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Ich weiß nicht (ob es Liebe ist)

Ich hab dir nie gesagt dass du mir fehlst
von

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Jazzfäst - Und danach?

Es war ein trister Abend und Farin saß in seinem bequemen Sessel zu hause in Hamburg und wusste nichts mit seiner Zeit anzufangen. Er schnappte sich ein Buch und laß erst mal eine Runde, um die Gefühle, die wieder mal in ihm hoch kamen, zu überwinden. Die Jazzfäst-Tour seiner Band „die ärzte“ war grade letzte Woche zu Ende gegangen und erst war er froh gewesen mal wieder etwas Ruhe in sein Leben zu bekommen. Nicht, dass er den Trubel, den so eine Tour mit sich brachte nicht genoss, aber er saß Tag und Nacht mit Bela und Rod rum und es war eigentlich jeden Abend das selbe gewesen. Bela, Rod und er saßen in irgendeiner Bar und haben Party gemacht. Ab und zu saßen sie auch nur in ihren Hotelzimmern und haben da gefeiert und das ein oder andere mal hatte er sich ein Mädchen mit auf’s Zimmer genommen. Eigentlich war die Tour richtig lustig verlaufen. Aber jetzt war’s auch allmählich gut gewesen und Farin wollte sich wieder um seine Reisen kümmern. Er hatte schone einige Ideen, wo’s dieses mal hin gehen sollte, aber er wollte erst im November wieder los und hatte jetzt noch zwei Monate ohne irgendetwas zu tun vor sich. Er dachte kurz nach. ‚Ok‘, dachte er sich, ‚es stehen noch drei Gigs mit dem Racing Team an‘ Aber ihm war auch klar, dass das insgesamt höchstens eine Woche in Anspruch nehmen würde. Nun laß er also sein Buch.

Zur gleichen zeit saß Bela B. in einer Kneipe und war ziemlich betrunken. Er saß hier nun schon seit fünf stunden und inzwischen war es schon zwei Uhr Nachts. Er trank bestimmt schon seinen fünfzehnten Jack Daniels und er wusste, dass er umfallen würde, sobald er jetzt aufstand. Er hatte heute den ganzen Tag damit verbracht ein paar seiner Freunde zu besuchen, die er die ganze Tour über nicht sehen konnte. Aber irgendwie wollte keiner heute Abend mit ihm feiern gehen und deswegen war er alleine losgezogen, in der Hoffnung noch einen Saufkumpanen zu finden. Eigentlich kam immer wenigstens irgendein Fan von ihm an und fragte nach nem Autogramm oder so, aber heute war nicht mal das der Fall. Er hatte sich gefragt, ob Farin und Rod wohl mehr Fans hatten, als er, aber er hatte immer noch genug Selbstbewusstsein, um zu behaupten, dass die Mädels Hauptsächlich auf ihn standen. Er kramte sein Handy raus und schaute nach, ob er noch die Nummer von irgendeinem Mädchen hatte, das in der Stadt wohnt, aber er hatte kaum noch irgendwelche Nummern. Er hatte zwar auf der Tour viele Mädchen kennen gelernt, aber er hatte sich die Nummern nicht aufgeschrieben oder so. Das kam dann meistens nur zu blöden Missverständnissen, wenn man die Nummern tauschte. Von wegen „Warum hast du dich nicht eher gemeldet? Ich dachte du liebst mich!“ manchmal waren diese Fans echt seltsam. Bela hatte sich noch nie in eine verliebt, die er nur eine Nacht lang kannte. Er schaute sich weiter die Nummern in seinem Handy an und blieb bei einer hängen.

Wieder zur gleichen Zeit lag Rodrigo Gonzalez in seinem Bett zu Hause und versuchte einzuschlafen, aber er hatte immer noch nicht den richtigen Rhythmus in seinen Tag zu bringen. Er schlief immer erst gegen fünf Uhr ein und stand dann um vier nachmittags Uhr oder so auf. Er hatte ja auch nichts zu tun, also musste er nicht früh aufstehen oder so. Er verbrachte den Tag eigentlich damit, neue Stücke für seine Band Abwärts zu schreiben, aber irgendwie klappte das meistens nicht so ganz. Er war noch zu sehr auf „die ärzte“ fixiert um jetzt schon Stücke für die andere Band schreiben zu können, aber er hatte einige Stücke geschrieben, aber er war sich irgendwie sicher, dass er diese Stücke in die neue Ärzteplatte bringen konnte. Obwohl er selber nicht wusste, wann das sein würde, wenn er bedachte, wie viel zwischen „Geräusch“ und „Jazz ist anders“ lag. Allerdings hatten die drei ja dieses mal nicht so viel Stress gehabt. Aber es hatte zwei Touren in folge gegeben. Rod mummelte sich einfach in seine Decke ein und starrte in die Dunkelheit. Nach einer Weile hielt er es nicht mehr aus und stand auf. Er musste irgendetwas machen. Er ging ins Wohnzimmer und rief jemanden an.

Belas Nacht

Bela schaute einige Minuten lang auf Farins Nummer, aber dann legte er das Handy weg. Nein, er hatte besseres zu tun, als schon wieder mit ihm rumzuhängen. Es gab auch ein Leben ohne Jan Vetter. Auf jeden Fall bildete er sich das im Moment ein. Er stand auf und wankte. Alles drehte sich, aber er blieb tapfer stehen, ging zum Tresen, um zu bezahlen. „Soll ich `n Taxi bestellen?!“ fragte ihn der Wirt. Bela schüttelte mit dem Kopf, legte ihm nen Hunderter hin und ging, während der Wirt ihm ungläubig nachschaute. Nicht mal der schien zu wissen, wer er war. Bela lebte nun schon seit gut 25 Jahren ein Leben, in dem jeden Abend Partys gefeiert wurden, aber wenn er an die Partys damals in den 80ern zurückdachte, musste er feststellen, dass er damals mehr und vor allem mit mehr Leuten gefeiert hatte. Ja, es hatte sich alles verändert, aber das war ihm jetzt auch egal. Er stand auf der Straße und grade hatte es angefangen zu regnen. Er torkelte. Auf der anderen Straßenseite stand sein Auto und er bildete sich doch tatsächlich ein jetzt noch fahren zu können. Eigentlich war Bela vorsichtig in Bezug aufs Autofahren geworden. Besonders wegen seines Unfalls vor zehn Jahren. Die Narben waren jetzt noch zu sehen, aber Bela war jetzt zu besoffen um sich überhaupt noch selber einschätzen zu können. Es war diese Phase des Betrunkenseins, wo jeder immer behauptete „Ich bin nicht betrunken“ oder „Ich kann noch Auto fahren“. Also torkelte Bela jetzt über die Straße und stieg in sein Auto. Er wohnte etwas ausserhalb und hatte musste ca. eine viertel Stunde fahren. Er fuhr los. Die ersten zehn Minuten schaffte er es auf wundersame Weise sein Auto zu lenken, ohne als Geisterfahrer irgendwelche Menschen zu überfahren, aber zwei Straßen, bevor er zu Hause ankommen sollte, passierte das, was notgedrungen passieren musste. Seine Augen fielen zu und er sackte in sich zusammen, während sein Auto einfach weiter rollte. Direkt auf einen Baum zu. Das Auto krachte dagegen, als Bela aufschreckte und aus seiner Straße ein Auto ausbiegen sah, das aber in die andere Richtung davon fuhr. Dann sackte er wieder zusammen, mit der Überzeugung, dass bis morgen früh wohl keiner mehr vorbeikommen würde.

Farins Nacht

Farin schaute auf die Uhr. Es war schon zwei. Er hatte keine Lust mehr zu Lesen und ausserdem war das Buch so wie so übelst langweilig gewesen. Er setzte sich noch eben an seinen PC, um seine Emails zu checken. Nessie hatte ihm geschrieben. Diese Frau aus seinem Racing-Team schrieb ihm ohnehin ständig. Farin hatte den wagen Verdacht, dass sie sich in ihn verguckt hatte, aber er war sich auch darüber im Klaren, dass er an der Sache nicht ganz unschuldig war, schließlich hatte er sie immer bevorzugt, denn schließlich „spielt sie Gitarre“ wie er immer zu seinen Fans auf den Konzerten sagte, wenn es um den Applaus für’s Racing-Team ging. Er löschte die Email einfach und schaltete den PC wieder aus. Ihm war langweilig und er war überhaupt noch nicht müde. Dann kam ihm ein spontaner Einfall, von dem er nicht wusste, ob er ihn umsetzten sollte, aber er stieg einfach ins Auto und fuhr los, um Bela einen kleinen Besuch abzustatten. Er wollte etwas Verrücktes tun und ein Besuch mitten in der Nacht bei Bela B. konnte man schon als verrückt bezeichnen. Weniger der Besuch, als eher das was daraus meistens resultierte. Entweder schafften sie es dann irgendeine scheiße zu bauen oder wurden auf ein mal total produktiv und schrieben extrem geile Songs. Farin war egal, was heute geschehen würde. Hauptsache war, dass er nicht alleine war. Er fuhr so durch die Straßen und gelangte nach zehn Minuten zu Belas Haus. Alles war dunkel und nur die Lichter von Belas Alarmanlage blinkten draussen am Haus, während Farin an seiner Haustür stand und klingelte. Keiner machte auf. Farin seufzte und klingelte noch ein mal. Als wieder keiner aufmachte, kehrte er zu seinem Auto zurück. Er dachte nach. Warum hatte er sich auch eingebildet, dass Bela den ganzen Tag nur zu Hause saß. ‚Wahrscheinlich‘, dachte er, ‚Sitzt er grade mit seinen Kumpels rum und hat Spaß. Er wird wohl nicht den ganzen Tag rumsitzen und warten, dass ich zufällig vorbei komme!‘ Er fuhr um die Ecke und bevor er in die nächste Straße einbog, blendete ihn ein Auto, dass grad hinter ihm auf die Straße fuhr. Dann bog er ab.

Rods Nacht

Bei Bela zu Hause ging keiner ran und auch nicht ans Telefon. Und wieder ein mal bereute Rod, dass er nicht wie seine beiden Bandkollegen in Hamburg wohnte. Er seufzte und zog sich um. Er wollte noch einen kleinen Spaziergang oder so machen, denn jetzt konnte er eh nicht schlafen. Plötzlich klingelte das Telefon. ‚Na endlich, er ist also doch zu Hause‘, dachte er und ging ans Telefon. „Hallo?“, sagte er, aber es war nicht Bela am anderen Ende der Leitung, sonder seine Schwester Claudia. „Rod? Ich bin‘s.“, sagte sie mit erstickter Stimme. „Kannst du mich abholen? Ich muss hier weg!“ Rod überlegte, was er tun sollte. Seine Schwester wohnt auch in Hamburg und er würde es wohl kaum schaffen heute noch da hin zu kommen. „Erzähl mir erst mal, was los ist Claudia. Warum bist du nicht zu Hause bei deinem Mann?“, fragte er sie. Claudia brach in Tränen aus und schluchzte: „Er hat mich rausgeschmissen, weil...weil...mein Gott Rod, ich bin schwanger!“ Rod stand am Telefon und wusste nicht wie er darauf reagieren sollte. Eigentlich war das doch eine frohe Nachricht, aber er wusste auch, dass Claudia und ihr Mann Steffen keine Kinder wollten. „Ok, ich fahr direkt los.“, sagte er, „Aber ich werde wohl erst morgen früh da sein.“ Er dachte kurz nach. „Soll ich Jan anrufen? Dann kannst du heute Nacht bei ihm bleiben.“, meinte er. „Ja, mach das, ich bin hier am Hauptbahnhof. Ich warte dann hier.“ Sie legte auf. Rod seufzte und wählte Farin Nummer, aber auch da ging keiner ran. ‚Mein Gott, wo sind die beiden denn mitten in der Nacht‘, dachte er und wählte Farins Handynummer. Und endlich ging einer ran.

Farins Nacht geht zu Ende

Farin bog grad in die Straße seines Hauses ein, da klingelte sein Handy. Er schaute auf das Display und saß, dass es Rod war. „Hey Rod,“ sagte er, als er abgenommen hatte, „Was gibt’s?“ Kurz angebunden sagte Rod: „Kannst du zum Bahnhof fahren und Claudia da abholen? Sie muss irgendwo bleiben heute Nacht!“ „Klar, kann ich machen“, sagte Farin verwirrt. „Gut, danke“, sagte Rod, „Ich bin Morgen Mittag da und hol sie ab!“. Er legte auf. Ein wenig verwirrt drehte Farin wieder um und fuhr zum Bahnhof. Er parkte sein Auto und stieg aus. Er musste Claudia eine Weile suchen, doch dann fand er sie auf einer Bank liegend. Sie schlief tief und fest. Farin ging zu ihr und weckte sie sanft. „Hey! Rod hat gesagt ich soll dich abholen!“ Claudia schaute ihn an und fing an zu weinen. „Danke!“, sagte sie nur und fiel ihm um den Hals. Plötzlich ließ sie ihn wieder los, anscheinend war ihr das peinlich. Sie gingen zum Auto und fuhren schweigend zu Farin nach Hause. Als sie dort angekommen waren, fragte Farin sie, ob sie was trinken wolle, aber sie schüttelte nur den Kopf. „Nein, danke“, sagte sie, „Ich will einfach nur noch schlafen.“ Farin brachte sie ins Gästezimmer und ging dann wieder runter ins Wohnzimmer. Er hatte das ungute Gefühl, dass es in nächster Zeit sehr stressig werden würde. Wenn Rod ihn schon anrief, um seiner Schwester eine Schlafmöglichkeit zu besorgen, dann musste schon was passiert sein, aber Farin hatte sich nicht getraut zu fragen. Ausserdem ging es ihn ja auch eigentlich nichts an. Er holte sich ein Glas Milch aus der Küche, und setzte sich in seinen Lieblingssessel und starrte in die Dunkelheit. Nach einer Weile war er auch wieder eingeschlafen und überhörte sogar das Klingeln seines Telefons, das diese Nacht noch einige male klingeln sollte.

Belas Nacht geht zu Ende

Bela dämmerte vor sich hin. Er wusste weder wo er war, noch was passiert war. Ihm war kalt und ausserdem hatte er Schmerzen. Alles um ihn herum war dunkel. Er versuchte sich zu bewegen, doch aus irgendeinem Grund schien das nicht zu funktionieren. Auf ein mal leuchtete ihm etwas ins Gesicht. Es war ein heller Schein und Bela war heilfroh, denn er hatte schon Angst bekommen, in dieser lichtlosen Dunkelheit. Eigentlich war er sich todsicher, dass Farin jetzt kommen und ihn retten würde. Also fing er an nach ihm zu schreien. „Jan!“, brüllte er. „Jan...Farin...Wurstgesicht....!“ Er musste lachen, aber sein Gesicht zog sich nur zu einer schmerzhaften Fratze zusammen und dann wurde er wieder bewusstlos. Eigentlich war er nicht wirklich bewusstlos. Es war wieder eher ein dahin dämmern. Er merkte, dass sich irgendetwas tat, aber es fiel ihm schwer einen klaren Gedanken zu fassen. Er wollte die Augen öffnen und schauen was los ist. Hatte er sich denn so besoffen? Er fragte sich wie besoffen man sein kann. Die Schmerzen wurden immer stärker. Er wollte nicht hier sein. Er wusste genau, wo er jetzt lieber sein wollte. Alles tat ihm weh. Er hatte das Gefühl sterben zu müssen. War das nun sein Ende? Vielleicht war das der tot! Kam er in die Hölle, wo unerträgliche Schmerzen auf ihn warteten. Er wusste es nicht. Er konnte nicht mehr denken. Er fühlte diesen grauenhaften Schmerz, aber noch mehr fühlte er die Einsamkeit, die ihn die letzten Wochen so mitgenommen hatte. Auf einmal überkam ihm alles und dann wurde er vollends ohnmächtig.

Rod Nacht geht zu Ende

Rod legte erleichtert auf. Bei Farin war seine Schwester gut aufgehoben. Er dachte kurz nach und kam dann zu dem Schluss, dass es unsinnig war jetzt loszufahren. Er würde dann früh Morgens schon da sein und dann würde er Claudia nur unnötig früh wecken. Jetzt er merkte er, wie absurd es eigentlich war seine Frau rauszuschmeißen, nur weil sie schwanger war, aber Rod war noch nie wirklich gut mit Steffen ausgekommen. Er hatte ihn auch erst ein paar mal gesehen und kannte ihn gar nicht mal so gut. Er war immer so oft unterwegs gewesen, dass er fast nie Zeit gefunden hatte Claudia und Steffen mal zu besuchen. Jetzt, wo er darüber nachdachte, tat es ihm eigentlich Leid. Er mochte seine Schwester sehr und hatte eigentlich viel mit ihr gemeinsam. Er seufzte und allmählich fühlte er sich richtig schuldig an der ganzen Sache. ‚Wenn ich mich mehr gekümmert hätte‘, dachte er ‚Dann hätte ich vielleicht verhindern können, dass sie überhaupt heiraten...Eigentlich sollte jede Frau einen Mann wie Farin oder einen wie Bela haben. Loyal, Romantisch, Attraktiv.‘ Er grinste. Ja, Bela war in der Tat Attraktiv. Das hatte Rod schon in der Zeit gemerkt, als sie beide noch bei Depp Jones gespielt hatten. Und da kam ihm eine Idee, wie er sich die Zeit vertreiben konnte. Er würde ein Lied über ihre Freundschaft schreiben. ‚Nach all den Jahren wurde dass auch allmählich Zeit.‘, dachte er sich und fragte sich gleichzeitig, warum er da nicht schon eher drauf gekommen war. Lächelnd ging er ins Wohnzimmer und fing an zu schreiben. Als das Stück dann endlich fertig war, dämmerte es schon. Rod gähnte herzhaft und blickte hinaus in die Morgensonne.

Farins relative Ruhe vor dem Sturm

Farin wurde gegen sieben Uhr wach. Er schaute sich um und bemerkte, dass er im Wohnzimmer eingeschlafen war. Er ging in die Küche und fing an Frühstück zu machen. Eigentlich vermisste er das Essen vom Catering, dass es in den letzten Wochen oft gegeben hatte. Die ganze Crew war geil gewesen und natürlich auch die Köche. Nur brutzelte er ein paar Eier und backte Brötchen auf. Seine Küche war riesig und auserdem war sie jetzt vollkommen leer. Der große Mann fühlte sich ganz alleine in der noch größeren Küche. Wenigstens würde gleich Claudia zu ihm stoßen und ausserdem würde er Rod heute noch sehen. Das munterte ihn ein wenig auf. Nachdem er den Tisch gedeckt hatte und die Eier fertig gekocht waren ging er zum Gästezimmer und klopfte behutsam an. Die Tür wurde einen Spalt weit aufgemacht und Claudia sah ihm verschlafen in die Augen. Irgendwie fand Farin sie süß. „Ich habe Frühstück gemacht.“, sagte er und setzte sein strahlendstes Lächeln auf. „Wenn du runter kommst, kannst du auch was haben.“ Claudia nickte verschlafen und sagte: „Ich bin in zehn Minuten da.“ Farin nickte und ging zufrieden wieder in die Küche. Vorsichtig goss Farin schon mal Kaffee in die Tassen und hoffte, das Claudia Kaffee mochte. Sie hatte Kaffe zu mögen. Daraufhin setzte sich an den Tisch und fragte sich, ob er schon anfangen sollte. Schließlich schnappte er sich ein Brötchen und fing an zu essen. Rods Schwester hin oder her, sein Hunger war grade größer, als der Respekt für Rods Schwester. Er hatte eigentlich ja so oder so keinen Bezug zu ihr. Wann sehen sie sich denn mal. Ab und zu mal Backstage auf ein paar Konzerten und dann vielleicht noch auf Rods Geburtstag, aber sonst hatten sie eigentlich wenig miteinander zu tun. Als Claudia dann fünf Minuten später frisch herausgeputzt kam, blieb ihm fast der Mund offen stehen. In der Nacht zuvor hatte er sie völlig fertig und verstört gesehen, aber jetzt war sie ausgeruht und wieder lächelnd und ausserdem war es hell und so konnte er sehen, dass sie wunderschön war. Farin fragte sich, warum ihm das nie eher aufgefallen ist. Er schaute wieder auf sein Brötchen und sagte etwas verlegen: „Setz dich und fühl dich wie zu Hause.“ Wie zu Hause? Farin überlegte kurz, ob das ein so guter Satz gewesen war, aber eigentlich war es ja lieb gemeint. ‚Egal‘, dachte er sich. Er war schon oft genug in Fettnäpfchen getreten, dieses eine mal würde sein Leben jetzt sicherlich nicht großartig beeinflussen. Er überlegte sich grade, ob Schönheit auf irgendeine Weise auf den Charakter schließen lassen könnte, da stand Claudia plötzlich auf und rannte zur Toilette. Farin lief ihr hinterher und bekam grad noch mit, wie sie sich in sein Waschbecken übergab, bevor sie die Tür zuknallte und abschloss. Farin stand verwirrt vor der geschlossenen Tür und war verwirrt. In der Küche klingelt das Telefon und Farin wich von der Tür und ging in die Küche um ans Telefon zu gehen.

Rods relative Ruhe vor dem Sturm

Rod verließ das Haus und keine zwei Minuten später klingelte darin sein Telefon, aber das bekam er schon nicht mehr mit. Es war sechs morgens und er fuhr los. Er wusste, dass er gut drei Stunden brauchen würde und auch das nur, wenn er schnell fuhr. Während er so die Straßen entlang fuhr, dachte er an die zeit zurück, als er noch für seine Schwester die Lieder für ihre Platte mit ihrer Band „Universal Gonzalez“ gemixt hatte. Er selber hatte für die Platte ein paar mal seinen Bass in die Hand genommen und an und für sich war das Ding ganz gut geworden. Wieder fing er an sich Vorwürfe zu machen. Noch gestern Abend hatte er sich gewünscht wieder mehr Zeit mit Bela verbringen zu können, aber jetzt verfluchte er sich, dass er in letzter Zeit so viel mit Bela gemacht hatte und so wenig mit seiner Schwester, die es ja wohl bitter nötig hatte. ‚Nötiger als Bela‘, dachte Rod in sich hinein, ‚Der ist ja jetzt schon Nachts wieder ohne uns unterwegs. Dem scheint das ja gar nichts auszumachen.‘ Er wurde ein bisschen sauer auf sich selber, weil er sich doch tatsächlich eingebildet hatte, dass Bela ihn bestimmt genau so vermissen würde, wie er ihn. Aber dieser Gedanke verflog schnell wieder, da er insgeheim einfach nur froh war einen Grund zu haben, um wieder nach Hamburg fahren zu können. Er vermisste Bela und Farin. Er vermisste die Abende, die sie zusammen verbrachten. Die kreativen Abende im Studio und die Konzerte, wenn Tausende von Menschen einfach nur halb tot gequetscht vor ihnen standen nur um sie spielen zu hören. Ihm fehlte das Gefühl, das er immer hatte, wenn er mit Bela und Farin auf der Bühne stand und sich immer wider bewusst wurde, dass sie drei das geschafft hatten. Sie drei hatten es geschafft so weit zu kommen. Er war nun schon 15 Jahre dabei und keiner bezeichnete ihn mehr als „den Neuen“ oder etwas derartiges. Er war einfach einer der „Super-Drei“ einer, der e weit gebracht hatte. Aber ihm war ebenso bewusst, dass er es nie ohne Bela und Farin geschafft hätte. Er fuhr immer schneller die Autobahn entlang, so sehr freute er sich die Beiden wieder zu sehen. Er machte das Radio an und seltsamerweise lief genau jetzt das „Leid vom Scheitern“. Und Rod wusste auch was er wollte und irgendwie kam ihm das komisch vor, denn auch das war er wollte, wollten viele. Nämlich Bela und Farin. Die drei bekamen immer noch Fanpost in denen Sätze standen, wie: „Ich will ein Kind von dir.“ oder „Ich würde für dich sterben“ Das war schon an der Tagesordnung bei ihnen. Sie lachten darüber, aber Rod wusste, das sie das insgeheim alle sehr ernst nahmen. Da warn Menschen, für die waren sie Vorbilder und die würden echt alles tun, was sie sagten. Da war zum Beispiel das Mädchen, dass geschrieben hatte, dass sie in Kotze gerührt hatte, nur, weil Bela mal gesagte hatte: „Das Blut eines Menschen zu vergießen, ist nur halb so spaßig, wie in der Kotze eines anderen herumzurühren.“ Das war ja noch lustig, aber wenn Bela mal sagen würde, dass alle Menschen, die so groß sind wie Farin Urlaub verboten und ertränkt gehören und das wahrscheinlich nur um ihn zu ärgern und dann einer das ernst nimmt, dann gibt es bald nur noch Menschen unter 190cm und ein versautes Leben für einen Menschen und das nur, weil sie Mist gelabert hatten. Rod wollte nicht weiter darüber nachdenken. Er schaute auf die Uhr. Es war schon halb acht und genau in diesem Moment klingelte sein Handy. Farins Nummer war auf dem Display und er war sich sicher, dass dieser wahrscheinlich fragen würde, wo er bleibt. Er ging ran und sagte sofort: „Ich hab doch gesagt, dass ich erst Mittags da bin.“ Doch am anderen Ende der Leitung, hörte er nur Farins leises Weinen.

Der Sturm beginnt

Farin hob ab. „Hallo!“, sagte er freudig ins Telefon. Er freute sich immer, wenn einer anrief. Aber am anderen Ende der Leitung meldete sich eine ernste Stimme, die Farin mit einem kräftigen Schlag das Grinsen aus der Fresse schlug. „Hallo, Dr. Keller vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Spreche ich mit Herrn Jan Vetter.“ Farin schluckte ein mal, bevor er „Ja.“, sagte. Der Mann am anderen Ende sprach weiter: „Ein Freund von ihnen wurde eingeliefert. Er hatte einen Unfall und wir können keine Angehörigen auftreiben und für den Fall hat er sie als Bevollmächtigten angegeben. Ich bitte sie dringend herzukommen.“ Farin sackte fast in sich zusammen. Seine Beine zitterten. Er wagte nicht nachzufragen, wer es war, wobei er sich das ja eigentlich schon denken konnte. „Herr Vetter?!“, sagte der Mann am anderen Ende der Leitung. „Ja, ich...um wen handelt es sich denn.“, brachte er heraus. Farin wollte die Antwort gar nicht wissen, denn eigentlich wusste er sie schon. Er hatte schon gestern Abend gewusst, dass irgendetwas los war. „Es handelt sich um einen Mann namens Dirk Felsenheimer.“, sagte der Mann, „Es wäre wirklich dringend nötig, dass sie jetzt kommen, Herr Vetter. Es sind wichtige Eingriffe zu unternehmen und wir brauchen Unterschriften dafür.“ Farin nickte und vergaß dabei total die Tatsache, dass der Mann am anderen Ende ihn ja gar nicht sehen konnte. „Ich bin auf dem Weg“, nuschelte er nur noch und legte auf. Eine Sekunde später saß er auf dem Küchenboden und fing an zu wimmern. Was musste denn passiert sein, dass ein anderer für Bela entscheiden musste? Mit zittrigen Beinen stand er auf. Er hatte jetzt keine Zeit für Selbstmitleid. Er schnappte sich seinen Autoschlüssel und wollte zur Tür raus, da fiel ihm ein, dass Claudia ja noch da war. Schnell kritzelte er ihr eine Nachricht auf einen Zettel und legte ich auf den Küchentisch. Dann setzte er sich ins Auto und fuhr los. Mit Tränen im Gesicht fuhr er Durch Hamburgs Straßen. Nach einer Weile nahm er sein Handy und rief Rod an. Rod meldete sich mit den Worten: „Ich hab doch gesagt, dass ich erst Mittags da bin.“ Farin konnte nichts sagen und wimmerte nur. Am anderen Ende der Leitung hörte er Rod sagen: „Farin? Bist du das? Was ist los?“ Farin versuchte sich zu fangen und wimmerte ins Telefon: „Rod, Bela hatte einen Unfall, er liegt im Krankenhaus. Komm da bitte so schnell wie möglich hin.“ „Was ist passiert?“, fragte Rod fassungslos. „Das weiß ich selber noch nicht“, meinte Farin, „Ich bin jetzt auf dem Weg. Komm bitte so schnell es geht nach.“ Er legte wieder auf.

Rod saß in seinem Auto und starrte Fassungslos sein Handy an. Das konnte doch nicht wahr sein. Nicht jetzt. Farin hatte ziemlich aufgewühlt geklungen, nein, aufgewühlt war das falsche Wort dafür. Er war hysterisch. Rod hatte Farin erst ein mal so weinen gehört und daran wollte er sich nicht erinnern. Rod schaute auf die Straße und dann gab er Gas. Er wollte so schnell wie möglich zu Bela. Wollte ihm beistehen, an seiner Seite sein. Da kam ihm der Gedanke, dass es vielleicht schon zu spät sein konnte, wenn er da war und er drückte noch ein bisschen mehr auf’s Gas. In diesem Moment dankte er Gott, dass er so viel Geld hatte und sich ein so schnelles Auto leisten konnte und dass er in Deutschland leben konnte, wo es keine Tempolimits auf den Autobahnen gab. Er war sich sicher, dass er in spätestens einer halben Stunde da sein konnte, wenn er so weiter fuhr und das tat er auch und 20 Minuten später kam er dann am Krankenhaus an.

Farin kam ca. eine halbe Stunde eher an als Rod. Er stieg aus dem Auto aus und rannte ins Krankenhaus, zur Information und schreite die Frau die da saß fast schon an: „Man hat mich angerufen, dass ich kommen soll. Ich will zu Dirk Felsenheimer. Sofort!“ Die Frau starrte ihn schockiert an, klickte dann aber schnell in ihrem PC rum und sagte ihm schließlich, dass er zu den OP- Sälen müsse. Farin rannte so schnell er konnte dahin und warf dabei sogar eine alte Dame um. Das war ihm aber jetzt egal. Gerade bei den OPs angekommen, sah er eine Arzt daher laufen. Er hielt ihn fest und sagte: „Ich möchte zu Dirk Felsenheimer. Man hat mich angerufen. Ich bin Jan Vetter.“ Der Arzt schaute ihn kurz an und sagte dann: „Setzen sie sich hin Herr Vetter. Ich werde den zuständigen Arzt rufen und verschwand dann. Farin saß da und keiner kam, außer Rod, der nach zwanzig Minuten reinstürmte. Er schaute Farin an, völlig aus der Puste. Farins Ausdruck enthielt etwas schmerzhaftes und Rod stieg das Entsetzen ins Gesicht . „Bin ich etwa zu spät?“, fragte er keuchend. Farin versuchte zu lächeln und schüttelte den Kopf. Rod machte einen undefinierbaren Laut, der wohl Erleichterung ausdrücken sollte und setzte sich neben Farin. Und Farin schaute ihn an und fiel dann in seine Arme und fing an zu weinen.

Ein endlos langer Gang

Hilflos tätschelte Rod Farins Kopf. Er hatte Farin noch nie weinen gesehen, er war sich fast sogar sicher, dass er Farin noch nie so verstört und am Ende gesehen hatte. Er hatte richtig Mitleid mit ihm und irgendwie wurde ihm klar, dass nicht nur er Bela vermisst hatte. Wimmernd hing Farin in Rods Armen. Nach einigen Minuten hatte er sich wieder gefasst. Rod schaute ihn an. „Geht’s wieder?“, fragte er vorsichtig. Farin nickte nur und sagte: „Ich habe euch vermisst.“ Rod nickte nur. „Ich euch auch.“, meinte er und fragte darauf: „Weißt du schon irgendetwas?“ Farin schaute ihn nur Hilflos an. Rod seufzte und stand auf. Er lief auf und ab und das ging gut eine halbe Stunde so. Farin fühlte sich, wie in einem schlechten Film, oder besser einer dieser Arztserien, in denen die Angehörigen immer Stunden lang zu warten schienen, bis ihnen dann ein Arzt sagte, wie es um ihren liebsten stand. Ausserdem machte Rod ihn total nervös. Dann endlich öffnete sich eine Tür und ein Arzt kam hinaus. Er schaute von Farin zu Rod und von Rod zu Farin und sagte dann: „Wer von Ihnen ist Herr Vetter?“ Farin stand auf und eilte zu dem Mann. „Ich“ sagte er und auch Rod kam zu dem Arzt. „Was ist mit ihm? Was ist denn passiert? Können wir zu ihm?“, platzte es aus ihm heraus. Der Mann sah Rod fragend an und dann zu Farin und als er sah, dass Rod und Farin anscheinend zusammen gehörten, sagte er schließlich: „Herr Felsenheimer hat sich mehrere Rippen gebrochen und natürlich viele Prellungen. Aber das größte Problem war es, die Hirnblutung zu stoppen. Das haben wir jetzt Gott sei Dank hin bekommen.“, er machte eine kleine Pause und fuhr dann fort, „Er liegt jetzt im Koma. Wir wissen nicht, wann er aufwacht, oder ob irgendwelche Schäden zurück geblieben sind. Wenn sie Glück haben, dann können sie ihn in einem Monat wieder mit nach Hause nehmen, wenn nicht, dann kann es auch sein, dass er nie wieder wach wird.“ Rod schaute vom Arzt zu Farin. Farin hatte schon wieder Tränen in den Augen. Rod nahm unauffällig Farins Hand und tätschelte sie. Bei dieser Berührung zuckte Farin kaum merklich zusammen. Rod ließ direkt wieder los und fragte sich, was er da überhaupt tat. „Können wir zu ihm?“, fragte Farin und versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken. Der Arzt nickte nur. „Folgen sie mir!“; sagte er und drehte sich um. Sie liefen einen langen Gang entlang. ‚Ein endlos langer Gang‘, dachte Farin. Ihm kamen diese paar Schritte, die sie liefen wie die Ewigkeit vor. Es war die Hölle für ihn. Während sie da so herliefen, liefen Bilder durch seinen Kopf. –Ballhaus Spandau, er sah Bela und rempelte ihn ganz aus Versehen an – An der Bushaltestelle nach der Probe, als sie den Entschluss fassten eine eigene Band zu gründen - Bela, wie er stockbesoffen in der Ecke lag und Farin ihn nach Hause schleppen musste – Er und Bela, wie sie sich gegenseitig den Badgang mit schlechter Musik versauten – Fischstäbchen und Kartoffelpüree – Bela, wie er auf sein Schlagzeug hämmerte – Er und Bela, wie sie versuchten bei einer Lesung Walzer zu Teenagerliebe zu tanzen – das Silvesterkonzert 2006 – Das letzte mal, als er ihn sah am Tag nach der Tour.

Neben ihn lief Rod her und auch er hatte so seine Gedanken. Keine Bilder, aber ernsthafte Gedanken. Er fragte sich, wie er sein Leben ohne Bela weiterleben sollte. Dieser Mann hatte sein ganzes Leben verändert, er hatte ihn berühmt gemacht, er hatte ihn damals dazu gebracht bei den ärzten mitzumachen. Er fand es ein bisschen seltsam, dass sich das Schicksal der ärzte heute in den Händen von echten Ärzten befunden hatte. Er dachte darüber nach, was alles anders gewesen wäre, hätte der Arzt eben gesagt, dass Bela tot sei. Ihn schockierte der Gedanke, denn ihm wurde klar, dass mit Bela auch sein ganzes Leben sterben würde Er ,und er wusste, dass Farin genau so dachte, würde nie einen anderen Schlagzeuger haben wollen und können. Bela konnte man nicht ersetzen und er wusste auch, dass Farin niemals ohne ihn weitermachen würde. Plötzlich traten auch ihm Tränen in die Augen und ihm wurde klar, dass Bela eigentlich sein Lebenselexier war. Ihm war das in den letzten Jahren nie so deutlich aufgefallen wie jetzt. Und wie er Farin so anschaute und soweit er ihn beurteilen konnte, war er sich beinahe sicher, dass es bei Farin kaum anders sein konnte. Für Farin musste es eigentlich noch schlimmer sein, denn er war Belas bester Freund. Sie hatten gemeinsam mehr erlebt, als Rod sich je ausmalen konnte. Ihm wurde nun klar, warum er Farin noch nie so fertig gesehen hatte. Er hatte Farin schließlich noch nie in der Situation gesehen, in den sein ganzer Lebensinhalt plötzlich von jetzt auf gleich verschwinden könnte. Und endlich blieb der Arzt, der vor ihnen lief vor einer Tür stehen.

Die Hölle

Er trat einen Schritt zurück und Farin stand nun vor der Tür. Er schaute etwas hilflos zu Rod, aber dieser nickte nur. Farin griff die Klinke, drückte sie runter und öffnete langsam die Tür. Er betrat einen nahezu leeren Raum. Er sah einen kleinen Tisch und drei Stühle. Dunkelrot Gardinen vor den Fenstern und in der Mitte des Zimmers war ein Bett. Es war ein typisches Krankenhausbett und in diesem Bett lag Bela. Farin ging auf ihn zu in blieb am Fußende des Bettes stehen. Bela sah furchtbar aus. Sein sonst so glattes und jugendlich erscheinendes Gesicht war in allen Farben des Regenbogens angelaufen. Die einzige Farbe, die nicht mehr zu sehen war, war seine Hautfarbe. Eine riesige Naht führte quer über seine linke Schläfe. Sein Kopf war bandagiert und an einigen Stellen gelb angelaufen. Seine Nase sah aus, als hätte jemand Spaß daran gehabt eine Treppe zu daraus zu basteln. An allen Enden seines Körpers waren irgendwelche Schläuche und Kabel festgemacht und das einzige Geräusch, das zu hören war, war das Piepen des EKG‘s. Farin schluckte. Das Bild, das er hier vor sich sah, hatte er schon oft in seinen Träumen gesehen, aber er hatte sich nie gedacht, dass es jemals wahr werden würde. Wieder ein mal schossen ihm die Tränen in die Augen, Er wusste nicht, das wievielte mal das war. Plötzlich stand Rod neben ihm. Seine Hand lag auf Farins Schulter. Jetzt erst sah auch Rod, wie übel Bela zugerichtet war. Er hatte sich erst eine Minute zurückgehalten, um Farin etwas Zeit zu geben, sich zu fassen. Nun hatte er selber Mühe, sich einigermaßen zusammenzureißen. Er nahm seine Hand wieder von Farin Schulter runter, da sie nur noch zitterte. Sein ganzer Körper zitterte und ihm war klar, wenn nicht das hier die Hölle auf Erden war, dann wusste er auch nicht mehr weiter. Zwar sah Bela friedlich aus, aber Rod wusste auch, dass jetzt keiner genau wusste, was er noch mitbekommen würde, oder wie viele Schmerzen er hatte. Ja, das war die Hölle. Es gab nichts schlimmeres als Ungewissheit. Ungewissheit über das, was noch kommen würde. Er konnte sich das nicht länger antun. Er drehte wieder um und ging aus dem Zimmer. Draussen setzte er sich auf den Boden neben der Tür und fing an bitter zu weinen. Plötzlich überkamen ihn alle Gefühle. Die ganzen letzten Stunden hatte er krampfhaft versucht seine Fassung zu bewahren, schon allein, um Farin irgendwie zu unterstützen, aber jetzt konnte er einfach nicht mehr. Er saß da noch eine gute halbe Stunde, bis die Tür endlich wieder aufging.

Farin hatte Rod wieder raus gehen sehen und am liebsten wäre auch er wieder raus gerannt. Er fühlte sich, als wäre er in seinem Alptraum gefangen, aber anstatt raus zu gehen, holte er sich einen Stuhl und setzte sich an Belas Bett. Er nahm zitternd seine Hand. Er war alleine mit ihm in diesem schrecklichen Zimmer. Krankenhauszimmer hatte Farin schon immer schlimm gefunden. Sie waren so unpersönlich und steif eingerichtet. Da konnte man ja gar nicht wieder gesund werden. Er schaute Bela an und ohne zu wissen, was er tat, fing er plötzlich an zu reden: „Weißt du, Bela, ich war heute Nacht noch bei dir und wollte dich besuchen, weil ich dich so vermisst habe. Mir ist nämlich klar geworden, dass ich nicht ohne dich kann. Ich wollte es mir immer einreden schon die Jahre, in denen wir uns damals aufgelöst hatten. Es waren mit die schlimmsten in meinem Leben. Ich kann nicht ohne dich und ich werde es auch nie können. Und ich verspreche dir, das alles wieder gut wird. Und wenn ich mein ganzes Leben darauf warten muss. Ich werde auf dich warten.“ Dann schwieg er. Er wusste selber nicht genau, warum er das gesagt hatte. Eigentlich war er sonst nie so sentimental. Noch einmal schluckte er. Er blieb noch eine Weile bei Bela sitzen und hielt einfach nur seine Hand. Dieser Raum war schrecklich, aber er blieb, denn er wollte Bela nicht in der Hölle alleine lassen. Doch nach einer Weile stand er auf und flüsterte: „Ich komme bald wieder, mach dir keine Sorgen.“ Er dachte sich, er müsse versuchen ihm Mut zu machen, selbst wenn er ihn nicht hören konnte. Farin drehte sich m und verließ das Zimmer.

Pause

Farin sah Rod am Boden sitzen. Er schaute Farin an und eine einzelne Träne rann ihm über die Wange. Farin versuchte ihn aufmunternd anzulächeln, aber er bracht nur eine seltsame Fratze zustande. Er schüttelte verzweifelt den Kopf. „Lass uns gehen.“, sagte er nur und half Rod auf die Beine. Rod nickte und die zwei verließen das Krankenhaus wieder. Sie fuhren wieder zu Farin nach Hause. Als sie angekommen waren, stiegen sie aus den Wägen. Farin schloss schweigen die Tür auf. Die beiden gingen ins Wohnzimmer und dort saß Claudia und wartete schon auf die beiden. „Da seit ihr ja.“, sagte sie und kam Rod lächelnd entgegen. „Ich dachte schon, euch hätten Ausserirdische entführt.“ Sie zwinkerte kurz Farin zu und nahm dann Rod in den Arm. Das war das einzige, was Farin je an Claudia wirklich aufgefallen war. Sie machte immer irgendwelche Anspielungen auf die Lieder seiner Band. Wenn er darüber nachdachte, hatte sie eigentlich immer nur Anspielungen auf seine Lieder gemacht, aber er hatte jetzt nicht die Nerven dazu sich darüber großartig Gedanken zu machen. Claudia ließ Rod wieder los, der sie auch in den Arm genommen hatte und nun versuchte einen einigermaßen fröhlichen Gesichtsausdruck aufzusetzen. „Wie geht’s dir?“, fragte er sie und setzte sich auf einen Sessel, der in der Nähe stand. Er liebte Farins Wohnzimmer. Ein Raum voller bequemer Sessel und Sofas. An der Wand standen zwei Schränke mit Büchern und an der andern Wand ein Kamin, der förmlich dazu einlud Abends Stunden lang davor zu sitzen und mit Freunden zu tratschen. Während Farin es sich auch irgendwo bequem machte, fing Claudia an zu erzählen. „Schon besser. Aber ich bin echt sauer auf Steffen. Glaubst du, ich hab gewollt, dass das alles so kommt. Ich hätte nie gedacht, dass er mich wegen so was verlässt. Ich dachte, dass wir das zusammen durchstehen. Aber er wollte ja einfach nur, dass ich abtreibe, aber das würde ich nie tun. Das wäre doch Mord, oder Rod?“ Das alles brachte sie in einer irren Geschwindigkeit heraus und schaute dann Rod an. Aber Rod hatte ihr gar nicht zugehört. Er schaute irgendwo in die Leere und war wieder am nachdenken. Er wusste, dass jetzt schwere Zeiten auf sie zu kommen sollten und er wusste, dass er die nächste Zeit wohl viel mit Farin verbringen würde. Einmal um ihn aufzumuntern und zum zweiten um jeden Tag bei Bela sein zu können und er war sich sicher, dass Farin auch jeden Tag da sein würde. Er hatte sich seit Wochen gewünscht, dass er wieder mehr Zeit mit Bela und Farin verbringen konnte, aber so hatte er sich das beim besten Willen nicht vorgestellt. „Rod?“, sagte Claudia noch einmal. Rod wurde aus seinen Gedanken gerissen. „Was? Äh...ja klar.“, murmelte er. Claudia schaute von Rod zu Farin, der ebenso Gedanken versunken rum saß und dann wieder zu Rod. „Also Jungs.“, meinte sie schließlich, „Ganz doof bin ich auch nicht. Was ist los?“ Rod sagte gar nichts und schaute einfach nur Farin an. Farin seufzte. Er wollte das nicht erzählen. Er dachte sich, wenn es andere Wissen, dann wird es irgendwann offiziell und für ihn würde es dann erst wirklich zu Realität werden, denn er hoffte immer noch, dass das alles nur ein schlechter Traum war. „Bela hatte einen Unfall und liegt jetzt im Koma“, sagte er kurz angebunden. Farin bemerkte, wie Claudias Gesicht, sich wieder in das leidende Gesicht vom Abend zuvor verwandelte. „Scheiße, wie ist das denn passiert?“, fragte sie. Farin zuckte nur kurz mit den Schultern und antwortete dann: „Das wissen wir auch noch nicht. Ich weiß nur, dass es gestern Abend passiert sein muss.“ Claudia schaute nur schockiert und auch sie schien nicht zu wissen, wie sie darauf reagieren sollte. Plötzlich stand Rod auf und sagte: „Du, Farin, sorry, aber ich hab heute Nacht kein Auge zugetan und ich bin saumüde. Kann ich mich hier irgendwo aufs Ohr hauen.“ Farin nickte nur. „Du kannst das Gästezimmer im zweiten Stock nehmen“, meinte er nur. Er machte sich nicht die Mühe Rod noch zu zeigen, wo das war, oder ihn darauf aufmerksam zu machen, dass er die Schuhe ausziehen sollte, wenn er nach oben ging. Irgendwie kam ihm das nebensächlich vor. Claudia stand auch auf. „Ich glaub ich leg mich auch noch mal kurz hin.“, sagte sie und ging auch. Und wieder einmal saß Farin alleine in seinem Wohnzimmer und er fühlte sich nun einsamer, als je zuvor. Er war zwar nicht alleine im Haus, aber ihm fehlte dennoch ein Stück. Ihm fehlte Bela jetzt schon, obwohl dessen Zukunft noch gar nicht gewiss war. Vielleicht würde er schon morgen früh wieder die Augen aufschlagen und ihn angrinsen und irgendeinen dummen Spruch reißen. Und mit dieser Hoffnung, stand er auf, zog sich wieder seine Jacke an und fuhr zurück zum Krankenhaus.

Party am Bett

Es war schon drei Uhr, als Farin wieder in Belas Zimmer kam. Er hatte auf der Fahrt hier hin noch ein paar Sachen für ihn besorgt. Er hatte mal gehört, dass es den Menschen manchmal helfen würde, wenn man ihnen etwas vorspielte, oder der Gleichen, also war Farin noch mal zu Belas Haus gefahren und hatte einige seiner Lieblings CDs mitgenommen. Bela hatte ihm vor Jahren den Schlüssel gegeben. Danach war er noch kurz in einen Elektroladen gegangen und hatte einen kleinen CD-Player geholt und nun öffnete er wieder die Tür. Bela lag immer noch so da, wie er ihm am Morgen zurück gelassen hatte. „Hey Bela!“, sagte er zu der reglosen Gestalt. „Ich hab die Musik mitgebracht!“ Er versuchte das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken. Stillschweigen schloss er den Player an und setzte sich dann neben Bela. Stunden lang saß er nun da. Ab und zu erzählte er Bela etwas, aber irgendwie kamen ihm all die Dinge unwichtig vor. Er sagte irgendwas von wegen Racing-Team, von seinen Ideen für seinen Urlaub und erzählte von der letzten Nacht, als er Claudia abgeholt hatte. Er hatte sogar den Mumm, ihm aus seinem Buch vorzulesen und das, obwohl er wusste, dass Bela nicht wirklich auf Bücher stand. Plötzlich ging die Tür auf und Rod trat ein.

Rod hatte ziemlich lange geschlafen und als er wieder aufwachte, war es schon acht Uhr gewesen. Er war aufgestanden, um nach Farin zu sehen, aber als dieser nicht da war, hatte er beschlossen, wieder zu Bela zu fahren. Einfach, weil er ihn nicht allein lassen wollte und weil er sich nahezu sicher war, dass er Farin wahrscheinlich eh hier finden würde. Und er hatte Recht. Er trat ein und sah Farin an Belas Bett sitzen und Musik lief. Wenn Bela nicht in einem Bett gelegen und so ausgesehen hätte, dann wäre es fast, wie an einem ruhigen Abend auf der Tour gewesen. Sie drei saßen rum, hörten Musik und unterhielten sich ein wenig. Rod lächelte bei dem Gedanken und wandte sich dann an Farin: „Wie lange bist du schon hier?“ Farin schaute auf die Uhr. Es war jetzt schon halb neun. „Gut fünf Stunden, denke ich“, sagte er dann und lächelte Rod ebenfalls zu. Er war froh nicht mehr alleine sein zu müssen. Rod machte große Augen. „Was hast du denn die fünf Stunden über gemacht?“, fragte er, nahm sich einen Stuhl und setzte sich an die andere Seite von Belas Bett. Nun saßen sie alle drei da und Rod fing an sich mit Farin zu unterhalten. „Was hast du denn die letzten Wochen so getrieben?“, fragte Rod. Farin blickte mürrisch drein, als er antwortete: „Eigentlich nichts. Ich hab rum gesessen und mir war langweilig. Ich war eigentlich jeden Tag drauf und dran einen von euch anzurufen.“ Rod grinste. „Ging mir nicht anders. Echt. Ich hab versucht mich abzulenken, indem ich raus gehe, oder Songs für Abwärts schreibe, aber irgendwie hat das alles nichts gebracht.“ Farin lächelte und bevor sie sich versahen, waren sie in ein Gespräch verwickelt. Um zehn kam eine Schwester rein und meinte, dass die Besuchszeit vorbei wäre, aber Farin war nicht dumm und drückte der Frau nen 100€ - Schein in die Hand und meinte, sie wären auch leise. Zum Schluss waren sie das zwar nicht, aber es beschwerte sich trotzdem keiner mehr. Es wurde noch ein langer Abend und sie rissen Witze über alles. Worüber man Witze machen konnte und obwohl Bela so zwischen ihnen lag, waren beide glücklicher, als in den letzten Wochen und als sie um sechs Uhr am Morgen wieder nach Hause fuhren, waren sich beide sicher, dass Bela bestimmt bald wieder aufwachen würde.

Monate

Die nächsten Tage sahen irgendwie alle gleich aus. Irgendwann Mittags standen Farin, Rod und Claudia auf. Farin hatte die Beiden eingeladen, die nächste Zeit erst mal bei ihm zu bleiben. Sein Haus war groß genug und ausserdem wollte er in dieser Zeit nicht alleine sein. Rod hatte Farins Angebot dankend angenommen, weil er sowie so nicht wusste, wo er sonst bleiben sollte und ausserdem mochte er Farins Haus. Es war sehr hell und wirkte fröhlich. In den Fluren hingen viele Bilder von den ganzen Reisen, die Farin gemacht hatte und ausserdem hatte Farin ein kleines Studio und Rod wollte noch das ein oder andere Lied zu Ende schreiben und aufnehmen. Aber die meiste Zeit des Tages verbrachten Farin und er bei Bela. Und wenn einer von ihnen etwas zu erledigen hatte, dann blieb der andere bei ihm. Nur Nachts ließen sie ihn dann irgendwann allein, aber auch das manchmal nicht. Sie blieben manchmal bis zum nächsten Morgen da und schliefen dann dort ein. Die Krankenhaus angestellten hatten schon einige male versucht, sie rauszuschmeißen, aber die Beiden ließen sich nicht davon abringen. Belas Zimmer glich mehr und mehr einem winzigen Partyraum. Ähnlich, wie manchmal ihre Backstageräume waren. Mit der Zeit schleppten Farin und Rod immer mehr CDs an. Irgendwo im Raum stand sogar eine Gitarre, denn manchmal hatte Farin einfach Lust zu spielen, aber er tat das nur, wenn Rod weg war und selbst dann nur manchmal. Aber jeden Abend, wenn Farin zu Hause in seinem Bett lag, dachte er über das nach, was passiert war. Und es war jeden Abend wieder das selbe. Er war Verzweifelt. Würde Bela jemals wieder wach werden? Bekam er überhaupt mit was passierte? Warum war das ausgerechnet ihm passiert? Fast jeden Abend weinte er sich in den Schlaf, denn er vermisste Bela so. Manchmal weinte er sogar, wenn er mit Bela alleine war, aber seit diesem einen Tag, als er und Rod erfahren hatten, was los war, hatte er nicht mehr in dessen Anwesenheit geweint. Er schämte sich dafür, dass er so schwach war. Eigentlich war er immer der Gefühllosere von ihnen gewesen und jetzt mutierte er zur Heulsuse und das, obwohl er doch Rod an seiner Seite hatte und er nicht mehr ganz so einsam war.

Rod kam mit der ganzen Situation ein bisschen besser klar. Aber er hatte auch viel um die Ohren. Er hatte einen Freund in Berlin anrufen müssen, damit der sich ein bisschen um sein Haus kümmert. Dann musste er noch hin und wieder mit Claudia zu Arzt fahren und ausserdem wollten die Leute von Abwärts auch ständig irgendwas, was dazu führte, dass er Stundenlange Telefonate führte. Ausserdem hatte Claudia regelmäßig Gefühlsausbrüche und neigte dazu in Selbstmitleid zu verfallen, was dazu führte, dass das erstens viel Zeit in Anspruch nahm und zweitens Rod so mit anderen Sachen zu tun hatte, dass er keine Zeit mehr dazu hatte, sich über seine eigenen Gefühle klar zu werden.

Eine Woche nach dem Unfall hatte dann auch die Presse davon Wind bekommen und Reporter liefen im Krankenhaus rum und versuchten einen von den Beiden einige Antworten zu entlocken, aber sie bewahrten Stillschweigen. Weil ihnen die Gefahr zu groß war, dass sich einer von diesen Bild-Menschen in Belas Zimmer schlich und Fotos, oder gar schlimmeres machte, versuchten sie Tagsüber dafür zu sorgen, dass immer einer im Zimmer war. Das war zwar nicht schwer, weil sie ja eh fast den ganzen Tag da waren, aber es gab die ein oder andere Situation, wo eigentlich beide keine Zeit hatten, aber meistens viel ihnen da eine gut Lösung ein.

Farin hatte versucht Belas Schwester zu erreichen, damit die auch bescheid wusste, aber sie war nirgends aufzutreiben gewesen. Den Kontakt zu seinem Vater war schon in der Kindheit abgebrochen und Belas Mutter lebte nicht mehr. Immer wenn er darüber nachdachte, hoffte er, dass Bela ihr nicht eines Tages folgen würde.

Immer öfter kamen einige Leute vorbei, um Bela zu besuchen. Alle möglichen Leute aus ihrer Crew und dem Management. Dann noch einige Bekannte von Bela und an einem Nachmittag schneite sogar Campino mal für eine Stunde rein. Manchmal kam auch Claudia vorbei, aber Rod dachte sich, dass sie es weniger wegen Bela, als eher deswegen tat, weil sie einfach einsam war.

So vergingen drei Monate, ohne, dass sich irgendeine Veränderung an Belas Zustand zeigte. Die Fanpost für Bela häufte sich und Rod und Farin waren dazu übergegangen ihm jeden Tag einige davon vorzulesen. Die Fans waren fast genau so Verzweifelt, wie Rod und Farin selber. Sie schrieben, dass es ohne Bela keinen Sinn mehr geben würde, dass Belas Stimme sie immer aus ihren Depriphasen gerettet hatte und so weiter. Farin hatte seine Gigs mit dem Racing-Team hinter sich und es war Ende Oktober. Inzwischen hatten Rod und Farin auch noch eine Single aus „Jazz ist anders“ ausgekoppelt. Bela zu Ehren war es „Licht am Ende des Sarges“ geworden. Rod hatte seinen Song über seine und Belas Freundschaft als B-Seite drauf gepackt. Und nun war es Ende Oktober und eigentlich hatten sie sich schon fast an dieses Leben gewöhnt. An das Leben mit Bela, das aber irgendwie ohne ihn stattfand.

Träume

Bela ging spazieren. Er wusste nicht genau, wo er war, aber es war eine schöne Umgebung. Ein großer blauer See, dahinter ein Berg und der Berg war mit Bäumen überwuchert. Kein Mensch weit und breit. Er lief auf einem Kiesweg und ging einfach spazieren. Irgendwo im Hintergrund hörte er Musik. Er erkannte auf anhieb, dass es Kiss war und versuchte auszumachen, woher die Musik kam. Eigentlich war es ihm auch egal. Er wollte ja nur die Ruhe genießen. So ging er Stunde um Stunde weiter, immer mit der Musik in den Ohren, aber je mehr er ging, desto Einsamer wurde er. Bela fragte sich, was Farin und Rod wohl grad taten. Er war sich sicher, dass sie sich nicht in der Wildnis verlaufen hatten und verwirrt waren. Fast schon war er sich sicher, dass die beiden grade Unmengen an Spaß hatten, während es hier schon fast dunkel wurde. Er konnte sogar schon ihre Stimmen in seinem Kopf hören, wie sie lachten und Musik hörten. Sie schienen fröhlich zu sein, ihn gar nicht zu vermissen. Bestimmt taten sie das auch, denn während Bela sich zum schlafen unter eine Tanne legte, lachten sie einfach weiter und hörten erst auf, als die Sonne schon fast wieder aufging. Er fragte sich, ob er verrückt wurde. Immerhin hört nicht jeder ständig die Stimmen seiner besten Freunde. Die nächsten Tage vergingen und jeden Tag hörte er von irgendwo Lachen und Musik. Manchmal meinte er Stimmen ausmachen zu können. Er wusste, er kannte sie, war sich aber nicht sicher woher. Er fühlte sich einsamer denn je. Irgendwann hörte er auf die Tage zu zählen, die er hier verbrachte. Einen Ausweg gab es nicht, dessen war Bela sich sicher. Stunde um Stunde war er gelaufen und immer wieder sah er nur diesen See vor sich, der förmlich schrie: „Spring rein und alles wird gut!“ Er mochte vielleicht verrückt werden in dieser Einöde, aber er war noch nicht soweit, dass er auf die lautlosen Rufe eines leblosen Gewässers hörte. Er wünschte, Farin wäre bei ihm. In seinen Träumen sprach Farin zu ihm. Das Thema war eigentlich immer dasselbe. Er konnte schon fast mitreden. Es waren immer Sätze wie: „Ich vermisse dich! Ich kann nicht ohne dich! Ich warte auf dich. Ich hab dich lieb. Alles wird gut.“ Jeden Tag versuchte er eher schlafen zu gehen, weil ihn Farin Stimme in seinem Kopf so aufmunterte, aber immer dann, wenn er absichtlich versuchte zu schlafen, kam meistens die Musik wieder, oder er hörte andere Stimmen. Einmal war es die von Jörg gewesen, einem der Köche von der Tournee, dann war es auch mal Rod und einmal wachte er auf und war sich todsicher, dass es Campino gewesen war, der zu ihm sprach. Nach und nach gewöhnte er sich aber an seine Umgebung. Er war zwar einsam, aber er freute sich immer wieder aufs neue auf die Nacht. Eines Morgens wurde er wach und vor ihm stand ein Mann. Bela schaute ihn Fassungslos an. Und der Mann sprach: „Dirk, siehst du die zwei Pfade, die von deinem Pfad abweichen? Beide führen zu einem geliebten Menschen von dir. Du wirst beide eines Tages wieder sehen das verspreche ich dir, aber nur einen wirst du auf der Stelle wieder sehen können.“ Er deutete auf den Weg, der zum See führte. „Das ist der Weg zu deiner Mutter.“ Er deute auf den Weg zum Berg. „Das ist der Weg zu deinem besten Freund. Jan heißt er!“ Der Mann verschwand vor seinen Augen und Bela schaute sich verwirrt um. Was war hier los? Er setzte sich unter einen Baum und dachte nach. Nach einer Weile stand er auf, ging los und am Ende des Weges angekommen, fiel er in ein schwarzes Loch.

Vergessen

Farin schlug seine Augen auf und war sofort hellwach. Er stand auf und zog sich an. Als er sein Zimmer verließ, erhaschte er noch eben einen Blick auf die Uhr. 6:25 Uhr. Er seufzte. Geschlafen hatte er diese Nacht nicht viel. Sie waren gegen elf Uhr vom Krankenhaus wieder gekommen und dann hatte er nicht schlafen können. Er dachte kurz darüber nach, wann er wohl eingeschlafen war. Das letzte mal, dass er auf die Uhr geschaut hatte, war es drei Uhr gewesen. Mit einem weiterem Seufzen ging er hinunter in die Küche und machte sich eine Kaffee. Rod und Claudia schliefen noch, was Farin gut nachvollziehen konnte, denn als er und Rod gestern Abend nach Hause gekommen waren, war Claudia mal wieder völlig aufgelöst gewesen und Farin war sich sicher, dass sie noch die halbe Nacht geredet hatten. Eigentlich war er froh darüber, dass die Beiden heute länger schliefen, als er. Der Tag versprach durchaus interessant zu werden, aber vor allem war Farin sich sicher, dass heute wohl keiner von ihnen mehr die Gelegenheit haben würde, Bela zu besuchen. Farin beschloss, schon in der Frühe zu ihm zu fahren, damit er ihn heute wenigstens einmal kurz hallo sagen konnte. Nach seinem Zweiten Kaffee also schnappte er sich seine Jacke und den Mototrradschlüssel. Heute war einer der letzten sonnigen Tage im Jahr und Farin wollte das ein letztes mal ausnutzen. Zehn Minuten später war er im Krankenhaus, er lief die Gänge entlang und grüßte hier und da eine Krankenschwester, denn die meisten von Ihnen kannte er schon, immerhin war er drei Monate lang jeden Tag hier gewesen. Er betrat lächelnd Belas Zimmer. „Guten Morgen!“, sagte er strahlend. Seit neustem versuchte er immer eine fröhliche Stimme aufzusetzen, jedes mal, wenn er Belas Zimmer betrat. Er setzte sich wie immer an Belas Bett und schaute sich im Zimmer um. Es war – im Gegensatz zu dem Tag, als sie das erste mal hier waren - nicht mehr wiederzuerkennen. Rod und Farin hatten das Zimmer in einen farbenfrohen Raum verwandelt. Bunte Blumen, Bilder an der Wänden und sogar ein paar Kerzen waren im Raum verteilt. Nun saß Farin neben Bela. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte mal mit seinem besten Freund geredet, geschweige denn gelacht hatte, aber er wusste genau, dass sie beide vor genau einem Jahr sogar ziemlich viel gelacht hatten. Farin erinnerte sich noch genau daran, wie sie sich eine Auszeit von den Studiotagen genommen hatten und zusammen die Stadt unsicher gemacht hatten. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht schaute er Bela an und fing wieder ein mal an mit ihm zu sprechen: „Weißt du Bela.“, begann er, „alles, was ich mir heute wünsche ist, dass du mich mal wieder anlachst und dass ich endlich wieder deine lebendigen Augen sehen kann.“ Er war in letzter Zeit immer emotionaler geworden. Er fuhr fort: „Ich weiß gar nicht, wie ich diesen Tag überleben soll. Alle Möglichen Leute werden kommen, aber du wirst nicht da sein. Schon das alleine macht den Tag tausend mal schlechter, als er sein könnte. Mein Geburtstag ohne dich? Ohne zu wissen, wie es dir geht?“ Eine Träne kullerte ihm die Wange runter. Er stand auf. „Ich muss dann auch wieder.“, sagte er und dreht sich um. Er war grade an der Tür, da hörte er von hinten: „Man Farin, du glaubst doch nicht echt, ich verschlafe deinen Geburtstag!“

Vorbereitungen

Rod wurde erst spät wach. Er schaute auf seinen Wecker. „Mist!“; fluchte er und sprang auf. Es war schon halb elf. Jetzt war eigentlich eh alles zu spät. Er hatte zu Farins Geburtstag noch einige Vorbereitungen treffen wollen. Weiter fluchend zog er sich an, rannte schnell ins Bad, machte sich fertig und eilte in die Küche. Er war sich sicher, dass Farin schon wach war, aber es war keiner da. Ein wenig verwirrt stand er also da und dann lachte er. Ja, es hätte ihm klar sein sollen, dass Farin an seinem Geburtstag wahrscheinlich erst mal zu Bela fahren würde. Erleichtert über diesen Zustand, machte er sich einen Kaffee. Nachdem er gefrühstückt hatte, holte er einige Sachen aus seinem Zimmer und trug sie in das Wohnzimmer. Er schob die Sessel und Sofas an die Wände und dann fing er an. Er wollte einen bunten Geburtstag für Farin haben, also blies er nun Luftballons auf, hing Girlanden auf und auch noch einige Luftschlangen. Dann ging er in die Küche und fing an einen Kuchen zu backen. Eigentlich war er gar nicht geschaffen für die Küche. Meistens aß er etwas, was ziemlich schnell ging. Pommes, Nudeln, Hot Dogs und so weiter. Während er also Kuchen machte, härte er Musik und freute sich auf diesen Tag,. Er hatte Farin lange nicht mehr fröhlich gesehen und deswegen bemühte er sich nun um so mehr. Gegen halb zwölf gesellte sich dann auch Claudia zu ihm und half ihm beim Backen. „Was schenkst du Farin eigentlich?“, fragte sie ihren Bruder. Rod lächelte nur geheimnisvoll. „Das wirst du dann wohl sehen!“, meinte er und holte den Kuchen aus dem Ofen. „Ah, ja. Und wo er ist er jetzt eigentlich?“, fragte sie weiter. Er zuckte mit den Schultern. „Ach, keine Ahnung, aber ich denke mal, dass er zu Bela gefahren ist.“, er dachte weiter nach, „Weißt du, letztes Jahr auf seinem Geburtstag hatten wir unheimlich viel Spaß zusammen. Würd mich nicht wundern, wenn ihn das runter zieht.“ Claudia nickte. „Ja,“, meinte sie, „Er ist mir eigentlich nie so emotional vorgekommen, aber die letzten drei Monate kam es mir genau andersherum vor.“ Rod nickte nur. Ja, Farin hatte sich verändert. Er war nicht mehr der dauerlächelnde Mensch gewesen, der er mal war. Zwar hatten sie viel gelacht, aber Rod hatte an Farins Augen sehen können, dass es sein Inneres nicht lachte. Rod ging es eigentlich nicht viel besser als Farin, aber er glaubte, dass er es besser verstecken konnte. Er setzte sich an den Küchentisch und trank noch einen Schluck Kaffee. Claudia setze sich zu ihm. „Ich hab gar kein Geschenk!“; warf sie schließlich ein. Rod schaute sie verwundert an. „Oh, dann kauf doch noch schnell eins!“, sagte er nur. „Ich weiß aber nicht was.“, sagte sie nur. „Ich wüsste nicht, worüber er sich freuen würde.“ Rod schaute sie nur traurig an und flüsterte schon beinahe: „Ich glaub er kann sich gar nicht mehr freuen.“ Sie schwiegen beide. Claudia kannte Farin nicht gut genug, um beurteilen zu können, was in Farin vor sich ging, aber wenn einer seiner besten Freunde einen solchen Satz sagte, wie Rod es eben getan hatte, dann musste das auch einen Grund haben. Irgendwann hielt sie die Stille nicht mehr aus und begann Essen für den Abend zu kochen. Rod war ihr sehr dankbar, dass sie das tat. Er selber hatte nämlich keine Idee, was es zu Essen geben konnte. Schließlich stand er auf und sagte zu Claudia: „Ich fahr auch noch mal eben zum Krankenhaus. Der ist jetzt schon ziemlich lange weg.“ Claudia nickte nur abwesend und Rod verließ das Haus.

Lachen, Grinsen und Freude

Farin drehte sich langsam um. Hatte er grad wirklich Belas Stimme gehört? Nein, das war bestimmt nur Einbildung gewesen. Er schaute zum Bett und dort lag Bela, wie immer. Wie immer? Nein. Er hatte die Augen offen und schaute Farin an. Farin schaute zurück. Er wusste nicht, ob das jetzt ein Traum war, oder die Realität. Er ging einen Schritt auf Bela zu. „Bela!?“; hauchte er. Bela grinste nur neckisch und sagte dann: „Ja Farin. Ich bin Bela. Und kannst du mir mal sagen, wo ich hier bin?“ Aber Farin konnte nichts sagen. Vollkommen überwältigt stürmte er auf Belas Bett zu und nahm seinen besten Freund in den Arm. Ein Wimmern ertönte im Raum und Farin rollte eine Träne über das Gesicht. Als er Bela endlich losgelassen hatte, schaute dieser ihn nun verwundert an. „Was ist hier los Farin?“, fragt er verwirrt und schaute sich noch mal im Zimmer um. Farin setzte sich wieder auf den Stuhl neben Belas Bett. Er zitterte, aber sonst hatte er immer vor Trauer gezittert, weil er sich das Weinen verkneifen musste, aber nun Zitterte er weil er so froh war. Ein Grinsen lag auf seinem Gesicht, wie man es seit Monaten nicht mehr bei ihm gesehen hatte. Schließlich sagte er: „Du lagst im Koma Bela. Ganze drei Monate!“ Bela schaute ihn verblüfft an. „Was...?“, stotterte er, „Wie ist das passiert!“ Farin schaute ihn an und versuchte ernst zu bleiben, aber das Grinsen konnte ihn nun keiner mehr aus der Fresse schlagen. „Du hattest einen Autounfall. Du hattest anscheinend zu viel getrunken. Sie mussten deinen Kopf aufschneiden und so.“, erklärte er nun dem immer noch perplex wirkendem Bela. Nun schaute Bela seinerseits ernst drein. Er schaute sich ein drittens mal im Raum um. „Und das hier ist das Krankenhaus?“, fragte er Farin. Seine Stimme klang schwach, aber Farin war schon allein glücklich darüber, dass er die Stimme hörte. Nun nickte er und sagte lachend: „Ja. Wir waren jeden Tag hier und haben uns ein wenig häuslich eingerichtet.“ Bela musste nun auch lachen. „Ein wenig ist gut.“, meinte er und betrachtet die leeren Flaschen, die Blumen auf der Fensterbank und die Gitarre. „Und du warst jeden Tag da?“, fragte er und schaute Farin in seine Augen. Farin konnte Tränen in Belas Augen sehen. Er nickte bekräftigend. „Na klar!“, meinte er, „Ich konnte dich doch nicht allein lassen.“ Bela lächelte verlegen. „Drei Monate!?“, nuschelte er in sich hinein. Er grinste Farin wieder an und dieser strahlte über das ganze Gesicht. In diesem Moment dachte er sich, dass er der glücklichste Mensch der Welt sei. „Nun,“ sagte Bela, „Vielleicht solltest du einem Arzt bescheid sagen. Dass ich wach geworden bin ist doch sicherlich ein Wunder.“ Er streckte Farin die Zunge raus und zwinkerte ihm ironisch zu. Er wusste ja nicht, wie Recht er hatte.

Verarscht

Nach einer viertel Stunde war auch Rod am Krankenhaus angekommen. Er konnte schon Farins Auto auf dem Besucherparkplatz sehen. Er steig aus seinem Auto und ging ins Krankenhaus. Hier und da grüßte er, genau wie Farin zuvor, einige Leute, die ihm über den Weg liefen. Als er auf Belas Flur angekommen war, sah er Farin. Dieser hatte Tränen in den Augen. Rod schaute ihn verwirrt an. „Warum bist du nicht drinnen?“, fragte er ihn. Farin schaute ihn an. Rod sah in seine verweinten Augen. Er stutzte, warum musste Farin raus gehen? War etwas passiert? War Bela etwa tot? Rod machte große Augen. „Farin.“, sagte er energisch, „Was ist passiert? Er ist doch nicht...!“ Er wollte diesen Gedanken gar nicht erst aussprechen. Wieder schaute Farin ihn nur an und sein Blick verriet nichts. Es kam Rod wie eine Ewigkeit vor, bis Farin endlich ein Lächeln zustande brachte. Aber sagen tat er immer noch nichts. „Willst du mich ärgern oder was?“, fluchte Rod und schaute Farin wütend an. „Jetzt sag mir was los ist!“ Farin lächelte nur weiter glückselig vor sich hin. Rod starrte ihn an. „Findest du das etwa lustig? Meinst du, dass du dir alles erlauben kannst nur, weil du Geburtstag hast oder was ist hier los?!“, schreite er schon fast. Farin schien ihn zu ignorieren. Rod starrte ihn weiter an. Die Gedanken wirbelten in seinem Kopf. ‚Was soll das? Was machen die da drin? Will er mich nur ärgern? Er hätte es mir wohl gesagt, wenn was Schlimmes passiert wäre? Wann sind die da drin endlich fertig? Ich sollte ihm eine runter hauen. Warum hat er geweint?‘ Er stellte sich nun mit einem beleidigten Gesichtsausdruck neben Farin und sagte gar nichts mehr. Die Minuten vergingen. Zehn Minuten, Zwanzig Minuten, Dreizig Minuten. Nach einer drei viertel Stunde öffnete sich endlich die Tür und der Chefarzt kam aus Belas Zimmer. Rod schaute entgeistert von ihm zu Farin und wieder zurück. Der Arzt lächelte nur, schaute Farin an und sagte: „Es ist soweit alles in Ordnung. Ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Ich komm dann später noch mal vorbei.“ Und mit einem Lächeln für Farin und einem Nicken für Rod, ließ er die Beiden Freunde stehen. Rod schaute nun noch dreister drein. Was bildete sich der Typ überhaupt ein, nur mit Farin zu sprechen und ihn aussen vor zu lassen. Böse blickte er zu Farin, der immer noch an der Wand gegenüber der Tür stand und keine Anstalten machte in das Zimmer zu gehen. „Willst du nicht rein gehen?“, fragte Rod ihn. Farin schüttelte nur den Kopf und machte eine Bewegung mit der Hand, die wohl bedeuten sollte, dass Rod zuerst reingehen soll. Rod seufzte. „Du bist echt scheiße! Weißt du das?“, murmelte er und betrat das Zimmer. Bela lag da, wie immer. Seine Augen waren geschlossen. „Hey!“, murmelte er und setzte sich auf den Stuhl, auf den vor einigen Stunden noch Farin gesessen hatte. Bela sah noch lebendig aus. Er seufzte. Wahrscheinlich war das eben nur eine Routinekontrolle gewesen und Farin hatte ihn einfach nur ärgern wollen. Er ging zum Fenster und schaute hinaus. „Was schenkst du Farin zum Geburtstag?“, ertönte plötzlich Belas Stimme hinter ihm. Mit einem Ruck drehte sich Rod um und schaute zu Bela. Dieser schaute ihn mit offenen Augen an. Er grinsten beflissen. Rod starrte einfach nur zurück, dann sah er zur Tür. Farin lehnte im Türrahmen und grinste von einem Ohr zum anderen. Rods Blick wanderte von Farin zu Bela und dann wieder zu Farin. „Ihr seid so gemein.“, fluchte er, musste aber gleichzeitig lachen. Freudentränen stiegen in seine Augen. „Echt, das war sau fies!“, protestierte er und versuchte ernst zu bleiben. Dann fiel auch er Bela um den Hals. Seine Umarmung fiel nicht so lang aus, wie die von Farin zuvor. Er schaute Bela an, setzte sich dann neben ihn. „Wann bist du aufgewacht?“, fragte er nun. Er wollte alles wissen. „Heute Morgen irgendwann. Muss ziemlich früh gewesen.“, er schaute fragend zu Farin. Dieser zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Muss so gegen halb acht gewesen sein. Kurz nachdem ich gekommen bin auf jeden Fall.“, meinte er zu Rod gewandt. Rod schaute entgeistert und wieder fing er an zu fluchen: „Warum hast du mir nicht bescheid gesagt? Glaubst du nicht, dass mich das auch interessiert hätte?“ „Bleib mal ruhig, Alter.“, warf Bela ein. „Ja, genau.“, pflichtete ihm Farin bei; „Wir wollten dich doch nur ein bisschen ärgern.“ Rod seufzte und sagte: „Ihr werdet euch wohl nie ändern, oder?“ Die beiden anderen schüttelten den Kopf. „Warum auch?“, fragte Bela, „Wir sind bis jetzt immer so durchgekommen.“ Farin musste lachen. Nun lachte auch Rod. Sie schauten sich alle an und waren die wohl glücklichsten Menschen der Welt.

Das Geschenk

Nach zwei Stunden fuhren Rod und Farin wieder nach Hause, weil Bela erstens darauf bestanden hatte, dass Farin seinen Geburtstag feierte und zweitens er trotz allem noch ziemlich schwach war und seine Ruhe brauchte. Als die beiden das Haus betraten, hatten beide ein Lächeln auf den Lippen. Claudia kam aus dem Wohnzimmer und lächelte ebenfalls. Sie ging auf Farin zu und nahm in den Arm. „Alles guten zum Geburtstag!“, sagte sie. „Danke.“, sagte Farin fröhlich und drückte sie kurz an sich. Rod lief ein wenig rot an. In der ganzen Aufregung hatte er vergessen, seinem Freund zu gratulieren. Er beschloss, das auf später zu verschieben, wenn er ihm sein Geschenk geben würde. Während sie ihre Jacken auszogen, fing Claudia direkt an, weiter zu reden. „Ich dachte schon ihr kommt gar nicht mehr wieder. Ihr könnt von Glück reden, dass die ganzen Gäste noch nicht da sind. Ich hab schon gedacht ich wäre ganz allein mit deinen Freunden Farin.“, brachte sie ohne Luft zu holen raus und ging dann in die Küche. Rod grinste Farin nur an und sie begaben sich ins Wohnzimmer. Farin lachte, als er sah, was Rod und Claudia daraus gemacht hatten. „Rod!“, rief er. „Hier sieht‘s ja aus, wie auf nem Kindergeburtstag.“ Rod lachte auch. „Ja.“, sagte er; „Das war ja auch Sinn der Sache.“ Farin nahm Rod in den Arm und Rod drückte ihn fest an sich. Er war so froh, dass Farin endlich wieder Lachen konnte. Alles an Farin schien zu lachen. Sie setzten sich auf eine der Couches an der Wand und Rod ließ sich nicht davon abbringen, Farin eine Luftschlange um den Hals zu wickeln. „So,“, sagte er, „Und du bist das Kind, für das der Kindergeburtstag gefeiert wird.“ Beide mussten Lachen. Claudia kam rein und brachte den Geburtstagskuchen. Sie hatte sogar ein paar Kerzen darauf gestellt. „So, und jetzt wünsch dir was!“, sagte sie und stellte den Kuchen auf den Tisch vor Farin ab. Und Farin blies die Kerzen in einem Zug aus und war dann eine Minute lang ganz still. „Und, was hast du dir gewünscht?“, Fragte Rod neugierig. Farin schaute ihn nur empört an. „Das darf man doch nicht verraten!“, meinte er und nahm sich das Messer, um den Kuchen anzuschneiden. Die drei aßen nun also Kuchen, tranken Kaffee und lachten. Die beiden Freunde erzählten nun auch Claudia, dass Bela endlich aufgewacht war und sie freute sich fast genau so sehr wie sie. Gegen vier klingelte es dann an der Tür. Farin stand auf und öffnete und vor ihm stand seine kleine Schwester. „Hey Julia, mit dir habe ich ja gar nicht gerechnet. Komm rein!“, sagte er und nahm Julia in den Arm. „Herzlichen Glückwunsch, großer Bruder!“, sagte Julia und drückte ihm ein Päckchen in die Hand. „Danke!“, sagte Farin und nahm ihr die Jacke ab. „Wir sitzen im Wohnzimmer. Kannst schon mal vorgehen.“ Während Julia ins Wohnzimmer ging, hing Farin ihre Jacke auf und lächelte von einem Ohr zum anderen. Es war dieses typische Farin Urlaub Lächeln. Er ging dann auch ins Wohnzimmer und packte dann Julias Geschenk aus. Es war eine kleine gläserne Figur, die einen Pudel darstellte. „Das ist ja schön!“, Sagte Farin zu seiner Schwester und nahm sie in den Arm. „Ich dachte, du kannst das vielleicht in das eine Regal stellen, wo du die ganzen anderen Figuren auch hast.“, Meinte diese nur. Farin nickte nur. „Es bekommt einen Ehrenplatz“, sagte er und gab ihr ein Stück Kuchen. Im Laufe des Tages kamen dann noch ein paar andere Freunde von Farin vorbei, darunter auch Markus Karg, die Jungs von „Fettes Brot“ und Nessie. Gegen Abend wurde dann der Kuchen weggebracht und statt dessen wurde getanzt, gelacht und getrunken. Farin lachte, wie er es seit Monaten nicht getan hatte. Irgendwann gegen zehn Uhr, ging Farin nach draußen um ein wenig Luft zu schnappen. Rod gesellte sich zu ihm. „Geile Party“, sagte Farin glücklich. Rod nickte. „Ich hatte gehofft, dass es dir gefallen würde.“, Meinte er. Farin schaute ihm in die Augen. „Heute ist einer der schönsten Tage meines Lebens.“, flüsterte er schon beinahe. Rod nickte. „Bevor ich’s vergesse.“, begann er plötzlich und schaute dem Geburtstagskind ins Gesicht. „Ich habe auch noch eine Kleinigkeit für dich.“ Farin lächelte ihn nur an, während Rod ein Päckchen aus seiner Tasche kramte. Er gab Farin das Päckchen und sagte: „Happy Birthday Großer. Ist nur ne Kleinigkeit, aber ich hatte gedacht, dass es dich vielleicht aufmuntert.“ Farin nickte nur und packte das Geschenk aus. Er hielt ein Medaillon in der Hand. Es war aus Silber und hatte wunderschöne Verzierungen. Farin öffnete es und darin war ein Bild von Rod, Bela und ihm auf Farins letztem Geburtstag. Farin stiegen Tränen in die Augen. Sein letzten Geburtstag war so schön gewesen. Sie hatten so einen Spaß gehabt. Da war er glücklich gewesen und er verstand, warum Rod ihm genau das Bild ins Medaillon gemacht hatte. Er schaute seinen Freund an und nahm ihn dann in den Arm. „Danke.“; sagte er nur. Dann standen sie noch eine Weile nebeneinander und schauten in den Himmel. Die Nacht war sternklar. Nach einer Weile gingen sie dann wieder rein und feierten bis der Morgen kam.

Die nächsten Wochen

Die nächsten Wochen waren ein wahrer Traum für die beiden Männer. Sie fuhren jeden Tag zu Bela, der mit jedem Tag lebendiger wirkte., Seine Augen strahlten wieder und Rod beobachtete jeden Tag wieder, dass auch Farins Augen wieder strahlten. Von seinem Traum erzählte Bela seinen beiden Freunden allerdings nicht. Er hatte es erst tun wollten, weil er sich sicher war, dass das total aufregend klingen würde, aber dann war ihm auch klar geworden, wie nah er da dem Tod gewesen sein musste. Nein, das wollte er den Beiden nicht zumuten. Ein paar Tage, nachdem Bela wieder wach geworden war, hatte Farin sich entschlossen, seine Tour mit dem Racing Team, die er eigentlich abgesagt hatte, doch stattfinden zu lassen. Die Termine wurden um einiges nach hinten verschoben und so sollte die Tour erst am 03.12 losgehen. Es blieb also noch Zeit genug für Bela. Und diese Zeit nutze er auch. Während Rod sich in den nächsten Wochen wieder viel um Claudia kümmern musste, weil er ihr eine Wohnung besorgen wollte – Und das, obwohl Farin ihnen gesagt hatte, dass sie so lange bei ihm bleiben konnte, wie sie wollte – saß Farin jeden Tag an Belas Bett. Ein paar Wochen später durften sie das erste mal mit ihm nach draußen. Farin schob Bela im Rollstuhl vor sich her und redete einfach nur vor sich hin. Bela lächelte und schaute in die Novembersonne. Er fühlte sich wie neu geboren, seit er wieder wach geworden war. Nachdem bekannt wurde, dass er wach geworden war, wurde er mit Briefen überhäuft. Er hatte schon immer viele Fanbriefe bekommen, aber nie so viele wie jetzt und auch nie so emotionale. Das machte ihm fast schon Angst. Immer wieder las er Sätze, wie „Ich habe jede Nacht geweint.“ „Wenn du gestorben wärst, dann wäre mein Leben beendet gewesen“ „Ich könnte nicht mit der Tatsache leben, dass es die ärzte nicht mehr gegeben hätte.“

„Immer diese Fans.“, Hatte Bela Kopfschüttelnd zu Farin gesagt und gelacht, aber innerlich wurde im wieder ein mal die Verantwortung, die er gegenüber seinen Fans hatte, bewusst. So vergingen die Wochen, mit Tausenden Briefen, viel Besuch und noch viel mehr Fortschritten in Belas Gesundheit. Schließlich wollte er so schnell wie möglich wieder hier raus. Er ertrug es einfach nicht, ständig nur im Bett zu liegen. Und endlich, Ende November unterschrieb der behandelnde Arzt endlich die Entlassungspapiere, wobei er noch ein mal betonte, dass es eigentlich ein Wunder war, dass er einfach so aufgewacht war, ohne irgendwelche Schäden davon zu tragen. Bela war sich dieser Tatsache sehr wohl bewusst und er war sehr dankbar dafür.

Entlassen

Farin hatte Bela an diesem Tag abgeholt, weil Rod irgendwo unterwegs war und keine Zeit hatte. Sie verließen das Krankenhaus und Bela schaute freudestrahlend in die Sonne. Farin wuschelte ihm durch seine, mit der Zeit ziemlich lang gewordenen Haare. Bela schob seinen Arm zur Seite. „Hey, ich bin nicht dein Teddybär!“, Lachte er. Sie stiegen in Farins Auto ein und beide waren rundum zufrieden mit ihrem Leben. „So, wohin wollen wir jetzt zuerst?!“, fragte Farin seinen Freund. Bela überlegte kurz und sagte dann: „Lass und irgendwo feiern gehen!“ Farin nickte nur und meinte: „Wir könnten es uns erst irgendwo bequem machen und heute Abend dann ins Logo, da ist auch irgendwas los?! Was meinst du?!“ Bela nickte. „Ja,“; sagte er. „Weißt du, wie lange ich da schon nicht mehr war? Ausserdem muss ich echt mal wieder feiern.“ Farin nickte. „Ja, wirklich gefeiert habe ich auch schon lange nicht mehr!“ Beide dachten sich in diesem Moment, dass es vor Belas Unfall war, dass sie überhaupt mal gefeiert hatten und das war irgendwann während der „Jazzfäst-Tour“ gewesen. Und das war immerhin schon vier Monate her. Immer wenn Farin an diese Tour zurück dachte, kam es ihm wie im Traum vor. Da war noch alles in Ordnung gewesen und mit Ende dieser Tour war alles so gekommen, wie es nun war. Er wusste immer noch nicht genau, warum Bela am Abend des Unfalls so besoffen gewesen war. Bela hatte immer irgendwie das Thema gewechselt, wenn er diese Nacht ansprach. Er wollte nicht, dass Farin sich schuldig fühlte. Schließlich hatte er sich damals nur so betrunken, weil er seine beiden Bandkollegen so vermisste. Farin verschwieg ihm wiederum die Tatsache, dass er ihn noch in der selben Nacht besuchen wollte und sich nun Verwürfe machte, weil er ihn nicht erreicht hatte und nicht das Schlimmste hätte vermeiden können. So trugen sie eigentlich beide eine Last mit sich rum. Und beide dachten, dass der Andere sie auslachen würde, wenn sie von ihren Gefühlen redeten. So fuhren sie nun Beide in eine ihrer Lieblingsbars und feierten. Unterwegs rief Bela noch Rod an, aber der schien keine Zeit zu haben, denn er ging nicht ran und drückte ihn beim zweiten Versuch einfach weg. Danach war sein Handy aus. „Schade eigentlich!“, sagte Bela , „Ich hätte gerne einen mit ihm getrunken und schön abgefeiert.“ Farin nickte und meinte daraufhin: „Ja, und ich hätte euch sogar nach Hause bringen können. Dann müsstet ihr nicht besoffen fahren.“ Er nahm einen Schluck von seiner Cola und Bela schaute ihn etwas verwirrt an. Hatte er da etwa einen leichten Vorwurf von Farin gehört?! Er nahm ebenfalls einen Schluck von seinem Bier um die Situation irgendwie in den Griff zu bekommen, während Farin sich selber fragte, was der blöde Spruch nun schon wieder sollte. Manchmal konnte er sich selber Ohrfeigen. Danach begannen die Beiden über das Geschäft zu reden. „Wann machen wir wieder was mit den ärzten?“, fragte Bela, der total motiviert war schon bald wieder was zu machen. Farin zuckte mit den Schultern und meinte: „Naja, ich weiß nicht. Ich geh ja erst mal mit dem Racing-Team auf Tour und ich glaube Rod hat auch noch irgendwas geplant. Ausserdem solltest du dich doch erst mal vollständig erholen oder? Du musst dich ja nicht sofort wieder in die Arbeit schmeißen!“ Bela schaute den Andern verwirrt an. Grad hatte er ihn noch angesaugt, weil er besoffen gefahren war und ein paar Minuten später war er wieder so nett und fürsorglich. Aber Bela zuckte nur mit den Schultern und sagte: „Ja, kann sein. Aber ich glaube die Fans wären glücklich, wieder was von uns zu hören.“ „Naja, die haben jetzt so lange gewartet, da schaden ein paar Monate mehr auch nicht oder?!“, sagte Farin. Bela nickte zustimmend. Ja, eigentlich hatte Farin da recht, vielleicht sollte er wirklich alles etwas langsamer angehen lassen. „Darf ich bei dir mit auf die FURT-Tour kommen?“, fragte er schließlich. Farin schaute ihn nun völlig durcheinander an. „Häh?“, brachte er nur hervor. ‚Was soll das denn jetzt?‘, fragte er sich. Bela sah ihm die Verwunderung an und grinste verlegen. „Naja, ich dachte, dann hätte ich wenigstens was zu tun, wenn ihr Beide auch was zu tun habt.“, meint er und war ein wenig rot. Farin lachte. „Naja, eigentlich ist die Idee gar nicht mal so schlecht.“, überlegte er. Bela grinste ihn erleichtert an und Farin grinste mit einem für ihn typischen Gesichtsausdruck zurück. Bela hatte schon befürchtet, dass Farin keinen Bock darauf hatte, dass er sich an ihn ran hängte. Nachdem Bela sein Bier und Farin seine Cola ausgetrunken hatten, beschlossen sie zu einem Frisör zu gehen, denn Bela sah echt übel aus. „Du siehst echt scheiße aus.“, meinte Farin, als sie sich auf den Weg machten. „Ja!“, stimmte Bela ihm zu. „Aber ich hab selbst mit beschissener Haarfrisur noch Freunde. Und du bestimmt nicht.“ Farin erwiderte nur: „Ja, aber ich werde auch NIE eine scheiß Frisur haben.“ „Stimmt.“, lachte Bela. „Du hast immer schöne Haare.“ Und wuschelte nun seinerseits Farin durch die Haare. „Ich bin auch nicht dein Teddy!“, meinte dieser daraufhin. Die beiden lachten und während sie durch die Stadt gingen um Farins Lieblingsfrisör aufzusuchen, rissen sie so ihre Witze.

Le Frisur

Bela überlegte einige Zeit, bevor er sich entschloss mal wieder was neues auszuprobieren. „Was meinst du Farin?“, fragte er noch etwas zögerlich, als er Farin seinen Plan erläuterte. Farin nickte. „Ja, das sieht bestimmt geil aus!“, meinte er und grinste. „Gut, dann möchte ich’s bitte genau so haben!“; Meinte Bela schließlich zu der Friseuse, die ihn nur fassungslos anstarrte. „Ähm, das kann aber etwas länger dauern!“; sagte sie. „Wir haben Zeit!“, lachte Bela und ließ sich auf den Stuhl vor einem der großen Spiegel fallen. „Nun, kann ich Ihnen in der Zwischenzeit was zu trinken anbieten!“; sagte die Frau nun zu Farin. Dieser schüttelte nur den Kopf. „Nö nö, ich bekomm heute noch genug zu trinken.“, grinste Farin und zwinkerte Bela zu, der zurück zwinkerte und die arme Frau nun noch verwirrter schauen ließ. Schließlich begann sie einfach stillschweigend mit ihrer Arbeit. Schließlich war es nicht ihr Problem, wenn diese zwei Männer total verrückt waren. Später fragte sie noch ihre Kollegin, wie verrückt man für so eine Frisur sein musste, aber die fand das gar nicht so schlimm. Farin schnappte sich derweil eine Zeitung, die rumlag und blätterte darin. „Hey Alter, du stehst in der „Gala“!“, sagte er auf ein mal. „Und was für eine Scheiße da steht!“, fügte er halb verärgert, halb belustigt hinzu. „Mmm..., was denn?“, fragte Bela nur neugierig und bließ sich die Haare, die die Friseuse ihm ins Gesicht gelegt hatte, aus dem Gesicht. „Warte, ich les es dir vor!“, meinte Farin daraufhin. „Also: Bela B., der Schlagzeuger der Popband „die ärzte“, ist nun nach vielen Wochen aus dem Koma erwacht. Viele Fans atmeten erst mal auf, da die Frage im Raum stand, dass sich die Band, die für Lieder wie „Westerland“ und „Männer sind Schweine“ bekannt ist, auflösen könnte. Nun, wo diese Frage erst geklärt schien, berichten Freunde des Schlagzeugers, dass dieser ernsthaft darüber nachdenke, sich mehrere Jahre Ruhe zu gönnen und mehr Zeit mit seiner Frau und den Kindern zu verbringen.“ Bela schaute Farin entgeistert an und riss damit der Friseuse seine Haare aus der Hand. Farin fuhr fort. „Das Management der Band war noch nicht zu einer Stellungnahme zu sprechen, aber wir hoffen auf baldige Informationen.“, endete der Bericht. „Du hast mir gar nicht gesagt, dass du verheiratet bist und Kinder hast.“, meinte Farin und lachte. „Also, dass ich Kinder habe, haben dir wohl genug andere schon gesagt! Ich erinnere mich an diverse Plakate von diversen Fans.“, lachte nun auch Bela. „Naja, aber wenn du `ne Auszeit brauchst, dann nimm sie dir ruhig.“, sagte Farin gespielt ernst. „Aber nur, wenn du und Rod mich dann nicht aus der Band schmeißt.“, erwiderte Bela. Farin lachte. „Wir ersetzen dich einfach durch den Schlagzeuger von den Hosen!“, meinte er wiederum. Nun musste Bela noch mehr lachen. „Da wird Campino aber sauer!“, giggelte er. Die Friseuse begann nun die Farbe in seinem Haar zu verteilen. Farin beobachtete das unter einem Dauergrinsen. „Ey, Hackfresse“, schrie Bela fast den halben Laden zusammen. „Grins nicht so blöd, sonst schlag ich dir deine verdammten Vegetarierzähne aus!“ Farin schaute statt dessen den Rest der Wartezeit ganz böse und vertiefte sich wieder in eine Zeitung. So ungefähr zwei Stunden später war Bela dann fertig. Er betrachtete sich im Spiegel und war rundum zufrieden. „Ach, das ist ja mal sau mega geil!“, Rief er. „Fickpisse!“, Meinte Farin und strahlte wieder. Die linke Seite von Belas Kopf war nur noch zwei Zentimeter lang und leuchtete in einem grellen Lilaton und die andere Seite war noch genau so lang wie vorher, ging ihm also fast bis zur Schulter, und strahlte in einem Sonnenblumengelb. „Davon müssen wir auf jeden Fall Fotos machen, wenn wir wieder zu Hause sind.“, schlug Bela direkt vor. „Man sieht schließlich nicht alle Tage so aus, oder?!“ Farin schüttelte den Kopf und nachdem sie die 150€ für den Schnitt und so bezahlt hatten, verließen sie den Laden wieder. Es war schon dunkel draussen, schließlich war es Ende November. Bela schaute auf die Uhr. „Schon halb acht!“; staunte er. „Na, dann wollen wir mal los!“; Lachte Farin, packte ihn am Arm und zerrte ihn regelrecht zum Auto. „Jetzt wird gefeiert!“ „Jaaah!“; brüllte Bela und lachte auch. Er hatte Farin vor Jahren das letzte mal so froh gesehen.

Frustration

Rod kam gerade mit Claudia vom Frauenarzt wieder. Sie war jetzt schon im vierten Monat und man sah schon ihren kleinen Bauch. Die beiden wussten noch nicht, was es werden würde und eigentlich wollte Claudia das auch nicht wissen. Sie ließ sich gerne überraschen. Aber es ging dem Baby gut und das war erst mal das Wichtigste. Jetzt waren sie noch auf dem Weg zu einer Wohnungsbesichtigung. Claudia hatte darauf bestanden, nicht mehr länger bei Farin zu wohnen. Ihr war es allmählich peinlich geworden, sich bei ihm durchzufuttern. Sie wusste zwar, dass Farin das Geld allemal hatte, aber dennoch wollte sie das nicht. Es ging ihr einfach um’s Prinzip. Was Rod anging. Er hatte Farin zwar gesagt, er würde sich auch ein kleines Apartment suchen, aber eigentlich wollte er gar nicht. Es gefiel ihm, bei Farin zu wohnen. Morgens standen sie zusammen auf und frühstückten meistens auch zusammen. Sie besuchten Bela und hatten Spaß. Ausserdem konnte Rod sich so immer um Claudia kümmern, weil sie immer im Zimmer nebenan schlief und so konnte er Nachts ohne Vorwürfe einschlafen. Sie hielten vor einem gut aussehendem Mehrfamilienhaus. Die beiden stiegen aus und Claudia schaute das Haus strahlend an. „Das sieht doch ganz nett aus.“; meinte sie und ging auf die Tür zu. „Ähm, welche Klingel war es noch mal?“, Fragte sie ihren großen Bruder. „Die Oberste.“, Antwortete er. Und schon wenige Sekunden, nachdem sie geklingelt hatten, war ein Summen zu hören und sie konnten die Tür öffnen. Claudia schritt voran und Rod folgte ihr, während er mit kritischem Gesichtsausdruck, schon ein mal den Hausflur inspizierte. Ja, das ging schon einigermaßen. Ganz oben angekommen, erwartete sie bereits ein Mann, der sich als „Herr Kowalski“ vorstellte. ‚was für ein schrecklicher Name.‘, dachte Rod sich nur, als er ihm die Hand reichte. Nun zeigte der Mann ihnen die Wohnung. Sie war wirklich schön. Sehr hell, geräumig und mit genug Platz. Und das allerbeste war die Dachterrasse. Ja, das schien die perfekte Wohnung zu sein. Fünf Zimmer, in denen sich Claudia austoben konnte, eine riesige Küche und ein Bad mit Badewanne und genug Platz für alles, was so ein Baby mit sich bringen würde. Als sie sich gerade die Küche genauer ansahen, klingelte Rods Handy. Er versuchte es zu ignorieren und als es ein weiteres mal klingelte, drückte er Bela einfach weg. Herr Kowalski schaute ihn schon ein wenig entnervt an, also schaltete er das Handy vorerst ab. Rod wusste, dass Bela heute entlassen wurde und dass sie wahrscheinlich feiern würden, aber Bela konnte sicherlich auch mal eine halbe Stunde oder so warten. Genau diese halbe Stunde später war der Mietvertrag schon unter Dach und Fach. Claudia hatte Zweifel gehabt, ob sie sich das wirklich leisten konnte, aber Rod hätte so oder so darauf bestanden, wenigstens die Wohnung zu bezahlen, also war auch das kein Problem mehr. Sie verabschiedeten sich also so gegen halb sieben und fuhren erst mal zurück zu Farins Haus. „Feiert ihr heute noch?“, Fragte Claudia auf der Fahrt dorthin. Rod antwortete: „Ja, ich denke schon. Ich werd gleich mal Bela anrufen. Wahrscheinlich ist er schon mit Farin irgendwo einen Trinken, oder so.“ Bei dem Gedanken, dass sie ohne ihn feierten, bekam Rod schlagartig schlechte Laune. Er wollte auch bei Bela sein. Das erste mal seit Monaten mit ihm feiern. Er wollte endlich wieder so richtig die Sau raus lassen mit ihm und statt dessen saß er jetzt wahrscheinlich mit Farin in irgendeiner Bar und feierte mit ihm. Aber er konnte ihm Bela keine Vorwürfe machen, schließlich hatte er versucht ihn zu erreichen. Und das war auch das Erste, was Rod tat, nachdem sie das Haus betreten hatten. Er schnappte sich sein Handy, machte es wieder an und rief Bela direkt mal an, aber es ging keiner ran. Ein wenig genervt versuchte er es danach bei Farin auf dem Handy. Irgendwo im Wohnzimmer hörte er es dann auch klingeln. „Echt schlau Farin!“; brummte er und versuchte es ein weiteres mal bei Bela. Es ging wieder keiner ran. Ziemlich frustriert ging er ins Wohnzimmer, holte sich eine Flasche Bier (Farin hatte seit neustem Bier im Haus, schließlich hausten Claudia und Rod hier nun schon seit einiger Zeit) und setzte sich in einen Sessel. Zwei Minuten später kam Claudia mit einem Tee in den Händen rein und setzte sich auch in einen der kuscheligen Sessel. „Und, wann geht’s los?“, Fragte sie und nippte an ihrer Tasse. Rod zuckte nur mit den Schultern. „Was weiß ich denn?“, brummte er. „Häh? Wieso? Haste denn nicht mit Bela gesprochen?“, fragte sie ihn verdutzt. Rod schüttelte den Kopf. „Ne, der werte Herr muss ja nicht ans Telefon gehen! Und Farin hat sein Handy schlauerweise zu Hause gelassen.“ Claudia seufzte. „Ja, das sit echt ein bisschen scheiße. Aber die melden sich bestimmt gleich noch.“, meinte sie und fügte mit einem Blick auf die Uhr hinzu: „Es ist ja noch nicht mal sieben.“ Rod nickte und zwang sich ein Lächeln auf. „Jaah!“, meinte er nur und trank einen großen Schluck von seinem Bier. Aber bis am nächsten Morgen um sieben sollte er auch nichts mehr von seinen beiden Freunden gehört haben.

Disco

Bela und Farin waren wieder am Auto angekommen und stiegen direkt ein. „Sag mal, müssen wir echt ins Logo?“, Fragte Bela mit hochgezogener Augenbraue. Farin schaut ihn verwundet an. „Häh? Wieso denn nicht?“, Beantwortete er Belas Frage mit einer Gegenfrage. „Naja,...“, begann Bela, „Da sind so viele Leute, die wir kennen und ich hab keinen Bock, dass alle paar Minuten einer ankommt und mich fragt, wie’s mir geht und ob ich wieder fit bin. Bla, bla, bla. Du weißt schon. Ich will einfach nur Spaß haben.“ Farin musterte ihn einen Augenblick. Er konnte Bela richtig gut verstehen. „Na, dann suchen wir uns ne kleine Disco oder so und feiern da ab.“, Sagte er und startete den Motor. „Gute Idee, genau das hätte ich jetzt auch vorgeschlagen.“, meinte Bela und lehnte sich auf dem Beifahrersitz zurück. Er genoss es, wieder etwas mit Farin zu machen und noch glücklicher war er darüber, dass er sich sicher sein konnte, dass er demnächst jeden Tag was mit ihm machen konnte. Das hatte er die letzten Wochen zwar auch gekonnt, aber er war an ein Bett gefesselt gewesen und das war einfach nicht dasselbe, wie mit ihm abzufeiern. Wenige Minuten später hielten sie vor einer kleinen Disco irgendwo in der Mitte der Stadt. Farin stieg auf, rannte schnell um das Auto rum und öffnete auch Bela die Tür. „So, mein Herr. Da wären wir!“, Grinste er den anderen an. Bela streckte ihm als Dankeschön nur die Zunge raus, während er ausstieg. „Jetzt tu mal nicht so scheißfreundlich.“; Fauchte er und stieß Farin mit dem Ellenbogen in die Seite und während dieser sich die Seite rieb, betratet sie die Disco. Drinnen erwartete sie dann Lärm vom feinsten. Es schien hier mehrere Floors zu geben und der, auf dem sie sich befanden schien eher was für Techno und House Fans zu sein. Bela verdrehte die Augen. „Echt klasse!“, Brüllte er über die dumpfen Bässe hinweg zu Farin. Dieser nickte und die beiden sahen sich an und wussten, dass sie schnell woanders hin mussten. Farin packte Belas Arm und zerrte ihn durch eine Tür am Ende des Raumes. Kaum durch die Tür, erhellten sich ihre Mienen auch schon wieder. Gerade lief ein Lied von den Kaiser Chiefs und Farin und Bela eilten sofort auf die Tanzfläche und fingen an wie die Irren abzugehen. Ja, dies war der richtige Floor. Es folgten Lieder von den Foo Fighters, Panic at the Disco, 30 seconds to mars, Nirvana, Ramones, The Hives, Mando Diao, Beasty boys und noch einen Haufen anderer mehr oder weniger guter Bands. Immer wenn ihnen ein Lied nicht so ganz in den Kram passte, verließen sie das Getümmel auf der Tanzfläche und gönnten sich eine Pause, um das ein oder andere Bier zu trinken (für Farin gab’s wieder Cola). Es war so gegen eins, als sie wieder eine dieser Pausen einlegte. Bela rann der Schweiß über die Stirn. Es war ziemlich voll geworden mit der Zeit und die Belüftung war auch nicht die beste, aber das machte ihnen nichts aus. Sie standen an der Bar. Der Wirt hatte nach dem dritten mal, dass sie hier bestellt hatten schon gewusst, was sie tranken und stellten ihnen nun direkt schon Bier und Cola hin. „Danke!“; meinte Bela, in der Hoffnung, dass der Mann die Worte von seinen Lippen lesen konnte, denn um sie zu verstehen, war es zu laut. Farin beugte sich zu Bela rüber. „Ist echt geil hier!“, brüllte er, „Frag mich, warum wir diesen Laden nicht eher entdeckt haben!“ „Ich weiß schon wieso!“; gab Bela Schreiend zurück. Farin schaute ihn fragend an. „Ich meine: In den letzten Monaten waren wir kaum zusammen raus.“ Farin streckte ihm die Zunge raus ‚Wie auch?‘, dachte er nur. „Und die Monate davon waren wir auf Tour. Und so lange scheint es den Laden ja noch nicht zu geben oder?“ Da musste Farin ihm recht geben. „Jaaah!“; rief er nur und schaute wieder in die Menge. Er hatte schon einige heiß aussehende Mädchen gesehen heute, aber die waren alle so zwischen zwanzig und dreißig und ausserdem wollte er heute eh keine Abschleppen. Er musste Bela schließlich nach Hause bringen und er wollte heute so oder so nur was mit Bela machen. „Hat Rod sich mal gemeldet?“; Fragte er Bela nun. Der schüttelte den Kopf. Und griff in seine Jackentasche, um sein Handy rauszukramen. Aber er fand es nicht. Er schaute Farin verwirrt an. „Was ist?“; Fragte dieser daraufhin. „Weißt du, wo mein Handy ist?“; Rief Bela, fast schon panisch. Wenn jemand anderes sein Handy hatte, dann war er ziemlich schlecht dran. Da waren so einige wichtige Nummern drin. Aber Farin grinste nur und klopfte ihm auf die Schulter. „Das liegt im Auto, du Idiot.“ Bela atmete durch. Das nächste Lied wurde angespielt. Es war eines von den Beatstakes. Farin packte Bela schlagartig am Arm. „Komm, wir tanzen wieder!“, Lachte er. „Ich hab noch nicht mal ausgetrunken.“, Rief Bela verzweifelt zurück. Er hatte so lange kein Bier mehr gehabt. „Egal. Ich geb‘ dir gleich `nen Jack Daniels aus.“, Grinste Farin ihn an. Und schon hatte er seinen Freund überredet. Aber Bela sollte erst über eine Stunde später zu seinem Drink kommen. Die Beiden waren viel zu sehr mit tanzen und Spaß haben beschäftigt.

Nur ein Kuss

Es war fünf Uhr Nachts, als die beiden Freunde den Club wieder verließen. „Jan, das war sooo geil!“; murmelte der völlig betrunkene Bela. Farin nickte und schaute den anderen nur glücklich an. „Das kannst du laut sagen!“, sagte er und behielt währenddessen Bela immer im Auge. „Das war sooo geil!!!“, schrie Bela daraufhin in die Nacht hinaus. Farin musste lachen. „Ja, jetzt weiß es auch ganz Hamburg, dass du Spaß hattest.“ , meinte er und lief weiter. „Fahren wir schon nach Hause?“, fragte Bela und machte einen Schmollmund. Farin musste grinsen. Ja, so konnte man ihn wirklich rumkriegen, wenn man wollte. Er zuckte also mit den Schultern und sagte dann zu Bela: „Naja, meinetwegen können wir noch ein bisschen rumlaufen oder so, wenn du willst. Pass auf!“ Bela wäre fast mit dem Kopf direkt gegen eine Laterne gelaufen, aber Farin hielt in noch rechtzeitig am Ärmel zurück. Statt dessen strauchelte Bela und fiel hintenüber. Aber Farin fing ihn auf. „Pass mal `n bisschen auf Felse!“, grummelte dieser und hievte ihn wieder auf die Beine. „Und gehen wir spazieren?“, fragte Bela nur und übersah Farins bösen Blick. Farin nickte nur und schlenderte los. „Können wir irgendwo noch `ne Flasche Bier kaufen?“, fragte Bela weiter. „Ich glaube du hattest genug!“, sagte Farin nur und schleifte Bela weiter. Wenige Minuten später hatten sie das Elbufer erreicht. Dort schaffte Farin es den total aufgedrehten Bela dazu zu überreden, sich auf eine Bank zu setzen. Nun saßen die beiden Männer also da und schauten auf’s Wasser hinaus. Farin gähnte und schaute Bela an, aber dieser nahm ihn anscheinend im Moment nicht wahr, denn er schaute in den Himmel und sein Blick endete im Nirgendwo. Einige Minuten später aber, begann Bela zu sprechen. „Jan?“, sagte er und Farin blickte auf, „Ich wäre auch gerne mal bei den Sternen.“ Farin schaute nun von Bela in den Himmel. Immer mit einem Lächeln auf den Lippen. Er liebte es, wenn Bela besoffen war und anfing irgendeinen Müll zu labern. Manchmal konnte dieser dabei sogar sehr philosophisch werden. Bela fuhr nun unbeirrt fort: „Ich bin froh, dass ich das alles überlebt habe...“ Es war eher ein nuscheln, aber Farin kannte den anderen nun schon lange genug, um ihn sogar in so einen Zustand zu verstehen. „Ich hätte es mir nicht verzeihen können, hätte ich nicht noch ein mal mit dir in die Sterne sehen können.“ Farin schossen die Tränen in die Augen. Bela hatte ja keine Ahnung, wie nah er dem Tod gewesen war. Farin hatte oft genug mit dem Gedanken gespielt, irgendwann die Geräte abschalten zu lassen. Bela blickte ihn an. „Ich will nicht ohne dich sterben, Wurstgesicht.“, murmelte er weiter. Farins Blick glitt nun wieder von den Sternen zu Bela. In den Grünen Augen seines Freundes sah Bela Tränen. „Was’n los Großer?“, fragte er verwirrt. Farin schüttelte nur den Kopf und fiel Bela dann um den Hals. Bela war völlig perplex. Was war denn jetzt in ihn gefahren? Behutsam tätschelte er den Kopf des anderen. Wenig später aber ließ Farin ihn schon wieder los, schaute Bela weiter an und sagte nur: „Ich will auch nicht ohne dich sterben!“ Bela lächelte nur und blickte wieder die Sterne an. Farin rückte ein Stück näher und legte seinen Arm um ihn. Obwohl Bela diese Geste nicht verstand und die auch unnormal für Farins Verhalten war, machte es ihn nichts weiter aus und auch er rückte ein Stück näher. Und der nächste Augenblick kam wie von selber und sie wussten beide auch selber nicht, was sie da überhaupt taten. Fast wie abgesprochen drehten sie sich wieder einander zu, schauten sich gegenseitig in die Augen und noch einen Moment später umschlangen sie sich und waren in einen innigen Kuss vertieft. Nur Sekunden später war dieser seltsame Moment auch schon wieder vorbei und die beiden lösten sich von einander. Wieder sahen sie sich an, aber dieses mal war es ein anderer Blick. Sie schienen peinlich berührt zu sein oder etwas dergleichen Und wieder einen Augenblick später lachten die zwei los. „Du Schwuchtel!“, Kreischte Bela, „Was glaubst du eigentlich, wer du bist?“ Farin lachte auch und meinte nur: „Du hast mich doch gezwungen du kleines Arschloch.“ „Oh dir werd ich’s zeigen!“, Fauchte Bela und fing an Farin durch zu kitzeln. Dieser lachte sich die Seele aus dem Leib und der Moment von eben war schon wieder vergessen. Nein, vergessen war er nicht, denn sowohl Bela als auch Farin hatte so seine Gedanken. Aber Farin beschloss, dass er sich am nächsten Tag mit Bela darüber unterhalten würde, denn er hatte Bela schon viel absurdere Dinge tun sehen, wenn dieser besoffen war.

Nach dieser Kitzelattacke also, fuhren die beiden wieder nach Hause. Es war schon sieben, als sie das Haus betraten.

Eifersucht

Rod schreckte auf, als er die Tür zuknallen hörte. Er blinzelte und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Immer noch saß er in Farins Wohnzimmer. Anscheinend war er eingenickt. Gerade, als er sich fragte, wie spät es wohl war, öffnete sich die Wohnzimmertür und Bela und Farin kamen rein. Einen Augenblick lang fragte sich Rod, wo sie gewesen waren, aber dann kam ihm wieder der letzte Abend in den Sinn. Die beiden anderen hatten ihn versetzt. Dementsprechend setzte Rod nun einen bösen Blick auf und funkelte die beiden an. Bela schien das gar nicht zu stören. Er schaute Rod nur an, grinste dann und nahm ihn in den Arm. „Wir haben die ganze Zeit auf dich gewartet.“, lallte er ihm ins Ohr. Rod, der immer noch total verschlafen war, tätschelte nur geistesabwesend den Kopf des anderen. Er stellte fest, dass Bela eine neue Frisur hatte. Nachdem dieser ihn irgendwann auch losgelassen hatte, betrachtete Rod das mal genauer. Irgendwie sah Bela süß aus so. Dieser knalligen Farben passten zu ihm. Rod überlegte, ob Bela als Jugendlicher wohl auch so ausgesehen hatte. Immerhin war er damals so richtig in der Punkszene drin gewesen. Aber bevor er sich darüber weiter Gedanken machen konnte, schaute er Farin an, der sich in einen Sessel gesetzt hatte und Rod musterte. Anscheinend wusste er, dass Rod nicht gerade glücklich darüber gewesen war, dass er und Bela alleine losgezogen waren. Aber sie hatten ihn nun mal nicht erreicht, was hatten sie denn tun sollen?

Bela ließ nun von Rod ab, setzte sich in einen Sessel und keine zwei Minuten später war er eingeschlafen. Rod war mehr als glücklich darüber. Er konnte nicht mit Bela reden, wenn dieser besoffen war und nun konnte er Farin eine Standpauke halten. Rod schaute von Bela also wieder zu Farin. „Und hattet ihr euren Spaß?“, fragte Rod. Farin setzte zu einer Antwort an: „Hör mal Rod, wir haben versucht...“ Aber weiter kam er nicht. „Jaja, jetzt kommt irgendeine blöde Ausrede.“, meckerte Rod los, „Aber es ist mir egal, weißt du. Wenn ihr keinen Bock habt mit mir zu feiern, weil ihr euch ja so lieb habt, dann sagt es mir doch einfach.“ Farin schaute Rod nur an. War der jetzt völlig durchgeknallt? „Rod, du verstehst das alles falsch!“, meinte Farin daraufhin nur kleinlaut. Rod funkelte ihn an. Er wusste zwar selber nicht, warum er so sauer war, schließlich würde das nicht das letzte mal sein, dass sie feiern gehen würden, aber irgendetwas brannte in ihm. Er konnte es einfach nicht ertragen, dass Farin mit Bela alleine war. Nach so langer Zeit, wo sie alle nichts mit ihm hatten machen können, nahm Farin sich einfach das Recht raus, etwas alleine mit Bela zu machen. „Bela gehört nicht nur dir allein!“; meinte Rod also nur noch und stand dann auf und verließ das Zimmer. Farin starrte ihm nur total perplex hinterher. Kam es ihm nur so vor, oder war Rod eifersüchtig?

Ungläubig schüttelte Farin den Kopf, zuckte dann mit den Schultern und lehnte sich dann in dem Sessel, in dem er es sich bequem gemacht hatte, zurück. Er betrachtete den schlafenden Bela. Nach einigen Sekunden wandte er seinen Blick wieder woanders hin. Er hatte Bela in den letzten Monaten so lange schlafen sehen. Da kamen wieder diese schrecklichen Erinnerungen hoch. Farin schüttelte den Kopf, um sich von diesen Gedanken zu befreien. Nein, daran wollte er nicht mehr denken. Am besten nie wieder.

Anscheinend konnte Farin heute nicht ruhig sitzen, denn schon wenige Minuten später stand er wieder auf und ging zu Bela. Geduldig fing er an ihn wach zu rütteln. „Hey, Saufkopf!“, grinste er in sich hinein. „Werd mal wieder wach und geh ins Bett.“ Bela blinzelte und schaute Farin mit glasigem Blick an. „Ich hab grad von dir geträumt Jan.“, meinte er nur. Daraufhin lächelte Farin mild. „Das ist schön. Und nun ins Bett mit dir.“, sagte dieser. Er half Bela aufzustehen und brachte ihn dann in eines der Gästezimmer ins Bett. „Schläfst du bei mir?“, fragte Bela. Farin grinste und schüttelte den Kopf. „Ne, ne, schlaf du mal schön deinen Rausch aus.“, meinte er nur. Und das tat Bela dann auch.

Belas Morgen

Bela wachte auf. Nein, es war eher ein dahindämmern, als ein wirkliches wach sein. Er fragte sich, ob er wohl wieder im Koma lag. Sein Schädel tat weh, als würden da 1000 Elefanten drauf rum trampeln. Er versuchte sich zu erinnern, wo er war, aber es kam ihn nicht in den Sinn. Er musste wohl oder übel sein Augen öffnen, um herauszufinden, wo er war. Er blinzelte ein paar mal und versuchte sich umzuschauen. Das Zimmer war vollkommen Dunkel. Nur unter der Tür kam ein kleiner Lichtstrahl hindurch. Bela überlegt, ob er wohl aufstehen sollte, beschloss aber noch eine Weile liegen zu bleiben. Die Erinnerung an die letzte Nacht war nicht mehr so ganz da, aber je mehr er nachdachte, um so mehr Details kamen ihm wieder ins Gedächtnis. Er fasste sich auf den Kopf. Ja, seine Haare hatte er sich schneiden lassen. Und dann? Sie waren in eine Disco gefahren. Und dann? Weiter kam er nicht. Bela wusste nur noch, dass er mit Jan getanzt hatte und dabei ziemlichen Spaß gehabt hatte. Er streckte sich ausgiebig. Und nach einigem Nachdenken, kam er zu dem Schluss, dass er wahrscheinlich bei Farin zu Hause war. Er glaubte nicht, dass Farin ihn nach Hause gebracht hatte. Belas Magen knurrte und das war das Zeichen für ihn, dass er aufstehen sollte. Ein weiteres mal streckte er sich und dann stand Bela auf. Er öffnete die Zimmertür und stellte fest, dass er tatsächlich bei Farin zu Hause war. Irgendwo hörte er eine Tür knallen. Er stöhnte. Bela wollte an diesem Morgen keinen Ton hören. Sein Kopf tat einfach zu sehr weh. Langsam watschelte er die Treppe runter und ging in die Küche. Farin saß am Tisch und las Zeitung. Er blickte, als würde er jeden Moment jemanden umbringen. Bela beachtete das nicht. Schließlich war er grade nicht in der Stimmung irgendwas zu sagen und ausserdem wollte er auch nicht, das Farin jetzt sprach. Er machte sich einen Kaffee und setzte sich zu ihm. Anscheinend schien Farin auch keinen Wert darauf zu legen, ein Gespräch mit Bela anzufangen. Als Bela irgendwann auf die Küchenuhr schaute, blieb ihm fast die Luft weg. Es war schon fünf Uhr. Wann waren sie denn nach hause gekommen? Bela hatte nicht den geringsten Schimmer. Irgendwann stand Farin auf und ging ins Wohnzimmer. Bela schaute ihm etwas verwirrt nach und nahm einen Schluck aus seiner Tasse. War Jan etwa sauer auf ihn? Immerhin hatte Bela ja keine Ahnung, was noch vorgefallen war. Er zuckte hilflos mit den Schultern. Er war eben betrunken gewesen. Bela beschloss, sich gleich für was auch immer bei Farin entschuldigen und dann waren beide wieder glücklich. Bela gähnte. Wo war Rod eigentlich? ‚Es ist schon fünf. Da wird der wohl schon unterwegs sein.‘, dachte sich Bela einfach und ging ins Bad um sich frisch zu machen.

Farins Morgen

Farin streckte sich und gähnte. Draussen hörte er Vogelgezwitscher und irgendwo schrie ein Baby. Ja, genau so sollte ein Tag anfangen. Nichts böses ahnend, stand Farin also auf, zog sich an. Er ging noch schnell ins Bad, um sich frisch zu machen. Aus Belas Zimmer drang nur ein leises Schnarchen. Farin lächelte, als er an Belas Zimmer vorbei hinunter in die Küche ging. Rod war wohl auch schon wach. Er saß am Küchentisch und las die Zeitung. Sein Gesichtsausdruck konnte Farin noch nicht so ganz entziffern. Er zuckte mit den Schultern sagte. „Guten Morgen!“ und machte sich erst mal einen Kaffee. Seine Küchenuhr verriet ihm, dass es schon vier Uhr Nachmittags war. Er seufzte, denn er war sich sicher, dass er heute Nacht nicht schlafen könnte. Und schon hatte er wieder einen falschen Schlafrhythmus drin. Vielleicht würde er gleich noch ein wenig ins Fitnessstudio gehen, um sich ein wenig auszupowern. Mit seinem Kaffe und einem Brötchen, das er sich noch geschmiert hatte, setzte Farin sich dann zu Rod an den Frühstückstisch. „Und, was ist interessantes passiert in der Welt?“, fragte Farin Rod mit einem Fingerzeig auf die Zeitung. Rod zuckte nur mit den Schultern und murmelte irgendwas unverständliches. Farin schaute ihn nun verwirrt an. Was war dem denn über die Leber gelaufen?! Farin hatte keine Lust, dass das jetzt zwischen ihnen stand und fragte einfach frei heraus: „Was ist los mit dir?“ Rod schaute auf und blickte ihn an. „Wenn du das nicht weißt, dann weiß ich auch nicht weiter.“, meinte er. Farin schaute nun noch verwirrter. „Rod, jetzt mal echt, wenn du irgendein Problem hast, dann sag es mir.“ Rod schnaubte nur verächtlich und wandte sich wieder seiner Zeitung zu. Farin überlegte, was er denn jetzt wieder falsch gemacht hatte. Ihm fiel der Vorabend wieder ein. Farin seufzte. „Du bist doch nicht immer noch angepisst wegen gestern oder?“, fragte er den andern. Dieser Blickte noch mal auf. „Doch!“, sagte er nur. Farin schüttelte nur genervt den Kopf. „Rod, hör mal zu, ich hab schon gestern versucht das zu erklären.“, meinte er. Er wollte sich jetzt nicht streiten und versuchte nun das Problem irgendwie in den Griff zu bekommen, auch wenn er nicht verstand, warum Rod sich so anstellte. Ok, das war vielleicht nicht besonders nett von den beiden gewesen, Rod einfach zu Hause vergammeln zu lassen, aber dass er jetzt so über reagierte war auch nicht normal. Farin fuhr einfach fort, als von Rod keine Antwort kam: „Es tut mir ja leid, aber wir haben dich echt nicht erreicht uns später dann das Handy im Auto liegen lassen. Ist echt alles ein bisschen schief gelaufen. Wir können das ja heute nachholen, ich denke, Felse findet das auch toll!“ Er grinste Rod an und wartete auf eine Reaktion. Nach einigen Sekunden blickte Rod auf. „Ne du lass mal. Weißt du, wenn ihr euren Spaß wollt, dann sollt ihr ihn haben.“, sagte er. Farin schaute nun noch verwirrter. „Häh, wie jetzt?“, fragte er verdutzt. Rod stand auf. „Claudia ist schon gefahren und ich fahr jetzt auch nach Hause. Ich häng schon zu lange hier rum.“, sagte er und ging schon zur Tür. Farin stand auf und eilte ihm hinterher. „Rod, nun komm doch mal wieder runter. Wir können das doch besprechen!“, meinte Farin. Rod schüttelte nur den Kopf. „Du kannst mich nach deiner Tour vielleicht mal wieder anrufen.“, sagte er noch und ging zu seinem Auto. Allmählich hatte Farin die Schnauze gewaltig voll. Was regte Rod sich denn so auf wegen dieses einen verpatzten Abends. Mehr als entschuldigen konnte Farin sich doch nun auch nicht. Rod fuhr schon mit seinem Auto um die Ecke und Farin starrte ihm fassungslos nach. Das konnte doch nicht wahr sein. Rod war gar nicht der Typ dafür, sich wegen jeder Kleinigkeit aufzuregen. Farin stand nun also noch eine Weile da, dann drehte er sich um. Jetzt war er richtig angepisst. Er schlug die Tür hinter sich zu und ging wieder in die Küche. Er schnappte sich die Zeitung und las eine Weile. Wenig später schon kam dann Bela in die Küche gewatschelt. Ihre Blicke begegneten sich kurz und dann wandte sich Bela ab und machte Kaffe. Farin war froh, dass er nicht fragte, was los war. Farin wollte jetzt nicht anfangen rum zu schimpfen. Er wollte Bela nicht den Tag vermiesen und ausserdem war er sich sicher, dass Bela so oder so ziemliche Kopfschmerzen haben musste. Um es ja nicht zu einem Gespräch kommen zu lassen, stand Farin schließlich auf, ging ins Wohnzimmer und ließ Bela alleine zurück. Er brauchte jetzt echt erst ein mal ein paar Minuten Ruhe und er war sich sicher, dass Bela das verstehen würde.

Das schaffst du schon, Papi!

Bela machte keine Anstalten seinem Freund zu folgen. Wenn er allein sein wollte, würde das sicherlich irgendeinen Grund haben. Dementsprechend ließ Bela sich jetzt auch die Zeit, seinen Kaffe auszutrinken und machte sich danach noch einen. Farin hatte laut Musik angemacht. Anscheinend war er ziemlich angepisst. Bela fragte sich ernsthaft, was er verbrochen hatte. Aber es wollte ihm einfach nicht einfallen. Er seufzte. Das konnte ja noch heiter werden heute. Die Musik aus dem Nebenzimmer dröhnte in Belas Kopf. Vielleicht sollte er sich noch eine Weile in sein Bett legen, aber als er so darüber nachdachte, wurde ihm klar, dass er jetzt so wie so nicht wieder einschlafen könnte. Statt dessen stand Bela nach seinem vierten Kaffee auf und folgte Farin ins Wohnzimmer. Farin saß auf einem seiner Sessel und starrte in die Leere. Als er Bela bemerkte, blickte er auf und lächelte ihn an. Aber Bela sah an seinem sonstigen Gesichtsausdruck, dass es kein wirklich ernst gemeintes Lächeln war, aber Bela lächelte trotzdem zurück, drehte die Musik etwas leiser und setzte sich dann auch in einen Sessel. So saßen die zwei eine Weile nebeneinander und schwiegen sich an. Irgendwann sagte Bela: „Du, ich weiß echt nicht mehr, was gestern war, aber wenn ich scheiße gebaut habe, dann tut’s mir echt leid.“ Farin schaute Bela von der Seite erst einen Augenblick an. Dann lachte er leise, was wiederum Bela verwirrte. „Ne du,“, sagte Farin schließlich, „Du hast keine Scheiße gebaut. Und selbst wenn, hätte ich doch gewusst, dass du besoffen warst. Das zählt nicht.“ Bela fiel ein Stein vom Herzen. Er wollte nicht das Farin sauer auf ihn war. Nicht jetzt, wo die beiden endlich wieder beisammen waren. „Mmm, was ist denn sonst los?!“; fragte er Farin nun. Irgendetwas musste ja gewesen sein, dass Farin so schlechte Laune hatte. Farin seufzte kurz und fing dann an zu erzählen: „Ach Rod hat grad einen auf Diva gemacht und meinte angepisst sein zu müssen, weil wir gestern ohne ihn raus waren. Und dann ist er einfach so eingeheizt, obwohl ich ihm gesagt hab, dass es mir leid tut. War irgendwie voll strange.“ Bela machte riesige Glubschaugen. „Laber keinen Scheiß Alter!“, meinte er, „Rod fährt doch jetzt nicht einfach mal wieder zurück nach Berlin und das nur weil wir ihn versetzt haben.“ Farin nickte nur traurig. „Und ausserdem soll ich mich erst nach meiner Tour wieder bei ihm melden.“, fügte er noch hinzu. „Frag mich echt, was wir ihm getan haben.“ Bela nickte nur. Ja, das fragte er sich auch. Ok, es war echt scheiße gewesen, aber deswegen musste man ja nicht gleich so ausrasten. Er zuckte mit den Schultern. „Na, wenn er meint!“, gähnte er schließlich. „Dann machen wir eben was ohne ihn. Nicht unser Pech.“ Farin nickte zustimmend. „Joa, hast schon recht. Wenn er nicht will.“, sagte er und meinte dann: „Aber heute muss ich erst mal ins Fitnessstudio. Ich hab ziemlich angesetzt.“ Farin deutete auf seinen Bauch. Bela grinste und kniff ihn in denselben. „Ach was, du siehst doch immer gut aus Jan. Ich weiß gar nicht, was du hast.“ Farin streckte ihm nur die Zunge raus und stand dann auf. „Ich glaube, da unterscheiden sich unsere Meinungen.“, grinst er. „Ich geh dann mal!“ Als Farin den Raum verließ rief Bela ihm noch nach: „Das packst du schon, Papi.“ Zwar war eigentlich klar, dass Farin dieses Zitat aus der Werbung nicht kannte und ausserdem war es ja abgewandelt, aber Bela fand das trotzdem lustig. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und dachte noch eine Weile nach. Er konnte sich keinen Reim aus Rods Verhalten machen, also beschloss er nach einer Weile, dass es sinnlos wäre darüber nachzudenken. Statt dessen verließ auch er den Raum und verschwand dann doch wieder in sein Bett.

Shitty Winterday

Rod fuhr nach Hause. Sollten die doch ihren Spaß haben. Ihm war das egal. Er war grad echt sauer. Aber während er nach Berlin fuhr, über die Autobahn bretterte und laut Musik hörte, verfluchte er sich selber innerlich. Vielleicht hatte er echt ein wenig überreagiert. War Bela jetzt wohl beleidigt? Schließlich war er grad einen Tag raus aus dem Krankenhaus und Rod hatte nichts besser zu tun, als einfach mal einzuheizen. Er schüttelte den Kopf, während er sich eine Zigarette anzündete. Was war das, was ihr so weit getrieben hatte? Er war doch nicht eifersüchtig? ‚Auf wen denn?‘, dachte er sich in dem Moment. Und sein Inneres antwortete: ‚Auf Farin! Er darf mit Bela abhängen und du nicht.‘ ‚Quatsch! Du hast auch schon oft genug ohne Farin mit Bela abgehangen.‘ ‚Aber ich konnte nie an Farin rankommen. Er war immer die Nummer eins.‘ „Ach, das glaubst du doch selber nicht.“, brüllte er sein Lenkrad an. Er wollte es einfach nicht wahrhaben. Sie waren immer alle drei Freunde gewesen und keiner war Bela mehr wert. Aber aus irgendeinem Grund war Rod sich in diesem Moment sicher, dass es so war.

Einige Stunden später kam Rod dann in Berlin an seiner Wohnung an. Er seufzte, als er die Tür aufschloss. Als er das Wohnzimmer betrat, bemerkte er, dass hier alles ziemlich verstaubt war. In diesem Moment nahm Rod sich erst mal vor, dass er sich mal eine Haushälterin oder so was anschaffen musste. Er hatte doch das Geld dafür und schon würde ein Mensch weniger arbeitslos sein. Ziemlich frustriert ließ sich Rod dann in einen Sessel fallen.

Das erste was er nun tat, war den Fernseher anzuschalten. Rod hatte schließlich bei Farin zu Hause nicht die Gelegenheit bekommen, fern zu schauen. Wahrscheinlich hatte er mal wieder nichts mitbekommen und in echt war etwas total wichtiges passiert. Wenige Augenblicke später begannen dann auch schon die acht Uhr – Nachrichten. ‚Oh Gott, wie spießig bin ich eigentlich.‘, dachte Rod sich. ‚Kein Wunder, dass Bela lieber mit Farin abhängt, als mit mir.‘ Völlig frustriert machte Rod den Fernseher wieder aus. Wütend schmiss er die Fernbedienung auf den Boden. Er wusste selber nicht, was er mit ihm los war, aber er wusste, dass er sich damit scheiße fühlte. Was das wohl sollte.

Rod beschloss einfach jetzt schon mal ins Bett zu gehen. Was wollte er auch tun. Hier in Berlin war einfach nichts los. ‚Warum bin ich nicht da geblieben!‘, fragte er sich noch. Dann schlief Rod ein.

Am Abend

Farin war einige Zeit im Fitnessstudio gewesen. Er war völlig ausgepowert, als er gegen halb acht wieder zu Hause angekommen war. Farin wollte jetzt nur noch schön in seinem Sessel sitzen und einen Tee trinken. Er nahm noch die Post mit rein, bevor er die Tür aufschloss und das dunkle Haus betrat. War denn keiner da? Farin ging in seine Küche und machte das Licht an. Das meiste von dem Zeugs in seiner Post war so oder so Werbung. Aber ein Brief sah heute ziemlich persönlich aus. Seine Adresse war mit einer feinen Handschrift darauf gemalt. War etwa nach all den Jahren doch irgendein Fan hinter seine Adresse gekommen. Farin seufzte. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Fans, die vor seinem Haus kampierten, das wollte er jetzt erst recht nicht. Warum konnte das Leben nicht ein mal ohne Stress und Probleme sein. Farin wollte sich aber auch nicht beschweren. Eigentlich war sein Leben doch perfekt. Er hatte Geld, Freunde und viel viel Spaß. Aber Farin war auch oft genug bewusst geworden, dass sein Privatleben bei seinem Berühmtheitsgrad manchmal schon auf der Strecke blieb. Farin wollte diesen Brief noch nicht öffnen. Er wollte nicht, dass sich seine Befürchtungen bewahrheiteten. Statt dessen machte Farin sich jetzt erst einen Tee und dann machte er nach und nach erst mal die anderen Briefe auf.

Einige waren Rechnungen, andere, wie schon vermutet, Werbung und dann noch einige Briefe von der Plattenfirma und einigen anderen geschäftlichen Sachen. Farin schaute noch eine Weile seine Wasser und Stromrechnung an. Er schluckte ein mal. Wieder mal hatte sich gezeigt, was es ausmachte, wenn man zwei Leute mehr beherbergte. Es war zwar nicht so, dass Farin das nicht bezahlen konnte und er bezahlte das alles ja auch gerne, aber es wunderte ihn dennoch, was zwei Menschen mehr ausmachten.

Im Flur ging Licht an. Farin blickte auf. Es war also doch einer zu Hause. Er hatte schon befürchtet, dass Bela schon nach Hause gefahren war und er jetzt wieder allein sein sollte. Farin wollte aber nicht alleine sein. Er war einfach viel zu froh, dass er Bela wiederhatte. Gerade fragte Farin sich, ob Rod wohl auch so dachte und deswegen so ausgeflippt war, da kam auch schon Bela zur Tür rein. Er trug nichts, als eine Boxershorts, auf der mehrere Elvisköpfe abgebildet waren. Farin musste grinsen. „Hey, du hast doch nicht bis jetze gepennt Alter!?“, fragte er den andern. Bela zuckte nur mit den Schultern und antwortete: „Warum auch nicht. War ja nüschts los hier. Du musstest ja deinen Body trainieren.“ Bela streckte Farin die Zunge raus und setzte sich daraufhin neben seinen Freund. Farin pikste Bela in den Bauch und sagte dann: „Könnest auch mal wieder ein wenig Training gebrauchen, wa?“ Bela verdrehte nur gespielt die Augen. „Ich bin grad ausm Krankenhaus entlassen, da kann ich mich doch nicht anstrengen.“, verteidigte er sich und grinste Farin neckisch entgegen. „Wer sich besaufen kann, der kann auch trainieren.“, warf Farin wieder ein. Innerlich grinste er sich einen ab. Er hatte schon seit Ewigkeiten keine solcher total lächerlichen, blöden und hemmungslos niveaulosen Streitgespräche mit seinem besten Freund geführt. Bela schien dieses Gespräch auch amüsant zu werden und sagte dann: „Nein, man kann nur trainieren, wenn man gar keinen Alkohol trinkt.“ Farin daraufhin wieder: „Dann bekommst du eben keinen Alkohol mehr.“ Schlagartig setzte Bela eine tot traurige Miene auf, blinzelte ein paar mal ganz lieb und wimmerte dann: „Das würdest du mir nie antun, Jan!“ Farin musste loslachen. Das sah einfach zu dumm aus, wie Bela jetzt schaute. Er knuffte Bela einmal in die Seite und schüttelte dann den Kopf. Da könnte er ja Bela gleich vor nen Zug schmeißen, wenn er ihm eh schon nie wieder Alkohol geben wollte. So saßen die beiden noch eine Weile da und lachten sich einen ab. Irgendwann hatten sie sich dann wieder eingekriegt. „Wollen wir heute noch raus gehen?“, fragte Bela schließlich. Farin nickte und antwortete: „Joa, können wir machen. Ich muss nur noch eben meine Post zu Ende lesen.“ Und nun öffnete Farin endlich seinen letzten Brief.

Da dachte ich, mein Herz steht still

Lieber Farin,

Ich weiß gar nicht, ob ich dich so nennen soll. Ich habe eigentlich gar keine Ahnung, wie ich dich nennen soll. Alles, was ich weiß, ist, dass ich dir endlich diesen Brief schreiben muss. Und bitte glaube mir, es wird mir nicht leicht fallen, aber ich denke, dir auch nicht.

Mein Name ist Marie und ich bin 22 Jahre alt. Du hast wahrscheinlich nie von mir gehört und es tut mir total Leid.

Nun, ich will mal ganz von vorne anfangen. Wahrscheinlich erinnerst du mich nicht daran, aber irgendwann im Frühjahr 1986 warst du mit deinen Jungs von den ärzten auf Tour und ich denke mal, dass ihr ziemlich Spaß hattet. In einer Nacht hast du dann schließlich einen One-night stand gehabt. Und, was soll ich dir sagen. Es war mit meiner Mutter.

Meine Mutter ist vor zwei Wochen gestorben und an ihrem Totenbett hat sie mir gesagt, dass du mein Vater wärst. Nach 22 Jahren hat sie mir das endlich gesagt. Sonst hatte sie immer gemeint, dass sie zu besoffen war, um zu wissen, wer das überhaupt war. Ich denke mal, sie wollte dich nicht damit nerven, dass es mich gab. Du hattest dein Leben und sie ihres. Und eigentlich war ich ein glückliches Kind. Meine Mutter hat gut für mich gesorgt. Vor zwei Jahren habe ich mein Abitur gemacht. Jetzt bin ich am studieren. Eigentlich ist also mein Leben ganz gut.

Aber ich wollte dich jetzt wissen lassen, dass es mich gibt. Du hast jetzt keine Verpflichtungen mir gegenüber und deswegen finde ich diesen Zeitpunkt für angemessen. Nun, wenn ich ehrlich bin, dann würde ich dich gerne mal kennen lernen.

Denk jetzt bitte nicht, dass auch auf dein Geld aus bin, oder mir irgendeinen Vorteil dadurch erhoffe, dass du berühmt bist. Ich würde nur so gerne meinen Vater kennen lernen. Wenn du das nicht willst, dann verstehe ich das auch. Schließlich hast du wahrscheinlich auch besseres zu tun.

Nun, ich will auch gar nicht weiter stören. Meine Adresse steht auf dem Umschlag. Also, wenn du mich kennenlernen willst, dann meld dich gerne mal. Wenn dir das alles zu viel wird und ich dich nerve, oder so, dann lass es. Ich wollte es nur mal versuchen.
 

Liebe Grüße

Marie



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Kommentare zu dieser Fanfic (35)
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Von: abgemeldet
2008-06-29T16:24:54+00:00 29.06.2008 18:24
Ich dachte ja erst: Och nö so viel verdamt kurze Kapitel, aber dein Schreibstil gefällt mir sehr und auch der Ablauf der geschichte! Armer Bela V__V Meow!
So ich setz dich aml auf meine Favoliste und hoff, dass es mehr als 100 kapitel werden xD

~Socke
Von:  Melolontha
2008-06-19T14:42:15+00:00 19.06.2008 16:42
<3 Uiii, es geht weiter <3

Zu dem Kapitel mal: oO Na bum.
Zu den anderen: Mir tut Rod irgendwie leid. ._. Schon verständlich, dass er eifersüchtig is. Ich bin total gespannt, wies mit den dreien weitergeht.
xD Aber ich schätz mal mit dem Brief allein hat zumindest Farin mal genug am Hals. xD'

Kanns kaum erwarten, dass es weitergeht. <3

LG,
Yume
Von:  aerith_rikku
2008-06-19T10:55:12+00:00 19.06.2008 12:55
wow wenn du hochlädst dann aber richtig *gg*
seehr schön bis jetzt* gg*
rod ist ne diva bela ewig verkatert und farin....ein schwein xDDD einfach so ne frau zu schwängern *lac*
aber ich hab mich eh schon gefragt wieviele menschen da draussen rumlaufen und kinder von bela oder farin sind und es nicht mal wissen..( beneidenswert.xD..ich könnte höchstens die tochter von howard carpendale sein..O.O"""")

also..ich fidns toll und..schnell weiter *gg*
will farins reaktion lesen xD

lg
caro ^^
Von:  Melolontha
2008-05-15T19:59:42+00:00 15.05.2008 21:59
oo
*nochmal durchles*
oO
Farin, was hast du?

Jetz bin ich echt neugierig, wies weitergeht.
(Und der arme Bela xD Dabei klingt sein Kater aber eh noch erträglich. *gg)
Ich finds witzig, dass Bela's Gedankengang in die Richtung Farinsauer- BelaSchuld-Belaentschuldigen-allehappy ging. XD Scheint ja so, als hätten die beiden da schon Übung. xP

Freu mich (wie jedes mal) aufs nächste Update ^^
Von:  aerith_rikku
2008-05-15T09:12:02+00:00 15.05.2008 11:12
waah ein eifersüchtiger rod *squiiiek*
also ich kann die reaktion sehr gut nachvollziehen *nick nick*
und dein bela ist einfach nur total niedlich xD
*yumeKuroi recht geb*
also..freu mich auch schon auf das nächste kapitel =)
Von:  Melolontha
2008-05-11T19:00:03+00:00 11.05.2008 21:00
Oha. Rod eifersüchtig war dann jetz doch irgendwie überraschend. Aber auch nachvollziehbar, find ich.
<3 Und dein Bela is besoffen so geil XP
Sehr gut geschrieben, wie immer. (In der Kürze liegt die usw. *gg*)
Auf jeden Fall gut gemacht.
Freu mich wieder auf das nächste Update. ^^
Von:  Melolontha
2008-04-24T19:47:42+00:00 24.04.2008 21:47
Jaaa! Mir hat's der Satz auch angetan. <3

xD Und ich finds toll, wie das Kapitel gelaufen is. Also der Schwung zum Kuss und dann ganz normal weiter sozusagen. Is gut gelungen und sehr witzig xD

Auch wenn ich nicht gedacht hätte, dass das geht- ich mag die ff mit jedem Kapitel noch lieber. :o)
Von: abgemeldet
2008-04-24T15:39:28+00:00 24.04.2008 17:39
Den Satz fand ich auch geil...voll süß!!!
Aber auch anders als erwartet, gefällt mir!

Immer weiter so :)

Liebste Grüße
Von:  aerith_rikku
2008-04-24T14:32:38+00:00 24.04.2008 16:32
aww das ist soo süss.. und besodners ein satz hat es mir angetan.xDD

Ich will nicht ohne dich sterben, Wurstgesicht

da hätte ich fast....mein getränk nenne ich es jetzt mal durch den ganzen raum gesprayt...einfach super.xD
Von:  aerith_rikku
2008-04-21T07:43:13+00:00 21.04.2008 09:43
yayy endlich gehts weiter..und dann soo viele kapitel *__*

also ich finds toll.xD
auch wnen rod mir leid tut...aber..ich würde belas neue frisur nur zu gerne sehen.*lach*XDDD
sieht bestimmt super aus. *wieher*
ich hoffe doch dass noch so einige kapitel kommen? *_*

lg
caro


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