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The Decisions of Tomorrow

the first duty of love is to listen
von

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Christmas

 

Kapitel 19: Christmas

 

 

Tausende Lichter glänzten an der riesigen Tanne, welche das Wohnzimmer der Weasleys noch kleiner wirken ließ, als es eigentlich war. Sie saßen alle beisammen an dem länglichen Tisch, welcher mit allerlei Leckereien gefüllt war. Ron, der schon angesichts der anstehenden Bescherung immer nervöser wurde, stopfte mittlerweile seine dritte Portion in sich hinein, während Hermine dies mit einem abfälligen Blick bedachte.
 

Obwohl kurz nach dem Krieg die Gelder knapp und die Gemüter erschöpft waren, hatte Mrs. Weasley keine Mühe gescheut, um ihnen das perfekte Weihnachtsessen zu zaubern. Dies sorgte für eine Wärme in seiner Magengrube, die sich mit dem dumpfen Gefühl vermischte, dass seit gestern Nacht in seinem Inneren herrschte. Nervös rutschte er auf dem viel zu bequemen Sitzkissen hin und her und sah sich um.
 

Percy unterhielt sich am anderen Ende des Tisches mit Mr Weasley und er nahm mit einem Lächeln zur Kenntnis, dass Zeit wohl doch einige Wunden heilen konnte. Sein Blick kreuzte den Ginnys, die ihn nervös betrachtete. Sie schien sich unwohl zu fühlen und für Harry war dieser Anblick sehr ungewohnt. Normalerweise kannte er Ginny als die starke Frau, die dafür kämpfte, was sie liebte. Ob sie es bereute, dass sie ihre Beziehung beendet hatten? Doch bevor Harry es weiter hinterfragen konnte, wandte sie ihren Blick wieder ab und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Eingangstür.
 

»Hab ich die Bescherung schon verpasst?« George grinste über beide Ohren und Mrs. Weasley sprang auf, um ihren Sohn in den Arm zu nehmen. Er sah müde aus, genauso erschöpft wie Harry sich gerade fühlte. Nachdenklich nippte er an dem Glas Punsch und ließ die Flüssigkeit sein Innerstes erwärmen.
 

»Warst du noch bei .. ?«, sagte sie sachte und legte eine Hand behutsam auf Georges Wange.
 

»Ja, ich war am Grab. Ich wollte ihm frohe Weihnachten wünschen, Mum.«, sagte er und sein Lächeln war verblasst. Er umarmte seine Mutter und ließ seinen Kopf auf ihre Schulter fallen, wobei Harry die großflächige Narbe sehen konnte, an der einmal sein Ohr gewesen ist.
 

Das Bild erzeugte einen faden Beigeschmack. Es gab so viele Menschen, die in diesem Krieg Opfer für ihn gebracht hatten …
 

Würde er das jemals akzeptieren können? Die Schuld hing an ihm wie ein Ballastsack, der ihn immer und immer weiter nach unten zog. Und doch war es ihm erlaubt hier zu sein, zwischen diesen Menschen, die er so sehr schätzte.
 

Sie genossen das restliche Essen und Harry biss zum Abschluss in das letzte Stück seines Karottenkuchens, den er wirklich zu lieben gelernt hatte. Vorsichtig darauf bedacht, das Alraunenblatt nicht zu zerstören, schluckte er den letzten Bissen genüsslich herunter als die Stimme von Mr. Weasley ertönte.
 

»Na gut, ich weiß ihr könnt es eh nicht abwarten also bringen wir die Bescherung hinter uns.« Ein Grinsen zierte sein Gesicht. »Ich fange an.«, sagte er und griff nach einer kleinen Schachtel unter dem Baum. »Molly, Schatz.« Sein Blick suchte träumerisch seine Frau, welche auch nach all den Jahren ein wenig errötete.

 

»Du bist mein Weihnachtsstern in dieser dunklen Nacht. Ich hoffe sie gefällt dir.«
 

Mrs. Weasley öffnete die kleine Schachtel und zog eine Kette heraus, an der ein kleiner Stern befestigt war. Harry konnte sehen, dass etwas in das Gold graviert war, konnte es aber aus der Ferne nicht entziffern.
 

»Ach Arthur. Das ist doch viel zu teuer.« Sie zog ihn mit einer kräftigen Bewegung in ihre Arme und küsste ihn mit einem schmatzenden Geräusch auf den Mund.
 

»Igitt«, raunte es durch die Menge, während die Frauen aufseufzten und Harry lachte.
 

Harry war so froh hier sein zu dürfen. Er konnte sich doch glücklich schätzen, dass es ihm erlaubt war, dies zu genießen. Dass er jetzt diesen wundervollen Moment miterleben durfte und er Teil dieser Familie sein konnte. Alle hier Anwesenden hatten überlebt, das war doch das Wichtigste, oder? Sie, die Menschen, die ihm so am Herzen lagen.
 

Mit einem Knistern zog er die Tüte neben seinem Stuhl hervor und übergab seine Geschenke den Empfängern. War er doch froh, dass er Kreacher heute Mittag noch dazu gebracht hatte, ihm die Tüte zu bringen, die er bei seiner Flucht vergessen hatte.
 

Eine Flucht. Ja, mehr war das nicht gewesen. Mutiger Gryffindor, dass er nicht lachte.
 

»Oh die sind wunderschön, Harry.« Ginny lächelte ihm warm entgegen und hob die Ohrringe in die Höhe, die er in dem kleinen Schmuckladen erstanden hatte. »Schau mal wie schön die sind!«, rief sie ihrer Mutter zu und beugte sich zu ihr rüber, um ihr das Geschenk zu zeigen.
 

»Danke Harry.«, hörte er sie noch sagen. Auch die anderen bedankten sich herzlich für die Kleinigkeiten, die er ihnen besorgt hatte.
 

Gedankenverloren strich er über die kleine Schatulle in seiner Hosentasche. Er hatte sie mit der Hand umfasst, drückte immer wieder und überprüfte, ob sie noch da war. Doch sie war da. Lag in seiner Tasche, ohne dass sie jemals ihren Empfänger erreichen würde.
 

Er hatte es verbockt. Wenn es jemals eine Chance gab, dass etwas zwischen ihnen existierte … wenn es auch nur die kleinste Hoffnung gab, dass sie miteinander klar kamen, dann hatte er es versaut. Er war davon gerannt, erneut der Situation entflohen. Vor diesem Gefühl, welches ihn auch jetzt immer noch übermannte.
 

Es verzehrte ihn von innen. Fraß ihn auf und riss Stück für Stück sein Herz auseinander. Der verfluchte Alkohol. Er hatte sich mitreißen lassen. Nach dem Gespräch mit Hermine war er so durcheinander gewesen.
 

Es hatte ihn schlichtweg überrumpelt.

Die Erkenntnis, was dieses Gefühl in seinem Inneren zu bedeuten hatte.

Er mochte ihn. Vielleicht war er sogar etwas verliebt in den starrköpfigen Slytherin, der ihn immer noch zur Weißglut trieb. Er war so glücklich, hier zu sein, und dennoch fehlte etwas. Nein nicht etwas …
 

Draco fehlte.
 

Er sehnte sich nach der Nähe seines ehemaligen Feindes so sehr, dass es ihn schmerzte. Der schockierte Gesichtsausdruck, in dem Moment als Draco den Kuss unterbrochen hatte, erschien vor seinem Inneren.
 

Ja, er hatte es abgebrochen … aber …
 

Harry erinnerte sich an die bebenden Lippen, die sich verlangend gegen ihn gedrückt hatten. Die Hände, welche ihn bestimmt in das Polster geschoben hatten. An den Atem an seinem Hals. Seine Zunge ...
 

Oh Gott. Sie hatten sich wirklich geküsst. Sie hatten … rumgemacht und …
 

Es hatte Draco gefallen. Harry hatte deutlich sehen können, wie es ihn erregt hatte. Er war nicht allein schuld, an dieser Situation, oder? Immerhin schien Draco nicht abgeneigt gewesen zu sein. Er war es doch gewesen, der ihn wieder von sich gestoßen hatte. Bevor sie … So weit hatte er noch gar nicht gedacht. Wie weit wäre er gegangen, wenn Draco es nicht beendet hätte? Das Blut schoss in seinen Kopf und er bemerkte, wie seine Wangen warm wurden.
 

»Harry, Schatz?«, flötete Mrs Weasley neben ihm und weckte ihn damit aus seiner Trance.
 

»J-Ja?« Haspelte er und sah sie erschrocken an.

 

»Alles okay?« Sie betrachtete ihn kurz, teilte ihm aber sogleich ihr Anliegen mit. »Bist du so lieb und holst die Zimtplätzchen aus dem Ofen? Ich glaube Ron hat die Temperatur zu heiß eingestellt, er pfeift schon die ganze Zeit.« Sie lächelte entschuldigend und legte ihre Hand auf seine Schulter. Harry erwiderte ihr Lächeln gezwungen, nickte verstehend und ging schließlich in die Küche. Doch bevor er die Tür öffnen konnte, wurde er im Flur zurückgehalten und herumgewirbelt.
 

Er fand sich gegen die nächste Wand gedrückt vor, weiche Lippen auf seinen und lange Wimpern, die zärtlich an seiner Nasenspitze kitzelten. Der Geschmack von Wein und Schokolade drang an seine Zunge, als er jedoch mit aller Kraft den Kiefer zusammenpresste, um Ginnys keinen Einlass zu gewähren. Zu hoch war die Chance, dass das Blatt zerstört würde.
 

Die letzte Verbindung, die er noch zu Draco hatte. Wenn das Blatt nun kaputt gehen würde, hatte er gar keinen Grund mehr, um zurückzukehren.
 

Und er wollte zurückkehren, schoss es ihm durch den Kopf und drückte Ginny mit einem Ruck von sich. Ihr Bein, welches sie zwischen seine Eigene geschoben hatte, verfing sich und sie stolperte zurück. Harry fing sie auf und schaute in braune Rehaugen, die ihn verzweifelt betrachteten. Tränen schimmerten in ihnen.
 

»Ich dachte … Du … die Ohrringe ...« Sie schluchzte und griff mit einer Hand in sein Hemd, um ihn von sich zu schieben.

 

»Es ist wirklich vorbei?«, flüsterte sie atemlos, rieb sich mit ihrem Ärmel über die Augen.
 

Mit gerötetem Gesicht starrte sie ihm entgegen. Ein bitteres Lächeln hatte sich auf ihre Züge gelegt. Es wirkte gezwungen.

 

»Ich ...«, begann sie, wandte jedoch den Blick ab.
 

»Ich werde es akzeptieren. Doch bitte, geh jetzt. Ich brauche Zeit für mich.« Sagte sie und sah ihm ein letztes Mal in die Augen. Schmerz lag in ihrem Blick und Harry tat es in diesem Moment leid, dass er ihr einfach nicht das geben konnte, was sie verdiente.
 

»Ich verstehe.«, murmelte er, schnappte sich eine Flasche Feuerwhisky, welche auf einer Kommode stand, und verließ durch die Hintertür das Haus. Er musste gehen. Ginny hatte das Recht, ihn hier raus zu schmeißen.
 

Immerhin war dies ihr Zuhause. Ihrs, nicht seins.

 

 
 

~~~*~~~
 

Da er nicht wirklich den Mut gefunden hatte, zum Grimmauldplatz zurückzukehren, kletterte er in das kleine alte Baumhaus, welches im Garten in einer Baumkrone mit Brettern und Nägeln errichtet worden war. Der kleine Raum war deutlich für Kinder ausgelegt, doch hatte Harry hier trotzdem noch genug Platz, um aufrecht zu sitzen.
 

Der kalte Wind pfiff durch die Holzbretter und er zog mit einer Handbewegung die kleine silberne Kette aus der Schatulle, wiegte sie im Mondlicht, was den Smaragd leicht schimmern ließ. Er hätte die Kette gar nicht kaufen sollen und doch hatte er sich hinreißen lassen, ein so einfühlsames und dummes Geschenk zu erstehen.

 

Ein knackendes Geräusch ließ ihn zusammen zucken. Hastig steckte Harry die Kette erneut in seine Umhangtasche, so dass die Schatulle mit einem dumpfen Geräusch auf den Brettern aufprallte. Jemand stieg die Leiter hinauf.
 

Überraschte braune Augen scannten das Innere der Hütte und erkannten Harry.
 

George, welcher offenbar ebenfalls eine Flucht von dem Weihnachtsessen in Betracht gezogen hatte, streckte seinen Kopf durch die kleine provisorisch zusammengezimmerte Tür und musterte ihn prüfend.
 

»Schon klar, dass mein großartiges Versteck nicht lange unentdeckt bleibt.«, witzelte er und kurz schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen. Er setzte sich neben Harry in den nassen Staub und starrte durch die kleine Öffnung, welches als Fenster fungierte.
 

Es herrschte eine Weile Stille zwischen ihnen, doch Harry fand es nicht unangenehm, dass George bei ihm war. Mittlerweile musste es mindestens 22 Uhr sein, denn der Nebel lag in der Ferne um die hohen Büsche und Sträucher, welche teils mit Schnee bedeckt waren. Der Garten wirkte so friedlich, als könne kein Unheil dieser Welt diese Idylle trüben.
 

Harry reichte ihm den Feuerwhisky, um ihn zu fragen, ob es okay war, dass sie sich diesen Ort kurz teilen würden. George senkte seinen Blick, fixierte den Alkohol und seufzte. Die roten Haare fielen in seinen Nacken als er den Kopf nach hinten warf und einen tiefen Schluck nahm. Er verzog sein Gesicht und schaute ihm mit einem zugekniffenen Auge entgegen.
 

»Sagst du mir, was mit dir los ist?«, hörte er Georges kratzige Stimme.
 

Harry suchte seinen Blick, doch er hatte ihn erneut abgewandt, sah in die Ferne und als Harry seinem Blick folgte, beobachtete er, wie ein Gnom zurück über die tiefe Steinmauer hinein in den Garten kletterte.
 

»Der Ausdruck in deinen Augen, den du vorhin beim Essen hattest. Ich kenne ihn.«, seufzte George in die Nacht hinein und das dumpfe Gefühl in Harrys Brust verstärkte sich.
 

War es wirklich so offensichtlich, dass es jeder bemerkte?
 

»Hermine hat mich um Rat gefragt.«, fuhr er fort und Harry schaute erneut auf, als er ein leises Auflachen vernahm, was aus Georges Kehle drang.

 

»Kannst du dir das vorstellen? Hermine bittet mich um Hilfe. Wenn er das miterlebt hätte ...« Seine Stimme verhallte, war sie doch so leise, dass er ihn kaum verstanden hatte. George hob endlich seinen Blick und sah ihm entgegen. Ein gezwungenes Lächeln lag auf seinen Zügen.
 

»Was hat sie dich gefragt?«, hörte Harry sich selbst fragen und war eingenommen von dem Schmerz, der auf seinem Freund lastete.

 

George war ein Schatten seiner selbst. Der sonst so fröhliche Junge wirkte matt. Seine Gesichtszüge waren eingefallen und er hatte einiges an Gewicht verloren.
 

»Dein Patronus.«, fand George schließlich seine Stimme wieder. »Weißt du, seitdem … ich kann es nicht mehr. Es ist als wenn mein Patronus mit ihm gestorben wäre. Hermine hat mir erzählt, dass es dir auch nicht mehr gelungen ist, einen gestaltlichen Patronus zu erzeugen. Harry …« Er sah ihn nun direkt an und Harry konnte den letzten Funken Lebenswillen in ihnen aufflackern sehen.
 

»Bitte, Harry. Wir haben gewonnen. Du musst versuchen dein Glück zu finden. Lass sie nicht umsonst gestorben sein.«, sagte er und blickte erneut in die Ferne.
 

Eine kurze Stille lag zwischen ihnen und Harry wusste nicht, wie er das Chaos in seinem Kopf entwirren konnte. Er richtete seinen Blick erneut aus dem Fenster, sah, wie der Gnom an einem Ast hängen blieb und in einen von Schnee bedeckten Laubhaufen fiel.
 

»Ich denke, ich bin in einen Mann verliebt.«, drangen seine Worte gegen den Wind und George blickte zu ihm. Er betrachtete ihn kurz, als sich ein Schmunzeln auf seinen Lippen bildete.
 

»Was für ein Skandal. Ich würde ein Vermögen damit verdienen.« Er grinste über beide Ohren, was sein Gemüt aufhellen ließ. Es war, als wenn ein Stück seiner damaligen Unbeschwertheit zurückkehren würde. Harry lachte das erste Mal ehrlich an diesem Abend und grinste George entgegen.
 

»Wer ist es?«, fragte George, als sie nach Luft schnappten.
 

»Kann ich dir nicht sagen.«, sagte er atemlos und ließ seine Schulter hängen. Sie fühlten sich schwer an.
 

»Also kenn ich ihn.«, schlussfolgerte George, was Harry erneut die Röte in die Wangen trieb. Fahrig fingerte er nach dem Feuerwhisky und trank einen großen Zug aus der Flasche.
 

»So schlimm?«, witzelte George und ein trauriges Lächeln lag in seinem Gesichtsausdruck.
 

Harry antworte nicht, murrte nur etwas Unverständliches und lehnte sich gegen die Wand hinter ihm. Das Holz fühlte sich kühl an und er merkte, wie kalt es eigentlich war. Eine Gänsehaut hatte sich in seinem Nacken gebildet und zog sich mit einem kribbelnden Gefühl durch seinen ganzen Körper.
 

»Harry ..«, durchbrachen Georges gehauchte Worte nach einer Weile die Stille.
 

»Wenn du ihn liebst, warum bist du dann heute nicht bei ihm?«, hörte er die klagende Frage, die den ganzen Abend schon in seinem Innern brannte. George fixierte ihn mit einem nachdenklichen Blick, den Harry nicht zu deuten wusste.
 

War es richtig gewesen, davonzurennen? Draco alleine zurück zu lassen? Ein stechender Schmerz zog sich durch seinen Brustkorb als sich ein Gedanke in seinem Hinterkopf manifestierte, den er am liebsten sofort wieder vergessen hätte.

 

Würde er auf ihn warten?
 

»Ich muss gehen.«
 

Er stand auf und sah noch beiläufig, wie George ihm verstehend zunickte und ein zufriedenes Lächeln sich auf sein Gesicht zeichnete.

 

Mit jeder Strebe, die Harry an der rutschigen Leiter herunter kletterte, pochte sein Herz schneller gegen seinen Brustkorb. Den letzten Meter sprang er und landete im kniehohen wilden Gras, welches um den meterhohen Baum herum wucherte.

 
 

~~~*~~~

 
 

»Master Potter ...« Das wimmernde Geräusch, welches Kreacher von sich gab, war kläglich.
 

Harry hatte Mühe, seinen Atem zu beruhigen. Er würde sich wohl nie an das Apparieren gewöhnen. Er richtete seine Brille und konnte schließlich den Eingangsbereich des Grimmauldplatzes erkennen. Sein Blick fiel auf Kreacher, welcher sofort bei seiner Ankunft her geeilt war.
 

Der Hauself wirkte aufgelöst. In den glubschartigen Augen hatten sich große kugelrunde Tränen gebildet, welche haltlos über die Tränensäcke quollen. Er betrachtete dieses klägliche Bild für einen kurzen Moment, wirkte festgefroren in seiner Bewegung, unfähig auch nur eine Gliedmaße zu bewegen als ihm bewusst wurde, was dieser Auftritt zu bedeuten hatte.
 

Nein, war das einzige Wort, was durch seine Gedanken hallte.
 

Natürlich hatte er es in Betracht gezogen, dass Draco seine Sachen packen und verschwinden würde. Natürlich war dies eine Befürchtung gewesen, die ihm ein paar Mal in den Sinn gekommen war. Ein Gedanke, den er in die hinterste Ecke seines Verstandes verfrachtet hatte.
 

Doch als er, außerstande zu atmen und keuchend, die Räume nach und nach durchsuchte, hatte er die Befürchtung, sein Herz würde einfach aufhören zu schlagen. Es pochte schmerzhaft und unregelmäßig in seiner Brust. Dieses Gefühl nahm ihm die Luft zum Atmen. Keuchend versuchte er die Staubreste aus seiner Lunge zu befreien.
 

Er betrat die Küche, welche kühl und verlassen wirkte. Vereinzelt drangen die Strahlen des Mondlichtes durch die Fenster, doch ansonsten wirkte der Raum einfach nur trostlos. Seine Lippe schmerzte als er fest darauf biss.
 

Er konnte einfach nicht gegangen sein. Wie konnte er ihn nur mit dieser Situation alleine lassen?
 

Doch Draco war schon immer ein Feigling gewesen richtig? Er schnaubte. Harry wusste, dass es eine Ausrede war, die er sich selbst erzählte. Er selbst war es gewesen, der davon gerannt war. Seine Beine fühlten sich schwer an. Träge. Er musste jegliche Kraft, die noch in seinen müden Gliedern übrig war, aufbringen, um die letzten Stufen bis in den vierten Stock zu überwinden.
 

Dies war das Ende. Die letzte Möglichkeit.
 

Er betrat den schmalen Flur und seine Hände krallten sich in das hölzerne Geländer. Sein Blick glitt über Sirius Zimmertür zur linken Seite bis er einen Namen erblickte, der in goldenen Buchstaben in das Holz eingearbeitet worden war.
 

Regulus Arcturus Black
 

Das Zimmer, was Draco die letzten Tage bezogen hatte, welches Harry ihm bereitwillig angeboten hatte. Als Rückzugsort. Was würde passieren? War der Mann, der ihn so unendlich verwirrte, hinter dieser Tür? Würde er vielleicht friedlich schlafend im Bett liegen? Sicherlich würde er genervt fragen, ob er noch ganz bei Sinnen sei, dass er ihn um die Uhrzeit weckte.
 

Ein verbittertes Lächeln legte sich auf seine Lippen und er umfasste die Türklinke. Mit einem Quietschen drückte er die Tür auf und blickte in den Raum. Sein Herz stockte.
 

Verzweifelt ließ er den Blick über das möblierte aufgeräumte Zimmer streifen, welches sehr spärlich eingerichtet war. Doch nichts an diesem Zimmer ließ vermuten, dass jemand es in der Vergangenheit bewohnt hatte.
 

Es war als wenn Draco nie dagewesen war und kurz stellte sich Harry die Frage, ob er sich das alles nur eingebildet hatte. War es denn nicht auch völlig verrückt, sich einfach so mit seinem fein anzufreunden und sich dann auch noch …
 

Harry konnte kaum atmen. Es fühlte sich so endgültig an. Die Chance, die nie bestanden hatte, hatte sich verflüchtigt. Seine Augen brannten und er wusste, dass er die Tränen nicht mehr lange zurückhalten konnte.
 

Es war zu viel für ihn.
 

Haltlos ließ er sich auf das Bett fallen, welches leicht nachgab. Seine Hand strich über das weiche olivgrüne Bettlaken und krallte sich fest. Der Stoff raffte sich auf, als sein Oberkörper kraftlos auf die Matratze fiel. Er drückte sein Gesicht in die Kissen und schrie.
 

Der Druck der letzten Wochen sammelte sich in seinem Kopf und verdrängte jeden klaren Gedanken. Atemlos hob er den Kopf und schnappte nach Luft, zog fahrig seine Hände unter dem Kopfkissen hervor, als seine Finger etwas berührten.
 

Seine Augen weiteten sich und er hielt den Atem an, als seine Finger ein Stück Wolle umfassten. Er zog es hervor und erkannte verwundert Sirius alten Schal. Warm schmiegten sich die Fasern um seine Finger, als er versuchte, den dicken Kloß in seinem Hals herunter zu schlucken.
 

Er hatte ihn behalten. Seit diesem stürmischen Abend hatte er ihn aufbewahrt.

 

Mit einer automatisierten Bewegung zog er den warmen Stoff über seine Haare, wodurch sie leicht knisterten. Ein Seufzen entfloh seiner Kehle, als er Dracos Geruch wahrnahm, der von dem Schal ausging.
 

Ein Krächzen ließ ihn ertappt aus seinem verträumten Delirium aufschrecken. Hektisch suchte er den Verursacher und erblickte schließlich den kleinen Steinkauz, welcher mit seinem Schnabel von außen immer wieder gegen die Fensterscheibe pickte. Er funkelte ihn aufmüpfig an und hüpfte immer wieder von einem Bein auf das andere.
 

Das war doch Malfoys Eule, wunderte er sich und ging zögernd zu dem kleinen Fenster, um es zu öffnen. Kaum, dass es nur einen Spalt offen war, hüpfte die kleine Eule hindurch und kletterte mit ihren Krallen an seinem Ärmel hoch, was ihn vor Schmerzen aufkeuchen ließ. Doch bevor Harry sich über den Vogel beschweren konnte, hörte er eine Stimme hinter sich.
 

»Kasper! Du verdammter Vogel, hier bist du. Ich glaube es nicht …«
 

Harrys Herz setzte einen Moment aus, als er seine Stimme erkannte. Er konnte eine schmale Hand fühlen, die auf seiner Schulter lag. Kasper flatterte aufgeregt mit den Flügeln und versuchte wegzufliegen, war jedoch mit einer Kralle in seinem Hemd hängen geblieben.
 

»Nun halt still, Potter.«, fluchte Draco und Harry konnte kaum atmen.
 

Mit einer geschickten Bewegung befreite er die Eule aus ihrer Misere und beide atmeten auf. Kasper hatte es sich aufgeplustert und beleidigt auf dem hohen Kleiderschrank bequem gemacht.
 

»Na klasse.«, schnaubte Draco und sah zu dem Vogel hinauf. Harry konnte seinen Blick nicht von ihm abwenden, auch wenn er ihn anscheinend gar nicht beachten wollte.
 

Draco jedoch schien seinen Blick bemerkt zu haben und drehte sich zu ihm um. Seine Maske saß perfekt und sein Blick war kühl. Die grauen Augen huschten durch sein Gesicht, bis sie an dem Schal um seinen Hals hängen blieben. Eine deutliche Röte schlich sich auf die zartblassen Wangen.
 

»Du bist wieder da.«, waren die einzige Worte, die Harry fassen konnte.
 

»Ja.«, sagte Draco kühl und wandte seinen Blick zur Seite.

 

»Ich packe Kasper ein und dann gehe ich, du brauchst nicht wieder davon rennen.«, hallten die schneidenden Worte Dracos durch das leere Zimmer, was Harry hastig einen Schritt auf ihn zugehen ließ, bevor er jedoch innehielt.
 

Er hatte sich den ganzen Abend ausgemalt, wie wichtig dieses Gespräch war und nun fehlte ihm der Mut, um einen Schritt weiter auf ihn zuzugehen. Die simple Bewegung hatte schon all seine Kraft von ihm verlangt. Doch Draco schien es zu verstehen, denn er ging nicht. Still stand er da, betrachtete Harry mit diesem undefinierbaren Ausdruck in seinen Augen.
 

»Bitte, Potter. Lass mich einfach gehen. Ich tue dir nicht gut.«, sagte Draco leise, der ebenfalls einen Schritt auf ihn zugegangen war, so dass er nun direkt vor ihm stand.
 

»Ich kann nicht.«, drang es aus Harrys Kehle und er umfasste seine Hand, welche sich kühl in seine eigene schmiegte. Vermutlich war er bis eben noch draußen gewesen. Wo wäre er denn hingegangen? Hatte er vorgehabt irgendwo auf der Straße zu schlafen, obwohl es Menschen gab, die ihn am liebsten verblutend in einer Gasse sehen wollten?
 

Das dumpfe Gefühl in seinem Brustkorb nahm zu und ihm fiel das Atmen schwer. Haltesuchend verstärkte er seinen Griff, was Draco seinen Blick heben ließ.
 

»Ich habe keine Wahl, Harry. Egal wie sehr mich das hier …« Sein Blick fiel auf ihre verschränkten Hände, als er jedoch die Verbindung löste. Draco presste seine Lippen so fest aufeinander, so dass seine Lippen nur noch so breit wie ein Strich waren.
 

»Ich mag es, Potter. Deine verdammte Gegenwart. Dein hoffnungloser Optimismus, welcher mich am Leben hält. Deine trottelige treudoofe Art, die mich immer wieder aufs neue verblüfft. Harry ich …« Er zögerte, schaffte es nicht, dem Blickkontakt standzuhalten und ließ sich seufzend auf das Bett fallen.
 

»Verflucht, Potter. Muss ich das alles wirklich sagen?«
 

Der Sturm in seinen Augen loderte bedrohlich, schien auszubrechen und spiegelte wieder, was in seinem Inneren vorging. Ein Gefühl, welches einen so verrückt machte, dass man vergisst zu atmen. Als hätte der Sturm jegliches Sauerstoffmolekül aus der Luft gesaugt.
 

»Ich mag es auch.«, sagte Harry schließlich und setzte sich neben ihm. Er musste jetzt stark sein, musste Draco die Ruhe zeigen, die er so dringend brauchte.
 

»Ich mag dich.«, ergänzte er leiser und schaute ihm entgegen.
 

»Es geht nicht ...«

 

Draco war ihm so nah, dass er seinen Atem spüren konnte. Er müsste sich nur vor lehnen. Ein kleines, winziges Stück, bis …
 

»Warum?«, fragte Harry ihn und das dumpfe Gefühl kehrte zurück, welches kurz von den Schnatzen in seinem Bauch verdrängt worden war.
 

»Deine Aussage in meiner Verhandlung ...«, begann Draco und faltete die Hände ineinander. Er sah reumütig aus. Ein Anblick, den er noch nie bei dem Malfoyerben gesehen hatte. Er war sich nicht sicher, ob er ihn noch einmal sehen wollte.
 

»Du sollst die ganze Wahrheit wissen, Potter. Ich bin es dir schuldig. Und danach kannst du entscheiden, ob du mich noch in deinem Leben haben willst.« Dracos Stimme klang sachte, vorsichtig, doch Harry konnte nicht ganz verstehen, was er damit meinte.
 

»Deine Aussage hat mich zwar vor Askaban bewahrt, jedoch habe ich strenge Auflagen bekommen, was die Jahre nach meinem Abschluss anbelangt.«, fing Draco an zu erzählen und Harry betrachtete ihn schweigend.
 

»Was für Auflagen?«, fragte Harry. Draco verzog die blassen Lippen zu einem verbitterten Lächeln.
 

»Drei Jahre Zauberstabentzug. Ich darf keine Magie anwenden und werde unter Hausarrest gestellt.« In seinen Worten lag keine Emotion. Sie klangen kalt, als wenn er sein Schicksal bereits akzeptiert hatte.

 

Er würde wie ein Muggel leben müssen. Für drei beschissene Jahre.
 

Harry kannte dieses Leben. Er selbst würde das wahrscheinlich durchstehen, doch Draco hatte sicherlich wenig Ahnung, wie man eine Waschmaschine bediente, oder sich selbst etwas zu essen kochte.
 

»Die Hochzeit.«, sagte Draco und es fühlte sich an, als würde bei der Erwähnung ein Stich durch Harrys Herz fahren. Ein Gefühl, welches ihn erneut ein Stück zurückweichen ließ, mehr Abstand zwischen sie brachte.
 

Draco blickte geistesabwesend auf diese Bewegung und fuhr fort.
 

»Es ist keine romantische Verbindung, Harry.«, sagte Draco atemlos und Harry brauchte einen Moment, um zu realisieren, was er damit eigentlich meinte, doch er verstand es nicht.
 

»Astoria ist todkrank. Sie wird das nächste Weihnachten vermutlich nicht mehr überleben.«, sagte Draco kalt und sein Blick verfinsterte sich.
 

»Ihr Vater zwingt sie der guten Ehre Willen noch zu heiraten. Wir kennen uns seit Kindheitstagen und hatten uns damals bereits mit 11 Jahren aus Spaß verlobt gehabt. Ich wollte ihr helfen. Sie war das schüchterne Mädchen, was bei Festen in der Ecke stand und zu viel Angst hatte, jemanden anzusprechen. Ich konnte sie verstehen, weißt du? Die Gesellschaft der Reinblüter ist beängstigend. Viel zu viele falsche Werte und Traditionen, die insbesondere bei solchen Veranstaltungen aufeinander prallen.« Seine Hand suchte nach Harrys, doch er hatte seine Faust um die Kette geballt, die in seiner Tasche lag.
 

Seufzend hob Draco seinen Blick und sah nach Kasper, welcher mittlerweile ein wohlig gurrendes Geräusch von sich gab. Er schien eingeschlafen zu sein.
 

»Wir haben uns mit dem Deal gegenseitig geholfen. Sie muss keinen Widerling heiraten, der sie zu irgendwas zwingen würde und im Gegenzug hilft mir ihr Vater meine Mutter früher aus dem Gefängnis zu befreien.« Nervös nestelte Draco mit seinem Zeigefinger an dem Stoff der Bettdecke.
 

»Das war zumindest sein Versprechen.«, sagte er und Harry konnte Zweifel in seinem Ausdruck erkennen.
 

Seine Gefühle in seinem Inneren überschlugen sich. Bedeutete das, dass Draco keine Gefühle für Astoria hatte? Dass es eine Scheinehe für den Zweck war? Bedeutete das …
 

»Und dann bist da du.« Nun sah er ihn direkt an. Sturmgrau traf auf hellgrün und Harry konnte spüren, wie sein Puls an seiner Halsschlagader pochte.
 

»Draco ...«, fand er endlich seine kratzige Stimme wieder. Sein Hals fühlte sich trocken an und er glitt mit seiner Zunge nervös über seine Zähne.
 

»Dieser Deal. Es wäre als ...« Würdest du dich verkaufen. Für das Wohl deiner Familie. Beendete er seine Worte in seinen Gedanken.
 

War es ihm überhaupt erlaubt, darüber zu urteilen?
 

Über diesen Mann zu urteilen, der erneut in eine für ihn aussichtslose Situation geraten war. Von dem verlangt wurde, dass er den letzten Rest seines eigenen Daseins aufgab, um seiner Familie den gebührenden Respekt zu zollen. Ein Mann, der dazu verdammt war seine Bestimmung erfüllen zu müssen, da es einfach von ihm erwartet wurde.
 

Harry konnte seine Situation nachempfinden.
 

»Heirate sie nicht.«, sagte er die Worte, die ihm auf der Zunge lagen. Er hatte genug gezweifelt. Er wollte für diesen Mann da sein. Für seinen ehemaligen Feind, welcher ihn noch irgendwann um den Verstand bringen würde.
 

»Ich könnte mit dem Minister-«, wollte Harry sagen, doch Dracos zischende Worte unterbrachen ihn.
 

»Nein, Potter! Ich stehe verdammt nochmal genug in deiner Schuld.«
 

Harry betrachtete den schnaubenden Slytherin und fragte sich, ob dieser je in der Lage sein würde, die Mauer die ihn umgab, einzureißen.
 

»Wenn ich eine Aurorenausbildung anfangen würde, dann hätte ich Einfluss auf den Minister.« Harry schaute Draco mahnend an, als dieser ihn wieder unterbrechen wollte. Doch er klappte seinen Mund wieder zu und ließ Harry ausreden.
 

»Er will Einfluss auf mich haben. Ich denke ich könnte dafür einen Gefallen einfordern, Draco. Zum Beispiel deiner Mutter einen neuen Prozess zu besorgen. Eine neue Chance.« Die letzten Worte hatte Harry nur noch gehaucht.
 

Er war bereit dazu. Bereit, Draco aus diesem Leben zu befreien, seiner Mutter, die ihm in dem Wald das Leben gerettet hatte, die Freiheit zu schenken, kam ihm nicht falsch vor. Es fühlte sich richtig an. Dann würde er halt vor dem Minister kuschen und ein bisschen Drecksarbeit machen. Das schaffte er schon.
 

Doch wachsame grausilberne Augen betrachteten Harry nachdenklich.
 

»Also willst du deine eigene Freiheit opfern, damit du mich aus meinem Leben als kleines Zahnrad im Getriebe befreien kannst? Bist du verrückt?« Dracos Hand legte sich sachte an seine Wange.
 

»Ich könnte dieses Opfer nie von dir verlangen, Harry. Du weißt, dass auch ich meinen Stolz habe. Und wenn es deine Lösung ist, vor mir ins Kreuzfeuer zu springen, um mich aus einem Dilemma zu retten, kann ich das nicht gutheißen.« Harry konnte fühlen, dass Dracos Daumen sachte über seine Haut strich, an seinem Hals herunter wanderte und auf seiner Schulter zum liegen kam.
 

Die Berührung war sanft, brannte jedoch unangenehm auf seiner Haut.
 

Doch wie sollte er ihm dann helfen?, fragte er sich und sah so viel Schmerz in den grauen Augen, welche ihn weiterhin musterten.
 

»Ich weiß einfach nicht, was ich tun kann.«, seufzte Harry schließlich atemlos und neigte seinen Kopf gegen Dracos Schulter. Er konnte den pochenden Herzschlag hören.
 

Es ging ihm nicht alleine so. Auch Harrys Herz schlug vehement und nachdrücklich gegen seinen Brustkorb und die Erkenntnis, dass es Draco genau so ging, beruhigte ihn auf eine komische Weise. Es war doch komisch oder? Sie waren Feinde gewesen, Rivalen, standen auf verschiedenen Seiten und nun wollte er nichts lieber, als diesen Mann vor ihm glücklich sehen.
 

Auch wenn das bedeutete, dass er nie der Partner an Dracos Seite sein konnte.
 

»Lass mich dir wenigstens helfen, das alles in den Griff zu kriegen. Den Trank, das mit deiner Mutter. Ich will …«, sagte Harry und versank in den Augen seines Gegenübers, der mit sich zu hadern schien. Er fragte sich, wie lange er diesem Mann wohl insgeheim schon verfallen war.
 

»Ich will Teil deines Lebens sein, auch wenn …« Er zögerte, tat es weh, es wirklich auszusprechen, doch Dracos plötzliches Lächeln ließ ihn aufmerksam werden.

 

»Ich werde es niemals schaffen, dir zu entkommen. Oder, Potter?«, seufzte er und lehnte sich gegen ihn. Es war, als wenn eine Last von seinem Herzen fiel. Das war ein Ja, oder? Das war definitiv ein Ja.
 

»Kann ich dann wieder hier einziehen?«, nuschelte Draco an seinem Kragen und Harry beobachtete wie sich durch die Bewegung die seidigen Haare etwas verstrubbelten.
 

Dracos Nähe fühlte sich verboten intim an, ging ihm durch Haut und Haare, doch er musste sich beherrschen. Dies war der richtige Moment, eine Möglichkeit, die sich ihm darbot.

 

Auch wenn es eine dreiste Lüge war.
 

»Unter einer Bedingung.«, sagte Harry und versuchte sich etwas gerader hinzusetzen, wodurch Dracos Kopf von seiner Schulter rutschte. Er legte seinen Kopf schief, als wenn er gerade darüber protestieren wollte, doch Harry hatte gepokert und hoffte, dass ihn Draco nicht durchschauen würde.
 

»Na gut, was ist die Bedingung?«, fragte der er, eine Augenbraue in die Höhe gezogen und Adrenalin schoss durch Harrys Körper.
 

»Du nimmst das entgegen, ohne mich nach den Gründen zu fragen.«

 

Er zog die silberne Kette aus seinem Umhang. Die feinen Glieder der Kette hatten sich an einigen Stellen leicht verknotet, weil er sie so in der Tasche transportiert hatte, aber man konnte den Anhänger gut sehen. Der kleine silberne Drache umschloss mit großen Klauen den schönen Smaragd. Dracos Augen fixierten das Geschenk ungläubig und weiteten sich, als er zögernd die Hand danach ausstreckte.
 

»Keine Fragen.«, erinnerte ihn Harry, als Draco den Mund aufmachen wollte, um etwas zu sagen.
 

»Frohe Weihnachten, Draco.«
 

Draco war wie erstarrt, wiegte den Anhänger sachte zwischen den Fingern, wie etwas unglaublich Zerbrechliches. Dann suchte er nach Harrys Blick und als sich ihre Augen begegneten, konnte Harry ehrliche Freude in ihnen sehen. Freude daran, dass Harry an ihn gedacht hatte, doch sein Blick verdunkelte sich erneut.
 

»Ich habe gar nichts … ich meine ...«, stammelte Draco und sah sich hilfesuchend herum, als suche er nach einer greifbaren Lösung um nicht schon wieder in seiner Schuld zu stehen. Doch Harry konnte nur auf die Lippen starren, welche wenige Zentimeter vor ihm zu beben schienen.
 

»Ich hätte einen Wunsch.«, sagte Harry schließlich, näherte sich ihm. Er konnte seinen Atem auf seinen Lippen spüren.

 

Wieder nur einige Zentimeter.
 

»Ein Kuss.«, hauchte er und spürte, wie Draco unter ihm erschauderte. Gänsehaut zog sich durch seinen Nacken.
 

»Das hier .. das ist nicht möglich, Harry. Es ist so unglaublich irrational und kompliziert, dass es nie funktionieren würde.«
 

Sein ganzer Körper spannte sich an. Er hielt einen Moment inne. In dieser berauschenden verwirrenden Zwischenwelt, in der sie zu schweben schienen. Harry wollte das Draco es tat und er wurde nicht enttäuscht als dieser schließlich die letzten Zentimeter überbrückte, um seine Lippen hauchzart auf seine zu legen.
 

Der Kuss war sanft, fast schon keusch und schneller vorbei, als es Harry lieb war.
 

Sie ließen sich fallen, sanken in die Bettlaken. Erschöpft von all dem Chaos in ihrem Inneren und die Last die über ihnen schwebte. Ohne es weiter zu hinterfragen ließ er seinen Kopf auf den Brustkorb des Slytherin fallen und atmete den Geruch von schwarzem Tee ein, welcher seine Sinne wieder zum Leben erweckte.
 

»Lass uns bitte jetzt gerade etwas irrational sein … «, hauchte er an Dracos Halsbeuge. Das pochende Schlagen seines Herzens, welches immer wieder an seinem Ohr pulsierte, war das Letzte, was Harry wahrnahm.
 

Seine Augen schlossen sich, eingenommen von der Wärme und der verbotenen intimen Umarmung, in die er seinen ehemaligen Feind gezogen hatte. Nur für heute Nacht wollte er es genießen.
 

»Frohe Weihnachten, Potter.«, flüsterte Draco neben ihm und ein leichtes Lächeln schlich sich auf Harrys Lippen.
 

 
 

~~~*~~~

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  cheron
2023-05-09T15:38:31+00:00 09.05.2023 17:38
Hallo :)

Nach langer Zeit komme ich auch mal wieder zum Lesen und schreiben^^
Ich persönlich habe kein Problem damit, dass das Kapitel länger geworden ist ;)

Das Weihnachtsfest bei den Weasleys ist wie man sich ein Fest bei den Weasleys vorstellt ^^ Herzlich, liebevoll und auch etwas chaotisch.
Harry hätte sich bei dem Geschenk für Ginny vllt etwas mehr Gedanken machen sollen, was er ihr zu Weihnachten schenkt. Ein Missverständnis hierbei war schon vorprogrammiert beim verschenken von Schmuck.

Dies führt zu einer erneuten Flucht von Harry, welche aber durch das Gespräch mit George aber zu einem guten Ende führt, sodass er den nötigen Mut aufbringt, um zu Draco zurückzukehren.

Und hier wird es dann richtig emotional. Beide hat es voll erwischt, was ihre Gefühle füreinander angeht. Und beide gestehen sich in diesem Kapitel mehr oder weniger direkt ihre Liebe zueinander und von Seiten von Harry spräche auch nichts dagegen.

Dafür mauert Draco und versucht Harry auf Abstand zu halten.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Draco noch nicht alle Details zu dem Deal, den er mit Astorias Vater geschlossen hat, Harry gegenüber offenbart hat.

Jetzt bin ich erstmal gespannt, wie sich das zwischen den Beiden weiterentwickelt. Ich denke nicht, dass bei dem einen Kuss in der nächsten Zeit bleiben wird.

So dass solls erstmal gewesen sein :)

Alles Gute und bis zum nächsten Kapitel.
Antwort von:  Refaye
09.05.2023 17:49
Hallöchen :)

Find's echt klasse, dass du hierher zurück gefunden hast :) Ja das Kapitel ist doch sehr emotional und eine Achterbahn der Gefühle für Harry. Doch im Endeffekt mag ich dieses Kapitel sehr gerne, weil Harry sich erstmal selbst eingesteht, dass er zumindest etwas für Draco empfindet. Auch wenn es nicht direkt ist :p

Freut mich dass dir die Weihnachtsatmosphäre gefallen hat, habe mir hier wirklich Mühe gegeben und mir vorgestellt, wie so eine Feier im Fuchsbau ablaufen würde. chaotisch ist da ein gutes Wort, haha.

Danke danke für deine Treue und dass du deine Gedanken mit mir teilst. Es ist immer wieder eine Bereicherung und ich habe mich sehr gefreut!

Alles Liebe
Refaye
Von:  Animegirl1224
2023-03-22T19:54:11+00:00 22.03.2023 20:54
Hallo :-)
Bitte entschuldige den verspäteten kommentar. Ich bin heute erst dazu gekommen das neue kapitel in aller ruhe zu lesen.
Und es ist wie immer mehr als gelungen. Und dieses mal auch kein böser cliffhänger.
Die weihnachtsatmoshäre zu beginn hat mir sehr gefallen. Herzlich und warm. Top! Gut dazu auch der kontrast zu dem was in harry gefühlsmäßig vorgeht.
Schön, dass es george ist, der es auf den punkt bringt. "Wenn du ihn liebst, warum bist du nicht bei ihm"
Ich muss gestehen ich bin gar nicht auf die idee gekommen, dass draco gegangen sein könnte nachdem harry ihn einfach so hat stehen lassen.
Harry tat mir so leid als er das ganze haus durchsucht hat. Ich habe richtig mitgelitten. Und dann der schal unter dem kopfkissen. Es schien so endgültig. Wirklich klasse geschrieben.
Und als draco dann nach seinem kautz ruft, ich hatte so ein grinsen im gesicht, weil er doch noch da war.
Generell bin ich als verfechter des pairings im zweiten teil voll und ganz auf meine kosten gekommen. So schön gefühlvoll geschrieben.
Mir hat gut gefallen dass draco seine motive versucht hat zu erklären. Ich war nur etwas verwirrt weil die gründe die er nannte warum das zwischen den beiden nicht sein kann, fand ich jetzt nicht so unüberwindbar bzw. Gravierend. Ich hatte das gefühl er versucht sich selbst das irgendwie einzureden und ist zu stolz sich helfen zu lassen. Nichtsdestotrotz sehr schön die intimen momente zwischen den beiden. Hach...einfach schön. Eines meiner lieblingskapitel bisher. Und ich wette harry schläft das erste mal einen erholsamen schlaf ohne alpträume....
So, ein langer kommentar. Es war aber auch ein langes kapitel.
Bis nächste woche.
Antwort von:  Refaye
22.03.2023 21:49
Hallöchen!
Hab mich total gefreut als ich gesehen habe, dass du kommentiert hast. Allgemein fand ich dieses Kapitel sehr schwierig, vermutlich das schwierigste zu schreiben bisher. Es passiert so viel und die Gefühlswelten der Charaktere prallen alle aufeinander. Mir war es so wichtig, das richtig zu formulieren und ausdrücken zu können, dass ich umso mehr mich darüber freue, dass es gut ankommt.

Ich hatte kurz überlegt gehabt, das Kapitel zu teilen fand es aber dann falsch die Szene zwischen Harry und Draco nicht mit rein zu nehmen. Sie ist so wichtig, weil beide irgendwo einen Schritt aufeinander zugehen.

Freue mich, dass es dir gefällt und wünsche dir weiterhin gute Unterhaltung mit der Geschichte.
Bis nächste Woche
Refaye :)
Von:  Ryosae
2023-03-21T09:45:37+00:00 21.03.2023 10:45
Hallöchen!
Bin vor circa einer Woche auf deine wunderbare Geschichte durch Zufall gestoßen.
Deine Art zu schreiben gefällt mir wirklich sehr! Der Lesefluss ist so gut, dass dieses große Kapitel in einem Rutsch durchgelesen war und man sich dachte: Hä? Wo ist der Rest?! xDD
Ich liebe Drarry und wirklich gute FF's sind schwer zu finden.
Mach bitte weiter so! Ich würde sehr gerne das Ende erfahren.

LG
Ryo
Antwort von:  Refaye
21.03.2023 17:46
Hey Ryo :)
Danke für das nette Kompliment und dass du dir die Zeit genommen hast, einen Kommentar zu hinterlassen.

Ich freue mich, dass dir die Geschichte bisher gefällt. Ja, gegen längere Kapitel haben wahrscheinlich die wenigsten was einzuwenden, haha. Ich hatte auch überlegt es in zwei Teilen zu schreiben, fand es dann aber irgendwie falsch und hab mich dagegen entschieden.

Würde mich freuen, wenn ich wieder von dir lesen darf ;) ansonsten wünsche ich dir natürlich weiterhin viel Spaß und gute Unterhaltung.

Bis dahin
Refaye


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