Jillian klang plötzlich unsicher. Sie wusste nicht, warum Matthew so reagierte. Doch bevor er sich zu erklären versuchte, schlug der Diener vor, es für heute bleiben zu lassen. Nach einer Mütze Schlaf würde es ihm hoffentlich besser gehen und die Dinge sich klären...
 

Doch die darauffolgende Nacht verging alles andere als ruhig. Matthew hatte Schwierigkeiten, einzuschlafen - und wenn er es schaffte, verfolgten ihn intensive Alpträume und Erinnerungen, die ihn belasteten. Hin und wieder wachte er schreiend, oder gar leise weinend auf. Auch Walther, der zwar einige Betten entfernt von ihm lag, bekam dies mit. Der Diener blieb die ganze Nacht bei Matthew und hoffte, die Alpträume würden sich legen - doch er schien sich wohl zu viel Hoffnung gemacht zu haben, die dann zerstört wurde...

"Yiiiiip..."

Von der Tür des Gästezimmers ertönte der allbekannte Ruf des Fuchses. Er beobachtete die Situation aus der Ferne, schien aber Mitgefühl für Matthew zu zeigen. Der Affe legte seine Hand auf die Schulter seines Partners, und wich weiterhin nicht von seiner Seite.
 

"...Was mache ich mir eigentlich vor?" sprach Matthew schließlich mit zitternder, enttäuschter Stimme. "Ich hätte mir gleich denken können, dass er es nicht ist... so große Glücksfälle passieren einem Pechvogel wie mir doch nie..."

"Du darfst nicht aufgeben, Matthew. Unsere Suche hat doch erst begonnen - und die Möglichkeit, dass wir ihm früher begegnen, als es uns lieb ist, besteht weiterhin."

Der Diener versuchte, seinen Freund aufzumuntern und aufzubauen. Er blieb positiv und setzte ein Lächeln auf.

"Er lebt. Und wir werden ihn finden. Egal, was es kostet."
 

Obwohl die Nacht alles andere als ruhig verlief, versammelte sich bei Tagesanbruch die Gruppe zum Frühstück. Doch trotz des intensiven Hungergefühls, hielt Matthew sich mit dem Essen zurück. Er sah deutlich mitgenommen aus, und sagte kein Wort.

"Ich bin so froh!"

James hingegen drückte seine Freude und Erleichterung aus, seine Kameraden gefunden zu haben. Im gleichen Zug jedoch wollte er Walther vor der drohenden Gefahr warnen - wurde dabei jedoch unterbrochen.

"Du hast vielleicht Nerven, hier aufzukreuzen." scheltete er ihn.

"Aber Walther, so redet man doch nicht mit einem Freund! Vor allem nicht nach allem, was er sich aufgelastet hat, um euch zu finden." Jillian wies den Veteran zurecht, und motivierte James dazu, frei zu sprechen.

Und obwohl der Junge anfangs noch zögerte, schossen sobald seine Worte hervor - im Wechsel vom Stottern, und zu schnell reden.

"Sir Walther, s-s-sie... nach Ihnen wird gefahndet! Sie suchen nach Ihnen!"

"Langsam. Wer sucht nach mir?" Walther zog die Zügel definitiv kürzer.

"Die Einheit! Und... und Officer Swanson... und die Einheit... und er hat..!"

"Langsam!"
 

James schluckte und versuchte, seine Worte zu sammeln. Es fiel ihm sichtbar schwer, nicht in Panik zu sprechen.

"Ich habe gesehen, wie Officer Swanson die Einheit zusammengerufen hat... Er hatte Sir Lee... und Sir Pierre... einzeln aufgerufen und im Verhör..."

"Und woher weißt du, dass sie nach mir suchen?"

"Es kam mir ungewöhnlich vor... Der Officer macht nie solche Zusammenkünfte zu solch später Zeit... Ich befürchte, dass da etwas im Gange ist..."

"Aber du kannst es nicht bestätigen. Woher sollen wir also wissen, ob du jetzt nicht nur Panik schiebst?"

Der Veteran bliebt sichtbar kühl und rational. Obwohl er verstehen konnte, dass James sich Sorgen machte, war ihm bewusst, Panik ist unangebracht. Es vernebelt nur den Geist.
 

"Sie sind also... Soldat?" fragte Jillian neugierig.

"Korrekt."

"Aber Sie sind nur auf der Durchreise?" - Irgendetwas schien keinen Sinn zu machen. Zumindest nicht für Jillian. Sie wusste, es fehlen gewisse Elemente.

Walther ließ seinen Blick zu Matthew schweifen und nickte zu den beiden noch Unwissenden. "Erklär du es ihnen."

Matthew reagierte vorerst nicht. Er war damit beschäftigt, im Essen herumzustochern... hörte nach einer Weile jedoch endlich auf damit. Er seufzte lang und laut, und suchte keinen einzigen Blick Kontakt.

"Ich suche meinen verschollenen Bruder..." murmelte er schließlich. "Bin schon ne Weile unterwegs... habe ihn aber nicht gefunden und kam vor einiger Zeit in Lungrais an."

"Lungrais, aha. In dieser Stadt schneit es doch so häufig..."

Matthew seufzte erneut.

"Dachte, ich hätte eine Spur gefunden... die verwischte sich aber. Und am Ende traf ich auf Walther, und..." - Matthew hatte kaum Kraft, sich zu erklären. Seine Worte verliefen sich regelrecht im Sande.

"So wird das nichts, Junge. Sprich deutlicher, und mach den Mund auf!"

"Halt's Maul!" Matthew war für seine Verhältnisse unglaublich laut und stand sogar vom Platz auf. In seinen Augen spiegelte sich die Wut wieder.

"B-bitte beruhigt euch..." James flehte die beiden an, nicht miteinander zu streiten. "S-so kommen wir nicht weiter..."
 

Für eine Weile herrschte Stille im Zimmer. Nur das Feuer knisterte langsam vor sich in.
 

"Ich suche ihn schon so verdammt lange..." sagte Matthew schließlich, seine Stimme außerordentlich verbittert.

"Wo hast du ihn denn das letzte Mal gesehen?"

"...In Fortuna." antwortete Matthew zögerlich. "Ich weiß... ...das ist sehr weit weg..."

"Es ist so gut wie am anderen Ende von... ...ah..." Jillian rieb sich die Stirn. "Ja, das ist wirklich ziemlich weit weg..."

"Der einzige Anhaltspunkt, den ich je hatte, ist fort. Und jetzt fängt meine Suche von vorn an..."

"...Es tut mir Leid, dass ich dir falsche Hoffnungen gemacht habe." sagte James und versuchte, sich aufrichtig zu entschuldigen. Matthew jedoch schüttelte nur den Kopf.

"Es ist nicht deine Schuld..."
 

"Yip!"

Wie aus dem Nichts trat der Fuchs hervor, und hielt eine Karte im Maul. Chris nahm sie ihm ab, schlug die Karte auf den Boden auf und presste seinen Finger auf den südwestlichen Teil.

"Wir befinden uns hier." erklärte Jillian. "Die Karte mag aktuell sein, aber unsere Ruinenstadt befindet sich auch hier nicht eingezeichnet. Das liegt daran, dass nur wenige davon wissen und sie im generellen nie gefunden wurde."

"Also uns fiel es... ziemlich leicht." sagte Matthew mit verschränkten Armen.

"Weil der Diener der Erde euch hergeführt hat." erwiderte Jillian mit einem Lächeln, und strich dem Fuchs durchs Fell.

"Diener der...-?" Noch bevor Matthew seinen Satz beenden konnte, trat sein Affe hervor.

"Du bist wirklich ein Blitzmerker, mein Freund..."

"Tut uns Leid, dass wir euch nicht aufgeklärt haben. Das Leben als Shapeshifter ist nicht gerade ungefährlich. Es gibt viele Leute, die nach uns jagen, wenn wir diese Fähigkeit offen legen. Deshalb halten wir es geheim." Jillian fühlte sich ein wenig schlecht deswegen, doch sie hielt Matthew, Walther und James für vertrauenswürdig.

"Ihr seid also beide...?" Matthew ließ seinen Blick umher schweifen. "Du auch, Großer?"

Chris erwiderte die Geste mit einem ernsten Blick, nickte nach einer Weile jedoch ebenfalls.

"Du bist ganz schön wortkarg. Kannst dich ja mit Walther einreihen..."

"Auf jeden Fall..." Bevor Jillian in der Lage war, die Stadt Fortuna auf der Karte zu finden, war Chris bereits schneller und deutete auf das große Gebiet, weit oben auf der Karte. Matthew nickte. "Yep, das ist Fortuna." bestätigte er. "Ich kam den Weg von hier... nach hier... durch die Wüste... und dann hier... und dann landete ich irgendwann in Lungrais."

"Das bedeutet, du hast nicht alle Orte abgesucht, oder?"

"Nein, das war mir nicht möglich. Das ist auch ein Grund, weshalb ich immernoch suche..." Matthew kratzte sich nervös am Genick. Dann zog er aus seiner Jackentasche ein Foto hervor, und zeigte es in die Runde. "Hier, das ist mein Bruder Ronald. Wir sind keine Zwillinge, sehen uns aber recht ähnlich..."

Alle bisauf Walther sahen sich das Foto interessiert an. Erst als Matthew es ihm regelrecht vor die Nase hielt, schenkte er ihm Aufmerksamkeit.

"Wenn du schon Fotos herumzeigst, warum fängst du dann nicht ganz von vorn an?" Walther war sichtbar kratzig. "Nicht, dass es mich interessieren würde... aber es macht keine Sinn, wenn du in der Mitte oder am Ende deiner Geschichte anfängst..."
 

Matthew stand kurz davor, erneut mit ihm zu streiten, sah letztlich aber ein, dass er schon Recht hatte. Er holte tief Luft, und setzte sich wieder auf seinen Platz.

"An alles kann ich mich leider nicht erinnern, da Ron und ich sehr jung waren... Wir waren vielleicht 5 oder 6 Jahre alt, als wir vom Königshaus im Fortuna aufgenommen wurden."

"Heißt das, du bist ein Prinz?" rief James dazwischen, doch Walther hielt ihm den Mund zu.

"Nein, ich bin kein Prinz." verneinte er. "Man hat uns sozusagen dort aufgenommen, wie auch einige andere Kinder, die durch den Krieg zu Waisen geworden waren..."

Walther schloss die Augen, während er zuhörte. Bedeutete das etwa...? Matthew legte absichtlich eine Pause ein und schaute sogar in die Runde.

"Bevor ihr euch fragt... ich bin mir nicht sicher, ob unsere Eltern tot sind, oder noch am Leben. Es wurde uns nie gesagt, vermutlich weil man uns auch keine Angst machen wollte. Als Ron und ich älter wurden, stiegen wir langsam dahinter, dass man uns etwas verheimlichte, aber wir wollten nie wirklich glauben, dass unsere Eltern wirklich nicht mehr da waren. Stattdessen hatten wir uns... angepasst, und lebten geschützt im Königshaus mit den anderen Kindern. Der damalige Prinz musste immer auf uns aufpassen, und ich habe mich nur zu gerne aus dem Schloss geschlichen, obwohl es mir nicht erlaubt war."

"Hehe, du Schlingel." Jillian lachte sanft, doch ließ Matthew dann weiter erzählen.

"Ron hingegen war viel umgänglicher und machte für gewöhnlich keinen Ärger. Wir hatten uns auch untereinander ab und zu gezankt, aber das gehört wohl unter Brüdern einfach dazu. Eines Tages jedoch war es anders... Nach einem Streit verließ Ron das Schloß und kam nicht wieder. Zunächst habe ich mir keine Sorgen gemacht, da er ja nur ungefähr eine Stunde weg war. Als es jedoch mehr wurden, begann ich, mir Sorgen zu machen und schlich mich aus dem Schloss, ohne es jemanden zu sagen. Wir hatten außerhalb des Schlosses einige Verstecke, die nur wir kannten - ich suchte also jedes einzelne Versteck ab, jedoch ohne ihn zu finden..."

"Fortuna ist riesig. Er könnte immernoch in der Stadt sein, und du könntest ihn verpasst haben." lenkte Walther letztlich ein. Matthew jedoch schüttelte mit dem Kopf.

"Es war ganz anders. Ich spürte, dass etwas nicht stimmte... Abgesehen davon, dass Ron nicht nachtragend ist und so lange niemals fortlaufen würde, hatte ich einfach dieses ungute Gefühl, dass etwas vorgefallen ist. Ich ging sogar so weit, die Wachen aus der Stadt zu fragen, ob sie etwas gesehen hätten. Ob sie Ron gesehen hätten... aber sie konnten mir nicht weiterhelfen. Sie versprachen, die Augen offen zu halten, doch ich hatte dafür keine Geduld. Deswegen packte ich nur wenige Vorräte, und verließ Fortuna auf der Suche nach ihn."

Er schüttelte den Kopf.

"Doch egal, wohin ich ging - keine Spur von Ron. Mittlerweile sind sogar Jahre vergangen, und ich weiß noch immer nicht, wo er ist..."

"Schon viele Jahre?" James bekam ein wenig Angst bei dieser Aussage.

"Er geht nicht einfach weg!" Matthew's Stimme nahm eine wütende Form an, und er stand dabei sogar auf. "Egal, wie sehr wir uns gestritten haben, wir haben uns immer wieder schnell versöhnt und er wäre nicht einfach abgehauen, nur wegen eines Streits... Da ist was passiert. Da ist was passiert, wovon ich nicht weiß... aber ich weiß, er ist nicht mehr in Fortuna gewesen!"

"Meinst du, er ist entführt worden, Matthew?" fragte Jillian neugierig. "Wenn du sagst, dass in ganz Fortuna Wachen stationiert sind, ist dies zwar nicht sehr wahrscheinlich, aber..."

"Ich weiß es nicht, Jillian. Es kann sein, es kann aber auch nicht sein. Fakt ist, er ist fort. Und ich habe keine Spur mehr..."

"Und woher hattest du diese... Spur, dass er in Lungrais sein könnte?" fragte Walther.

"Von einem Reisenden... Ich habe mich in Städten umgesehen und habe gehört, dass es jemanden gibt, der viel um die Welt reist und daher viel weiß. Als ich ihm das Foto zeigte, meinte er, er hätte diesen jungen Mann gesehen... in Lungrais..."

"Und du hast ihm geglaubt..."

"Was hätte ich sonst tun sollen?!" Matthew schlug seine Faust auf den harten Boden. "Es geht um meinen Bruder! Wenn du einen Bruder hättest, den du aus den Augen verloren hast und suchen würdest, würdest du sicher das selbe tun und darauf vertrauen, dass dir die Wahrheit gesagt wird!"

"So einfach läuft es in dieser Welt aber nicht, Matthew. Du kannst nicht blind jedem vertrauen, den du triffst. Sonst bereust du dies eines Tages."
 

Matthew flammte vor Wut die Schwanzspitze auf und er ließ einen lauten, markerschütternden Schrei los. Walther blieb unbeeindruckt sitzen.

"...Kinder." Genervt rieb er sich die Stirn. "Immer das gleiche..."

Bevor Matthew in der Lage war, zu reagieren, beruhige Jillian ihn.

"Wir könnten auch hier herum fragen, ob jemand Ron gesehen hat. Auch hier leben Menschen, die früher viel um die Welt gekommen sind - vielleicht erinnert sich ja jemand."

Walther stand es bis zum Hals. Es kam ihm vor, als wollte niemand seinen Ratschlag folgen...

"Auch wenn es danach wirkt, als würde es nicht viel Hoffnung geben, muss man es versuchen." Jillian war überzeugt, dass jeder Versuch zählt. Sie nahm Matthew mit sich und begleitete ihn durch die Ruinenstadt auf der Suche nach Antworten...



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