Thread: [Werbung] 2er RPGs

Immer wenn Steve erneut über den brüchigen, aufgerissenen Asphalt der einst so beliebten Hauptverkehrsstraße fuhr, hob Alisa leicht von ihrem zerflederten braunen Sitzkissen ab. Die Stoßdämpfer hatten schon bessere Zeiten gesehen, wobei dies für so ziemlich alles galt, was Alisa sah, während sie gedankenverloren ihren Blick aus der verdreckten Fensterscheibe warf. Die so großen Wolkenkratzern, Einkaufscenter und Häuser, die einst die Straßen von St. Peterbsburg zierten, waren innerhalb eines halben Jahrzehnts durch die Bomben vom Panorama der Stadt getilgt. Wer den Krieg begonnen hatte war damals so wichtig gewesen, immerhin hatte man die Taten des Anderen genutzt, um seine eigenen Verbrechen zu rechtfertigen. Heute spielte das alles keine Rolle mehr. Die Kette von Reaktionen hatte zu diesem unausweichlichen Ausgang geführt, zu einer Welt, indem jeder Tag ein Kampf ums nackte Überleben war. Niemand konnte sich dem entziehen, auch wenn es einige stets versuchten. In diesem Sinne war es der Präsidentin zu verdanken, dass nun Alisa ihre Rolle bei diesen Verhandlungen einnahm, die jeder aus nachvollziehbaren Gründen als notwendig ansah, jedoch niemand führen wollte. Alle hatten sie Angst mit der berüchtigten Verbrecherbande zu kooperieren, doch Alisa hatte ausgesprochen was offensichtlich war, sich aber dennoch niemand getraut hatte zu sagen. Sie waren auf diesen Handel und die damit verbundenen Vorräte angewiesen, wenn nicht noch mehr von ihnen am Hunger verrecken sollten. Hätte sie doch bloß in der Versammlung den Mund gehalten…
„Wir sind gleich am Treffpunkt zwei Stunden vor der verabredeten Zeit wie du wolltest, “ drang es vom Fahrer zu ihr nach hinten. Steves Blick in den leicht zerkratzten Rückspiegel ließ ihn Alisas gleichgültig wirkendes Nicken wahrnehmen, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Überreste der Straße konzentrierte.
Neben Steve waren noch Kevin und Jasper mit ihr zum Treffen aufgebrochen. Ein Umstand der sie kaum beruhigte, waren sie im Fall eines geplanten Hinterhalts zahlmäßig sicherlich weit unterlegen. Doch die Föderation musste den Anschein waren und ganz ohne Begleitschutz hatte die Präsidentin sie auch nicht gehen lassen können. Die Begeisterung unter den Wachleuten hielt sich ebenfalls in Grenzen. Niemand hatte sich freiwillig gemeldet. Wieder hatte sie das Gefühl den Gedanken erdacht zu haben, den jeder in diesem Wagen teilte. Ob sie den heutigen Tag überleben würden?
Das geplante Treffen mit den Vigilants kam überraschend und wenn sie ehrlich war, glaubte sie kaum an friedliche Absichten der Gruppierung, dafür ließ ihr Ruf einfach zu wenig Spielraum. Doch die Föderation war verzweifelt und musste nach jedem Strohhalm greifen, egal wie klein und vertrocknet er war. Zumindest die Niedergeschlagenheit schien der Brünetten ins Gesicht geschrieben, denn Jasper, ein dunkelhäutiger Mann in ihrem Alter, welcher neben ihr saß, während der junge Kevin den Platz des Beifahrers beansprucht hatte, schien sich an tröstenden Worten zu versuchen. „Es wird schon alles gut gehen.“
Wäre wirklich alles so klar und so einfach optimistisch zu sehen, wäre die Präsidentin sicher selbst gegangen, dachte sich die gebürtige Russin und nickte nur schwach. Sie wusste seinen Versuch zu schätzen, doch was änderte es schon an den Umständen. Aber wenigstens saß mit Jasper im Wagen eine Person, die sich noch zu einem Lächeln durchringen konnte.
„Wir sind da!“
Die Türen wurden geöffnet, als die Vier aus dem Pick-UP ausstiegen, an dem schon die orangene Lackfarbe fast gänzlich abgeblättert war. Die Luft hier von Radioaktivität und giftigem Gas verpestet war bei weitem Stickiger als im östlichen Grenzposten, so dass sie schnell dazu übergingen ihre Masken auf zu setzten. Eine Sicherheitsvorkehrung, die durch die permanente Strahlung deutlich an Wirkung verlor, jedoch trotzdem noch ein Gefühl vermittelte, sich irgendwie vor dieser aus den Fugen geratenen Welt schützen zu können. Schweigend unter dem wachsamen Auge Steves schritten sie voran, ständig von dem beklemmenden Geräuschen Kevins Geigerzählers begleitet. Die Haltestelle war nicht weit entfernt und während ihr Leader ihnen das Zeichen gab zu warten, um sich als erstes ein Blick über den damals so beliebten Tiergarten zu verschaffen, verstrichen die Minuten wie Stunden. Kevin, ihre jüngste Begleitung von gerade einmal neunzehn Jahren, trat nervös von einen Fuß auf den Anderen, bis er sich Alisas Blick gewahr wurde und inne hielt.
„Hier ist niemand,“ kam es nach einer schieren Ewigkeit schließlich über die vertraute Stimme die Treppe zu ihnen hoch, so dass sie vorsichtig nach unten Schritten. Die Treppe war in einem furchtbaren Zustand und der Gedanke kam einem Nahe, wer zum Teufel diesen verfluchten Ort für ein Treffen auserwählt hatte. Doch der Grund war offensichtlich. Es war ein neutrales Gebiet und der Geigerzähler schien sich endlich zu beruhigen, weshalb die Brünette die schwere Maske von ihrem Gesicht nahm und erleichtert nach der frischeren Luft ran.
„Ich hab die Umgebung gecheckt, aber hier ist niemand. Ich würde vorschlagen Jespar du bleibst bei Alisa hier und wartest mit ihr auf unsere Gäste. Wenn sie hier ganz alleine steht, schöpft das nur unnötig verdacht. Ich werde mich in dem kleinen Blumenladen dort einrichten, von da aus habe ich einen guten Überblick und du Kevin behältst die Gleise im Auge. “
Damit war alles gesagt. Niemand hob Einspruch gegen den Vorschlag ein und dass obwohl der Blumenladen mit seiner Position nahe der Treppe sich auch sehr gut dafür eignete, um unbemerkt der Situation zu entfliehen, wenn es zu heikel wurde. Aber was würde es ihnen bringen, wenn sie jetzt vor diesem wichtigen Treffen noch Zwietracht unter ihnen säte.
„Gut dann alle auf Position,“ kamen Worte erstmals seit Stunden wieder über die Lippen der Frau.
Die Zeit verstrich langsam wie durch eine Sanduhr, die sich kaum zu leeren schien. Die Gefühlswelt der Brünetten stand Kopf und wechselte zwischen angespannter Nervosität und der Hoffnung, dass es zu keinen Verhandlungen kommen würde. Warum zur Hölle war sie nicht einfach abgehauen? An ihrem Patriotismus lag es in keinster Weise, denn den hatte sie im Laufe der letzten Jahre gänzlich eingebüßt. Vielleicht war es dieser kleine Schimmer am Horizont doch etwas für die Menschen im östlichen Grenzposten tun zu können. Vielleicht war es aber auch einfach Größenwahn. Sie kam nicht umhin ihre Entscheidung so früh aufzubrechen zu bereuen, denn das Warten war unerträglich, bis sie das Geräusch von Schritten hörte, die über den Eingang an der gegenüberliegenden Seite über eine ebenfalls marode Treppe zu ihnen hinunter gelangten. Wenn es tatsächlich alle waren hatte sie mit mehr Gestalten gerechnet, als die sechs Männer, die nun mit breiten Schritten und nicht um den ein oder anderen Blick in die Winkel der Haupthalle verlegen, zu ihr und Jespar stießen. Dies änderte natürlich nichts an dem Umstand, dass sie ihnen zahlenmäßig unterlegen waren und diese Wichser konnten verdammt gut mit ihren Knarren umgehen. Alisa selbst machte ebenfalls keinen Hehl daraus, ihre Pistole am Gürtel recht offensichtlich zu präsentieren. Es machte kein Unterschied, denn niemand der klar bei Verstand war, würde in diesen Zeiten ohne Waffe herum laufen. Außerdem lenkte die Knarre die Aufmerksamkeit von ihrem Springmesser ab, was sie stets in der rechten Jackentasche führte. Ihr Blick wechselte zwischen den beiden Männern hin und her die voran gingen und kam selbst einen Schritt auf sie zu. Beide waren groß und muskulös, während einer von ihnen sein Haupt-und Barthaar lang und ungebändigt präsentierte, wohingegen der Andere einen gepflegteren Eindruck machte. Sein Bard und sein Haar waren ordentlich gestutzt, beinah so als hätte er sich für den heutigen Tag rausgeputzt. Ihre Blicke waren jedoch ernst und alles andere als zu Späßen aufgelegt. Wenn sie es richtig einzuschätzen vermochte wirkten sie eher verwirrt. War es aufgrund des niedrigen Aufgebots an Männern der Föderation oder steckte etwas anderes dahinter?
Die Nervosität schien ihr fast die Kehle zuzuschnüren, jedoch schaffte sie es die folgenden Worte klar und deutlich an sie zu richten.
„Die Föderation übermittelt ihre Grüße. Wer von euch Beiden spricht für die Gruppe und die Vigilants?“ Weiterhin wanderten ihre blauen Augen zwischen den bedrohlichen Männern hin und her, solange bis sich einer von ihnen das Wort ergreifen würde.

Ein Lächeln lag auf den Lippen der Rothaarigen. Seit die Hotshots wieder in der Stadt warfen, waren die Abende in der Bar besser. Es kamen mehr Gäste, das Trinkgeld war höher und die Stimmung war ausgelassener. Eigentlich sollte sich Evie gar nicht über den Umstand freuen, dass die Hotshots hier waren. Immerhin war ihre Anwesenheit auch immer ein Zeichen dafür, dass es zu Bränden im Wald kommen könnte. Nicht gerade eine Vorstellung, welche ihr gefiel. Sie kam aus Las Vegas, dort war es zwar heiß, aber dort konnte kein Wald brennen. Gelegentlich vermisste sie Vegas, aber die Gründe wieso sie diese Stadt verlassen hatte, waren auch dieselben wieso sie nie wieder dorthin zurückkehren würde. Evie wohnte zwar erst seit 4 Monaten in dieser Stadt, aber sie fühlte sich wohl. Es war keine Großstadt, die Einwohner kannten einander, man half sich und die einzige fremden im Ort waren die reichen Ferienhäuserbesitzer und die Hotshots, welche nur ein paar Monate im Jahr in dieser Stadt waren und die Touristen. Evelyn hatte auch geplant weiter zu reisen, es sollte nur ein kurzer Zwischenstopp sein. Doch irgendetwas hatte sie an diesem Ort gefunden, dass ihr mehr das Gefühl von zuhause gab, als es Vegas jemals getan hatte.
„Machst du noch einmal ein Tablett mit Shots?“ Bryan der Besitzer der Bar, ein netter Kerl Anfang 40, ließ gerne einmal eine Runde springen, wenn der Laden so gut besucht war wie heute. Bryan wollte hier nicht das große Geld machen. Er war zufrieden, wenn die Kosten gedeckt waren und er am Abend gute Gespräche führen konnte. Diese Gelassenheit hätte Evie auch gerne. Doch in den letzten Jahren in Vegas hatte sie gelernt, welche Wichtigkeit Geld haben konnte. Manchmal hörte sich noch immer das hässliche Geräusch eines brechenden Knochens......
Evie schüttelte leicht ihren Kopf und nahm ein paar kleine Gläser um diese mit hochprozentigem Schnaps zu füllen. Sie wollte nicht an die Vergangenheit denken. Außerdem hatte sie auch hier zu tun. Sie war in dieser Bar kein Gast, sondern eine der drei Barkeeperinnen/Kellnerinnen, wobei sich eine an diesem Abend krankgemeldet hat. Dafür half Bryan ein bisschen mit – wenn man es denn Evie stellte die kleinen Gläser auf ein Tablett und kam hinter der Theke hervor. Geschickt ging sie zwischen den Menschen hindurch und stellte jedem eines der kleinen Gläser hin. Einige lehnte ab, da nicht jeder das starke Zeug mochte. Schließlich kam sie zu dem Tisch an dem einige der Hotshots saßen. Und ehrlich? Es war nicht sonderlich schwer diese von den anderen männlichen Gästen zu unterscheiden. Doch wollten Frauen wirklich solche Männer? Natürlich, da war dieses Helden-Ding, was sie attraktiv machte, doch man musste doch auch immer sorge haben, dass sie irgendwann nicht zurückkommen würde und das Feuer gewinnen würde. Keine wirklich schöne Vorstellung.
„Für euch auch noch einen Shot auf Kosten des Hauses?“ sagte sie mit einem Lächeln und verteilte auch an diesem Tisch die kleinen Gläser. Sie sah die Männer einmal der Reihe nach an, bevor sie sich abwenden wollte, um die restlichen Shots zu verteilen. Leider lief sie bei ihrer Drehung mit jemand zusammen. Ihr Gleichgewicht hatte sie rasch wieder, doch das Tablett mit den Gläser hatte seinen Halt verloren und beim Versuch es zu stabilisieren hatte sie es versehentlich nur schlimmer gemacht. Wie in Zeitlupe landete ein Glas nach dem anderen mitsamt Inhalt – der einzige Trost war wohl, dass es nur Shots waren – auf einem der Hotshots. Entschuldigend sah sie den Mann an, der den restlichen Abend wohl riechen würde, als wäre er eine Schnapsleiche. „Tut mir leid. Ich hol dir gleich ein Tuch“ auch wenn ein Tuch nur bedingt helfen konnte. Es kam selten vor, dass Evie etwas verschüttete. Meistens war sie recht geschickt was das Tragen von Gläsern anging. Nun gut sie war auch nicht alleine schuld.