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Einzelposting: Der (Herr der) Ring(e) - Eine Analyse


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Von:   abgemeldet 14.08.2006 18:28
Betreff: Der (Herr der) Ring(e) - Eine Analyse [Antworten]
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> Ds wird ein etwas längerer Beitrag, aber ich hoffe, manch einer
> plagt sich durch und sagt was dazu...

Ich hab grad Zeit ^^

> Die Gemeinsamkeiten:
> -In beiden ist ein 'Ring der Macht' präsent. Gut, die
> Gemeinsamkeit ist tatsächlich sehr augenscheinlich... ^^

*lach* Darauf wäre ich nun nicht gekommen

> -Um den Ring zu schmieden muss Alberich der Liebe
> abschwören -landläufig gesprochen 'böse werden'- was
> ihn sofort zur Equivalenz mit Sauron qualifiziert.

Ist dem so? Soweit ich mich richtig erinnere baggert Alberich erst mal die Rheingoldtöchter an und ist erst bereit der Liebe zu entsagen nachdem er abgeblitzt ist.
Sauron aber hat nie auch nur ein wenig Liebe in sich gehabt. Er hat sich bei den Elben eingeschleimt um den einen Ring schmieden zu können. Er musste nichts entsagen.
Zwar sind beide als "böse" zu erachten, aber qualitativ und auch quantitativ finde ich Sauron wesentlich "böser" als Alberich. ^^
Wobei dies nicht der einzige Unterschied ist.

In sofern ist diese Parallele eine simple Interpretationsfrage in meinen Augen. Du siehst es vielleicht so, aber das heißt noch lange nicht, dass dem so ist.

> -Im 'Rheingold' lässt Alberich durch die Macht
> des Ringes eine Tarnkappe schmieden, die ihn unsichtbar
> machen kann. Im Herrn der Ringe macht der Ring direkt
> unsichtbar, aber auch in Wagners Werk ist die
> Unsichtbarkeit eine direkte Folge der Macht des
> Ringes, Ring und Tarnkappe sind also bei Tolkien
> gleichsam zusammengefasst, zu einer Reliquie der
> Macht.

In der keltischen, griechischen und ägyptischen Mythologie gibt es eine Vielzahl von Gegenständen und anderen Kleinigkeiten, die unsichtbar machen - die Tarnkappe allein kommt schon bei Hades zum Einsatzt - ich denke in der Hinsicht hat sowohl Wagner sich inspirieren lassen als auch Tolkien.

By the way - Die Gyges-Geschichte nach Platon. Gyges ist in der griechischen Mythologie der mythische Ahnherr der Lydier, der dieses von ca 685 v. Chr. bis 657 v. Chr. regierte.

Platon erzählt, dass Gyges als einfacher Hirte (siehe auch Attis, Paris,...) eines Tages in einer Erdspalte, die sich nach einem Erdbeben gebildet hatte, eine Höhle entdeckte, in der er ein hohles Pferd aus Bronze und darin wieder einen übermenschlich großen Leichnam fand, von dessen Finger er einen Ring abzog. Als er an diesem Ring drehte, wurde er unsichtbar. Am Königshof verführte er mit Hilfe dieses Ringes nun die Königin, tötete den König und riss die Herrschaft an sich.

Um nur ein Beispiel für einen Ring aufzuweisen, der unsichtbar macht. ^^

> -Der Ring Wagners wird von Alberich mit einem
> Fluch belegt, bringt Unheil und Tod über alle,
> die ihn besitzen. Ausserdem ist der Fluch erst
> gebannt, wenn der Ring wieder an Alberichs Finger
> steckt. Auch das ist doch sehr stark HdR, oder?

Finde ich nicht. Der "Fluch" wird bei HdR durch die Vernichtung des Ringes gebannt und ansonsten bringt er seinem Träger nicht direkt Unglück - der Ring hat lediglich seinen eigenen Willen und will zu seinem Herrn zurück.
Wieder finde ich die Parallele die du hier aufweißt nur eine Interpretationsfrage. Sorry.

> -Ganz besonders auffallend ist das Verhältnis
> Fafner-Gollum. Fafner und Fasolt, die zwei
> Brüder gewinnen den Ring, wobei Fafner Fasolt
> gleich erschlägt, um den Ring für sich zu haben.
> Dann zieht er sich zurück und verwandelt sich
> -Kraft des Ringes- in einen Drachen. Hat nicht
> Smeagol auch gleich seinen Hobbit-'bruder' erschlagen,
> den Ring alleine beansprucht und ist damit
> zum Untier, zum Monster geworden?

Abel und Kain ^^ - Brudermord kommt in jeder Religion vor, die was auf sich hält. Die Story wird seit Ewigkeiten geklaut und kopiert. Da musste Tolkien sich gewiss nicht bei Wagner bedienen um auf seine Gollum-Geschichte zu kommen.
Parallele ja, aber sie besagt in meinen Augen nichts.

> -Das Zauberschwert Nothung zerspringt, als Siegmund
> es gegen Hunding wenden will und Wotan mit seinem
> Speer dazwischenfährt. Brünnhilde kann die Splitter
> des Schwertes retten und Siegfried kann sie am
> Ende wieder zusammenschmieden. Auch ein Element
> aus HdR, das zersprungene Schwert, das neu geschmiedet
> wird.

Gibt es auch in unzähligen Sagen und Mythen. Da haben die Beiden wohl ein wenig abgekupfert oder sich inspirieren lassen.

> -Manche Ähnlichkeiten sind etwas schwieriger
> zu sehen. Die Elfen, die das Land verlassen, weil
> sie hier nicht mehr unsterblich sind entsprechen
> wohl den Göttern im Rheingold, die durch die
> Fortführung Freias ihre ewige Jugend verlieren
> und zu altern beginnen. Man bedenke, nur Freia
> hat die Macht, die goldenen Äpfelbäume zu züchten,
> die ewige Jugend schenken und bedenke weiters
> -sich aufs Silmarillion besinnend- das auch
> in Tolkiens Welt ein leuchtender Lebensbaum
> eine gewichtige Rolle spielte und gar das Wappen
> Gondors darstellt.

So betrachtet kannst du das Ganze auf jede zweite Fantasystory beziehen. Gut und böse kommen immer vor, zwangsläufig, Fantasygeschichten sind auf verschiedene Rassen ausgerichtet - sorry, aber ich sehe da wirklich keine direkte Verbindung. Zudem hat Wagner die Nibelungensage zwar genial vertont, aber die Geschichte hat er auf´s Übelste zenziert.

> -Die Nazguul sind die direkten bösen Analoga
> zu den Walküren, jenseits des Menschlichen,
> auf fliegenden 'Pferden' -oder eben Drachen-,
> neun an der Zahl, dem Willen ihres Meisters
> treu ergeben. "Was bist du, als meines Willens
> blind wählende Kür?" sagt Wotan zu Brünnhilde
> und wie treffend sind diese Worte auf das Verhältnis
> Nazguul-Sauron gerichtet?

Äh... also abgesehen davon, dass die Nazguul und auch die Walküren übersinnlich oder nicht menschlich sind sehe ich da keinerlei Gemeinsamkeit. Walküren sind übrigens nicht als böse anzusehen.
Die Worte Wotans erklären sich durch die nordische Mythologie. Gerade bei der Geschichte der Brunhilde hat Wagner ziemlich Mist gebaut.

> -Nicht direkt dem Ring, aber auch Wagners Werk
> entnommen ist die Wunde, die sich nicht schliesst.
> Nachdem Frodo von den Nazguul verwundet wurde,
> heilt seine Wunde nie mehr ganz, schmerzt immer
> bei ihrer Präsenz, ein Sinnbild, dass gleich
> in zwei von Wagners Musikdramen vorkommt, im Parsifal
> direkt und in Tristan und Isolde etwas versteckter.

Kommt schon in der Bibel vor. ^^ Da brauchte Tolkien Wagner auch nicht. Im Übrigen hat Tolkien sich auch mit dem Katholizismus auseinandergesetzt.

> -Das der Ring die Götterdämmerung bringen kann,
> also eine radikale Umstürzung der Machtverhältnisse
> ist eh klar.

Bei HdR wird nie von Götterdämmerung gesprochen. Und von einer radikalen Umstürzung auch nicht, sondern schlicht vom Untergang Mittelerdes, wenn Sauron der Ring in die Hände fällt.

> -Auch die Rolle der Galadriel ist im Ring vorhanden,
> Erda, die Wala, die alles weiss, was war und was
> ist und was sein wird, die Wotan vom Unheil des
> Ringes warnt und die Götterdämmerung vorraussagt
> könnte ihr nicht ähnlicher sein.

Die Nornen, die Disen, die Moiren... Mythologie für Anfänger. Findest du auch bei jeder Religion und bei manchen Sekten. Erda und Galadriel weisen zwar Parallelen auf, aber da gibt es mir zu viele Figuren, die ebenfalls Gemeinsamkeiten dazu haben.

> -Die ganzen Sagenfiguren, wie Riesen, Zwerge, usw.
> sind in beiden Werken vorhanden.

Und in wievielen noch? Schon bei den älteren Artus-Erzählungen kommen Riesen und Zwerge vor - Titanen, Götter, Krieger.. alles quer Beet. Sorry, aber dergleichen kommte in jeder 2. Fantasygeschichte vor und das im Überfluss.

> -Auch Sauron kann -Wotan gleich- nicht selbst den
> Ring beschaffen, er braucht einen Diener, der ihn
> liefert.

Wow, das ist jetzt aber gewagt, Wotan mit Sauron zu vergleichen, Honey.
Könnten beide den Ring einfach holen wäre die Story uninteressant -in beiden Fällen. Erhöhe das Risiko, erhöhe die Spannung und mach es keiner Seite zu leicht die Oberhand zu gewinnen, simple Regeln der Fantasyliteratur.

> -Schlangenzunge ist Loge, auch klar. Ein Ratgeber
> Wotans, der verschlagen ist, dem Wotan aber vertraut,
> auch wenn andere ihm davon abraten. Durch List und
> Tücke handelt er, wenngleich auch Wagners Wotan
> sich seiner Bosheit viel bewusster ist.

Dazu muss ich jetzt ja wohl wirklich nichts mehr schreiben.

> -Als die Hobbits den Ring aus dem Wasser ziehen
> entspricht diese Szene wunderbar der Gewinnung
> des Rheingolds -aus welchem allein der Ring
> geschmiedet werden kann- durch Alberich.
> Wie Smeagol seine Menschlichkeit aufgibt -zumindest
> teilweise aufgibt und unterordnet-, so muss
> Alberich die Liebe verfluchen, um das Gold
> und in weiterer, direkter Folge den Ring zu gewinnen.

Interpretation ^^

> -Eine grosse Gefahr für Wotan ist ein Volk
> aus der Erde, die Niblungen. Auch Sarumans
> Orks werden unter der Erde herangezogen und sind
> ein stark erdverbundenes Volk.

*lach* Ok, das lass ich jetzt mal gelten, weil´s so süss simpel klingt. Unmöglich ist schließlich nix.


> Die Unterschiede:
>
> -Keine Liebe. Im HdR gibt es im Vergleich zum Ring
> viel weniger amouröse Verstrickungen -wenn es denn
> überhaupt welche gibt-. Vorallem das inzestuöse
> Verhältnis von Siegmund und Sieglinde bleibt -meinem
> Urteil nach- völlig ohne Entsprechung.
> Die Frau tritt bei Tolkien überhaupt stark in den
> Hintergrund.

Ach, ich denke, da gibt es noch mehr Unterschiede und verzeih, wenn ich das jetzt anmerke, ich will dir nicht zu nahe treten, aber wenn du diese Unterschieden nicht kennst, dann verstehst du der HdR nicht. Nichts für ungut.
Aber unterhalte dich mal mit waschechten und "fanatischen" HdR-Fans, die werden keine deiner Parallelen gelten lassen.

> -Das 'gute' Ende. Der Herr der Ringe endet positiver
> (in Buch wie auch Film), als Wagners Ring, der mit
> dem Tod aller Helden schliesst.

Wagner musste sich ja ein wenig an die Sage halten, oder?

> -Die Figur des Siegfrieds ist gleichsam verändert
> und gespalten, der Einsame zerfällt in die Gefährten,
> die allerdings zu schwächelnd und ängstlich sind,
> um direkt mit ihm verknüpft zu sein.

Ich empfehle dir das Buch "Disteln für Hagen" von J. Fernau, wenn du dich für die Nibelungensage interessierst. Gerade das Bild des Siegfried wird fälschlich dargestellt.

> Mehr ist mir im Moment jetzt nicht eingefallen...
> Bitte, das ganze nicht als Angriff auf Tolkien
> sehen, Wagner selber hat ja die ganzen Charaktere
> mehr oder weniger zusammengesucht. Ich finde nur,
> dass diese ganzen Parallelen nicht mehr Zufall
> sein können und bitte um Meinungen dazu...

Ich hoffe du siehst mein Statement nicht als Angriff. ^^

Ich gestehe dir zwar zu, dass diverse Parallelen vorhanden sind, aber da beide sich stark für Mythologie interessiert haben ist das auch kein grosser Zufall. Wagner war soweit ich mich erinnere sehr angetan gerade von der nordischen Sagenwelt und Tolkien arbeitete mitunter an der Edda.

Ergo -

Mag sein, dass es zwischen beiden Werken ein paar Parallelen gibt, auffällig finde ich dies jedoch nicht im Mindesten. Wagner hat seine Story nachweislich in Anlehnung an die urspüngliche Sage bearbeitet und erwollte mit seiner Darstellung auch kein Sinnbild der Götterwelt abgeben, sondern vielmehr eine kritische Deutung der menschlichen Gesellschaft aufzeigen - Kapitalismus, Ausbeutung ect.
Wenn du dich mit Wagner beschäftigts, was du scheinbar ja tust, weißt du dies ja. Nicht umsonst hat Wagner Nietzsche hinsichtlich seiner Denkweise stark geprägt auch wenn sich die Beiden letztlich durch Wagners "Rückschritt" zum Christentum überworfen haben. Tolkien hat sich stets gegen solche Deutungen seines Werkes gewehrt. Oftmals wurde dem HdR ja nahegelegt, dass Tolkien damit das politische Geschehen des dritten Reiches darstellen wollte. Auch eine Interpretationsmöglichkeit bei der man gewiss Parallelen finden kann, wenn man danach sucht. Aber der Autor hat sich immer wieder dagegen zur Wehr gesetzt, dass er so etwas mit seiner Geschichte bezweckt hat.

Alleine darin liegt ein grosser Unterschied. Beide haben wohl diverse Quellen gehabt aus denen sie schöpften, aber dass sie zwangsläufig durch deine aufgelisteten Parallelen von einander bzw. Tolkien von Wagner inspiriert wurde würde ich stark bezweifeln. Nachweislich hat Tolkien sich durch das Erlernen verschiedener Sprachen mit der nordischen Mythologie auseinander gesetzt und nachdem er dies schon einmal getan hatte musste er nicht mehr von jemandem abkupfern, der selbst nur abgekupftert hat. In dem Zusammenhang würde ich dann davon ausgehen - Warum die Kopie kopieren, wenn man das Original kopieren kann? Ich denke, du verstehst was ich damit sagen will.

So, jetzt aber endlich genug von mir. ^^ Sorry, wenn ich abgeschweift bin.
♥ Vergiß mein nicht, du treues Herz, bleib treu mir in der Ferne, ohn dich ist alle Freude Schmerz - ohn dich sind dunkel selbst die Sterne.
Zuletzt geändert: 19.08.2006 14:00:55

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