Zum Inhalt der Seite

Einzelposting: Umgang mit der Situation in den Blogs


Links hierher: http://www.animexx.de/forum/thread_5474988/-1/15433278548865/
http://desu.de/wQRMl9G




Von:    Azamir 27.11.2018 15:10
Betreff: Umgang mit der Situation in den Blogs [Antworten]
Avatar
 
ich wurde getaggt. hallo.
 
ich hab nur ausschnitte gelesen, but my 2 cents:
 
>Ich denke nur, dass wenn wir strengere Regeln einführen, die den Umgangston betreffen, um eben gezieltes Verletzen von einzelnen Usern oder sich über deren Werke lustig machen, zu vermeiden, wir auch mehr Klarheit brauchen, wie exakt schlimm nun eine Ermahnung, Verwarnung etc. ist.
 
(Straf)rechtstheorie 101: Tatbestand und Rechtsfolge.
Der Tatbestand sind die Voraussetzungen für die Rechtsfolge.
Die Rechtsfolge ist - im Strafrecht - die Strafe.
 
"Beleidigung" ist der Tatbestand
"Verwarnung" ist die Rechtsfolge.
 
Wichtig ist, dass der Betroffene BEIDE Teile nachvollziehen kann. Das ist auch im gesetztlichen Strafrecht nicht immer so. Die Rechtsfolgen im Strafrecht sind auf drei Stufen aneglegt: Geldstrafe, Freiheitsstrafe auf Bewährung, Freiehitsstrafe ohen Bewährung.
 
Nun zur Kriminologie und Rechtssoziologie des ganzen:
Was immer wieder zu Nachvollziehbarkeitsproblemen führt: Eine Bewährung ist SCHLIMMER als eine Geldstrafe, von der Systematik. Das Empfinden, sowohl in der Breiten Bevölkerung als auch bei viele Straftätern entspricht dem aber nicht - "Hab nur Bewährung bekommen" wird von nicht wenigen als "halber Freispruch" angesehen. Weil Geld zahlen tut weh, in den Bau gehen tut weh - aber nicht in den Bau gehen und kein Geld zahlen halt: nicht.
 
Die Nachvollziehbarkeit muss aber auch bezüglich der Strafwürdigkeit des Tatbestandes an sich gegeben sein.
Sehr gute, weil kritische Beispiele: Majestätsbeleidigung, Schwarzfahren.
 
Die Majestätsbeleidigung wurde jetzt abgeschafft, weil die überragende Mehrheit der Leute in Deutschland nicht einsieht, warum ein Staatschef MEHR Schutz braucht als jeder normale Mensch, wenn es um eine Beleidigung geht.
Schwarzfahren als Straftat (versus als Ordnungswidrigkeit) wird seit Jahren debattiert. Auch, weil der § im StGB in allen anderen Alternativen ein aktives Überwinden von Schutzvorrichtungen verlangt, es aber in DE keine Bahnhofsschranken gibt. Zudem bedeutet es, dass lauter sehr arme Leute, die kein Geld für Tickets haben, irgendwann teuer im Knast einsitzen, weil sie häufiger beim Schwarzfahren erwischt wurden.
 
Hier fehlt es der Bevölkerung an der Nachvollziehbarkeit dafür, dass diese Dinge so schwer bestraft werden.
 
So. Nun zu Animexx zurück:
Eine Regel, was in der Wirkung gleiche wie ein Gesetz ist, muss zunächst mal verständlich sein, damit man sie überhaupt befolgen kann.
Dann muss die Strafe verständlich sein.
Dann muss die Relation von Vergehen zu Strafe angemessen sein.
 
Und eigentlich viel wichtiger:
Die allgemeine Notwendigkeit der Regel muss allseits anerkannt sein. Sie sollte dazu geeignet und erforderlich (!) sein, ein Problem tatsächlich zu lösen. Denn wenn sie entweder gar nicht geeignet ist, das gegebene Problem zu lösen, ist sie nutzlos. Wenn sie nicht erforderlich ist (also eine mildere Maßnahme mindestens den gleichen Effekt hätte) ist sie unangemessen.
Beides führt zu Akzeptanzproblemen. Und Gesetze oder Regeln, die alle missachten, weil sie sie nicht akzeptieren wollen oder können, sind halt: nutzlos.
 
Insofern: Eine konkrete Regel dazu, wie mensch Kritik an anderer Leute Content oder Person äußern darf, muss sich letztlich an all diesen Kriterien messen lassen. Und wenn sie auch nur irgendwo aneckt, muss sie an anderen Ecken sehr sehr sehr überzeugend sein, um insgesamt noch Vorteile zu bringen.
 
Aza^^ (hat 2 Staatsexamen in Jura und 1 Anwaltszulassung, den Shit also studiert)
Vorsicht, dieser Diskussionspartner könnte für Kinder ohne Ahnung nicht geeignet sein, da er pedantisch und mit linguistischer Feinheit Argumente zerfleddern kann.
("A man shouldn't die with no understanding of why he's been murdered" - Matthew Stover)
Zuletzt geändert: 27.11.2018 15:21:19

Zurück zum Thread