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23. Türchen

Autor:  -Neya-
*~* Santa *~*
 
 
 
„Heute Nacht bleibe ich auf! Ich will den Weihnachtsmann sehen“, höre ich meine kleine Schwester sagen und verdrehe innerlich die Augen. Na da kann sie lange warten. Zwischen uns liegen gute 11 Jahre, sprich – ein 16jähriger glaubt nicht mehr an diesen Humbug.
 
Wann ich aufgehört habe an den Weihnachtsmann zu glauben? Ich glaube da war ich 5 Jahre alt, wo ich unseren ehemaligen Nachbarn abends betrunken durch seinen Vorgarten hab taumeln sehen.
 
Soviel zu dem Thema, ich hoffe, dass es meiner Schwester auf eine andere Art und Weise auffällt und nicht so negativ wie bei mir. Ich seufze leise und stochere in meinem Pudding rum.
 
Im Wohnzimmer sitzt die komplette Familie. An Heiligabend haben wir immer ein volles Haus. Muttern ist im Stress, da sie trotz aller Vorbereitungen immer noch glaubt, dass sie zu wenig Lebensmittel besorgt hat, und Vaddern ist damit beschäftigt, dem neuen Lebensgefährten meiner Großmutter aus dem Weg zu gehen, da er das neunmalkluge Gesülze nicht mehr ertragen kann.
 
Zwischen den älteren Herrschaften fühle ich mich ziemlich fehl am Platze. Letztes Jahr war wenigstens noch mein Cousin da, immerhin einer in meinem Alter, neben den ganzen Kleinkindern, aber der Idiot zieht es ja vor, mit seiner neuen Freundin und deren Familie zu feiern.
 
Na herzlichen Dank dafür, dass du mich hier alleine versauern lässt. Irgendwie schmeckt mir der Pudding heute nicht. Resigniert schiebe ich die Schüssel beiseite und lehne mich in meinem Stuhl zurück. Man, die Luft hier drin ist wirklich ätzend. Ist ja mal wieder typisch, dass mein Vater wieder groß auffahren muss und sich nun mit meinem Onkel eine Zigarre gönnt.
 
Man, mir kommt echt das kotzen. Mutter ist mit meiner Tante in der Küche und räumt auf. Schwachsinn, muss sie das heute machen? Als würde das Geschirr bis morgen vergammelt sein…
 
„Ja?“, frage ich genervt und blicke hinab zu meiner Schwester, die nun am Ärmel meines Hemdes zieht.
 
„Bleibst du heute Nacht auch auf?“
 
Na ganz bestimmt doch, ich muss ja noch meine Fallen aufbauen, damit der gute Weihnachtsmann sich heute richtig schön weh tut. Wenn er wehrlos ist, lässt er sich leichter gefangen nehmen und wir können die Elfen in der Spielzeugfabrik erpressen… nein, so was sage ich nicht, an solch einem Tag, darf man die Stimmung nicht herunterziehen, nur weil man selber angepisst ist. „Vielleicht“, gebe ich neutral zurück und stehe auf.
 
Ich brauche frische Luft, hier drin kriegt man ja einen zuviel. Ohne einen Ton zu sagen, schleiche ich mich durch den Flur und schlüpfe in meine Turnschuhe. Meinen Hausschlüssel in die Hosentasche steckend, ziehe ich die Tür hinter mir zu.
 
Woah, scheiße ist das kalt. Es liegt zwar kein Schnee, aber wir haben trotzdem angenehme minus 4,5 °C… vielleicht hätte ich doch eine Jacke mit rausnehmen sollen.
 
Die kleine Treppe hinuntersteigend, richte ich meinen Blick gen Himmel. Alles voller Sterne… solche klaren Nächte hat man wirklich nur bei Minustemperaturen. Rentiere kriegen ihren Arsch bestimmt auch nicht hoch bei dem Wetter. Da bleibt der Schlitten ja am Boden festgefroren.
 
Gänsehaut bildet sich auf meinen Armen und ich gehe unsere Einfahrt hinunter. Manchmal wünschte ich mir noch mal klein zu sein. Da hat man den Glauben an die Menschheit noch nicht verloren. Dieser Tag wäre wahrscheinlich weniger ätzend, wenn ich mich auch an so eine Wunschgestalt wie den Weihnachtsmann klammern könnte.
 
Aber ganz ehrlich, auf Geschenke kann ich verzichten. Das meiste, was ich bekomme, ist ohnehin Geld. Einfallslos aber besser als irgend nen Müll, den man am Ende des nächsten Monats sowieso bei ebay vertickt.
 
Der Wind fährt mir durch die Haare und ich erschaudere. Kalt… kalt…
 
„Hey!“, ruft es von der anderen Straßenseite und ich blinzle ein wenig verdutzt, als dort unser Nachbar auf einem der Zaunpfeiler sitzt und eine Kippe raucht. Seit zwei Monaten wohnen er und seine Eltern nebenan, aber irgendwie haben wir noch nicht wirklich miteinander geredet. Liegt vielleicht auch daran, dass er zwei Jahre älter ist.
 
„Hat man dich rausgeworfen?“, gebe ich leicht grinsend zurück und gehe bis hin zu unserem Hoftor.
 
Ein leises Lachen dringt an meine Ohren und irgendwie fühle ich mich in diesem Augenblick wohler, als noch vor wenigen Minuten in unserem vollen Haus.
 
„Sozusagen…“ Er nimmt einen weiteren Zug und schwingt seine Beine auf die andere Seite des Pfostens. „Drinnen ist Rauchverbot.“
 
„Na klasse, können gerne tauschen, bei uns räuchern sie die Bude voll.“ Hier läuft wirklich etwas verkehrt.
 
„Also hast du die Flucht ergriffen“, stellt er fest und ich nicke knapp. Flucht ergriffen… die Raucherei war allerdings nur eine Ausrede, um ehrlich zu sein, wollte ich nur aus diesem Haus raus. Trotz der vielen Menschen dort, habe ich mich ziemlich einsam gefühlt… im Gegensatz zu jetzt, wo ich am Hoftor stehe und mich zum ersten Mal mit unserem Nachbarn unterhalte.
 
Verrückte Welt. Er hat zwar schon längst aufgeraucht, trotzdem haben wir uns noch eine Weile unterhalten. Als ich von weiten die Kirchturmuhr gongen höre, wird mir bewusst, dass ich beinahe eine Dreiviertelstunde hier draußen zugebracht habe. Meine Finger sind schon fast abgestorben.
 
„Ich sollte mal wieder rein, am Ende gibt noch wer eine Vermisstenanzeige auf“, rufe ich zu ihm hinüber und er grinst breit.
 
„Dito. Man… sieht sich?“ War das jetzt eine Frage oder wie soll ich das deuten?
 
„Na das will ich meinen, so weit ist es ja nicht“, gebe ich schmunzelnd zurück und bewege meinen erfrorenen Hintern in Richtung Haustür.
 
An den Weihnachtsmann glaube ich eigentlich nicht mehr, aber dass ich ausgerechnet heute einen neuen Freund gefunden habe, rechne ich dem Verantwortlichen hoch an.
Kaum die Haustür geöffnet, stürmt auch schon meine Schwester auf mich zu und packt mich am Arm.
 
„Ich hab dich gesucht! Wir wollen doch noch eine Weihnachtsmannfalle bauen“, plappert sie aufgeregt und zieht mich hinter sich her. Scheinbar färbe ich negativ auf sie ab, es steckt scheinbar mehr von mir in ihr als erwartet.
 
Datum: 24.12.2007 14:06
Ja ja die liebe Familie ^.^

by shadow-lady


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