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Angeama - Es war einmal

von
Koautor:  -Alice-

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallihallo liebe Leser und Leserinnen,

wir sind es, -Alice- und hatchepsut. Wir heißen euch bei unserem Gemeinschaftsprojekt herzlich Willkommen. ;)
Wir haben uns zusammengetan, um euch eine einzigartige Geschichte zu präsentieren. Sie wird euch zum Lachen und Weinen bringen, sie ist spannend, abwechslungsreich und stellt Dinge, die ihr bis jetzt gedacht habt zu wissen, vollkommen auf den Kopf. Kurzum sie hat alles, was euer Herz begehrt.

Sie wird uns in die mystische Anderswelt der Kelten führen, in Grimms und Andersons Fußstapfen treten lassen, die griechische Heldensagen auf den Kopf stellen und uns bis in den tiefsten Schnee Russlands eindringen lassen. Außerdem haben wir bei unserer Suche nach Material keine Kosten, Mühen und Distanzen gescheut und sind auf andere Planeten geflogen, auf denen wir lang vergessene Saiyajin-Sagen und Mythen ausgebuddelt, gefunden und verarbeitet haben.

Dies alles wollen wir euch in „Angeama – Es war einmal“ präsentieren.

Außerdem räumen wir mit Klischees, Vorurteilen und falschen Begebenheiten auf und erzählen euch die Geschichten, Erzählungen und Märchen wie sie wirklich passiert sind. Hier wird euch die brutale Wahrheit erzählt, zum Beispiel wie Aschenputtel tatsächlich ihren Schuh verloren hat oder die Wahrheit hinter dem Trojanischen Pferd.

Ihr seid neugierig geworden?
Dann freuen wir uns euch als Leser begrüßen zu dürfen. =)

Im Anschluss und bevor es mit dem ersten Kapitel losgeht, möchten wir euch noch kurz erklären, wie wir an dieses Projekt herangegangen sind und wie sich unsere gemeinsame Zusammenarbeit gestaltet:

Als aller Erstes haben -Alice- und hatchepsut festgestellt, dass ihre Wellenlängen in vielen Bereichen sehr synchron verlaufen. Aufgrund dieser kompatiblen Vorlieben (^^) lag der Gedanke nahe zusammen an dieses Projekt heranzugehen und zwar nicht indem man einzeln schreibt, sondern indem wir kurze Seiten schreiben, in denen der andere noch herumwerkeln darf. Wir können euch also nicht mehr sagen, wer was geschrieben hat, weil eben jeder beim Geschreibsel des anderen seinen Senf hinterlassen hat.
An folgendem Beispiel seht ihr, wie wir das meinen:

hatchepsut schreibt: „Son Goku setzte zu einem Kamehameha an und Vegeta wich dem geschickt aus, katapultierte sich durch die Luft und revanchierte sich mit einem Tritt in den Rücken.“
-Alice- pfuscht in dem Satz herum: „Son Goku formte seine Hände vor seinen Körper zu einem Kamehameha und Vegeta wich dem geschickt mit einem eleganten Salto aus, katapultierte sich durch die Luft und revanchierte sich mit einem Tritt in Kakarotts Rücken.“

Ihr seht also, es ist selbst uns im Nachhinein unmöglich zu sagen, wer am Ende wirklich was geschrieben hat und wir merken es selbst maximal an kleinen Formulierungen. Auch haben wir uns dafür entschlossen den Aufbau und die Formatierung von -Alice- Geschichte/Geschichten, für dieses Projekt, zu wählen.

Was den Rythmus des Postens angeht, so werden wir die ersten Kapitel wöchentlich veröffentlichen, danach versuchen wir in einem zwei- bis dreiwöchigen Rhythmus zu posten. Je nachdem wie wir voran kommen, kann sich das allerdings auch bis zu einem Monatsrythmus steigern. Das müssen wir dann erst mal sehen, wie wir mit unseren Zeiten hinkommen. Länger als einen Monat wird die Distanz zwischen den Kapiteln aber nicht sein.

Außerdem wird im weiteren Verlauf unseres Projektes eure Mitarbeit gefragt sein, denn ihr könnt uns mitteilen welche Sage/Erzählung/Märchen ihr gerne in Angeama lesen wollen würdet. Wenn wir einen solchen Punkt in der Geschichte erreicht haben, werden wir euch das am Ende des jeweiligen Kapitels mitteilen. Euch steht es dann frei uns dies in einer Nachricht oder einem Review mitzuteilen. Wir würden euch dann zum Beispiel drei Möglichkeiten zur Auswahl geben und die am meisten von euch Genannte wird im näheren Verlauf vorkommen. Wir freuen uns jetzt schon auf diesen Punkt in der Geschichte und die daraus resultierende Interaktion mit euch. =)

Also scheut euch bitte nicht hier mitzugestalten und eure Meinungen, Lob, Kritik, what ever, uns mitzuteilen. ^^

In diesem Sinne sehen wir uns in „Angeama“. ;)

Eure -Alice- und hatchepsut Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallihallo alle zusammen, hier sind Saphira Alice und Hatchepsut =)

Wir wünschen Euch allen schon mal eine schöne Adventszeit in diesen schwierigen Zeiten, dass ihr sie alle trotz der Umstände genießen könnt und hoffen, mit unserem Weihnachtsspecial können wir Euch das Ganze noch etwas versüßen. Das gibt es nämlich zu jedem Advent, dafür werden wir es dann aber leider im ersten Quartal des nächsten Jahres etwas ruhiger angehen lassen.

'Advent, Advent ein Lichtlein brennt,
erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier,
dann steht Vegeta vor der Tür
und wenn das fünfte Lichtlein brennt,
dann hat es Goku wohl verpennt,
Vegeta, nun mehr Arbeit so allein
denkt sich, das kann doch wohl nicht sein
er runzelt nur noch seine Stirn
und wünscht für Goku mehr Gehirn,
denn sonst siehts trüb für beide aus
und sie kommen aus Klaus nicht raus.'

In diesem Sinne also, lassen wir die Weihnachtsgeschichte mal beginnen!
*Mit Schneekonfetti um sich werf*
Eine schöne Adventszeit Euch allen, eure SaphiraAlice und Hatchepsut o/ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Mauchen und hallihallo ihr Lieben =)

Wir sind es wieder, die gute Hatchepsut und Alice. Wir melden uns im Jahr 2022 zurück mit einem frohen Neuen und müssen uns, glaube ich, erst einmal entschuldigen. Oder Alice? *zu ihr schaut und sieht, dass Alice sich bereits auf den Boden geworfen hat und verzeihend die Hände über den Kopf gefaltet hat* *sich irritiert und blinzelnd wieder den Lesern zuwendet*
Also ja, ähm, wir haben euch nämlich seit dem letzten Kapitel ganz schön lange warten lassen und das ausgerechnet wo nun euer Wunschmärchen dran ist ... und davor gibt es auch noch ein Zwischenkapitel. *Hände vors Gesicht halt und Kopf schüttel* *Alice wollte sich gerade wieder aufrichten und wirft sich gleich wieder entschuldigend auf den Boden*
Es tut uns echt leid und wir hoffen ihr verzeiht uns das.

Die Arbeiten für das Weihnachtsspecial letztes Jahr haben uns doch sehr auf Trab gehalten, so dass wir die meisten unserer eigenen Projekte hintangestellt haben. Da mussten wir nun erst einmal viel aufholen. Alice und ich sind ja über Angeama hinaus auch noch sehr beschäftigt und ... nun ja, ein richtiges Leben haben wir ja auch noch. ^^' Ehrlich ...
Es wird bei Angeama deswegen auch erst einmal in einem Monatsrythmus immer zum 15zenten des Monats weiter gehen, bis wir uns hoffentlich wieder ein kleines Polster erschrieben haben; die Weihnachtszeit war nämlich schon ein wenig stressig. ^^° So, hab ich was vergessen? *grübel* Alice? Hab ich was vergessen?

*den Kopf anhebt* Ähm… *sich auf die Knie zurückkämpft und den Staub von den Klamotten klopft* *die erwartungsvollen Blicke sieht* Also, ähm, glaub nicht. *sich gleich mal verlegen am Hinterkopf kratzt* Oh, doch! Da fällt mir ein, wir wollen uns auch gaaanz herzlich für die hinzugekommen Favoriten und Sternchen bedanken. Das ist jedes Mal so ein richtiges, kleines Highlight für uns. Vielen Dank! =)

So, aber nun, da das Vorwort wohl schon lange genug ist und wir euch vom Lesen des nächsten Kapitels jetzt auch lange genug abgehalten haben, sollten wir wohl endlich damit starten. Wie Hatchepsut ja schon sagte, folgt hier noch nicht euer Wunschmärchen, ABER vielleicht gibt es ja in diesem Kapitel schon den Hinweis darauf, welches Märchen sich die Mehrheit von euch gewünscht hat. *breit grins* Na? Seid ihr gespannt, was es geworden ist? *der fliegenden Katze aus dem Publikum ausweicht* Okay, okay, bin ja schon ruhig. Ich wollte ja nur sagen, dass - *der nächsten Katze ausweicht* Aaaalles klar, hab’s verstanden. Na dann, los geht’s! Viel Vergnügen! *Hatchepsut schnell von der Bühne schiebt und ihr zuflüstert* Ich glaub, wir haben sie echt zu lange warten lassen… Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Werte Leserschaft,

hier sind wir schon wieder mit einer kurzen Zwischenmeldung, bevor wir in das neue Kapitel und damit ins neue Abenteuer von Goku und Vegeta starten. Nun, leider haben wir diesmal nicht so schöne Neuigkeiten zu verkünden und müssen damit auch das ein oder andere revidieren, dass wir im vorigen Kapitel angekündigt hatten.

Angesichts der jüngsten weltpolitischen Entwicklungen hat es sich leider ergeben, dass dieses sogenannte Privatleben, von dem wir das letzte Mal gesprochen haben, unsere vorhandene gemeinsame Schreibzeit auf ein Minimum beschränkt hat. Deswegen sind wir leider seit unserem letzten Update kaum dazu gekommen uns Angeama zu widmen.
Wir sind natürlich bemüht, trotz all unserer privaten Umstände, die Geschichte weiter zu verfolgen und wollen und werden sie auch nicht abbrechen, nur unsere regelmäßigen Updates wird es vorerst nicht mehr geben. Wann genau also die nächsten Kapitel erscheinen werden, können wir beim besten Willen noch nicht sagen.

Wir hoffen natürlich sehr auf euer Verständnis und dass ihr, trotz einer nun wohl länger andauernden Pause, Angema und unseren beiden Lieblings-Saiyajins treu bleiben werdet.

Nun aber, trotz aller Widrigkeiten, das erste Kapitel zu eurem Wunschmärchen. Wir hoffen sehr, dass es zumindest ein kleiner Trost ist und die Wartezeit bis zur Fortsetzung ein klein wenig überbrücken kann.

In diesem Sinne, wünschen wir euch nun viel Vergnügen beim Lesen!
Auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen,
eure Hatchepsut und SaphiraAlice Komplett anzeigen

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Das Buch Angeama

Es war einmal an einem Tag, der schöner kaum hätte sein können, in einem großen Gebäude in der westlichen Hauptstadt. Die Vögel sangen auf den Ästen, die Fische schwammen munter im Teich und der Himmel strahlte in dem wunderschönsten Blau, das die Erde zu bieten hatte. Eine leichte Brise bewegte die Äste und Zweige und diese friedliche Atmosphäre bescherte jedem ein entspanntes Glücksgefühl. Jedem, außer einer Person, die mit mürrischem Gesicht am Küchentisch saß und gedankenverloren ihr Croissant in ein Glas voller Orangenmarmelade tauchte.
 

Für ihn war es ein Tag wie jeder andere seit der große Dämon Boo besiegt worden war. Ein weiterer friedvoller Tag auf Erden, der dem mürrischen Saiyajin keinerlei Abwechslung zu bieten hatte. Eintönigkeit hatte sich in sein Leben geschlichen. Aufstehen, Zähne putzen, Anziehen, Essen, Trainieren, Essen, Schlafen. Tag ein, Tag aus.
 

Trunks und Bulma stritten sich mal wieder, aber er hatte sich angewöhnt den Diskussionen zwischen seiner Frau und seinem Sohn, so früh am Morgen, gar nicht mehr zuzuhören. Sie häuften sich, wurden immer eskalierender, doch er hatte eine Meisterschaft darin entwickelt, sie auszublenden. Schule und Hausaufgaben waren einfach Dinge, die den stolzen Saiyajin, den Prinzen dieser Rasse, so gar nicht interessierten. So hatte er sein Kinn auf seine Hand gestützt und blickte aus dem Küchenfenster. Er verlor sich im Blau des Himmels und seine Augen folgten den herabfallenden, rötlichen Blättern, welche verwelkt und tot gen Boden sanken. Zwar mochte dieser sonnige Tag frühlingshaft, gar sommerlich wirken, doch in Wahrheit war es Herbst. Und er ging jede Wette ein, dass diese leichte Brise, die da draußen wehte, schon ziemlich kalt war.
 

Vielleicht war dies gar kein so schlechter Gedanke. Ein schneller Flug durch den Himmel, kalter Wind an seinem Körper, der die Lethargie aus seinem Verstand vertrieb. Immerhin war es nun mehr als ein Jahr her, seit er seiner letzten großen Herausforderung gegenüber gestanden hatte. Seit er sein Ziel, dem er so viele Jahre hinterher gejagt war, verloren hatte. Ja … Kakarott war die Nummer Eins. Und er? Die Nummer Zwei? Endgültig? Unwiderruflich?
 

War es das denn wirklich schon gewesen? Seine eigene Geschichte … die des großen Prinzen der Saiyajins … war sie vorbei? Erledigt? Beendet? Es schien so. Zumindest war nichts passiert, vorgefallen, eingetroffen, was ihn eines Besseren belehrt hätte.

Das Croissant verschwand wieder in der orangenen Marmelade, verlor einige Krümmel, bevor es den endgültigen und gnadenlosen Weg zwischen seine Zähne fand. Was war geblieben? Von ihm? Von seinem Stolz? Seinen gigantischen Ambitionen?
 

Am Ende war er einer von ihnen geworden. Lebte sein Leben, trainierte einzig und allein dafür, in Form zu bleiben, falls irgendwo, irgendwann vielleicht eine erneute Bedrohung über sie hereinbrechen würde. Und wenn es das nicht würde? Wofür lebte er dann eigentlich…? Für seine Familie? Für die Erde? Was hielt ihn aufrecht? Was spornte ihn an? Wohin sollte ihn sein Weg überhaupt führen? Was war das Ziel seiner Existenz?
 

„Schachmatt.“, flüsterte er leise und seine Augen folgten, völlig in seinen Gedanken versunken dem letzten Rest Croissant in die Marmelade und dann in seinen Mund. Ob er nun sich selbst meinte, oder das Stück Teig, das er grade hinunter schluckte, wusste er selbst nicht. Der bittere Geschmack der Orangenmarmelade lag ihm noch im Hals, als ein wehmütiger Seufzer seine Lippen verließ. Augenblicklich setzte er sich ruckartig auf und auch sein Verstand schien sich zu entschließen, den Nebel seiner zermürbenden Gedanken zu verlassen und wieder klarer zu werden.
 

Vegeta war selbst überrascht, dass ihm so etwas passiert war. Noch mehr jedoch darüber, dass es still geworden war. Er hob seinen Kopf und blickte sich in der Küche um. Bulma und Trunks waren nicht mehr da. Sie mussten ihren Streit in ein anderes Zimmer verlagert haben, was Vegeta wohl völlig entgangen war. Er zuckte mit den Schultern, schnappte sich noch ein Croissant und verließ die Küche. Es war Zeit seinen Alltag zu bestreiten, damit er sich abends ins Bett legen konnte und seine Gedanken endlich aufhörten, sich immer wieder um dasselbe zu drehen.
 

Als sein Weg durch die große Eingangshalle der Capsule Corporation führte, drangen dieselben lauten, schreienden Stimmen von Bulma und Trunks an seine Ohren, die er vorhin so ausgezeichnet hatte ausblenden können. Je älter sein Sohn wurde, umso heftiger tobten auch die Auseinandersetzungen mit Bulma. Dann hörte er eine Tür zuknallen und es wurde wieder still. Vegeta blieb mitten in der Halle stehen und schloss, das Croissant noch im Mund, seine Augen. Da war dieses Gefühl wieder, dass ihn immer öfter völlig überraschend übermannte. Ein Gefühl, dass er sich nicht mehr bewegen konnte. Das er keine Luft mehr bekam. Das er am Ersticken war.
 

Nur unter Aufbietung all seiner Selbstbeherrschung konnte er dieses Gefühl wieder in sich einsperren und seine Augen öffnen. Sein Blick fiel zum Ausgang. Er fixierte die Tür, die in die dahinterliegende Freiheit führte … er wich zurück. Was war das denn für ein seltsamer Gedanke gewesen…?
 

„VEGETA!“, ertönte plötzlich Bulmas Stimme hinter ihm, die ihn zusammenzucken ließ und er sich fast an dem Croissant verschluckt hätte. Hustend und nach Luft ringend, weil Teile des blättrigen Teiges in seine Luftröhre gekommen waren, drehte er sich um.

„Was ist denn?“ Sein Tonfall, als er seiner wütenden Frau entgegen blickte, war auch nicht wirklich … freundlich zu nennen.

„Es reicht mir mit DEINEM Sohn!“

Vegeta hob eine seiner Augenbrauen skeptisch nach oben. Sein Sohn? Das konnte nichts Gutes bedeuten …

„…MEIN Sohn?“

„Ja, DEIN Sohn!“

Sie tippte ihm mit dem Zeigefinger auf die Brust und funkelte ihn an. Unter anderen Umständen hätte ihm dieses kampflustige Funkeln in ihren Augen gefallen. Aber in letzter Zeit war es einfach nur noch … ermüdend. Er brauchte Abwechslung … einfach etwas anderes.

Als er nicht reagierte, warf Bulma die Arme in die Luft.

„Da sieht man mal wieder, was dabei herauskommt, wenn man einen Teil der Erziehung euch Saiyajins überlässt! Chichi hatte schon recht mit ihren Warnungen. Ich hätte Trunks nicht so oft mit dir trainieren lassen sollen! Du hast dem Jungen nur Flausen und Mist in den Kopf gesetzt!“

„...ICH soll ihn verzogen haben?!“

„Ja, DU! Ständig dieses antiautoritäre Rumgeklobbe und das Gerede von Stolz, Freiheit und was es nicht für eine Ehre ist ein Saiyajin und noch dazu der Sohn eines SaiyajinPRINZEN zu sein! Dieser ganze Müll hat nur dazu geführt, dass er sich jetzt von Niemandem mehr etwas sagen lässt und seine Hausaufgaben nicht machen will!“
 

Eine Braue des stolzen Prinzen zuckte gefährlich, als er die unterschwellige Ironie und den Sarkasmus heraushörte, den Bulma in die ganze Erklärung gelegt hatte. Ihm gefiel nicht, was sie damit andeutete und nachdem sie nun mit gestikulierenden Armen vor ihm auf und ab gegangen war, jene nun in die Hüften stemmte und ihn ansah, als erwarte sie eine Reaktion, ließ er sich noch einmal dazu herab ihr entgegen zu kommen.
 

„…und?“

„Und? UND?! Vegeta ist das dein Ernst?! Wie wäre es, wenn du mich bei der Erziehung deines Sohnes auch endlich mal unterstützt?!“

Vegetas Mundwinkel zuckte. „Hast du nicht gerade gesagt, dass alles was ich mache, dir nicht passt?! Entscheid dich mal, was du willst!“

Nun war es an Bulmas Augenbraue zu zucken.

„Okay mein Freund.“ Sie hob drohend ihren Zeigefinger und Vegetas Miene verdüsterte sich. Er hasste es, wenn sie so drauf war.

„Schluss mit den Spielchen! Du gehst jetzt zu deinem Sohn und sorgst dafür, dass er seine Hausaufgaben macht! Und zwar genau die, die er zu tun hat! Und wenn ich morgen wieder von seinem Lehrer angerufen werde, weil er sie nicht hat, dann kannst du dein Training in der Gravitationskammer vergessen!“

Das war’s. Er hatte genug. Er ließ sich doch nicht von seiner Frau erpressen!

„Ich werde ganz sicher nicht...“

„DU wirst! Er ist nicht nur mein Sohn! Aber gut! Wie du willst!“, zischte Bulma, doch plötzlich änderte sich etwas in ihrem wütenden, aufgebrachten Blick. Ein gefährliches Funkeln blitze in ihren Augen auf, das Vegeta stutzig werden ließ. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah Vegeta herausfordernd an.

„…wenn du unbedingt möchtest, dass dein Sohn, der Semisemiprinz der Saiyajins in der Schule versagt, durchfällt und ausgelacht wird, dann bitte! Aber eines solltest du wissen, Vegeta. Son Goten hat Top-Noten in der Schule und wenn Trunks sitzen bleibt, dann hätte Goten aufgeholt und ihn überholt, weil ER ist noch nicht sitzen geblieben und musste etwas wiederholen.“
 

Für einen kurzen Moment weiteten sich Vegetas Augen. Dann verschränkte er seinerseits die Arme und grummelte. Die aufgestaute Wut auf seine Frau war verpufft, denn sie hatte einen ganz entscheidenden Punkt in ihm getroffen: die immer noch in ihm nachhallende Rivalität mit Kakarott. Zwar mochte er sich eingestanden haben, dass Kakarott die Nummer Eins war, das bedeutete aber nicht, dass er nicht die Hoffnung hatte, sein Sohn könnte den Kindern seines Erzrivalen nicht überlegen sein. Und vor allen Dingen, die Möglichkeit, dass sein Sohn versagte … konnte er auf gar keinen Fall zulassen, egal wobei.
 

„Also gut.“, knirschte er. „Was soll er denn machen?“

„Ein Referat.“

„Ein Referat?“

„Ja…über irgendein Geschichtsthema.“

„Geschichte?“, ächzte Vegeta. „Etwa Irdische?“

„Nein, Saiyajinische!“, antwortete Bulma genervt. „Natürlich Irdische!“

„Und dabei soll ICH ihm helfen?!“

„Ja. Vielleicht lernst du dabei auch mal was über den Planeten, auf dem du lebst. Interessiert hat es dich bisher ja nicht.“ Vegetas Mund klappte auf, doch bevor er etwas sagen konnte, fuhr Bulma fort:

„Ich hab Trunks schon in die Bibliothek geschickt. Du kannst ihm gleich hinterher gehen.“
 

Mit diesen Worten wedelte sie in die Richtung, in welcher die Bibliothek der Stadt lag, drehte sich anschließend um und stampfte aus der Eingangshalle; ließ Vegeta einfach stehen. Das Bedürfnis, ihr eine Energiekugel hinterher zu jagen war in diesem Moment verlockend, ebenso die Tür und die dahinterliegende Freiheit, die der stolze Prinz in seinem Rücken wusste.

Mit geballten Fäusten und zitternden Armen, schloss er seine Augen und atmete tief durch. Egal was er jetzt tun würde, um dieser Folter, seinem Sohn bei seinen Hausaufgaben zu helfen, zu entgehen, es würde seine jetzige Situation etwas verbessern. Hatte er sich nicht noch vor wenigen Momenten Abwechslung gewünscht …?

Für einen kurzen Augenblick wünschte er sich seine Lethargie und seinen eintönigen Alltag zurück. Dadurch würde sich jedoch nichts ändern. Was brachte es also noch sich dagegen zu sträuben. Auch nichts.

Die Bibliothek also …
 


 

Vegeta schwebte schon eine Weile vor diesem herunter gekommenen Backsteinhaus und beobachtete die Menschen, die sich in Grüppchen oder alleine vor der mit zahlreichem Wissen vollgestopften Bibliothek versammelt hatten. Letztlich blieb sein Blick am Gemäuer des Gebäudes hängen. An mehreren Stellen, waren die roten-braunen Steine herausgebrochen. Der Versuch, der Fassade mit Farbe einen frischen Anstrich zu verleihen, schien auch schon einige Jahre zurückzuliegen. Die Farbe war verblasst, bröckelte nur noch ab.

„…verbraucht…“, murmelte er leise vor sich hin und erneut beschlich ihn dieses Gefühl von heute Morgen. Dieses Gefühl, dass er nicht wusste, was oder … wen … er mit diesem Wort meinte und dieses innerliche Ziehen in seiner Brust wurde wieder stärker. Lähmte ihn. Und obwohl er sich an der frischen Luft befand, hatte er erneut das Gefühl, dass er kaum atmen konnte.
 

Doch plötzlich tauchte vor seinen Augen Kakarott auf und ließ Vegeta zusammenschrecken. Goku blickte sich verwundert um und Vegeta wusste nicht, ob er jetzt endgültig den Verstand verlor. Als sich Goku jedoch zu ihm wandte und ihn mit einem strahlenden Lächeln freudig begrüßte, verschwand mit einem Mal die innerliche Taubheit, die ihn erneut gelähmt hatte so schnell, wie sie ihn befallen hatte.
 

„Hey, Vegeta! Lange nicht gesehen! Was treibst du hier?“ Erneut blickte sich Goku neugierig um.

Ein Kribbeln breitete sich in dem Saiyajinprinzen aus, als er seinen Kontrahenten, seinen ewigen Rivalen, amüsiert beobachtete. „Ich gehe in die Bibliothek.“

Überrascht wandte sich Goku ihm wieder zu. „Biblio-was?“

„Bibliothek. Bücher. Lesen. Bildung.“, war Vegetas neckende Antwort.

Goku neigte seinen Kopf fragend zur Seite. „Wozu das denn?“

Mit den Augen rollend, ignorierte Vegeta diese Frage einfach und wollte selbst wissen: „Was willst du, Kakarott? Du tauchst doch nicht ohne Grund bei mir auf.“ Sein Herz hämmerte aufgeregt. Gab es vielleicht wieder eine neue Bedrohung? Etwas wofür es sich … zu leben lohnte?

Doch Goku kratzte sich auf seine so typische Art an seinem Hinterkopf und meinte lachend: „Ich will mit dir trainieren.“

Die Aufregung im Prinzen legte sich schlagartig wieder. „…ich bin beschäftigt.“

„Ach, komm schon, Vegeta. Bücher lesen kannst du auch ein anderes Mal.“

„Trainieren auch.“, erwiderte Vegeta genervt.

Nun stahl sich ein herausforderndes Grinsen auf Gokus Gesicht. „Aber nicht mit mir.“

Vegeta hob nur skeptisch eine Augenbraue. „Wieso? Stirbst du morgen?“

„Nein. Aber ich hab nur heute Zeit.“

Fast wäre Vegeta die Frage herausgerutscht, was Kakarott schon großartig zu tun hatte, doch er verkniff sie sich gleich wieder. Was interessierte es ihn schon, was Kakarott beschäftigte?

„Pech. Ich hab keine Zeit.“ Mit diesen Worten ließ er seinen Artgenossen in der Luft stehen und landete. Er hörte Kakarott protestierend seinen Namen rufen, doch er setzte seinen Weg am Boden gleich fort und steuerte den Eingang der Bibliothek an.
 

Doch Goku schien sich davon nicht abschrecken zu lassen. Er war ihm gefolgt und schloss kurz bevor Vegeta die Bibliothek erreicht hatte, zu ihm auf.

„Ich trainier jetzt nicht mit dir, Kakarott. Geh nach Hause.“, fauchte der stolze Prinz.

„Vielleicht will ich ja auch was ‚lesen‘.“, konterte Goku.

Vegeta blieb schlagartig stehen und funkelte den Größeren wütend an. Goku hob schnell beschwichtigend seine Hände. „Sorry, war nur ein Witz…“

Vegetas Blick änderte sich nicht und sein Körper signalisierte Goku deutlich, dass er ihm gleich eine verpassen würde. Das er mit ihm den Boden aufwischen wollte. Genau das war es allerdings, was Goku wollte. Was er brauchte. Einen ausgeglichenen Kampf. Genau deswegen war er hier. Um sich mit Vegeta die Seele aus dem Leib zu prügeln. Seit sie Boo besiegt hatten, sehnte er sich schon danach. Nach einem ebenbürtigen Kampf, der ihm endlich wieder etwas abverlangte. Der ihn herausforderte. Der ihn vielleicht endlich wieder dazu brachte, über sich selbst hinauszuwachsen. Denn er wusste genau, dass Vegeta nicht aufgehört hatte, zu trainieren. Tagtäglich hatte er seine Aura wahrgenommen, sein steigendes Ki, das immer wieder gefährlich aufgeflackert war und ihn jedes Mal aus seinem eintönigen Alltag auf den Feldern, auf denen er seiner Arbeit nach ging, herausriss.

„Also schön, Kakarott.“, begann Vegeta plötzlich und sein bedrohlicher Blick verschwand von seinem Gesicht. „Wenn du mir hilfst, trainier ich danach mit dir.“

Gokus Augen weiteten sich überrascht und gleichzeitig überkam ihn eine unheimliche Freude. Vegeta würde mit ihm trainieren! „Klar! Wobei?“, fragte er fröhlich.

„Komm einfach mit.“ Und mit diesen Worten brachte Vegeta das letzte Stück hinter sich, dass ihn noch von diesem heruntergekommenen Gebäude trennte.
 

Als Vegeta die Tür öffnete, wehte ihm sogleich ein modrig alter Geruch entgegen. Er verzog angewidert das Gesicht, doch trat in die große Vorhalle ein. Links und rechts säumten gewaltige Stufen, die er niemals erwartet hatte in so einem Gebäude vorzufinden, den Eingangsbereich und führten in das obere Stockwerk.

Dazwischen gab es eine lang gezogene Theke, hinter der eine alte, rundliche Dame saß, mit einer dicken Hornbrille auf der Nase und die vertieft in ein altes und kostbar wirkendes Buch hinabsah. Als Vegeta und Goku eintraten, blickte sie kurz auf, musterte die beiden, verzog die Nase und widmete sich wieder ihrer Lektüre. Goku und Vegeta warfen sich einen skeptischen Blick zu, dann setzte sich der Prinz in Bewegung und blieb vor dem Tresen stehen. Er räusperte sich, doch die Dame ignorierte ihn gekonnt und blätterte eine Seite um.

„…wo finde ich Geschichtsbücher?“, fragte Vegeta ohne begrüßende Worte. Die Frau deutete mit einem Finger nach oben, ohne aufzublicken.

Vegeta starrte sie noch für einen kurzen Moment an, schüttelte dann abfällig seinen Kopf, wandte sich zu den Stufen und stieg die Treppe hinauf.

„Ähm…vielen Dank für die Auskunft.“, richtete Goku dankende Worte an die Dame, die ihn ebenfalls keines Blickes würdigte und folgte Vegeta eilig, der die Treppe schon bis zur Hälfte hinauf geschritten war.
 

Sie betraten gemeinsam eine einzige, gewaltige Halle, mit unzähligen, fast bis zur Decke ragenden, dunklen Holzregalen, vollgefüllt mit Büchern. Beide Saiyajins standen mit weit aufgerissenen Augen am Eingang und ließen ihre Blicke über die Szenerie schweifen.

„Ähm…und…wobei soll ich dir jetzt helfen…?“, fragte Goku verunsichert.

„Zuerst müssen wir Trunks finden.“

„Was?“ Goku sah zu dem Älteren hinab. „Trunks ist hier?“

„…ja.“ Vegeta setzte sich in Bewegung.

Goku kratzte sich verwundert am Hinterkopf und beobachtete Vegeta, der hinter dem ersten Regal verschwand. Goku zuckte nur mit seinen Schultern und rief lautstark: „TRUUUNKS!!!“

Sofort wurde er von einem erschreckend bleichen, völlig verstaubt wirkenden Mann mit einem herrischen „Ssshhhhhh!!!“ angepflaumt.

„Sorry.“, entschuldigte sich Goku schnell und verschwand hinter dem Regal, hinter dem er Vegeta aus den Augen verloren hatte. Es dauerte nicht lange, da konnte er Trunks Stimme hören, die seinen Namen flüsterte. Goku eilte um das nächste Regal und stieß beinahe mit Vegeta zusammen. „Aus dem Weg!“, fauchte ihn der stolze Prinz an, schob ihn zur Seite und verschwand hinter einer Ecke. Goku folgte ihm und kaum zwei Regale weiter, entdeckten sie Trunks, der ebenfalls bereits nach Goku gesucht hatte.
 

„Papa? Son Goku? Was macht ihr denn hier?“

„Deine Mutter.“

„…oh.“ Trunks schien sofort zu verstehen, was sein Vater damit ausdrücken wollte.

Goku sah nur neugierig zwischen seinem Artgenossen und dessen Sohn hin und her.

„Also was brauchst du für dein Referat?“

Trunks kramte in seiner Umhängetasche einen Zettel hervor und gab ihn seinem Vater. Vegeta warf einen flüchtigen Blick darüber und hielt ihn danach Goku unter die Nase, der in sogleich inspizierte.

„Alles, was da draufsteht?“, fragte Vegeta indes.

Trunks nickte nur. Er sah geknickt aus.

„Gut. Kakarott?“

Goku sah von der langen Liste auf. „Mh?“

„Such die Bücher, die da draufstehen.“

Ein breites Lächeln legte sich auf das Gesicht des großen Mannes. „Klar! Kein Problem! Das hab ich in Windeseile erledigt! Und danach geht’s zum Training!“ Voller Eifer schnappte sich Goku die Liste und verschwand damit. Vegeta schüttelte nur seinen Kopf, während er seinem Artgenossen nachsah. Dann wandte er sich wieder seinem Sohn zu. „Hast du noch eine Liste?“

„Nein, das war die Einzige.“

„Hast du schon was von der Liste gefunden?“

„Ja, das erste Buch.“

„Gut. Setz dich irgendwohin und fang mit deinem Referat an. Kakarott und ich bringen dir die anderen.“ Mit diesen Worten drehte er seinem Sohn den Rücken zu und wollte schon Kakarott hinterher eilen, als Trunks ein leises und verunsichert wirkendes ‚Danke‘ flüsterte. Vegeta drehte sich noch einmal zu ihm um, schenkte ihm ein kleines Lächeln und verschwand dann endgültig hinter dem Holzregal.
 

Nachdem Vegeta Goku eingeholt hatte, hatte er ihm die Liste aus der Hand gerissen und sie in zwei Hälften zerteilt. Danach war er wieder verschwunden und hatte Goku alleine zurückgelassen. Die Namen auf der Liste hatte der große Saiyajin noch nie gehört. Sie klangen teilweise als seien sie in einer anderen Sprache geschrieben und andere wiederum schienen Geschichtsbücher zu sein. Über die Entstehung der Hauptstädte, irgendetwas über Ackerbau und dann war da noch eines, dass so klang als würde es über uralte Stämme handeln und deren Kampf gegen übermächtige Dinosaurier. Goku schmunzelte. Es klang irgendwie interessant. Vielleicht würde er es sich ja auch einmal ausleihen und mit auf seine Felder nehmen.
 

Mittlerweile war Goku am hinteren Ende der großen Halle angelangt. Bis jetzt war seine Ausbeute nicht sonderlich hoch gewesen. Vegeta hingegen schien Trunks schon die Hälfte seiner Teilliste gebracht zu haben, als Goku einmal mit seinen ganzen zwei Erfolgen zu dem Jungen gekommen war.

Jetzt stand er in der letzten Reihe. Er ließ seine Finger über die Buchrücken gleiten, während er sie im Schnelldurchlauf zu lesen versuchte. In der Mitte des Regals fuhr ihm plötzlich von der Spitze seiner Finger ein elektrisierender Impuls durch den Körper. Er blickte erschrocken zu seiner Hand, die gerade über ein sehr alt wirkendes, in braunes Leder gehülltes, Buch geglitten waren. Er trat näher heran und inspizierte den Einband noch einmal. Der Titel war ihm beim Überfliegen der Buchrücken völlig entgangen.

„Angeama – Es war einmal.“, las Goku den Titel und Untertitel des Buches leise vor. „…es war einmal …“, wiederholte er. Ein breites Grinsen legte sich auf sein Gesicht. Das konnte doch nur ein Geschichtsbuch sein! Höchstwahrscheinlich eine Zusammenfassung. Genau so etwas konnte Trunks mit Sicherheit gebrauchen! Er wollte das Buch gerade aus dem Regal ziehen, als Vegeta um die Ecke kam.

„Kakarott! Wie lang brauchst du denn noch mit deiner Liste?!“

„Sieh mal, was ich gefunden hab, Vegeta!“, rief Goku ihm freudig entgegen und winkte ihn zu sich. Der Prinz verdrehte nur genervt seine Augen und kam zu seinem Artgenossen. Goku deutete auf das Buch. „Ist sicher eine Sammlung von dem ganzen Geschichtskram.“, meinte Goku stolz.

„Angeama…es war einmal.“, las nun auch Vegeta den Titel vor. „Na dann.“ Er riss das Buch aus dem Regal und schlug es auf, um einen Blick auf das Inhaltsverzeichnis zu werfen. Seine Brauen zogen sich jedoch gleich verwirrt zusammen. „Da…steht ja nichts drin…?“

„Was?“, fragte Goku überrascht und beugte sich ebenfalls über das Buch. „Tatsächlich. Leer…“, stellte er fest, während Vegeta weitere Seiten umschlug, um zu sehen, ob nicht doch etwas darin zu finden war.

„Ah! Verdammt!“, rief Vegeta plötzlich und ließ das Buch fallen.

„Was ist denn?“, wollte Goku gleich wissen.

„Das Ding hat mir nen Schlag verpasst!“

„Wirklich? Mir vorhin auch…“
 

Skeptisch beugten sie sich erneut über das Buch, das aufgeschlagen zwischen ihnen lag und ihnen seine leeren Seiten regelrecht präsentierte. Beide spürten gleichzeitig ein seltsames Ziehen in sich und ein Druck baute sich auf ihren Körpern auf, als würde sich etwas Riesiges, Gewaltiges einfach auf sie setzen. Doch da war nichts. Das Ziehen wurde stärker. Drückte ihre Körper nach unten, den leeren Seiten von Angeama entgegen. Ein Strudel entstand aus den weißen Seiten heraus um sie. Ein Strudel von Schriftzeichen. Wörtern. Ganzen Sätzen, die jedoch so schnell um sie wirbelten, dass sie nicht zu entziffern waren. Ihre Körper wurden weiter nach unten gedrückt bis sich ihre Konturen plötzlich verzogen, in die Länge zogen, auseinandergezogen wurden. Sie hatten das Gefühl immer dünner zu werden, schmaler, flacher … bis der Wirbel aus Buchstaben so sehr an ihnen zerrte, dass sie anfingen sich mit ihm zu bewegen, zu strudeln … und schließlich zwischen die weißen Seiten des Buches gezogen wurden. In ihnen versanken … und Dunkelheit nach ihnen griff.

Es war einmal ...

Son Goku und Vegeta schlugen im schwarzen Nichts von … irgendwo auf. Es fühlte sich an, als wären sie aus einer großen Höhe gefallen, durcheinander gewirbelt worden und wären dann sehr unsanft auf hartem Boden aufgeschlagen. Der Prinz hob den Kopf und rieb sich über seinen Nacken. Er war sehr unglücklich auf dem Rücken gelandet und hatte für einen Moment weiße Sterne vor seinen Augen aufblitzen sehen. Stöhnend wollte er sich auf die Seite drehen und stellte fest, dass dies nicht ging, weil Kakarott auf seinen Beinen gelandet war. Verflucht nochmal!
 

„Kakarott?“ Sich aufrichtend und mit den Armen hinter seinem Körper abstützend starrte er auf den ausgestreckten Leib auf seinen Beinen, dessen Kopf in Höhe seiner Oberschenkel gelandet war. „Hey! Kakarott!“

Ein Stöhnen erklang und kurz darauf hob sich der schwarze Haarschopf von seiner blauen Hose und drehte sich verwirrt in alle möglichen Richtungen.

„Wie? Wo? Was?“ Son Goku sah zu ihm. „Vegeta? Wo…wo sind wir?“

Als der Prinz merkte, dass Kakarott keine Anstalten machte von seinen Beinen runter zu gehen, zappelte er mit diesen und zog sie einfach unter dem Körper des größeren Saiyajins hervor.

„Woher zur Hölle soll ich das wissen? Und warum endet immer alles in einem einzigen Desaster, sobald du meinen Weg kreuzt?!“

Der Jüngere drückte sich auf die Knie hoch und blieb dann auf seinen Unterschenkeln hocken.

„Das...ist doch gar nicht wahr!“, verteidigte Goku sich und sah sich in dem endlosen Schwarz um.

Vegeta schnaubte nur und erhob sich. Mit gefurchter Stirn drehte er sich einmal um sich selbst und realisierte ernüchternd, dass es nicht den kleinsten, auch noch so geringsten Anhaltspunkt gab, wo sie hier waren oder wohin sie sich wenden konnten. Fluchend sah er zu Kakarott, der sich ebenso erhoben hatte und umsah.
 

„Das hast du ja wieder prima hinbekommen, Kakarott!“

Wegen des harschen Tons zusammenzuckend, sah Son Goku Vegeta verwirrt an.

„Ich hab doch gar nichts getan!“

„Wer von uns hat denn dieses Mistbuch angeschleppt?“

„Ich muss doch sehr bitten!“, erklang plötzlich eine angenehme, ältere Herrenstimme, empört. „Angeama ist kein Mistbuch, werter Herr.“

Vegeta und Son Goku wirbelten herum, hoben die Fäuste, gingen in Kampfstellung.

„Wer bist du?“, wollte der Größere in einem freundlichen Tonfall wissen.

„Zeig dich du Feigling!“, forderte Vegeta gleichzeitig ziemlich rüde.

„Ich bitte Sie, meine Herren“, erklang die angenehme Stimme nun etwas freundlicher. „Alles zu seiner Zeit und alles mit der Ruhe.“

„Ruhe, am Arsch! Zeig dich und bring uns verdammt nochmal zurück!“, fluchte der Prinz, der weder eine Aura wahrnehmen, noch irgendwo in dieser unendlichen Schwärze ein Ki ausmachen konnte. Plötzlich spürte er Kakarott ganz dicht an seinem Rücken.

„Vegeta“, flüsterte der große Saiyajin. „Wenn wir etwas netter sind, dann kommt er uns vielleicht schneller entgegen.“

Der Saiyajinprinz knirschte mit den Zähnen.

„Entschuldigen Sie bitte!“, rief nun Goku lauter in die Schwärze. „Aber könnten Sie uns vielleicht erklären, wo wir hier sind und wie wir zurückkommen können?“

Ein resignierendes Seufzen erklang. Danach konnte man wieder die ältere Herrenstimme hören: „Haben wir schon wieder zwei Herrschaften, die es nicht für nötig befunden haben, den Einband zu lesen?“

Son Goku beugte sich zu Vegeta und flüsterte hinter vorgehaltener Hand: „Hast du den gelesen?“

„Mann! Jetzt rück mir nicht so auf die Pelle!“ Er machte einen Schritt weg von Goku. „Du warst doch dabei Kakarott…du weißt also ganz genau, dass ich es nicht gelesen habe.“ Pause. „Du?“

Der Jüngere rieb sich grinsend über den Hinterkopf und das war für Vegeta Antwort genug. Tief einatmend verdrehte er die Augen. Warum hatte er überhaupt gefragt?
 

„Wie es den Anschein hat“, ertönte wieder diese Stimme aus dem Nichts. „Nimmt sich kaum noch jemand die Zeit, sich über das, was er in den Händen hält, zu informieren und abzuwägen, ob er es nun wirklich gebrauchen kann, oder sollte, oder nicht. Tragisch, tragisch…wohin soll das bloß führen?“ Die Stimme klang sehr betrübt.

„Wie wäre es“, knurrte Vegeta. „Wenn es uns hier rausführt?“

„Oh, das tut es werter Herr, das tut es.“

„Na dann los! Schick uns zurück!“, forderte der Saiyajinprinz sofort.

„Oh, nein nein nein nein nein. Da hat mich der werte Herr falsch verstanden. Das tue nicht ich, sondern die Herren ganz alleine. Dafür ist Angeama schließlich da. Um euch durch Erzählungen und Sagen zu führen, die Geschichte wieder aufleben zu lassen und dies auf eine Art und Weise, die euch alle Aspekte eurer Selbst näherbringt. Man taucht ein in Angeama, wird eins mit ihm und lernt sich selbst von ganz neuen Seiten kennen.“

„Das interessiert mich einen verfluchten Scheißdreck! Ich will einfach nur hier raus!“, fauchte Vegeta erneut und Goku legte ihm beschwichtigend eine Hand auf die Schulter.

„Äh...wäre es möglich, dass du dich mal zeigen könntest? Mit dieser Schwärze hier zu sprechen finde ich irgendwie blöd.“
 

Abermals erklang ein resigniertes Seufzen und man konnte hören, wie die ältliche Stimme zu sich selbst sprach: „Hach, das waren noch Zeiten, als eine Stimme ohne Körper Bewunderung und Erstaunen hervorgerufen hat. Heutzutage will die Jugend einfach immer ein Bild haben und verweigert sich dem Zauber des Mystischen. Tragisch, tragisch.“ Eine kurze Pause entstand. „Ist es den Herren so genehmer?“
 

Beide Saiyajins wirbelten herum und hinter ihnen, wo eben noch nichts als Schwärze war, standen nun ein grüner Ohrenbackensessel mit Zierdeckchen an der Kopfstütze und ein kleiner Holztisch, mit einer ältlich wirkenden Buntglasscheibenlampe, die wenig Licht spendete, darauf. Unter den Möbelstücken lag ein runder Perserteppich. In dem Ohrenbackensessel saß ein sehr alt aussehender Mann und hatte auf den Knien ein aufgeschlagenes Buch. Seine Hände, deren Gelenke scharf aus der papierdünnen Haut hervorstachen, lagen gefaltet darauf. Auf seiner langen Hakennase befand sich eine Brille und er hatte einen kurzen, gepflegten Vollbart in derselben Farbe wie sein volles, schneeweißes Haar. Seine dunklen Augen lagen mit einem freundlichen Ausdruck auf den beiden Saiyajins, denen die Verwunderung ins Gesicht geschrieben stand.
 

Der Größere von ihnen fand zuerst seine Stimme wieder: „Ähm…hi. Ich heiße Son Goku.“

„Es freut mich Ihre Bekanntschaft zu machen, Herr Son Goku.“, erwiderte der alte Mann freundlich, dann richtete er seinen Blick auf Vegeta. „Und Sie sind?“ „Nicht interessiert.“, fauchte ihm der Prinz entgegen. Sofort stieß Goku ihn mit dem Ellbogen von der Seite an. Vegeta warf ihm einen wütenden Blick entgegen und verschränkte seine Arme vor der Brust, ohne seine stechenden Augen von seinem Artgenossen abzuwenden. Es wurde zu einem regelrechten Starrduell zwischen den beiden Saiyajins, bis das Seufzen des alten Mannes sie dazu veranlasste, wieder zu ihm zu blicken. „Meine Herren, bitte kommen Sie einfach zu mir und setzen sich. Ich werde Ihnen nun eine Geschichte erzählen.“

„Eine Geschichte?“, fragte Goku neugierig und setzte sich in Bewegung. Etwas an diesem älteren Herrn zog ihn wie magisch an. Er wirkte so überaus vertrauensselig, überhaupt nicht bedrohlich. Eher im Gegenteil. Er sah völlig harmlos aus, friedlich, einladend, wie er da mit dem Buch auf seinem Schoß saß, sie über den oberen Rand seiner Brille hinweg freundlich anblickte und ein amüsiert wirkendes Lächeln auf seinen Lippen trug.

„Kakarott!“, zischte Vegeta, um den Jüngeren davon abzuhalten, sich dem Mann in dem Ohrenbackensessel zu nähern, doch dieser ließ sich nicht davon abbringen sich dieser einladenden Szene vor ihnen zu nähern. „Dieser Idiot!“, zischte der Saiyajinprinz, als sich Goku schließlich im Schneidersitz, seine Unterarme entspannt auf seinen Oberschenkeln ablegend, vor dem alten Mann auf dem nicht vorhandenen Boden in diesem sonstigen schwarzen Nichts platzierte. Vegetas Sinne waren bis aufs Äußerste geschärft. Irgendjemand musste schließlich achtsam sein, auch wenn der alte Mann wirkte, als wäre er nur ein alter Opa mit einem Buch auf dem Schoß. Und Goku sah aus als wäre er bereits in seinen Bann gezogen worden, wie er da vor ihm saß, wie ein kleines Kind, aufgeregt die Geschichte des Greises erwartend.

„Werter Herr, bitte, kommen Sie ein Stück näher heran. Sie wollen doch nicht verpassen, was ich Ihnen nun gleich erzählen werde.“, forderte der alte Mann Vegeta auf.

Misstrauisch hob sich eine Augenbraue des Prinzen, wobei er keinerlei Anstalten machte sich zu bewegen.

„Komm schon, Vegeta!“, forderte ihn nun auch Goku vergnügt auf.

„Vegeta? Ein sehr schöner Name.“, stellte der Greis, immer noch lächelnd und Vegeta einladend anblickend, fest.

„Wie heißt du denn?“, fragte Goku neugierig.

Der alte Mann wandte sein Gesicht von Vegeta ab, der seinem Artgenossen einen vernichtenden Blick zugeworfen hatte und sah überrascht auf den jungen Mann vor sich hinab. „Mein Name?“

„Ja.“ Goku lächelte ihn neugierig und freundlich an.

„Das wurde ich…noch nie gefragt.“, stellte der Alte verblüfft fest und strich sich nachdenklich über seinen perfekt gekämmten Vollbart.

Goku legte seinen Kopf schräg und meinte fröhlich: „Na dann wird es ja Zeit, dass das mal jemand macht. Und?“

Während er den Saiyajin zu seinen Füßen angestrengt musterte, erkannte Vegeta seine Chance. Er löste die Verschränkung seiner Arme und schlich lautlos auf den alten Mann zu.

„Mein Name…“, es war fast ein Flüstern. Gokus Augen weiteten sich aufgeregt. Doch plötzlich ertönte ein lauter Kampfschrei und Vegeta stürzte sich auf den alten Mann, fiel jedoch einfach durch ihn hindurch und landete unsanft neben dem grünen Ohrenbackensesseln.

„Was zum…?!“ Entrüstet richtete sich der Prinz schnell wieder auf und starrte auf den Greis hinab. „Wer oder was bist du?!“

„Ich bin lediglich ein Bild in euren Köpfen. Ihr wolltet etwas sehen. Und dies hier“ Er deutete mit einer beschreibenden Geste über sein Gesicht. „Ist nun einmal das Bild in den Köpfen der Menschen, die meinen Geschichten lauschen.“

„Das heißt, du siehst gar nicht so aus?“, fragte Son Goku weiterhin mit Neugierde in seiner Stimme.

„Ich habe kein Aussehen. Und…ich habe auch keinen Namen. Ich bin der Geschichtenerzähler.“, beantwortete der Alte nun auch die noch im Raum stehende Frage.

„Mmh…“ Goku legte nun seine Hand nachdenklich an sein Kinn. „Ich nenn dich Opa, in Ordnung?“

Erneut huschte ein überraschter Ausdruck über das Gesicht des Weißbärtigen. Doch bevor er etwas darauf erwidern konnte, erhob Vegeta wieder seine Stimme: „Jetzt mal Klartext, OPA. WO sind wir hier?! Und verdammt nochmal, WIE kommen wir hier weg?!“

„Wenn Sie sich endlich setzen würden, könnte ich mit meiner Geschichte beginnen. Dann würden Sie es vielleicht auch verstehen.“

„Einen Scheiß werd ich!“ „VEGETA!“, rief Goku mit ernstem Gesichtsausdruck seinem Artgenossen entgegen. „Jetzt lass Opa doch mal erzählen!“

Vegeta knurrte, verschränkte jedoch seine Arme vor der Brust und sah abwertend auf den alten Mann hinab. „Dann spuck’s aus, alter Sack.“

„Ich muss doch sehr bitten, Herr Vegeta.“

„Prinz. Prinz Vegeta.“, wurde der Geschichtenerzähler von dem Saiyajin zu seiner Rechten korrigiert.

„Sie sind ein Prinz?“

„Rede endlich.“, forderte Vegeta, die verwunderte Frage ignorierend.
 

Es dauerte eine Weile bis der Weißhaarige seinen Blick von dem mürrischen Mann neben sich abwandte und in das Buch auf seinem Schoß richtete. Er sog Luft in seine verwelkten Lungen bevor er begann:

„Nun denn meine Herren Son Goku, Prinz Vegeta“, er nickte den beiden jeweils zu als deren Namen fiel. „Ihr habt nach dem Buch Angeama gegriffen und das Buch hat euch erhört. Ihr befindet euch hier, im Inneren des Buches, in seinen geheiligten Seiten um...“

„Wie jetzt?!“, fauchte der Prinz dazwischen. „Du willst uns allen Ernstes weißmachen, wir wären IN dem Buch?!“

Son Goku sah mit gerunzelter Stirn und einem eingeschnappten Gesichtsausdruck zu Vegeta. „Jetzt lass ihn das doch mal zu Ende erzählen.“

Vegetas Kopf schnellte zu Kakarott und wenn Blicke töten könnten, dann hätte sich der Saiyajinprinz seinen Herzenswunsch, Kakarott zu eliminieren, in diesem Moment erfüllt. „Sag mir nicht was ich zu tun und zu lassen habe!“

„Wenn du ihn aber ständig unterbrichst, dann erfahren wir doch nie, was du wissen willst.“

Vegeta öffnete schon wieder den Mund um Goku zu widersprechen, als ihm die Logik hinter diesen Worten auffiel. Das war ja wieder mal typisch! Da fand Kakarott einmal in einer Millionen Jahren eine logische Argumentation und dann ausgerechnet in einer Diskussion mit ihm. Ganz toll! Knurrend wand er den beiden seinen Rücken zu und nahm sich fest vor einfach gar nichts mehr zu sagen. Sollte dieser Vollidiot von Kakarott doch auf die Ammenmärchen des Alten reinfallen. War ihm doch egal!
 

Opa räusperte sich und sah seinem aufmerksameren Zuhörer lächelnd entgegen.

„Wie ich schon sagte, ihr habt dieses Buch gefunden und es hat euren Wunsch erhört und euch gestattet, sich in seinen Seiten zu bewegen. Ihr befindet euch in seinem Inneren und hier, innerhalb dieser wundervollen Seiten“, er machte eine weit ausholende Geste mit seinen Armen. „Stehen so viele Sagen und Märchen, Geschichten und Legenden, dass ihr um einiges reicher in eure Welt zurückkehren werdet.“

Als der Opa eine Pause einlegte, hakte Goku nochmal nach: „Ähm...wir sind also IN dem Buch?“

„Das ist korrekt.“

„Oh...und wo genau?“

„Nun, ich würde es als Zwischenort zwischen den einzelnen Geschichten beschreiben, oder aber, was es auch sehr gut trifft: das Inhaltsverzeichnis und das Vorwort. Und ich bin dazu auserwählt worden euch durch dieses zu geleiten.“
 

Son Goku begann zu grübeln und sah dabei zu Vegetas Rücken. Ihm wäre es jetzt schon ganz recht, wenn auch der Ältere sich zu der Lage äußern würde, doch Vegeta drehte ihnen beharrlich den Rücken zu. Sich zu Opa umwendend, versuchte Goku nun das Erzählte zu verstehen.

„Im Inhaltsverzeichnis oder Vorwort eines Buches steht alles drin, was es in dem Buch gibt, richtig?“ Er klang unsicher, weil Son Gohan ihm das zwar einmal erklärt hatte, das aber Jahre her war und er nicht sicher war, ob er es behalten hatte.

„Sehr richtig werter Herr Son Goku.“

„Und was sollen wir hier?“

Opa lächelte. „Euch natürlich eine der Geschichten aussuchen, welche es in diesem Buch gibt.“

„Und was dann?“

„Dann werdet ihr die Geschichte erleben.“

„Erleben?“

„Erleben.“ Opa nickte.

Doch Son Goku war das zu hoch und er beugte sich zu Vegeta und flüsterte: „Pst...was meint er denn damit? Ich dachte Bücher werden gelesen.“

Der Ältere reagierte nicht.

„Hey, Vegeta!“ Wieder keine Reaktion. „Jetzt stell dich doch nicht so an und sag endlich was!“

Der große Saiyajin zupfte an der engen Hose des Prinzen und dieser trat knurrend, in einer blitzschnellen Reaktion nach ihm. „Pfoten weg!“, fauchte er.

Schnell die Hände wegziehend und sich aus der Reichweite von Vegetas Beinen bringend, setzte sich Son Goku wieder richtig hin und verschränkte nun seinerseits schmollend und grübelnd die Arme.
 

Vegeta kannte diese Pose. Kakarott dachte nach.

Den Jüngeren so beobachtend wurde ihm mit einem Mal klar, dass, wenn er nichts tun würde, um das hier voranzubringen und er Kakarott das Verstehen und die Denkarbeit überließ, sie wohl in einer Woche noch hier festsitzen würden. Tief durchatmend drehte er sich zu diesem Opa um und fixierte ihn aus schmalen Augen.

„Du sagst, wir hätten etwas gesucht. Kann damit gemeint sein, dass wir in einer Bibliothek auf der Suchen nach der Geschichte dieses Planeten waren?“

„Ein sehr guter Grund Prinz Vegeta und eure Annahme ist korrekt.“

„Wir wurden also hier hereingezogen, weil wir Geschichte gesucht haben und dieses Buch lässt sie uns erleben?“

Auf Opas Gesicht zeigte sich ein strahlendes und wohlwollendes Lächeln, während sich Gokus Gesicht erleichtert aufheiterte, weil Vegeta ihm nun endlich half.

„Ihr habt es wieder genau richtig erfasst werter Prinz.“

„Und wie...kommen wir hier raus?“

„So, wie man jedes Buch beendet und verlässt. Man erlebt es durch...von Anfang bis Ende.“

„Alles?!“, ächzte Vegeta, als er sich an die Dicke des Buches erinnerte und den Wälzer ja auch noch auf den Knien des Opas liegen sah.

„Alles.“, bestätigte dieser.

Vor Zorn und Wut funkelnd, während seine Finger zuckten, schnellten seine Augen zu Kakarott. „Ich bring dich um!“
 

Son Goku hob abwehrend die Hände und rutschte ein ganzes Stück zurück, als er sah wie wütend Vegeta war. Verunsichert lachte er.

„Vegeta, so schlimm wird das sicher nicht sein...wir sind ganz schnell wieder hier raus. Oder?“ Er sah fragend zu Opa der sich nachdenklich über den weißen Bart strich.

„Die Dauer der Zeit, welche ihr in Angeama verbringt, liegt ganz bei euch. Wenn euch das Buch das beigebracht hat, was ihr wissen wolltet, was ihr wissen müsst und wissen sollt und ihr bereit dafür seid, dieses Wissen zu verstehen, dann werdet ihr die einzelnen Kapitel verlassen können.“

„Und...äh, wie verlassen wir die einzelnen Kapitel?“

„Indem ihr die Geschichte so erlebt, wie sie vorgegeben ist.“

„Das klingt einfach. Nicht Vegeta?“

„Mit DIR ist NICHTS einfach. Da wird alles zu einer Katastrophe!“ Vegeta rieb sich tief durchatmend über das Gesicht. „Ich weiß, ich werde die Frage bereuen aber...wie genau erlebt man diese Kapitel?“

„Das Buch wird euch relevante Rollen in der Geschichte zuweisen, je nachdem was es denkt, welche der Rollen den größten Wissensgewinn für euch in der Geschichte haben. Ihr, werte Herren, werdet euch so sehen, wie ihr euch kennt. Doch alle anderen Figuren der Geschichte werden in euch nur die Figur sehen, die ihr darstellen werdet. So wie ihr die Geschichte zu ihrem vorbestimmten Ende gebracht habt, wird euch das Buch hierher zurückführen und ihr werdet euch die nächste Geschichte aussuchen können.“
 

Sowohl Son Goku als auch Vegeta sahen Opa mit ungläubigen Augen an.

„Wir SPIELEN die Rollen in den Geschichten?“, wollte der Prinz mit einem Unterton in der Stimme wissen, der zeigte, dass sein Geduldsfaden kurz vor dem Zerreißen stand.

„Ja, natürlich. Nur so ist der Lerneffekt am stärksten ausgeprägt.“

„Kakarott...“, kam es langgezogen vom Prinzen und sein Kopf wanderte langsam in die Richtung seines letzten, überlebenden Rassenmitgliedes. Goku merkte sofort bei diesem Blick, dass Vegeta drauf und dran war, über ihn herzufallen. Mit einem gespielten Lächeln, versuchte er so unschuldig wie möglich auszusehen. „Das klingt doch ziemlich…spannend? Und…wenn wir fertig sind, können wir Trunks auch bestimmt helfen, ohne, dass er noch mehr Bücher lesen muss.“

Ein tiefes Knurren bahnte sich aus Vegetas Kehle empor. Seine Nerven lagen blank, absolut blank, doch plötzlich änderte sich etwas im Blick des Prinzen und sein Kopf schnellte zu Opa zurück.

„Sie haben noch eine Frage, werter Prinz?“

„Woher sollen wir wissen, wie das Ende der Geschichte sein soll?!“

„Das gilt es herauszufinden.“

Vegetas Auge zuckte gefährlich. „…und…wenn wir das nicht herausfinden?“

„Nun dann…werdet ihr solange dort verweilen, wie es eben dauert, bis ihr den Sinn der Erfahrung und jenes Ende findet. Doch falls ihr aufmerksam durch die Geschichte geht und deren Erfahrungen verinnerlicht, werdet ihr nur die vorgesehene Zeit dort verweilen. Das ist Angeama, das Spiel, welches euch näher bringt an das was einmal war und das was in euch sein sollte. Wir können aus der Vergangenheit viel lernen.“

Vegetas Braue zuckte. Er konnte solche Belehrungen auf den Tod nicht ausstehen. „Wie viele Geschichten sind es GENAU?“, wollte er außerdem wissen. Sein analytischer Verstand wollte sich sofort errechnen, wie lange sie wohl brauchen würden, unter der Annahme, dass sie für jede Geschichte möglicherweise eine Stunde brauchen würden.

„Das habe ich doch schon erklärt, werter Prinz. So viele Angeama für nötig hält. Aber um Ihnen eine Vorstellung davon zu geben, wie viele es möglicherweise sein könnten…seht selbst.“ Der Geschichtenerzähler breitete seine Arme aus und hinter ihm erschienen Türen, die jede für sich allein in dem sonst schwarzen Nichts stand. Sie waren parallel und auf den Millimeter genau nebeneinander und hintereinander aufgereiht. Es waren so viele, dass Vegeta die jeweils letzte Türe in den unzähligen Reihen nicht ausmachen konnte. Sein Blick wanderte im schwarzen Raum umher. Nicht nur hinter dem Greis waren Türen erschienen. Rund um sie herum war es genau das Gleiche. Türen soweit das Auge reichte. Sie waren so angerichtet, dass sich Vegeta und Goku nun in einer Art Pentagon befanden. Hinter jeder Seite des Fünfecks befanden sich weitere geometrisch perfekt angeordnete Türreihen.
 

„…Kakarott.“

„J…ja?“

„Du. Bist. TOT!“

„Oh oh.“ Goku sprang auf und wich einige Schritte zurück, während Vegeta bereits mit erhobener Faust auf ihn zumarschierte. Schnell verschwand der Jüngere hinter der ersten Tür und lugte hinter ihr hervor. „Vegeta…das…wird schon nicht so schlimm! Wir bekommen das hin!“

Doch Gokus beschwichtigende Worte hielten den Prinzen nicht auf. Er stürzte auf seinen Artgenossen zu, der schnellstens hinter die nächste Tür hechtete und die nächste und dabei immer wieder beruhigend auf Vegeta einredete.
 

„Oh sieh doch mal, Vegeta! Da steht ‚Robin Hood‘ auf der Tür und hier 'Der Hirsch mit dem goldenen Geweih‘. Das klingt doch interessant. Oh und hier. Siehst du? ,Der Glöckner von Notre Dame‘. Vielleicht müssen wir da einfach nur ein paar Glocken läuten?“, versuchte er den tobenden Prinzen auf etwas anderes als sich zu lenken, was jedoch nicht im Geringsten funktionierte.

„MEINE HERREN!“, rief der alte Mann plötzlich ohrenbetäubend dazwischen, dass die Tür zwischen Vegeta und Goku gefährlich vibrierte. Beide sahen gleichermaßen erstaunt zu dem alten, so zierlich und gebrechlich wirkenden Mann. „Wie ich sehe, hat Angeama euch aus vielerlei Gründen erwählt. Ich würde euch nun ersuchen, eure erste Geschichte zu wählen.“

Vegetas Augen huschten zurück zu Kakarott. „Wenn wir hier raus sind, reiß ich dich in Stücke.“, zischte er ihm bedrohlich entgegen. Goku lachte unsicher und kratzte sich am Hinterkopf. Wenigstens hatte Vegeta aufgehört ihn zu jagen. Den Prinzen nicht aus den Augen lassend trat Goku wieder in den Bereich des Pentagons und sah sich nun in alle Richtungen um. Wie hatte das Opa erklärt? Sie waren im Vorwort? Inhaltsverzeichnis? Dann waren die Türen also die einzelnen Kapitel?

Er blickte wieder zu Vegeta, der mit lang gezogenem, mürrischem Gesicht ebenfalls zwischen den Türen hervortrat und sich beim Weg zurück in die Mitte umblickte. Fast hätte Goku vermeinen können, Neugierde in seinem Blick auszumachen, was ein Lächeln auf die Lippen des Jüngeren zauberte. Er selbst war gerade ungemein aufgeregt, neugierig, bereit sich dieser Herausforderung zu stellen.

Er wandte sich zu Opa, stockte jedoch. Er war verschwunden?

„Opa?!“, rief der große Saiyajin überrascht und sah sich um. Jetzt waren da wirklich nur noch die Türen und sie.

Vegeta war bereits zu ihm in das Pentagon getreten. „Toll. Du hast ihn vergrault.“, machte er Goku von der Seite an.

„Was? Wer hat denn da wen gejagt?!“

„Schnauze, Kakarott, sonst kannst du das Ganze hier allein durchziehen!“ Noch während er diese Drohung an seinen Artgenossen richtete, war ihm klar, dass er Kakarott dies keinesfalls alleine machen lassen konnte. Der und das richtige Ende einer Geschichte herausfinden? So würden sie garantiert für immer hier festsitzen.

„Werte Herren.“, ertönte die tiefe, kratzige, nach dem Schrei wohl etwas angeschlagene Stimme von Opa. „Es wäre nun in eurem Interesse die erste Geschichte zu wählen. Dies Vorwort, welches den allzu schnellen und Ungeduldigen erläutert, was auf sie zukommen mag, hat nun sein Ende gefunden. Das Inhaltsverzeichnis weist euch nun den Weg zu den schönsten und schrecklichsten Momenten, die man sich nur vorstellen kann. Das Vergnügen sei Eures, werte Herren. Angeama beginnt.“
 

„Mmmh…also Vegeta. Was machen wir jetzt?“, wollte Goku wissen, während er bereits zu einer der ersten Türreihen ging.

„Fass ja nichts an, du Idiot!“

„Aber wir sollen doch die erste Geschichte wählen!“

„Und du glaubst, ich lasse DICH das machen?!“

„Hast du nicht gesagt, ich bin schuld dran, dass wir hier sind? Dann werde ICH uns auch hier rausbringen!“, erwiderte Goku vollkommen überzeugt von sich. Er ergriff ohne zu lesen, was auf der Tür stand, nach der Klinke und wollte sie schon nach unten drücken, als mit einem Mal Vegeta neben ihm stand und seine Hand wegschlug. „Untersteh dich!“, zischte er bedrohlich und schubste Kakarott zur Seite. Während der Jüngere protestierende Laute von sich gab, las Vegeta leise die Inschrift, die in goldenen Lettern in die Mitte der Tür eingelassen war: „Aschenputtel“.

Das klang doch tatsächlich interessant. Asche. Das bedeutete doch, dass es vor der Asche Feuer gegeben haben musste! Ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. Wenn er also Glück hatte, würde er Kakarott dort leiden lassen können.
 

„Die nehmen wir.“, erklärte Vegeta, immer noch mit diesem Grinsen im Gesicht.

„Aber...das ist doch die, die ICH ausgesucht hab!“

„Schnauze!“

„Vegeta!“
 

Während der stolze Prinz sein letztes Rassenmitglied finster anfunkelte, öffnete er einfach die Tür, ohne hinzusehen. Ein kräftiger Windstoß blies ihm entgegen, sodass er seine Augen zusammenkneifen musste. Goku eilte schnell und neugierig hinter ihn und gemeinsam blickten sie in die Welt, die hinter der Tür auf sie wartete. Ein Sog erfasste sie, ähnlich wie jener, der sie in das Buch gezogen hatte und beide hörten in ihrem Rücken die ruhige und entspannte, angenehme alte Stimme Opas und gleichzeitig war es ihnen, als würde eine Buchseite umgeschlagen werden.
 

„Es war einmal...“

Aschenputtel - Die Dienstmagd und der Prinz

Ein Sog erfasste Son Goku und Vegeta. Es war ihnen, als würde der Wind, welcher ihnen erst entgegen geblasen hatte, nun von hinten kommen und in ihren Rücken drücken, sie in das helle Eck der Türe hineinschieben. Beide verloren den Boden unter den Füßen, trudelten umher. Son Goku schrie Vegetas Namen und versuchte nach dem Prinzen zu greifen, während auch Vegeta seine Hand nach Goku ausstreckte. Es ging ja nicht an, dass sie sich verloren! Wer wusste schon was Kakarott ohne ihn anstellen würde? Am Ende säßen sie gleich länger als eine Stunde hier fest und die Sache würde sich endlos in die Länge ziehen.

Knapp verpassten sich ihre Fingerspitzen und ein erneuter Wirbel riss sie endgültig auseinander, trieb sie in verschiedene Richtungen davon. Das Schwarz hinter der Türe, durch die sie herein gekommen waren, wurde immer kleiner und Son Goku verlor es aus den Augen, ebenso wie Vegeta.
 

Mit einem Schlag, der all seine Knochen erschütterte und seine Zähne unsanft aufeinander prallen ließ, landete Goku auf dem Rücken und rollte sich stöhnend und den Hinterkopf haltend zusammen. „Au...verfluchter Mist tut das weh.“ Fest presste er die Augen zusammen um die Tränen, die ihm bei dem heftigen Schmerz seines Schädels in die Augen schossen, zu unterdrücken. Wann hatte er nur zum letzten Mal solche Schmerzen gehabt? Er konnte sich wirklich nicht daran erinnern … und dass bei einem simplen Sturz.

Eine weibliche, sehr hohe und unangenehme Stimme drang penetrant in seine Ohren. „Und das ist dafür, dass du den Ruß aufgewirbelt hast! Sieh nur! Mein neues Kleid! Der gute Stoff! Alles ruiniert! Und dass wegen deiner Ungeschicklichkeit!“ Ein weiterer, ziehender Schmerz, traf ihn zwischen seinen Schulterblättern und ließ die Haut darunter pochen, als hätte er sich an einem heißen Eisen verbrannt. Als zwei weitere Schläge, von etwas Dünnem, Länglichem, seine Seite trafen, hatte er genug. Ruckartig sprang er auf, Stoff schwang um seine Beine, verhedderte sich und ehe Goku wusste wie ihm geschah, landete er erneut auf dem Boden.

Die hohe Stimme kreischte erneut: „Wahhh! Du ungeschickter Tölpel! Jetzt hast du noch mehr Dreck aufgewirbelt! Du bist doch wirklich zu Nichts zu gebrauchen!“
 

Vorsichtig den Kopf hebend, beschloss Son Goku sich erst einmal umzusehen, bevor er ein zweites Mal versuchte auf die Beine zu kommen. Er befand sich in einer altertümlichen Stube mit Holzboden auf dem ein großer, weicher Teppich unter einem Bett lag, welches reich mit wunderschönen Blumenschnitzereien verziert war. Gekalkte, weiße Wänden und eine niedrige Holzdecke rundeten das Bild einer mittelalterlichen Schlafstube ab. Ausnahmslos alle Möbel, welche er erblickte waren aus Holz hergestellt. Die zwei Stühle, der kleine, runde Tisch und die drei großen, mit Eisen beschlagenen Truhen. In einem kleinen Kamin prasselte ein Feuer und in gusseisernen Wandhalterungen, befanden sich Kerzen.

Als er den Kopf ein Stückchen weiter drehte, kam der grüne Saum eines Kleides und zwei recht große Schühchen in sein Blickfeld. Seine Augen folgten dem Kleid nach oben und befanden die junge, blonde Frau darin als ganz ansehnlich. Das Kleid erinnerte ihn an Kostüme aus einem dieser langweiligen Filme, die seine Frau Chichi so gerne ansah und sich dabei die Augen schluchzend ausheulte. Irgendetwas mit Rittern, Liebe und solchen Sachen, er hatte da nie wirklich zugehört.

Was Son Goku aber auffiel, war der lange, hölzerne Stock, den diese Frau in der Hand hielt und der sehr gut zu dem immer noch pochenden Schmerz zwischen seinen Schultern passte.
 

„Willst du jetzt wohl endlich aufstehen und den Dreck weg machen, den du verteilt hast?!“, keifte sie in einer Tonlage, die ihn sehr an Chichi erinnerte.

„Ja...äh, was das angeht...ich äh...war das nicht?“, versuchte er sich zu verteidigen, während er aufstand. Denn er war sich keiner Schuld bewusst.

„Und wie nennst du das?!“, fragte die Frau erbost und zeigte mit dem Stock auf einen verbeulten Eiseneimer am Kamin, der umgefallen und die darin befindliche Asche über einen sehr großen Bereich verteilt hatte.

„Äh...“ Unsicher sah der Saiyajin zwischen der Asche und der Frau hin und her. Er hatte grade fürchterliche Schwierigkeiten überhaupt zu begreifen was hier vor sich ging. Auf der Tür hatte Aschenputtel gestanden … und Opa hatte erklärt, dass sie die Geschichten erleben, spielen würden. Das musste bedeuten … er war schon in dieser Geschichte drin. Genau, er war schon drin und hatte eine Rolle zu spielen und diese Rolle hatte etwas mit Asche zu tun … also vielleicht, wenn er die Asche einfach weg machte, könnte es ja eventuell sein, das diese Episode schon enden würde. Bei diesem Gedanken musste er grinsen. Damit würde Vegeta mit Sicherheit nicht rechnen, das ER diese Geschichte so schnell beenden würde.
 

Sich lächelnd zu der Frau umwendend sagte er: „Klar, mach ich sofort weg! Kein Problem.“

„Bring den Dreck nach draußen und danach wischst du hier alles sauber! Wenn ich wieder komme und ich sehe auch nur noch ein Staubkorn, dann setzt es wieder etwas mit dem Stock!“ Die Nase in den Himmel reckend, verließ sie daraufhin stolzierend das Zimmer und ließ Son Goku alleine.

Jener kratze sich am Hinterkopf, sah sich verloren in dem Zimmer um und entdeckte einen alt anmutenden Besen und eine Schaufel. Schnell machte er sich daran, die Asche wieder zurück in den Eimer zu befördern, mit dem Wissen, dass sich Vegeta bei ihm würde entschuldigen müssen, wenn er nun die Geschichte beendete.

Kurze Zeit später, die Fäuste in die Hüften gestemmt und zufrieden den sauberen Boden ansehend, nahm er den Eimer auf und ging auf die einzige Tür zu, die der Raum besaß. Er gelangte auf einen schmalen Gang, stieg eine enge, ebenfalls hölzerne Treppe hinunter und kam in einen größeren Raum, der recht edel eingerichtet war. Auch hier waren alle Möbel aus Holz, verziert mit Schnitzereien. Teppiche lagen auf dem Boden und Stoffe hingen an den Wänden. Er durchmaß den Raum mit wenigen, langen Schritten, kam an einem Fenster vorbei, durch welches er nach draußen auf einen betriebsamen Hof schauen konnte. Männer und Frauen wanderten umher, alle waren geschäftig unterwegs, altertümlich und recht ärmlich gekleidet und Hühner, Schweine und Ziegen liefen frei umher.

Grade wollte er sich abwenden, als er eine Reflexion in dem nicht ganz sauberen Glas sah und verharrte. Irritiert brachte er seinen Kopf etwas näher an die Fensterscheibe, blinzelte, dann schepperte der Eimer zu Boden. Er fasste sich hektisch in sein Gesicht, tastete nach seinen Haaren, sah an sich hinab, wieder in das Fenster. Bewegte seine Hand, vor dem Glas hin und her und wenige Sekunden später erklang ein Schrei, der weit über die Grenzen des Raumes hinaus zu hören war.
 

Und dort draußen, weit entfernt, sodass dieser panische Schrei zum Glück nicht bis dorthin reichte, schlug Vegeta seine Augen auf. Alles fühlte sich weich unter ihm an. Er starrte auf roten, wallenden Stoff über sich, der über vier goldene Säulen gespannt war. Kakarotts Name schoss ihm durch den Kopf. Sofort richtete er sich auf und blickte sich hektisch um. Doch Goku war in diesem riesigen Zimmer nicht auszumachen. Stattdessen fielen ihm diese äußerst eleganten Möbelstücke ins Auge. Sie waren in Weiß gehalten und reichlich mit Gold verziert. Überall waren in demselben Edelmetall gehaltene Kerzenständer, auf den Kommoden und an den Wänden. Jetzt realisierte er auch, dass er in einem gigantischen Himmelsbett lag, unter Stoffen, die so weich waren, dass nicht einmal diese hochwertigen Ultrastoffe, die Bulma immer anschleppte, mit ihnen mithalten konnten. Er zog sich zum Rand des Bettes und ließ sich sachte auf den Boden gleiten. Dort standen auf Hochglanz polierte, schwarze Herrenschuhe. Er trat mit seinen nackten Füßen daneben auf und richtete seinen Körper auf. Überrascht stellte er fest, dass er ein weißes Kleid trug und riss es panisch von sich. Warf es achtlos aufs Bett und wich einige Schritte zurück. Hatte er da gerade ernsthaft ein Kleid getragen?

Er überlegte fieberhaft. Sie waren also nun Personen in dieser Geschichte. Er würde für die anderen so aussehen, wie jemand anders, nur für Kakarott würde er so aussehen, wie er tatsächlich war. Er inspizierte seine Hände, seine Brust, seine strammen Oberschenkel und stellte zufrieden fest, dass das hier sein Körper war. Dann sprang ihm ein Spiegel ins Auge, der auf einer Kommode stand

„Na mal sehen, wer ich in dieser Geschichte bin…“, murmelte er zu sich selbst und stellte sich vor die reflektierende Glasscheibe. Er verzog angewidert das Gesicht als er in braune Augen blickte, die eindeutig nicht die seinen waren. Da war braunes Haar auf seinem Haupt, dass völlig leblos wirkte und scheinbar abgeschleckt zur Seite getragen wurde. Er verdrehte die Augen und sah sich wieder im Raum um. Neben dem Bett entdeckte er etwas, das ihm vorhin wohl entgangen war. Ein Ständer, auf der fein säuberlich eine weiße Uniform hing, ebenfalls mit goldenen Stickereien verziert und darunter war eine blutrote Hose, an deren Seiten ebenfalls goldene Streifen eingenäht waren. Das sah doch wahrlich edel aus. Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Das hier schien gar nicht mal so schlecht zu beginnen.
 

Währenddessen stolperte Goku von der Glasscheibe zurück, stieß gegen einen massiven, hölzernen Tisch und eine reichlich verzierte Porzellanschale fiel auf den Boden und zersprang.

Mit schnell schlagendem Herz besah er sich die Scherben, wandte sich jedoch ab und ging noch einmal ans Fenster. Da war immer noch dieses Mädchen, mit den blonden, hoch gesteckten Haaren, die nur an den Seiten unter einem Tuch hervorlugten und das ihn erneut mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. Noch einmal vergewisserte er sich, dass er keine Wölbungen auf seiner Brust hatte, indem er über seinen Oberkörper strich. Erleichtert seufzte er auf. Doch jetzt, als er da so an sich hinabblickte, wurde ihm klar, dass er nicht nur ein anderes Spiegelbild hatte, sondern auch nicht mehr in seinem orangenen Trainingsanzug steckte. Er konnte seine Knöchel unter dem Saum eines schmutzigen, grauen Stofffetzens ausmachen, welchen er rund um seine Hüften trug und seine Füße steckten in hölzernen Pantoffeln. Irgendwie war hier wohl alles aus Holz.
 

Doch bevor er weiter über sein Aussehen rätseln konnte, erschien in der Tür eine etwas molligere, ältere Frau, mit bereits gräulich werdenden Haaren. „Was war das für ein ohrenbetäubender Schrei! Erst das Gezeter mit diesem nutzlosen Aschenputtel und nun schon wieder Lärm?“, rief sie aus und ihre Augen blieben an seiner Gestalt hängen und wurden sofort schmal. Irgendwie hatte sie eine gewisse Ähnlichkeit, mit der jungen Frau, die ihn geschlagen hatte. Ihr Körper war in ein bodenlanges, rotes Kleid gehüllt und unter ihrem Hals war eine grün schimmernde Brosche angebracht. „Und schon wieder bist du die Ursache. Was hast du diesmal angestellt, Aschenputtel?“ Der Blick der alten Dame huschte über den Boden und blieb an den Porzellanscherben hängen. „Hast du das hinuntergeworfen?“, fragte sie diesmal in einem ruhigen, fast freundlichen Tonfall, bei dem in Goku alle Alarmglocken zu läuten begannen, denn ihr Blick war eiskalt als sie ihre Augen wieder auf ihn richtete.

„Ähm…ich bin dagegen gestoßen. Aber ich werde es gleich wegmachen. Oh und…die Asche hab ich auch schon weggemacht. Alsooo…“, begann Goku zu erklären und versuchte ein Lächeln aufzulegen.

„Das war das Lieblingsporzellan meiner Tochter.“

„Was? Oh, das tut mir leid, ich...“ „Mach es weg, du Tölpel. Und wenn du fertig bist, wirst du dich bei ihr entschuldigen.“ „Oh ja, sicher, also dürfte ich nur ganz kurz-“ Doch die streng aussehende Dame unterbrach Goku sofort wieder. „Danach kümmerst du dich endlich um die Wäsche. Und vergiss nicht die Kleider für meine Töchter herauszulegen, bald kommt der königliche Bote vorbei. Die Schuhe musst du auch noch putzen. Und den Schmuck zurechtlegen, das Wasser für das Bad erhitzen und die Wanne befüllen.“ Goku stand mit offenem Mund da und starrte die alte Dame an, die noch einige Dinge aufzählte, die er zu tun hätte, die er jedoch nicht mehr so richtig mitbekam, da er gerade noch versuchte, sich die vorherigen einzuprägen. Danach verschwand die Frau wieder und ließ Goku allein in dem großen Raum. „Ähm…was war noch gleich das Zweite…?“ Mist, was war noch gleich das Vierte, das man ihm aufgetragen hatte? Aber was war mit der Asche? Er blickte zu dem Eimer, den er vorhin fallen gelassen hatte. Einige der grauen Partikel waren dabei aus dem Eimer gefallen und befand sich nun auf dem darunterliegenden Teppich. Langsam beschlich ihn das Gefühl, dass er nicht nur die Asche würde wegmachen müssen.
 

Unterdessen war Vegeta von Dienern in die Uniform gekleidet worden und hatte sich auf Erkundungstour begeben. Er strahle über das ganze Gesicht, während er sich immer mehr in den angrenzenden Räumlichkeiten verlor. Einer prächtiger als der andere. Schließlich ging er einen langen Gang entlang, rechts gesäumt von bodentiefen Fenstern. Auf dem Boden lag ein roter Teppich, der eines Königs würdig gewesen wäre. Plötzlich blieb er stehen. Sah an sich hinab, musterte die goldene Kordel, die quer über seine Brust gespannt an ihm hinab hing, dann blickte er aus dem Fenster. Dort machte er einen saftig grünen Garten aus, dessen Büsche perfekt in Form geschnitten waren und von kunstvoll angelegten Wegen durchzogen war, ausgefüllt mit weiß glänzendem Kies. Seine Augen weiteten sich. Konnte … es wahr sein? War er … ein König? Seine Augen begannen zu leuchten.

„Mein werter Prinz, da seid ihr ja.“ Vegeta fuhr herum und ein abgehetzter schwarzhaariger Mann kam schnellen Schrittes auf ihn zu. „Euer Vater möchte Euch sehen.“ „Mein Vater?“ „Ja, mein verehrungswürdiger Prinz.“ Das Herz des Prinzen schlug immer schneller in seiner Brust. Dann war er eben kein König. Aber irgendwie ... er wusste es einfach, er wusste, dass Angeama seine königliche Herkunft würdigen würde. Wie anders konnte man sich diese Überlappung von Geschichte und der Realität erklären? Ein breites, verschlagenes Grinsen legte sich auf seine Lippen als er dem Diener folgte. Jener führte ihn durch den langen Gang, dann eine gigantische, weit ausladende Treppe nach oben und schließlich in einen Saal, in welchem ein langer Tisch, um den unendlich viele Stühle aufgereiht waren, stand. Das Kopfende wurde von einem besonders imposanten Stuhl besetzt, auf welchem ein älter wirkender Mann, mit ergrautem, braunem Haar und strengen, aber freundlichen, braunen Augen saß, dessen Haupt eine Krone trug.

Langsam schritt Vegeta näher und blieb in einem, seiner Meinung nach, respektablen Abstand stehen. Es war für Zwei gedeckt worden, wenn aber die Protokolle in dieser Geschichte nur halb denen glichen, welche er noch aus seiner Kindheit kannte, dann war es besser einen Moment abzuwarten, bis der König ihn bemerkte und zu sich bat. Seine Voraussicht wurde nicht enttäuscht. Der König hob den Kopf, nickte ihm lächelnd zu und winkte ihn heran.

„Mein Sohn“, begann er zu sprechen und wies huldvoll auf den Stuhl zu seiner Rechten. „Setz dich. Es gibt einige Dinge um die du dich kümmern musst.“

Der Geste mit der gebotenen Vorsicht folgend, ließ sich Vegeta auf dem angebotenen Stuhl nieder und sofort war ein Diener zur Stelle, der ihm eine Auswahl an Speisen auf den Teller legte. Ja, Vegeta kam sich seiner Position und seines Ranges endlich mal gewürdigt vor.

„Vater?“, setzte er dann prüfend an, um zu sehen wie die Reaktion des Königs ausfiel und ob wirklich alles so funktionierte wie es der Opa ihnen erklärt hatte.

Der Mann neben ihm hob fragend den Kopf und sah ihn an und Vegeta beschloss, dass hier Schnelligkeit am ehesten zum Ziel führte. Je früher er wusste, was zu tun war, umso schneller konnte er Kakarott suchen, bevor der etwas vermasselte und sie ans Ziel dieser Geschichte bringen.

„Ihr wolltet mir Dinge mitteilen?“

„Ja, natürlich mein Sohn. Deine Mutter und ich denken, es wäre eine imponierende Geste und für dich eine Möglichkeit des frühen Ausschlusses, wenn du den Boten, welcher die Einladungen deines Verlobungsballes überbringt, begleiten würdest. Zumindest zu den naheliegenden Gehöften.“

Vegeta konnte es in diesem Moment dem aufgespießten Fleischstück auf seiner Gabel nachempfinden. „Verlobungs...ball?“, ächzte er und starrte den König ungläubig an.

„Natürlich mein Sohn. Darüber haben wir doch nun wirklich lange und ausführlich gesprochen. Wenn du vorher einige der geladenen Damen schon einmal in Augenschein nimmst, dann wird es dir auf dem Ball in einigen Tagen nicht so schwer fallen deine Entscheidung zu treffen.“ Gemächlich griff der König nach seinem Weinbecher und trank einen Schluck daraus. „Außerdem wird es dem Adel guttun, zu sehen, dass du dich für ihre Belange interessierst. Hab ein offenes Ohr, sei höflich und freundlich um dir ihre Gunst zu sichern und bestimmend dort, wo du denkst das es angebracht ist.“

Mit deutlicher Anstrengung schluckte Vegeta den Bissen in seinem Hals hinunter. Verlobungsball … die als sehr angenehm empfundene Geschichte hatte soeben einen herben Beigeschmack bekommen und irgendwie befürchtete Vegeta, dass er hier auch schon das Ziel dieser Geschichte präsentiert bekam. Der Prinz brauchte eine Braut.

Die Gabel mit dem Fleisch zurück auf den Teller legend, erhob er sich, was den König verwundert aufblicken ließ. „Bist du schon fertig mein Sohn?“

„Mir ist der Appetit vergangen.“, presste er hervor, erinnerte sich an weitere Protokolle der alten saiyajinischen Etikette und bekam mit viel Überwindung so etwas wie den Hauch einer Verbeugung zustande, ehe er schnellstmöglich den Raum verließ. Verlobung … was für ein Scheiß! Hoffentlich würde es dabei bleiben und nicht auch noch zur Heirat kommen. Wo war das Feuer? Wo war die Asche? Wo das brennende Inferno, in welchem er gedacht hatte Kakarott rösten zu können? Gab es in diesen Märchen nicht auch immer Ungetüme? Irgendwelche Monster die erschlagen werden mussten? Mit ein wenig Glück würde ein solches vielleicht noch auftauchen.
 

Son Goku ließ sich völlig fertig auf eine kleine Bank an der Stallwand nieder und wischte sich über die Stirn. Er war fix und fertig. Sein Rücken tat ihm weh, seine Füße in diesen fürchterlichen Holzschuhen, brachten ihn schier um und er hatte das Gefühl, dass sein Magen noch nie so leer gewesen war. Aber er brauchte jetzt einfach ein paar Minuten um seine Gedanken zu ordnen.

Er war eine Frau … definitiv eine Frau … das alleine trieb ihm ja schon den Angstschweiß auf die Stirn. Aber wenn er an sich selbst hinabblickte, und auch anfasste, dann war er ein Mann. Alles war gleich bis auf diesen überdimensionierten Kartoffelsack den er trug, die Schuhe und die Haube. Das war einfach alles so … verwirrend.

Dazu kam noch, dass die Asche zu entsorgen diese Geschichte nicht beendet hatte. Auch nicht, das putzen, das Wasser warm machen, das Scherben auflesen, oder irgendetwas anderes, was er in den letzten Stunden geleistet hatte. Und er hatte bisher immer gedacht, dass die Feldarbeit nervend war. Aber hier … so wie jetzt gerade - es war völlig egal wo er hin kam … plärrte ständig jemand 'Aschenputtel' und ehe er sich versah hatte er schon wieder irgendeine Arbeit an der Backe. Wie sollte er denn so das Ende dieses Märchens finden? Und überhaupt? Wann gab es hier mal was zu essen?

„Aschenputtel!“, schrie die Stimme der jungen, blonden Frau, Viktoria, wie er mittlerweile in Erfahrung gebracht hatte, aus einem der oberen Fenster des Herrenhauses. „Was sitzt du da so faul auf der Bank? Spute dich! Ich brauche jemanden der mir mit den Kleidern hilft und mir die Haare richtet! Der Bote des Königs kann jeden Moment hier eintreffen!“

Son Goku stöhnte genervt, legte die Hände zu einem Trichter an seinen Mund und brüllte genauso laut zurück: „Kannst du das nicht alleine? Anziehen und Haare kämen ist jetzt wirklich nicht so schwer!“ Mit einem Mal kam Goku etwas komisch vor … und als er sich umsah, merkte er, dass sämtliches emsiges Treiben auf dem Hof innegehalten hatte und all diese Menschen ihn mit weit geöffnetem Mund, entsetzt ansahen. Er begann zu schwitzen und zog den Kopf zwischen die Schultern ein. „Äh...ich komme?“ Und so schnell ihn seine geschundenen Füße tragen konnten, lief er zurück in dieses schweißtreibende Haus.
 

Zögerlich stand er vor Viktorias Gemächern, nicht wissend, was ihn da drin jetzt erwarten würde. Nach den Gesichtern der Leute aus dem Hof zufolge, dürfte er sich ja gewaltig falsch verhalten haben. Er hoffte inständig, dass er damit nicht die Geschichte ruiniert hatte. Vegeta würde ihn köpfen. Wobei … wo war der überhaupt?! Hatte Opa nicht gesagt, sie würden sich gegenseitig erkennen? Hier sah keiner aus wie Vegeta! Wo zum Henker war er nur, wo er selbst so hart schuftete um sie hier raus zu bekommen?! Sich in Rage gedacht öffnete Goku die Eichenholztür etwas grob und polterte in das dahinterliegende Zimmer. Viktoria fuhr erschrocken herum und sofort verfinsterte sich ihre Miene, die ihr eigentlich hübsches Gesicht zu einer hässlichen Grimasse verzog.

„Oh Aschenputtel…diesmal bist du zu weit gegangen.“
 

Ein lautes Seufzen war aus dem inneren einer prunkvollen Kutsche zu hören. Vegeta zog ein langes Gesicht und stierte aus dem Fenster des rollenden Gefährts. Er hockte nun schon den ganzen Tag in dieser Kutsche und wurde von einem Gehöft zum nächsten befördert. Es war so lächerlich. Fliegend, oder wenigstens mit Pferden, wären sie mit Sicherheit schneller gewesen. Nach jedem Besuch seiner Untergebenen stiegen sie erneut in diese gottverdammte Kutsche, umfuhren blühende Felder, mussten sich an gepflasterte Wege halten, während der direkte Weg querfeldein einen Bruchteil der Zeit in Anspruch genommen hätte. Dann trompetete einer der Diener, die ihn begleiteten, lautstark, die Türen wurden feierlich geöffnet. Er stieg aus der Kutsche. Verbeugungen überall. Dann war da sein nächster Gefolgsmann, der eine Festtagsschrift entrollte, dass dort Geschriebene lautstark verkündete, ein Brief wurde übergeben mit der offiziellen Einladung und schließlich verbeugte sich Vegeta höflich. Fragte wie das werte Befinden sei, wie es den Töchtern ginge, die dann hübsch vor ihm aufgereiht wurden. Dann seine Begleiter, die ihn aufmerksam musterten. Es war Vegeta nicht nur einmal passiert, dass er angewidert das Gesicht verzogen hatte und man der Familie die Einladung sofort wieder entrissen hatte. In dieser Hinsicht musste er sich wirklich zusammenreißen, nicht, dass er unbeabsichtigt die richtige Braut dadurch von diesem lächerlichen Ball auslud und so den Ausgang der Geschichte zunichte machte. Auf keinen Fall würde er sich diese Blöße vor Kakarott geben, dass er Schuld an … auch nur IRGENDETWAS war!

Und wieder stieg er in die Kutsche, nachdem er dieser Familie ein freundliches Lächeln geschenkt hatte, als man ihm deren schwarzhaarige, viel zu junge Tochter präsentierte hatte. Sie war doch fast noch ein Kind und trotzdem bot man sie ihm an. Die Menschen hier mussten wahrhaft verzweifelt sein. Als ob die Heirat mit einem Prinzen all ihre Sorgen in Luft auflösen würde. Vegeta schüttelte seinen Kopf. Das … konnte ihm doch egal sein! Doch dieses beklemmende Gefühl wollte ihn die weitere Fahrt hindurch nicht mehr loslassen…
 

„Tut mir leid, Viktoria, ich wollte nicht frech sein. Jetzt bin ich ja da, also…Kleider? Haare? Was zuerst?“

„Oh Aschenputtel, Aschenputtel, Aschenputtel.“ Viktoria schüttelte ihren Kopf jedes Mal hin und her. „Du scheinst schon wieder vergessen zu haben, wo sich dein Platz in dieser Familie befindet. Mutter war so gnädig und hat dich nicht aus dem Haus gejagt, als dein Vater gestorben ist und so dankst du es ihr jetzt? Indem du frech zu ihren geliebten Töchtern bist? Hast du schon vergessen, dass du dir deinen Schlafplatz hier in unserem Hause zu verdienen hast?“

„…was? Äh…schätze nicht.“, antwortete Goku unsicher. „Ich mache ja auch meine Arbeit. Das vorhin“ „Schweig!“, fuhr ihm die blonde Frau dazwischen. „Sobald der Königsbote weg ist, werde ich dir deinen Platz in Erinnerung rufen!“ Goku wurde das Gefühl nicht los, dass das nicht mit Boden schrubben erledigt sein würde…

„KINDER!! Beeilt euch! Mir wurde grade gemeldet, dass die königliche Kutsche zu sehen ist!! UND DER PRINZ IST DABEI!!“, drang die Stimme der Hausherrin zu ihnen nach oben, die sich beim Wort ‚Prinz‘ selbst überschlug und Viktoria stand sofort blanke Panik ins Gesicht geschrieben. „Oh nein! Oh nein!! Ich bin noch nicht fertig!! Los! Schnell!! Mein Kleid! Die Haare!“

Während Goku nun krampfhaft versuchte irgendetwas mit Viktorias Haaren zu machen, wobei er davon einfach absolut keine Ahnung hatte und sich immer wieder verzweifelt in Erinnerung zu rufen versuchte, wie Chichi ihre Haare immer zu einem einzigen gewaltigen Knoten auf ihrem Kopf gebunden hatte, fiel sein Blick zum Fenster hinaus. Die blonden Haare glitten ihm aus den Fingern und seine Augen standen weit aufgerissen. Viktoria, Goku anfauchend, wie unfähig er war, bemerkte seinen schockierten Blick durch den Spiegel hindurch, vor dem sie saß. „Oh nein! Ist der Prinz schon da?!“ Sie sprang auf und sah aus dem Fenster. „ER IST DAAAA!“, rief es von unten.

„Oh weh!“, fluchte Viktoria erneut, band sich selbst eine Schleife um ihr Haar und lief aus dem Zimmer.

Gokus Blick war immer noch aus dem Fenster gerichtet. Und ein Lächeln zierte sein Gesicht, während er leise flüsterte: „War klar, dass du der Prinz bist Vegeta.“
 

Vegeta atmete sehr tief ein und ließ die Prozedur des Trompetens und Vorlesens über sich ergehen. Vor ihm stand eine ältere, mollige Dame und neben ihr eine hoch gewachsene, junge Frau, die man mit viel gutem Willen als Durchschnitt bezeichnen konnte. Ihre Nase war zu lang, ihr Augen standen zu weit auseinander und ihr Kinn hatte eine eckige Form. Für die würde sich ein Prinz ganz sicher nicht entscheiden. In diesem Moment, erklang hinter den beiden Damen Gepolter und in Windeseile kam eine junge Frau aus der Hauspforte gestürzt und ließ sich wie die anderen beiden Damen in einen Knicks sinken, so tief, dass ihr Kopf auf der Höhe seiner Hüften war.

„Madame Roswitha und ihre Töchter Katharina und Viktoria.“, flüsterte ihm sein Diener zu und wie schon bei den anderen, beugte sich Vegeta leicht nach vorne, reichte ihnen die Hand und erlaubte so, dass sie sich erheben durften. Die Einladung wurde der Mutter in die Hand gedrückt, welche mit tausend Dankbekundungen wieder in einen tiefen Knicks sank und die Töchter hinter vorgehaltener Hand erröteten und leise kicherten. Dabei schlugen sie kokett die Augen nieder und Vegeta hätte, ob dieses gespielten Verhaltens, beinah angewidert das Gesicht verzogen. Im selben Moment, da er den Mund öffnen wollte, um einige Floskeln los zu werden, wurde über ihnen ein Fenster aufgerissen und jemand streckte den Kopf heraus. Nein … nicht jemand! Vegeta fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er das grinsende Gesicht von Kakarott sah, der ihm zuwinkte.

„Vegeta!“, brüllte er laut und beugte sich noch weiter aus dem Fenster. „Da bist du ja endlich! Gott seid Dank! Ich hab mich schon gefragt wo du steckst. Warte, ich komm runter.“
 

Die empörten Gesichter, mit den offenen und ungläubigen Mündern zeigten Vegeta, dass dies ganz sicher nicht der vorgesehene Verlauf der Geschichte sein sollte. Er sah noch, wie das blonde Mädchen, die zitternden Fäuste ballte und 'Aschenputtel' murmelte, während ihre Schwester und Mutter einfach nur kalkweiß anliefen, da setzte Kakarott, dieser Trottel, doch tatsächlich sein Bein auf den Fenstersims und sprang.

Vegeta blinzelte und ihm kam es vor, als würde Kakarott wie in Zeitlupe aus dem Fenster fallen … hatte der anderer Saiyajin da tatsächlich ein Kleid an?!, schoss es ihm unpassend durch den Kopf, ehe ihm klar wurde, dass Kakarott grade drauf und dran war sich umzubringen.

Entsetzte Schreie ertönten, Menschen sprangen auf, das Bild verlangsamte sich noch mehr. Kakarotts strahlendes Grinsen verwandelte sich in eine entsetzte Maske, das Kleid verhedderte sich an einem der Eisenbeschläge des Fachwerkhauses, brachte ihn ins Trudeln, er drehte sich in der Luft und noch bevor Vegeta überhaupt begriff was er tat, spurtete er los.

Das nächste was ihm bewusst wurde war, dass er im Matsch des Hofes saß, ihm sein Hintern höllisch weh tat und er ein Gewicht im Schoß hatte. Die Augen öffnend, sah er in Kakarotts breites Grinsen, der die Arme um seinen Hals geschlungen hatte und sich mit heftig bebender Brust an ihn klammerte.
 

„Oh man Vegeta...das war knapp! Danke.“, hörte der Prinz dicht an seinem Ohr die Stimme des Jüngeren und befreite sich schnellstmöglich von diesen erdrückenden Armen. Er sah Kakarott wütend an, wollte etwas sagen, doch Kakarott kam ihm zuvor: „Bin ich froh dich zu sehen! Du glaubst gar nicht, was die einem hier alles an Arbeit aufladen! Und ich dachte schon die Feldarbeit wäre viel, aber das ist kein Vergleich zu der ganzen“ „Kakarott...“ „Arbeit die man hier erledigen muss! Und erst diese Holzschuhe! Die SCHUHE! Ich...“ „Kakarott!“ „hab noch nie so unbequeme Schuhe angehabt. Da war ja jedes Training mit dir das totale...“ „KAKAROTT!“ Endlich drang seine Stimme zum Jüngeren durch, der ihn verdutzt anblinzelte, immer noch auf seinem Schoß sitzend und an seinem Hals hängend.

„Geh. Gefälligst. Von. Mir. Runter!“

„Oh...oh, klar, sofort...ich...“ Weiter kam Son Goku nicht, denn er wurde an den Haaren nach oben gezerrt und stieß einen Schmerzensschrei aus. Das waren ja höllische Schmerzen!

„ASCHENPUTTEL!!! Bist du von Sinnen?! Wie kannst du nur?! Dafür wirst du den Stock spüren, dass verspreche ich dir! Du kannst froh sein, wenn du dafür nicht hingerichtet wirst!“ Die alte Frau hielt Kakarott an den Haaren fest, der die Augen zusammengekniffen hatte und wurde dann von ihr in die Arme eines grobschlächtig aussehenden, tumben Kerls gestoßen. „Schaff sie uns aus den Augen!“ Mit zutiefst besorgtem Blick, ließ sie sich vor Vegeta auf die Knie fallen. „Ich bitte Euch, Majestät, verzeiht diesem dummen Ding. Sie ist nicht ganz richtig im Kopf und wird angemessen bestraft werden.“
 

Nach Vegeta griffen Hände um ihm aufzuhelfen, eine ganze Schar an Dienern umschwärmte ihn und seine Eskorte drängten die Frau und alle anderen von ihm weg, die Lanzen drohend gegen sie ausgestreckt. Sein Senegal brüllte allerlei Drohungen und Verwünschungen gegen Roswitha und ihre Töchter, dass man sie wegen Angriff auf den Prinzen zur Rechtschaffenheit ziehen würde.

Durch all dieses Chaos hindurch konnte Vegeta sehen, wie Kakarotts Körper, nach einem Schlag in den Magen, zusammensackte und er zur Seite kippte. Grade wollte der tumbe Kerl mit dem Fuß zu einem Tritt ausholen, da machte sich Vegeta von seinen ganzen Dienern los und durchbrach den Schutzwall an Soldaten, der ihn umgab.

„Halt!“, donnerte er und schob alle beiseite, die ihm im Weg standen. So sehr er es auch genoss mitanzusehen, wie Kakarott eine aufs Maul bekam, war es mit Sicherheit keine schlechte Idee, die Chance zu nutzen, um mit ihm zu reden, bevor Kakarott dafür sorgte, dass sie schon im ersten Kapitel feststeckten. Er stampfte entschlossen auf die beiden zu. Auf eine hektische und herrische Geste von Roswitha hin wich der gedrungene Kerl schnell von Kakarott zurück und senkte den Kopf.

„Mit Verlaub...die Bestrafung würde ich gerne selbst erledigen.“ Vegeta packte 'Aschenputtel' unsanft am Oberarm und zerrte 'sie' auf die Beine, warf seiner Eskorte, die protestierend angerannt kam, eindeutige Blicke zu und befahl ihnen bei der Kutsche zu bleiben. Die ganzen irritierten Gesichter ignorierend, schleifte Vegeta Kakarott hinter den nächstbesten Schuppen und gab ihm einen ordentlichen Stoß, der ihn taumeln ließ.
 

Son Goku, der das Gefühl hatte keine Haare mehr auf dem Kopf zu haben, dessen Magen höllisch schmerzte und der das Gefühl hatte seine Beine wären Wackelpudding, schaffte es irgendwie nicht umzufallen. Mit schmollendem Gesicht drehte er sich zu Vegeta um.

„Das wäre auch etwas sanfter gegangen.“, beschwerte er sich und rieb sich über den Oberarm, wo Vegeta ihn gepackt hatte. Langsam überkam ihn das Gefühl, dass sich die Schmerzen hier viel schlimmer als sonst anfühlten.

Der Prinz verschränkte die Hände und musterte den schmollenden Kakarott in diesem braunen, verdreckten Sack. Es gab zwar nicht viel, was ihn jemals wirklich amüsiert hatte, aber dieser Anblick ließ ihn belustigt grinsen. Die Tatsache allerdings, dass Kakarott wohl Aschenputtel war, ließ dieses Grinsen recht schnell wieder verschwinden.

„War ja klar, dass DU wieder mal die erste Geige spielen musst.“

„Hä?“ Son Goku hörte auf das Kleid abzuklopfen, um es von Dreck zu befreien und sah Vegeta fragend an, der nur die Augen verdrehte.

„Erste Geige? Hauptperson?“, versuchte es Vegeta noch mal und erntete nur einen weiteren fragenden Blick. „Aschenputtel? Der Name auf der Tür?“, wagte er einen dritten Versuch mit dem gleichen Ergebnis und gab auf. „Vergiss es einfach.“

In diesem Moment verstand Son Goku, was Vegeta ihm sagen wollte.

„Oh...ach das.“ Er grinste verlegen und rieb sich über den Nacken. „Dafür bist du hier wieder der Prinz. Ist doch nett, oder?“

„Tzz.“

„Nicht?“

„Besser als die Dienstmagd. Aber Kakarott?“ Vegeta rieb sich tief Luft holend über das Gesicht. „Bist du eigentlich komplett bescheuert, da einfach aus dem Fenster zu springen?! Lebensmüde oder was?“

„Ja...haha...ich wollte eigentlich schweben, aber das hat nicht funktioniert.“

„Und ist in dieser Geschichte auch ganz sicher nicht vorgesehen! Verflucht nochmal! Hast du komplett vergessen, was der Opa uns gesagt hat?“

„Nein?“

„Warum verhältst du dich dann so dämlich?“

„Ich wollte nur schnell zu dir, mit dir reden.“

„Was garantiert auch nicht vorgesehen ist in der Geschichte.“

„Wie kommst du darauf?“

Vegetas Braue zuckte. War das wirklich Kakarotts Ernst? Mit einer eindeutigen Geste zeigten Vegetas Hände auf sich. „Prinz.“ Dann zeigten sie auf Kakarott. „Dienstmagd. Prinz.“ Er wiederholte die Geste. „Dienstmagd. Klingelt da vielleicht was bei dir?“

Goku legte seinen Kopf schief. „Nein.“

Auf Vegetas Schläfe begann eine Ader gefährlich zu pulsieren. „DIENSTMÄGDE REDEN NICHT MIT PRINZEN!!“

„Wieso nicht? Ist doch nichts dabei. Prinzen sind auch nur“ Goku unterbrach sich schnell selbst. „…ähm…“

„Nur WAS, Kakarott?“ Vegeta hatte seine Arme vor der Brust verschränkt und trommelte ungeduldig mit einem Fingern auf seinen Oberarm. Na DAS konnte ja interessant werden. Jetzt hörte er endlich mal was sein tolles, letztes Rassenmitglied wirklich über ihn dachte.

„…also…naja…ihr seid doch…auch nicht anders als…wir.“

Sofort verengten sich Vegetas Augen zu schmalen Schlitzen. War ja klar, dass Kakarott so dachte. „Tja und genau WEIL du so denkst, sollten Dienstmägde NICHT mit Prinzen reden!“

„Ach komm schon, Vegeta! Das ist lächerlich!“

„Lä…Lächerlich?!“, fast hätte sich die Stimme des Prinzen überschlagen. „ICH SAG DIR MAL WAS LÄCHERLICH IST!! DU! Du in nem verdammten KLEID!“

Goku blickte an sich hinab. „…also eigentlich ist so ein Ding recht bequem.“ Er blickte zu Vegeta auf und grinste. „Ziemliche Beinfreiheit.“

Vegetas Kinn klappte nach unten. Er setzte zum Reden an, als schreckliche Bilder durch seinen Kopf jagten, die er garantiert nie wieder los werden würde.

„Solltest es auch mal ausprobieren.“

„Das…! DAS WERD ICH SICHER NICHT!!“

„Vielleicht bist du aber in der nächsten Geschichte auch ne Frau.“ Goku grinste ihn immer noch an.

„Wenn du so weiter machst, bist du vorher tot…“, knurrte Vegeta gereizt.

„Aber mal ernsthaft, Vegeta. Ich bin zwar Aschenputtel, aber ich hab echt keinen blassen Schimmer, wohin diese Geschichte führen soll. Zuerst dachte ich, ich muss nur die Asche weg machen, in der ich gelandet bin, aber das hat überhaupt nichts gebracht. Und dann hat mich diese furchtbare Frau zu hunderten Arbeiten verdonnert. Ich musste den Boden schrubben, den Mist von den Tieren wegmachen, die…“

Während Goku all die Dinge aufzählte, die er hatte machen müssen, weiteten sich Vegetas Augen immer mehr. Nicht, weil er es so schrecklich fand, was Kakarott alles hatte erledigen müssen, sondern weil ihm plötzlich etwas klar wurde. Wie war das gewesen? Sie waren die Hauptfiguren? Kakarott war … Aschenputtel. Die Person, nach der die Geschichte benannt war und er war der Prinz, der … heiraten sollte. Entsetzen breitete sich in seinen Augen aus. Er taumelte zurück. Nein. Nein! NEIN!!!

„Okay, vielleicht habe ich ein klein wenig übertrieben. Sooo schlimm war es jetzt auch wieder nicht, Viktoria und Katharina in ihre Kleider zu quetschen.“ Goku schrägte den Kopf und dachte daran, wie er ihnen hatte helfen müssen sich zu entkleiden und dann auch wieder anzuziehen, dabei schlich sich eine verräterische Röte auf seine Wangen. „Äh...also...nein, war wirklich nicht schlimm.“ Er rieb sich grinsend über den Hinterkopf.

„N…Nein…“, murmelte Vegeta völlig abwesend und den Boden vor seinen Füßen anstarrend.

„Mh…? Was?“ Goku legte seinen Kopf schief und sah Vegeta fragend an, dessen Augen nun zu ihm zurückruckten. „NEIN! Das…ich…! NIEMALS!“

„Vegeta?“ Goku machte einen Schritt auf ihn zu, doch das war zu viel für den Prinzen.

„Vergiss es! Das werde ich ganz sicher nicht machen…“

„Hä?“ Während sich Goku noch fragte, wovon Vegeta da eigentlich redete, machte dieser auf dem Absatz kehrt und stapfte davon. „Dann verrotten wir hier eben!!“, rief er noch, wedelte aufgebracht mit seinen Armen in der Luft und verschwand aus Gokus Blickfeld. Der wollte ihm nachgehen, doch plötzlich hörte er das Knacken eines Zweiges hinter sich und als er sich zu der Geräuschquelle umdrehte, sah er nur noch einen Holzpfosten auf sein Gesicht zufliegen.
 

„Los! Wir fahren! Sofort!“, rief Vegeta indes seinem Gefolge zu.

„Eure Exzellenz. Wir haben diesem Gesindel selbstverständlich die Einladung zu Eurem Ball entzogen. Wir bitten Sie vielmals um Verzeihung, dass Sie so einer Schmach ausgesetzt wurden.“, sprach ihn sein Herold von der Seite an als er sich in die Kutsche schwang. „Alles Bestens.“

Die Tür seiner Kutsche wurde von außen geschlossen. Sein Gefolge schwang sich bereits auf ihre Pferde. Vegeta trommelte aufgebracht, nervös, verstört mit seiner Hand gegen seinen Oberschenkel. Das konnte doch einfach nicht der Sinn dieser Geschichte sein! Eine Dienstmagd, die einen Prinzen bekam? Unterste Schicht und die Elite der Gesellschaft?! Das…! Seine Hand klatschte gegen sein Gesicht. Sein ganzer Körper sträubte sich gegen diese Vorstellung. Die Kutsche setzte sich in Bewegung. Das konnte einfach nicht wahr sein! Aber etwas in ihm wusste, dass es genau das war. Die Ähnlichkeit zu ihrer eigentlichen, realen Situation war einfach unverkennbar. Eine Dienstmagd und ein Prinz … Unterklasse und Elitekrieger. Vegeta vergrub sein Gesicht in den Händen und beugte sich vor, rubbelte sich über die Stirn und fuhr sich durch die Haare. Die Kutsche rumpelte über die unebene Pflasterstraße.

Verflucht nochmal! Wenn das wirklich der Sinn dieser Geschichte war, ihnen aufzuzeigen, dass ihre … Zusammenarbeit … ihre … genötigte Partnerschaft in ihren bisherigen Kämpfen etwas war, was es auch schon Jahrhunderte früher gegeben hatte, oder was den Kindern dieses Planeten als Gutenachtgeschichte erzählt wurde, dann … dann … war er grade dabei, das vorbestimmte Ende dieser Geschichte zu verhindern, indem er mit seinem Gefolge davon rauschte. Das Kakarott es selbst beinahe ruiniert hatte, weil er es gewagt hatte, sich vor dieser Familie und seinen Hofdienern so respektlos zu verhalten, versuchte er auszublenden. Einfach dem Prinzen um den Hals fallen! Vegeta schüttelte seinen Kopf. Eigentlich sollte er Kakarott dafür köpfen lassen. Oder ihm zumindest die Arme abhacken. Aber … alles deutete doch darauf hin, dass sie sich auf diesem Ball hätten näher kommen sollen … dass sich der Prinz dort in die Magd ver…verlie…

Vegeta konnte das Wort nicht einmal in seinen Gedanken zu Ende bringen. „Grr…so ein verdammter Mist!“ Er klopfte gegen das Dach dieses zurückgebliebenen Gefährts und der Kutscher zog die Zügel an. Brachte die Kutsche zum Stehen.

„Mein Prinz?“, fragte einer der Gefolgsmänner, der sogleich die Tür der Kutsche geöffnet hatte und sich tief verbeugte. Bevor Vegeta ihm antwortete, schloss er die Augen und atmete tief durch. Ja. Er WÜRDE Kakarott in Stücke reißen, wenn sie jemals aus Angeama entkommen würden…

„Gebt der Familie die Einladung zurück. Ich will sie auf meinem Ball haben.“

„Wie meinen?“, fragte der Diener überrascht.

„Du hast mich schon verstanden.“ Vegeta zog nun selbst die Tür der Kutsche wieder zu, verschränkte seine Arme vor der Brust und schloss seine Augen. Er würde das bereuen. Er würde das ganz sicher bereuen.
 

Son Gokus Schädel brummte tierisch. Jedes noch so kleine Geräusch, das zu seinen Ohren durchdrang, verursachte höllische Schmerzen. Nur unter größter Anstrengung schaffte er es seine Augen zu öffnen. Das Licht flackerte in rot tanzenden Farben über den steinernen Boden, der leicht vor seinen Augen verschwamm.

„Bist du endlich wach?“, drang eine, Goku mittlerweile bekannte Stimme, an sein Ohr. „Vi…Viktoria…? Was…ist passiert…?“

„WAS PASSIERT IST?!“ Goku kniff seine Augen zusammen als die blonde Frau zu kreischen anfing.

„Beruhig dich, meine Liebe.“ Nun war es die Stimme Katharinas die im Raum erklang. „Aschenputtel ist diese Aufregung nicht wert. Mutter hat gesagt, sie erlaubt uns nur dabei zu sein, wenn wir darauf achten, nicht unsere Kontenance zu verlieren. Das schadet nur unserem Auftreten.“

Viktoria atmete tief ein, was ihre Brust bedrohlich im engen Mieder des Kleides nach oben wandern ließ.

„Nun gut.“ Sie ging auf Kakarott zu, der nach wie vor auf dem Boden lag und den Worten völlig verwirrt gelauscht hatte. Mit der Spitze ihres Schuhes drückte sie ihn an der Schulter auf den Rücken. „Du wirst dir noch wünschen, du hättest dir den Hals bei dem Sturz gebrochen! HANS!“

Immer noch gegen den Schmerz in seinem Kopf ankämpfend reckte Goku seinen Hals und sah aus den Schatten des kleinen, dunklen Raumes den tumben, gedrungenen Kerl vom Hof auf ihn zu kommen. Eine Gänsehaut, gleich einem Ameisenheer wanderte über seine Wirbelsäule und irgendwie beschlich ihn das Gefühl, dass sich so wahrhaftige Angst anfühlte. Als Hans eine lange, geflochtene Lederschnur aus seiner Tasche zog, wurde Kakarott noch etwas klar. Er hatte nicht schweben können, er spürte Schmerzen viel stärker als sonst und er hatte keinerlei Ki zur Verfügung. Er konnte hier sterben … und Vegeta auch. Davon hatte Opa nichts gesagt ...

Aschenputtel - Die Wahrheit über die gute Fee

Während Vegeta in seiner Kutsche über die gepflasterten Straßen des Königreichs holperte, um die weiteren Einladungen zu seinem Verlobungsball zu überbringen und sich den Kopf darüber zermarterte, in welch abstruse Richtung sie dieses Märchen führte, lag Son Goku zusammen gekrümmt auf feuchtem, nassen Stein, die Knie an der Brust und die Arme schützend über seinen Kopf gelegt. Er hätte niemals gedacht, dass eine simple Schnur solche Schmerzen verursachen konnte.
 

Das geflochtene Lederband, welches von Hans mit einer unglaublichen Kraft geschwungen wurde, war ein ums andere Mal auf seinen Körper nieder gezischt. Dabei zielte Hans auf keine bestimmte Stelle und so hatte Goku sehr schnell versucht seine wichtigsten Körperstellen und seinen Kopf zu schützen. Der braune Sack, den er als Kleid getragen hatte, war auf seinem Rücken mittlerweile zerrissen und rotblaue Striemen zierten seine Haut. Dort wo die Lederschnur mehrmals dieselbe Stelle getroffen hatte, war seine Haut aufgeplatzt und blutete. Auch seine Unterarme und Beine, mit denen er sich hauptsächlich schützte, waren überseht von diesen rotblauen Linien. Um eines seiner Fußgelenke lag eine Eisenschelle mit einer Kette, die verhinderte, dass er allzu weit wegrutschte.

Die ganze Zeit über standen Viktoria und Katharina an der Tür und sahen dem Spektakel zu. Als Hans verschwitzt und außer Atem zurücktrat, sich den Schweiß von der Stirn wischte, traute sich Son Goku ein wenig den Kopf zu heben und zu den beiden Frauen zu blicken. Katharina sah sehr weiß im Gesicht aus, ihr ganzer Körper war stramm gespannt und es machte den Anschein, als würde sie jeden Moment in Ohnmacht fallen, wohingegen Viktoria glänzende Augen hatte und ihn anstarrte, als wäre er ihr ganz persönliches Frühstück. Als Hans erneut ausholte und Goku den Kopf sofort wieder zwischen seine Arme und Schultern zog, hob sie die Hand und Hans ließ den Arm sinken.
 

„Aschenputtel...“, Viktorias Stimme klang so lieblich und süß, dass dies einfach nichts Gutes verheißen konnte. Goku rührte sich kein Stück. „Aschenputtel!“, kam es hiernach in einem energischen Ausruf von ihr und Son Goku sah zwischen seinen Armen zu ihr hoch. Sie war an ihn herangetreten und blickte herablassend zu ihm herunter.

„Du schreist heute ja gar nicht. Das gefällt mir überhaupt nicht.“ Sie sah tatsächlich enttäuscht darüber aus. „Außerdem kamst du mir schon den ganzen Tag so seltsam vor. Scheinbar hast du endgültig den Verstand verloren. Dich einfach aus dem Fenster zu stürzen und dann auch noch MEINEN Prinzen anfassen!“

„DEINEN Prinzen?“, kam es empört von Katharina.

„Ja ja, unseren Prinzen.“ Viktoria wedelte nur abwertend mit der Hand ihrer Schwester entgegen, ohne Son Goku aus den Augen zu lassen. „Du kannst von Glück sprechen, dass dieser wunderbare, stattliche Mann so großzügig und gnädig zu dir war und dich nicht hat hinrichten lassen. UND, dass er uns doch noch eine Einladung zu seinem Ball hat zukommen lassen. Scheinbar habe ich es ihm angetan.“ Sie kicherte und Röte schlich sich auf ihre Wangen.

„Wie war das? DU hast es ihm angetan?!“, kam es diesmal lauter und protestierender von Katharina, die immer noch am anderen Ende des Raumes stand.

Wieder fuchtelte Viktoria mit dem Arm. „Ja ja, WIR haben es ihm angetan.“

„…Ball?“, presste Goku plötzlich zu Viktorias Füßen zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor.
 

Eine Augenbraue hebend beugte sich die blonde Frau zu ‚Aschenputtel‘ hinab und hauchte verräterisch in ‚ihr‘ Ohr. „Der Prinz veranstaltet einen Ball zu dem WIR eingeladen wurden.“

Gokus Augen weiteten sich. Vegeta veranstaltete einen Ball? Da … da musste er unbedingt hin! Doch erst einmal musste er versuchen hier heil herauszukommen und nicht … vorher zu sterben. Vegeta würde ihn dafür umbringen, wenn ihm das passieren würde. Sofort wurde ihm die Ironie des Ganzen klar und ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. Ein schwerer Fehler, wie ihm sogleich klar wurde, denn Viktoria richtete sich ruckartig auf. „Glaub ja nicht, dass mich das schon milde stimmt! Du hast uns alle blamiert und wir waren schon ausgeladen, doch dann hat es sich der Prinz doch noch anders überlegt! Du bist noch nicht aus dem Schneider ... oh nein, du bist nur eine schäbige, tölpelige, duselige Kuh, die nicht weiß wo ihr Platz ist! HANS!“

Der Mann zu Gokus Linken zuckte zusammen. „Los! Hol mir einen Eimer mit Asche, aber zackig!“
 

Vegeta stieg aus der Kutsche und dehnte unauffällig seinen Nacken. Am liebsten hätte er sich laut gähnend gestreckt, aber so etwas tat ein Prinz nicht. „Lasst mir ein Bad ein.“, befahl er dem nächstbesten Diener, der an ihm vorbei ging und beobachtete wie die Sonne am Himmel langsam gen Horizont sank und sich das Blau des Tages erst in ein dunkles Orange, dann in ein violettes Purpur wandelte.

Die Kutsche und die Pferde waren schon längst verschwunden, auch seine Eskorte war im Hof nicht mehr zu sehen, da stand der Prinz der Saiyajins und der Prinz dieses Märchenreiches immer noch auf den Stufen der langen, gewundenen und breiten Treppe, die zum Haupteingang seines Schlosses führte. Ohne es eigentlich zu wollen waren die verschiedensten Gedanken durch seinen Kopf gewandert. Würde man ihn fragen, dann könnte er in diesem Moment noch nicht einmal sagen was ihn an diesem Sonnenuntergang so gefesselt hatte oder was ihm durch den Kopf gegangen war. Es waren ohnehin nur verschwommene Gedanken gewesen, weit entfernte, die irgendwo aus seiner Kindheit stammten.

Als Wind aufkam, durch seine Haare fuhr, den Geruch von Sommerwiesen und blühenden Blumen mit sich brachte und sich Purpur zu Indigo wandelte, räusperte sich in seinem Rücken ein Diener. Er wandte den Kopf und der Diener verneigte sich tiefer.
 

„Eure Majestät. Euer Bad ist fertig.“ Vegeta nickte das er verstanden hatte und sah noch einmal in den Himmel. Das Farbenspiel hatte sich aufgelöst und mit ihm auch die Faszination, die ihn so unvorbereitet hier festgehalten hatte. Sich selbst einen Idioten schimpfend, drehte er sich um und folgte dem Diener in seinen Zimmerflügel.

Dort, in einem Raum der riesig war und in dem man locker hätte trainieren können, waren in zwei Kaminen große Feuer angezündet worden, über denen Kessel dampften. In der Mitte war ein großes, steinernes Becken im Boden eingelassen, in welchem das Wasser ebenfalls dampfte. Weiche, weiße Handtücher lagen überall am Rand herum und mindestens sechs Diener warteten im Raum auf seine Befehle. Die Mundwinkel des Saiyajins zuckten. Warum eigentlich nicht? Immerhin war er ja auch WIRKLICH ein Prinz.

„Nun denn“, gebot er hoheitlich und streckte die Arme nach links und rechts aus. Sofort kamen die Diener an und begannen ihn zu entkleiden. Er musste nicht einen Handgriff selbst tun. Das höchste der Gefühle war wirklich der Schritt aus seiner Hose. Als er dann nur noch seine Unterkleider trug, schwang eine der großen Türen auf und ein Berg von weißen Handtüchern kam herein. Vegeta musste blinzeln, bis er den hellblauen Stoff eines Kleides dahinter erkannte. Der Jemand ließ die Handtücher ächzend am Rand des Beckens nieder und endlich erkannte Vegeta die Person, die bisher dahinter verborgen war.

Es handelte sich um eine Frau, die ein wenig kleiner war als er selbst, aber dafür mindestens genauso breit. Sie hatte ergrauendes Haar, welches unter einer Haube steckte, die zu ihrem einfachen, hellblauen Kleid passte und auf ihrer Nase befand sich eine kleine runde Brille. Mit einem gutmütigen Lächeln stemmte sie energiegeladen die Fäuste in die Hüften und starrte Vegeta an, der nur fragend eine Braue hob. „Und Ihr seid?“
 

Die Augen der Frau wurden klitzeklein, als sie Vegeta nun fixierte, um dann gutmütig tadelnd den Kopf zu schütteln. „Also wirklich werter Prinz, mit seiner alten Amme sollte man solche Scherze nicht machen. Ihr werdet doch noch nicht so alt sein und die gute Rebekka vergessen haben?“ Rebekka klatschte in die Hände und stampfte um das Becken auf ihn zu. Dabei fuchtelten ihre Hände in der Luft. „Husch husch, raus mit euch. Zack zack, dalli dalli, los los.“ Die Diener gehorchten ihr auf der Stelle und entgegen Vegetas Protest befanden sie sich innerhalb von Sekunden alleine im Raum.

Rebekka schloss die Tür hinter ihnen und drehte sich, wieder mit in die Hüften gestemmten Fäusten, zu ihrem Prinzen um. „So, jetzt erzählt aber mal der guten Rebekka...wie war denn der erste Eindruck von Euren zukünftigen Bräuten, mein Prinz?“

„Äh...ich möchte baden.“, brachte Vegeta, immer noch leicht überfordert von der Energie dieser Rebekkakugel, über die Lippen.

„Na, dann badet doch mein Prinz.“

„Ich würde das gerne OHNE Kleider tun.“, versuchte es Vegeta nochmals zu verdeutlichen.

„Ach, schnickedieschnack!“, antwortetet Rebekka und kam auf ihn zu.

Es kostete Vegeta mehr Willensanstrengung stehen zu bleiben als ihm lieb war. Diese Frau war ihm irgendwie unheimlich und gleichzeitig vertraut. Das war eine irritierende Gefühlsmischung und viel zu spät bemerkte er, dass sie schon bei ihm war und tatsächlich begann, mit schnellen und kundigen Händen, sein Untergewand abzustreifen.

„W…was erlaubst du dir?! Ich bin der PRINZ!“

„Und ich seine Amme! Glaubt Ihr wirklich, ich lass mir das entgegen?! Ihr habt heute eure erste Auswahl für Eure zukünftige Frau getroffen. Hach, wenn ich an die ganzen Kinderchen denke, die es in Zukunft zu umsorgen gibt, da schlägt mein altes Herz voller Freude.“

„Verdammt Frau! Hände weg von der Hose!“, verteidigte Vegeta sein letztes Kleidungsstück so gut es ging, doch Rebekka kannte kein Erbarmen.

„Nun stellt Euch nicht an, wie in Euren Jugendjahren! Da gibt es nichts, was ich noch nicht gesehen hätte und Euer kleiner Prinz kann auch nicht anders aussehen als bei anderen Männern.“ Und mit einem Ruck, zog sie die Hose herunter.
 

Vegetas Hände schossen zu seiner Mitte und den erschrockenen Schritt zurück nutzte Rebekka kundig, um ihm die Hose von den Knöcheln zu streifen. Allerdings fiel dieser Schritt für Vegeta sehr ungünstig aus, denn hinter ihm war nichts außer der bloßen Wasseroberfläche und so landete er mit einem lauten Platsch in dem angenehm temperierten Wasser. Als sein Kopf wieder zum Vorschein kam, war Rebekka summend dabei, seine dreckigen Kleider ordentlich zusammen und in einen Korb zu legen. Misstrauisch und auf alles gefasst, verfolgte er jede ihrer Bewegungen, aber sie schien kein weiteres Attentat auf ihn verüben zu wollen.

Als sie dann mit Seife und Bürste näherkam, drehte er ihr den Rücken zu und ließ sich von ihr, immer noch ein wenig widerstrebend, die Haare einseifen. Aus irgendeinem Grund konnte er ihr einfach nicht böse sein und auch ihrer Art nicht widerstehen.

„Jetzt erzählt aber mal. War denn ein Mädchen dabei, dass Euch gefallen hat, mein Prinz?“

Sofort schoss ihm das Bild des jungen, schwarzhaarigen Mädchens in den Kopf, das noch viel zu jung war, um sich einem Mann versprechen zu lassen. Er sank tiefer in dieses wohlig warme Wasser, was Rebekka gleich nutzte, um ihm die Seifenreste aus den Haaren zu spülen.

„Ihr wollt mich heute wohl besonders lange auf die Folter spannen.“, drang wieder diese angenehme Stimme zu Vegeta und ohne es wirklich zu wollen, entkam ein Seufzer seinen Lippen.

„Ach herrje…war denn da wirklich keine, die Euch unter die Nase ging? Wie oft muss ich Euch denn noch erklären, dass es diese Eine nicht geben wird, nach der Ihr Euch so sehnt. Es kommt so gut wie nie vor, dass man eine andere Person sieht und sich Hals über Kopf in sie verliebt, mein Prinz. Bei Eurem werten Herrn Vater war das auch nicht der Fall und jetzt seht wie glücklich er mit Eurer Mutter ist.“

Was Vegeta auf diese Worte hin durch den Kopf schoss, irritierte ihn. Es war Kakarott, der aus dem Fenster freudig seinen Namen gerufen hatte und sich Hals über Kopf … für ihn … in die Tiefe gestürzt hatte. Er, in diesem lächerlichen Kleid. Ohne es zu merken zauberte sich ein Lächeln in sein Gesicht. Vielleicht war es ja genau das. Genau das, was einen Prinzen aus seinem eintönigen Alltag riss. Eine einfache Magd … ein naiver Trottel, der … der es schaffte, diese steife Etikette zu durchbrechen und Eigenschaften in einem Prinzen hervorrief, die sich dieser niemals zu träumen gewagt hatte. Es konnte sogar sein, dass Kakarotts Auftreten den Lauf der Geschichte gar nicht mal so beeinträchtigt hatte. Der Prinz … also er … war einfach losgelaufen. Hatte ihn … also diese Dienstmagd … aufgefangen, gerettet, vor dem Tod bewahrt. Und ihre … das hieß, seine … Art, hatte ihn ja möglicherweise sogar dadurch befreit aus seinem Trott.
 

Vegeta schüttelte seinen Kopf, als ihm dieses Gefühl von Lähmung in Erinnerung kam, dass er ... dass er am Morgen im Eingang der Capsul Corp. verspürt hatte.

„Oh...jetzt wartet mal mein Prinz…ist es das, was ich denke?“, riss die Amme Vegeta aus seinen allzu verwirrenden Gedanken. Er hatte gar nicht bemerkt, dass sie sich über ihn gebeugt hatte.

„…was?“

„Dieses Lächeln sieht nun denn sehr danach aus als wäre da doch jemand gewesen.“ Sie stemmte wieder ihre Arme an die Hüfte und sah Vegeta prüfend an, der nervös versuchte den wenigen Schaum, den es im Becken gab, um seine Körpermitte zu scharren und irgendwie diesem Blick zu widerstehen.
 

Son Goku wusste wie es war keine Luft zu bekommen. Er wusste aus Erfahrung was zu tun war, wenn ein Gegner ihn lange Zeit unter Wasser hielt und so blieb er ruhig und gelassen, als dieser Hans seinen Kopf ein weiteres Mal in den Eimer mit einer klebrigen Mischung aus Wasser und Asche drückte. Auch wenn ihm diese Pampe in die Nase und in die Ohren lief und einfach überall hängen blieb, verhielt er sich ruhig, wehrte sich nicht und sparte so kostbare Atemluft. Als er wieder auftauchte, schnappte er sofort nach derselben, um so viel wie möglich in seine Lungen zu bekommen, denn er wusste nicht, ob Viktoria Hans gleich noch einmal das Zeichen zum Eintauchen geben würde.

Katharina stand am Eingang zu diesem Kellerraum und war kreidebleich um die Nase. „Viktoria, findest du nicht, es reicht langsam? Ich bin sicher Aschenputtel hat verstanden, dass sie sich falsch verhalten hat.“

Viktoria aber stampfte wütend mit dem Fuß auf. Es war ihr anzusehen, dass sie nicht begeistert davon war, dass 'Aschenputtel' ihre Idee mit der Asche und dem Wasser so gelassen hinnahm und noch nicht mal zappelte. „Nein, nein, nein! Sie hat dafür zu büßen! Sie soll sich nie wieder so unverschämt verhalten!“

„Hör mal“, versuchte es Goku. „Ich...ich hab das jetzt wirklich verstanden. Ich...hab mich echt falsch verhalten und das wird auch nie wieder vorkommen...versprochen.“ Vielleicht würde sie ja Einsicht dazu bringen ihn hier raus zu lassen und dann wäre er so schnell verschwunden und auf dem Weg zum Königsschloss, so schnell hatte diese Ziege noch nie jemanden verschwinden sehen.

Viktorias Augen verengten sich und sie starrten sich eine ganze Weile an. Dann wurde es Goku eiskalt, denn etwas in dem Blick dieser Furie hatte sich verändert. Er musste sich mit irgendetwas verraten haben.
 

„HANS! Halt ihren Kopf fest und die Nase zu!“

Gokus Augen weiteten sich. „W...was?!“ Er sah verzweifelt hin und her, versuchte wegzukommen, doch Hans packte ihn im Nacken und tat wie seine Herrin ihm geheißen. „H...hör mal Viktoria...es tut mir wirklich leid! Ich...ich mach alles was du sagst, wirklich. Das...das muss doch jetzt wirklich nicht mehr sein, oder?!“

Doch Viktoria ließ sich nicht aufhalten. Als Hans Son Gokus Nase zu hielt und dieser notgedrungen den Mund öffnen musste, um Luft zu schnappen, stopfte sie ihm eine ganze Hand voll Asche in diesen. Die feinen Rußpartikel drangen sofort in seinen Hals ein und er begann zu würgen und zu husten. Doch Viktoria war wie von Sinnen. Sie drückte eine weitere Handvoll in seinen Mund und mit panischem Blick kämpfte Son Goku darum von Hans loszukommen. Der Griff an seiner Nase lockerte sich und er konnte einen wichtigen Atemzug nehmen. Katharina an der Tür würgte und verließ den Raum, während sich Viktoria mit einer weiteren Hand voll Asche ‚Aschenputtel‘ näherte.

Son Goku versuchte das Zeug, das er im Mund hatte zu schlucken, doch die feinkörnige Asche hatte sich zu einem regelrechten Klumpen zusammengeballt. Er versuchte vergeblich Viktoria von sich fern zu halten, doch Hans packte seine Arme und hielt ihn fest.

„Also ASCHENputtel, mal schauen, wie viel von dieser Asche du noch verträgst.“ Und damit drückte sie Goku einen weiteren Schwall auf Mund und Nase, verrieb es und sorgte dafür, dass die feinen Partikel nun auch in seine Nase eindrangen und diese verklebten. Anschließend drückte sie seinen Kopf zurück in den Wassereimer.

Diesmal bekam sie ihre zappelnde und panische Reaktion und es erfüllte sie mit größter Genugtuung Aschenputtel diese Blamage auf dem Hof mit eigenen Händen heimzuzahlen. Aschenputtel würde es damit nie wieder wagen, sich so respektlos zu verhalten, geschweige denn, sich IHR zu widersetzen.
 

Da sie nicht sonderlich stark war, musste sie alsbald von Son Goku ablassen, der so stark mit seinen Händen um sich geschlagen hatte, dass sie ihre Kraft viel zu schnell verlassen hatte. Prustend riss Goku seinen Kopf nach hinten und versuchte den dringend benötigten Sauerstoff in seine Lungen zu ziehen. Der Anblick war äußert zufriedenstellend, doch man konnte deutlich in Viktorias leuchtenden Augen sehen, dass sie immer noch nicht genug hatte. Nein. Dieses Gefühl Aschenputtel selbst mit ihren Händen in diesen Eimer zu drücken, hatte sie vollends des klaren Denkens beraubt. Goku versuchte sich indes panisch die verklumpten Aschereste aus Mund und Nase zu holen. Viktoria ging um ihn herum, gab Hans mit einem Wink ihres Kopfes zu verstehen, dass er wieder dran war und als sie an ihrem verdämlichten Diener vorbeiging, schnappte sie sich noch die Rute, die dieser an seinem Gürtel trug. Kaum, dass Goku das Gefühl hatte wieder Luft zu bekommen, zerrte eine Hand an der Kette, die an der Schelle, welche er am Fußgelenk trug, befestigt war und beförderte ihn wieder vor den Eimer. Langsam wurde Goku bewusst, dass er am Ende seiner Kräfte war. Zumindest der Kräfte, die er in dieser Geschichte zu haben schien. Als er das schmutzige Wasser vor sich sah, schloss er nur noch seine Augen.

„Bi…Bitte…hör auf…“, begann er zu flehen, doch Viktoria schien seine Worte gar nicht wahrzunehmen. Sie stand hinter Son Goku, hielt die Rute mit beiden Armen über ihrem Körper, deutete Hans, dass er ‚Aschenputtel‘ wieder in den Eimer drücken sollte, was dieser auch sofort tat, und ließ die Peitsche nach unten schellen. Mit all ihrer Kraft. Und Goku schrie. Schrie in das Wasser, sodass es keiner hören konnte und nur wilde Wasserblasen an seinen Wangen nach oben aufstiegen und die Wasseroberfläche zum Brodeln brachten. Sie schlug immer wieder auf Gokus Rücken ein, begann hysterisch zu lachen als sie aufplatzende Wunden sah. Gokus Hände sanken neben dem Eimer zu Boden. Die Wasseroberfläche wurde ruhig. Zu viel des Aschewassers war in seine Lungen eingedrungen. Und während sein Verstand immer trüber wurde, dachte er nur daran, dass er es wohl schon bei der ersten Geschichte gewaltig vermasselt hatte. Dass sich die Tode, die er bis jetzt erlebt hatte, nie so derart grausam angefühlt hatten. Dass es wohl nicht Vegeta sein würde, der ihn in Stücke riss…

„VIKTORIA! HÖR SOFORT AUF!“, waren die letzten Worte, die Goku noch mitbekam.
 

„Das ist doch lächerlich. Dar war NIEMAND!“, schoss es aus Vegeta heraus, nachdem ihn Rebekka nun schon eine Weile mit wissendem Blick angestarrt hatte. Sie hob nur eine Augenbraue nach oben und schon war es dem Prinzen, als könnte er nicht anders, als ihr die Wahrheit zu sagen. „Ja, schön. Gut. Da ist jemand.“ Beleidigt zog er seine Arme aus dem Wasser, die er immer noch schützend vor seine Körpermitte gehalten hatte, dabei spritzte das Wasser wild umher und er verschränkte seine Arme vor der Brust. Sofort legte sich ein breites Grinsen auf Rebekkas Gesicht.

Sich unter Ächzen hinkniend, ihre Hände auf dem Rand des Beckens ablegend, stierte sie Vegeta weiterhin von der Seite an. „Erzählt mir alles.“

Vegetas Augen huschten zu den Ihren, gleich wieder weg, wieder zu ihr und schließlich brach es aus ihm heraus: „Es ist nicht das, was du vielleicht erwartest. Sie ist…ein Niemand. Eine…“

Der Prinz verstummte als ihm bewusst wurde, dass vor ihm eine … seine … Amme saß. Eine Bedienstete, eine Angestellte, wohl in anderen Augen auch ein … Niemand. „…nein, vergiss es. Sie ist kein…Niemand. Sie ist wohl nur nicht das, was man sich als Braut des Prinzen erwarten würde.“

„Interessant. Was ist sie denn? Eine ältere Dame vielleicht?“

„Wie? Was? Nein…Nein! Sie ist…eine Dienstmagd.“

Überrascht huschten Rebekkas Augenbrauen nach oben. „Eine Dienstmagd?“

„Ja.“

Sie legte nachdenklich die Hand an ihr breites Kinn. „Das könnte tatsächlich ein Problem sein. Mmmh…wisst Ihr ob sie mit den Etiketten am Hof vertraut ist?“

Vegeta lachte auf. „Mit Sicherheit nicht.“

„Also schön!“ Rebekka kämpfte sich zurück auf ihre Beine. „Wenn Ihr euch verliebt habt, dann wird Eure Amme Rebekka das für Euch richten.“ Sie stemmte wieder voller Enthusiasmus ihre Arme in die Hüfte.

Vegetas Arme sanken zurück ins Wasser. Seine Augen waren weit aufgerissen. Er … sich verliebt … ja klar. War ja nur Kakarott, von dem sie da sprachen. Kein Problem. Eine Ader pochte schon wieder gefährlich an seiner Schläfe.

„Ihr müsst mir nur sagen, wo ich diese Magd finde, mein Prinz. Den Rest könnt Ihr getrost Rebekka überlassen! Ich mache aus ihr Eure Braut.“

„Na viel Spaß bei dem…ähm…bei ihr. Das werdet Ihr kaum in ein paar Tagen hinbekommen.“

„Unterschätzt mich nicht, mein Prinz.“, lächelte Rebekka überzeugt. „Unterschätzt mich nicht.“
 

Er bekam wieder Luft! LUFT! Atmen, Sauerstoff … und er musste würgen.

Son Goku konnte es nicht verhindern, aber er musste husten und spuckte Ascheschleim aus seinem Hals aus, hustete wieder, würgte Wasser hoch, drehte den Kopf auf die Seite und spürte, wie ihm auch Wasser aus der Nase lief. Alles durchsetzt von diesen schwarz grauweißen Partikeln, die ihn fast das Leben gekostet hätten. In seinen Ohren summte ein hoher, schriller Ton und seine gesamte Umgebung drehte sich. Stimmen, unterschiedliche Stimmen drangen verzerrt an sein Ohr, aber er konnte sie in seinem Unterbewusstsein zuordnen. Das eine war Viktoria, das andere Roswitha. Die Mutter schien die Tochter zu schelten und obwohl auch sie ein blödes Miststück war, wie Goku fand, dachte er in diesem Moment nur: Als drauf! Immerhin hatte ihn diese blöde Kuh fast umgebracht und das einzig und allein nur deswegen, weil er mit Vegeta gesprochen hatte. Na und? Er sprach laufend mit Vegeta … mit einem Prinzen umzugehen war für ihn nichts Neues. Es war etwas Selbstverständliches, Tagtägliches.

'So etwas darfst du doch nicht tun mein liebes Kind' und 'Keine Dame darf sich so gehen lassen, das schadet nur deiner Ausstrahlung'. Dann noch: 'Und schau dir nur an, was das mit deinen Händen gemacht hat, vollkommen verdreckt und Rußverschmiert.' Und als schließlich die Sätze vielen: 'Außerdem hättest du dich verletzten können. Was wenn ein Kratzer deine Haut verunstaltet hätte? Gar eine Narbe?', hätte Son Goku fast aufgelacht, denn sein blutender Rücken brannte wie Feuer und er war sich sicher, dass da die ein oder andere Narbe zurückbleiben würde. Dann umfing ihn gnädige Schwärze.
 

Als er wieder zu sich kam, roch es nach Tieren, es war warm und es war gemütlich. Er lag mit dem Kopf auf etwas Weichem und dachte schon, er hätte alles nur geträumt. Doch als er sich bewegte, begann sofort sein Kopf zu schmerzen und sein Rücken zu spannen. Stroh knisterte unter der Decke, auf welcher er lag und er spürte das jemand bei ihm war.

„Bleib liegen Aschenputtel.“ Eine Stimme, die er nicht kannte und eine sanfte Hand, die ihn zurück auf die Decke drückte. „Diesmal hat sie dich wirklich schwer zugerichtet.“

„...wo?“, brachte er mühsam heraus.

„Im Heuschober, wo es dank der Tiere unter uns schön warm ist. Hier finden sie dich auch nicht so schnell. Du brauchst Ruhe. Hast du Durst?“

„Ja...“

Die freundliche Hand half ihm dabei sich etwas aufzurichten und aus einer kleinen Holzschale langsam ein paar Schluck Wasser zu sich zu nehmen. Seltsam, dachte er, dass man ein und dasselbe zum Überleben brauchte und es einen gleichzeitig umbringen konnte.

Gokus Augen wanderten zu der fremden und freundlichen Person, welche ihm Wasser reichte. Vielleicht ein Stallknecht, so wie der junge Kerl angezogen war, mutmaßte Goku, bevor ihn die Schwärze der Erschöpfung wieder in ihr Reich zog.
 

Das nächste Mal als er zu sich kam, fühlte er sich schon wesentlich besser. Sein Kopf und sein Rücken schmerzten noch, aber er war zumindest nicht mehr so benebelt und fühlte sich auch nicht mehr wie in einem Traum. Diesmal allerdings war er alleine. Vom Hof her hörte er Pferdegetrappel, ein Wagen holperte über die Steine, aufgeregte weibliche Stimmen die sich gegenseitig zu einer Kakofonie steigerten, welche ihresgleichen suchte. Die eine Stimme gehörte Roswitha, die anderen einer Frau Namens Rebekka, wie er heraushörte. Man hatte fast das Gefühl, dass sich die beiden wie zwei wütende Bullen anblökten, bevor sie aufeinander los gingen. Doch das konnte ihm herzlich egal sein. Es ging ihn nichts an. Er war froh, dass er noch immer seine Ruhe hatte. Mit einem hölzernen Löffel schöpfte er sich etwas Wasser in die Schale und begann in großen Schlucken zu trinken, verschluckte sich, hustete und sofort war das Gefühl des Erstickens wieder da. Goku machte eine Pause, wartete, beruhigte sein schnell schlagendes Herz und leerte den Eimer dann sehr viel langsamer, fast bis zur Gänze, ehe er sich wieder auf die Decke fallen ließ und einschlief.
 

Bei seinem nächsten Erwachen, glaubte er zu träumen. Er lag in einem weichen Bett und unter ihm war kein Stroh, sondern eine richtige, gepolsterte Matratze, bezogen mit weichem Leinen. Die Decke auf seinem Rücken bedeckte ihn nur bis zur Hüfte und sein Oberkörper war mit Bandagen versehen, ebenso wie seine Arme und Beine. Vögel zwitscherten und eine leichte Brise, die nach Wiesenblumen und Gras roch, wehte über ihn hinweg. Mit gerunzelter Stirn hob er den Kopf und sah sich orientierungslos um.

Er befand sich in einem Raum, der zwar nicht groß aber recht hübsch eingerichtet war. Nicht pompös, oder so erzwungen edel, wie in Viktorias Zimmer, sondern einfach, schlicht, aber hübsch und gemütlich. Langsam richtete er sich auf, spürte noch ein leichtes Ziehen in seinem Rücken und seine Beine waren ein wenig wackelig, aber ansonsten schien es ihm gut zu gehen. Auf einem kleinen Tisch zu seiner Rechten stand ein Krug mit Wasser und ein Becher und er spürte abermals wie durstig er war. Das erste Glas in einem Zug lehrend, trat er an das offene Fenster und sah auf einen kleinen Innenhof, der vollkommen bewachsen war. Gras mit Wildblumen, Rankengewächse an den Mauern und Beete mit größeren und wunderschönen, knallbunten Blumen zeigten sich ihm. Irritiert blinzelte er. War das ein Traum?

Mit einem knarzenden Geräusch ging hinter ihm die Tür auf. Er fuhr herum, erhob die Arme kampfbereit und stellte dann fest, dass von der kleinen, kugelrunden Frau in dem hellblauen Kleid, der blauen Haube und den ergrauten Haaren, wohl keine Gefahr ausging. Als sie ihn erblickte strahlte sie über das ganze Gesicht.
 

„Wie schön! Endlich bist du aufgewacht! Wurde auch langsam Zeit, auch wenn dich diese Weiber elendiglich zugerichtet haben.“ Sie stemmte ihre Fäuste in die breiten Hüften und musterte ihn eingehen von oben bis unten. In diesem Moment wurde Goku bewusst, dass er nackt war.

„WAH!“ Mit einem Satz war er am Bett und zog sich knallrot die Decke vor den Körper, was die alte Frau zum Lachen brachte. Dann zwinkerte sie ihm zu.

„Aber nicht doch Mädchen. Da ist nichts, was die alte Rebekka nicht schon gesehen hätte. Zeig doch mal her.“ Mit watschelnden Bewegungen war sie bei ihm und ehe Goku wusste wie ihm geschah, hatte sie ihm das Leinen entwendet. Wie auch immer ihr dieser Trick gelungen war, Goku hatte ihn nicht mitbekommen und sah sich nun der Begutachtung der fremden Frau gegenüber. Rebekka … wie sie gesagt hatte.

„Hast du mich von dort weggeholt?“, wollte er wissen, weil er glaubte sich an den Namen Rebekka zu erinnern.

„Mhm? Wie?“ Aus ihrer Betrachtung gerissen sah sie zu ihm hoch.

„Ob du mich von dort weggeholt hast.“

„Oh ja, das habe ich.“ Rebekka nickte und ihre Augen kehrten zu Gokus Brust zurück. Sie war sofort wieder in ihren Gedanken. „Hübsche, kleine Brüste und straffe Schenkel“, murmelte sie vor sich hin und gab Goku einen Klaps auf Letzteres. „Ja, doch...doch, ich kann verstehen warum sich unser Prinz in dich verliebt hat.“

„W...w...wa...was?“, stammelte Goku, während er mit weit aufgerissenen Augen zurücktaumelte, sich mit seinem Fuß verhedderte und aufs Bett plumpste. Da war ein einziger, verdammt kräftiger Herzschlag gewesen, den Goku bei dem Wort ‚verliebt‘ gespürt hatte. Danach hatte es zwar immer noch schnell und nervös weiter geschlagen, aber ... normal eben.

„Ach, Kindchen. Der Prinz hat mir alles über dich erzählt.“ Sie schmunzelte. „Ein klein wenig von Sinnen bist du ja schon. Aber als du dich aus dem Fenster gestürzt hast, bist du wohl direkt in sein Herz gefallen.“

Goku starrte immer noch mit großen Augen vom Bett zu Rebekka auf. „D...DAS hat er...gesagt?“

„Das musste er gar nicht. Die gute, alte Rebekka weiß genau, was in ihrem kleinen Prinzen vorgeht.“

„Ah...oh…puh okay...“ Jetzt war Goku alles klar. Als ob Vegeta jemals solche Worte in den Mund genommen hätte. Die alte Frau musste da gehörig etwas missverstanden haben.
 

Rebekka musterte Son Goku wieder von oben nach unten. „Also meine Kleine. Wir haben nicht mehr viel Zeit, um dich hoftauglich zu bekommen.“

„Hof...tauglich?“

„Du willst doch auf diesen Ball oder nicht?“

„Ball? Oh. Stimmt, da war ja ein Ball, der wegen Vegeta veranstaltet wird.“

„Wegen wem?“

„Vegeta?“

„Wer?“

„Ähm...der Prinz?“

Die Amme lächelte und nickte. „So ist es, der Prinz.“ Sie streichelte Goku sanftmütig über den Kopf. „Und keine Sorge. Hier bei mir bist du in Sicherheit. Dein Leben wird ab heute um so Vieles besser werden.“

„Ach ja?“

„Natürlich. Unser Prinz wird dir ein wundervolles Leben bieten.“

Goku zog eine Augenbraue nach oben. Vegeta und ihm ein wundervolles Leben bieten? Der würde ihm höchstens nen Schlag in die Magengrube verpassen und das Weite suchen, wie hinter der Scheune, als er ihn einfach hatte stehen lassen. „Wann…ist dieser Ball denn?“

„In zwei Tagen schon. Und damit wir dich dem König vorzeiglich machen können, müssen wir dir noch so einige Dinge beibringen. Aber keine Sorge, die alte Rebekka wird das schon machen. Deine Wunden habe ich versorgt, die werden dir allerdings noch einige Wochen Schmerzen bereiten.“

„Ach, ich bin Schlimmeres gewohnt.“, tat Goku die Verletzungen ab als seien sie nichts Besonderes, auch wenn sich diese Schmerzen doch sehr … anders anfühlten.

„Eijeijei. Du hast wirklich schon viel durchgemacht für dein junges Alter.“

„Ähm, sag mal, Rebekka...das klingt alles sehr nett von dir, aber kann ich...also gibt's hier...was zu futtern?“

„Fu...Futtern? Ach herrjemine. Futtern sagt sie...“ Rebekka schüttelte theatralisch ihren Kopf.

„Naja, ich hab tierischen Kohldampf…und hast du ein paar Klamotten, die ich mir überwerfen kann?“

Die stämmige Amme blinzelte ein paar Mal und sah Goku einfach an, ohne zu reagieren. Genau wie eben, als er Vegetas Namen ausgesprochen hatte. In Kakarotts Kopf ratterte es. Die Figuren hatten ja Namen in dieser Geschichte, also er war ja Aschenputtel und Vegeta hieß … wie hieß der überhaupt?

„Rebekka? Wie ist eigentlich der Name des Prinzen?“

„Wie bitte?“

„Na, der Name … wie heißt er?“ Rebekka sah ihn wieder einfach nur verwirrt an, als hätte sie nicht gehört, was er gesagt hatte. Irgendwie war das komisch. Auf einige gesagte Sachen schienen diese Leute gar nicht zu reagieren, aber auf andere schon. Moment, das musste er jetzt nochmal testen.

„Also gibt es jetzt was zu futtern?“

„Natürlich meine Kleine, aber erst musst du dir etwas anziehen.“

„Ja, klar…Klamotten. Danach habe ich ja auch gefragt.“

„Nach was?“

„Klamotten.“

Ein fragender Blick.

„Kleidung?“

„Oh natürlich Kindchen, natürlich bekommst du Kleidung von mir. Du kannst ja nicht nackt herumlaufen.“ Rebekka lächelte ihn an und langsam begann es für Goku Sinn zu ergeben. Ein Versuch noch, sagte er sich.

„Wie bin ich eigentlich hierher gekommen? Hast du mich mit dem Auto hergebracht?“

„Womit?“

„Dem Auto?“

„Dem was?“

„Au-to.“, wiederholte Goku langsam.

„Was?“, fragte Rebekka wieder und sah ihn mit dem gleichen fragenden Ausdruck an, wie zuvor, als er Vegeta und nicht Prinz, oder Klamotten und nicht Kleidung gesagt hatte.

„Auto. Das ist so ein Ding in das man einsteigt, um von einem Ort zum anderen zu kommen.“

„Ach du meinst eine Kutsche mein Kind. Na sag das doch gleich.“ Rebekka lächelte.

So war das also. Wenn man ein Wort oder einen Namen sagte, den die Figuren in der Geschichte nicht kennen konnten, dann hing man scheinbar einfach fest, oder es wurde ignoriert. Wenn man aber etwas sagte, was sie sich ableiten konnten, dann reagierten sie. Sehr verwirrend.

Son Goku grinste plötzlich, drehte sich zu Rebekka um und musste das einfach nochmal ausprobieren. Das hatte ihm grade viel zu viel Spaß gemacht.

„Nein, ich meine ein Auto.“

„Ein was?“

„Ein Auto.“

„Ein was?“

„Ein Auuutooo.“, kicherte Goku und konnte nicht mehr an sich halten.

Rebekka setzte eine strenge Miene auf. „Worüber lachst du denn jetzt Kindchen? An dieser ganzen Situation ist wirklich nichts zum Lachen und nun komm, komm, wir haben wenig Zeit und du hast Hunger.“ 'Aschenputtel' schien wirklich ein wenig seltsam zu sein, dachte Rebekka und da war mehr Arbeit, die auf sie wartete, als sie gedacht hatte. Insbesondere nachdem sie ‚ihr‘ in ein Kleidchen geholfen hatte, ‚sie‘ in das Esszimmer ihres Hauses geleitet hatte und gesehen hatte WIE ‚sie‘ aß. Wie eine Scheunendrescherin.
 

„Sto…STOPP!“, rief Rebekka irgendwann dazwischen, als sich Goku fast einen gesamten Laib Brot in den Rachen stopfen wollte. „Mädchen, so kannst du doch nicht essen!“ Er wollte sogleich etwas erwidern, öffnete seinen vollen Mund und Rebekka hechtete zu ihm und schob seine Kiefer wieder zusammen. „Nein, so nicht. Man spricht nicht mit vollem Mund. Erstmal schlucken, meine Kleine.“ Goku schluckte.

„So ist es fein. Jetzt kannst du etwas sagen.“

„Ähm…wieso kann ich so nicht essen?“

„Wir machen kleine Bissen. Kauen diese angemessen und schlucken sie dann hinunter bevor wir den nächsten KLEINEN Bissen zu uns nehmen.“

„Aber…warum?“

„Weil sich das so für die feine Gesellschaft geziemt.“

Die feine Gesellschaft? Vegeta aß doch auch nicht anders. „…warum muss ich wie die essen?“

„Damit auf dem Ball alles seine Richtigkeit hat.“

„Und…warum muss ich nochmal, wie hast du das genannt, hoftauglich sein?“

„Ach Schätzchen. Weil sie dich sonst schneller hinauswerfen als du Pustekuchen sagen kannst.“

„Oh.“ Goku lehnte sich zurück, zuckte jedoch gleich wieder nach vorne, als die Stuhllehne seine Wunden berührte. „Mh…sag mal…warum hilfst du mir eigentlich?“

„Weil ich nur das Beste für meinen Prinzen möchte.“

„Hat er dich zu mir geschickt?“

„Ja. Auch wenn er meinte, ich bekäme es nicht hin dich in dieser kurzen Zeit auf den Ball vorzubereiten.“

Goku fixierte den so lecker aussehenden Laib Brot vor sich. Vegeta hatte Rebekka also zu ihm geschickt. Und er dachte, dass er nicht fähig sein würde sich angemessen zu verhalten? Na, die Wette würde Vegeta mit Sicherheit verlieren! Wäre doch gelacht, wenn er es nicht schaffen würde mal ein bisschen langsamer zu essen und … ja, was eigentlich noch? Goku blickte wieder zu der Amme auf.

„Was muss ich noch können, um…naja…für diesen Ball vorbereitet zu sein?“

Rebekka legte sich nachdenklich ihre Hand ans Kinn. „Nun ja. Wir müssen an deiner Aussprache feilen, deinen plumpen Gang verbessern, deinen Knicks muss ich mir erst ansehen und natürlich werden wir das Tanzen üben.“

„Äh…und wir haben zwei Tage?“

„Zwei Tage.“, bestätigte Rebekka.

Na DAS konnte ja was werden …
 

„Und eins, zwei, drei, vier. Und eins, zwei, drei, vier. Sehr gut! Das sieht doch schon sehr viel besser aus, als noch vor ein paar Stunden.“ Rebekka lächelte Son Goku aufmunternd zu und jener wischte sich über die Stirn.

Den gestrigen Tag hatten sie damit verbracht … wie nannte Rebekka es?, höfische Manieren zu erlernen. Er hatte das Gefühl, dass sie ihn einmal komplett umgekrempelt hatte. Erst seine Tischmanieren, dann seine Aussprache, sein Gang, seine Haltung … und dann war etwas absolut Schrecklichste passiert! Sie hatte ihn in ein enges Mieder gesteckt, was seine Taille völlig abschnürte und ihn kaum noch Luft bekommen ließ. Panik war bei ihm ausgebrochen, aber nachdem Rebekka eine Hand in sein Kreuz gelegt hatte und mit der anderen gegen seinen Oberkörper drückte, um ihn in die richtige Position zu bringen, ging es einigermaßen. Trotzdem war das Teil total unbequem und tat an seinem Rücken höllisch weh.

Rebekka hatte ihm gesagt, dass es seine Figur betonen würde und, falls er seine Haltung wieder vernachlässigen würde, er das sofort daran spüren würde, dass er eben keine Luft mehr bekam. Goku hätte nichts lieber getan, als sich dieses Teil sofort vom Körper zu reißen, doch Rebekkas strenger Blick mahnte ihn, dies nicht zu tun. Danach hatten sie begonnen einen Hofknicks zu üben und Son Goku war richtig stolz auf sich, denn Rebekka lobte seine Beweglichkeit und das er schon beim ersten Mal so tief nach unten kam, wie es nötig war. Nur an seiner Haltung hatte sie ständig etwas auszusetzen, aber als der Mond schon hoch am Himmel stand, war sie auch damit zufrieden.

Hundemüde war er in einen tiefen Schlaf gefallen, nur um am nächsten Tag schon beim ersten Hahnenschrei von Rebekka aus den Federn geworfen zu werden. Nach dem LANGSAMEN Frühstück ging es direkt in den wunderschönen Garten und Rebekka begann mit ihm das Tanzen zu üben. Dies gestaltete sich als eine Hürde, die sie bis jetzt, als die Sonne unterging, noch nicht wirklich gemeistert hatten, auch wenn es besser geworden war.
 

„Ach Kindchen. Ich glaube wir haben nicht mehr die Zeit, dir den letzten Feinschliff zu verpassen.“, bedauernd schüttelte Rebekka ihren Kopf.

„Was meinst du damit? Der Ball ist doch noch nicht heute, oder?“

„Nein nein, er ist morgen Kindchen.“

„Na dann haben wir doch morgen noch den ganzen Tag Zeit.“

Rebekka sah ihn mit einem tadelnden Blick an. „Meine Liebe, du unterschätzt, was die Vorbereitungszeit für so einen Ball bedeutet.“

Goku wurde skeptisch. „Kleid anziehen und hinfahren?“

Rebekka lachte und drückte sich ein Tränchen aus dem Augenwinkel. „Oh mein Kind, du bist wirklich amüsant. Hach, du wirst so viel Leben ins Haus bringen. Aber nein, als aller erstes geht es für dich in die Wanne, damit deine Haut schön weich wird.“ Der erste Finger ihrer Hand ging in die Höhe.

„Danach kümmern wir uns um die Haare. Und zwar an sämtlichen Stellen, wo sie nicht hingehören.“ Der zweite Finger und Goku erbleichte, als er sich daran erinnerte wo bei seiner Frau noch Haare waren, außer auf dem Kopf.

„Danach geht es wieder in die Wanne damit sich deine Haut beruhigt.“ Der dritte Finger.

„Anschließend werde ich deine Haut mit duftenden Ölen einreiben, damit du gut riechst.“ Der vierte Finger.

„Dann deine Haare. Jede einzelne Strähne muss glatt gekämmt und glänzend sein und erst dann kann ich dir eine Frisur stecken.“ Der fünfte Finger.

„Die Schminke muss aufgetragen werden.“ Sechs.

„Dann die Unterkleider.“ Sieben.

„Der Reifrock.“ Acht.

„Danach werden die Nägel gemacht.“ Neun.

„Dann das Kleid.“ Zehn.

„Das Überkleid.“ Elf.

„Der Schmuck für die Haare.“ Zwölf.

„Der restliche Schmuck.“ Dreizehn.

„Und schließlich...“, Rebekka sah von ihren Fingern auf. „Kindchen? Kindchen? Aschenputtel? Wo bist du denn?“, rief Rebekka entsetzt, denn sie war alleine im Zimmer. „KINDCHEN?“

Son Goku rannte was das Zeug hielt. Bei dem Punkt Schminke hatte er fluchtartig den Raum verlassen … ein Kleid war ja noch in Ordnung … aber wenn er Vegeta mit SCHMINKE im Gesicht gegenübertrat würde er das sein Lebtag nie wieder los werden …
 

… Rebekka jedoch konnte er nicht entkommen.

Aschenputtel - Der Tanzball mit seinen Stolperfallen

Den ganzen Tag schon herrschte hektisches Treiben im Schloss. Überall liefen Dienstboten hin und her, Köche mit großen, weißen Hauben schrien Anweisungen durch den Ballsaal, Wachen marschierten unruhig um das Schloss. Und der Prinz? Er streifte nervös durch den Palast.

Schon früh am Morgen war er geweckt, in ein Bad gesteckt und eines Prinzen würdig eingekleidet worden. Und er hatte einfach jede Sekunde davon genossen.

Doch jetzt war diese Unruhe wieder in ihm aufgetaucht. Rebekka war vor drei Tagen aufgebrochen und seitdem nicht mehr zurückgekehrt. Nicht nur einmal hatte er sich dabei erwischt, wie er seinen Fuß auf eine Fensterbank gestellt hatte, weil er losfliegen wollte, nur um einen kurzen Blick darauf zu werfen, was Kakarott und seine Amme trieben. Zum Glück hatte er dann immer wieder Goku in diesem Kleid vor sich gesehen, wie es sich beim Absprung aus dem Fenster verheddert hatte, was ihm, Vegeta, die nötige Zeit verschafft hatte um ihn aufzufangen. Fliegen war also nicht …

Über drei Tage hatten sie nun schon in dieser Geschichte verbracht. Womit sich seine Berechnungen, wie lange sie für das Buch brauchen würden, auch erledigt hatten. Bulma würde ihm den Kopf abreißen, wenn er nach Hause kam. Das hieß, WENN er das jemals schaffte. Noch hatten sie nicht einmal die erste Geschichte überstanden, auch wenn er sich absolut sicher war, dass sie gerade auf das Finale zusteuerten. Jetzt musste nur noch Kakarott seinen Arsch hierher bekommen und er musste ihn nur … nur zu seiner Braut erklären. Bei dem Gedanken daran, stellten sich schon wieder Vegetas Nackenhaare auf. Der Gedanke wollte ihm einfach nicht in den Schädel und er hoffte immer wieder, dass es mit einer einfachen Erklärung getan wäre und da nicht noch … etwas anderes folgen musste.
 

Als am Abend die ersten Kutschen vorfuhren, wurde es Zeit zu seinen Eltern in dieser Geschichte zu stoßen. Seine Mutter, eine ruhig aussehende und hübsch gealterte Frau legte ihm mit einem sanften Lächeln die Hand auf die Schulter, gab ihm einen Kuss auf die Stirn und schritt dann huldvoll und erhobenen Hauptes an der Seite ihres Mannes, unter Ankündigung, in den Ballsaal. Viele Gäste waren schon eingetroffen, Würdenträger, der hohe Adel, und all jene die geladen waren und keine Töchter im heiratsfähigen Alter hatten. Diese Familien sollten erst ein wenig später am Abend erscheinen, sodass jede einzelne von ihnen dem Königspaar vorstellig werden konnte.
 

Nach einem weiteren Trompetenstoß und der Ankündigung seines Namens, schritt Vegeta mit hoch erhobenem Haupt und kerzengerade in den Ballsaal. Hier und dort ließ er sich zu einem angedeuteten Nicken herab und genoss das Gefühl der Ehrerbietung, welche ihm entgegenschlug. Als er den Platz neben seinem Vater eingenommen hatte, auf einem wirklich beachtlichen Thron, wurde die erste Kandidatin aufgerufen und von ihrem Vater in den Ballsaal geführt. Dabei passierte etwas, dass dem Prinzen noch nie zuvor passiert war. Er hatte nasskalte Hände. Er war nicht mehr einfach nur unruhig. Er war tatsächlich nervös.
 

„Was?! Schon so spät?! Oh nein nein nein! Du kommst noch zu spät, Liebchen! Los los, schnell, vor dem Haus wartet die Kutsche auf dich und hier, die Einladung darfst du nicht vergessen!“ Hektisch schloss Rebekka die Perlenkette um Son Gokus Hals und reichte ihm das aufgerollte Schreiben. Danach stand Goku schnell auf, krempelte sich das lange silberne Kleid, mit den ganzen Spitzen und Rüschen ein Stück nach oben, um die Treppen besser hinabschreiten zu können, wie Rebekka es ihm gezeigt hatte, als sie plötzlich ihre Hand auf seinen Unterarm legte und ihn noch einmal zurückhielt.

„Ach, die eine Sekunde musst du mir jetzt noch schenken, mein Kind. Lass dich…lass dich ein letztes Mal ansehen.“

Ein Lächeln umspielte Gokus Lippen, er ließ sein Kleid sinken, legte seine Arme behutsam auf den weiten Rock seines Kleides und stand anmutig vor Rebekka, die ein paar Schritte zurückgewichen war und ihn nun von oben bis unten musterte.

„Hach…“ Tränen stiegen dieser warmen, gutmütigen Frau in die Äuglein. Ein leises Schluchzen entkam ihrer Kehle und schnell holte sie ein Tuch aus ihrem Ärmel und trocknete ihre Augen. „Einfach wunderschön. Bezaubernd.“

„Rebekka…“ Ergriffen von dieser Reaktion kam Goku zu ihr, nahm ihre Hände in seine und beugte sich zu ihr, gab ihr einen liebevollen Kuss auf die Wange und flüsterte: „Vielen Dank. Du warst wie eine gute Fee, die mich aus dieser Hölle befreit hat.“

Erneut schluchzte Rebekka auf. „Ach, Kindchen, du hast es wirklich verdient...hol dir deinen Prinzen.“

„Mach ich.“ Einen Abschiedskuss auf Rebekkas Wange drückend, raffte Goku sein Kleid wieder und schritt anmutig aus dem Zimmer, nur um, sobald er aus Rebekkas Sichtfeld entschwunden war, hektisch und voller Aufregung die Treppen hinunterzulaufen. Kaum hatte er das Haus verlassen, riss er sich sogleich wieder zusammen und schritt edelmütig weiter bis zur Kutsche, die ihn zu Vegeta bringen würde.
 

Kutsche um Kutsche, Familie um Familie fuhren vor die breiten und einladenden Treppen, welche hinauf zu den Schlosstoren führten. Sie alle schritten unter Ankündigung durch den Ballsaal, wurden der Königsfamilie vorgestellt und jedes Mal beobachtete man Vegetas Gesichtszüge von allen Seiten aufs Genaueste. Doch ein ums andere Mal blieb seine Miene unbeeindruckt, fast abwesend, denn immer wieder huschten seine Augen weg von den Mädchen, die sich tief vor ihm verbeugten und suchten den Saal nach jemand völlig anderem ab.

„…Roswitha mit ihren Töchtern Katharina und Viktoria.“, hallten die nächsten Worte des königlichen Sprechers durch den Saal.

Vegetas Augen weiteten sich bei diesen Namen. Sein Blick huschte vom hinteren Ende des Saals zu den drei Damen, die ihm gerade ihren tiefsten Hofknicks darboten. Das waren doch diese Weiber, bei denen er Kakarott gefunden hatte! Sofort beschlich ihn das Gefühl noch intensiver beobachtet zu werden. Immerhin war diese Familie etwas Besonderes gewesen. Da war der Vorfall mit Kakarott gewesen, dieses schreckliche Durcheinander und dann hatte Vegeta dieser Familie dennoch eine Einladung zukommen lassen. Und jetzt starrte er sie auch noch an, als wäre eben jene dabei … doch seine Brauen zogen sich zusammen ... Kakarott war nicht bei ihnen! Wo zum Henker steckte der?! Als man die Abscheu in seinem Gesicht erblickte, wurden Roswitha und ihre Töchter angewiesen ihren Weg fortzuführen und die nächste Familie betrat unter diesen ohrenbetäubenden Vorstellungsworten den Raum. Vegeta wurde wieder wie versteinert, jedoch hielt seine emotionslose Fassade nicht lange an.
 

„Und nun darf eine weitere Tochter vorgestellt werden, die zum Hause der ehrenwerten Madame Roswitha gehört.“ Den Namen den der Sprecher verkündete bekam Vegeta nicht mehr mit, denn eine große Frau betrat den Ballsaal. Sie hatte ein atemberaubendes, schulterfreies, silbernes Rüschenkleid an, das so prächtig funkelte, dass es jedem in diesem Raum den Atem verschlug. Vegeta blinzelte … nicht, weil diese Frau so unglaublich wunderschön war, sondern … weil da doch definitiv ein Mann in diesem Kleid steckte! Im ersten Moment dachte er schon, das Warten hätte nun ein Ende und Kakarott wäre endlich da. Doch als sich die Person in Bewegung setzte, mit eleganten, fließenden, fast schwebenden Bewegungen, war sich Vegeta plötzlich nicht mehr sicher. Saß er hier einem Scherz auf? Oder war diese Frau einfach nur maskulin und hässlich?

Je näher sie kam, umso genauer musterte Vegeta sie. Die Augen waren mit schwarzer Tusche umrandet, rosafarbener Puder betonte die Wangen und roter Lippenstift zierte die feinen Lippen. Die Haare waren nach oben gesteckt und eine glänzende Schleife rundete das Bild zusätzlich ab. Kaum war die Dame bei ihm angelangt, senkte sie ihr Haupt, wie es sich gehörte und machte einen so wundervollen, femininen Knicks, dass Vegeta jeden Eid geleistet hätte, hier nicht Kakarott vor sich zu haben. Aber als sie ihr Gesicht anhob und ihn direkt mit ihren pechschwarzen Augen anblickte, wurde Vegeta bewusst, dass es sich bei ihr TASÄCHLICH um Kakarott handelte … in diesem Traum von Kleid, geschminkt und … und … und …

Vegetas Gedanken hingen fest, wie eine Schallplatte. Immer und immer wieder versuchte er das, was er sah zusammen zubekommen. Es war unmöglich … einfach unmöglich … er … er … Kakarott in einem Kleid, geschminkt … Vegetas Mundwinkel zuckten, er presste die Lippen fest zusammen, seine Augen glänzten … am liebsten wäre er in schallendes Gelächter ausgebrochen und es kostete ihn all seine Willenskraft es nicht zu tun. Das, was er hier vor sich sah, war einfach zu grotesk um es zu begreifen. Kakarott, Kleid, Schminke, Eleganz, er hatte ihn nicht erkannt … Kakarott, Kleid, Schminke, Eleganz, er hatte ihn wirklich nicht erkannt … Kakarott, Kleid, Schminke … hier stand sein Erzrivale vor ihm … in einem Kleid … geschminkt. Vegetas Mundwinkel zuckten erneut gefährlich nach oben und der Lachanfall lag ihm schon wieder auf den Lippen.

„Eure Majestät.“ Goku neigte erneut höflich sein Haupt. „Es ist mir eine Ehre.“ Danach richtete er sich wieder auf, verneigte sich vor dem Königspaar und setzte seinen Weg zu den anderen Gästen fort. Vegeta starrte ihm immer noch ungläubig und verblüfft hinterher – hatte er ihn gerade ernsthaft mit ‚Eure Majestät‘ angesprochen? – was nicht nur seinen Eltern in dieser Geschichte auffiel, sondern auch allen anderen. Ganz besonders jedoch drei Damen, denen die Wut ins Gesicht geschrieben stand. Roswitha, Katharina und Viktoria.
 

Es folgten weitere Familien, deren Töchter Vegeta vorgeführt wurden, doch sein Blick huschte immer wieder zu der hochgewachsenen 'Frau', die in diesem Rüschenkleid einfach … nur lächerlich wirkte … zumindest seit er wusste, dass sie Kakarott war. Ein ums andere Mal musste er sich das Grinsen verkneifen und natürlich wurden diese lächelnden Regungen des Prinzen deutlich wahrgenommen.

Der König und die Königin tuschelten miteinander und folgten verstohlen dem Blick ihres Sohnes, was zu einem wohlwollenden Nicken ihrerseits führte.
 

Schließlich kam der Moment, da der Zeremonienmeister zum Aufspielen rief und aller Augen richteten sich auf Vegeta. Ohne dass man ihm hätte etwas sagen müssen, wurde ihm klar, es wäre nun an ihm sich eine Partnerin für den ersten Tanz zu wählen. Wenn er es also geschickt anstellte, sich gleich Kakarott aussuchte und mit ihm die ersten drei Tänze bestritt, konnte er hinterher, ohne unglaubwürdig zu wirken, sagen, er hätte sich Hals über Kopf in diese Person verliebt, wollte sie heiraten und damit wäre dieses Märchen dann hoffentlich erledigt.

Mit diesem Plan im Kopf erhob er sich. Die anwesende Masse an Leuten ging synchron in die Knie und er schritt würdevoll und erhobenen Hauptes an den Reihen der Damen entlang auf Kakarott zu. Dabei näherte er sich Roswitha, Katharina und Viktoria, die er keines Blickes würdigte und nur deswegen gelang, was dann passierte. Vegeta war nur noch einen Schritt von den beiden Töchtern entfernt, da machte Katharina, die wusste, wenn sie es nicht tat, dann würde es Viktoria tun und sie wollte ihrer Schwester unbedingt zuvorkommen, einen kaum merklichen Schritt nach vorne und legte ihre Hand unter die Seine, fiel sofort in einen tiefen Knicks.

„Mein Prinz, welch Ehre, dass ihr mich ausgesucht habt.“ Vollkommen aus seiner Betrachtung von Kakarott gerissen, blieb Vegeta perplex stehen und öffnete den Mund um zu widersprechen, da erklang die Stimme des Zeremonienmeisters:

„Der Prinz hat sich seine erste Partnerin ausgesucht. Musik bitte!“ Er klopfte mit seinem Stab zweimal auf den Boden, Musik setzte ein, die jungen Herren im Saal begannen sich in Bewegung zu setzen, sich ihre Partnerinnen auszusuchen und sich für den ersten Tanz aufzustellen. Vegeta wusste, er hatte keine Wahl mehr. Zähneknirschend führte er Katharina, die ihn anhimmelnd anlächelte, auf die Tanzfläche und stellte sich ihr gegenüber. Diesen einen Tanz, dann würde er sich Kakarott schnappen!
 

Die Musik begann aufzuspielen. Unterdessen knirschte Viktoria mit den Zähnen und erdrosselte mit den Händen ihr Seidentüchlein. Ihre blöde Schwester war ihr diesmal tatsächlich einen Schritt voraus gewesen! Dabei hätte dies ihr Tanz sein müssen! Vor Zorn rot im Gesicht verfolgte sie mit ihren Augen wie sich der Prinz und Katharina im Takt zur Musik bewegten und wartete darauf, dassauch sie aufgefordert wurde. Dabei glitt ihr Blick über die anwesenden Herren und Damen. Plötzlich fielen ihr die Augen aus dem Kopf und sie musste mehrmals blinzeln um den Schock des Gesehenen zu überwinden. Sie schnappte nach Luft, löste sich von ihrer Position und strebte zu der Frau in dem wunderschönen, silbernen Kleid, welches sie schon zuvor bewundert hatte. Als diese Frau den Saal betreten hatte, hatte sie der blanke Neid gepackt, denn sie bewegte sich auf so eine natürliche Art und Weise und so selbstverständlich, dass es einfach jede Frau neidisch machen musste.

Nun jedoch hatte sie ihr Gesicht deutlicher sehen können und sie hatte in ihr Aschenputtel wieder erkannt, ihre Dienstmagd, die sie bis aufs Blut blamiert hatte und der sie eigentlich die Haut hatte abziehen wollen! Doch dann war diese alte Schachtel auf ihrem Hof aufgetaucht und hatte ihrer Mutter eine Unsumme geboten, um Aschenputtel in ihre Dienste stellen zu dürfen. Viktoria hatte undamenhaft geflucht, als ihre Mutter Aschenputtel verkauft hatte. Und nun fand Viktoria sie hier wieder! Hier auf dem Ball des Prinzen, zu dem nur die feinsten und edelsten Leute des Landes Zugang hatten und noch dazu in einem Kleid, welches einer Prinzessin würdig war. Das war einfach nicht tragbar! Und sie würde dafür sorgen, dass man sie hinauswarf, oder besser noch gleich in den Kerker, weil sie sich einen Stand angeeignet hatte, den sie nicht besaß!

Wütend stampfte sie hinter den Reihen der nicht aufgeforderten Damen auf Aschenputtel zu und erreichte sie in dem Moment, da ein schneidiger, junger Mann sich vor ihr verbeugte. Sie trat dazwischen.

„Ich bitte um Entschuldigung, aber meine Schwester beherrscht diesen Tanz nicht gut. Wären Sie so freundlich sie zu einem späteren Zeitpunkt aufzufordern?“, bat Viktoria mit einem koketten Augenklimpern und einem unschuldigen Lächeln. Ohne die Antwort des Mannes abzuwarten, drehte sie sich zu Aschenputtel herum und funkelte sie zornig an.
 

Son Gokus erster Impuls war Angst. Reine, panische und ungefilterte Angst. Sie war irritierend, deplatziert und traf ihn vollkommen unvorbereitet. Ließ das Gefühl des Ertrinkens nach seiner Kehle greifen und obwohl sein rationales Denken ihm sagte, dass Viktoria ihm hier nichts tun konnte, vor all diesen Leuten, dass er hier in Sicherheit war, setzte der Schock ein. Er hatte gewusst, was Schmerz war und mit dem Schmerz einer Schlacht, eines Kampfes konnte er umgehen. Doch noch nie war ihm von jemanden Schmerz um des Schmerzes Willen und auf so grausame und kaltblütige Art und Weise zugefügt worden, wie von dieser zierlichen Person ... und noch nie hatte er sich diesem Schmerz ohne seine Kräfte stellen müssen. Er kam sich schwach vor. Schwach, hilflos und klein, als sie ihn nun so wütend ansah und die Erinnerungen an den Keller ließen ihn unter der Schminke erbleichen.

„Du siehst aber gar nicht gut aus Schwesterherz“, flötete Viktoria zuckersüß und schüttelte tadelnd ihren Kopf. Mit einem entschuldigenden Blick zu dem jungen Mann, neigte sie den Kopf. „Ich bringe meine Schwester wohl besser etwas an die Luft. Entschuldigen Sie uns doch bitte.“ Ohne auf eine Reaktion zu warten, schlug sie ihre Finger in Son Gokus Arm und zerrte ihn mit, ohne zu bemerken, dass sie von der Tanzfläche aus beobachtet wurden.
 

Sich nur minimal wehren könnend, fand sich Goku in eine Ecke des Ballsaals gedrängt und mit dem Rücken zur Wand wieder. „Vik...Viktoria...“, brachte er stammelnd heraus und hatte fast im selben Moment eine Ohrfeige im Gesicht.

„Was sucht denn Abschaum wie du auf diesem Ball? Woher hast du überhaupt die Einladung und woher dieses Kleid? Du bist wohl hinter dem Prinzen her, wie?! Mach deinen Mund auf!“

Der nächste Schlag riss Goku aus seinem Schockzustand. Etwas in ihm wollte zurückschlagen und es war ihm plötzlich egal, ob das nun zu dieser Geschichte passte oder nicht. Er wollte dieser blöden Kuh eine verpassen, dass ihr die Ohren klingeln würden! Ohne dieses Verlangen weiter zu unterdrücken, holte er aus, doch zu seinem Erschrecken packte Viktoria seine Hand und hielt sie mühelos fest. Egal wie sehr er auch dagegen hielt, egal ob er in seinem Körper steckte, größer war als sie, kräftiger aussah … er verfügte nicht über seine Stärke, sondern über genau die Kraft der Person, die er in dieser Geschichte darstellen sollte … und das schien nicht viel zu sein.

Viktoria grinste boshaft. „Du willst mich schlagen? DU willst mich tatsächlich schlagen?! Was fällt dir ein?!“ Son Goku bekam noch eine Ohrfeige. „Das lasse ich mir von einem Stück Dreck wie dir nicht bieten!“ Und noch eine. „Was glaubst du denn wer du bist?!“ Abermals klatschte Viktorias Hand, beflügelt von ihrer Wut in sein Gesicht und riss ihn diesmal zu Boden. „Ich werde dich so verprügeln, dass du auf diesem Ball keinem mehr unter die Augen treten willst!“

Ihre Hand wollte erneut nach unten schnellen, doch ein fester Griff, der sich um ihr Gelenk legte, hielt sie zurück. Wütend wollte sie sich losreißen, doch als sie zur Seite blickte, um der störenden Person zu sagen, dass sie dies hier nichts anginge, dass das hier ihre Dienstmagd war und sie mit ihr machen konnte, was sie wollte, erstarrte sie zu Eis. Es war der Prinz.

„Wag es nicht, sie noch einmal zu züchtigen.“, kam es tief knurrend aus dessen Kehle.

Viktoria erbleichte, zitterte, senkte die Augen. Der Blick des Prinzen war so wütend, dass ihr eiskalt wurde. „N…natürlich nicht. Keineswegs. Eure Exzellenz, mein ehrwürdiger Prinz. Ganz wie Ihr es befehlt. Ich bin Eure ganz ehrerbietige Untertanin, eure Majestät.“

„Dann…hau ab!“, fauchte Vegeta Viktoria entgegen, die sofort verbeugend rückwärts davonschlich. Jetzt erst wandte er sich zu Goku um und blickte auf ihn hinab.

„…danke.“, murmelte der Jüngere leise und blickte zur Seite. Er sah zerknirscht aus. Verletzt. Die Schwäche stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Unter anderen Umständen hätte Vegeta dieses Bild gefallen. Jetzt … irritierte es ihn. Es machte ihn sogar wütend, dass diese penetrante Frau es gewagt hatte, Hand an Kakarott zu legen. Ohne weiter darüber nachzudenken streckte er Goku seine Hand entgegen. „Kakarott...?“

Vorsichtig sah Goku in seine Richtung, doch als er Vegetas Handfläche erblickte, die er ihm anbot, erhellte sich sein Gesicht überrascht. Er rührte sich jedoch nicht. Machte keinerlei Anstalten die Hilfe des Prinzen anzunehmen.
 

Vegeta hatte ihn einfach alleine gelassen. Er hatte ihn mit diesen Furien alleine gelassen, damals auf dem Gutshof und sie hatten ihm so ... schreckliche Dinge angetan. Ihn Asche schlucken lassen, ihn ausgepeitscht und beinahe getötet. Er zitterte immer noch und er hätte wütend auf Vegeta sein müssen … stinksauer … stattdessen war er ihm dankbar. Warum zur Hölle war er Vegeta dankbar dafür, dass er … dass er was? Ihm Viktoria vom Hals geschafft hatte? Jetzt? Er hätte ihn verdammt nochmal niemals sitzen lassen dürfen! Aber Vegeta war ja immer alles scheißegal! Also warum fühlte er Dankbarkeit?!

„Kakarott...nimm schon.“, drängte der Prinz.

Son Goku blickte auf die Handfläche, die in einem weißen Handschuh steckte - wie im echten Leben - und dann wieder zu Vegetas Gesicht. Was er jedoch sah, ließ ihn stutzig werden. Vegeta sah ihn nicht wütend oder verachtend an, wie er es sonst immer tat, er war auch nicht kurz davor ihn anzuschreien, wie Goku es eigentlich vermutet hatte. Nein, da war etwas völlig falsch in seinem Gesicht. Er sah besorgt aus. Besorgt um IHN?

Plötzlich schrie alles in ihm danach diese Hand zu ergreifen, sich in die Arme des Prinzen zu begeben und alles zu vergessen, hinter sich zu lassen, aber das wollte er einfach nicht. Nicht so lange das nicht geklärt war!

„Kakarott. Lass mich hier jetzt nicht hängen.“, forderte Vegeta nun etwas energischer und ließ sich auf einem Knie zu ihm herab. Hinter ihm ertönten gemurmelte Stimmen, denn als der Prinz die Tanzfläche verlassen hatte, waren ihm Blicke und Leute gefolgt.

„So wie du mich nicht hast hängen lassen?!“, warf Goku ihm eingeschnappt entgegen.

„W…was?“

„Du bist einfach abgehauen!“

„Wovon redest du, Kakarott?“

„Auf dem Hof! Du bist einfach abgehauen und hast mich bei diesen Zicken gelassen! Weißt du eigentlich was die mit mir gemacht haben?! Die zwei Schlam...“ Weiter kam er nicht, denn Vegeta hielt ihm den Mund zu, als das Getuschel in seinem Rücken immer lauter wurde.

Zornig funkelte er Kakarott an. „Sei still!“, zischte er. „Drück dich der Geschichte entsprechend aus, sonst kommen wir hier nie raus!“

Sie starrten einander in die Augen. Goku war die Wut ins Gesicht geschrieben und Vegeta leichte Verzweiflung darüber, dass Kakarott dabei war, alles zu ruinieren und auch Unsicherheit, weil er nicht einmal verstand, warum der Jüngere jetzt so reagierte. Wichtig war jetzt nur, endlich dieses blöde Kapitel hinter sich zu lassen.
 

„...hör mir jetzt genau zu, Kakarott. Keine Ahnung, was du gerade für ein Problem hast, ist mir auch völlig egal! Ich will das hier jetzt so schnell wie möglich beenden! Und das Ende ist bereits zum Greifen nah, also versau’s jetzt nicht!“

An Gokus Blick änderte sich nichts. Er wurde sogar noch finsterer. Klar, dass es Vegeta wieder einmal vollkommen EGAL war, was mit ihm los war.

„Kakarott! Komm schon.“

Alles in Goku sträubte sich dagegen Vegeta auch nur einen Funken entgegenzukommen. Aber auch er wollte hier raus. Weg von diesen Furien. Raus aus diesem schwachen Körper, der ihn so … so verletzlich machte. Er atmete einmal tief durch und fragte etwas leiser als zuvor: „Und welches Ende soll das sein?“

Vegeta erhob sich und bot Kakarott seine Hand erneut dar, um ihm beim Aufstehen zu helfen. Goku musterte sie skeptisch. „Nimm sie und...ich zeig es dir.“

Der Jüngere seufzte, ergriff die Hand des Prinzen und wurde sogleich von ihm auf die Füße gezogen, dabei durchfuhr ihn jedoch ein so schmerzhafter Stich in seinem Rücken, dass er strauchelte und Vegeta in die Arme fiel, der reflexartig seine Arme um Gokus Körper schloss. Son Goku spähte mit einem zugekniffenen Auge zu ihm auf. „Sorry...“, murmelte er und versuchte sich aufzurichten.
 

Hinter Vegeta herrschte plötzlich geschäftiges Treiben, als die Neugierigen versuchten nicht gar zu neugierig zu wirken und irgendwo rief der Zeremonienmeister hektisch: „MUSIK!“

„Ich hoffe Rebekka hat dir das Tanzen beigebracht.“, flüsterte Vegeta leise, als Goku verlegen aus seinen Armen zurücktrat, während die Geigen den ersten Takt anstimmten.

„Hat sie.“, murmelte der Jüngere und wusste mit einem Mal nicht wohin mit seinen Augen.

„Also dann.“, Vegeta hob seine behandschuhte Hand abermals an. „Darf ich bitten?“

Und noch ehe Son Goku wusste, wie ihm geschah, legte er die Seine auf die von Vegeta und sie betraten mit federleichten Schritten die Tanzfläche.

Schnell stellten sich auch die übrigen Tanzpaare in Reih und Glied auf, bis Vegeta Goku an die richtige Stelle geführt und seinen Platz ihm gegenüber eingenommen hatte. Der erste Takt war gleich zu Ende und die Anwesenden warteten darauf beim nächsten Takt den Tanz zu beginnen. Vegeta versuchte angestrengt auf die Musik zu achten, während seine Augen unwillkürlich erneut über Gokus Erscheinung hinweg huschten und seine Gedanken noch mit dem eigenartigen Moment von eben beschäftigt waren. Irgendetwas hatte Kakarott mächtig aufgeregt. Warum zum Teufel hatte er ihm vorgeworfen, dass er ihn alleine gelassen hatte? Warum war er so zusammengezuckt, als er aufgestanden war? Und warum sah er so … verletzlich aus?

Vegetas Augen fanden die Gokus und ihm fiel die Schminke wieder auf. Mist, wie ging noch mal die Schrittfolge? War der einsetzende Takt schon vorbei? Noch bewegte sich keiner. Hatten Kakarott die paar Ohrfeigen wirklich so geschmerzt? Er selbst hatte ihm doch schon tausendmal fester eine gelangt. Warum schauten die ganzen Paare eigentlich alle zu ihnen? Verdammt, hatte er etwa wirklich seinen Einsatz verpasst? Nervös schielte er umher. Keiner tanzte, also war alles gut. Dann jedoch hörten seine Ohren in der Musik eine Wiederholung. Verflucht!

Reiß dich zusammen, schalt sich Vegeta selbst, schloss für einen kurzen Moment die Augen, um sich zu sammeln und der Musik weiter zu folgen. Als er sie wieder öffnete, blickte er Son Goku direkt an, der ihn mittlerweile auch mit einem gewissen fragenden Ausdruck anstarrte. Der Jüngere legte seinen Kopf eine Spur zur Seite, als wollte er Vegeta fragen, ob alles in Ordnung war.

Vegeta nickte und als der nächste Takt erklang, setzte er sich endlich in Bewegung, machte einen Schritt auf Goku zu, hob gleichzeitig seine Hand, in die der Jüngere seine legte und sie in gleitenden Bewegungen eine Umdrehung vollzogen. Während Vegeta Kakarotts Hand fest mitseiner umschloss, seine zweite Hand in Gokus Rücken legte und seine Augen dabei nicht von denen des Größeren nahm, blieben die übrigen Tanzpaare regungslos. Nach und nach zogen sie sich sogar zurück, machten dem Prinzen und seiner Partnerin Platz, die sich in dem Anblick des jeweils anderen verloren hatten. Als der Zeremonienmeister dies bemerkte, wies er sogleich an, man möge das Kerzenlicht im Saal etwas dämpfen.
 

Ohne seine Umgebung wahrzunehmen, fixierte Goku krampfhaft Vegetas Augen, wobei er auch jene nicht richtig wahrnahm. Er hörte konzentriert auf Rebekkas Stimme in seinem Kopf, die ihm den Takt vorzählte: ‚Und eins, zwei, drei vier. Und eins, zwei, drei, vier. Hör auf, auf den Boden zu starren! Und eins, zwei, drei, vier. Der Prinz wird dich schon führen! Und eins, zwei, drei, vier. Kinn nach oben! Und eins, zwei, drei, vier.‘

Vegeta hingegen, der die Schritte einfach beherrschte als seien sie ihm schon von klein auf eingetrichtert worden, musterte Kakarotts Gesicht von Nahem. Auch er bekam nicht mit, dass sie im Moment die Einzigen auf der Tanzfläche waren, da ihn das Puder in Kakarotts Gesicht zu sehr ablenkte. PUDER! Schnell unterdrückte er das aufkeimende Lachen, welches unbedingt durch seine Lippen dringen wollte. Diese schwarze Tusche auf den Wimpern … Kakarott hatte echt lange Wimpern … das war ihm noch nie aufgefallen. Eigentlich hatte er auch einen recht wohlgeformten Mund und das war ein echt schönes Rot auf seinen Lippen … WAS ZUR HÖLLE DACHTE ER DA?!

Wie konnte er schon wieder so komische Sachen denken und dabei seine Konzentration verlieren?! Verdammt, Kakarott war GESCHMINKT! Er hatte ein KLEID an, verflucht nochmal! Eigentlich, dachte er ... und dabei huschte nun doch ein Grinsen über sein Gesicht … eigentlich entschädigte ihn das gerade für … einfach ALLES. Das hier würde er Kakarott NIEMALS vergessen lassen. NIEMALS! Also, dachte er, sollte er das hier doch so ein wenig auskosten, wobei das Grinsen auf seinen Lippen sogleich ein Stück breiter wurde.
 

„Du tanzt gar nicht mal schlecht, Kakarott. Hätte ich nicht gedacht.“, flüsterte er seinem Erzrivalen amüsiert zu, während er seinen Griff um Gokus Hand verstärkte, um ihn in die nächste Drehung zu dirigieren.

„Hehe…ja, Rebekka hat echt…whaa...!“ Goku stolperte über Vegetas Füße, der ihn jedoch einfach an sich drückte und ihn mit einer geschickten weiteren Drehung wieder in den Takt brachte.

„Ähm…ähm…eins, zwei, drei, vier…“, flüsterte Goku sich schnell selbst vor, um nicht gleich erneut aus der Schrittfolge zu kommen.

Vegeta hob amüsiert eine Augenbraue an. „Bring ich dich etwa aus dem Konzept, wenn ich mit dir rede?“

„Ssh…verdammt…warte…drei…vier…“

„Kakarott…“

„Eins…zwei…“

„Kakarott.“

„…drei…vier…“

„Nicht nach unten blicken.“

Schnell hob Goku seinen Kopf wieder an, sah Vegeta in die Augen und zählte sogleich leise weiter. „…zwei, drei, vier.“

„Du weißt, dass…du die Frau von uns bist, oder?“, versuchte Vegeta Kakarott nun weiter zu necken. Irgendwie konnte er nicht anders, als diese Situation einfach nur auszukosten.

„Ja, und? Drei, vier.“

„Du solltest dich von einem ECHTEN Mann einfach führen lassen.“

„Haha…witzig. Ich bin ein echter…mist. Und…und eins, zwei…“

„Kakarott.“

„Was denn?!“

„Ich zeig dir jetzt mal, wie man RICHTIG tanzt.“

„W…was hast du denn vor?“, fragte Goku panisch. Er konnte doch nur die Grundschritte!
 

Vegeta grinste noch breiter, drückte Gokus Hand fester, nahm die Zweite von seinem Rücken und schubste ihn von sich, sodass Goku automatisch drei Schritte von ihm wegmachte, nur um danach von Vegetas Hand, die seine immer noch festhielt, wieder herangezogen zu werden. Gokus Körper drehte sich dabei automatisch um sich selbst und schließlich landete er mit dem Rücken in Vegetas Armen und seine freie Hand in Vegetas freier Hand, die schon an der richtigen Stelle auf ihn gewartet hatte. Kaum, dass Goku realisierte, was da gerade geschehen war, löste der Prinz die Finger ihrer anderen Hände und mit dem nächsten Ruck, den der Jüngere in seinem gesamten Körper spürte, verschwand Vegetas Brust an seinem Rücken und Goku drehte sich in die andere Richtung erneut um sich selbst. Diesmal würde ihn die Rückdrehung nicht so überraschen, dachte Goku noch, doch Vegeta zog diesmal ihre Hände nur nach unten, sodass Goku einfach zu ihm gezogen wurde. Ehe er überhaupt begriff, was geschah, hatte der Ältere sie wieder in die Grundposition gebracht und begann mit den Grundschritten.

„SO tanzt man, Kakarott. Also hör auf zu zählen und lass dich von mir führen.“

Goku blinzelte etwas verwirrt. Er zählte tatsächlich gerade nicht mehr und trotzdem schienen seine Füße das zu tun, was sie sollten und er spürte auch, wie Vegetas Hand an seinem Rücken und die unter seiner Hand, ihn dorthin dirigierten, wohin sich sein Körper bewegen sollte.

„Was ist? Überrascht?“, grinste Vegeta.

„Ähm…ja, schon. Woher…wieso…kannst du das?“

Der Ältere zuckte nur kurz mit seiner Schulter. „Ich bin ein Prinz. Ich kann das eben.“

„Weißt du…langsam glaub ich, dass es gar nicht mal so einfach ist, ein Prinz zu sein…“

Sofort hoben sich Vegetas Brauen nach oben. „…ach ja? Wie das?“

„Naja…man muss da echt viel beachten…“
 

Vegeta wandte seinen Blick, zum ersten Mal seit sie zu tanzen begonnen hatten, von Gokus Gesicht ab. Von Kakarott so etwas wie Lob zu bekommen, nachdem dieser Idiot nach nur kurzer Zeit bereits fähig war, sich so vornehm und elegant zu bewegen, begann ihn zu fuchsen. Erschien ihm fast schon wie eine Beleidigung. Doch als er merkte, dass die Augen aller Ballgäste, inklusive seiner Märcheneltern, auf sie gerichtet waren, blieb er so abrupt stehen, dass Gokus Körper derart gegen ihn prallte, dass er von seinen Füßen gerissen wurde und mitsamt dem Jüngeren zu Boden plumpste.

Ein Geiger rutschte vor Überraschung mit seinem Bogen von einer Saite ab, sodass Chaos im Orchester entstand, die Musik ins Stocken geriet und völlige Stille eintrat. Stille, die durch Gokus herzhaftes Lachen durchbrochen wurde, nachdem er sich ein Stück von Vegeta aufgerichtet hatte, in dessen völlig irritiertes Gesicht geblickt hatte und einfach loslachen musste. Der Ältere wollte ihn sogleich anbluffen, doch unter den wachsamen und entsetzten Blicken der umstehenden Gäste, verkniff er sich jeglichen Kommentar, zog sich unsanft unter Kakarotts Körper hervor und sprang auf. Am liebsten hätte er Goku einfach nur einen Tritt in sein lachendes Gesicht verpasst, doch dieser versuchte sich gerade selbst zu beruhigen und sah zu Vegeta auf. Auch er merkte jetzt, dass sie von allen Seiten beobachtet wurden. Den meisten stand der Mund offen und so richtig schien keiner zu wissen, WIE man sich in so einer Situation verhalten musste.

Goku räusperte sich schnell. „Tut…tut mir leid. Ähm…Eure Majestät.“

Vegeta schloss für einen kurzen Moment seine Augen, schluckte all seinen verletzten Stolz hinunter und bot Kakarott erneut seine Hand zum Aufstehen an. Goku ergriff sie etwas verlegen und ließ sich wieder von dem Prinzen auf die Beine ziehen. So richtig schienen sie es einfach nicht hinzubekommen. Doch die Musik setzte ein. Der Zeremonienmeister hatte den Dirigenten des Orchesters schnell angewiesen sofort sanftere Melodien zu spielen und zusätzlich fuchtelte er wie wild im Raum umher, was wohl so viel bedeutete, dass sich die anderen Gäste auf das Parkett zu begeben hatten. Hektisches Treiben setzte ein und in nur wenigen Sekunden füllte sich die leere Fläche rund um die beiden Saiyajins.
 

„…hab ich‘s…jetzt vermasselt?“, fragte Goku kleinlaut Vegeta, der keine Anstalten machte, noch einmal mit dem Jüngeren zu tanzen. Sich umblickend und die anderen bei ihren langsamen Tänzenfür eine Weile beobachtend, seufzte Vegeta schließlich resignierend.

„Nein…komm…komm einfach her…“, grummelte er nur, packte Goku am Handgelenk, zog ihn zu sich, legte seine Hand wieder behutsam auf den Rücken des Jüngeren und schnappte sich dessen Hand, um sie wieder in die richtige Position anzuheben. Diesmal blickte er Goku jedoch nicht mehr in die Augen. Still gaben sie sich einfach diesem zweiten Tanz hin, bei dem sie sich hauptsächlich am selben Fleck langsam um sich selbst drehten.

Erst nach einigen Minuten getraute sich Goku wieder das Wort an den Älteren zu richten. „…Vegeta…?“

„Was?“

„…sagtest du nicht, dass…wir uns dem Ende nähern…?“

„Ja.“

„Und…wie lange müssen wir noch so…tanzen?“

„…was weiß ich…“

„Bist du jetzt eingeschnappt, weil…wir hingefallen sind?“

„Tz…!“ Vegeta drehte seinen Kopf noch weiter nach links und drückte unwillkürlich Gokus Hand fester. Er wollte ihn jetzt nicht ansehen.

„Hey! DU bist einfach stehengeblieben.“, zischte Goku, verärgert über Vegetas Verhalten, in sein Ohr. Es war doch nun wirklich nicht SEINE Schuld, dass sie hingefallen waren und trotzdem hatte Goku versucht es so nett wie möglich darzustellen. Aber es war ja klar, dass Vegeta das mal wieder so auslegen würde, als sei es SEINE Schuld!

Doch das Gesicht des Älteren ruckte zu seinem, sodass sich ihre Nasen beinahe berührten. „Halt bloß die Klappe!“, zischte der Prinz zwischen seinen Lippen hervor.

„Sonst was?“

Ein knisterndes Funkeln sprang zwischen ihren Augen hin und her, während ihre Blicke immer ernster und herausfordernder wurden. Und erneut waren es die Tanzpaare um sie, die das sofort registrierten, es völlig falsch interpretierten und nach und nach zurück zu weichen begannen, um der ganzen Gesellschaft den Blick auf dieses Geschichtsträchtige Ereignis frei zu machen, wenn der Prinz endlich seine Braut erwählen würde. Doch diesmal entging es Vegeta nicht, dass schon wieder alle Augen auf sie gerichtet waren. Und auch wenn er Kakarott gerade am liebsten den Kopf abgebissen hätte, wollte er es einfach nur noch beenden. Diese ganze lächerliche Scharade!
 

„Jetzt pass gut auf Kakarott. Ich werd dir das jetzt genau EINMAL erklären, dann wirst du tun, was ich sage und dann sind wir hier raus und DANN…Gnade dir Gott…“

Goku erwiderte den verstärkten Druck den Vegeta auf seine Hand ausübte. „Von mir aus, schieß los.“

Doch anstatt zu antworten, festigte Vegeta seinen Griff an Gokus Rücken, den sogleich ein stechender Stich durch Mark und Bein ging, denn der Ältere drückte gerade äußert ungünstig auf seine Verletzungen, und beförderte Goku in einer schnellen Drehung nach hinten, sodass er glaubte, gleich zu Boden zu fallen, doch Vegeta hielt ihn in seinem Arm fest. Goku kniff seine Augen schmerzverzerrt zusammen, krallte sich krampfhaft am Oberarm des Prinzen fest und starrte ihn völlig verwirrt an.

„Was…soll das, Vegeta?“

„Klappe. Du weißt doch, worauf das hier hinausläuft, also bringen wir es einfach hinter uns.“, knurrte der Ältere zu ihm hinab.

„WAS denn?!“

„Ist das dein Ernst? Hast du es IMMER noch nicht verstanden?!“

„Sag’s mir doch einfach!“

„Verdammt, du…Argh! Ich such mir hier ne Braut aus! DU bist die beschissene Hauptperson, also werd ich verdammt nochmal DICH nehmen müssen!“

Gokus Augen weiteten sich schlagartig. Er musste bitteschön WAS?! Konnte Vegeta eigentlich noch arroganter und herablassender werden?! Und plötzlich näherte sich dieser Arsch auch noch seinem Gesicht. Was sollte das denn jetzt werden?! Wut durchströmte Goku und er begann sich vehementgegen Vegeta zu drücken und fuchtelte solange mit seinen Armen, bis der Ältere ihn wieder nach oben zog und losließ.

„Was soll das, Kakarott? Reiß dich verdammt nochmal zusammen!“, zischte Vegeta Goku wütend entgegen. Als ob IHM das hier so leicht fiel! Er … er hatte Kakarott immerhin gerade … gerade küssen wollen.

„Was heißt hier ICH soll mich zusammenreißen? Wie wäre es, wenn DU dich mal zusammenreißt! Und überhaupt…was wolltest du da grade tun, bitte?!“

„Was ich…? Verdammt, ich tu so als wäre ich in DICH…verlie…ich…in dich…“ Vegeta brachte es nicht über die Lippen und gleichzeitig versuchte er sich zusammenzureißen.

Sie wurden hier schließlich gerade schon wieder von allen Seiten beobachtet und standen SO kurz davor, hier herauszukommen, dessen war sich Vegeta zu hundert Prozent sicher. Er wusste nur zu gut, dass er sich nur … nur ein klitzekleines bisschen … zusammennehmen musste, vergessen musste, dass Kakarott der größte Idiot war, den es weit und breit gab und es jetzt einfach nur durchziehen. Ihn einfach packen, küssen, fertig. Und danach … danach würde er ihm die Seele aus dem Leib prügeln. Ganz einfach.

Tief durchatmend und an die Vorstellung, eines unter ihm winselnden Kakarotts festhaltend, legte Vegeta eine freundliche Stimmlage auf, zumindest soweit es ihm möglich war: „Also schön. Ich reiß mich zusammen.“ Er trat einen Schritt näher an Goku heran, der ihn misstrauisch musterte. „Ich denke…das Ende dieses Märchens ist es, dass du und ich…zueinander finden. Das wir so tun, als seien wir ineinander“ Vegeta schluckte. „verliebt.“

„WAS!?“, entfuhr es Goku überlaut.

„Nicht so laut!“, knurrte Vegeta energisch und trat näher an Kakarott heran, legte seine Hände auf Gokus Schultern. „Du bist die Hauptperson, ich ein Prinz, der eine Braut braucht. Was glaubst du denn, was das Ende dieses Märchens ist?“

„Aber...aber...aber...aber...“, stammelte Goku, noch nicht begreifend, was Vegeta vorhatte.

„Also tun wir jetzt so, als wären wir verliebt, dann verkünde ich, dass ich mich für dich entschieden habe und nehme dich…zur Braut. Wir müssen nur“ Vegeta legte seine Hände fast schon sanft um Gokus Nacken. „Wir müssen uns nur einen kurzen…kleinen…verliebten…“ Er streckte sich Goku entgegen, kam mit seinem Gesicht langsam näher. Seine Augen starrten Gokus unbeirrt an. Er merkte gar nicht, dass sich Goku komplett versteifte und völlig erstarrt war. Als er Kakarotts Gesicht immer näherkam, er fast schon das Gefühl hatte, der gesamte Saal hielt den Atem an und die Musik immer leiser wurde, schloss er langsam seine Augen. Gleich war es vorbei. Eine kurze Berührung ihrer Lippen. Fertig. Vorbei. Ende. Raus hier!
 

Doch plötzlich spürte Vegeta nur noch wie Goku aus seinen Armen entschlüpfte und dann war da nichts mehr. Er öffnete seine Augen und starrte in die verwirrten Gesichter vor sich. Verblüfft blickte er nach links, dann nach rechts. Was? Wie? Wo zum…? Wo war Kakarott denn jetzt hin?!

Aschenputtel - Wie der Schuh verloren ging und was Saiyajins daraus lernen

Son Goku rannte panisch mit gerafften Röcken aus dem Ballsaal. Sein Rücken schmerzte höllisch von den Wunden auf die Vegeta unwissentlich gedrückt hatte und in seinem Kopf drehte sich ein Karussell, welches einfach nicht anhalten wollte. Hatte Vegeta wirklich versucht ihn zu KÜSSEN?! Hatte er tatsächlich Worte wie VERLIEBT benutzt?!

Schlitternd und in den hohen Schuhen, kaum die Balance haltend, stürzte Goku um die nächste Ecke. Ihm war egal wohin, ihm war egal wer ihn sah oder ob es dem Märchen entsprach, Hauptsache weg von diesen Leuten, weg vom diesem Ball und auch weg von Vegeta. Der hatte doch nen Dachschaden! Nur weil er der Prinz war, konnte er sich nicht alles erlauben! Und ihn küssen schon mal gleich gar nicht!

Vor Goku erschienen mehrere hohe, geöffnete Glastüren, welche auf eine Terrasse hinausführten, durch die er schnell hindurch huschte. Die frische Luft tat seinen Gedanken gut, als er einen tiefen Atemzug nahm. Das Korsett stach sofort schmerzhaft in seine Hüften und Rippen und Son Goku fluchte lästerlich. Das war aber auch ein bescheuertes Teil! Aber davon hatte Vegeta natürlich keine Ahnung … was er in diesem Moment erlitt, erlitten hatte … er war ja der PRINZ. DER PRINZ! Und als solcher musste natürlich alles mal wieder genau so ablaufen, wie er sich das vorstellte. 'Aschenputtel' war in diesem Moment nach schreien zumute. Vegetas Vorstellung vom Ausgang dieses Märchens war ja das Letzte! Absolut das Letzte! Wie konnte er sich einbilden, zu wissen was er zu tun hatte, was er ihm zu sagen hatte und wie … wie … wie … ungewollter weise dachte er in diesem Moment an die Augenblicke, in denen sie sich in die Augen gesehen hatten. Ihm war plötzlich heiß und kalt gleichermaßen geworden und das Herz war ihm in die Hose gerutscht. Aber gleichzeitig war er auch wütend geworden, dass der andere das einfach beschlossen und nicht mal seine Antwort abgewartet hatte. Zusammen mit dem Schmerz in seinem Rücken, der Tatsache, dass er langsam begriff, wie sehr sie in die Rollen rutschten, die sie spielten und dass sie wohl auch einige der Charakterzüge und Ansichten derer übernahmen, war ihm das alles zu viel geworden.

Mit diesen Gedanken beschäftigt schaute er sich auf der Terrasse um.

Duftende Blumen standen in großen Kübeln an einem steinernen Geländer und eine breite Treppe führte in den mit Fackeln erhellten Garten. Alles hätte traumhaft sein können, wenn nicht hinter ihm eine erboste Stimme erklungen wäre.
 

„Kakarott! KAKAROTT! Wo zur Hölle steckst du?! Schieb deinen Arsch sofort wieder her, dass wir dieses scheiß Märchen endlich verlassen können!“

Zornig schnaubend wandte sich Goku der Treppe zu. Das könnte ihm so passen! Ihn selbst hier ständig rumkommandieren wollen! Wer war denn hier die Hauptperson? Vegeta oder er? Dann konnte er ja wohl auch entscheiden, wann und wie er das Märchen und somit das Kapitel zu Ende bringen würde. Und überhaupt … was bildetet sich Vegeta eigentlich ein? Als ob der Ältere auch nur die geringste Ahnung von Märchen haben würde! Der konnte ihm viel erzählen! Es konnte ja auch gut sein, dass es nach diesem Ball und Entscheidungszeug noch weiter ging und 'Aschenputtel' gar nicht hier enden würde.
 

„KAKAROTT! Da bist du ja!“

Son Goku zuckte zusammen und fuhr mit raschelnden Röcken zum Prinzen herum, der wütend in der gläsernen Balkontür stand. Verflixt, er hatte zu viel Zeit mit seinen Gedanken verplempert! Schnell wollte er die Terrasse über die Treppe verlassen, da packte ihn Vegeta am Arm und hielt ihn fest, drehte ihn zu sich um.

„Du bleibst hier!“

„Ich denk ja nicht dran!“ Die beiden Saiyajins funkelten sich an.

„Kakarott, wir kommen hier nie raus, wenn du nicht mitspielst.“, versuchte es Vegeta zähneknirschend noch ein aller letztes Mal mit Ruhe und Vernunft, soweit ihm das überhaupt noch möglich war.

„Das weißt du doch gar nicht!“, beschwerte sich Goku.

„Und wie ich das weiß!“

„Ach ja? Woher denn?

„Weil es die einzig logische Erklärung ist!“

„Seit wann bist du denn hier der Märchenexperte von uns?!“

„Und seit wann zickst du rum wie ne Frau?!“

Der Größere richtete sich kerzengerade auf und drückte seine Brust durch. Mit vor Inbrunst überzeugter Stimme sah er auf Vegeta herab und antwortete: „Seit ich eine Frau bin!“

Viel hätte in diesem Moment nicht gefehlt und Vegeta hätte ihn vor Schock losgelassen. War Kakarott nun endgültig verblödet? Er war ja schon früher nicht der Hellste gewesen, aber das schlug dem Fass echt den Boden aus. Sich nicht weiter mit diesem … zickigen Weibsbild abgebend, drehte er sich zur Tür um und zerrte ihn am Arm mit.

„Du kommst jetzt mit zurück, gibst mir diesen scheiß Kuss und wir können hier endlich raus! Was zur Hölle ist daran so schwer zu verstehen?!“

„Verdammt, lass mich los! DU TUST MIR WEH!!“

Irritiert über die schmerzverzerrte Stimmlage Kakarotts, lockerte Vegeta instinktiv seinen Griff, wobei sich Goku sofort losriss und umdrehte. Ehe es sich der Prinz versah, war Goku schon auf der Treppe und aus seinem Sichtfeld verschwunden. Er hechtete ans Geländer und sah nach unten.

„KAKAROTT! Bleib…bleib sofort stehen!“

„Den Teufel werd ich!“, brüllte jener zurück und raffte die Röcke noch etwas höher. Zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte Goku die Treppe runter … und knackste prompt um. Fluchend und zeternd auf dem gesunden Bein hüpfend zog er sich diese beschissenen, hohen Schuhe aus. Wie konnten Frauen damit überhaupt laufen?

„KAKAROTT! Du kommst jetzt sofort hier her! Ich befehle es dir!“

„Du kannst mir gar nichts befehlen!“

„Und wie ich das kann! Ich bin dein Prinz und du hast mir zu gehor...“ Reflexartig duckte sich Vegeta, als er etwas auf sich zufliegen sah. Hinter ihm klirrte eine Scheibe, doch das kümmerte ihn nicht. Blinzelnd und perplex sah er wieder zurück zu Kakarott, der die Stufen weiter hinunter humpelte und in Ermangelung einer Ki-Attacke einfach den Schuh nach Vegeta geworfen hatte.

„Bist du von allen guten Geistern verlassen?!“, schrie Vegeta ihm noch hinterher, doch Goku reagierte nicht auf ihn und verschwand im Garten.
 

Den Impuls dem Größeren noch weiter hinterher zu laufen unterdrückte Vegeta. Das geziemte sich für seinen Stand einfach nicht! Außerdem würde Kakarott sowieso zurückkommen. Er würde schon einsehen, dass er recht hatte. Den er HATTE recht! Also blieb er an dem steinernen Geländer stehen und hatte das Bedürfnis jenes, mit seinen bloßen Händen, auseinander zu nehmen und sich dabei vorzustellen es wäre Kakarotts Hals. Erst die ruhige und besonnene Stimme des Königs, der unbemerkt neben ihn getreten war, riss Vegeta aus seinen mordlüsternen Gedanken.

„Mein Sohn.“ Er zuckte zusammen, fuhr herum, wollte die betreffende Person anschreien und schluckte alles hinunter als er sah, dass es der König, sein Märchenvater, war.

„Majestät.“, brachte er gepresst hervor.

„Nicht so förmlich mein Sohn.“, winkte der König lächelnd ab und sah hinab in den Garten. „Sie ist dir davongelaufen?“

Sollte er ihm darauf antworten? Er wollte es nicht…aber es wäre definitiv besser. „Ja.“, knurrte er deswegen schließlich.

„Warst du ungehobelt zu ihr?“

„Was? Ich?! Ungehobelt?! Wenn hier jemand ungehobelt war dann er…sie. Ach verdammt!“ Vegeta warf die Arme in die Luft und marschierte einmal am Geländer entlang und wieder zurück. Warum er plötzlich das Bedürfnis hatte dem König, alles mitzuteilen, wusste er nicht. Aber die Worte begannen einfach so aus ihm heraus zu sprudeln.

„Ich komme mit ihm…ihr einfach nicht klar! Ständig bringt er, sie, SIE mich auf die Palme. Wir halten es keine zehn Herzschläge in einem Raum aus, ohne dass wir uns streiten und ständig stellt sie mich und meine Autorität in Frage und hinterfragt einfach ALLES was ich tue. Und auf mich hören, oder mir mal zuhören...ohhhhh nein, davon sind wir Jahrzehnte entfernt!“

Der König sah seinem Sohn zu, wie dieser hin und her lief und sich über das Mädchen aufregte, für das er sich offensichtlich entschieden hatte. Ihm war während des Balles durchaus aufgefallen was für eine … außergewöhnliche Person diese Frau war. Sie schien ihrem Sohn nichts durchgehen zu lassen und stellte sich ihm entschlossen entgegen. Wenn die beiden eine gemeinsame Vertrauensbasis finden würden, dann konnte er sich sehr gut vorstellen, dass sie eine wundervolle Königin für seinen Sohn abgeben würde. Und erst die Enkelkinder … der alte König lächelte bei dieser Vorstellung.

„Mein Sohn“, sagte er schließlich. „Es mag zwar nicht immer den Anschein haben, aber auch deine Mutter war hin und wieder ein wahres Temperamentsbündel, wenn sie mit etwas nicht einverstanden war. Vor dem Volk und allen Würdenträgern hat sie meine Entscheidungen stets unterstützt, doch hinter verschlossener Tür musste auch ich so manchem Gegenstand ausweichen.“ Mit diesen Worten stellte er den Schuh vor Vegeta auf das Geländer. „Frage dich doch einmal was dir lieber wäre. Eine starke und gleichwertige Königin, die deine Entscheidungen hinterfragt, dir aber bedingungslos den Rücken stärkt, oder eine schwächliche Königin, welche still und schweigsam neben dir auf dem Thron sitzt und dir keinerlei Herausforderung bietet.“

Mit einem liebevollen Lächeln legte der König die Hand auf Vegetas Schulter, drückte sie kurz ermutigend und ließ seinen Sohn mit den gestellten Fragen alleine.

Vegeta ballte die Hände und starrte den Schuh an, als wäre alles seine Schuld.
 

Son Goku humpelte blindlings durch den Garten und etwas, was er niemals für möglich gehalten hatte, passierte. Er wischte sich Tränen von den Wangen. TRÄNEN! Er HEULTE weil ihn Vegeta derart aufregte … und er verstand einfach nicht, warum das nicht aufhörte und warum es überhaupt angefangen hatte. Konnte es vielleicht sein, dass das auch etwas damit zu tun hatte, dass er eine Frau war? Hatte er nicht nur das Aussehen und die Stärke … oder wohl eher die Schwäche … der Person abbekommen, in die er sich verwandelt hatte, die er spielen musste, sondern auch Teile ihres Charakters … und ihrer Gefühle? Das wäre zumindest eine Erklärung, woher dieses absolut unnatürliche Verlangen kam die ganze Zeit zu heulen.

Schniefend wischte er sich über die Augen. Vegeta dieses Arschloch! Vielleicht hätte es auch einfach gereicht sich nur vor den König zu stellen und zu verkünden, dass er ihn heiraten wollte. Warum musste Vegeta immer gleich alles überspitzen? Warum konnte der Ältere nicht einfach einen Mittelweg finden? Warum gab es bei ihm immer nur ganz oder gar nicht? Verflucht, ihm rauchte schon der Kopf von diesen ganzen Gedanken und er wusste auch gar nicht mehr wo er war. Verwirrt richtete er sich zu seiner vollen Größe auf und sah sich um. Er war abseits der beleuchteten Wege und nur noch spärlich konnte er die Umrisse von Büschen und anderen Pflanzen ausmachen. War das dort vorne eine Bank? Langsam humpelte er auf den Schatten zu und seufzte erleichtert auf, als sich der Schemen wirklich als Sitzgelegenheit entpuppte, auf die er sich mit raschelnden Röcken niederließ. Er musste sich beruhigen. Irgendwie musste er sich beruhigen und dafür sorgen, dass diese Tränen endlich aufhörten über seine Wangen zu laufen.

Ein stechender Schmerz schoss sein Kreuz hinauf, als er sich setzte. Das Gerenne hatte eindeutig nicht dafür gesorgt, dass es seinen Wunden besser ging und der Schmerz erinnerte ihn an das, was überhaupt erst zu ihm geführt hatte. Er begann erneut am ganzen Körper zu zittern. Verflucht nochmal war das lästig!
 

Eine ganze Weile saß er so im Schatten des Gartens, sah über die Hecken und Büsche, die beleuchteten Fenster des Schlosses und hörte ganz leise die Musik, welche im Saal gespielt wurde. Auch die entfernten Fackeln, welche einen Großteil des Gartens erhellten, konnte er erkennen und die Leute, welche ihn in ihrem Schein gemeinsam durchschritten. Es wäre echt schön gewesen, jetzt nicht alleine zu sein und er ertappte sich bei dem Gedanken, dass er sich wirklich darüber freuen würde, wenn Vegeta ihm nachgelaufen wäre. Doch das würde der Ältere garantiert nicht tun … niemals.

Plötzlich raschelte der Kies in seiner Nähe und Son Goku hörte eindeutig Schritte, sein Herz schlug schneller. „Vegeta?“, fragte er die Schwärze zwischen den Büschen hoffnungsvoll.
 

Vegeta wanderte mit einer Fackel in der Hand durch den Garten und suchte Kakarott. Es war unglaublich … aber er lief diesem Idioten tatsächlich hinterher! Die Worte des Königs hatten ihn nachdenklich werden lassen und ob es nun zu dieser Geschichte gehörte oder nicht, er hatte sich wirklich Gedanken über seine Beziehung zu Kakarott gemacht. Was an sich eigentlich schon lachhaft war! Die Beziehung zu Kakarott war ihm immer schon egal gewesen und er hatte sich einen Dreck um sie geschert. Doch des Königs Worte hatten ihn plötzlich einige Punkte in einem anderen Licht sehen lassen. Ohne dass er dieses Bild bewusst heraufbeschworen hatte, war Kakarott vor ihm aufgetaucht, als er das erste Mal auf ihn getroffen war. Jung, arrogant, selbstsicher. Was wäre aus ihnen geworden, wenn Kakarott sich ihm ergeben und ihm die Treue gehalten hätte? Wenn er mit ihm und Nappa zurück zu Freezer gegangen wäre? Wie würde sein Leben dann heute aussehen? Wäre er auch ein Super Saiyajin? Hätte er auch diese Kräfte? Wäre er frei? Wäre Freezer tot? Oder müsste er ihm immer noch dienen?

Fluchend hatte er sich den Schuh und eine Fackel gegriffen und war in den Garten gestiefelt um nach dem Jüngeren zu suchen. Einen starken und gleichwertigen Partner, der einem bedingungslos den Rücken stärkte und einen herausforderte. Der König hatte mit diesen Worten so zielgenau ins Schwarze getroffen, was ihre Beziehung anging, dass es Vegeta für einen Moment kalt den Rücken hinab gelaufen war. So sehr es ihn nervte, dass Kakarott ihn besiegt hatte, dass er ihm immer einen Schritt voraus war … ohne diese Pestbazille, wäre er heute nicht an dem Punkt, an dem er war. Ohne Kakarott, wäre er niemals so stark geworden ...

Vor sich hin murrend schwenkte er die Fackel in alle Richtungen. „Kakarott?“ Keine Antwort. Das war wieder typisch. Bestimmt saß der Jüngere in einer Ecke und schmollte und dieser Garten war einfach riesig! Es würde Ewigkeiten dauern, bis er ihn hier finden würde. Wenn er doch nur fliegen könnte!

„KAKAROTT!“, brüllte er erneut, doch eine Antwort blieb auch diesmal aus. Plötzlich hörte er etwas und drehte sich um. „Kakarott?“
 

„Ach nein, sieh mal einer an, wer sich hier versteckt hat, das Aschenputtel. Na, ist dir dein Prinz davongelaufen?“ Viktoria lächelte kalt und herablassend, als sie mit Katharina aus den Schatten der Büsche trat und die kleine Laterne hochhielt. Deren Licht fiel auf Son Gokus Gestalt, der bei der Stimme sichtlich zusammenzuckte und die beiden Frauen nun mit großen Augen musterte. Sein Herz hämmerte in der Brust und sein Rücken begann zu pochen. Da war es wieder, dieses lähmende Angstgefühl, welches ihn erstarren und keinen klaren Gedanken fassen ließ. Fühlte es sich wirklich so an, wenn man eine Frau war, die nicht kämpfen konnte? Die keine Kraft hatte? Was für ein beschissenes Gefühl. Obwohl seine Instinkte ihn anschrien, er solle sofort aufspringen und davonlaufen, konnte er sich einfach nicht bewegen. Viktoria und Katharina umkreisten die Bank auf der er saß und stellten sich dicht vor ihn, ihm damit endgültig seine Fluchtmöglichkeit abschneidend.

„Das war es für dich Aschenputtel. Was kümmert es uns, dass Mutter dich verkauft hat. Wenigstens wird sie dich diesmal nicht retten kommen.“, drohte Viktoria erhobenen Hauptes. Ihr herablassendes Lächeln war verschwunden und hatte purer Bosheit Platz gemacht. Gokus Augen huschten panisch zu Katharina, die ihr Gesicht jedoch abgewandt hatte. Sie schien sich unwohl in ihrer Haut zu fühlen. Schnell sah ‚Aschenputtel‘ wieder zu ihrer blonden Stiefschwester als er eine Bewegung in seinem Augenwinkel wahrnahm, doch der schallenden Ohrfeige konnte er nicht mehr ausweichen und sein Gesicht wurde zur Seite geschleudert. Wie war es nur möglich, dass diese an sich zierliche Person so viel Kraft hatte?

„Sobald wir zuhause sind, wirst du den Keller nie wieder verlassen, darauf kannst du Gift nehmen, du wertlose, dumme Gans. Zumindest wirst du ihn nicht mehr…lebend verlassen.“

Gokus Augen weiteten sich entsetzt, sein Herz pochte ihm bis zum Hals, seine Hände zitterten und seine Beine fühlten sich nur noch wie Pudding an. Als er gleich darauf grob an seinem Oberarm gepackt und nach oben gezerrt wurde, wusste er, wenn er sich nicht bald in den Griff bekam, wäre es das gewesen. Aus. Vorbei. Er würde hier sterben. Und woran dachte er die ganze Zeit? Wo … wo war Vegeta nur? Wo war der Prinz, der ihn … der ihn doch, laut Rebekka, aus dieser Hölle befreien und ihm ein wundervolles Leben bereiten sollte?
 

„Mach schon, Katharina! Worauf wartest du denn?!“, fauchte Viktoria ihrer Schwester zu, die nun auch endlich aufsah und Son Goku am anderen Arm packte.

„Was…wollt ihr von mir?“, fand er endlich seine Stimme wieder und versuchte sich mit seinen Beinen gegen den weißen Kies zu stemmen, doch er fand keinen Halt, sein nackter Fuß tat höllisch weh vom Umknicken und die beiden Frauen rissen und zerrten so an ihm, dass er stolpernd mit ihnen gezogen wurde. Er konnte sich einfach nicht losreißen. Wieso konnte er sich denn nicht aus diesen klammernden Griffen losreißen?! Es tat so höllisch weh … sein Rücken … sein Gesicht … die Nägel, die sich in seine Oberarme bohrten. Sein Herz, dass so schnell und panisch in seiner Brust schlug, dass er das Gefühl hatte, keine Luft mehr zu bekommen.

Viktoria zerrte ihn unnachgiebig und schweigend weiter, bis die Büsche weniger wurden und sie durch ein kleines, schmiedeeisernes Tor gingen, welches den Garten von einem kleinen Vorplatz trennte. Dort wartete bereits ihre Kutsche auf sie und mit ihr Hans. Der Anblick des tumben, großen Mannes, schüchterte Goku auf eine Art ein, die er nicht in Worte fassen konnte. Panik, kopflose, blanke Panik ermächtigte sich seiner erneut. Sein Blick verschwamm, Tränen rannen seine Wange hinab. Warum hatte Vegeta ihn einfach gehen lassen? Warum war er bloß vor ihm davongelaufen? Warum … warum rettete er ihn denn nicht?

„Bi…bitte…nicht.“, flehte er mit zittriger Stimme als Hans vor ihn trat, er von den beiden Frauen losgelassen wurde und nur noch sah wie der blonde Knecht mit seiner Hand zu einem Schlag ausholte.
 

Ein Hofdiener stürzte aus den Büschen zu Vegetas Füßen und versuchte seinen verhedderten Fuß frei zu bekommen. Hoffentlich hatte er ihn sich nicht verletzt, denn er hatte es furchtbar eilig. Einer der Wachen in den Gängen hatte ihm gesagt, dass der Prinz zuletzt gesehen worden war, wie er mit einer Fackel in den Garten ging. Also hatte der Knecht sich so schnell er konnte auf den Weg gemacht, dieses helle Licht, indem sonst dunklen Garten zu suchen. Er musste dem Prinzen unbedingt sagen, dass er gesehen hatte, wie zwei Frauen und ein Mann, das wunderschöne Mädchen, mit welchem er den Prinzen hatte tanzen sehen, zu einer Kutsche geschleift und geschlagen hatten. Irgendetwas konnte da nicht mit rechten Dingen zu gehen und der Prinz musste das erfahren!

Als er nun auf dem Boden lag, weil er an diesem blöden Busch hängengeblieben war, durch den er sich gezwängt hatte, erkannte er vor seinem Gesicht vornehme, schwarze Lackschuhe. Hektisch richtete er sich auf und blickte in die fragenden Augen seines Prinzen.

„Eure…eure Majestät! Sie…sie schleppen sie weg!“

Vegeta zog skeptisch eine Augenbraue nach oben. „Wie bitte?“

„Das…das Mädchen…in dem silbernen Kleid!“

Mädchen? Silbernes Kleid? Wegschleppen? Vegetas Augen weiteten sich. Das konnte doch nur Kakarott sein! Er packte den Hofdiener am Kragen und zog ihn auf seine Beine. „Was sagst du da? Sie schleppen Kakarott weg? Wer? Wohin?!“

„Zwei…zwei Frauen schleppten sie zu einer Kutsche und…und da war ein Mann, eure Majestät.“ Er zitterte leicht unter Vegetas festem Griff. Noch nie hatte der Knecht jemals das Wort an den Prinzen richten dürfen.

„Verdammter Mist!“, fluchte Vegeta und ließ von seinem Diener ab. „Los, mitkommen!“, befahl er nur, machte auf dem Absatz kehrt und steuerte mit schnellen Schritten die Stallungen an, wurde immer schneller und lief schließlich los, den Hofdiener dicht an seinen Fersen. Wieso musste es immer … IMMER … in einer völligen Katastrophe enden, wenn er mit Kakarott zusammen war?!

Kaum war er bei den Stallungen angekommen, schwang er sich auf ein Pferd, welches gerade für die allabendliche Patrouille gesattelt worden war und schlug mit seinen Hacken in dessen Seiten. Etwas in ihm war nervös. So nervös als würde es hier um Leben und Tod gehen. Als hinge alles an ihm, am Prinzen, der seine … Braut retten musste.

„Eure…EURE MAJESTÄT!“, rief ihm der Diener nach, doch Vegeta galoppierte bereits los. Gleichzeitig verfluchte er alles und jeden und insbesondere die Tatsache, dass er in diesem beschissenen Märchen kein Ki wahrnehmen konnte. Das Hufgetrappel der anderen Patrouillenpferde mit ihren Reitern, die ihm folgten, nahm er gar nicht wahr, denn Kakarotts Worte hallten permanent durch seinen Kopf, während er einfach blindlings in die Nacht ritt.

‚So wie du mich nicht hast hängen lassen?!‘ Vegetas Blick wurde finster. Diesmal nicht. Diesmal würde er sich das nicht von dem Jüngeren vorwerfen lassen! Er war ein genauso starker und gleichwertiger Partner in dieser verkorksten … was auch immer das zwischen ihnen auch war!
 

Son Goku saß zusammengekauert auf dem Boden der Kutsche, zu Füßen von Viktoria und Katharina. Hans hatte ihn fast bewusstlos geschlagen und in die Kutsche geschleift, dies hatte er in einem benommenen Zustand noch mitbekommen. Danach waren ihm die Hände zusammengebunden worden, ein Knebel war ihm in den Mund, fast bis in den Rachen gedrückt worden, die beiden Frauen waren zu ihm eingestiegen und nachdem Hans auf dem Kutschbock saß, hatte sich das Gefährt rumpelnd in Bewegung gesetzt. Er selbst war still liegen geblieben aus Angst … ja verflucht nochmal aus ANGST, dass Viktoria sonst etwas mit ihm anstellen würde, wenn er sich auch nur rührte. Wenn er still blieb, dann gäbe es vielleicht noch einen Aufschub bis dahin, wohin sie unterwegs waren und wer weiß … vielleicht … vielleicht würde Vegeta doch noch auftauchen.

„Was meinst du Katharina? Was sollen wir mit Aschenputtel anstellen? Sollen wir ihr vielleicht das Gesicht zerschneiden? Oder die Fußsohlen verbrennen? Die Nägel und die Zähne ausreißen?“ Son Goku erbleichte bei diesen Schilderungen und presste die Augen zusammen.

„Ich weiß nicht Viktoria, findest du nicht, dass dies ein Fehler ist?“

„Was soll denn hieran ein Fehler sein?“

Katharina sah zu Son Goku hinab. „Aschenputtel zu schlagen, während sie in unseren Diensten stand ist eine Sache, aber sie vom Ball des Prinzen zu entführen, wo dieser doch so offensichtlich Gefallen an ihr gefunden hat, das ist etwas vollkommen anderes.“

Viktoria lächelte dies mit einer hochmütigen Bewegung ab. „Sei nicht so ängstlich Katharina. Der Prinz wird sie ganz schnell vergessen, wenn sie nicht mehr zurückkommt und sich eine Neue aussuchen. Da bin ich mir ganz sicher. Was soll denn an der da“, und Goku bekam einen Tritt in die Seite. „So besonders sein, dass sie aus der Masse an Heiratskandidatinnen heraussticht.“

„Aber haben wir damit nicht auch unsere Chancen vertan Königin zu werden? Und was wird Mutter sagen, wenn sie erfährt, dass wir einfach die Kutsche genommen haben?“

„Du machst dir viel zu viele Gedanken!“

„Aber...“

„Nichts aber!“, fauchte Viktoria und sah ihre Schwester streng an. „Dafür ist es jetzt zu spät.“

Die beiden Schwestern verfielen in Schweigen und es dauerte lange bis Katharina dieses wieder brach. „Hörst du das?“

„Nein. Was denn?“, wollte Viktoria wissen.

„Ich höre Rufe … Pferde.“

„Das bildest du dir nur ein.“

Doch Katharina mahnte ihre Schwester still zu sein. „Nein, hör doch.“ Mit einem besorgten Blick öffnete sie einen der Vorhänge und die Geräusche wurden lauter. Man konnte deutlich die Stimmen von mehreren Männern hören, die ihre Pferde anspornten.

„Verflucht nochmal!“, schimpfte nun auch Viktoria, öffnete den Vorhang auf ihrer Seite und schob den Kopf hinaus. Tatsächlich, hinter ihnen kam eine ganze Gruppe von Männern auf Pferden heran geritten. Aber nicht nur irgendwelche Männer. Das, was sie im Licht des Mondes erkennen konnte, war eindeutig die Uniform der Palastgarde und weit voran, fast nur noch eine Pferdelänge von der Kutsche entfernt, ritt der Prinz … und er sah alles andere als freundlich aus.

Die beiden Schwestern zogen ihre Köpfe wieder in die Kutsche und während Katharina hysterisch anfing zu plappern, dass sie doch gewusst hatte, dass dies ein Fehler war und was sie nun wohl erwarten würde, fokussierte Viktoria das am Boden liegende Aschenputtel. Goku, der diesen Blick deutlich spürte und der instinktiv wusste, dass er sich nun nicht mehr bewusstlos stellen konnte, hob den Kopf und erwiderte den Blick. Dabei konnte er jedoch ein Zittern seines Körpers nicht verbergen.

„Was machen wir denn jetzt? Was machen wir denn jetzt?“, zeterte Katharina und rüttelte an Viktorias Arm. Diese jedoch beugte sich in aller Seelenruhe nach unten, betätigte ein Geheimfach unter den Sitzen und zog einen langen Dolch heraus. Nicht nur Gokus Augen weiteten sich erschrocken, auch Katharina sah ihre Schwester geschockt an. „W...was hast du denn vor? Viktoria!“

„Wenn ich den Prinzen nicht haben kann, dann sorge ich wenigstens dafür, dass sie ihn auch nicht bekommt!“

„Bist du verrückt?! Wenn du sie umbringst, wird uns das der Prinz niemals verzeihen!“

„Das wird er auch so schon nicht!“

„Aber...aber...aber...“, stammelte Katharina und brachte kein vernünftiges Wort mehr heraus, während sich ihre Schwester auf den Boden der Kutsche zu Goku niederließ und den Dolch hob. Die Pferde hörte man immer näherkommen.

„Stirb Aschenputtel!“, schrie sie und der Dolch schoss auf den gefesselten Goku nieder, der sich geistesgegenwärtig auf dem Boden zur Seite warf und mit dem Rücken an die Tür stieß. Er schnaufte heftig, versuchte Luft zu bekommen, suchte mit seinen Augen die Kutsche ab, suchte nach einem Ausweg, den es einfach nicht zu geben schien. Viktoria beugte sich wieder über ihn, den Dolch in der Hand erhoben, der Blick vor Wut völlig zerfressen, die scharfe Klinge sauste herab, ein Ruck ging durch die Kutsche und … der Dolch verfehlte um Haaresbreite Gokus Hals, ritzte nur die Haut ein Stück auf und Viktoria, durch den abrupten Halt des Gefährts aus dem Gleichgewicht gebracht, landete auf ihm. Dann wurde die Tür in seinem Rücken geöffnet und zusammen verloren sie ihren Halt.

Goku fiel aus der Kutsche, landete unglücklich auf seinem Rücken, schrie auf, doch der Schrei erstarb gleich wieder als nun auch noch Viktoria auf ihm landete und er nur noch Sterne sah. Der zusätzliche Druck auf seinen Wunden hätten ihn fast das Bewusstsein verlieren lassen. Doch der Körper auf ihm wurde sogleich von ihm gerissen und er hörte nur noch Viktorias Stimme, die schmerzverzerrt aufschrie. Als er seine Augen wieder öffnete, sah er ein Bein über sich, dass auf der untersten Stufe der Kutsche stand, dessen zugehöriger Oberkörper im Inneren verschwunden war. Unter flehendem, angsterfülltem Gebettel wurde Katharina aus der Kutsche gezerrt und über seinen Körper hinweg auf den Boden geworfen. Neben ihre Schwester, die immer noch den Dolch in ihren zitternden Händen hielt. Als Gokus Blick die Beine des Mannes nach oben wanderte, der nun zwischen ihm und den beiden Frauen stand, erkannte er endlich, dass es sich dabei um Vegeta handelte. Ein Lächeln huschte über seine Lippen als er erleichtert die Augen schloss. Vegeta war hier. Er … hatte ihn gerettet. Er war endlich … in Sicherheit.
 

Während nun endlich auch die Palastwachen zu ihnen aufschlossen und sich rund um Vegeta, die Kutsche und den beiden Frauen versammelte, fiel dem Prinzen der Dolch ins Auge. Sein ohnehin wütendes Gesicht wurde noch finsterer. Mit einem schnellen Schritt war er bei Viktoria, packte ihr Handgelenk, zerrte sie nach oben und riss ihr den Dolch aus der Hand und warf ihn im hohen Bogen in die Finsternis. Danach stieß er sie von sich, sodass sie wieder auf ihrem Hintern neben ihrer Schwester landete.

„Das…DAS IST ALLES DEINE SCHULD!“, brüllte Katharina plötzlich los und schubste ihre Schwester.

„MEINE Schuld?!“ Viktoria stieß mit ihrer Hand gegen Katharina, die zur Seite fiel, sich gleich wieder aufrichtete und erneut ihrer Schwester einen Stoß verpasste. „JA DEINE SCHULD!“

„DU…! DU DUSELIGE KUH! Wegen dir lebt Aschenputtel noch!“

„WAS?! Du warst doch zu blöd, um sie abzustechen!“

„Ich hör ja wohl nicht richtig! DU…DU BLÖDE ZIEGE!“

„SELBER ZIEGE, DU DOOFE NUSS!!“

Eine Ader pulsierte gefährlich auf Vegetas Stirn, während sich die beiden Schwestern vor seinen Füßen tatsächlich einfach zu zanken und schubsen begannen, wie kleine verzogene Gören. Moment ... wie war das? Abstechen? Der Dolch, den er der blonden Furie vorhin aus der Hand gerissen hatte … bedeutete das etwa, dass … dass … dass er nur um Haaresbreite verhindert hatte, dass diese Verrückten Kakarott … SEINEN Erzrivalen … seine BRAUT … abgestochen hätten, wenn er sie nicht rechtzeitig eingeholt hätte?! Es irritierte ihn sichtlich, dass diese Geschichte so … brutal von statten ging. Seit wann waren Kindergeschichten, Märchen … seit wann war so etwas auf der Erde brutal?

Das Gekeife vor ihm nahm einen neuen Höhepunkt an und ihm reichte es endgültig. „HALTET DIE KLAPPE!“ Es wurde schlagartig still, während zwei Palastwächter Hans vom Kutschbock zogen und ihn festhielten.
 

Viktoria und Katharina saßen mit Dreck besudelt auf der Erde und starrten mit großen Augen zu ihrem Prinzen hoch, der sie ansah, als würde er sie am liebsten auf der Stelle zerreißen. Die Palastwächter hatten einen Kreis um sie gebildet und es gab keine Chance zur Flucht. Son Goku richtete sich mühsam auf seine Knie auf um dem Geschehen zu folgen. Er musste ihm einfach folgen, er musste es wissen, musste sich sicher sein, dass es endgültig vorbei sein würde mit diesem Horror.

„B...bitte...mein Prinz“, stotterte Katharina und verneigte sich im Knien, drückte ihre Stirn auf den Boden. Ihr ganzer Körper zitterte und die zerzausten Haare fielen ihr über den Rücken. „I...ich wollte Aschenputtel nie etwas Böses tun. Es war alles Viktorias Idee! Sie hat Schuld!“

„WAS?!“, kreischte Viktoria auf, packte ihre Schwester an den Haaren, zerrte ihren Kopf nach oben und schlug ihn wieder auf die Erde. „Du behauptest, dass dies ALLES meine Schuld ist?! Wer hat sich denn vorgedrängelt um mit dem Prinzen zu tanzen?! Wer war denn so zögerlich, als es darum ging endlich zu handeln?! Wer musste denn immer zum Stock greifen, um die Bediensteten zu erziehen? ICH! Ich hab mir die Hände schmutzig gemacht! Ich habe immer ALLES gemacht, damit DU ein schönes Leben hattest!“

Katharina wimmerte unter dem Griff ihrer Schwester und Vegeta massierte sich die Stirn. „Fein, dann wäre die Frage nach der Schuldigen auch schon geklärt.“ Die beiden Schwestern verstummten.

Viktoria blinzelte, sah zum Prinzen hoch und ihr wurde erst in diesem Moment klar, dass sie soeben alles zugegeben hatte. Wut und Zorn, aber auch Tränen traten ihr in die Augen und sie setzte dazu an, nach den Stiefeln des Prinzen zu greifen, um ihn bettelnd darum zu bitten Gnade walten zu lassen, doch der Prinz machte einen Schritt zurück, entzog sich ihr und nickte seiner Garde zu.

„Schafft sie weg! Werft dieses Gesindel in den Kerker! Und lasst sie verdammt nochmal irgendwelche niederen Arbeiten verrichten! Schweine hüten oder was auch immer, was ihrem verabscheuungswürdigen Charakter entspricht. Und … sorgt dafür, dass sie sich eine Zelle teilen.“

Der Oberst der Palastwächter nickte, verneigte sich vor dem Prinzen und wies seine Soldaten an, Viktoria, Katharina und Hans wegzuschaffen. Kaum hatte Vegeta zu Ende gesprochen ging das Gezanke der beiden Schwestern schon wieder los, in welchem nun Katharina Viktoria ob ihrer Dummheit alles zu gestehen beschimpfte. Die Gardisten hatten alle Hände voll zu tun, die beiden aufeinander Losgehenden zu trennen. Die zeterten wie die Rohrspatzen, beschuldigten sich weiterhin gegenseitig, traten, schlugen und spuckten nacheinander, als wären sie die ältesten Waschweiber der Welt und nicht wohlerzogene Damen aus gutem Hause. Selbst als man sie auf die Pferde verfrachtete und sie davonritten, sie schon lange nicht mehr zu sehen waren, klangen ihre sich überschlagenden Stimmen noch durch die Dunkelheit.
 

Son Goku musste lächeln. Wäre die Situation zwischen ihnen eine andere gewesen, dann hätte er dies durchaus als komisch empfinden können. So aber war er einfach nur heilfroh, sie wohl nie wieder sehen zu müssen. Als Vegeta auf ihn zukam lächelte er noch mehr und streckte ihm bittend die gefesselten Hände entgegen. Stumm und immer noch mit ernstem, wütendem Gesicht löste der Prinz sie und warf sie in dieselbe Richtung, in die er auch den Dolch geworfen hatte, davon. Der Jüngere rieb sich sogleich erleichtert die Handgelenke und entfernte den Knebel aus seinem Mund.

Als er plötzlich ein weißes Stofftaschentuch vor seinem Gesicht hatte, blickte er fragend zu Vegeta auf.

„Du blutest.“, meinte dieser und mit einer eindeutigen Geste forderte er Kakarott auf das Tuch zu nehmen. Seine Stimme klang genauso ernst wie er schon die ganze Zeit dreinblickte. Etwas zögerlich nahm Goku den Stoff und hielt ihn sich an seinen blutenden Hals.

„…bist du JETZT endlich zufrieden?!“, fauchte der Prinz, noch aufgepeitscht vom Adrenalin.

Verwirrt richtete Goku seinen Blick wieder nach oben. „Was?“

Vegeta warf seine Hände in die Luft, drehte sich um, ging kopfschüttelnd auf und ab, bis er wieder vor Son Goku anhielt und noch finsterer dreinblickte als zuvor. „Die Wahnsinnige hätte dich abstechen können! ABSTECHEN! Und dann?! Dann wärst du verdammt nochmal tot, Kakarott! TOT! Und warum?! WEIL DU EINFACH NICHT AUF MICH HÖRST!“ Vegeta begann erneut mit fuchtelnden Armen vor Goku auf und ab zu laufen, der immer kleiner wurde. „Nein, der Herr muss ja IMMER seinen verfluchten DICKSCHÄDEL durchzusetzen! IMMER muss sich alles um ihn drehen!“ Er blieb wieder stehen und funkelte Kakarott an. „Nicht nur, dass du STÄNDIG alles in Frage stellen musst, was ICH dir sage, du hättest auch noch draufgehen können!! Dann hätte ich hier festgesessen!!“

„Das…das weißt du doch…gar nicht…“

„Fängst du schon wieder an?!“

Goku neigte seinen Kopf zur Seite und musterte Vegeta eine Weile, der schnaubend und mit erhobener Faust vor ihm stand. „Sag mal…kann es sein, dass du dir einfach grad…Sorgen um mich gemacht hast?“ Dabei legte er ein fast unschuldig aussehendes Lächeln auf, während dem Prinzen die Kinnlade nach unten fiel.

„Ob ich mir…? Es…es ist mir doch…VOLLKOMMEN EGAL ob du…ob du…VERDAMMT NOCHMAL!“ Vegeta verschränkte eingeschnappt seine Arme und drehte Goku den Rücken zu. Mühsam kämpfte sich der Jüngere auf seine Beine und humpelte an Vegetas Seite, legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Danke.“

„Tz.“ Vegeta riss sich unter Gokus Griff weg. „Ich hoffe dieses Thema, ich hätte dich im Stich gelassen, hat sich damit erledigt.“, grummelte der Prinz leise.

Langsam ließ der jüngere seine Hand wieder sinken. „…denke…denke schon.“

Da war sie wieder. Diese Schwäche in Kakarotts Stimme, die Vegeta deutlich heraushören konnte. Widerwillig, aber einfach nicht anders könnend, wandte er sich dem Jüngeren zu. „Was…“ Vegeta biss sich auf die Unterlippe. Eigentlich wollte er es doch gar nicht wissen. Eigentlich war es ihm doch vollkommen egal … und trotzdem. Er MUSSTE es einfach wissen. „Was ist passiert…als ich dich dort…zurückgelassen hab?“

„Naja…sie haben mich ganz schön zugerichtet. Haben mich im Keller angekettet, fast ertränkt…“ Bei diesem Wort legte Goku unwillkürlich seine Hand an seine Brust, weil ihn sofort wieder das Gefühl des Erstickens beschlich. „…und ausgepeitscht. Ich mein…ja…wir hatten schon viel schlimmere Verletzungen, schon klar, es ist nur…diese Schwäche…“ Der Jüngere blickte auf seine Hände hinab und ballte sie zu Fäusten. „…du kannst dir nicht vorstellen, wie sich das anfühlt, wenn man so…hilflos ist. Ich hatte wirklich…Angst.“

„Angst?“

„Ja, Angst verdammt nochmal!“ Plötzlich wurden seine Beine zittrig und er sank auf den Boden nieder, starrte blicklos vor sich auf die Erde. „Ich weiß nicht warum oder wieso...woher...vielleicht liegt es an meiner Figur, vielleicht liegt es an Aschenputtel, aber...da war so blanke Angst und Panik, wie ich sie noch nie empfunden habe und...ich wusste einfach, dass ich dagegen nichts tun konnte. Verflucht nochmal ich hab sogar GEHEULT!“ Scheiße noch eins war ihm das peinlich dies auch noch zuzugeben.
 

Vegeta betrachtete Gokus zusammengesackte Gestalt und überdachte dessen Worte. Am liebsten hätte er angefangen zu lachen, ihm dieses Geständnis unter die Nase gerieben, es mit höhnischen Worten abgetan und ihn diese Schande niemals mehr vergessen lassen. Aber der Jüngere sah wirklich … jämmerlich aus. Wie er da so zerzaust, in zerrissenen Klamotten und schniefend … Moment, SCHNIEFEND?! Vegeta blinzelte, sah nochmal hin und Goku hob in diesem Moment das Taschentuch und wischte sich wütend über die Augen, aber es half nichts. Da waren tatsächlich Tränen in seinen Augen und auf seiner Wange. TRÄNEN!

Das konnte doch einfach nicht…! Vegeta hatte Kakarott noch nie weinen sehen. Er selbst hatte schon einmal Tränen vergossen, damals auf Namek, als er so unglaublich wütend darüber gewesen war, dass es ihm nicht gelungen war sein Volk zu rächen. Aber diese Tränen waren anders. Sie liefen Kakarott einfach über die Wangen und hörten nicht mehr auf, obwohl Vegeta deutlich sehen konnte, wie wütend und frustriert Kakarott darüber war.

Der Prinz erinnerte sich ... es hatte noch einen Moment gegeben, indem er Tränen vergossen hatte und er konnte es nicht glauben, dass er das jetzt wirklich tun würde, was er dann tat. Er ließ sich mit einem Seufzen neben Kakarott auf der Erde nieder. Die Palastwächter drehten sich diskret um, starrten in die Dunkelheit und bildeten einen Schutzwall zwischen ihr, dem Prinzen und seiner Auserwählten.

„Ich fass es nicht, dass ich dir das jetzt sage...aber...ich kenne so eine...Schwäche.“, kam es stockend von Vegeta und Goku hob seinen Kopf an.

„Wirklich?“

„Ja.“

Pause.

„Woher?“

Vegeta atmete tief ein. „Freezer.“

„Oh.“

„Ja.“ Wieder trat Stille ein, in der Vegetas Augen zu Kakarott huschten, der nachdenklich das Taschentuch in seinen Händen betrachtete. Dabei fiel sein Blick auf die blutenden Schrammen, welche auf Gokus Rücken unter dem verrutschten Kleid zu sehen waren. Oh ja und wie er diese Schwäche kannte. Ohne es zu wollen hob er eine Hand und legte sie auf seine eigene Schulter.

„Vegeta?“

„Was denn?“

„Diese Schwäche...fühlt sich das an, als wäre der Körper zu Eis erstarrt? Als würde man...“ Goku suchte nach Worten.

„...als würde man keine Luft mehr bekommen und als wäre jeder Gedanke in deinem Kopf eingefroren?“, beendete Vegeta den Satz und der Jüngere sah überrascht zu ihm, weil der Ältere genau das beschrieb, was er gefühlt hatte.

„Ja.“

„Tut es.“, bestätigte Vegeta und wieder entstand zwischen ihnen eine Stille, in welcher der Prinz der Saiyajins an die Zeit zurückdachte, in der er diese Empfindungen gehabt hatte und Goku langsam klar wurde, warum Vegeta manchmal war, wie er nun mal war.

„Deswegen also...“

„Deswegen was, Kakarott?“

„Deswegen bist du also so davon besessen, der Stärkste zu sein. Weil Schwäche einem…dieses Gefühl beschert und das Leben kosten kann.“

Vegeta blinzelte und wusste nicht, was ihn mehr verwunderte. Das Kakarott da überhaupt drauf gekommen war, oder dass er darauf jetzt erst gekommen war. Er hielt es jedoch für besser nichts mehr dazu zu sagen und wandte einfach nur seinen Blick ab.

„Vegeta?“

„Was?!“, kam es nun genervter vom Prinzen, dem es langsam zu gefährlich wurde noch weiter zu reden, da die Themen in Richtungen gingen, die er nicht erörtern wollte. Also erhob er sich und sah zu Kakarott hinab.

„Meinst du, wir sind deswegen in dieser Geschichte?“

„Weswegen?“

„Na...damit du mir das sagen konntest.“ Vegeta blinzelte abermals und Goku sprach weiter. „Der Opa hat doch gesagt, dass wir irgendwie in diesen Geschichten etwas...erfahren würden, lernen, mitnehmen. Zumindest hab ich das so verstanden.“

Der Prinz schnaubte. „Was weiß ich.“ Er wandte Kakarott den Rücken zu. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass dieses bescheuerte Buch wollen würde, dass er Kakarott auch nur irgendetwas aus seiner Vergangenheit geschweige denn über seine … seine Gefühle erzählte. Was wusste das Buch denn schon von ihm?! Er verschränkte seine Arme. Und dennoch … diese Geschichte … dieser kurze Einblick in das Leben, dass man als Prinz führen würde … und gleichzeitig die Tatsache, dass dieses Erdenmärchen einem weismachen wollte, dass ein Rang unwichtig sei und sogar eine Dienstmagd einen Prinzen bekommen konnte – sofern er mit seiner Vermutung immer noch richtig lag – ließen ihn einfach nicht los. Seine Augen huschten zu Kakarott, der nachdenkend am Boden saß. Unterklasse … Prinz – Dienstmagd … Prinz. Vegeta schüttelte seinen Kopf. So … so etwas Bescheuertes.
 

Gleichzeitig grübelte Goku mit gerunzelter Stirn über alles nach, was sie bisher gesprochen und erlebt hatten. Was ihm in diesem Märchen klar geworden war, was er zu empfinden gelernt hatte und was das wohl für eine Bedeutung haben mochte. Schließlich aber ... hatte er sich entschieden und sein Gesicht erhellte sich, während er aufsprang. „Also schön, Vegeta. Probieren wir es.“

Aus seinen Gedanken gerissen, fragte der Prinz mit erhobenen Augenbrauen ob der plötzlich so fröhlichen Stimmlage des Jüngeren: „Was meinst du?“

„…na…dieses ver…verliebte Kussding. Wenn du recht hast, dann…dann müsste uns das doch hier rausbringen.“

„Das hätten wir aber auf dem Ball tun müssen.“

„Ist er denn schon aus?“

„Nein. Denke nicht.“

„Worauf warten wir dann?“

Goku schnappte sich Vegetas Handgelenk und zog ihn in Richtung der Pferde.
 

Vegeta, sichtlich total überrumpelt von dieser plötzlichen Einsicht Kakarotts, blieb stehen wo er war und der Jüngere drehte sich in seinem berückenden Silberkleid zu ihm um. „Worauf wartest du?“

„Woher dieser Sinneswandel, Kakarott?“, fragte der Prinz skeptisch und mit zusammen gekniffenen Augen.

„Vielleicht bin ich einfach zu dem Schluss gekommen, dass du recht haben könntest?“

„Ach?“

„...ach?“, fragte Goku nach.

„Ja, ach.

„Ach was...?“

„Ach, wie schön, dass ich das noch erleben darf, dass DU mir recht gibst.“

Son Goku rieb sich verlegen über den Hinterkopf. „Vielleicht hab ich das hier ja gelernt?“

Vegeta schnaubte. „Vergiss es nicht so schnell wieder.“

„Du wirst mich schon daran erinnern.“, grinste Goku zurück, während Vegeta bereits an ihm vorbei ging.

„Worauf du dich verlassen kannst!“, erwiderte dieser bestimmt.

Noch breiter grinsend beobachtetet Son Goku wie Vegeta seinen Wachen den Wink zum Aufsteigen gab und sich geschickt selbst auf ein Ross schwang. Goku unterdessen hüpfte auf den hinteren Teil eines anderen Pferdes und wollte sich hochziehen, sackte jedoch gleich wieder nach unten.

„Das gibt’s doch einfach nicht! Kann dieses Mädchen sich nicht mal irgendwo hochziehen?!“, fluchte er und wollte schon erneut zu einem Sprung ansetzen.

„Kakarott.“

Goku stoppte seinen Anlauf und blickte zum Prinzen, der ihm seine weiß behandschuhte Hand entgegenstreckte. Unwillkürlich huschte ein erneutes Lächeln über Son Gokus Lippen, dann trat er an Vegeta heran und ergriff seine Hand. Mit einem gekonnten Ruck zog der Prinz Kakarott zwischen seine Beine, der einen überraschten Laut wegen der unerwarteten Stärke Vegetas von sich gab und schlang reflexartig seine Arme um den Prinzen.

Gokus Beine baumelten über Vegetas Oberschenkel an der Seite des Pferdes hinab und als er realisierte, dass Vegeta bereits die Zügel in der Hand hielt und dem Pferd unter ihnen die Fersen in die Seite stieß, ging es in einem wilden Galopp auch schon los. Dabei konnte er einfach nicht aufhören zu lächeln. Es hatte gut getan sich endlich einmal halbwegs normal mit Vegeta zu unterhalten. Während er sich immer fester an ihn klammerte, da Vegeta das Pferd immer mehr antrieb, beschlich den Jüngeren das Gefühl, dass da noch so einiges war, dass es über ihn zu wissen gab und dass ihn diese Schwäche, die er hier erlebt hatte, Vegeta tatsächlich irgendwie näher gebracht hatte. Bis jetzt hatte er sich noch nie Gedanken darüber gemacht, warum … warum der Ältere so besessen davon war, stärker als er zu sein. Er hatte es immer diesem Stolz zugeschoben, von dem Vegeta ständig sprach, den er nie wirklich verstanden hatte, aber da war definitiv mehr dahinter. Dabei war er doch stark. So … ein starker Prinz. Goku schüttelte irritiert seinen Kopf als er merkte, dass er im Anblick Vegetas versunken war. Verdammt. Diese bescheuerten Frauengefühle. Genervt, mit glühenden Wangen, wandte er seinen Blick ab und versuchte sich auf die Lichter der Stadt, derer sie immer näherkamen, zu konzentrieren.
 

Der Ritt zurück zum Schloss dauerte zum Glück nicht allzu lange. Zumindest kam es Son Goku vor, als wären sie schon nach einigen Minuten durch die großen Schlosstore geritten. Als sie von dem Ross abstiegen, waren sofort Diener da, welche die Pferde in Empfang nahmen und wegführten. Eine Wache trat an Vegeta heran, flüsterte ihm zu, dass seine Befehle bezüglich Viktoria und Katharina ausgeführt worden waren und die beiden Frauen demnächst für die königlichen Schweineställe arbeiten würden. Goku, der diese Worte hörte, konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und er lächelte so lange, bis Vegeta ihm seinen Arm hinhielt. Sich bei ihm einhängend, denn nach wie vor konnte er nur humpeln, gingen sie gemeinsam die lange Treppe hinauf und fanden sich auf der großen Terrasse vor dem Haupteingang wieder.

„W...warte. So kann ich doch nicht zu dem Ball zurück. Mein Kleid…und…mir fehlt mein zweiter Schuh.“

Vegeta musterte Goku von oben nach unten. „Das…kriegen wir hin.“ Er trat näher an den Jüngeren heran, strich ihm vorsichtig eine Strähne aus dem Gesicht und befestigte sie unter seiner silbernen Schleife, was Goku wieder diese seltsame Wärme in seine Wangen schießen ließ, die ihn auch auf dem Pferd in Vegetas Armen überkommen hatte. Schnell fixierte er eine der großen Blumentöpfe auf dem steinernen Geländer, welches die große Terrasse umzäunte. Danach riss Vegeta die Fetzen an Kakarotts Rock herab und da dieses Meer aus Rüschen aus mehreren Schichten bestand, fiel es kaum mehr auf, dass einige nun fehlten. Er trat einen Schritt zurück und musterte Kakarott noch einmal.

„Ja…das sollte gehen. Und…“ Er schnippte mit dem Finger und einer der Reiter, der sie zum Schloss begleitet hatte, kam schnellen Schrittes heran. Vegeta öffnete nur seine Hand und die Wache stellte ihm den Schuh auf seine Handfläche. Mit einer stummen Kopfbewegung deutete der Prinz an, dass er sie nun wieder alleine lassen konnte. „…mit deinem fehlenden Schuh kann ich dir auch behilflich sein. Aschenputtel.“

Grinsend sank Vegeta vor Goku auf ein Knie hinab, der mit einem Lächeln im Gesicht seinen Rock raffte und sein Bein anhob, an dem ihm der Schuh, den er nach dem Älteren geworfen hatte, fehlte. Vorsichtig streifte der Prinz ‚Aschenputtel‘ den Schuh über. Er passte wie angegossen. Vegeta richtete sich wieder auf und blickte Kakarott in die Augen. „Mylady?“ Er grinste immer noch und bot Goku seinen Arm an, der ihn am liebsten gleich genommen hätte, doch er ließ seine bereits gehobene Hand wieder sinken.

„Vegeta…“

„Was denn?“

Goku deutete mit seinem Kopf hinter den Prinzen. „…die starren uns alle durch die Scheiben an…“

Ohne seinen Blick von Kakarott abzuwenden, fragte er gleichgültig: „Ja und?“

„Naja…“ Goku wandte sein Gesicht ab und sah nervös wirkend zu Boden. „Können wir…dieses…ähm…naja…dieses Kusszeug nicht einfach…hier machen? Sie sehen uns ohnehin zu…autsch.“ Ein stechender Schmerz hatte seinen Knöchel durchzogen als Son Goku sein Körpergewicht ungünstig auf ihn verlagert hatte. Er humpelte ein paar Schritte zu dem steinernen Geländer. „Ich…ich mein ja nur…“, begann er noch einmal stockend, während er sich auf dem Geländer, zwischen zwei Tonblumentöpfen niederließ, um sein pochendes Fußgelenk zu entlasten. „…dann müssen…naja…dann müssen wir das nicht da drin machen, während die uns da alle…umzingeln…“ Mit verlegenen, geröteten Wangen und unsicher, ob Vegeta ihn deswegen nicht gleich wieder anschnauzen würde, blickte er zu ihm auf, doch der Ältere starrte ihn einfach nur stumm an.

Dieses nervöse Herumgebrabbel von Kakarott hatte Vegeta stutzig werden lassen und so langsam wurde es auch ihm bewusst. Sie … sie standen kurz davor sich zu küssen. KÜSSEN. Kakarott und er. Küssen. Ohne es zu wollen hatte sich sein Herzschlag beschleunigt und er schluckte nervös einen Kloß in seinem Hals nach unten. Diese Situation, hier auf der Terrasse, mehr oder weniger allein, war eine völlig andere als noch vor ein paar Stunden, als er diesen bescheuerten Kuss einfach nur schnellstens hinter sich bringen wollte. Diesen … diesen dämlichen Liebesbeweis, den er in seinen Augen einfach unter Zeugschaft der höfischen Gesellschaft zu erbringen gehabt hätte. Kurz seine Lippen zwischen den anderen Tanzpaaren auf Kakarotts pressen. Fertig. Und jetzt?

Er schluckte erneut. „Von…von mir aus. Machen…wir es halt…hier.“ Verdammt begann er gerade selbst zu stottern?! Vegeta verfluchte sich selbst ob seiner etwas zu hohen Stimmenlage. Wieso klang ER denn jetzt so beschissen nervös? Der Ältere räusperte sich leise. Das war doch bescheuert! Er konnte das hier doch genauso schnell hinter sich bringen! Also dann! Lippen drauf, fertig! Er drückte sein Kreuz durch und trat an Kakarott heran, dessen Mund leicht offenstand und dessen Augen unruhig zwischen seinen hin und her huschten als er zu ihm hinabblickte.

„U…und du bist dir…sicher…Vegeta…?“ Goku senkte seinen Blick schnell, konnte den Älteren nicht mehr ansehen. Als er jedoch eine Hand an seinem Hals spürte, Vegetas Daumen an seinem Kinn, der sein Gesicht wieder nach oben drückte, dabei direkt in diese pechschwarzen Augen blickte, spürte er ohne es zu wollen erneut diese Hitze in seine Wangen steigen. Konnte sein eigenes Herz viel zu schnell an seiner Halsschlagader pulsierend wahrnehmen, auf der die Hand des Älteren lag. Dazu kam auch noch dieser verdammt angenehme Schauer, der Gokus gesamten Körper durchströmte als sich Vegetas Gesicht dem seinen näherte. Langsam. Ohne seinen Blick abzuwenden. Küssen … gleich würde er seinen Prinzen küssen. Nur noch ein paar Zentimeter trennten sie voneinander, während Vegeta seine Augen mit den Seinen gefangen hielt. Der Atem des Älteren streifte Gokus Lippen und er wollte es. Er wollte es ... diesen Kuss ... so sehr. Wollte seinen Prinzen …
 

Doch noch bevor sich ihre Lippen berührten, begann die Welt um sie herum zu zerfließen und Vegeta zuckte erschrocken zurück, was Goku enttäuscht aufkeuchen ließ. Die Mauern des Schlosses, mit ihren hell erleuchteten Fenstern, der Boden unter ihnen, Vegetas Garderobe … alles sah aus, als würde es von Regen davon gewaschen werden. Die Farben und Formen flossen ineinander, wurden unscharf, verschwammen, lösten sich auf. Dahinter kam Schwärze zum Vorschein, eine endlose Schwärze. Plötzlich gab auch das Geländer, an welches sich Goku die ganze Zeit gelehnt hatte nicht mehr und er fiel nach hinten über. Unsanft landetet der große Saiyajin auf seinem Hintern, stellte fest, dass er wieder seine normalen Klamotten trug und dass auch die Schmerzen in seinem Körper nicht mehr da waren. Ungläubig starrte er an sich herab auf Vegeta, der halb auf und zwischen seinen Beinen gelandet war und ihn ebenso fragend anstarrte. Auch er hatte wieder seine normale Kleidung an. Aber das, was Goku am meisten überraschte war das plötzliche Gefühl der Stärke in seinen Armen, in seinen Händen, in seinem ganzen Körper. Da war sie wieder, seine gesamte Kraft!

Noch etwas ungläubig hob er seine Hand, öffnete und schloss sie. Es war ein altbekanntes Gefühl, welches er aber niemals wirklich realisiert hatte und mit einem erleichterten Seufzen schloss er seine Augen. Vegeta auf ihm rappelte sich hoch und sah zu ihm hinab.

„Was zur Hölle ist nun wieder passiert?! Sind wir aus dem Märchen raus? Ist es vorbei?“ Der Saiyajinprinz erhob sich und sah sich in der Schwärze um. „Wir waren doch noch gar nicht soweit...hoffentlich hast du es nicht wieder verbockt Kakarott und wir müssen das alles nochmal machen!“

Noch … nochmal?! Goku wurde bei diesen Worten kreidebleich. Das alles NOCHMAL durchleiden? Diese echt verflucht verwirrenden Gefühle und Gedanken, die ständig durch seinen Kopf geschwirrt waren und zum Glück vollkommen verschwunden waren? Und erst diese Schmerzen! Oh nein … und diese furchtbare Schwäche? Ihm wurde übel und er musste mit einem Mal wissen, sich sicher sein, absolut sicher, dass seine Kraft wieder da war und es nicht gleich von Neuem beginnen würde. Seine Augen richteten sich auf Vegeta.
 

„Siehst du hier etwas Kakarott? Vielleicht den Opa, oder einen anderen Anhaltspunkt?“ Als Kakarott still blieb, drehte sich der Prinz zu ihm um und … sah nur noch Kakarotts Faust auf sein Gesicht zufliegen, spürte den Schmerz in seinem Schädel explodieren und wurde von dem Schlag durch die Luft katapultiert.

Goku indes grinste bis zu beiden Ohren und starrte mit dem glückseligsten Lächeln, welches es gab, auf seine Faust. JA! Er war definitiv wieder er selbst! Sein Lächeln währte allerdings nur so lange, bis sich Vegeta aufgerappelt hatte und eine Energiekugel in seiner Hand entstehen ließ. Dabei fixierte er Kakarott.

Goku schluckte. „Scheiße...“

Es war einmal ...

Mitten in diesem schwarzen Nichts von Angeamas Vorwort, Inhaltsverzeichnis, Zwischenkapitel … wie auch immer Opa es genannt hatte und was auch immer es genau war, leuchtete die Energiekugel Vegetas bedrohlich und Son Goku legte ein unschuldiges Lächeln auf, hob schnell beschwichtigend seine Hände.

„Ähm…sorry. Vegeta, ich wollte nur sehen, ob meine Kräfte wieder da sind. Das...das...das war nicht böse gemeint.“

Doch das schien es auch nicht besser zu machen, ganz im Gegenteil, denn die Miene des Prinzen wurde noch finsterer. „Ich bin doch nicht dein Boxsack, du Arsch!“, fauchte er während er, voller Zorn über sein schmerzhaft pochendes Gesicht, die Energiekugel auch schon prompt abfeuerte.

„Shit!“ Mit einem Hechtsprung und einem geschickten Abrollen konnte sich Goku gerade noch vor ihr in Sicherheit bringen. Mit weit aufgerissen Augen blickte er hinter sich und sah der leuchtenden Kugel nach, die einfach immer weiter in die Dunkelheit flog, bis man ihr Licht nicht mehr erkennen konnte.

Das war verdammt knapp gewesen. Er schluckte und sah vorsichtig wieder in Vegetas Richtung, erschrak heftig, als dieser mit erhobener Faust auf ihn zugerast kam, konnte aber gerade noch auf seine Beine springen und seinen Kopf zur Seite neigen, bevor ihn der Schlag des Prinzen mitten ins Gesicht getroffen hätte. Ein Tritt folgte, dem der Jüngere mit einem Sprung in die Luft auswich, ein weiterer Faustschlag, der gegen Gokus Handfläche prallte und Vegeta mit ordentlich Kraft dagegen presste, während sich ein Grinsen auf das Gesicht des Jüngeren schlich. Ja, seine Kräfte waren definitiv wieder da. Er konnte dem Älteren wieder Paroli bieten und war nicht mehr auf ihn angewiesen.

Wenn er allerdings in Vegetas herausfordernden Blick sah, in diese wütend funkelnden Augen, die eines mit absoluter Sicherheit klar machten, nämlich das Vegeta ihm diesen Kinnhaken doppelt und dreifach zurückzahlen wollte, dann war sich Goku grade nicht so sicher, ob diese Gewissheit der spontane Schlag in Vegetas Gesicht wert gewesen war.

„Äh...sind wir jetzt nicht schon quitt Vegeta?“

„QUITT?! Mir aus dem Nichts eine verpassen und dann denken wir wären nach einem Schlag QUITT?!“

„Aber...aber...aber...ich wollte doch nur wirklich wissen ob ich wieder ich bin. Ob alles wieder normal ist...bitte Vegeta...das war doch wirklich nicht böse gemeint!“, versuchte sich Goku nochmal zu entschuldigen. Ein lautes Räuspern ertönte nach diesen Worten, auf welches jedoch keiner der beiden reagierte und als Vegetas Druck auf Gokus Handfläche weniger wurde, atmete der Größere erleichtert auf, stieß die Luft aus und … schrie vor Schmerz auf, als Vegetas Stirn schmerzvoll gegen die Seine donnerte.

Tränen schossen dem großen Saiyajin in die Augen, er sprang ein gutes Stück zurück, presste seine Hände an die Stirn und fluchte. Das Nächste was er spürte, waren Vegetas Beine, die gegen seine prallten, sie ihm wegtraten. Im Fallen die Augen öffnend, sah er den Prinzen zu ihm herauf grinsen, was auch ihm unweigerlich ein Grinsen ins Gesicht zauberte. Sich im Fallen mit der Hand abfangend, trat er nach Vegeta, der sich mit einer Drehung dem Tritt entzog, seine Beine grade noch unter seinen Körper bekam, bevor er auf dem Boden landete und Goku nun grinsend musterte.

Der Größerer hatte sein Fallen mit der Hand abgebremst und sein Gleichgewicht mit einem angewinkelten und einem gestreckten Bein gefunden. In seinem Kopf begannen schon alle möglichen Angriffsoptionen abzulaufen, die er aus dieser Position auf Vegeta starten konnte, als abermals ein sehr lautes Räuspern erklang. Diesmal sahen sich beide Saiyajins um.
 

„Ich darf doch sehr bitten, meine werten Herren.“, konnten sie die tadelnden Worte einer älteren Stimme in der Finsternis vernehmen, die nicht wirklich sehr erfreut klang.

„O…Opa?“, fragte Goku verwirrt und blickte suchend nach links und rechts. Dies ausnutzend sprang Vegeta aus der Hocke nach oben und pfefferte Goku in einer eleganten Drehung sein rechtes Schienbein gegen den Schädel, sodass der Jüngere ein ganzes Stück durch die Dunkelheit flog. Da Vegeta seine Rache bekommen hatte, verschränkte er zufrieden seine Arme vor der Brust. „JETZT sind wir quitt.“

„AUAAA!!“, brüllte der so Getroffene und rieb sich über seinen Nacken.

Man hörte die körperlose Stimme tief Luft holen; „WERTE HERREN!“

„Mensch…autsch.“, murmelte Goku und richtete sich auf, kam zu Vegeta und stellte sich neben ihn, während er ihn grummelnd ansah. „…Opa? Wo bist du denn?“

Ein Seufzen erklang, bevor der grüne Ohrenbackensessel wieder mit Opa darauf erschien. „Hier, meine Herren. Ich bin hier.“

„OPA!“, rief Goku und sein schmerzverzerrtes Gesicht erhellte sich. „Na? Wie waren wir? Also... in dem Märchen, nicht eben.“

Vegeta rollte genervt mit den Augen ob dieser Frage. Brauchte Kakarott jetzt auch noch Bestätigung von dem alten Sack wie dämlich er sich angestellt hatte?

„Ihr habt die erste Geschichte mit Bravour gemeistert, meine Herren. Das war sehr, sehr schön mitanzusehen.“ Ein einnehmendes Lächeln zierte das Gesicht des alten Mannes mit seiner schmalen Brille auf der Nase, während er zustimmend nickte. Vegeta hob fassungslos seine Augenbrauen nach oben. Das konnte doch nicht sein Ernst sein, dass er Kakarotts bescheuertes Verhalten während der gesamten Geschichte auch noch bestätigte! Ein Blick zu dem Jüngeren, der breit grinste, ließ ihn nur mit den Augen rollen.

Tief einatmend und sich damit selbst beruhigend wandte er sich Opa wieder zu: „Wo sind die Türen, alter Mann? Wir haben nicht ewig Zeit.“

„Immer mit der Ruhe, werter Prinz.“ Er strich sanft über den ledernen Einband des dicken Wälzers auf seinem Schoß. „Euer Weg von Geschichte zu Geschichte wird euch immer hierher zurückführen. Nehmt euch die ein oder andere Sekunde um euer Gelerntes angemessen zu reflektieren. Wenn es an der Zeit ist in die nächste Geschichte einzutauchen, wird Angeama euch den Weg in das nächste Kapitel freigeben.“

„Ist das dein ERNST?!“, fragte Vegeta fassungslos. „Jetzt müssen wir zwischendrin auch noch WARTEN?!“ Er marschierte mit erhobener Faust auf den Geschichtenerzähler zu, doch Goku packte ihn schnell an der Schulter und hielt ihn zurück.

„Vegeta. Wenn das so ist, dann ist das so. Bringt doch nichts auf Opa loszugehen.“

Sofort schlug der aufgebrachte Prinz die Hand seines Artgenossen von sich und funkelte ihn finster an.

„Was denn?“, fragte Goku. „Ist doch so.“

Bebend vor Zorn ballte Vegeta seine Fäuste. „Schön! SCHÖN! Prinz und Dienstmagd dürfen heiraten. Wunderbar! Einfach großartig! Und ICH hab verdammt nochmal IMMER RECHT!! Fertig!“

„Ähm“ Der Jüngere sah fragend zu Opa in seinem Ohrenbackensessel. „Richtig?“

Einige Sekunden herrschte vollkommene Stille, in der der Geschichtenerzähler verblüfft immer wieder mit seinen faltigen Augen blinzelte. Dann seufzte er resignierend und schüttelte sichtlich frustriert seinen Kopf. „Das wird eine lange Reise…“, murmelte er in seinen Vollbart und schlug das Buch auf seinem Schoß auf und strich über die aufgeschlagenen Seiten.
 

„MOMENT.“, ertönte plötzlich eine tief grollende und bedrohliche Stimme aus der Finsternis. Vegeta und Goku fuhren mit erhobenen Fäusten herum, konnten jedoch nichts in diesem Schwarz erkennen.

„Wer ist da?!“, rief der Größere der beiden Saiyajins.

„Was tust du da alter Mann?“, erklang die tiefe Stimme wieder.

„Mit Verlaub, ich schicke die werten Herren in die nächste Auswahl, denn offensichtlich sind die Lektionen des Märchens an ihnen vorbei gegangen.“

„DAFÜR BIST DU NICHT BERECHTIGT!“, donnerte die Stimme so laut, dass den beiden Saiyajins die Ohren klingelten und sie sich jene zuhalten mussten, weil es wirklich schmerzte. „DIR WAR NUR ZUGESTATTET SIE ZU EMPFANGEN, NICHT SIE WEITERZULEITEN!!!“

Opa seufzte, weder durch die Worte noch durch die Lautstärke beeindruckt. „Deine Temperamentsausbrüche tun unserer Sache keinen Gefallen. Es wäre mit Sicherheit sinnvoller, wenn ich sie...“

„DU tust GAR NICHTS! Das erste Märchen wurde gewählt und nun ist es MEINE Aufgabe die beiden weiterzuführen.“

„Äh...Entschuldigung“, meldete sich Goku vorsichtig zu Wort. „Aber wer sind Sie denn? Der Opa hat das doch bisher ganz gu...“

„RUHE!!!“, brüllte die Stimme und man hatte das Gefühl, dass sie die gesamte Schwärze erzittern ließ.

Vegeta grinste sich einen ab. „Der Kerl gefällt mir. Endlich mal jemand, der auch will, dass du die Klappe hältst, Kakarott.“

Son Goku warf dem Älteren einen zerknirschten Blick zu, der sich aufrichtete und seinen Kopf stolz der Schwärze entgegen reckte. „Wenn du uns zum nächsten Märchen führen sollst, dann zeig dich und mach! Ich will hier nicht noch mehr Zeit verschwenden!“

„Du WAGST es...mich den...“

„Ja ja, den großen Zampano, Buchwächter, mir scheiß egal was…schwing deinen Arsch her. Das nächste Märchen, jetzt!“
 

In der Schwärze um sie herum wurde es still. Die Saiyajins nahmen sich die Hände von den Ohren und blickten sich um, ehe sie zu Opa sahen.

„...ich glaub, du hast ihn vergrault, Vegeta.“, flüsterte Goku.

„Tz...dann soll er sein Maul nicht so weit aufreißen! Also Opa, was ist jetzt mit dem nächsten Märchen?“

„Das nächste Märchen gibt es erst, wenn WIR BEIDE miteinander fertig sind!“, erklang die überaus tiefe Stimme erneut, diesmal jedoch leiser und von weiter unten. Vegeta senkte seinen Blick und vor ihm stand ein Zwerg, oder zumindest etwas, was an einen Zwerg erinnerte.

Der Kerl hatte ein verhutzeltes, uralt wirkendes, verknöchertes Gesicht, eine überlange Nase, welche spitz bis fast an seine Oberlippe heran reichte. Jene war umrahmt von einem zerzausten und unglaublich dicht wirkenden Vollbart. Seine Augen waren kleine Schlitze unter buschigen Brauen, seine Haare lange, braune Zotteln. Er hatte einen blanken, verrunzelten Oberkörper, so etwas wie einen Lendenschurz aus Fell an und seine Haut war fast so dunkelgrün wie Piccolos. Aus seinem Hintern ragte ein blanker Schweif mit einer Quaste, doch das auffälligste oder eigentlich verblüffendste war ein Hirschgeweih, welches aus seinem Kopf ragte, mit mindestens zwölf Enden und mit Sicherheit breiter als er hoch war. Wie er das Ding auf seinem Kopf balancieren konnte ohne umzufallen war Goku ein Rätsel. Und selbst mit diesem Geweih reichte er Vegeta gerade mal bis zur Hüfte.

„Ach nein“, spottete der Saiyajinprinz. „Große Klappe, laut rumschreien, aber noch nicht mal über die Tischkante blicken können.“

Opa in seinem Ohrenbackensessel räusperte sich dezent. „Meine Herren, darf ich Ihnen einen weiteren der Erzähler in Angeama vorstellen? Dies ist der werte Herr Cernunnos und es ist im Allgemeinen nicht höflich sich über die Größe von jemandem lustig zu machen. Und im Besonderen von Herrn Cernunnos kann dies sogar gefährlich werden.“

Vegeta sah mit einem spöttischen Funkeln von Opa zu Cernunnos und der bissige Kommentar blieb ihm direkt im Hals stecken. Der kleine Zwerg war gewachsen und sah ihm nun mit einem herablassenden Grinsen auf den Lippen direkt in die Augen. „Nach der Größe zu urteilen kann gefährlich sein … kleiner Mann.“, grollte er.

„Klei...KLEINER Mann?!“ Vegetas Stimme überschlug sich dezent. „WEN nennst du hier KLEIN?!“, fauchte er Cernunnos entgegen und reckte seinen Oberkörper nach oben, um wieder auf den Grünling hinabsehen zu können.

„Oh oh…“ Die bevorstehende Gefahr witternd, wollte sich Goku schnell zwischen die beiden Streithälse drängen, doch er blieb abrupt stehen als diese gar nicht mehr zwergenhafte Gestalt noch größer wurde und dessen Geweih Vegeta nun um einige Meter überragte.

„Dich. Ich nenne DICH einen … KLEINEN Mann.“, donnerte Cernunnos Stimme über sie hinweg.

Völlig unbeeindruckt über dessen Größe erwiderte der stolze Prinz: „Ich…ich glaub es hackt! Ich zeig dir gleich, WER hier ein kleiner Mann ist! Wenn ich mit dir fertig bin, kannst du froh sein, wenn du noch über ne Teppichkante schauen kannst!“

Das Grinsen auf Cernunnos Gesicht nahm äußert bedrohliche Züge an. „Du WAGST es den Herrscher der Anderswelt herauszufordern?“, grollte es wieder lautstark aus seiner Kehle, während sein Körper zu einer enormen Größe weiterwuchs und nun auch Vegetas Augen groß wurden, er einen Schritt zurückwich, den sich immer weiter von ihm entfernenden Geweih des Ursprungzwerges folgend.

Son Goku eilte schnell an die Seite seines Artgenossen und zog ihn noch ein Stück zurück. „Scheiße, was hast du getan, Vegeta?“, flüsterte er dem Prinzen vorwurfsvoll in sein Ohr und begab sich in seine Ausgangsposition für den Kampf, dessen Beginn er sogleich erwartete.

„Verehrter Herr Cernunnos“, kam es ruhig von Opa. „Ihre Aufgabe ist es doch die werten Herren zur nächsten Geschichte zu führen, also…wenn sich die Herrschaften nun wieder beruhigen könnten, dann können sich Herr Son Goku und Prinz Vegeta das nächste Märchen aussuchen.“

„Ja, hör auf den Opa, du Riesenhirschkuh!“

„VEGETA! Jetzt sei doch mal still!“, herrschte der jüngere Saiyajin den kampflustigen Prinzen von der Seite an.

„WIE hast du mich gerade genannt?!“, donnerte es von oben auf sie herab, sodass sie sich schnell wieder ihre Hände über die Ohren schlugen.

„Hörst du schlecht da oben?! RIESENHIRSCHKUH!“

„Shit! Vegeta, pass auf!“, rief Goku und sprang schnell zur Seite als Cernunnos zu ihnen hinabgeschossen kam und mit seinen Händen nach ihnen schnappte. Anstatt wie Kakarott auszuweichen hatte Vegeta eine Energiekugel auf die Hand des Riesen abgefeuert, die jedoch beim Kontakt mit dessen dunkelgrüner Haut einfach verpufft war, wie ein Tropfen auf einen heißen Stein, und schon steckte er zwischen den enormen Fingern des Kolosses, der sich wieder zu seiner gigantischen Größe aufrichtete und grinsend den kleinen Prinzen in seiner Hand anstarrte.

„Vegeta!“ Goku flog hoch und positionierte sich vor Cernunnos Gesicht. „Hey du! Wir wär’s wenn du dich mit jemanden in DEINER Größe anlegst?!“
 

„Ach?“, begann der Herrscher der Anderswelt amüsiert. „Und du denkst, DU hättest die passende Größe, um dich mit MIR anzulegen?“

„Größe nicht, aber du unterschätzt meine STÄRKE! Die reicht für zehn Kolosse!“

„Ka…Kakarott!“, ächzte Vegeta, dem langsam unter dem zerquetschenden Griff des Riesen die Luft ausging. „Halt…dich da raus! Das ist MEIN Kampf! Sobald ich hier raus bin, wird sich dieser Möchtegern-Riese wünschen er wäre der ZWERG geblieben, der er ist!!“ Sich windend und seinen Körper anspannend, um sich aus dieser Umklammerung zu befreien, fluchte er noch zu sich selbst: „Mich…! MICH einen KLEINEN Mann nennen! Dieser Teppichkantenhüpfer!“

Als Vegeta aufschrie, da Cernunnos zornerfüllt ob der dreisten Frechheit, die dieser Winzling in seiner Faust besaß, fester zudrückte, reichte es Son Goku.

„HEY DU!“ Er führte seine Hände vor seinem Körper zusammen. Ein helles Leuchten entstand zwischen seinen Handflächen, was Cernunnos jedoch wenig zu beeindrucken schien. Sein Blick hatte sich grinsend auf Son Goku gerichtet, während er Vegeta nur noch fester zusammenquetschte.

„Kameee…“

„Ka…Kakarott!“

„Hameee…“

Zum ‚Ha‘ kam Goku jedoch nicht mehr. Ohne es überhaupt mitzubekommen, hatte Cernunnos seinen Schweif erhoben, ihn blitzschnell gegen ihn schnalzen lassen, ihn dadurch in seine ausgebreitete Hand befördert und zugedrückt.

„So etwas Dreistes wie euch habe ich schon seit Jahrhunderten nicht mehr erlebt. Aber, oooh, wie ich euch eure Dreistigkeit“ Er blickte zu Goku. „Und eure Arroganz“ Seine Augen richteten sich auf Vegeta. „Austreiben werde.“

„CERNUNNOS!“, donnerte es nun von Opa in seinem Ohrenbackensessel. „Lasst sie los. Die beiden Herren müssen sich jetzt ihr Märchen aussuchen!“

„Und ICH sage OPA, die beiden gehen in ein ganz bestimmtes Märchen!“

„Dies entspricht nicht den Regeln von Angeama. Die Herren müssen sich die Märchen, welche sie bestreiten wollen, selbst aussuchen. So war es schon immer und so wird es auch immer...“

„RUHE!“, brüllte der gigantische Cernunnos und drehte sich schwungvoll zu Opa in seinem Sessel um. In der einen Hand Goku, in der anderen Vegeta. „Diesmal wird es anders laufen. Diesmal werde ICH bestimmen welche Lektion diese beiden“, dabei hob er sie auf die Höhe seiner Augen hoch. „Hier zu lernen haben.“ Wütend musterte er sie.

„DU“, knurrte er und fixierte sich auf den Saiyajinprinz. „Du bist der Meinung dich über Größe lustig machen zu dürfen? Du? Der du selbst ein Winzling bist?“ Er schüttelte seine Faust mit Vegeta darin ordentlich durch.

„Und DU“, wandte er sich Goku in seiner anderen Faust zu. „Du denkst, dass du mit Stärke allein weiterkommst?“ Dabei quetschte er den großen Saiyajin fester zusammen.

„ANGEAMA!“, rief Cernunnos nun und ließ seine Fäuste ein Stück nach unten sinken, donnerte mit seinem Fuß auf den Boden. „Ich will das Märchen vom roten Ettin! SOFORT!“

Als unter ihnen ein Leuchten sichtbar wurde, senkte Son Goku mit zusammengekniffenen Augen den Kopf und konnte so etwas wie eine Tür erkennen, die wie eine Falltür auf dem Boden lag. Der Riese begann zu grinsen.

„Euch werde ich beibringen, dass Größe und Stärke nicht alles ist!“ Mit seiner Schwanzquaste öffnete er die Türe und den Dreien wehte der gleiche Wind entgegen, als schon bei der Tür von Aschenputtel.

„Na toll!“, presste Goku zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Du musstest ihn ja unbedingt bis aufs Blut reizen!“

„Musst du grad sagen, du Vollidiot! Als ob du mit deinem bescheuerten Kamehameha irgendwas ausgerichtet hättest!“

„Wenn du nicht laufend auf seiner Größe rumgeritten wärst, wären wir gar nicht erst in dieser Situation!“

Cernunnos hörte den beiden einen Moment zu, dann quetschte er sie zusammen. „Mal schauen wie ihr mit dieser Legende aus der Anderswelt klarkommt.“ Und mit einem Wackeln seines Bartes, ließ er die beiden Saiyajins einfach los. Sie versuchten ihre Energien zu aktivieren um dem hellen Rechteck unter ihnen zu entkommen, doch der Wind zog sie an, beschleunigte ihren Fall und während sie unaufhaltsam stürzten, sah Goku wie Cernunnos immer kleiner wurde, dabei zu Opa ging, ihm das Buch aus der Hand riss und eine Seite umschlug.
 

„Es war einmal ...“, grollte seine tiefe, drohende Stimme.

Der rote Ettin - Das Kate im Hochland

Son Goku und Vegeta wurde herumgewirbelt, durcheinander gewirbelt, stießen zusammen und trennten sich wieder, versuchten sich zu packen, hatten sich, zogen sich aneinander und wurden trotzdem mit der nächsten Böe so weit auseinander gerissen, dass sie sich kaum noch sehen konnten. Doch anders als bei Aschenputtel verloren sie sich diesmal nicht gänzlich aus den Augen. Sie hatten immer Sichtkontakt, trafen sich noch einige Male schmerzhaft in der Luft, ehe Vegeta ein ähnliches Gefühl wie bei Aschenputtel hatte und ein Ruck durch seinen Körper ging, gefolgt von einem kurzen Moment der Orientierungslosigkeit bis seine Sinne sich schließlich normalisierten. Er sah auf … und eine Faust direkt auf sein Gesicht zufliegen. Nicht schon wieder …

Er wollte noch ausweichen, war aber bei weitem nicht schnell genug und bekam einen Schlag ab, der ihn nach hinten und auf seinen Allerwertesten fallen ließ. Es platschte und es wurde nass an seinem Hintern. Dem Prinzen wurde bewusst, dass er auf sehr feuchter, schwarzer Erde gelandet war, die überall durchsetzt war mit großen schlammigen Pfützen. Angewidert verzog er den Mund und hob dann benommen den Kopf … nur um erneut Kakarott zu sehen, der mit erhobenem Arm vor ihm stand. Das war doch einfach nicht wahr! Hatte er ihm etwa schon wieder eine verpasst?!

„Ich dreh dir echt deinen HALS um Kakarott! Was sollte das jetzt schon wieder?!“

Perplex blinzelnd ließ Goku seine Faust sinken und starrte sie an, als könnte er gar nicht begreifen, was passiert war. „Ich…ich…ich hab das diesmal wirklich nicht mit Absicht gemacht Vegeta! Ich schwör‘s!“ Er sah den Prinzen, der im Schlamm saß, entschuldigend und gleichzeitig panisch an. Hoffentlich nahm ihm das Vegeta jetzt nicht übel! Er wusste doch wie launisch der andere bei so etwas war. „Wir…wir sind doch in dieses Märchen geworfen worden, von Cernunnos und ich denke…denke, dass hier sind unsere neuen Figuren. Ich wollte dich wirklich nicht schlagen…ehrlich!“

Vegeta knurrte. „Die Wiederholungen machen es nicht besser!“

Goku sah auf den Prinzen hinab, der in einer fleckigen und aus mehreren Stücken zusammen genähten Stoffhose steckte, ein ebenso einfaches und fleckiges Baumwollhemd trug, an den Füßen die Waden umschließende, alte Lederstiefel und einen ebenfalls ledernen Gürtel. An jenem steckte in einer simplen Scheide ein einfacher Dolch. Sich panisch daran erinnernd, dass er bei Aschenputtel eine Frau gewesen war, sah Goku an sich herab und stellte fest, dass er ganz ähnlich gekleidet war. Pure Erleichterung zierte sein Gesicht und er spannte seine Muskeln an. Da war Kraft … Kraft! Ein Glück, nicht mehr diese Schwäche, nicht mehr geschlagen werden … einfach nur Kraft.

„Scheinbar sind wir beide Männer.“

„Wirklich?!“, keifte Vegeta, der sich langsam aus dem Matsch erhob und nach etwas griff, was wie eine hölzerne Heugabel aussah. Die Bewegung kam instinktiv und es hatte den Anschein, als hätte seine Figur diese Heugabel in der Hand gehabt.

Der Größere unterdessen musterte den Dolch, welchen er an seinem eigenen Gürtel hatte. Seine letzte Erinnerung an diese Waffe war alles andere als angenehm. Aber dieser Dolch sah wirklich schön aus. In den Messinggriff waren kleine Figuren geätzt, gestanzt … wie auch immer man das nannte.

„Vegeta sie mal!“, entfuhr es ihm überrascht und hielt dem Kleineren den Dolch hin. „Sieht dieser Kerl auf dem Griff nicht aus wie Cernunnos?“

Der Prinz runzelte die Stirn, griff nach dem Dolch und hatte im selben Moment das Gefühl, dass er diesen Dolch unglaublich gerne besitzen würde. Ja, er war sogar tierisch neidisch darauf, dass Kakarott im Besitz dieser tollen Klinge war und nicht er. Seine schwarzen Augen wanderten über den Griff und er fuhr mit seinen Fingern darüber.

„Tatsächlich.“, murmelte er. „Das ist die Hirschkuh.“

„Aber warum sollte Cernunnos in einem Märchen auftauchen?“

„Woher soll ich das wissen Kakarott?!“

„Na...du weißt doch sonst immer alles.“, beschwerte sich Goku und nahm den Dolch zurück, welchen Vegeta nur ungern wieder hergab.

Tief einatmend und um diesen Drang, den Dolch wieder an sich ziehen zu wollen, zu entkommen, drehte er dem Größeren den Rücken zu und ließ seinen Blick schweifen. Wo mochten sie diesmal gelandet sein?
 

Ein kalter und feuchter Wind blies Vegeta die Haare um den Kopf und der Himmel war bedeckt mit grauen Wolken, die so aussahen, als würde es jeden Moment regnen. Unweit hörte er einen Bach plätschern und sie selbst standen auf einem morastigen, kleinen Platz, der mit knapp hüfthohen Steinmauern aus Schieferplatten und ungleichen Granitbrocken umgeben war. In den Ritzen wuchs Moos und das schien auch das einzige zu sein, was diese Mauer zusammenhielt. Eine kleine Hütte aus demselben Material grenzte an diesen Pferch, ebenfalls bedeckt mit Moos und braunem Riedgras. Dahinter stand ein alter Baum, dessen ausladende Krone einen Teil des Kates überdachte und mit seinen Zweigen auch den kleinen Gemüsegarten daneben schützte, der mit einem hölzernen Zaun umschlossen war. Ein kleines Stück weiter weg erblickte er einen Pferch in welchem Vegeta ein paar Schafe und Ziegen erkennen konnte. Hühner liefen frei umher und eingerahmt wurde das Ganze von Gras in einem Grünton, welchen er so intensiv noch nie in gesehen hatte. Weit dahinter ragten Berge in die tiefhängenden Wolken und waren ab einer gewissen Höhe mit etwas Braunem bedeckt. Einige Herzschläge lang verfiel Vegeta der rauen und kargen Natur und fühlte sich in seine Heimat versetzt, welche auch zu so einer harten Schönheit fähig gewesen war. Kakarotts Schrei hinter ihm, riss ihn aus dieser Betrachtung.

„Wah...schau mal, da ist Oolong! Wie kommt der denn hierher?! Hallo Oolong.“

Die Stirn über diesen Schwachsinn gerunzelt, drehte sich Vegeta um und sah ein dreckiges, fettes, rosa Schwein, welches sich an Kakarotts Bein rieb. Unweigerlich musste er grinsen.

„Die erkennen eben ihre Familienmitglieder.“, murmelte er. Lauter sagte er dann zu Kakarott: „Das, Kakarott, ist ein Schwein. Ein stinknormales Schwein und nicht Oolong.“

Der Größere sah zu ihm und kratze dem Borstenvieh grinsend den Rücken. „Aber sie sehen sich trotzdem ähnlich.“

Vegeta öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Er verzichtete darauf Kakarott zu erklären, dass dies daran liegen konnte, das Oolong tatsächlich ein Schwein WAR. Zwar ein sprechendes aber trotzdem ein Schwein. Stattdessen betrachtete er wieder diesen ärmlich aussehenden Hof und die wilde Natur dahinter und fragte sich, was sie wohl hier zu tun hatten, was ihre Aufgabe war und wer sie eigentlich waren. Vor der Schweinemauer lag ein größerer Heuhaufen und er zählte eins und eins zusammen und kam zu dem Schluss, dass die Heugabel deswegen in seiner Hand war, um das Heu in den Pferch zu heben.

In diesem Moment ging die Tür des Kate auf und eine hoch gewachsene, für ihr Alter noch recht jung aussehende Frau trat heraus. Sie warf sich ein wollenes Tuch um die Schultern, ihre schwarzen Haare waren unter einer Haube verborgen und der lange Rock sah ebenso einfach und abgetragen aus wie die Kleidung, welche die beiden Saiyajins trugen. Sie sah kurz in den Himmel, dann zu ihnen und ihr bis eben noch freundliches Gesicht umwölkte sich.

„Hamish und Alastair Buchanan! Seid ihr etwa immer noch nicht fertig mit dem Heu! Ihr sollt doch danach noch Torf stechen gehen, sonst haben wir in den nächsten Tagen kein Feuer in der Hütte, weil der Torf nicht rechtzeitig trocknet!“ Ihre Stimme hatte einen schönen Klang, doch jetzt grade war diese durchzogen von Ärger. „Und verflucht nochmal Hamish!“, dabei sah sie zu Son Goku und kam näher. „Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du deinen kleinen Bruder Alastair nicht ständig mit diesem Dolch aufziehen sollst?“

Vegeta grinste dezent. „Ja Hamish...hör auf mich zu ärgern.“

Goku warf ihm einen beleidigten Blick zu. „Entschuldige...KLEINER Bruder.“, schoss er grinsend zurück und hatte im nächsten Moment die Heugabel auf dem Kopf.

„ALASTAIR!“, kam es laut und tadelnd von der Frau, die ganz offensichtlich ihre Mutter in dieser Geschichte darstellte. Sie stemmte ihre Fäuste in die Seite und starrte sie mit einem Blick an, der die beiden schuldig ihr Haupt senken ließ während sich Goku noch über seinen schmerzenden Kopf rieb. Zufrieden nickte sie und ging durch ein kleines Gatter, über einen, mit vertrocknetem, dunkel verfärbtem Stroh ausgelegten schmalen Pfad, zu dem umzäunten Gemüsebeet. Kaum waren Vegeta und Goku aus ihrem Blickfeld verschwunden, knurrte der Prinz immer noch mit gesenktem Kopf zu dem Größeren: „Wenn du mich noch EINMAL klein nennst, dann…wirst du dir wünschen wieder bei diesen kreischenden Furien zu sein.“

Sofort verfinsterte sich Gokus Gesicht. Er funkelte den Prinzen an, gab dem Drang Vegeta wieder in den Dreck zu stoßen einfach nach und verpasste ihm einen kräftigen Schubs gegen die Seite. Der Kleinere saß prompt wieder am Boden und Goku sah etwas verdutzt auf seine Hände hinab. So stark war der Stoß doch gar nicht gewesen, der hätte Vegeta doch nie umhauen können!

Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gebracht, spürte er einen Schlag gegen sein Schienbein, jaulte auf, sprang auf einem Bein umher und sofort kam es wieder schimpfend von der Frau: „Schluss jetzt und an die Arbeit hab ich gesagt! Alastair, steh vom Boden auf. Und Hamish...der Fäzes räumt sich auch nicht von selbst weg!“

Während sich Vegeta wieder auf seine Beine kämpfte, humpelte Goku näher an ihn heran, sich dabei immer noch über sein Schienbein reibend, und flüsterte verwirrt: „Ähm…der was? Was soll ich wegräumen?“

„Mir doch egal!“, fauchte Vegeta, schnappte sich die Heugabel und blickte wieder zu dem großen Heuhaufen. Heugabel, Heuhaufen. Prima. Sie waren also so etwas Dämliches wie Bauern. Einfach … spitze! Eine Ader begann auf Vegetas Schläfe zu pulsieren. Wenn sie zurückkämen, dann konnte diese Hirschkuh was erleben! Er schielte zu Kakarott. Und der erst recht! Dabei fiel dem Prinzen jedoch etwas sehr Essentielles ein. Kakarott, der war doch Bauer! Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht.

„Kakarooott?“, kam es lang gezogen von Vegeta als sich Goku in alle Richtungen umblickte, um sich selbst drehte und sich nachdenklich am Kopf kratzte. Was hatte die Frau gesagt? Fee-was? Feezess? Wer oder was war Feezess? Das Schwein vielleicht?

„KAKAROTT!“, ertönte plötzlich laut und direkt hinter ihm Vegetas wütende Stimme. Zusammenzuckend wandte Goku sich um und bekam auch prompt die Heugabel gegen die Brust gedrückt. Mit einer lässigen Bewegung deutete der Saiyajinprinz mit seinem Daumen hinter sich. „Los. Mach das Heu.“

„Aber du sollst das doch machen!“

„Das. Heu. Kakarott.“

„Ich denk ja nicht dran! Ich muss mich um Feezess kümmern!“

„ICH kümmere mich um Feezess, verstanden?!“ Auch wenn er keine Ahnung hatte, was das bedeutete, so war alles besser als einer unwürdigen und stumpfsinnigen Tätigkeit nachzugehen, wie Heu in den Pferch heben. So etwas war Arbeit für das Fußvolk!
 

Ein regelrechtes Starrduell entstand zwischen ihm und Kakarott, das keiner der beiden zu verlieren gedachte. Ihre Mutter jedoch, welche einige Kartoffeln und Rüben, für den abendlichen Eintopf, in einen geflochtenen Korb gelegt hatte, diesen auf ihre Hüfte setzte und mit ihm den Gemüsegarten wieder verließ, bemerkte das. „Wird das heute noch was? Es wird bald zu regnen anfangen und der Torf kommt nicht von alleine in unseren Kamin!“

Als sie die Heugabel in Gokus Händen entdeckte, wandte sie sich an seinen jüngeren Bruder: „Alastair, wenn sich dein großer Bruder um das Heu kümmern soll, dann wirst du den Fäzes wegräumen, das ist dir doch klar, oder?“

„Ja.“, erwiderte der Prinz nur und begann zu grinsen, wobei er Kakarott keine Sekunde aus den Augen ließ.

„Aber ich soll das doch machen!“, erwiderte Goku sofort trotzig, ohne den Blickkontakt zu Vegeta zu unterbrechen.

„Hamish, wenn…Alastair das unbedingt machen will, dann soll er das eben erledigen. Lass deinen kleinen Bruder doch, wenn er unbedingt will.“ Die Frau klang sichtlich etwas irritiert, dass sich ihre beiden Kinder darum zu streiten schienen, WER den Fäzes, also die Fäkalien des Schweins, die überall in dem kleinen Pferch verteilt waren, wegräumen durfte.

„Ja…lass deinen Bruder doch.“, grinste Vegeta siegessicher.

Kopfschüttelnd wandte sich ihre Mutter ab, um mit dem frisch Geernteten ins Haus zurückzukehren und ihr Abendessen zuzubereiten. Immer war es dasselbe mit den beiden. Hamish hasste es, den Kot der Tiere wegzuräumen, Alastair zog ihn damit auf und jedes Mal bekamen sie sich in die Haare. Das ihr Jüngster nun darauf beharrte, dass er die Fäkalien beseitigten durfte und sie sich deswegen stritten, war allerdings neu.

„Alastair.“ Sie drehte sich noch einmal zu ihren Söhnen um, die nun endlich ihre Blicke voneinander lösten und zu ihr sahen. „Schaufel nicht zu viel Kot in den Eimer, sonst wirst du ihn nicht tragen können.“ Und mit diesen Worten verschwand sie im Haus, nicht mehr mitbekommend, dass sich die Augenbrauen der beiden Saiyajins gleichzeitig verwirrt angehoben hatten.

„W…Was hat sie gesagt?“, fragte Vegeta.

„…Kot. Sie sagte, du sollst nicht zu viel Kot in einen Eimer packen.“ Goku biss sich auf die Unterlippe, unterdrückte fast schon schmerzhaft das sich anbahnende Lachen.

„DAS HAB ICH SCHON VERSTANDEN!“, fuhr Vegeta den Jüngeren an.

Das war’s. Son Goku konnte sich nicht mehr halten und prustete beim fassungslosen Gesicht des Prinzen los. Er wusste, dass das ein Fehler war, aber das war ihm in diesem Moment sowas von egal! Was auch immer sie hier erwarten würde, allein die Vorstellung, Vegeta würde den Mist von einem Schwein wegräumen, war es wert! Das sich der Kleinere sofort wutentbrannt auf ihn stürzte, überraschte ihn auch nicht mehr. Lachend lag er auf dem Boden, Vegeta über ihm, ihn am Kragen packend und eine verpassen wollend, doch Goku blockte den Schlag ab und schaffte es Vegeta mit einer geschickten Drehung seines Körpers von sich herunter zu bekommen. Platschend landeten beide Saiyajins in der nassen, schwarzen Erde, wälzten sich darin herum, während das Schwein sie ansah, als wären sie nicht ganz sauber.

Was sie dann nach wenigen Momenten des Herumwälzens auch nicht mehr waren. Zum Leidwesen von Vegetas Stolz gelang es Son Goku schon wieder ihn sehr mühelos in den Dreck zu drücken, wobei sein Gesicht unweit eines dieser Fäzeshaufen landete. Angewidert rümpfte er die Nase.
 

„Vegeta, hör mal“, sagte Goku mit weiterhin belustigter Stimme. „Wollen wir das jetzt nicht besser mal lassen und den Kram einfach erledigen? Vielleicht ist das wichtig um dieses Märchen zu beenden.“

„Grad weil Scheiße schaufeln wichtig ist!“, fauchte der Unterlegene und stemmte sich gegen den Körper des Größeren, der auf seinem lag. „Runter von mir Kakarott!“

„Nur wenn du mich nicht gleich wieder schlägst!“

„Vergiss es! Dafür polier ich dir die Fresse!“

„Verflucht nochmal Vegeta! Du warst doch derjenige, der alles so schnell wie möglich erledigen wollte. Warum zierst du dich jetzt so?“

„Warum...?!“ Mühsam schaffte er es nun doch, sich aus dem Schlamm hochzudrücken. „So eine saudämliche Frage kannst auch nur du stellen! Ich schaufle doch keine Scheiße! Das ist Bauernarbeit! Und erbärmlich! Und vor allen Dingen unter meiner Würde!“

Binnen eines Wimpernschlages verschwand Gokus Gewicht von Vegetas Rücken und er konnte sich aufrichten, wischte sich den Dreck aus dem Gesicht und aus den Haaren. Dabei verzog er angewidert das Gesicht und drehte sich mit der Absicht um, Kakarott nun die versprochene Tracht Prügel zu verpassen. Doch der Jüngere maß ihn mit einem Blick, den er noch nie an ihm gesehen hatte.

„Was?!“, wollte Vegeta wissen.

„Bauernarbeit findest du also erbärmlich und unter deiner Würde?“ Der Prinz konnte sich nicht helfen, irgendwie klang Kakarotts Stimme eigenartig.

„Das habe ich doch grad gesagt! Bist du jetzt auch noch taub oder was?!“

Der Größere machte einen Schritt zurück, drehte sich kommentarlos von Vegeta weg und griff nach der Heugabel. Weiterhin schweigend, begann er das Heu in den Pferch zu heben, worüber sich das Schwein sichtlich freute und sofort grunzend zu ihm wackelte. Vegeta sah dem Treiben noch einige Herzschläge zu, ehe es ihm zu blöd wurde. „Was ist, Kakarott?! Bist du jetzt etwa beleidigt?!“

Tief einatmend setzte Goku die Gabel ab und drehte dem Älteren den Kopf zu. „Ist dir eigentlich klar, was du da gesagt hast?“

„Was soll ich denn gesagt haben?!“

„Das du Bauernarbeit erbärmlich findest und sie unter deiner Würde ist.“

„Das hast du schon mal wiederholt. Komm zum Punkt!“

„Das bedeutet also auch, dass du mich erbärmlich findest und ich unter deiner Würde bin? Immer noch? Selbst nach all diesen Jahren? Nach all den Kämpfen?“
 

Stille trat ein, in der man nur das Kauen des Schweins, das leise Plätschern des Wassers und den Wind hören konnte. Die beiden Saiyajins sahen sich an und Goku wirkte irgendwie … verletzt. Und das war er auch. Zwar hatte Vegeta ihm schon öfter gesagt, dass er als Unterklassekrieger unter seiner Würde wäre, aber das war in Kämpfen gewesen oder bei anderen Auseinandersetzungen. Das eben, auch in Bezug auf seine Arbeit als Bauer, hatte ihn auf einer Ebene getroffen, von der er bis zu diesem Moment nicht einmal gewusst hatte, dass es sie zwischen ihnen gab. Warum ausgerechnet jetzt und gerade diese Worte, das wusste Goku nicht, aber er wusste, dass es ihm weh getan hatte.

„Was soll der Schwachsinn, Kakarott? Wirst du jetzt zur beleidigten Leberwurst, oder was?! Es ist wie es ist. Bauernarbeit IST unter meiner Würde!“

Seufzend hob Goku den letzten Rest Stroh in den Pferch, stellte die Heugabel ab und kraulte dem Schwein gedankenverloren den Rücken. Einen Moment lang ließ er seinen Blick über die Landschaft schweifen, dann sah er wieder zum Prinzen.

„Weißt du Vegeta, wenigstens tue ich irgendetwas um meine Familie zu ernähren. Wenn ich abends ins Bett gehe, habe ich für den nächsten Tag eine Aufgabe, weiß was ich zu tun habe. Und während das Jahr vorüber geht, sehe ich wie das, was ich tue, Früchte trägt. Wenn wir dann abends zusammensitzen und ich mit meiner Familie gemeinsam das Gemüse esse, was ich angebaut habe, dann habe ich ein gutes Gefühl, weil ich etwas Sinnvolles getan habe. Wann hattest du zum letzten

Mal das Gefühl etwas Sinnvolles getan zu haben? Als wir gegen Boo gekämpft haben…?“

Vegeta stand wie zu einer Säule erstarrt da und blinzelte, konnte nicht glauben was er da hörte und schon gar nicht, dass Kakarott so punktgenau ins Schwarze getroffen hatte. Wie? Wann? Woher?

„Was...soll der Mist?“, versuchte der Prinz dieses eigenartige Gefühl in seinem Inneren zu überspielen, aber anstatt einer Antwort bekam er nur ein Schulterzucken.

„Ich bin nicht dumm, Vegeta und ich habe Augen im Kopf.“ Er lehnte die Heugabel an die Wand der Kate, die eine Seite des Schweinepferches ausmachte und griff nach einem großen Korb und einem Spaten. Intuitiv wusste er was er zum Torf stechen brauchte. „Als ich bei der Bibliothek aufgetaucht bin, um mit dir zu trainieren...Bulma hat uns ein paar Tage vorher besucht.“

„Was soll das denn jetzt heißen?!“, wollte der Prinz sofort wissen, erhielt aber wieder keine Antwort. Stattdessen musste er zusehen, wie Goku auf die Mauer des Pferchs zuging. „Kakarott! Ich hab dich was gefragt!“ Wieder keine Antwort. „KAKAROTT!“

Noch einmal wand Goku den Kopf ihm zu. „Warum redest du eigentlich noch mit mir? Ich bin doch unter deiner Würde.“ Und mit diesen Worten flankte er über die Schweinemauer.

Vegeta rief ihm noch einige Dinge hinterher, doch Goku ignorierte alles. Ja, er war wirklich verletzt darüber, dass Vegeta offensichtlich, auch nach all diesen Jahren, immer noch so herablassend über ihn dachte.
 

Ohne sich noch einmal umzusehen erklomm er einen der kleinen, grünen Hügel. Auf der anderen Seite lag das Moor und dort gab es eine gute Stelle, an der er das Feuermaterial stechen konnte. Seine Worte waren nicht gelogen gewesen. Bulma war wirklich bei ihnen aufgetaucht und hatte ihn gebeten eine Trainingsrunde mit Vegeta einzulegen, weil sie das Gefühl hatte, dass er das brauchen würde und zu Stolz war, selbst zu fragen. Nicht, dass Son Goku einen Grund gebraucht hätte, um mit dem Prinzen zu trainieren. Es hatte ihn selbst schon seit langer Zeit unter den Nägeln gebrannt sich mit Vegeta zu messen, vor allen Dingen seit er immer wieder mitbekommen hatte, wie sehr die Aura des Prinzen nach oben geschossen war. Es hatte ihn brennend interessiert, wie weit Vegeta es geschafft hatte zu ihm aufzuschließen. Da der Prinz seine ganze Zeit im Training verbrachte und er selbst eben meistens auf den Feldern arbeitete, war es gut möglich, dass Vegeta zu einer größeren Herausforderung geworden war, als er annahm. Doch Chichi ließ ihn einfach nicht von den Feldern weg und erst als Bulma ihr anbot den Tag Arbeitsausfall zu bezahlen, hatte sie eingewilligt. Sicher, er selbst war nun kein Fan der Feldarbeit, aber er sah wie die Sachen wuchsen und er schien dafür ein Händchen zu haben, also machte er weiter.

Oben auf dem Hügel angekommen wendete er noch einmal den Blick und sah in das kleine Tal, mit dem sehr ärmlich wirkenden Hof hinab. Vegeta stand immer noch im Schweinepferch und schien vor sich hinzustarren, während auf der anderen Seite des Tales ein Reiter zwischen den Hügeln auftauchte. Er ritt direkt auf das Kate zu und würde es in Kürze erreichen. Sein Gefühl, oder das Gefühl der Person die er war, sagte ihm aber, dass es besser wäre nun den Torf zu holen und kaum hatte er sich in Bewegung gesetzt, da begann ein kalter und leichter Nieselregen einzusetzen, der ihn binnen kürzester Zeit völlig durchnässte.
 

Vegeta starrte, die Fäuste geballt, auf einen Punkt, den nur er sehen konnte. Wie konnte er es wagen? Wie konnte Kakarott es wagen?! Wie konnte Bulma es wagen?! Was er tat oder nicht tat war allein seine Sache! Das ging Niemanden etwas an! Auch wenn er am heutigen Morgen, sofern er das überhaupt noch den heutigen Morgen nennen konnte, noch über genau dieses Problem nachgedacht hatte und ihm genau diese Eintönigkeit auf den Geist gegangen war … wie konnte Kakarott es auch nur WAGEN ihn zu kritisieren? Ihm an den Kopf zu werfen Bauernarbeit sei besser, als das, was er jeden Tag tat? Dieses Arschloch!

Wütend fiel sein Blick auf die Kothaufen, die zu seinen Füßen verteilt waren. Zwar war es kaum vorstellbar, aber das entfachte seinen Zorn noch mehr. Doch anstatt sich dieser Aufgabe zu widmen, wie es scheinbar dieses Märchen und alle darin es wollten, wandte er sich ab, setzte über die Mauer und stampfte wütend davon. Er starrte vor Dreck! Kakarott mochte das zwar nichts ausmachen, aber er selbst hatte das Ansinnen sauber zu sein. Irgendwo in dieser Richtung hatte er doch das Rauschen eines Baches gehört. Zu seinem Entzücken fing es in diesem Moment an zu regnen und noch im gehen zog er sich dieses widerliche, verdreckte Hemd über den Kopf. Die Kälte störte ihn in seinem Zorn nicht. Von irgendwo her konnte er das Wiehern eines Pferdes vernehmen, bevor er in dem kleinen Waldstück, das unweit von diesem erbärmlichen Stückchen Land lag, verschwand. Das da womöglich gerade ein essentieller Part in dieser gottverdammten Geschichte passieren würde, war ihm einfach nur egal! Wenigstens drang der Regen nicht mehr durch das Dickicht der Bäume zu ihm hinab. Das Plätschern des Wassers wurde lauter und kaum hatte er den kleinen Bach erreicht, entdeckte er ein schmales Holzbrett, das die beiden Bachufer miteinander verband. Voller Zorn steuerte er direkt darauf zu und setzte seinen Fuß auf das Brett, rutschte prompt auf dem schon leicht mit Moos besetztem Stück Holz aus, fiel zur Seite, versuchte noch sich an das feuchte Brett zu klammern, hatte jedoch kaum Kraft in seinen Armen und plumpste mit einem lauten Platsch in den Bach. Fluchend richtete er sich auf und schlug mit seinen Fäusten auf das an ihm vorbeifließende und bis zur Hüfte reichende Wasser ein. Er griff nach dem Stück Holz, um wieder auf die Beine zu kommen, doch anstatt sich aus dem kalten Wasser zu ziehen, verharrte er mitten in seiner Bewegung, krallte sich einfach nur an dem Brett fest und starrte wie festgefroren seine dreckige Hand an …

Dann war Bulma eben zu Kakarott gegangen! Dann … war Kakarott eben nur aufgetaucht, weil sie vorher bei ihm gewesen war! Es war ihm doch vollkommen egal, was sie beide … was dieser Vollidiot über ihn dachte! Was Bulma glaubte, diesem Arsch sagen zu müssen! Verdammt wieso hörte er einfach nicht zu zittern auf?!

Er sah auf das fließende Wasser hinab, beobachtete wie es sich von seiner Hüfte ab braun färbte und den Dreck von seinem Körper, seiner Kleidung spülte. Ein Gefühl, ein … unbändiges Bedürfnis … kroch in ihm hervor und er wusste einfach nicht, wie er es wieder in sich zurückstopfen sollte oder woher es überhaupt kam. Das Bedürfnis nach Anerkennung durch … verdammt! Er brauchte … er wollte ihre Anerkennung nicht! Weder Bulmas noch Kakarotts! Er war ein Prinz! Ein PRINZ! Anerkennung sollte ihm doch schon allein ob dessen sicher sein! Und seit wann musste ein zukünftiger König schuften, um seine Familie zu ernähren?! Ein Prinz hatte sich einzig und allein auf seine zukünftige Rolle als König … noch bevor Vegeta diesen Gedanken zu Ende denken konnte, ließ er das Brett los, an dem er sich festgehalten hatte und fiel zurück ins kalte Wasser. Ja … diese Zukunft hatte sich schon lange endgültig erledigt. Natürlich war ihm das schon immer klar gewesen, aber es sich in seinen Gedanken so präzise vor Augen zu führen, tat … weh. Tat unheimlich weh. Und dann von Kakarott gesagt zu bekommen, dass dessen Leben SINNVOLLER wäre als seines … das war … das … war einfach … . Der Gedanke erstarb, als der Bach ihn ein Stück mitnahm. Das letzte Märchen hatte ihm eindeutig besser gefallen …
 

Der Wind wurde stärker und peitschte den Regen gegen Gokus Gesicht. Wenn ihn dieser nicht ohnehin völlig durchnässt hätte, hätte es spätestens diese Arbeit getan. Schwungvoll, mit zusammengekniffenen Augen, um durch diesen Regen überhaupt etwas sehen zu können, stieß er den Spaten wieder in die nasse Torfschicht, um ein letztes Stück herauszustechen und es in den bereits vollgefüllten Korb zu werfen. Tief durchatmend setzte er den Spaten danach auf die Erde und stützte sich darauf. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Harte Arbeit hatte sich schon immer gut angefühlt und diese hier war, trotz seiner durchaus vorhandenen Stärke, ziemlich anstrengend gewesen.

Sein Lächeln verschwand wieder als er zu dem Gipfel des Hügels blickte, hinter dem das kleine Tal mit seinem wohl derzeitigen Zuhause lag und er sich fragte, ob Vegeta immer noch so regungslos im Pferch stehen würde wie er ihn zurückgelassen hatte. Würden sie hier ihre normalen Kräfte besitzen, hätte es ihn nicht einmal überrascht, wenn der Prinz ‚ihr neues Heim‘ in die Luft gejagt hätte. Er war sich sicher, dass seine Worte, die er an Vegeta gerichtet hatte, einfach an diesem abgeprallt waren. Dessen sogenannter ‚Stolz‘ würde es mit Sicherheit nicht zulassen, dass er einmal über etwas anderes als sich und seine ach so tolle royale Herkunft nachdachte …

Goku seufzte. Er musste aus diesem Regen raus und der Ältere würde sich ohnehin niemals ändern. Er schnappte sich den großen Korb und marschierte los, wobei ihm der fremde Reiter wieder einfiel, der gekommen war, bevor er sich auf den Weg hinab ins Moor gemacht hatte. Er beschleunigte seinen Schritt, rutschte auf dem schlammigen Untergrund einige Male aus, bis er seinen Marsch wieder verlangsamte und den mühseligen Aufstieg hinter sich brachte.

Als er die Spitze des Hügels erreicht hatte, peitschte ihm der Regen noch schlimmer gegen den Körper und der Wind tat sein Übriges, so das er die Kälte langsam bis auf die Knochen spürte. Der Gedanke an ein heißes Feuer und eine warme Mahlzeit trieben ihn gleich weiter. Vorsichtig stieg er den Hügel hinab, auf den kleinen Hof zu, rutschte einen kleinen Teil auch einfach auf seinem Hintern hinab, den Korb vor der Brust und den Spaten unter dem Arm festhaltend. Als er endlich bei dem kleinen Pferch angekommen war, stellte er den Spaten zurück an seinen Platz und ließ seinen Blick kurz über den Pferch wandern. Das Schwein hatte sich unter das Stroh verkrochen und Vegeta … war nicht da. Welch Überraschung. Ein prüfender Blick auf den Boden verriet ihm, dass der Prinz den Kot nicht weggeräumt hatte. Kurz überlegte er, ob er diese Arbeit noch schnell erledigen sollte, bevor er sich in die hoffentlich warme Stube zurückzog, doch des war nicht seine Aufgabe, also wandte sich Goku dem Kate zu, wo ihm jedoch Vegeta ins Auge sprang. Der lehnte seelenruhig neben der Eingangstür unter dem Rand des breiten Rieddaches, mit verschränkten Armen und geschlossenen Augen. Sofort richtete sich Goku zu seiner vollen Größe auf und marschierte mit ernstem Blick auf den Prinzen zu. Er warf den Korb unsanft zu Vegetas Füßen, sodass er diesen anstieß.

Der Ältere riss seine Augen erschrocken auf und starrte zu dem schwarzen Torf hinab. Er hatte Kakarott weder kommen gehört, noch gespürt, dass sich ihm ein Ki genähert hatte. Wie denn auch, schoss es ihm noch durch den Kopf. Diese Fähigkeit hatten sie ja nicht mehr, zu dumm aber auch. Als er zu dem Größeren aufsah, würdigte ihn dieser keines Blickes und wrang einfach sein komplett durchtränktes, von Schmutz triefendes und zerlumptes Hemd neben ihm aus. Danach wiederholte er die Prozedur mit seinen Haaren und seiner Hose. Den Prinzen immer noch ignorierend schnappte sich Son Goku den großen Korb und streifte sich die schlammigen Stiefel am nassen Gras ab. Danach betrat er ohne ein Wort das Kate.

Mit einem zischenden Geräusch drehte Vegeta seinen Kopf zur Seite, wütend darüber, dass Kakarott ihn einfach ignorierte hatte, zog seine Arme noch enger um seinen frierenden Körper und hoffte, dass der Arsch den Schock seines Lebens erleiden würde, wenn er das Haus betrat. Denn als er von dem Bach zurückgekehrt war, hatte er einen Reiter im Haus verschwinden sehen. Misstrauisch war er an eines der schmalen Fensterlöcher getreten und hatte die Felle zur Seite geschoben und hinein geblickt. Die Frau, welche hier ihre Mutter darstellte, wurde von dem schmierigen Kerl über den Tisch gebeugt und es machte nicht den Anschein, als ob sie sich dagegen wehren würde. Vegeta hatte nur noch schnell seinen Blick abgewandt und wartete seitdem vor der dem Haus, in der Hoffnung, dass dieser Kerl irgendwann wieder verschwinden würde. Die Geräusche aus dem Inneren, welche an sein Ohr drangen, ausblendend.
 

Es dauerte keine zehn Sekunden, bis man ein polterndes Geräusch aus dem Inneren des Steinhauses und Kakarotts stotternde Stimme hören konnte. Kurz darauf wurde die Tür auch schon wieder aufgerissen. Mit hochrotem Kopf schoss Son Goku ins Freie und lief ein paar Schritte weg. Als er sich umdrehte, die offenstehende Tür sah und die Schreie aus dem Inneren hörte, hechtete er zurück und zog die Tür hektisch zu. Nervös und schnell ein- und ausatmend krallte er sich an dem hölzernen Riegel der Tür fest. Er wollte schon etwas sagen, doch als er Vegetas Hinterkopf erblickte, der seinen Kopf einfach abgewandt hatte, ließ er es. Sein Atem wurde schlagartig ruhig und sein entsetzter Blick wich einem finsteren. Er richtete sich auf und verschränkte ebenfalls seine Arme vor der Brust. Dann stellte er sich wortlos auf die andere Seite der Tür und lehnte sich genau wie Vegeta gegen die Hauswand. Er war wütend und sichtlich eingeschnappt darüber, dass ihn der Ältere nicht gewarnt hatte. Also machte er es wie der Prinz und sah stoisch in die entgegengesetzte Richtung.
 

Sie froren beide jämmerlich und da der Himmel sich mittlerweile so sehr verdunkelt hatte, dass es nicht nur am Regen liegen konnte, kam nun auch noch die Kälte der Nacht hinzu. Aus dem Inneren der Kate, drangen nach wie vor Geräusche, die beide zu ignorieren versuchten. Endlich, Stunden nachdem der Himmel wirklich finster geworden war, ging die Türe auf. Wärme und Licht drangen nach draußen und beide wandten instinktiv den Kopf zur Tür. Heraus kam ein hoch gewachsener, breitschultriger Mann, mit einem grobschlächtigen Gesicht, dessen Haare zu einem Zopf zusammengebunden waren. Er trug ein Plaid um seine Gestalt gewickelt und maß erst Vegeta mit einem finsteren Blick, dann Son Goku.

Der große Saiyajin spürte wie ihm eine Welle der Abneigung entgegenschlug und erwiderte den finsteren Blick ohne eine Miene zu verziehen. Schnaubend und ohne ein weiteres Wort zu verlieren ging der Fremde zu seinem Pferd, schwang sich in den Sattel und war nach wenigen Momenten schon in der Dunkelheit verschwunden.

Vegeta hatte keine Zeit verloren und war kommentarlos nach drinnen gegangen, hatte sich dem Feuer zugewandt und seine eiskalten Finger danach ausgestreckt. Hinter einer geflochtenen Wand konnte er die Frau, seine Mutter, hantieren hören und kurze Zeit später erklang ihre Stimme.

„Wo ist denn dein Bruder?“

„Mir egal.“

„Habt ihr euch schon wieder gestritten?“

„Nein.“ Das war zwar eine glatte Lüge, aber er hatte keine Lust sich mit dieser Frau auseinanderzusetzen. Ihm war kalt, er hatte Hunger und er war verdammt mies gelaunt. Das letzte was er wollte, war nun über Kakarott zu reden, geschweige denn auch nur einen weiteren Gedanken an ihn zu verschwenden.

„Hast du denn deine Arbeit im Schweinepferch erledigt, wie ich es dir aufgetragen habe?“

Vegeta schwieg.

„Alistair!“ Die Frau packte Vegeta an der Schulter und drehte ihn herum. Reflexartig schlug er ihre Hand bei Seite und hob seine Faust zu einer entsprechenden Erwiderung.

„VEGETA!“, donnerte Gokus Stimme durch das Haus. Er packte den Kleineren, zog ihn von der bleich gewordenen Frau weg und gab ihm einen heftigen Schubser, der ihn durch die Tür nach draußen beförderte. „Bist du völlig übergeschnappt?! Du kannst sie doch nicht einfach schlagen! Sie ist unsere Mutter!“

Der Saiyajinprinz, ein weiteres Mal mit Matsch besudelt, sprang wutentbrannt auf die Beine und ging auf Kakarott los. Er wusste noch nicht einmal was genau ihn so wütend machte. Was in diesem scheiß Märchen passierte, dass der Jüngere meinte besser als er zu sein, ihm Vorschriften machen zu können, ihm immer wieder die Tatsache von Prinz und Dienstmagd – Prinz und Unterklasse – durch den Kopf ging, oder dass er wirklich echauffiert darüber war, dass dieses Buch meinte, er könne etwas daraus lernen der Sohn einer Bauernhure zu sein, der Scheiße schaufelte! Er wusste einfach nicht was das sollte! Und noch weniger war er darüber begeistert gewesen, dass er in dem Bach tatsächlich angefangen hatte über die wenigen Jahre seiner Kindheit nachzudenken, in denen er eben wie ein Prinz gelebt hatte. Er hasste es, wenn er sich daran erinnerte, an alles was er einmal gehabt hatte, was er einmal hätte werden sollen, zu was er erzogen worden war und wie er es verloren hatte. Wäre er nur niemals in diese Bibliothek gegangen!
 

Moira Buchanan stand im Türsturz und sah ihren beiden Jungen zu, wie sie sich im Regen prügelten. Es war doch wirklich immer wieder das Gleiche mit ihnen. Ernüchternd darüber schüttelte sie den Kopf. Normalerweise hätte sie nun beide zurechtgewiesen, sie angeschrien und es mit Alastair ausdiskutiert, dass er seine Arbeit nicht gemacht hatte. Aber dafür war sie heute einfach zu müde. Sie zog ihr Schultertuch fester um ihren Körper, ging hinaus in den Regen zum Schweinepferch und begann schweigend die Arbeit ihres Sohnes zu machen.

Son Goku, der das mitbekommen hatte, packte Vegetas Arme und verdrehte sie ihm auf den Rücken. Es gelang ihm ohne Schwierigkeiten seinen ‚Bruder' bewegungsunfähig zu halten.

„Vegeta, es reicht jetzt! Was ist nur los mit dir?! Schämst du dich gar nicht, auf eine wehrlose Frau los zu gehen? Sie macht jetzt sogar deine Arbeit für dich!“

„Das ist mir scheiß egal!“, fauchte der Prinz. „Die Aufgabe von so einer Bäuerin ist es eben, Scheiße zu schaufeln! Warum soll ich mir da die Hände schmutzig machen?!“

Fassungslos ließ Goku ihn los und Vegeta taumelte ein paar Schritte nach vorne. Doch bevor er sich zum Größeren umdrehen konnte um den Streit von Neuem zu entfachen, erklang die Stimme Moiras durch den Regen.

„Weil, wenn wir uns nicht um das Schwein kümmern, wir den nächsten Winter nicht überleben werden, Alastair. Das ist die einfache und harte Wahrheit.“ Ohne zu ihren Söhnen aufzusehen, fuhr Moira fort, die vom Regen nun durchnässten und dadurch sehr viel schwereren Kothaufen in den Eimer zu schippen. Man konnte ihr ansehen, dass es ihr zunehmend schwerer fiel und als bei der nächsten Schippe ein heftiger Schmerz ihren Unterleib durchzog und sie sich zusammenkrümmte, war Son Goku da und nahm ihr die Schaufel aus der Hand. Mit einem Lächeln legte er ihr seine auf die Schulter und nickte ihr wortlos zu, übernahm ihre Arbeit. Dankbar drückte sie die Schulter ihres Sohnes Hamish und sah dann zu ihrem Jüngsten, der stur und zornig im Regen stand.

„Ich weiß, dass du lieber der Sohn eines reichen Bauern oder Händlers wärst, oder gar der Sohn eines Lairds, aber das bist du nicht. Sicher, unser Leben ist hart, aber wir waren auch immer glücklich.“

Vegeta schnaubte abfällig und sein Blick war angewidert. Beides sprach mehr als tausend Worte. Er drehte sich um und ging in die Hütte. Sollten die beiden doch weiterhin hier draußen im Regen stehen und sich einreden, sie hätten ein schönes Leben! Er fand es grässlich und glücklich würde er damit ganz sicher nicht werden!
 

Als Moira und Goku später das Kate betraten, hatte Vegeta die nassen Sachen ausgezogen, sich in eine Wolldecke gewickelt und sich großzügig an dem Eintopf bedient, der in einem Kessel über dem Feuer geköchelt hatte. Als der Jüngere sah, wie wenig Essen der Prinz ihnen übrig gelassen hatte, warf er ihm einen bösen Blick zu, den Vegeta gekonnt ignorierte. Seiner Mutter mehr Eintopf in die Holzschüssel schöpfend als sich selbst, stellte Goku die Schalen auf den Tisch, zog sich selbst die nassen Kleidungsstücke aus, die er fein säuberlich am Kamin aufhängte, um sich dann selbst in eine Wolldecke zu wickeln und sich mit seiner Mutter an den Tisch zu setzen. Schweigend aßen sie ihr spärliches Abendessen und während das Feuer knisterte und langsam die Wärme in Gokus Glieder zurück brachte, erzählte Moira eine Geschichte, von Feen und Riesen, Rätseln und Aufgaben und das auf denjenigen eine große Belohnung wartete, der jene löste.

Vegeta hatte sich schon nach den ersten Worten abgewandt und war in die kleine Kammer mit den Strohsäcken am Boden gegangen, um sich hinzulegen, während Son Goku Moiras Worten lauschte und auch immer wieder Fragen zu der Fabelwelt stellte, die sie mit bildhaften und malerischen Worten erschuf. Über diese Fragen erfuhr er sogar wer Cernunnos war und warum sich sein Abbild auf dem Dolchgriff befand, den er besaß.

Cernunnos, so berichtete Moira in einer der Geschichten, war der Herr der Anderswelt, der Herr der Bean Sídhe, der Feen und Riesen, der Wasserpferde und aller anderen Geschöpfe, die in den Nebeln, Tälern, Bergen und Flüssen des Hochlandes ihr Unwesen trieben. Einige gut, andere böse, so waren sie doch alle nötig um das Gleichgewicht aufrecht zu erhalten.

Doch irgendwann, nach all diesen Geschichten, wurde sie schweigsam und sah in die Flammen, während sich Goku des Gefühls nicht erwehren konnte, dass sie etwas auf dem Herzen hatte.

„Mutter…was ist mit dir?“

Moira legte ihre beiden Hände über die ihres Sohnes und sah ihn, mit Traurigkeit durchtränkten Augen, eine Weile einfach nur an.
 

Vegeta hingegen lag auf der Seite, hatte seine Beine an seinen Körper gezogen und versuchte seinen immer noch frierenden Körper unter den Fellen aufzuwärmen. Er starrte auf die flackernden Lichter, die durch den offenen Spalt der Holztüre an die steinerne Wand vor ihm geworfen wurden. Dieses elende Märchen rief Gefühle in ihm hervor, die er einfach nicht fühlen wollte. Tiefe, dunkle Gedanken, die seinen Körper unaufhörlich zittern ließen. Vielleicht war es auch nur die Kälte, die einfach nicht aus seinem Leib verschwinden wollte oder aber auch einfach diese unbändige Wut, die, seit sie in dieser Geschichte gelandet waren, unaufhörlich in ihm wütete. Er presste seine Augenlider zusammen, wollte einfach nur schlafen. Vergessen. Doch dann drang wieder Kakarotts Stimme an sein Ohr, die ihn noch wütender machte. Er riss seine Augen wieder auf. Sein Herz raste. Er … wollte ihm wehtun … einfach nur Schmerzen zufügen. Und dann schwang auch schon die Tür auf und der Größere betrat die Kammer, zog stumm die Tür hinter sich zu und die tanzenden Lichter auf der Wand vor dem Gesicht des Prinzen verschwanden.

„Vegeta. Hast du das eben mitbekommen?“, flüsterte Goku in die nun vorherrschende Finsternis des Raums. Als keine Antwort kam, fuhr der Jüngere fort: „Ich muss gehen. Mutter“ „Sie ist nicht deine Mutter.“, unterbrach ihn der Prinz plötzlich.

„Hier in dieser Geschichte ist sie es aber.“

„Du steigerst dich schon wieder viel zu sehr in deine Figur, Kakarott.“

Gokus Blick wurde finster. „Vielleicht solltest du das auch mal probieren.“

„Darauf kannst du, dieses verfluchte Angeama oder diese elende Hirschkuh lange warten!“, fauchte der Prinz zurück, wobei er das Gefühl einfach nicht loswurde, dass das bereits passiert war und sich alles in ihm vehement dagegen zu wehren versuchte.

„Wir sollen hier aber was lernen. Und ich denke gerade DU solltest hier mal über einige Dinge nachdenken!“

„Wie…wie kannst du es wagen!“ Vegeta schwang die Felle zur Seite und sprang nackt wie er war auf. Fast nichts erkennend stürzte er mit den Händen voraus einfach Richtung Kakarott und kaum spürte er dessen bloße Brust, drückte er so fest er konnte dagegen, um den Jüngeren gegen die Tür zu pressen. „Es gibt verdammt nochmal riesige Unterschiede zwischen dir und mir! Und dieses erbärmliche Leben, diese UNWÜRDIGE Arbeit, dieses bemitleidenswerte Weib und vor allen Dingen DU können mir GAR NICHTS beibringen!“, fauchte er Kakarott entgegen.

Schon wieder. Goku spürte schon wieder diesen Schmerz in seiner Brust, weil Vegeta ihn erneut auf einer Ebene traf, die verdammt weh tat. Er packte den Kleineren an dessen Handgelenken, drückte ihn von sich und sofort entstand ein wildes Gerangel zwischen ihnen, bis Son Goku Vegetas Art endgültig satt hatte, sich auf ihn stürzte und sie gemeinsam auf einem der Lager landeten. Schnell richtete sich der Größere auf, packte erneut Vegeta an den Händen, der wie wild auf ihn einschlug und fixierte sie über dessen Kopf. Seinen restlichen Körper presste er gegen Vegetas, um den zappelten Prinzen unter sich bewegungsunfähig zu machen. Und endlich … endlich hörte Vegeta auf sich zu wehren.

Einige Sekunden lang herrschte völlige Stille in der Kammer, in der man nur die angestrengten Atemgeräusche der beiden vernehmen konnte. Mittlerweile hatten sich Son Gokus Augen an die Dunkelheit gewöhnt und er erkannte Vegetas pechschwarze Augen direkt vor seinem Gesicht, die ihn finster anfunkelten. Etwas schockiert darüber, wie nah sie sich waren, dazu beide nackt, denn bei Vegetas Angriff hatte Goku die Decke um seinen Körper fallen lassen, richtete sich der Größere ein Stück auf, um etwas Distanz zu schaffen. Sie waren beide wütend, einer mehr als der andere und beide funkelten sich in dieser eingetretenen Still einfach nur an.
 

„Was…ist nur los mit dir, Vegeta? Was du da die ganze Zeit von dir gibst, kann doch einfach nicht dein Ernst sein.“, durchbrach Goku endlich das Schweigen.

„Geh runter.“ Es war nur ein leises Zischen.

„Denkst du WIRKLICH so über arme Menschen? Über…mich und mein Leben?“ Der Jüngere konnte die Kränkung in seiner Stimme einfach nicht verbergen.

„Ich sagte du sollst RUNTER gehen!“, wurde der Prinz nun wieder lauter.

„Nein. Nein ich geh erst runter, wenn du mir eine Antwort gegeben hast!“

„RUNTER!“ Vegeta versuchte wieder seine Hände aus Gokus Umklammerung zu befreien und wandte sich wild unter Kakarott hin und her, doch der Größere ließ seinen Körper einfach schwerer werden und hielt den Prinzen an Ort und Stelle.

„Wenn du nicht gleich deine dreckigen Bauerngriffel von mir nimmst, brech ich dir jeden Finger einzeln!“

„Das werde ich aber nicht!“

„RUNTER!“

„NEIN!“

Plötzlich spürte Goku einen schrecklich stechenden Schmerz in seinem Gesicht und zog reflexartig seinen Kopf zurück. Vegeta hatte ihm tatsächlich in die Nase gebissen. Der Größere hielt die Handgelenke des Prinzen nun nur noch mit einer Hand fest, richtete sich ein Stück auf und rieb sich über seine schmerzende Nase. Die Tatsache, dass er hier nackt auf Vegeta lag kam ihm gar nicht wirklich in den Sinn, dafür aber dem Kleineren umso mehr. Und das trug nicht gerade dazu bei, dass er sich besser fühlte. Seine Chance witternd versuchte er, nun da er nur noch mit einer Hand gehalten wurde, sich aus Kakarotts Griff zu befreien, schaffte es jedoch nicht mal jetzt. Was für ein verfluchter, armseliger, schwacher und … kleiner Bauernjunge er hier doch war! Richtig erbärmlich. Doch plötzlich wurde er aus seinen Gedanken gerissen als Kakarott seine freie Hand auf Vegetas Mund presste.

„Jetzt beißt du schon?!“, zischte Goku als er sich wieder zu ihm hinab beugte und er ihm deswegen den Mund zuhielt. Nicht, dass Vegeta das nochmal versuchte. Er war es wirklich so langsam leid.

„Du gehst ja nicht runter!“, nuschelte der Prinz wütend zwischen Gokus Finger hindurch.

„Okay, du hörst mir jetzt mal zu! Mutter sagte, dass ich den Hof verlassen muss, weil dieser Kerl ihr sonst alles hier wegnimmt! Keine Ahnung, was der für ein Problem mit mir hat, aber ich denke, dass diese Geschichte hier damit erst richtig losgehen wird. Ich weiß nicht, was uns hier noch erwartet, aber eines sag ich dir, Vegeta…wenn du Mutter…wenn du diese Frau auch nur einmal falsch ansiehst, ihr ein Haar krümmst oder sie NICHT unterstützt, dann…dann reiß ICH dich in Stücke, haben wir uns verstanden?!“ Goku nahm seine Hand von Vegetas Gesicht und ließ endlich die Handgelenke Vegetas los, dann richtete er sich auf und blickte wütend zum Kleineren hinab. „Oh und eines noch, Vegeta. Ohne UNS hättest du nicht mal Essen auf dem Tisch! Ohne UNS Bauern hätte kein Prinz, König oder was auch immer, ein Volk unter sich, klar?! Das solltest du endlich mal kapieren!“ Damit verschwand Kakarotts Schwere von Vegetas Körper und auch seine Wärme. Keine Sekunde später wurde die Tür aufgerissen, doch bevor Goku hinausstürmte, blieb er stehen und wandte sich noch einmal um. „Egal wie erbärmlich und unter deine Würde mein ärmliches Leben in deinen Augen auch sein mag…es ist mit Sicherheit erfüllter als…deines.“ Und mit diesen Worten verschwand Goku aus Vegetas Blickfeld, dessen Körper unkontrolliert zu zittern begonnen hatte. Ihm war wieder kalt geworden …

Der rote Ettin - In die Welt hinaus um das Glück zu finden

Vegeta erwachte frierend in der dunklen Kammer und rieb sich müde über die Augen. Als er in das dichte Riedgras über sich blickte wurde ihm klar, dieser abscheuliche erste Tag war kein Traum gewesen. Er war tatsächlich immer noch in diesem furchtbaren Märchen. Aus dem angrenzenden Raum hörte er die Stimme von Kakarott und dieser Frau. Er hatte keine Lust jetzt schon zu ihnen zu gehen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Nicht nach gestern und überhaupt eigentlich gar nicht mehr. Doch dass er die Stimmen hörte, dagegen konnte er nichts tun.
 

„Hast du mich verstanden mein Sohn?“, fragte Moira mit trauriger Stimme.

„Ja. Lass mich nur zuerst die Hofarbeit erledigen, dann hole ich dir mit dem großen Krug Wasser aus dem Bach.“

„Und vergiss nicht Hamish, je mehr Wasser du mir bringen kannst, umso größer wird das Brot, welches ich dir mitgeben kann. Ach mein Schatz, ich würde dir so gerne mehr Proviant einpacken, aber...“

„Schon gut.“, hörte Vegeta Kakarotts Stimme die Moiras unterbrechen und der sanfte Ton in ihr ließ den Prinzen schon fast wieder kotzen. Der Jüngere steigerte sich wirklich viel zu sehr in seine Rollen hinein. Das war nicht seine Mutter! „Du wirst so viel Wasser bekommen, dass ich das Brot gar nicht tragen kann.“ Vegeta hörte das Lächeln in der Stimme des Saiyajins. „Ich geh mich dann jetzt um das Schwein kümmern. Ruh dich noch etwas aus, Mutter.“

„Danke mein Sohn.“ Auch in Moiras Stimme konnte Vegeta das Lächeln hören und ihm kam fast die Galle hoch. Als er die Türe nach draußen auf und wieder zugehen hörte, stand er auf, wickelte sich in die Decke und verließ die Kammer. Moira saß am Feuer und rührte in einem Topf. Dann gab sie einen schleimigen Brei in eine Schüssel, stellte sie auf den Tisch und sah zu ihrem jüngeren Sohn auf.

„Alistair, guten Morgen.“ Sie lächelte ihn an und schob ihm die Schale entgegen.

Vegeta rümpfte die Nase. „Was ist das?“

Moira blinzelte irritiert. „Unser Frühstück…Porridge.“

Der Saiyajin setzte sich hin, zog die Schale heran, schnupperte daran und schob sie dann wieder weg. „Keinen Hunger…hast du nicht was von Brot gesagt?“

Das Gesicht seiner Mutter verdunkelte sich leicht und sie wirkte enttäuscht und traurig, zog die Schale zu sich heran und kratzte sie wieder in den Kessel. „Das Brot ist für deinen Bruder.“

Vegeta schnaubte. Wundervoll! „Und warum bekommt er Brot und ich so ne Pampe?“

Die leere Porridgeschale wurde von Moira auf den Tisch geknallt. „Alistair Buchanan! Was ist nur seit gestern mit dir los? Hat dich ein Kelphi geholt oder eine Bean Sídhe verzaubert?“

„Ich habe Hunger!“

„Dann iss das Porridge.“

„Warum, wenn Brot da ist?“

„Weil ich das Brot erst machen muss. Außerdem haben wir nicht mehr viel Mehl.“

„Dann geh welches kaufen.“

Moira sah ihren Sohn fassungslos an. „Von welchem Geld, Alistair? Du weißt doch genau, dass wir kaum etwas haben. Und die Ernte ist noch nicht soweit, dass es sich lohnt den Weizen jetzt schon zu schneiden.“

Vegeta verstand kein Wort. Er hatte nach Mehl gefragt, nicht nach Weizen, doch ihm war es zu blöd sich schon wieder mit diesen Bauerndingen auseinanderzusetzen. „Schon verstanden.“ Mürrisch erhob er sich vom Tisch, griff nach seiner Kleidung. „Für Kakarott hast du Brot, aber für mich nicht.“ Sie griff nach seiner Hand und irgendetwas, er wusste nicht was, ließ ihn innehalten und zu ihr sehen.

„Alistair“, sagte sie mit sanfter Stimme und er meinte ein sachtes Glänzen von Tränen in ihren Augen zu sehen. „Hamish wird uns verlassen...und...und er wird nicht wieder kommen. Seine Zeit ist da und...ich will ihm wenigstens etwas zu Essen mitgeben können.“

„Und wenn ich derjenige wäre, der gehen müsste?“, rutschte es Vegeta raus, ohne dass er das beabsichtigt hatte.

„Du wirst nicht gehen müssen. Dieser Hof wird irgendwann in deine Obhut gehen und du wirst ihn für den Laird bestellen und das besser als ich. Ich bin sicher, er wird dir sogar mehr Land geben.“ Moira sagte das, in der Hoffnung, damit den Zorn ihres aufgebrachten Jüngsten zu besänftigen, doch was sie in seinen Augen sah, war das genaue Gegenteil.

„Na prima. Kakarott gibst du also die Chance sein Glück zu machen und sich etwas Besseres zu suchen und ich muss hier versauern. Toll! Ganz toll! Wirklich!“ Ohne auf ihr erschrockenes Gesicht zu achten, riss er sich von ihr los und verließ das Kate. Ihm war das wirklich zu dumm.
 

Seine Augen glitten über das Jämmerliche, was sie Hof genannt hatte und allein bei dem Gedanken, dass man sich darüber freuen konnte so etwas zu besitzen, zog sich alles in ihm zusammen. In seine ärmlichen Kleider schlüpfend sah er sich nach Kakarott um. Jener stand pfeifend und offensichtlich gut gelaunt im Pferch des Schweines, schaufelte sehr wahrscheinlich Scheiße und schien diese Arbeit sichtlich zu genießen. Vegeta verstand es nicht … er verstand es einfach nicht, wie man sich über solch eine Arbeit freuen konnte, wie man dabei fröhlich sein konnte! Er hatte in der Nacht wirklich lange nachgedacht, über vieles gegrübelt, aber es hatte für ihn keinen Sinn ergeben. Noch irritierender war aber, dass ihm die Wärme von Kakarotts Körper gefehlt hatte. Er schob das auf die Empfindung der Person die er darstellte, denn ihm selbst wäre es niemals in den Sinn gekommen, derart zu empfinden … was nichts daran änderte, dass er sich darüber ärgerte.

Sein Blick fiel auf den großen Krug mit Deckel, der auf der Mauer des Pferchs stand und mit einem Grinsen erinnerte er sich an die Worte Kakarotts und seiner Mutter. Der Jüngere sollte Wasser holen für sein Brot und je mehr Wasser, desto größer das Brot … aber er bekam keins. Na warte, dachte er sich und schlenderte zu ihm.

„Na, schon wieder bei deinem Familienmitglied, Kakarott?“, begrüßte Vegeta ihn und erntete nur einen düsteren Blick.

„Immer noch so drauf wie gestern?“

„Nicht ganz...ich bin dich bald los. Das ist eine deutliche Verbesserung.“

Son Goku hörte auf den Pferch zu säubern und setzte die Schaufel ab. Er maß den Kleineren mit einem wütenden Blick und begriff einfach nicht, warum sich Vegeta wie das letzte Arschloch benahm seit sie hier waren. Vielleicht war das aber auch die Person, welche er darstellte. Aber eigentlich gab ihm seine Figur nicht das Gefühl, dass er Vegetas Figur nicht mochte, eher das Gegenteil.

„Ich würde dich ja fragen, ob du mir helfen würdest, aber das kann ich mir wohl sparen, mh?“, versuchte er es vorsichtig.

„Sehr richtig.“

Der Jüngere schnaubte nur und machte sich wieder an die Arbeit, während Vegetas Finger mit dem Griff des Kruges spielten. „Warum musst du eigentlich weg?“

„Das hat was mit dem Kerl zu tun, der gestern da war.“

„Und was genau?“

Das Gesicht des Größeren wurde steinern. „Er ist wohl mein Vater und ich beginne ihm zu ähnlich zu sehen.“

Vegeta blinzelte. „Ich hab keine Ähnlichkeit gesehen.“

„Du siehst mich ja auch, wie ich normal aussehe.“

„Stimmt.“

„Auf alle Fälle...soll ich wohl verschwinden, bevor das noch mehr Pächtern auffällt und der Kerl Ärger mit seiner Frau und seinem ehelichen Söhnen bekommt.“

Der Prinz der Saiyajins grinste. „Du bist also ein Bastard, wer hätt‘s gedacht.“ Er bekam einen wütenden Blick von Son Goku zugeworfen. „Ist der Kerl denn dann auch mein Vater? Vielleicht kann ich mich dann bei ihm aufhalten, bis das Märchen vorbei ist. Wäre mit Sicherheit besser als hier zu bleiben.“

Wütend rammte Son Goku die Schaufel in die Erde und noch ehe sich Vegeta versah, war der Größere bei ihm und zog ihn am Kragen halb über die kleine Mauer.

„Jetzt pass mal auf! Das, was ich gestern Abend zu dir gesagt habe, habe ich durchaus ernst gemeint! Alles hat seine Grenzen Vegeta, auch mein Verständnis für deine Eskapaden! Und damit du es weißt, nein, der Kerl ist nur mein Vater. Deiner ist wohl irgendein fahrender Kesselflicker, der hier hin und wieder vorbeischaut.“

„Na toll.“, kam es abfällig von Vegeta. „Wir sind die Kinder einer Hure.“

„Du verfluchtes Arschloch!“ Goku holte aus und verpasste Vegeta einen Kinnhaken, der seine Lippe aufplatzen ließ. Dann wurde er mit einem abfälligen Blick losgelassen. „Du bist echt das Letzte, Vegeta! Ich begreife nicht, was Bulma an dir findet. Sie hat echt was Besseres verdient! Und Trunks tut mir auch leid mit dir als Vater! Kein Wunder, dass er so gerne bei uns ist…“

Der Prinz zuckte zusammen, doch das sah Goku schon nicht mehr. Ihm den Rücken zukehrend schaufelte er weiter, während der Kleinere sich über die Lippen fuhr und das Blut auf seinen Fingern betrachtete. Ohne, dass Goku es wusste, hatte er einen Punkt in dem Prinzen getroffen, der ihn selbst schon seit einigen Jahren beschäftigte. Aber darüber wollte er nicht nachdenken, einmal mehr.

Wütend griff er nach dem Krug und hob ihn kurz an. „Vergiss den hier nicht, Kakarott! Ansonsten gibt’s kein Brot für dich!“

Mit einem deutlichen, aber dennoch nur für ihn zu hörendem Knirschen setzte er den Tonkrug wieder auf der Mauer ab. Viel Wasser, viel Brot? Na mal schauen, was passieren würde, wenn wenig Wasser in dem Krug zurückblieb. Wenig Brot? Kein Brot? Das tat ihm nun aber leid. Mit einem hinterhältigen und zufriedenen Blick auf dem Rücken seines 'Bruders' drehte er sich weg. Irgendwie musste man sich doch in dieser Geschichte noch auf andere Art und Weise die Zeit vertreiben können, als nur Bauernarbeit zu leisten.
 

Es dauerte nicht sonderlich lange, vielleicht bis zur Mittagsstunde, die Sonne stand zumindest hoch am Himmel, bis der Prinz realisierte, dass sich dieser gottverdammte Hof mitten im Nirgendwo befand. Weit und breit hatte er nur Hügel, Wälder und Felder entdeckt. Auch wenn diese immergrüne und doch karge Landschaft weiterhin etwas tief in ihm berührte, so fühlte er sich einfach nur verloren. Als er schlussendlich, nach seinem weitläufigen Rundgang um das Gehöft, auf der Spitze des Hügels, über den Kakarott gestern verschwunden war, angekommen war und auf den Pferch und das Kate hinabblickte, ging es ihm keinen Deut besser. Der Jüngere schien gerade seine Arbeit zu beenden, zumindest schnappte er sich diesen braunen Tonkrug und machte sich mit ihm auf den Weg, wohl zu dem Bach, in welchem Vegeta am Tag zuvor schon gebadet hatte. Den ganzen Marsch über hatte der Ältere sich nicht dagegen wehren können, dass ihm Kakarotts bescheuerte Stimme immer wieder durch den Kopf gegangen war. Besonders die letzten Worte, die er an ihn gerichtet hatte. Er … er war kein schlechter Vater! Er war auch für Bulma … da. Er tat verdammt nochmal das, was … was er am besten konnte in Anbetracht dessen, dass er für etwas anderes bestimmt gewesen war! Etwas völlig anderes, aber das würde dieser Vollidiot ohnehin niemals verstehen. Doch er konnte sich diesem Drang einfach nicht erwehren sich Kakarott, seinem … ‚großen Bruder‘ … beweisen zu wollen. Es war einfach unerträglich. Das musste einfach diese Figur sein, die er hier darstellte. Der ‚kleine Bruder‘ – oh wie er diese Tatsache hasste – der sich nach Anerkennung sehnte … und schon wieder so eine verfluchte Parallele zu ihrem echten Leben.

Seufzend ließ er sich auf dem saftig grünen Gras nieder, zog seine Knie an, positionierte seine Arme darauf und legte seinen Kopf auf ihnen ab. Er beobachtete Kakarott, der sich vom Hof entfernte bis er aus seinem Blickfeld verschwunden war.
 

Nach getaner Arbeit hatte sich Son Goku auf den Weg gemacht, um das Wasser für seine Mutter zu holen, damit sie ihm das Brot zubereiten konnte, immerhin sollte er heute Abend noch aufbrechen. Da er jedoch keine Ahnung hatte, wo es hier welches zu finden gab, folgte er dem Geräusch eines plätschernden Baches, welches er schon vernommen hatte als sie hier in dieser Geschichte angekommen waren. Kaum war er in dem Waldstück angekommen, fand er schon einen niedergetretenen Weg, der ihn direkt zu dem Gewässer führte. An der Böschung kniete er sich hin, öffnete den Deckel des Kruges, hielt ihn in den fließenden Bach und füllte das Gefäß bis obenhin. Zufrieden verschloss er es wieder und machte sich sogleich auf den Rückweg, merkte dabei nicht, dass der Ton am unteren Rand, durch Vegetas festes Aufsetzen auf der Steinmauer, gesprungen war und Wasser austrat. Da er den gesamten Krug in den Bach getaucht hatte, war er immerhin völlig nass und dass Wasser von ihm tropfte, kümmerte ihn somit auch nicht weiter.

Dass der Krug undicht war, merkte Son Goku erst als er voller Stolz seiner ‚Mutter‘ das Wasser auf den Esstisch stellte, sie das Gefäß öffnete und es nur noch bis zur Hälfte gefüllt war. Er wollte sich sogleich auf den Weg machen, um noch mehr Wasser zu holen, doch Moira hielt ihn zurück.

„Es ist keine Zeit mehr Hamish. Ich muss jetzt das Mehl mit dem Wasser vermengen. Der Teig muss rasten und du wirst noch vor Sonnenuntergang aufbrechen müssen.“

„Aber ich bin doch gleich wieder zurück.“, entgegnete Goku, doch seine ‚Mutter‘ legte ihre Hand sogleich auf die seine als er nach dem Krug griff.

„Hamish! Ich sagte, es ist keine Zeit mehr! Der Laird wird schon bald zurückkehren und bis dahin musst du von hier verschwunden sein.“

„Oh…okay.“

„Es wird zwar nicht so viel Brot, wie ich mir erhofft hatte, dir mitgeben zu können, aber so ist es jetzt nun einmal.“ Sie hob den Krug hoch aus dem sofort noch mehr Wasser auf den Holztisch tropfte und eilte damit davon.

Seufzend ließ sich Son Goku am Küchentisch nieder. Sein Magen knurrte und er fragte sich wirklich, was ihn auf seiner Reise nun erwarten würde. Wohin ihn sein Weg, wohin ihn diese Geschichte wohl führen mochte, welche Lektionen es hier für ihn zu lernen galt und … was mit Vegeta sein würde, wenn er ihn einfach hier zurückließ. Als sein Blick jedoch auf die glühenden Torfstücke im Kamin fiel, beschlich ihn ein ganz wehmütiges Gefühl. Etwas in ihm wollte hier nicht weg. Wollte seine ‚Mutter‘ nicht alleine lassen. Er rappelte sich wieder auf. Zumindest wollte er ihr noch einen großen Vorrat an Torf bringen, während sie alles dafür tat, um ihm einen guten Laib Brot zu backen, bevor er am Abend aufbrechen würde.
 

Sein Weg führte ihn wieder über den Hügel, auf dessen Spitze es sich Vegeta sichtlich gemütlich gemacht hatte. Der Prinz lag in seinen zerlumpten Klamotten auf dem Rücken, hatte seine Arme hinter seinem Kopf verschränkt und sein rechtes Bein über sein linkes geschlagen. In seinem Mundwinkel ragte ein Weizenhalm, den er auf seinem Rundgang abgerissen hatte. Wut kroch in Goku hervor als er den Weizen in Vegetas Mund sah. Der Weizen, den seine Mutter oder er mit Sicherheit mühsam angebaut hatte!

Als er an dem Älteren vorbeiging, beschimpfte er ihn herablassend mit „Arschloch!“ und erntete lediglich ein „Vollidiot!“ von dem Prinzen.
 

Die Sonne neigte sich schon langsam gen Horizont als Son Goku mit zwei vollgepackten Körben Torf bei dem kleinen Kate ankam. Der Duft von warmem, köstlichem Brot stieg ihm in die Nase und das Wasser lief ihm sofort im Mund zusammen. Seine ‚Mutter‘ begrüßte ihn freudestrahlend als sie ihren älteren Sohn mit dem Torf unter den Armen in die Stube kommen sah.

„Ach Hamish…ich danke dir. Du warst mir immer ein so guter Sohn.“ Sie strich ihm liebevoll durch sein Haar. „Leider kann ich dir nicht mehr bieten als einen kleinen Laib Brot.“

„Das ist doch wundervoll Mutter und mehr als ausreichend.“, versuchte er sie zu trösten.

Sie zog ihn sogleich in eine Umarmung. „Pass bitte auf dich auf.“

„Mach dir um mich keine Sorgen. Ich werde schon zurecht kommen.“

Nachdem Moira Son Goku wieder aus ihrer mütterlichen Umarmung entließ, wischte sie sich schnell über ihre Augen, doch das Glitzern in ihnen konnte sie dadurch nicht verbergen. „Du musst los…ich hab dir deine Sachen in unserem besten Leinensack verstaut und dir das Brot ganz oben hineingelegt, damit du…es gleich zur Hand hast, wenn du es brauchst.“

„Danke Mutter…“

„Es ist Zeit Hamish, mein liebster Sohn…du musst in die Welt hinaus.“

„Mutter…“

Nun konnte Moira ihre Tränen nicht mehr zurückhalten, doch sie versuchte sichtlich stark zu bleiben und lenkte von ihrem deutlichen Schmerz ab, indem sie Goku darauf hinwies, dass es noch jemanden gab, von dem es sich zu verabschieden galt. „Ver…vergiss nicht deinem kleinen Bruder Alastair Lebewohl zu sagen…trotz all eurer Zankereien musst du wissen, dass er…immer zu dir aufgesehen hat.“

„Ach…ja?“, fragte Son Goku sichtlich überrascht darüber.

Sie strich ihm sanft und mit dem wissenden Blick einer Mutter über die Wange. „Aber natürlich.“
 

Als Goku die Tür zu seinem hiesigen Zuhause schloss, atmete er erst einmal tief durch, bevor er von der Stimme des Prinzen aus seiner Wehmut gerissen wurde. „Na? Haust du endlich ab?“

Vegeta saß, mit verschränkten Armen, auf der schmalen Steinmauer des Pferchs. Das Licht der untergehenden Sonne tauchte ihn in warme Farben und ließ in Goku das Gefühl von Abschied und Traurigkeit nur noch stärker werden. Er ging auf den Älteren zu, legte den Jutesack mit seinen wenigen Habseligkeiten ab und trat vor den Prinzen.

„Vegeta.“

„Was ist?“

„Du…am Morgen musst du das Schwein, die Hühner und auch die Ziegen und Schafe als aller Erstes füttern. Sie werden euch die nötige Nahrung liefern, die ihr zum Überleben braucht. Der Pferch muss sauber gehalten werden, damit keine Krankheiten ausbrechen. Wenn es Herbst wird, muss das Obst und Gemüse geerntet werden. Der Weizen muss auch rechtzeitig geerntet werden, damit ihr Brot herstellen könnt. Das werdet ihr dringend über den Winter benötigen. Torf…Torf solltest du auch jeden Tag holen, damit ihr nicht erfriert. Wenn du jeden Tag zweimal gehst, dann könnt ihr auch einen guten Vorrat für den Winter anlegen. Torf sticht man-“ „Warum erzählst du mir das alles?!“, unterbrach Vegeta ihn fauchend. „Glaubst du wirklich ich würde auch nur irgendetwas davon tun?!“

Goku atmete tief durch. Ja, er war immer noch wütend auf Vegeta und seine unfassbar herablassende, arrogante und vor allen Dingen ignorante Art, aber er spürte einfach, dass er ihn trotz allem … liebte. Als ‚Bruder‘. Seinen kleinen Bruder, den er … im echten Leben nie gehabt hatte. Er war nun einmal jetzt ein Teil seiner hiesigen Familie, den er jetzt zurücklassen musste und genau das war es, was ihn einfach zu schmerzen schien. Es schmerzte ihn, dass sein kleiner Bruder so … unglücklich war.

„Ja, Vegeta. Auch wenn du es wahrscheinlich nicht hören willst und mir gleich wieder an die Gurgel springst…aber ich…ich glaube an dich! Ich glaube, dass du tief in dir weißt, was das Richtige ist! Das du trotz allem einer von…uns bist.“ Goku sah ihn ernst und mit durchdringendem Blick an. „Hörst du? Ich GLAUBE an dich.“

Vegeta starrte den Jüngeren einfach nur fassungslos an, unfähig auch nur eine Silbe über seine Lippen zu bringen und als Goku ihn dann auch noch mit einem gezielten, schnellen Griff von der Mauer und in seine Arme zog, ihn an sich drückte, erstarrte der Prinz völlig. Seine Gedanken überschlugen sich, seine Gefühle liefen kreuz und quer zwischen Hass, Zuneigung, Abscheu, Dankbarkeit und … er hatte keine Ahnung, WAS er gerade wirklich empfand. Als Goku ihn losließ, den Dolch samt Scheide von seinem Gürtel nahm, danach nach seiner Hand griff und ihm dieses wunderschöne Stück Eisen in die Hand drückte, nach welchem sich Vegeta schon zu Beginn der Geschichte so unerklärlich verzerrt hatte, stiegen ihm einfach Tränen in die Augen. Seine Hand, in die Kakarott das Messer mit diesem wundervoll verzierten Griff gelegt hatte, begann zu zittern. Erst als Goku sie mit seinen beiden Händen umschloss und mit einem Lächeln auf den Lippen sagte: „Ich schätze, wir werden uns eine ganze Weile nicht wiedersehen. Keine Ahnung was uns hier noch erwartet, ob wir uns überhaupt wiedersehen, aber irgendetwas sagt mir, dass…du diesen Dolch haben solltest.“ Er ließ von dem Prinzen ab, kehrte ihm den Rücken, schulterte sein Gepäck und die Hand zum Abschied hebend und ohne Vegeta noch einmal anzusehen, flüsterte er gegen den aufkommenden Wind: „Mach’s gut…kleiner Bruder…“
 

Vegeta stand wie zu einer Säule erstarrt da. Unfähig sich zu bewegen sah er einfach Kakarott hinterher, wie dieser den nächsten Hügel erklomm und aus seinem Blickfeld verschwand. Das kalte Eisen in seiner Hand erwärmte sich langsam in ihr und wie hypnotisiert blieb sein Blick an der Gestalt Cernunnos kleben. Da tropfte eine seiner Tränen auf den Griff, lief durch die Rinnen des Musters und verschwand gen Boden. Als wäre dies ein Signal, straffte der Prinz seine Gestalt und wischte sich mit einer energischen Geste über die Augen. Er war gerade angeekelt vor sich selbst. Wie konnte er wegen Kakarott Tränen vergießen? Wie konnte er sich traurig fühlen, weil er weg war? Wie hatte er es zulassen können, dass dieser Vollidiot ihn umarmte? UMARMTE?! Das war doch wirklich das Letzte!

Als der Himmel sich einmal mehr mit Regenwolken zuzog, trieb ihn die Kälte ins Haus. Dort saß Moira am Tisch, hatte den Kopf auf ihre Arme gelegt und weinte. Selbst als er eintrat, hob sie ihn nicht. Unfähig irgendetwas zu ihr zu sagen oder zu tun, verzog sich Vegeta in die kleine Kammer und wickelte sich in seine und Kakarotts Decke ein. Umso besser, dass der endlich weg war, dann hatte er nun eine Decke mehr und würde in dieser Nacht nicht so frieren wie zuvor. Den Gedanken, dass Kakarott bei diesem Wetter gar keine Decke und auch kein Dach zur Verfügung hatte, verdrängte er gekonnt.
 

Son Goku wanderte nun schon seit zwei Tagen durch die Berge. Hier und da folgte er mal einem Weg, kam in ein Dorf, verdiente sich ein paar Kupfer, dann ging er weiter. Er war ruhelos. Irgendetwas trieb ihn einfach dazu immer weiter und weiter zu gehen. Der Erfahrung aus Aschenputtel vertrauend und hoffend, dass es in diesem Märchen genauso war, nämlich dass sich die Geschichte von selbst in die Richtung entwickelte, in die sie sollte, wenn sie dem Drängen ihrer Figur folgten, wanderte er einfach weiter.

Tage wurden zu Wochen und Wochen zu Monaten, ohne dass irgendetwas passierte, was ihm aufgezeigt hätte, was es zu tun gab. Das Brot, welches seine Mutter gebacken hatte, blieb wie auf magische Weise immer frisch und knusprig und verfaulte nicht. Da Goku in der Natur mehr als genug zu essen fing, oder aber es von den Leuten bekam, denen er half, ließ er die Finger davon und behielt es für schwere Zeiten als Notration.

Dann kam eine Zeit, in der die Kates immer weniger wurden, er keine Straße mehr fand, die Felsen höher in den Himmel ragten und die Landschaft noch rauer und wilder wurde. Tiere zu jagen gab es keine und nicht mal mehr ein Vogel schien sich in diesen Teil des Landes zu wagen. Seit Tagen hatte er auch schon keine Menschen mehr gesehen und er begann sich zu fragen, ob er sich wirklich noch auf dem richtigen Weg befand. Eines Abends, als er hungrig am Feuer saß, beglückwünschte er sich zu der Entscheidung das Brot nicht angerührt zu haben und verspeiste es. Satt und zufrieden schlief er ein.

Seinen Weg setzte er am nächsten Tag unbeirrt fort und betrat eine enge Schlucht. Gerade als er sich zu fragen begann, ob diese niemals ein Ende nehmen würde, machte sie einen Knick und erweiterte sich zu einem wunderschönen Tal mit saftigen Wiesen auf denen bunte Blumen wuchsen, Bächen die diese durchzogen und einem Wäldchen, welches sich auf einer Seite an die Berge schmiegte. Ganz in seiner Nähe konnte Son Goku viele weiße, große Punkte im Grün der Wiese erkennen. Schafe und unweit derer auch einen Schäfer. Breit lächelnd, da er endlich mal wieder jemanden zum Reden gefunden hatte, ging er auf den Schäfer zu und begrüßte ihn freundlich.

„Hallo. Bitte keine Angst haben, ich bin kein Räuber und will Niemandem etwas Böses tun.“

Der Schäfer, dessen Gesicht unter einem breiten Hut verborgen war, unter dem aber immerhin ein langer, weißer Bart hervorschaute, nickte ihm auf seinen Schäferstab gestützt zu.

„Jungchen.“, grüßte er mit tiefer und volltönender Stimme.

„Sag Großvater, gibt es hier in der Nähe zufällig ein Dorf? Oder einen Hof? Irgendetwas, wo ich mir was verdienen könnte?“

„Weit und breit nicht.“

„Oh...das ist blöd.“ Grübelnd legte er die Hand ans Kinn und versuchte herauszufinden, wo auf seinem Weg er vielleicht etwas übersehen haben könnte. Hätte er doch bei dem Bauern mit den drei Töchtern bleiben sollen, die ihm so oft eine Einladung ausgesprochen hatten? Vielleicht war dies ja nur geschehen, weil er dort hätte bleiben sollen? Verfluchter Mist! Das waren mehrere Wochen Weg wieder zurück. Das Blöcken der Schafe riss ihn aus diesen Überlegungen und eines der Tierchen zupfte an seinem Hosenbein. Da kam ihm eine Idee.

„Aber Großväterchen, wenn hier nirgends ein Dorf in der Nähe ist, wem gehören dann diese Schafe? Dir?“

Der alte Mann drehte seinen Kopf zu ihm und sprach langsam: „Dem roten Ettin in diesem Land, der seinen Weg hierher zu uns fand, des Königs Tochter hat er geraubt, und Wächter mit ihrem Schutz betraut. Er bindet sie, er züchtigt sie, er macht was ihm gefällt, wie alle starken Herrscher, trotzt er der ganzen Welt. Wohl ist vom Schicksal ihm bestimmt, durch Menschenhand der Tod, doch der Mann ist noch nicht geboren, und so leiden wir weiter Not.“

Schon bei den ersten Worten erhellte sich Son Gokus Gesicht. Na wer sagte es denn! Der rote Ettin! So heiß dieses Märchen hier doch, zumindest hatte doch Cernunnos nach dieser Geschichte verlangt, bevor er sie in die Tür geworfen hatte! Er hörte den Worten des Schäfers aufmerksam zu und als der Alte geendet hatte, klatschte Goku vor Freude in die Hände. „Das ist großartig!“

„Großartig?“, kam es irritiert unter dem Schäferhut hervor.

„Ja, großartig!“ Vor Freude fiel der Saiyajin dem Schäfer um den Hals und drückte ihn an sich. „Endlich weiß ich, was ich hier zu machen habe. Den Ettin töten, die Prinzessin retten, fertig!“

„Jungchen“, mahnte der Alte. „Ich glaube du bist ein wenig zu lang in der Sonne gewesen.“

„Ach was“, winkte Goku ab. „Das bekomme ich mit Sicherheit hin. Immerhin bin ich kreuz und quer durch die Welt gewandert und habe schon so einiges gesehen. Mir wird schon etwas einfallen.“

Der Schäfer nickte. „Wahrlich kühn gesprochen und es wäre eine Wohltat, wenn dem Tun des Ettin endlich jemand Einhalt gebieten würde. Ich habe nicht viel, aber was ich habe teile ich gerne, Jungchen.“

Und so kam es, dass Son Goku an diesem Abend mit dem Schäfer am Feuer saß, sich seine Geschichten anhörte und von seinem Brot aß. Sie saßen bis tief in die Nacht beisammen und der Schäfer warnte Goku vor allerlei Gefahren, die in diesem Teil des Landes auf ihn warten konnten. Eine phantastischer und gefährlicher als die andere. Aber besonders warnte er ihn vor dem Ettin. Man sollte sich nicht von seinem Auftreten täuschen lassen, auch wenn er behäbig und nicht sonderlich schlau wirkte, war es ihm eben doch gelungen die Prinzessin aus dem Schloss ihres Vaters zu rauben. Außerdem gehorchten ihm allerhand merkwürdiges Getier, welchem Goku besser aus dem Weg gehen sollte. Dies versprach er hoch und heilig und nach weiteren angenehmen Worten, legten sich beide umringt von den Schafen zum Schlafen nieder.
 

Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als der Saiyajin am nächsten Morgen erwachte und sich streckend und gähnend aufrichtete. Blinzelnd schaute er sich um und sprang dann verwundert auf die Beine. Der Großvater und seine Schafe waren verschwunden. Irritiert rieb sich Goku über den Hinterkopf, rief nach dem Großväterchen und erhielt doch keine Antwort. Sich Sorgen machend, suchte er den gesamten Eingang des Tales ab, doch das Ergebnis blieb das Gleiche. Es schien fast so, als hätte es den Großvater und seine Schafherde niemals gegeben.

Vor sich in murmelnd und sich nicht ganz sicher seiend, ob er nun doch den Verstand verlor, schulterte er seinen Leinensack und machte sich wieder auf den Weg. Nun hatte er ja ein Ziel und Großvater hatte ihm auch den Weg beschrieben. Dem Flusslauf folgend, bis er sich gabelte, dann dem rechten Flussarm folgend. Dies wäre zwar ein großer Umweg, aber er würde eine Herde gefährlicher Tiere umgehen, welche dem Ettin dienten.

Als er an der beschriebenen Gabelung ankam, setzte er schwitzend seinen Leinensack ab. Bisher war es auf seiner Reise immer kalt gewesen, doch hier in diesem Tal herrschte eine Hitze, die ihm den Schweiß auf die Stirn trieb. Außerdem hatte er Hunger und weit und breit gab es weder einen Fisch im Wasser, noch Hasen auf der Wiese, oder Früchte und Beeren an irgendeinem Busch. In diesem Tal schien es bis auf die Schafe nichts Essbares zu geben. Überlaut begann sein Magen zu grummeln und er legte sich die Hand darauf. Ob diese Tiere, von denen der Schäfer gesprochen hatte, vielleicht essbar waren? Zwar sollten sie gefährlich sein, aber schlimmer als die Dinosaurier und Riesenschlangen mit denen sich Son Goku in seiner Jugend abgemüht hatte, konnten sie wohl kaum sein, oder? Klüger wäre es mit Sicherheit dem Rat des Schäfers zu folgen und den langen Weg um die Tiere herum zu nehmen, aber ein erneutes und lautstarkes Grummeln seines Magens nahmen ihm die Entscheidung ab. Den Leinensack wieder schulternd folgte er dem linken Flusslauf. Er war sich sicher, mit den Tierchen des Ettin fertig zu werden und schon bald eines über dem Feuer braten zu können.
 

Immer dem Fluss folgend änderte sich die Landschaft erneut je weiter der Weg Goku voran führte. Die saftigen Wiesen verschwanden und wichen nach und nach einem kargen, ausgetrockneten, weiten Tal, durchzogen von spitzen Felsen und umringt von bedrohlich wirkenden Bergen. Die Gipfel derer konnte der Saiyajin in den tiefhängenden Wolken nicht mehr ausmachen und sie trugen viel dazu bei, dass sich bei ihm ein beklemmendes Gefühl breit machte. Auch der Fluss war immer kleiner geworden und glich nur noch einem Rinnsal mit verschmutztem Wasser. Die Luft wurde stickiger und das Geräusch seines grummelnden Magens immer lauter. Wo waren diese Tierchen denn nun?

Goku erklomm einen der niedrigeren Felsen, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen und als er seine Hand über seine Augen hob, um seinen Blick in die Ferne zu schärfen, entdeckte er etwas, dass sich zwischen den Felsen bewegte. Etwas Schwarzes huschte hinter eine Gesteinsformation, verschwand aus seinem Blickfeld und kurz danach noch eine Zweite. Bingo!

Ein verschlagenes Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Nicht mehr lange und er würde endlich wieder etwas zu beißen haben. Die Tiere schienen kleiner zu sein als er gehofft hatte. Kein Vergleich zu den sonstigen Dinosauriern, mit denen er sich herumschlug, aber besser als nichts.
 

So leise es dem Saiyajin möglich war, kletterte er wieder von dem Felsen und schlich sich auf Zehenspitzen in Richtung der Tiere. Plötzlich hörte er Hufe hinter sich, drehte sich blitzschnell um, doch er starrte nur in auf einen dunklen, großen, runden Stein. Seltsam, dachte Goku noch, der war ihm beim Vorbeigehen wohl gar nicht aufgefallen. Er legte seinen Kopf leicht schief. Etwas an dieser Felsformation kam ihm merkwürdig vor. Und … was waren das für seltsam gedrehte Spitzen die da herausragten?

Ein erneutes Hufgetrappel ließ ihn wieder herumfahren. Er sah nur noch wie ein großer, in seinen Augen durchwegs saftiger Hintern mit einem langen Schweif, hinter dem nächsten Stein verschwand. Er duckte sich und schlich wieder vorwärts. Langsam fragte er sich, was so furchtbar an diesen Kreaturen sein sollte. Sie schienen mehr Angst vor ihm zu haben als dass sie gefährlich wirkten. Auf leisen Sohlen schlich er weiter und griff – in Ermangelung einer anderen Waffe – nach einem spitzen und scharfkantigen Stein. Als er nah genug heran war und die Tiere hören konnte, sprang er mit einem lauten Geräusch aus seiner Deckung um endlich an sein wohlverdientes Essen zu kommen.

Doch er richtete sich enttäuscht wieder auf als er weit und breit nichts entdeckte, dabei hatte er das Tier weder weglaufen sehen, noch dessen Hufgetrampel vernommen. Verwirrt kratzte er sich am Hinterkopf. In diesem Moment fiel ihm erneut so ein seltsamer schwarzer Steinhaufen ins Auge. An der einen Seite ragten abermals eigenartigen Spitzen hervor. Vier, zählte Goku. Seine Augen zu schmalen Schlitzen verengend steuerte er darauf zu. Seine Sinne schärften sich. Je näher er dem Gestein kam, umso deutlicher erkannte er es. Diese Spitzen … das waren doch Hörner. Er hob seinen Arm mit dem Stein in der Hand. Gleich würde er etwas zu essen haben. Nur noch zwei Meter!
 

Ein lautes, ohrenbetäubendes Gebrüll, gleich einer riesigen Raubkatze, hallte zwischen den Felsen wider und Goku fuhr zusammen, blickte sich mit wachsamen Augen in allen Richtungen um. Erst nachdem er sich versichert hatte, dass ihm nicht gleich ein anderes Tier in den Rücken springen würde, wendete er sich wieder zu dem seltsamen Felsen um und seine Augen wurden groß wie Teller. Sein Mund klappte nach unten, sein Herz setzte einen Schlag aus, nur um dann mit doppelter Geschwindigkeit weiter zuschlagen. Er starrte direkt auf muskelbepackte, lange Beine, die von schwarz-rötlich schimmernder, lederner Haut überzogen waren. Ein lautes und kräftiges Schnauben wehte ihm seine Haare ein Stück nach hinten. Langsam ließ er seinen Arm sinken und seinen Blick nach oben wandern, über einen kräftigen, breiten Hals, bis dieser sich in seiner Mitte in zwei Stränge teilte auf denen zwei Köpfe ruhten, die ihn an eine der Großkatzen aus den Bergen seiner Heimat erinnerte. Goku schluckte als er die gebleckten, scharfen Reißzähne in den Mäulern erblickte und die zwei blutroten, geschlitzten Augenpaare, die ihm von den beiden Köpfen entgegenstarrten. An den Seiten ragten gedrehte Hörner aus den Schädeln, die dem Saiyajin doch tatsächlich bekannt vorkamen. Die Spitzen aus den Felsen …

Er spürte eine ungewohnte Angst in ihm hervorkriechen. Angst, die ihm jedoch schon beim letzten Märchen fast den Atem geraubt hatte. Doch nein, diesmal würde er sich von ihr nicht lähmen lassen. Er war stark. Kräftig. Er hatte verdammt nochmal Kraft in diesem Märchen!
 

Bedächtig trat er einen Schritt zurück, die funkelten, roten Augenpaare nicht aus dem Blick lassend und umschloss den spitzen Stein in seiner Hand fester. Hufgetrampel ertönte hinter ihm. Neben ihm. Links, rechts. Von überall her drang es an seine Ohren. Sein Herzschlag beschleunigte sich abermals, sein Atem wurde schneller. Und sein Hunger … war verschwunden.

„Also…ihr seid demnach diese Tiere von dem Großväterchen erzählt hat, nehm ich an? Ettins Tiere…?“

Das zweiköpfige Monster vor ihm schnaubte wieder und bleckte seine Reißzähne noch mehr.

„Ihr könnt mich nicht zufällig…zu eurem Herrn…bringen? Zu Ettin? Dem…roten Ettin?“, versuchte es der Saiyajin mit ruhigen Worten und legte ein etwas verzweifeltes Lächeln auf.

Gebrüll ertönte hinter ihm und ließ ihn zusammenzucken. In seinem Augenwinkel nahm er große Schatten auf den Felsen neben sich wahr und Goku wusste, dass sie ihn umzingelt hatten. Was er jetzt alles dafür getan hätte, um fliegen zu können oder wenigstens einen Ki-Ball zur Hand zu haben, aber dieses Wunschdenken half ihm aus dieser Situation auch nicht heraus. Eines war ihm jedenfalls klar. Gegen diese Horde würde er ... nichts ausrichten können. Nicht so. Nicht völlig allein und auf sich gestellt. Und zu seinem Leidwesen überkam ihm erneut dieses lähmende Gefühl.

Todesangst war schon etwas Merkwürdiges. Ohne es zu wollen, fragte er sich, ob es nicht auch in diesem Märchen einen Prinzen gab, der ihm zur Rettung eilen würde … aber Vegeta … war eben nur sein schwacher, kleiner Bruder. Doch gleichzeitig schien ihm genau dieser Gedanke neuen Mut zu geben. Nein, er würde hier nicht sterben. Das konnte er seinem Bruder und seiner Mutter einfach nicht antun!

Und als ob diese Tiere nur darauf gewartet hätten, dass sich Goku in Angriffsstellung begab, stürmten sie auf ihn zu. Das linke Maul des Monstrums vor ihm schnappte nach seinem Arm, das rechte nach seiner Kehle, doch mit einer geschickten Drehung manövrierte sich der Saiyajin zwischen ihren Mäulern hindurch, duckte sich und lief zwischen den langen Vorderbeinen dieses elenden Viechs hindurch, unter seinem Bauch entlang und zwischen seinen Hinterbeinen tauchte er wieder auf. Die Köpfe des Tieres kreischten verzerrt auf, denn Goku hatte den spitzen Stein in ihren Bauch gerammt. Mit einem kurzen, prüfenden Blick zurück, vergewisserte er sich, dass er sich dadurch die nötige Zeit verschafft hatte und hechtete weiter. Rannte, wie er noch nie gerannt war.
 

Brüllende Schreie ertönten hinter ihm. Hufe schlugen über den Boden. Die Erde bebte unter Son Gokus Füßen. Es gab keine Zeit mehr über irgendetwas nachzudenken. Er reagierte nur noch. Wich Felsen aus, schlug Haken, sprang über Steine hinweg, hechtete auf die andere Flussuferseite, lief weiter, stolperte, schlug sich seine Hände auf dem Geröll am Boden blutig, sprang wieder auf die Beine und rannte weiter. Doch das Hufgetrampel kam näher. Flankierte seine rechte Seite. Ließ ihn wieder diesem kleinen Rinnsal von Fluss entlanglaufen. Ein lautes Donnergrollen fegte über ihn hinweg und er konnte beim besten Willen nicht sagen, ob es wirklich eines war oder ob es von der Herde, die hinter ihm herjagte, kam. Er realisierte auch gar nicht, dass er die Schlucht bereits hinter sich gelassen hatte, der vertrocknete Boden saftig grünen Felder gewichen war und der Himmel tief und dunkel über ihm hing, denn eines der Tiere war ihm gefährlich nahegekommen. Es war ihm als könnte er dessen Atem in seinem Nacken spüren, seine Reißzähne links und rechts neben seinem Gesicht aufblitzen sehen. Das war es dann wohl. Es würde ihn in Stücke reißen.

Er schloss nur noch seine Augen während er auf einen Hügel zu sprintete, dann spürte er einen so unbeschreiblichen Schmerz in seinem Arm, der seinen Nacken hinaufschoss, in seinem Kopf explodierte und kurzzeitig einfach alles in seinem Körper zu lähmen schien. Ein Ruck, bei dem er das Gefühl hatte sein Oberarmknochen würde ihm aus der Schulter gerissen werden, hob seinen Körper vom Boden hoch. Er spürte Sehnen reißen, Bänder sich dehnen und etwas so Scharfes, was einfach jeden Muskel, jede Faser in seinem Oberarm zu zerreißen schien. Dann wurde er durch die Luft geschleudert. Sein Körper landete mit einem Schlag auf dem Boden, der sämtliche Knochen erzittern ließ, irgendwo in ihm knackte es, während er sich einige Male überschlug, bevor er schließlich zum Erliegen kam. Das Adrenalin in seinen Adern schien ihn jedoch weder seinem Schicksal ins Auge blicken zu lassen, noch das Ausmaß seiner Verletzungen wahrnehmen. Er rappelte sich sofort wieder auf, sah nur noch, dass auf dem Hügel ein Schloss zu stehen schien und erklomm so schneller er konnte und auf allen Vieren den steilen Abhang. Weder blickte er sich nach dem Tier um, noch sah er nach seinen Verletzungen. Und das, obwohl das Blut seine rechte Hand glitschig machte und er Probleme hatte mit ihr etwas zu greifen. Er erkannte nur noch, dass da eine kleine Tür neben dem großen Schlosstor offenstand und lief darauf zu. Dass die Tiere des roten Ettin am Fuße des Hügels stehen geblieben waren, hatte er nicht mitbekommen. Mit lautstarkem Keuchen warf er sich von innen gegen die Türe und lehnte sich am Ende seiner Kräfte dagegen. Geschafft … er hatte es … wirklich … geschafft.

Mit einem lauten Seufzen und zitternden Beinen rutschte er an der Pforte hinab, starrte ungläubig und ohne etwas zu sehen einfach grade aus. Dann, Sekunden später, kam die Erleichterung, der Schock … seine Hände gruben sich in seine Haare und er begann unkontrolliert zu lachen. Er lebte! Er lebte wirklich noch! Er atmete, er fühlte, er … er hatte es geschafft! Sein Körper schüttelte sich, das Lachen wurde lauter, schien in dem leeren Gang vor ihm widerzuhallen und als Echo zu ihm zurückzukommen. Vollkommen egal … er lebte. Irgendwann ließ das Lachen nach und auch das Zittern seines Körpers. Der Schock verflog und mit seinem Verschwinden kamen die Schmerzen. Son Goku senkte den Blick und sah auf seinen blutüberströmten rechten Arm, der schlaff herunterhing. Aus vielen Wunden strömte unaufhörlich das Blut und er konnte nicht erkennen, ob das Vieh ihm nicht sogar ein Stück herausgebissen hatte. Er wusste nur … er musste etwas tun, denn sonst würde er verbluten. Mühsam versuchte er auf die Beine zu kommen, doch jene versagten ihm, immer noch zitternd, den Dienst und er sackte zurück auf die Erde, fuhr sich durch die Haare. Das wäre doch der Witz des Jahrhunderts, wenn er den Tieren des Ettins entkommen wäre, nur um jetzt, hier zu verbluten.
 

„Hallo?“, erklang plötzlich eine ältlich klingende, weibliche Stimme und hallte durch den Gang. „Ist da jemand?“

Son Goku konnte sein Glück kaum fassen und hob den Kopf an. „Ja.“, krächzte er und einige Augenblicke später erschien die gebeugte Gestalt einer uralten Frau, auf einen Stock gestützt, in dem Gang. Es schien dem Saiyajins so, als würde es Ewigkeiten dauern, bis sie bei ihm war und sich ächzend neben ihm niederließ. Mit bestürztem Gesicht sah sie auf das Blut.

„Mein Junge, das muss umgehend verbunden werden.“ Sie sah ihm besorgt ins Gesicht und irgendetwas an ihren Augen kam Goku komisch vor. Sie wirkten viel zu klar, viel zu hell und strahlten wie der Himmel an einem wolkenlosen Tag. Blinzelnd fing er seine Gedanken wieder ein. Was dachte er da nur? Er war kurz vorm Sterben und machte sich über Augen Gedanken.

„Kannst du aufstehen?“, fragte sie ihn und er nickte stumm. Zwar war er sich nicht sicher, aber er musste, wenn er leben wollte.

„Wird schon.“, keuchte er, während er sich mühsam am Riegel der Pforte hochzog und sich dann, und mit einem verdammt schlechten Gewissen, auf die alte Frau stützen musste um überhaupt voran zu kommen.

„Wir müssen ein Stück gehen.“, sagte sie ihm. „Und bitte, egal was Ihr seht oder hört … bitte, seid leise und sagt keinen Ton, sonst hört er es und kommt und dann seid Ihr des Todes.“ Sich Schritt für Schritt voran kämpfend sah er sie fragend an.

„Wer kommt denn?“

Die Alte sah ihn verwirrt an. „Der rote Ettin natürlich. Dies ist sein Schloss. Wusstet Ihr das etwa nicht?“

Gokus Gesicht hellte sich trotz der Schmerzen auf. „Das ist ja wunderbar!“

„Wunderbar?“

„Natürlich. Genau hier wollte ich her.“ Sie schleppten sich über einige Stufen und steinerne Gänge weiter.

„Niemand möchte diesen Ort erreichen und die, die es tun, sterben.“, sagte die Alte bitter.

„Und warum lebst du dann noch?“ Sie sah ihn an und wieder lag etwas in ihrem Blick, das ihn ins Grübeln brachte, doch auf seine Frage bekam er keine Antwort.
 

Der Gang öffnete sich und sie erreichten eine Halle, die diesem Namen mehr als gerecht wurde. Ein Berg hätte hier problemlos Platz gehabt und die Decke war so hoch, dass sie sich Gokus Blick entzog. Sie wurde von gigantischen Säulen getragen und überall auf dem Boden, zumindest in diesem Bereich und so weit Goku sehen konnte, standen, ganz ähnlich wie im kargen Tal, komisch deformiert wirkende, schmale, mannshohe Felsen herum. Der Saiyajin setzte dazu an etwas fragen zu wollen, doch die Alte schüttelte nur den Kopf und schleppte ihn weiter, brachte ihn zu einem normal anmutenden Feuer, setzte ihn auf einem Schemel ab und begann Kräuter und Pilze in einen Topf zu werfen. Mit einem Lappen begann sie Gokus Arm zu reinigen und dann zog sie zu seinem Entsetzen eine Nadel und Faden hervor. Trotz seiner Schwäche sprang er auf und drückte sich an eine Wand, fuchtelte mit seiner Hand herum und versuchte die Alte davon abzuhalten mit diesem Mordinstrument näher zu kommen.

„Wollt Ihr also sterben? Die tiefen Bisse müssen genäht werden.“

„Aber...aber...aber...geht das nicht anders? Kann...kann man die nicht einfach nur verbinden?“

„Das reicht nicht.“ Mit panischem Blick sah Goku auf die Nadel und die Alte schien zu merken, dass sie so nicht weiterkommen würde. Sie legte die Utensilien weg und griff nach einem Stück Holz, welches aus dem Feuer ragte. „Dann muss ich die Wunden eben ausbrennen.“

„Ausbrennen?!“, ächzte Goku und ihm brach der Schweiß am ganzen Körper aus, der wieder begonnen hatte zu zittern. Mit Angst im Blick starrte er das rot glühende Stück Holz an und begann sich zu fragen, ob die Nadel nicht doch besser gewesen wäre. Als die Alte diesmal auf ihn zukam, begannen seine Beine noch stärker zu zittern, konnten ihn nicht mehr tragen und er sackte zusammen. Die Alte reichte ihm ein Lederstück.

„Da drauf beißen … und keinen Laut!“ Schnell steckte sich Goku das Leder zwischen die Zähne und als die glühende Hitze sich in seinen Arm fraß, verlor er für wenige Momente das Bewusstsein. Als er wieder zu sich kam, war die alte Frau beim Feuer und tunkte einen Verband in den Topf, in welchen sie zuvor die Kräuter geworfen hatte, danach schleppte sie sich zu ihm und legte ihm noch einen Verband um seinen Arm.

„Fertig.“, sagte sie mit müder Stimme und entlockte Goku ein dankbares, wenn auch recht gezwungenes Lächeln.

„Dankeschön.“ Sie nickte und ließ sich dann mit einem Ächzen auf einem morsch wirkenden Stuhl nieder.

„Sobald Ihr stehen könnt, solltet Ihr diesen Ort verlassen. Hier ist es nicht sicher.“

Der Saiyajin blinzelte. „Aber was machst du denn dann hier?“

„Ich lebe hier.“

„Aber wenn es doch nicht sicher ist?“

„Für mich ist es das.“

„Das versteh ich nicht.“

„Das müsst Ihr auch nicht. Wichtig ist nur, dass euch der rote Ettin hier nicht finden darf. Mir tut er nichts.“

„Warum?“

Die Alte schwieg und Goku starrte vor sich hin, grübelte. Er konnte hier noch nicht weg. Erstens waren da noch diese Tiere und zweitens musste er doch die Prinzessin finden. Dass er den Ettin besiegen konnte, daran zweifelte er mittlerweile, aber vielleicht konnte er mit der Prinzessin ja auch einfach verschwinden, ohne dass der Ettin das mitbekam.

„Sag mal Großmütterchen, weißt du vielleicht ob hier irgendwo eine Prinzessin gefangen gehalten wird?“ Sie warf ihm nur einen schwer zu interpretierenden Blick zu und gab wieder keine Antwort.

„Ihr solltet gehen.“, beharrte sie stattdessen abermals.

„Aber das kann ich doch nicht!“, hielt Goku etwas verzweifelt dagegen. „ich kann hier nicht ohne die Prinzessin weg.“

„Warum?“

„Weil ich sie brauche um aus diesem Kapitel raus zu kommen und damit Vegeta hier nicht noch mehr Mist baut.“ Auf diese Aussage bekam er keine Reaktion und Goku wusste, er hatte wohl wieder etwas gesagt, womit die Märchenfiguren nichts anfangen konnten. Grübelnd starrte er ins Feuer und versuchte einige Male sich aufzurichten, doch sank er jedes Mal vor Schmerzen stöhnend wieder zurück. Das hatte so einfach noch keinen Sinn. Von den Schmerzen und dem Kampf um sein Leben erschöpft, merkte er gar nicht, wie ihm die Augen zu fielen und er einschlief.
 

Son Goku wurde wach, als er das Gefühl hatte nur noch schwer Luft zu bekommen. Das Öffnen seiner Augen erklärte ihm auch warum. Irgendetwas lag über seinem Kopf, was muffig roch und Staub drang ihm bei jedem Atemzug in die Nase. Unwillig zog er sich das Etwas vom Kopf, sah zu der alten Frau, die ihn verängstigt ansah, zu ihm humpelte und ihm sofort wieder das Tuch oder die Decke über den Kopf zog.

„Still!“, zischte sie energisch, als er etwas sagte und hielt ihm durch das Tuch den Mund zu. „Keinen Ton! Und nicht bewegen, sonst entdeckt er Euch!“ Und in diesem Moment spürte Goku, wie der Boden unter ihm erzitterte. Immer wieder. Es fühlte sich so an, als würde sich ihnen etwas sehr, sehr großes nähern und noch bevor die Angst nach ihm greifen konnte, hörte er auch schon eine tiefe, grollende Stimme.

„Feh, fei, foh, fum! Ich rieche einen Menschen hierherum; er sei lebendig, er sei tot, aus seinen Knochen mahl ich Brot.“ Goku erzitterte unter seiner Decke. Diese Stimme ließ die ganze Luft vibrieren. „Fum, fei, foh, fiem! Wo ist der Mensch? Ich finde ihn!“

„Hier ist kein Mensch.“, hörte Goku das Großmütterchen sagen. „Du musst dich irren.“

„Fiem, feh, foh, fie! Ich irre nicht, ich irre nie. Die Tiere haben es mir gesagt und nun habe ich dich gefragt.“

„Hier...hier ist wirklich Niemand Ettin. Bitte, ich sage die Wahrheit. Deine Tiere irren sich.“

„Fie, fei, feh, feen! Blut ist hier überall zu sehen. Mich belügen kannst du nicht, das nächste Leben, das erlischt.“ Es wurde still und der Saiyajin unter der Decke hielt den Atem an. Dann, ohne Vorbereitung wehte ein übel stinkender Wind über ihn hinweg, ließ die Decke nach oben fliegen und gab ihm dem Blick des roten Ettin Preis. Goku schluckte. Der war so riesig wie es sich angehört hatte und genau wie seine Tiere hatte er zwei Köpfe, aber immer nur ein Auge und aus seinen Köpfen ragten dieselben gedrechselten Hörner, wie auch schon bei den Tieren. Anstatt Füße hatte er Hufe und seine Hände hatten nur vier Finger. Der Saiyajin schluckte. Das sah nicht gut aus.

„Fenn, foh, fei, fah! Da ist das blutende Menschlein ja. Wie die andern solls dir ergehn, drei Rätsel, drei Antworten, dann darfst du gehen.“

„Äh...was?“

„Fah, fei, fum, fein! Bei Dreien ist die Prinzessin dein, der Stein er wird mich wieder holen, nie mehr wird eine Prinzessin gestohlen. Fein, feh, foh, feen! Bei Zweien darfst du alleine gehen und meine Tiere werden ruhn und dir auf deinem Weg nichts tun. Feen, fah, fei, fuh! Bei Einer lass ich dich in ruh, meine Tiere jedoch nicht, vielleicht schaffst dus, vielleicht nicht. Fuh, foh, feh, fein! Und sollte keine richtig sein, dann wirst du wie die andren auch, zu Stein und landest in meinem Bauch.“
 

Das klang doch gar nicht mal so schlecht. Ne fünfzig/fünfzig Chance, hier heil raus zu kommen, zurück zu Vegeta zu gehen und es mit ihm zusammen nochmal zu versuchen. Seine Chancen standen bei weitem schon mal schlechter … aber nicht bei Rätseln. Er schluckte.

„Gibts denn noch ne andere Möglichkeit? Ich meine, du könntest mich auch einfach so gehen lassen, oder? Immerhin hab ich dir nichts getan.“

„Fein, fie, fum, fezt! Ich kann dich fressen hier und jetzt.“

„Äh…dann lieber die Rätsel.“
 

„Fezt, fum, foh, ferz! Die Sterne verbergen mein steinern Herz, deinen lautesten Schrei werf ich zurück, bei Wind und Regen, bin ich dein Glück. Ferz, fei, fum, fich! Was bin ich?“
 

Goku klappte die Kinnlade herunter. Das sollte doch wohl ein Witz sein!? Das … das war kein Rätsel, das war eine Katastrophe! Er hatte nun so etwa erwartet wie: 'Was geht am Morgen auf vier Beinen, am Mittag auf Zweien und am Abend auf Dreien.' Das hätte er ja gewusst. Solche Rätsel hatte Son Gohan mal machen müssen. Nervös schluckend schüttelte er nur den Kopf.
 

„Fich, feen fum, fich! Immerzu beweg ich mich, doch gehe ich nirgendwohin, und vieles lebt von und in mir drin, mal bin ich zahm, mal bin ich wild, mal bin ich glatt, mal ein Hügelbild, doch beherrscht werd ich und ich tus kund, von einem silber-glatten Rund. Fich, fei, foh, fich! Was denkst du nun, was bin ich?“
 

Son Goku begann zu schwitzen und die Verzweiflung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Hilfesuchend sah er zu der alten Frau, doch die hatte den Blick nur gesenkt und sah nicht mal zu ihm. Er konnte nur wieder den Kopf schütteln.
 

„Fich, fum, foh, find! Dies die letzten Wörter sind. Als jung noch war die alte Erd', erhob der Gott sein goldnes Schwert, bewaffnet zog manch starker Held, schon gegen dieses Schwert zu Feld, doch ist es keinem je gelungen, dass er den Sieg hätte errungen und Jahr um Jahr kehrt es zurück und sucht erneut das Schlachtenglück, bis denn ein einfach Bauer kam und mutig diesen Kampf aufnahm, und was den Helden nicht geglückt, das schlägt der Bauer stehts zurück, Jahr um Jahr und immer wieder, bleibt er allein der strahlend Sieger. Find, feh, fum, fich! Jetzt sage mir ein letztes Mal: Was bin ich?“
 

Das wars, schoss es Goku durch den Kopf. Er hatte keine Ahnung und keine Chance! Er hätte sich jedem Gegner gestellt, jeden Faustkampf gesucht, alle Schmerzen ignorierend, bis zum letzten Atemzug gekämpft … aber er hatte verflucht nochmal keine Ahnung, was er auf diese Rätsel antworten konnte! Und … er hätte auch gegen den Ettin im Kampf keine Chance gehabt, gestand er sich nun ein. Nicht so wie er war, nicht mit den Kräften eines normalen Menschen, nicht in dieser Geschichte! Panik machte sich in seinem Körper breit, als der rote Ettin sich mit seinen zwei Köpfen und seinen zwei lächelnden Mäulern über ihn beugte. Der faulige Atem hüllte ihn ein und alles Licht wurde von dieser gigantischen Kreatur verschluckt.
 

„Fich, fei, foh, fum! Ich rieche einen Menschen hierherum; er sei lebendig, er sei tot, aus seinen Knochen mahl ich Brot.“ Und in dem Moment, da die letzten Silben die Münder des roten Ettins verlassen hatten, spürte Goku, wie er seinen Körper nicht mehr bewegen konnte. Er sah an sich herab und zu seinem Entsetzen begann eine graue Schicht seinen Leib zu überziehen. Den Kopf in den Nacken legend, starrte er mit Panik in den Augen den Ettin an. Sein Gesicht zu einem lautlosen Schrei verzogen, verwandelte sich alles an ihm zu Stein.
 

„Fum, foh, feh, fuch! Dies sei die Strafe, dies dein Fluch.“

Der rote Ettin - In die Welt hinaus um Kakarott zu finden

Ein gellender Schrei hallte über die Felder, Wiesen, das kleine Kate und kurz darauf stürzte Moira Hals über Kopf aus dem Steinhaus. „Alastair! ALASTAIR! Was ist passiert?!“

„Scheiße verflucht! Ich hasse das! Ich HASSE diese VIECHER! DIE SIND ÜBERALL!“ Vegeta pfefferte die Schaufel weg, stampfte aus dem Gemüsebeet und sprang schnellstens über die kleine Steinmauer. Er schüttelte sich angewidert und wuschelte sich durch die Haare, klopfte sich die Arme ab, bevor er sich wieder in seine erhabene Haltung aufrichtete.

Moira schüttelte belustigt ihren Kopf. „Schon wieder einen Wurm entdeckt?“

„EINEN?! Das war ne verdammte Invasion von den Viechern, klar?!“ Eingeschnappt verschränkte er seine Arme und sah mit finsterer Miene zur Seite.

„Ach Alastair, das sind Regenwürmer und es ist gut, dass sie da sind. Sie lockern die Erde auf und dadurch kann unser Gemüse besser wachsen.“

„Mir doch egal! Die haben da nichts zu suchen, wenn ICH da bin!“

Moira, immer noch lächelnd, trat an Vegeta heran und strich ihm sanft über die Wange. „Schon gut…ich mach hier weiter, wenn du so gut wärst und uns noch einen Korb Torf besorgst? Ach und…Alastair?“

„Was?“, wollte der Prinz wissen, immer noch in eine andere Richtung blickend und seine Arme enger um seinen Körper ziehend.

„Danke.“

Überrascht wandte er seinen Kopf wieder der älteren Frau zu. „Wofür denn?“

„Das du bist wie du bist.“ Mit diesen Worten ließ sie ihren jüngeren Sohn stehen und machte sich auf, die Arbeit im Gemüsebeet zu beenden. Vegeta sah ihr lange dabei zu.
 

Nachdem Kakarott gegangen war, hatte Moira erst nach Tagen ENDLICH aufgehört zu flennen, als sie schon halb verhungert und erfroren waren. Denn weder sie, noch Vegeta hatten einen Finger gerührt. Sie, weil sie sich der Trauer um ihren ältesten Sohn hingegeben hatte und er … weil er erstens keinen, absolut keinen Sinn dahinter erkennen konnte, warum ER hier Bauernarbeit leisten sollte, während sich Kakarott ins Abenteuer stürzte und zweitens, weil … das Zweite wusste er nicht mehr.

Als Moira sich schlussendlich am fünften Tag aufgerappelt hatte, Feuer im Ofen gemacht und ihnen ein mageres Abendessen bereitet hatte, waren sie schweigend bei Tisch gesessen, hatten es stumm verschlungen und danach lange ohne ein Wort nebeneinander ins Feuer gestarrt.

‚Alastair‘, hatte sie dann gesagt, ‚wir müssen uns zusammenraufen. Dein Bruder wird nicht wiederkommen. Wir sind auf uns gestellt. Nur du und ich. Ich weiß wie sehr dich die Arbeit hier fordert und dass du sie eigentlich nicht machen willst, aber du wirst an ihr wachsen. Wachsen wie die Salatköpfe im Beet, der Weizen auf den Feldern. Und Jahr um Jahr, wenn wir hart darum gekämpft haben den Weizen nicht zu verlieren, die Tiere über den Winter gebracht haben, das Mehl aus dem Weizen gewonnen und verkauft haben, wirst auch du es zu schätzen lernen. Du wirst sehen, dass du es genauso gut machen wirst wie Hamish. Nein, du wirst es sogar besser machen, denn du bist anders als er. Du bist klug. Du bist ein so unfassbar aufgeweckter Junge. Auch wenn du kleiner bist als Hamish in deinem Alter, so hast du Qualitäten, die er nicht besitzt. Deswegen…sei nicht traurig, dass er nicht mehr da ist. Es wird ihm gut gehen. Er wird sein Glück machen und dein Glück wirst du hier finden.‘

Nachdem Moira geendet hatte, war Vegeta einfach wortlos aufgestanden und gegangen. Mit seiner und Kakarotts Decke umschlungen, hatte er sich auf sein Schlaflager gelegt und das leise Schluchzen seiner ‚Mutter‘ in der Stube hatte ihn in den Schlaf gewogen. Ihr Heulen war ihm egal gewesen. Ihre Worte waren ihm egal gewesen. Alles war ihm sowas von … am Arsch vorbei gegangen. Dann hielt sie eben viel von ihm, dann … glaubte Kakarott eben an ihn. Das war ihm so … egal. Alles hier war ihm so was von egal. Er wollte hier weg … einfach nur weg. Aber ihm war auch klar, das würde nicht so einfach gehen, das würde nicht passieren, schon gar nicht, weil er das so wollte. Er musste etwas dafür tun und was, war ihm nur zu bewusst. Wie waren Kakarotts Worte noch einmal gewesen, als er gegangen war? Er glaubte an ihn? Wann hatte er das zum letzten Mal gehört? Es musste eine Ewigkeit her sein. Und mit diesem Gedanken schlief er ein, begleitet vom Schluchzen seiner Mutter, welche immer noch um den Verlust ihres Sohnes trauerte.
 

Am nächsten Morgen war er mit dem ersten Sonnenstrahl aufgestanden, nach draußen getreten, hatte sich seinen steifen Nacken massiert, sich gestreckt, die Ärmel hochgekrempelt und sich die Heugabel geschnappt. Hatte Heu in den Pferch gehoben, Körner an die Hühner ausgestreut, die Ziegen und Schafe auf die angrenzenden Felder geführt, hatte sich die Schaufel und den Kübel geschnappt und angestrengt versucht nicht darüber nachzudenken, dass er nun gleich Fäzes schaufeln würde. Als Moira einige Stunden später aus dem Kate trat, war Vegeta gerade mit einem Korb Torf auf dem Weg den Hügel hinab. Sie hatte ihn mit großen Augen angestarrt, er hatte ihr den Korb in die Arme gedrückt, kehrt gemacht und wollte schon ohne ein Wort wieder gehen, doch er war stehen geblieben, hatte sich umgedreht und leise gemurmelt ‚Der Weizen sieht nicht gut aus. Ich…hab keine Ahnung, was…zu tun ist.‘ Lächelnd war Moira an seine Seite getreten, hatte ihm ihre Hand auf die Schulter gelegt und geantwortet: ‚Ich werde dir alles beibringen, mein Junge.‘

Vegeta wusste noch genau, wie schrecklich er sich bei diesen Worten gefühlt hatte. Warum auch immer, aber sein Herz hatte ihn geschmerzt. Als ob es sich nach irgendetwas verzerrte, dass man ihm genommen hatte. Doch er wollte einfach nicht darüber nachdenken und war seiner ‚Mutter‘ zu den Weizenfeldern gefolgt. Spät an jenem Abend war er halb tot umgefallen und einfach vor dem warmen Kamin eingeschlafen, zusammengerollt in der Decke seines ‚großen Bruders‘ Kakarott. Alles hatte ihm wehgetan und es hatte sich so verdammt … gut angefühlt. Aber er würde sich hüten, dies jemals irgendjemanden zu erzählen. Schon gar nicht Kakarott, wenn er ihn wieder sah …
 

Es war jetzt Monate her, seit der Jüngere gegangen war. Monate! Das ohnehin ständig schlechte Wetter war noch schlimmer geworden. Die Luft schien sich gar nicht mehr zu erwärmen, die Blätter färbten sich bereits gelb und orange. Orange … wie Kakarotts Kampfanzug. Verdammt, in letzter Zeit wurde dieses ungute Gefühl in ihm immer schlimmer. Das Gefühl, dass etwas schiefgelaufen war. Dass der andere Saiyajin tatsächlich nicht wiederkommen würde. Dass sie irgendwie feststeckten. Dass er … Kakarott nicht hätte gehen lassen dürfen … allein. Es hatte lange gedauert, bis der Prinz seinen Stolz beiseite geschoben hatte, um vernünftig über Cernunnos Worte nachzudenken. Immer wieder war er sie in seinem Kopf durchgegangen. Demnach sollte er doch lernen, dass Größe keine Rolle spielte. Zuerst hatte Vegeta gedacht, dass der Sinn dieser Geschichte womöglich genau das war, was er hier tat. Dass er trotz der Tatsache, dass er hier ein sehr junger Mann war und auch nicht gerade der Stärkste, fähig war, alleine diesen elenden Hof zu etwas Großem zu führen. Wie genau er das allerdings anstellen sollte, war ihm nicht ganz klar, aber immerhin schien ihm das, wenn auch weit hergeholt, irgendwie Sinn zu ergeben.

Kakarott sollte dagegen lernen, dass Stärke nicht alles sei, weswegen er wohl in die Welt ziehen musste, um genau das zu lernen, wie auch immer diese Lektion aussehen mochte. Nun waren allerdings Monate vergangen und … nichts war passiert. Sie waren immer noch in diesem Märchen. Das Märchen des roten Ettin. Bis jetzt war ihm nichts untergekommen, was auf den Namen dieser Geschichte hindeuten würde. Er hatte gehofft, dass es sich vielleicht um irgendeine Pflanze handeln könnte, die er entdeckte und die, was auch immer, Heilkräfte oder sonst etwas besaß, dass den Hof zu wahrer Größe führen würde. Aber jede Pflanze, die Vegeta entdeckt hatte, hatte bereits irgendeinen Namen, welchen er von Moira erfuhr. Und jetzt, nachdem sie bereits über drei Tage in Aschenputtel festgesessen hatten, waren sie nun schon MONATE hier gefangen. Wenn das so weiterging, würden sie erst aus Angeama verschwinden können, wenn sie alt und grau waren.
 

Was ihm auch zunehmend auf die Nerven ging, waren die Besuche dieses Kerls, der seine ‚Mutter‘ flachlegte. Jedes Mal, wenn er kam, schickte Moira ihn aus dem Haus um Torf zu stechen oder eine andere Arbeit zu tun, die ihn lange vom Kate fernhalten würde. Als wäre er ein kleiner Junge, der nicht wusste was hier passierte. Eigentlich ging es ihn nichts an und Moira bedeutet ihm rein gar nichts, sollte ihm nichts bedeuten, doch es störte ihn trotzdem. Dann, an einem sehr regnerischen und kalten Abend, an dem sich Vegeta die Füße vor der Hütte abfror und den Geräuschen darin lauschte, hörte er etwas, was ihm nicht gefiel und riss die Tür auf. Der Kerl stand drohend über der am Boden kauernden Frau und hatte die Hand erhoben, während sie sich schützend zusammen kauerte. Ohne weiter nachzudenken war er bei ihr, zog sie weg von ihm und richtete sich drohend zwischen ihr und ihm auf. Geistig stellte er sich schon auf eine Tracht Prügel ein, weil er nicht damit rechnete gegen diesen Kerl eine Chance zu haben, doch etwas schien ihn davon abzuhalten, auf ihn loszugehen. Mit einem verächtlichen Blick, spuckte der Mann aus und verschwand.

Es dauerte lange, doch nachdem Moira eine warme Brühe zu sich genommen hatte, erzählte sie Vegeta, dass sie ein weiteres Kind erwartete. Der Saiyajin hatte irritiert geblinzelt als seine ‚Mutter‘ daraufhin in Tränen ausgebrochen war, weil sie auch dieses Kind früher oder später würde verlassen müssen, weil es ihm, dem Mann, vielleicht zu ähnlich wurde, genauso wie Kakarott. Und wenn es ein Mädchen würde, dann würde er es ihr vielleicht sogar wegnehmen, weil sich dieses dann gewinnbringend verheiraten ließ. Sie schluchzte die halbe Nacht und Vegeta wusste einfach nicht mehr was er tun sollte.
 

Ein kalter Wind blies ihm ins Gesicht und riss ihn aus den Erinnerungen an das Zurückliegende. Er fuhr in die Krone der alten Eiche und sorgte dafür, dass eines der vom Herbst verfärbten, orangenen Blätter vor seinem Gesicht langsam zu Boden sank. Während seine Augen dem Blatt wie gebannt folgten, wanderte seine Hand unbewusst zu dem wunderschönen Dolch, welchen er immer an seinem Gürtel trug und umklammerte den verzierten Griff. Sein Finger fuhr die Schnitzereien darauf entlang. Etwas stimmte hier nicht. Sein Herz hämmerte plötzlich immer schneller in seiner Brust und etwas in ihm zog sich schmerzlich zusammen, als ... als wäre etwas Schlimmes passiert, etwas mit … Kakarott.

Der Wind wurde stärker, das Rauschen der Zweige lauter, immer lauter ... schwoll an, bis er die Hand heben musste um sein Gesicht vor dem Wind zu schützen. War das wirklich noch das Rauschen des Windes oder hörte es sich nicht vielmehr an wie … Getrommel? Nein Getrampel, das Trampeln von Hufen. Irritiert senkte er den Blick, als etwas Warmes in seiner Hand zu pulsieren begann, Cernunnos Heft. Die Brauen zusammenziehend, zog er den Dolch hervor, sah die blitzende Schneide an, hob sie vor seine Augen, starrte darauf und begegnete darin dem Blick von Kakarott.

Vor Schreck ließ er den Dolch fallen, wollte jedoch reflexartig danach greifen und zog im letzten Moment seine Finger wieder zurück. Doch nicht schnell genug. Die scharfe Schneide des Dolches ritzte seine Haut. Verärgert über seine eigene Dummheit packte er den Griff, befleckte ihn mit seinem Blut, spürte wieder das warme Pulsieren unter seinen Fingern und blinzelte irritiert, als seine ganze Hand mit dem roten Lebenssaft überzogen war, ja sein ganzer Arm! Ein höllischer Schmerz explodierte in seiner Schulter und ließ ihn in die Knie gehen. Keuchend griff er sich an sein wild schlagendes Herz, starrte auf den Dolch, seine Hand, die vollkommen normal aussah und fragte sich, was er da gerade gesehen hatte.

Abermals fuhr eiskalter Wind durch die Baumwipfel, durch seine Haare, ließ Laub auf ihn herabregnen und trieb Nebel in das Tal und auf den Hof zu. In den zurückliegenden Monaten hatte er schon oft erlebt, wie schnell sich das Wetter ändern und auch der Nebel ausbreiten konnte, doch mit dieser Geschwindigkeit hatte er das noch nie erlebt. Zitternd erhob er sich, wollte sich zu Moira umdrehen, doch sie war nicht da. Er war vollkommen alleine auf dem Hof, selbst die Tiere waren verschwunden und die Nebelwand kam auf ihn zu, wie eine graue, hohe, brandende Welle, verschluckte ihn, hüllte ihn ein. Er hob die Arme gegen die Kälte, die sie mitbrachte. Atemwölkchen sammelten sich vor seinen Mund und dann war es ihm als würde der heulende Wind kichernde Frauenstimmen an sein Ohr tragen. Wurde er irre?!

Die Augen zu feinen Schlitzen öffnend sah er sich um. Nichts. Die Stimmen kamen aus der anderen Richtung … wieder nichts. Plötzlich streiften Finger seine Wange, seinen Arm, wischten über das Blut daran, welches plötzlich wieder da war, verteilten es und dann … war es mit einem mal wieder fort. Er glaubte sogar seinen Namen zu hören, Vegeta. Doch das war nicht möglich. Wie sollte etwas in dieser Geschichte wissen wie er wirklich hieß?

Ein schmerzerfüllter Schrei wurde von Wind und Nebel an sein Ohr getragen, der abrupt abbrach. Dennoch hatte Vegeta die Stimme erkannt. Die Augen kaum noch offenhaltend, brüllte er gegen das Trommeln des Windes an. „KAKAROTT?!“ Doch die Antwort war das Kichern der Frauenstimmen und dann wurde ihm schwarz vor Augen.
 

„Alastair! Alastair mein Schatz! Wach doch bitte auf! Alastair!“ Etwas klatschte auf seine Wange und Vegeta öffnete blinzelnd seine Augen, setzte sich ruckartig auf und wunderte sich, dass er auf dem Boden lag. Irritiert sah er sich um und starrte Moira an, die mit besorgtem Blick neben ihm im Dreck kniete. „Alles in Ordnung mein Schatz?“

„W...was ist passiert? Warum lieg ich hier auf dem Boden? Wo ist der Nebel?“

„Welcher…Nebel?“

„Na…der Nebel verdammt! Da kam erst Wind auf und der hat eine gigantische Nebelwand ins Tal geschoben…und in dieser Nebelwand war etwas.“ Moira sah ihren Sohn zweifelnd an, erhob sich und wollte ihm beim Aufstehen helfen, doch Vegeta lehnte ihre Hand ab und erhob sich selbst, einmal mehr den Dreck von der Kleidung klopfend. Immer noch irritiert wanderte sein Blick in die Baumkrone, dann über das Tal. Hatte er sich das nur eingebildet? „Aber sie waren doch da.“, murmelte er. „Ich hab sie genau gehört.“

„Wen hast du gehört?“, fragte Moira und legte ihrem Sohn eine Hand auf die Schulter.

„Die Stimmen. In dem Nebel waren Stimmen, sie haben nach mir gerufen…und ich habe Kakarotts…Hamishs Stimme gehört.“ Seine Mutter schlug die Hände vor dem Mund zusammen und wurde kreidebleich. Sie machte einen Schritt zurück, strauchelte, Vegeta griff nach ihr, verhinderte, dass sie fiel und bemerkte wie hektisch sie atmete. „Moira?“

Mit geweiteten Augen und ohne ihn wirklich anzusehen hob sie den Blick. „Die Bean Sídhe.“, keuchte sie, ehe sie ihn fixierte und nach seinen Armen griff. „Haben sie irgendetwas gesagt?“

Irritiert über Moiras Aufregung schüttelte er den Kopf. „Ich hab mir eingebildet meinen Namen zu hören und dann einen Schrei…von Hamish.“ Tränen schossen Moira in die Augen und sie schlug abermals die Hände vor das Gesicht, brach nun wirklich zusammen und Vegeta sah keine andere Lösung, als sie hoch zu heben und in das Kate zu tragen, wo er sie auf ihr Lager legte. Irritiert bei ihr sitzen bleibend, bis sie sich beruhigt hatte, stellte er dann die Frage, die ihm auf der Zunge brannte.

„Was sind die Bean Sídhe? Du hast sie schon mal in einer deiner Geschichten erwähnt.“ Die großen, trüben Augen seiner Mutter richteten sich auf ihn und traurig lächelte sie ihn an.

„Die Bean Sídhe sind Geisterfrauen aus der Anderswelt, Alastair. Sie kommen des Nachts oder in den Nebeln. Die Geschichten erzählen, dass sie oft mit dem Frühnebel, welcher durch die Täler zieht, in die Feldlager der Soldaten kamen und wer sie sah, wem sie die blutverschmierte Rüstung säuberten, der wusste, er überlebt den nächsten Tag nicht.“ Vegetas Herz setzte aus und er starrte Moira geschockt an.

„Soll das heißen…ich sterbe morgen?“

Moira schüttelte langsam den Kopf. „Du bist kein Soldat.“

„Aber du hast doch grade gesagt...“

„Lass mich ausreden.“, unterbrach sie ihn. „Die Geschichten sagen auch, wenn sie sich einem Menschen zeigen, der kein Soldat ist, dann überbringen sie die Kunde des Todes eines geliebten Menschen.“ Der Saiyajin wäre jeden Schwur eingegangen, dass es ihm nicht noch kälter hätte werden können als bei Moiras erster Aussage, doch in diesem Moment wurde es das.

„Kakarott...“, flüsterte er und starrte die Frau, welche seine Mutter war, fassungslos an. Konnte das sein? War das möglich? Müde richtete sich Moira auf und nahm ihn in den Arm. Er konnte ihr Schluchzen an seiner Schulter spüren und automatisch, legte er seine Hände auf ihren Rücken und drückte sie an sich. Aber er weigerte sich diesen Schock weiter zuzulassen. Er weigerte sich zu glauben, dass … dass diese Einbildung, diese Nebelfetzen ihm sagen wollten, dass Kakarott gestorben war. Kakarott starb nicht einfach so … das … war einfach … unmöglich!
 

Nachdem sich Moira an seiner Schulter ihre Verzweiflung hingegeben hatte und sie schließlich eingeschlafen war, saß Vegeta noch lange am Torffeuer und drehte den Dolch mit Cernunnos Abbild in seiner Hand. Cernunnos, der Herr der Anderswelt. Und diese Bean Sídhe kamen auch aus der Anderswelt, die wohl so etwas wie eine Sagen- und Märchenwelt war. Er schnaubte. Eine Märchenwelt in einem Märchen, wo gab es denn so einen Schwachsinn bitte?! Er glaubte keine Sekunde an diesen Mist! Auch wenn es ihn im ersten Moment getroffen hatte, was er mal wieder auf seine Figur schob, so war er sich nun sicher, dass diese Nebelfetzen ihm etwas völlig anderes sagen wollten. Sie hatten seinen Namen gerufen, seinen richtigen Namen.

In den Spiegelungen des Feuers auf der Dolchschneide versinkend, wurde Vegeta nun eines klar. Das Ziel dieses Märchens bestand nicht darin diesen Hof zu Größe zu führen … es bestand darin Kakarotts Arsch zu retten und ihm damit zu zeigen, dass wahre Größe nichts mit Stärke zu tun hatte. Sehr schön. Auch wenn er dieses Märchen wirklich zum Kotzen fand, wenn es am Ende wieder er war, der Kakarott rettete, dann hatte es vielleicht doch noch etwas zu bieten, was ihn reizte. Immerhin wäre das dann schon das zweite Mal, dass der Jüngere ihm was schuldete. Cernunnos Abbild auf dem Dolch ins Auge fassend traf er seine Entscheidung. „Na gut du Hirschkuh … Größe und Stärke sind nicht alles?“ Herablassend schnaubend schob der Prinz der Saiyajins den Dolch mit einer entschlossenen Geste zurück in die Scheide. Als ob ihm Freezer und Kakarott diese Lektion nicht schon vor Jahren beigebracht hätten ...

Sich seiner vollkommen sicher und endlich wieder ein Gefühl von Sinnhaftigkeit spürend, begann er seine wenige Kleidung in einen zerlumpten Jutesack zu stopfen. Da der Winter vor der Tür stand, presste er noch einige Felle obendrauf, bevor er ihn verschnürte und neben die Eingangstür stellte. Am nächsten Morgen würde er aufbrechen, Moira, der Hof und sein ‚Schicksal‘ hier, hin oder her.
 

Doch so einfach sollte es nicht werden. Seine ‚Mutter‘ rüttelte ihn später aus seinem ohnehin ruhelosen Schlaf. Müde richtete er sich auf seinem Lager auf.

„Was ist denn?“, murrte er der älteren Frau schlaftrunken entgegen.

„Was hat der Jutesack neben der Tür zu bedeuten? Willst du etwa…?“

Sofort war Vegeta hellwach. Moira fokussierend antwortete er mit ernster Stimme: „Ja, ich werde fortgehen, denn du irrst dich. Hamish ist nicht tot.“

Ein trauriges Lächeln formte sich auf den Lippen der älteren Frau. „Ach Alastair…ich weiß, dass du das nicht glauben willst, aber die Bean Sídhe“ „Nein.“, wurde sie von ihrem ‚Sohn‘ unterbrochen. „Nein.“, wiederholte Vegeta bestimmt, starrte Moira durchdringend an und fuhr fort: „Er ist nicht tot und er…braucht mich.“ Das er das so aussprach konnte Vegeta selbst kaum glauben.

Die Entschlossenheit in seinen Augen ließen Moira ein Stück zurückweichen und Hoffnung keimte in ihrem Herzen auf. Hoffnung, die sie ihre Hand auf ihren Unterleib legen und sanft darüberstreichen ließ. Hoffnung, dass sie eines Tages mit all ihren Kindern, hier am Tisch sitzen würde. Hoffnung, dass ihr Jüngster recht hatte. Aber auch Angst, nun mehr als nur ein Kind zu verlieren.

„Aber…der Winter…“

„Ich hab Felle eingepackt.“

„Aber…die wilden Tiere…“

„Ich hab Hamishs Dolch bei mir.“

„Aber…“

„Moira. Ich werde gehen, heute.“

Sie seufzte ergeben und gab sich dieser aufkeimenden Hoffnung hin, unterdrückte die Angst. Alastair hatte sich in den letzten Monaten sehr verändert. „Also schön, Alastair. Aber…“

„Moira!“, protestierte Vegeta wieder, doch seine ‚Mutter‘ hob die Hand.

„Lass mich ausreden. Wenn ich dich gehen lasse, dann…werde ich auch dir einen Laib Brot backen. Du musst mir nur den Krug mit Wasser füllen.“

Mit Skepsis im Blick hob Vegeta eine Augenbraue an, doch der Gedanke an dieses herrlich duftende Brot, das Kakarott damals mitbekommen hatte, ließ ihn letztlich zustimmen. Immerhin hätte er dann endlich auch einmal etwas Vernünftiges zu essen und … Proviant für die erste Zeit bei sich. Warum also nicht?
 

Nachdem Vegeta aufgestanden und sich in seine lumpigen Kleider geschält hatte, stand Moira schon mit dem Tonkrug, den auch Son Goku benutzt hatte, bei der Tür und wartete auf den Prinzen.

„Haben wir nichts anderes, um Wasser zu holen? Ich kann auch nen Eimer benutzen.“

„Nein Alastair. Es muss genau dieser Krug sein.“

„Warum?“

„Weil es so ist. Weil…dein Bruder ihn benutzt hat…weil auch du dieselben Chancen haben sollst wie er und…weil es euch verbinden wird.“

Die Augen verdrehend über diesen abergläubischen Mist schnappte er sich den zersprungenen Krug und stampfte in die Morgenkälte hinaus. Das war mal wieder so typisch. Da hatte er Kakarott eins auswischen wollen, indem er dem Krug einen Sprung verpasst hatte und NATÜRLICH fiel das jetzt wieder auf ihn zurück! Wie hätte es auch anders sein können? Als würde der Jüngere einen Glücksstern haben, der einfach alles Negative von ihm fern hielt. Das war doch schon einfach nicht mehr normal! Und wie zur Hölle sollte dadurch eine Verbindung zwischen Kakarott und ihm entstehen? So ein Schwachsinn!

Den Krug anhebend, betrachtetet er sich den Schaden. Der Riss am unteren Rand war deutlich sichtbar und mittlerweile schien er sich auch nach oben hin ausgebreitet zu haben. Wenn er Pech hatte und das schien er ja schon die ganze Zeit hier zu haben, sonst wäre er statt Kakarott losgezogen und sie wären mit Sicherheit schon aus diesem Märchen draußen, dann würde der Krug komplett zerspringen, noch bevor er mit dem Wasser wieder bei Moira angekommen war. Irgendetwas musste es doch geben, mit dem er die Risse des Tonkruges für den Weg vom Bach zurück, flicken konnte, als ihm plötzlich neben dem Haus der hellbraune Fleck ins Auge sprang, mit dem er schon in den vergangenen Monaten Bekanntschaft gemacht hatte. Als er einmal vom Torf holen zurückgekommen war, war er an dieser Stelle ausgerutscht und in dem hellen Matsch gelandet. Fluchend war er aufgestanden, hatte noch versucht sich irgendwie zu säubern, aber diese klebrige, helle Erde war einfach nicht abgegangen und schon kurze Zeit später hatte sie sich an seinen Händen und seiner Kleidung verhärtet. Das war Lehm, hatte ihm Moira dann erklärt, mit dem man sogar ganze Häuser bauen konnte.

Grinsend steuerte Vegeta nun darauf zu, fuhr mit zwei Fingern in die hellbraune Substanz und strich sie auf die zersprungenen Stellen. Wenn alles gut ging, würden sie trocknen bis er beim Bach angekommen war und auf dem Rückweg würde kein Wasser auslaufen. Und er sollte recht behalten ...
 

Mit vor Stolz glänzenden Augen brachte er seine ‚Mutter‘ den bis zum Rand mit Wasser gefüllten Tonkrug und auch sie bedachte ihn mit einem anerkennenden Nicken, bevor sie sich an die Arbeit machte, ihrem Sohn den größten Laib Brot zu backen, den er je gesehen hatte.

Nachdem die Sonne ihren Zenit schon überschritten hatte, präsentierte Moira ihm das Brot und Vegeta lief das Wasser im Mund zusammen. Am liebsten hätte er sich sofort darauf gestürzt, doch er hielt sich zurück. Etwas in ihm mahnte ihn, dass er es noch brauchen würde. Nach dem Brot greifend, um es unter den Fellen zu verstauen, hielt er plötzlich inne. Ganz unangemessen schossen ihm plötzlich die Erinnerungen an die vergangenen Monate in den Kopf. An die Abende, an denen Moira und er sich hungrig niedergelegt hatten, in denen er nichts hatte fangen können, oder auch im Garten noch nichts reif war. Und nun stand der Winter vor der Tür und Moira erwartete ein Kind … aber war das sein Problem? Mit Nichten! Außerdem war sie nicht seine Mutter und er schuldete ihr nichts.

Doch das machte es nicht wirklich leichter … irgendetwas in ihm WOLLTE ihr plötzlich helfen … genauso wie er in der vergangenen Zeit eingesehen hatte, dass er etwas tun MUSSTE, weil einfach alles besser war, als jeden Gott verdammten Tag den Wolken zuzusehen, wie sie über den Himmel zogen. Kakarott hätte ihr mit Sicherheit etwas abgegeben, wenn sein Brot nicht so klein ausgefallen wäre … wegen ihm. War er ihr das nicht irgendwie schuldig? Nach den Abenden und Mahlzeiten, in denen sie ihm mehr in die Schüssel getan hatte als sich selbst?

Wütend schüttelte Vegeta den Kopf, um diesen Gedanken zu vertreiben. Das war ihm doch egal! Es war ihm egal! Es war ihm egal! Es war ihm …

„Möchtest du die Hälfte?“, hörte er sich zu seinem eigenen Unglauben selbst fragen und sah wie die Augen Moiras groß wurden, wie der Blick dankbar wurde, wie … er hörte ihren Magen brummen und sofort senkte sie beschämt den Blick, legte ihre Hände auf den Bauch und schüttelte den Kopf.

„Nein, es ist für dich. Damit du etwas zu essen hast.“

Vegeta massierte sich genervt die Stirn. Das wurde ja immer schlimmer, dieser … Anflug eines schlechten Gewissens. Wenn er jetzt einfach das Brot nähmen und gehen würde … er glaubte für einen Moment, sich dann selbst nicht mehr ertragen zu können. Bevor ihn dieses nagende … ätzende … und beschissene Gefühl in seinem Inneren noch länger auf den Wecker ging, packte er das Brot und riss einen großen Teil heraus. Dann nahm er Moiras Hände, zogen sie von ihrem Bauch weg und drückten ihr den abgerissenen Teil hinein.

„Nimm einfach.“, knurrte er und war selbst überrascht über diese Worte, doch sie waren, wie auch die zuvor, einfach aus ihm herausgesprudelt und noch bevor er sich wieder fangen konnte, die Lächerlichkeit dieser Unterhaltung in sein Bewusstsein kriechen und er der Eisblock werden konnte, der er die ganze Geschichte über zu sein versucht hatte, stürzte Moira auf ihn zu und schloss ihn in ihre mütterliche Umarmung, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und flüsterte:

„Kein Fluch soll dich jemals treffen und Glück dich auf all deinen Wegen begleiten, mein Ein, mein Alles, mein Jüngster. Möge Cernunnos dich beschützen und die Wesen seiner Welt von dir fernhalten. Mögest du unseren Hamish gesund und wohlbehalten wiederfinden und wir eines Tages wiedervereint sein. Und Alasteir“, sie sah ihm tief in die Augen. „Denk immer daran, dass alles was du teilst, dir diese Welt vergelten wird.“

Unbehagen breitete sich in Vegeta aus. Schon wieder legte jemand seine ganze Hoffnung, seinen Glauben, in ihn. Bestimmt, wenn auch sanft, drückte er Moira von sich, ging zur Tür und schulterte den Sack. Grad weil die Hirschkuh gut auf ihn zu sprechen war. Der würde ihm eher alle Wesen dieser Welt auf den Hals hetzen, denn andersherum. Ohne sich noch einmal umzudrehen, griff er nach dem Riegel der Tür, schritt hindurch, zog sie zu und begann einen Fuß vor den anderen zu setzen. Ein beißend kalter Wind fuhr ihm in die Glieder und brachte die ersten, weißen Flocken mit sich. Vegeta knirschte mit den Zähnen. Wehe dir Kakarott, wenn du nicht mindestens bis zum Hals in der Scheiße steckst, wenn ich dich finde! Andernfalls tunk ich dich mit dem Kopf voran hinein ...
 

Vegeta wusste nicht mehr, wie oft er in den zurückliegenden Monaten nahe daran gewesen war zu erfrieren. Er hatte das Gefühl nicht mal mehr zu wissen wie es war, wenn einem nicht kalt war. Als er das Kate verlassen hatte, hatte diese weiße Hölle begonnen und bis jetzt nicht aufgehört. Wie durch ein Wunder hatte er nach Tagen ein Dorf erreicht, wo er sich aufwärmen konnte und nach Kakarott gefragt hatte und tatsächlich, da waren eine Bäuerin und ihr Mann, die sich an den großen, stattlichen und so freundlichen jungen Mann erinnerten, wie sie ihn beschrieben. Wenigstens etwas, dachte Vegeta und erkundigte sich, in welche Richtung dieser 'große und stattliche' Mann gegangen war. Der Bauer konnte ihm mitteilen, dass er ihn an einem Markttag mit in das nächstgrößere Dorf genommen hatte und er von dort aus weiter wollte. Etwas genauer wäre es Vegeta zwar lieber gewesen, aber mehr konnte er wohl nicht erwarten.

So also setzte er seinen Weg fort und suchte Kakarott, fand immer wieder Menschen, denen er geholfen hatte und die ihm nun einen groben Weg weißen konnten. So zog er weiter, darauf vertrauend, dass dieses Märchen ihn dahin führte, wo er hinsollte. Denn wie hatte Opa gesagt? '...indem ihr die Geschichte so erlebt, wie sie vorgegeben ist.'
 

Auch Vegeta erlebte das Wunder, dass das Brot von Moira scheinbar weder hart noch schlecht wurde und als Vegeta dies einmal herausbekommen hatte, ließ auch er größtenteils die Finger davon. Doch dies gelang ihm nicht immer. Allzu oft fand er wegen des Schnees nichts zu essen und so war er wirklich froh, wenn er sich in einer Höhle oder einem Erdloch ein Stück von dem Brot abbrechen und verzehren konnte. Seinen Hunger zügelte er, denn er wusste aus seiner Vergangenheit, es konnte immer noch schlimmer kommen, als es aktuell war. Doch diesmal behielt er mit seiner Vermutung nicht recht.

Je weiter er ging, um so karger schien zwar die Landschaft zu werden, aber er hatte auch das Gefühl, dass es wärmer wurde. Zwar wunderte er sich, denn den Frühling hatte er nicht so schnell erwartet, aber wer wusste schon wie die Jahreszeiten in diesem Märchen verteilt waren. Schließlich erreichte er eine Schlucht und seine Augen wanderten skeptisch über die hohen Felswände. Doch so sehr er auch suchte, es gab einfach keinen anderen Weg und wenn er zurück gehen würde zu diesem letzten Hof, mit diesen nervenden und ständig um ihn herum schwänzelnden Töchtern, dann würde er Tage verlieren.
 

Schließlich und als er schon nicht mehr daran glaubte, öffnete sich die lange Schlucht und er blieb wie angewurzelt stehen. Vor ihm erstreckte sich ein grünes Tal mitten im Sommer. Das Gras stand dicht und saftig, das Wasser plätscherte, Vögel zwitscherten, Schmetterlinge flatterten umher. Ungläubig drehte Vegeta seinen Kopf und sah hinter sich in die Schlucht, in der es zwar nicht mehr so kalt war, aber man immer noch den Hauch des Winters wahrnehmen konnte. Das Blöcken eines Schafes unweit von ihm entfernt lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf das Tal und zwischen den weißen Wollpunkten erblickte er einen Mann. Wunderbar! Endlich jemanden den er fragen konnte und wehe der Alte hatte keine passenden Antworten parat!
 

„Hey! Du da! Alter!“ Er stapfte auf den Mann zu und ließ diesen gar nicht zu Wort kommen. „Ist hier vielleicht vor einigen Monaten ein 'großer und stattlicher' junger Mann vorbeigekommen, der dir damit auf die Nerven gegangen ist, dass er dir helfen wollte?“

Der Alte schüttelte den Kopf. „Nein.“ Verflucht! Der Prinz drehte den Kopf zurück zum Schluchteingang. Dann musste er also tatsächlich zurück! So eine Scheiße!

„Aber hier ist ein junger Mann vorbeigekommen, der mich nach den Schafen gefragt hat und wem sie gehören.“

„Aha“, kam es desinteressiert von Vegeta und er rechnete bereits nach, wie viel Zeit es ihn kosten würde den ganzen Weg zurückzugehen.

„Bist du auch deswegen hergekommen?“

Irritiert blickte Vegeta zum Schäfer zurück. „Weswegen?“

Der Schäfer zeigte zu den Schafen. „Um zu erfahren, wem sie gehören.“

„Nein.“

„Wirklich nicht?“

„Nein.“

„Bist du sicher?“

„Ja verflucht! Geh mir jetzt nicht mit diesen scheiß Schafen auf die Nerven, ich muss rechnen.“

„Wie lange du wieder zurück braucht?“

„Ja und vor allem ob...“ Vegeta stutzte und seine Augen wurden klein, als ihm klar wurde, was der Schäfer ihn grade gefragt hatte.

„Woher weißt du das?“ Der Schäfer lächelte und Vegeta trat drohend einen Schritt auf ihn zu. „Ich verlange eine Antwort!“

„Die gebe ich dir, wenn du die Frage stellst.“

„Welche Frage?“

„Wem die Schafe gehören.“

Vegeta verdrehte die Augen … diese gottverfluchten Märchen … aber so lange es nur das war. „Also gut ... wem gehören die scheiß Viecher?“

„Dem roten Ettin in diesem Land, der seinen Weg hierher zu uns fand, des Königs Tochter hat er geraubt, und Wächter mit ihrem Schutz betraut. Er bindet sie, er züchtigt sie, er macht was ihm gefällt, wie alle starken Herrscher, trotzt er der ganzen Welt. Wohl ist vom Schicksal ihm bestimmt, durch Menschenhand der Tod, und jener ist zu ihm auf dem Wege, so leiden wir nie mehr Not.“ Vegeta verdrehte die Augen. Ein Reim, wunderbar! Das wurde ja immer …

„Moment? Die Viecher gehören dem roten Ettin?!“, unterbrach er seine eigenen Gedanken und glaubte immer noch sich verhört zu haben, doch der Schäfer bestätigte diese Hoffnung mit einem Nicken. Der Prinz der Saiyajins konnte sein Glück kaum fassen. Endlich! Endlich war er am Ziel! Nach Monaten gab es endlich einen konkreten Hinweis! „Und wo kann ich diesen roten Ettin finden?“

„In seinem Schloss. Aber das erreichst du heute nicht mehr mein Jungchen. Schau“, der Schäfer zeigte mit seinem Stab gen Himmel, der sich schnell dunkel färbte. „Es wäre besser, wenn du erst morgen aufbrechen würdest. Ich könnte dir auch ein bescheidenes Mahl anbieten für den Abend.“ Vegeta war hin und hergerissen, doch am Ende siegte das Grummeln in seinem Magen. Eine Nacht mehr oder weniger würde nun auch nichts mehr ausmachen und es war mit Sicherheit besser dem Ettin ausgeruht und bei Kräften gegenüberzutreten. So saß er am Abend mit dem Schäfer an einem Feuer, über dem ein Topf hing und ein heißer Eintopf vor sich hin brodelte. Als der Alte ihm eine Schale mit dem Eintopf reichte, schnupperte er.

„Sag mal Jungchen, rieche ich da etwa Brot?“ Vegetas Braue hob sich skeptisch, die Finger immer noch an der ihm dargebotenen Schale.

„Ja...“

„Wäre es zu viel verlangt dich zu fragen, ob ich ein Stückchen haben könnte? Ich habe ewig kein Brot mehr gegessen.“

Sichtlich zögernd starrte der Prinz auf die volle Schale mit Eintopf und dann zu dem verhutzelten Alten. Warum eigentlich nicht?, fragte er sich. Es sah so aus, als wäre sein Weg bald zu Ende und dieses Märchen damit auch. Er würde den großen Rest, welchen er übrig hatte, nicht mehr brauchen. Also zog er das Brot aus dem Sack und reichte es dem Alten, der es in zwei Teile brach und schweigend genossen sie ihr Abendmahl. Vegeta hatte das Gefühl, nach sehr, sehr langer Zeit zum ersten Mal wieder richtig satt zu sein und als er zufrieden die Schüssel zur Seite stellte und gen Himmel sah, hob der Alte seine Stimme an.

„Wenn du am Morgen aufbrichst um den Ettin zu suchen, dann hüte dich vor seinen Tieren.“

„Seinen Tieren?“ Vegetas Aufmerksamkeit kehrte schlagartig zu dem Schäfer zurück, der nickte.

„Ja. Um zum Schloss des Ettins zu kommen, musst du dem Flusslauf folgen. Es gibt einen direkten Weg, der dich aber durch eine Herde seiner Tiere führt und einen Umweg, aber der ist sicher und du erregst keine Aufmerksamkeit. Dafür musst du nur dem Fluss folgen und wenn er sich gabelt dem rechten Arm.“ Vegeta nickte. Umwege waren zwar nicht wirklich sein Fall, der direkte Weg war ihm immer lieber, aber er traute diesem Märchenkörper einfach nicht soweit über den Weg, dass er es mit etwas aufnehmen konnte, was er nicht kannte. „Außerdem“, fuhr der Alte fort. „Sagen die Geschichten, dass man mit Verstand und auf dem rechten Weg zu einer Höhle kommt, von der aus man das Meer sehen kann und dieser Weg führt dich dann weiter zu einem Feld voll Weizen, was dich wiederum das erreichen lässt, was du so sehr begehrst.“ Vegeta gähnte. Von diesen Bauernweisheiten hielt er nicht viel und deswegen hatte er nach der Wegbeschreibung auch nur noch halb zugehört.

„Jaja, schon klar. Nach rechts, Höhle, Meer, Weizenfeld, Ettin und dann raus hier. Ich habs kapiert.“ Der Schäfer sagte daraufhin noch etwas, doch das verstand der Prinz schon nicht mehr, denn ihm waren die Augen zugefallen und er war zur Seite gekippt und eingeschlafen. Er war satt, ihm war warm und bald schon würde er dem Ettin eine verpassen, Kakarott retten und beweisen, dass er es besser konnte als der Jüngere.
 

Am folgenden Morgen riss den Prinzen etwas aus dem Schlaf. Es war weder ein Geräusch, noch Wind, noch irgendetwas, dass er hätte benennen oder erkennen können. Es war mehr ein inneres Ziehen, ein kräftiger Herzschlag, ein namenloses Gefühl, das ihn erwachen ließ. Er stützte sich auf seinen Unterarm und blickte sich um. Die Glut an der Feuerstelle schickte ihre letzten Funken gen Himmel, die Wiese um ihn herum war saftig grün und … leer. Da war niemand. Weder ein Schaf, noch der alte Hirte. Als Vegeta realisierte, dass er vollkommen allein war, richtete er sich abrupt auf, ließ seinen Blick verwirrt hin und her schweifen und fragte sich inständig, ob er die gestrige Begegnung nur geträumt hatte. Ob sie vielleicht auch nur so eine sagenhafte Eingebung war, wie diese Beane Sídhe oder sonst irgendein anderes fantastisches Zeug, von dem er langsam wirklich die Schnauze voll hatte. Er stand langsam auf, rieb sich mit einer Hand übers Gesicht und starrte erneut auf die leere Weite vor sich. Tief einatmend schulterte er sein Gepäck und marschierte schließlich weiter. Selbst wenn es nur ein Traum gewesen war, er hatte ohnehin keine andere Wahl als weiter zu gehen. Immer weiter.

Als sich jedoch der Fluss, dem er gefolgt war, gabelte hielt er inne. Sah nach links, dann nach rechts und wieder spürte er dieses innerliche Ziehen, das ihn zum rechten Flussarm zog. Ungewollt schlich sich ein Grinsen auf sein Gesicht als ihn eine Erinnerung überkam an die Zeit, in der sie gegen Boo gekämpft hatten. Er war mit Kakarott im Inneren des Dämons gewesen, irgendwo in dessen Gehirn auf der Suche nach ihren Söhnen und Piccolo. Vegeta hatte den Jüngeren gefragt, in welche Richtung er gehen wollte und als dieser die linke Richtung vorgeschlagen hatte, war Vegeta nach rechts gegangen, denn immer, wenn er auf diesen Idioten gehört hatte, war ihnen irgendetwas zugestoßen. Diese Erinnerung abschüttelnd folgte er seinem inneren Instinkt und setzte seinen Weg fort, rechts entlang.
 

Die Landschaft änderte sich kaum mehr, je weiter er dem stetig fließenden Fluss folgte. Das leuchtende Grün der Wiesen und der Blätter auf den Bäumen begleitete ihn weiterhin, nur das Wetter war ihm wieder einmal nicht gut gesonnen. Ein Sturm zog herauf und brachte tiefhängende, dunkle Wolken mit sich. Schon kurze Zeit später peitschte ihm Wasser ins Gesicht. Von oben, von der Seite, es war dem Prinzen als käme es von überall. Fast schon hätte er sich die Eiseskälte und den Schnee zurückgewünscht, der ihn wenigstens nicht sofort bis auf den Leib durchnässt hatte. Den Arm schützend vor sein Gesicht haltend trotzte er dem Unwetter, erkannte kaum noch etwas vor sich, bis sich der Fluss dem Ausläufer eines Berges näherte und sich dort ein Höhleneingang auftat, in den das fließende Gewässer sich seinen Weg gebahnt hatte. Vegeta beschleunigte seine Schritte und steuerte direkt darauf zu. Dicht am Flussufer folgte er dessen Verlauf in die Höhle des Berges hinein und atmete erleichtert auf. Endlich stand er unter dem Felsen, der ihn vor der Sturm, der vor dem Eingang wütete und dem Regen, der schon einem Tsunami geglichen hatte, schützte. Sein Körper begann vor Kälte zu zittern und mit seinem schaudernden Leib, kroch auch Wut in ihm hervor.

„So ein…VERSCHISSENES SCHEISSWETTER!“, brüllte er einfach los, ließ seinem Zorn freien Lauf, da hier sowieso weit und breit niemand zu sein schien und die Höhle, die sich wohl noch sehr weit in den Berg zog, ließ seinen Schrei noch lauter zu ihm zurückhallen, was seinen Ärger noch steigerte. „Grrr….hörst du das Kakarott?! Wenn wir hier raus sind und du nicht schon tot bist, dann…bring ich dich um, du…IDIOT!!“

Das meiste seiner Worte wurde von den kalten Wänden verschluckt, doch sein Letztes hallte wieder zu ihm zurück. Die Ader auf seiner Schläfe pulsierte gefährlich und mit zusammengekniffenen Augen starrte er der vor ihm liegenden, finsteren Höhle entgegen, die es gewagt hatte, ihn zu beschimpfen. Er starrte und starrte bis er letztlich resignierend seufzte. Er drehte sich wieder um, beobachtete das Unwetter eine Zeit lang, welches sich einfach nicht beruhigen wollte und wandte diesem schließlich wieder den Rücken zu. Dann hieß es wohl voran in die ungewisse Finsternis.
 

Seine Hand über die kalte Felswand gleitend lassend tastete er sich voran, immer weiter in das steinerne Herz der Höhle, das Rauschen des Flusses zu seiner Linken, bis er nach langer Zeit des langsamen Vorantastens einen Lichtkegel ausmachen konnte, der von der rechten Wand in die Höhle schien und den Fluss an der Stelle, an der sich Licht und Wasser kreuzten, glitzern ließ. Er steuerte darauf zu. Immerhin war dies der erste Lichtblick seit gefühlten Stunden. Und tatsächlich, als er die Quelle des Lichts erreichte, erkannte er, dass es von einem Höhlenausgang stammte.

Er traute seinen Augen kaum als er aus der Höhle hinausblickte und direkt auf einen weiten Ozean starrte, mit dessen Horizont sich die feuerrote Sonne gerade vereinigte. Hier war weit und breit nichts von dem Unwetter mehr erkennbar, dass ihn in diese stockfinstere Höhle gezwungen hatte. Der Prinz trat ein paar Schritte hinaus und erschrak als er plötzlich fast in die Tiefe gestürzt wäre. Der Höhlenausgang hatte ihn an den Rand einer Klippe geführt.

Vegeta blickte hinab und sah Wellen an der steilen Felswand brechen. Dort unten wirkten sie ungestüm, wild und barbarisch, wie ihre weiß schäumende Gischt gegen den Felsen donnerte. Doch je weiter er seinen Blick über das Meer schweifen ließ, umso ruhiger wirkte es. Am liebsten hätte er sich die Klippen hinabgestürzt, sich zwischen den brechenden Wellen hindurchgeschraubt, um dann dicht über dem sich hebenden und senkende Meer entlang zu fliegen, dem Sonnenuntergang entgegen. Ein berauschenderes, freieres Gefühl, als über dem Meeresspiegel hinweg zu segeln, gab es kaum. Wenn er dann seine Finger, in das Meer unter sich streckte, es damit vor seinem Gesicht teilte und gegen die Kraft und den Widerstand des Wassers ankämpfte, während sein Körper immer weiter, immer schneller vorwärts flog, hatte er das Gefühl als könnte er es allein durch seinen Willen und seine Kraft bändigen, wenn er wollte.

Fast hätte er diesem Drang nachgegeben, hatte schon einen Schritt vorwärts gemacht, als ihm wieder bewusst wurde, wo er sich gerade befand. Wer er gerade war. Dass er sich in den sicheren Tod stürzen würde, würde er noch weiter voranschreiten. Es war Zeit diese Geschichte zu beenden und nicht sein Leben. Das einzige Leben, welches er heute noch auslöschen wollte, war Kakarotts, wenn er ihn in die Finger bekam und er ihm all die Strapazen heimzahlen konnte, die er bis jetzt auf sich genommen hatte, um seinen Arsch zu retten.

Sich dieser Ironie nur allzu bewusst und sich nur schwer von dem Anblick des Meeres lösen könnend, wandte sich Vegeta nach links und folgte einem schmalen Pfand, der die Klippen entlangführte. Immer weiter, bis sich der Pfad ein Stück vom Meer entfernte und talabwärts führte.

Kaum war er unten angelangt und über die nächste Hügelkuppe marschiert, erstreckte sich im nächsten Tal über die gesamte Fläche ein riesiges Weizenfeld.

Die Halme ragten wie goldene Schwerter im Licht der roten Abendsonne empor und wiegten sich in einer sachten Brise. Wie war das doch in diesem Traum oder auch Nicht-Traum gewesen? Dem rechten Flussufer folgen, Höhle, Meer, Weizenfeld. Ein Lächeln legte sich auf Vegetas Lippen. Er ließ seinen Blick über die goldenen Ären schweifen, bis ein gigantisches Schloss, das auf einen Hügel gebaut worden war, in seinem Blickfeld auftauchte. Sein Grinsen wurde noch breiter.

Dann war also das dort, was er so sehr begehrte, wie es dieser alte Greis so nett beschrieben hatte. Den Jutesack auf seiner Schulter in die richtige Position schupfend steuerte er zuversichtlich dem Ende entgegen …

Der rote Ettin - Der Geist ist mächtiger als die Faust

Das Ende, welches sich Vegeta bei dem Anblick des Weizenfeldes so sehr erhofft hatte, ließ noch eine ganze Weile auf sich warten. Es wurde Nacht, bis er den Fuß des Hügels erreicht hatte, auf welchem das Schloss stand. Und hier, relativ dicht an der ersten Mauer, fiel ihm auch auf wie gigantisch dieses Schloss war. Er musste jetzt schon den Kopf weit in den Nacken legen, um überhaupt das Ende der Mauer erspähen zu können und dabei stand er noch nicht mal dicht an ihr dran. Ein ungutes Gefühl machte sich in seinem Magen breit. Wie er Kakarott kannte, war dieser Hohlkopf einfach in das Schloss gestürmt, hatte um sich gebrüllt, ohne daran zu denken, dass er in diesem Märchen keine Kraft hatte und war dann natürlich voll auf die Schnauze gefallen. Tief einatmend machte sich Vegeta daran einen Eingang zu finden und erst als es schon stockfinster war, kam er zu einer kleinen Pforte, welche offenstand.

Die Stirn gerunzelt trat er ein und schloss sie so leise wie möglich. Vor ihm erstreckte sich ein Gang, welcher für jemanden in seiner Größe gebaut war. Also lebten hier auch normale Menschen. Zumindest hoffte er, dass es sich dabei um normale Menschen handelte und nicht um irgendwelche weiteren komischen Figuren, die am nächsten Morgen einfach verschwanden. Licht gab es in dem Gang keines, aber da sich seine Augen schon an die Finsternis gewöhnt hatten, fiel es ihm nicht schwer, mit der Hand an der Wand, dem Gang zu folgen. Erst gegen Ende stolperte er immer wieder über kleine Felsbrocken. Der Boden wurde zusehends unebener und mit einem Mal tat sich die Decke über ihm auf und sein Blick verlor sich in der Dunkelheit.

Verflucht, war diese Halle riesig! Seine Hand, welche die ganze Zeit an der Wand entlang gefahren war, griff nach einem Felsbrocken, um sich beim Überqueren eines besonders deformierten Felsens abzustützen, als er inne hielt.

Ein verirrter Mondstrahl war durch eines der hohen Fenster hereingefallen und beschien das Gestein unter seinem Hintern. Mit einem überhasteten Satz sprang er von ihm herunter und besah sich ihn genauer. Sein erster Eindruck hatte ihn nicht getäuscht, das war kein einfacher Felsbrocken, das sah nach einer Statue aus. Ein Mann in einer Rüstung, der am Boden lag und dessen Gesicht den puren Schrecken ausdrückte. Einmal darauf aufmerksam geworden, ließ Vegeta seine Augen über die anderen Felsbrocken wandern, die sich ebenfalls nach längerem Hinsehen als Statuen erwiesen.

So viele? Und alle wild durcheinander gestellt? Was sollte das für einen Sinn ergeben?

Vorsichtig ging er weiter, umging die meisten dieser Skulpturen und machte nach einiger Zeit etwas Flackerndes aus, was er als Feuerschein identifizierte. Etwas schneller als bisher setzte er seinen Weg fort, spähte um eine gigantische Säule und zog sich sofort zurück. Sein Herz raste wie wild in seiner Brust. Konnte das sein? War das der … Ettin? Vorsichtig linste er wieder an der Säule vorbei und schluckte. Ach du scheiße war der riesig! Wie sollte er den denn jemals besiegen?
 

Das rote Ungetüm saß mit seinem fetten Hintern auf dem Boden, zwischen zwei 'normal' hohen Mauerabschnitten und schien sich mit jemandem zu unterhalten. Zumindest hielt Vegeta das melodische Brummen dafür. Er war gerade dabei sich zu überlegen, wie er gegen diesen Ettin vorgehen sollte und mit wem sich der Ettin wohl unterhielt, da erklang ein spitzer, angsterfüllter Schrei, der von den Wänden des Saals widerhallte.

Abermals einen Blick riskierend sah Vegeta ungläubig zu, wie die Faust des Ettins eine der Statuen ergriffen hatte. Die Beine waren noch komplett aus Stein, während sich der Oberkörper in dem Griff hin und her bewegte und der Mann um sein Leben schrie. Doch nicht lange. Kaum waren auch seine Beine wieder zu Fleisch geworden, packte der Ettin den Oberkörper mit seiner anderen Hand, es gab ein widerwärtig knirschendes Geräusch, bei dem sich dem Saiyajin alle Nackenhaare aufstellten und dann … war es still. Kurze Zeit später hörte man Kaugeräusche …
 

Mit starrem Gesicht rutschte Vegeta an der Säule zu Boden. Seine Beine zitterten, sein Körper zitterte, sein Herz lief Amok. Nach wenigen Herzschlägen erklangen dieselben Geräusche noch einmal und der Prinz der Saiyajins presste sich die Hände auf die Ohren, um sie nicht zu hören. Dieser Ettin … er verwandelte diese Statuen in Menschen oder vielleicht verwandelte er sie auch einfach nur in ihre wahre Gestalt zurück und … fraß sie.

Was gäbe er jetzt nicht für einen Bruchteil seiner Kraft! Nur ein wenig … ein wenig würde ausreichen. Die Hände sinken lassend starrte er auf seine zitternden Finger. Wie sollte er … wie sollte er mit diesem schwachen Körper … gegen so ein Ungeheuer ankommen? Und was war mit Kakarott? War er … war er vielleicht schon …? Die Galle die seinen Hals hinauf kroch, schluckte er hinunter. Das Märchen hieß der rote Ettin … das war der rote Ettin … den mussten sie besiegen … besiegen …
 

Halt! Hatte dieser alte Schäfer nicht etwas von einer Prinzessin gelabbert? Dieses blöde, sich reimende Märchen … wie war das nochmal gewesen? Verflucht, er erinnerte sich einfach nicht, weil er diesem trotteligen Schäfer einfach nicht zugehört hatte! Am liebsten hätte er sich dafür in den Hintern getreten! Vielleicht würde er einfach nur die Prinzessin finden müssen, sie schnappen und dieses Schloss verlassen? Vielleicht wäre dies das Ende des Märchens und er würde so auch erfahren was mit Kakarott war? Der würde garantiert grinsend bei ihm auftauchen, sich entschuldigen und für seine Dummheit in Grund und Boden schämen … zumindest hoffte er das … das würde passieren … so … mit Sicherheit … ganz sicher … es musste ...

Vegetas Gedanken froren ein, denn ihm wurde bewusst, dass es vollkommen still geworden war. Keine Schreie mehr, keine Kaugeräusche, kein Knacken … einfach nur Stille. So still, dass er seinen Herzschlag überlaut hörte, dass er seinen Atem überlaut hörte, dass er dachte, man könne beides noch am anderen Ende der Halle hören. Langsam nahm er die Hände von seinen Ohren. Wagte es kaum Luft zu holen.

Der Ettin bewegte sich. Der Boden unter Vegeta vibrierte, dann wurde es wieder still, er konnte nur hören, wie dieses Monster immer wieder tief einzuatmen schien. Als würde es durch die Luft schnuppern. Der Saiyajinprinz schluckte nervös, während er starr und mit weit aufgerissenen Augen geradeaus starrte. Sich fester gegen die Säule hinter sich drückte. Konnte das sein? Konnte der Ettin ihn etwa …

Und dann ertönte dieses tiefe Brummen wieder. Die Stimme des Ettin und diesmal verstand Vegeta die Worte, die er von sich gab.
 

„Fah, fie, fum, furg! Lebend Blut ist in meiner Burg! So sei es wie der Stein so tot, aus seinen Knochen mahl ich Brot!“

Ein Wimmern war zu hören, eine Frauenstimme. War … war die Prinzessin vielleicht dort vorne beim Feuer? Beim Ettin? Wunderbar! Wenn dieses Monstrum sie bei sich hielt und beschützte, dann … dann … was sollte er denn jetzt nur machen?!
 

Wieder bebte der Fußboden unter dem Prinzen. Die ganze riesige Halle schien zu erzittern und bebende Schritte steuerten genau auf Vegeta zu. Noch bevor er sich aufrichten konnte, bevor er überhaupt fähig war, sich zu bewegen, tauchte ein gewaltiger Huf neben ihm auf. Langsam … wie in Zeitlupe drehte der Prinz zitternd seinen Kopf, starrte eine gefühlte Ewigkeit mit weit aufgerissenen Augen auf die behaarten Beine neben sich, bis er sein Gesicht langsam an den Beinen hinauf wandern ließ und in die hässlichen zwei Fratzen des roten Ettin starrte.
 

„Furg, fis, foh, fah! Da ist das kleine Menschlein ja. Wie die andern solls dir ergehn, drei Rätsel, drei Antworten, dann darfst du gehen.“

Das war’s. Jetzt würde er gefressen werden. Sie hatten es verbockt. Er hatte es verbockt … Moment, wie war das? Diese scheiß Reime! Dieses scheiß Märchen! Mit zittrigen Händen zog Vegeta sich an der Säule nach oben, stützte sich an ihr ab, um seine schlotternden Knie irgendwie auszugleichen. „Was…was willst du von mir, Ettin…?“
 

„Fah, fei, fum, fein! Bei Dreien ist die Prinzessin dein, der Stein, er wird mich wieder holen, nie mehr wird eine Prinzessin gestohlen. Fein, feh, foh, feen! Bei Zweien darfst du alleine gehen und meine Tiere werden ruhn und dir auf deinem Weg nichts tun. Feen, fah, fei, fuh! Bei Einer lass ich dich in ruh, meine Tiere jedoch nicht, vielleicht schaffst dus, vielleicht nicht. Fuh, foh, feh, fein! Und sollte keine richtig sein, dann wirst du, wie die andren auch, zu Stein und landest in meinem Bauch.“
 

Vegetas schlotternde Knie wurden ruhig, sein Blick schärfte sich. Was sollte das? „Willst du mir damit sagen…ich soll…Rätsel lösen, oder was?“

Und plötzlich fiel es dem Prinzen wie Schuppen von den Augen. ‚Drei Rätsel, drei Antworten‘ - ‚Wie die anderen auch, zu Stein‘! Wenn … wenn dieses Märchen darauf hinauslief, dass … dass Größe keine Rolle spielte … wenn Stärke keine Rolle spielte … dann war es wohl der Verstand, den man brauchte. Rätsel lösen! Konnte es denn wirklich so einfach sein?! Und im selben Moment wurde ihm bewusst, dass dieser Idiot von Kakarott mit hundertprozentiger Sicherheit zu Stein geworden war.

Ein Grinsen huschte über Vegetas Gesicht und Zuversicht machte sich in ihm breit. Er richtete sich auf, streckte seine Brust durch und verschränkte seine Arme davor, starrte mit sicherem Blick den beiden einäugigen Köpfen entgegen. Warum hatte er nur solche Angst verspürt? Er war schon hässlicheren Monstern begegnet und dieses hier sah jetzt nicht unbedingt schlau aus. Schlauer als Kakarott vielleicht, aber sicher nicht schlauer als er, der Prinz der Saiyajins.

„Also schön, Ettin. Ich spiel dein Spiel mit. Sag mir dein erstes Rätsel.“
 

Das Gesicht des einen Kopfes verzog seinen Mund zu einer noch hässlicheren, grinsenden Fratze, während der zweite Kopf das erste Rätsel Preis gab: „Fein, fum, foh, ferz! Die Sterne verbergen mein steinern Herz, deinen lautesten Schrei werf ich zurück, bei Wind und Regen, bin ich dein Glück. Ferz, fei, fum, fich! Was bin ich?“
 

Vegeta blinzelte ein paar Mal, dann begann es in seinem Kopf zu rattern. Sein Blick wurde ernst, seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, während er die Köpfe des Ettin weiterhin fixierte und dessen Worte langsam in seinem Kopf wiederholte. Ein steinernes Herz. Ein Schrei, der zurückgeworfen wird, Wind und Regen … Glück. Verdammt was sollte das?!

Er wandte seinen Blick nun doch ab und starrte durch diese riesige Halle. Steinernes Herz…sein Glück bei Wind und Regen. Stein. Schutz … widerhallende Schreie ...

Vegetas Augen weiteten sich, als er seine eigene Stimme hörte, die ihn einen ‚Idioten‘ schalte. Seine Stimme, die von den steinernen Wänden der Höhle, in der er Schutz vor dem wütenden Sturm gesucht hatte, widergehallt war!
 

„Fich, foh, fuh, fich! Deine Antwort, also sprich!“

Breit grinsend sah Vegeta zum Ettin auf. „…eine Höhle.“
 

Die grinsende Fratze des einen Ettin-Kopfes verschwand schlagartig und wich einer äußerst überraschten. Das Auge war groß geworden, während der andere Kopf indes zu Vegeta sprach: „Fich, fah, fum, facht! Das war gut, doch nimm dich ja in Acht. Zwar lass ich dich nu in Ruh, doch meine Tiere schlagen zu!“
 

Und wenn schon, dachte Vegeta, immerhin hatte er es geschafft, dass dieses Monster ihn nicht fressen würde und das war es immerhin, worauf es ankam, oder nicht? Wenn der Ettin ihm nichts mehr tat, dann konnte er die Prinzessin retten, von hier verschwinden und das Märchen beenden. Doch irgendetwas sagte ihm, dass das wohl nicht alles sein würde. Irgendwie wusste er, dass er diese Rätsel alle würde lösen müssen, um hier herauszukommen. Um die Prinzessin wirklich zu retten … um Kakarott zu retten …

„Das nächste Rätsel, Ettin. Ich warte.“
 

Der Kopf, der vorhin noch diese grinsende Fratze gezogen hatte, setzte nun zum Reden an, während der Kopf, der Vegeta das erste Rätsel gestellt hatte, finster auf den Prinzen hinabblickte: „Facht, feen, fum, fich! Immerzu beweg ich mich, doch gehe ich nirgendwohin, und vieles lebt von und in mir drin, mal bin ich zahm, mal bin ich wild, mal bin ich glatt, mal ein Hügelbild, doch beherrscht werd ich und ich tus kund, von einem silber-glatten Rund. Fich, fei, foh, fich! Was denkst du nun, was bin ich?“
 

Scheiße!, schoss es Vegeta durch den Kopf . Das war ja viel länger … und schwieriger. Verflucht … etwas lebt von und innen drin … flach und hügelig … bewegt sich und geht doch nicht weg … was sollte das denn für ein Rätsel sein? Das steckte ja voller Widersprüche! So viele Widersprüche hatte vielleicht Bulma, aber ansonsten war ihm auf diesem Planeten noch nichts anderes untergekommen, was so voller Gegensätze steckte. Na gut … Kakarott vielleicht noch … aber sonst …? Mal zahm mal wild … scheiße … er wusste es nicht. Er wusste es einfach nicht! Sein selbstsicheres Gesicht beibehaltend ließ er seine Augen wandern, während er innerlich zitterte.
 

„Fich, fah, foh, fuun! So sag es mir, was bin ich nun?“ Die beiden Köpfe des Ettin beugten sich ein Stück weiter über Vegeta und während der Kopf, der nicht gesprochen hatte seine Lippen zu einer breiten Fratze zog, kam der sprechende Kopf immer näher. Instinktiv wich Vegeta einen Schritt zurück und schallte sich gleich darauf einen Narren. Bleib stehen du Idiot! Lass dich nicht ablenken! Denk nach! Denk nach verdammt!!! Silber-glattes Rund … was wurde von einem silbernen, glatten und doch runden Ding … Saiyajins!, schoss es ihm in den Kopf. Saiyajins wurden vom Vollmond beherrscht. Der sah silbern aus, wirkte glatt und war doch rund. Wenn also das der Vollmond war, was … was wurde dann noch …?

Er spürte den stinkenden Atem des Ettins in seinem Gesicht. Was auf diesem scheiß Planeten wurde noch vom Mond beherrscht? In diesem Moment schoss ihm das Bild in den Kopf, welches er am Rand der Klippen gesehen hatte. Sich selbst, wild und frei über die blaue Meeresoberfläche fliegend. Das Meer! Natürlich … das passte alles! Es bewegte sich ohne fortzugehen, man konnte davon leben und es lebten Dinge drin, es konnte ruhig aber auch wild sein … Gott, er war ein Vollidiot!
 

Mit einem selbstsicheren Grinsen sah er zu den beiden Köpfen, die sich nun sehr weit zu ihm herunter gebeugt hatten, auf. „Das Meer.“ Als hätten sie sich an Vegetas kleiner Gestalt verbrannt, schossen sie zurück und bleckten ihre Münder mit den verfaulten Zähnen. Ein tiefes, die Luft vibrieren lassendes Grollen entrang sich ihren Kehlen.
 

„Fuun, foh, fei, fap! Das Menschlein hier hat Glück gehabt. Wieder richtig, die Antwort stimmt, jedes Tier nun Abstand nimmt. Das Letzte jedoch, du wirst es sehen, ist schwerer noch und um zu gehen, mit des Königs Töchterlein, das schaffst du nie, du bist zu klein.“

Vegeta knirschte mit den Zähnen, als er wieder so betitelt wurde. Doch diesmal ließ er sich nicht aus dem Konzept bringen. Ein Rätsel noch … eines, dann war der Ettin besiegt und sie konnten dieses Märchen endlich verlassen. Raus hier … einfach nur raus hier …

„Her damit, du dreckig Vieh … ich fürcht mich nicht, ich krieg das hieh.“ Kaum hatte er diese Worte gesagt, stutzte er vor Überraschung und hätte am liebsten aufgeschrien und sich die Haare gerauft. Jetzt fing er mit dieser Scheiße auch schon an! Das durfte doch nicht …!
 

Als die beiden Köpfe des Ettins zu ihm herunter geschossen kamen und sich eine Hand um seine Gestalt schloss brachen seine Gedanken sofort ab. Der Ettin richtete sich zu seiner vollen Größe auf und hielt ihn in seiner Faust, während links und rechts von ihm zwei der großen Köpfe verweilten und die zwei Augen darin ihn böse anfunkelten. So also … fühlte man sich, wenn man ohne Kraft einem Oozaru gegenüberstand … ihm lief es eiskalt den Rücken hinab.
 

Dann begannen die Köpfe abwechselnd zu sprechen: „Fich, fum, foh, find! Dies die letzten Wörter sind. Als jung noch war die alte Erd', erhob der Gott sein goldnes Schwert, bewaffnet zog manch starker Held, schon gegen dieses Schwert zu Feld, doch ist es keinem je gelungen, dass er den Sieg hätte errungen und Jahr um Jahr kehrt es zurück und sucht erneut das Schlachtenglück, bis denn ein einfach Bauer kam und mutig diesen Kampf aufnahm, und was den Helden nicht geglückt, das schlägt der Bauer stehts zurück, Jahr um Jahr und immer wieder, bleibt er allein der strahlend Sieger. Find, feh, fum, fich! Jetzt sage mir ein letztes Mal: Was bin ich?“
 

Der Prinz der Saiyajins schluckte … das … war unmöglich zu erraten … da waren ja gar keine Hinweise drin. Was sollte denn bitte jedes Jahr wiederkommen wogegen ein einfacher Bauer … ein BAUER!, etwas ausrichten konnte, wenn es Krieger nicht konnten? Das war doch wohl ein schlechter Scherz! Musste dieses Märchen ihm ein ums andere Mal vorhalten, dass Bauern wichtig waren? Dass die Niederen genauso eine Daseinsberechtigung hatten, wie die Hohen? Dass es keinen Unterschied machte, ob Prinz oder Bauer, groß oder klein? Das hatte er doch schon im letzten Märchen kapiert … und als hätte er das nicht schon vor Jahren kapiert! Er wusste es doch! Er WUSSTE es verdammt noch mal!!! Aber musste er sich deswegen jetzt ein Schild um den Hals hängen, wo es auch noch draufstand? Musste er das jedem unter die Nase reiben? Musste er sich komplett umkrempeln, damit auch jeder Vollidiot sah, dass er es wusste? Es reichte doch wohl, dass er es sich, tief in sich drin, eingestanden hatte … er musste das doch nicht gleich jedem auf die Nase binden!
 

„Fich, fer, fah, fenn! Jetzt sage schon, was bin ich denn?“ Der Saiyajinprinz riss seine Augen auf. Mist!, er hatte sich komplett ablenken lassen und nicht über des Rätsels Lösung nachgedacht. Verdammt, Verdammt, Verdammt, Verdammt … also jedes Jahr wieder, jedes Jahr wieder, golden … ein Bauer besiegt es, jedes Jahr aufs Neue, außerdem etwas sehr altes … eine Schlacht … ein Schwert … verdammt nochmal, was konnte das denn sein?
 

Die Köpfe des Ettins kamen von beiden Seiten immer näher. Er spürte schon ihren stinkenden Atem, sah aus den Augenwinkeln wie sie ihre Mäuler öffneten … war das da Menschenfleisch zwischen ihren Zähnen?! Nicht ablenken lassen! Bauer, jedes Jahr wieder, Bauer, jedes Jahr wieder … Kakarott! Na klar, Kakarott hatte es ihm doch selbst gesagt … Vegeta klatschte sich an die Stirn … er erntete jedes Jahr sein Gemüse … das kam immer wieder, jedes Jahr … also etwas was angepflanzt wurde … konnte das sein? Er sah zum Ettin, links, rechts, dessen Mäuler waren schon ganz nah, die Zähne riesig … Vegeta schwitze, würgte von dem Gestank. Da hing wirklich Fleisch zwischen den Zähnen … er hörte wieder Kakarotts Worte … jedes Jahr, jedes Jahr … was baute der Trottel noch an, was war golden … von was hatte er keine Ahnung, Kakarott aber schon?
 

Und in dem Moment, da er schon die Nässe des Speichels auf seiner Haut spürte, schoss ihm ein Bild in den Kopf und ohne noch weiter darüber nachzudenken, platzte er heraus: „Weizen!“
 

Der Ettin stockte, die Mäuler näherten sich ihm nicht weiter. Vegeta atmete heftig, Schweiß stand ihm auf der Stirn, was er gar nicht bemerkt hatte. Er spürte abermals sein Herz schlagen, das Adrenalin in seinem Körper und wie alle Muskeln unter seiner Haut krampften. „Weizen“, stieß er nochmal aus. „Weizen kommt jedes Jahr wieder und nur ein Bauer weiß, wie er mit ihm umgehen muss und ihn richtig ernten kann.“

Das Bild, das Bild dieses gigantischen Weizenfeldes, welches er vor dem Schloss gesehen hatte, war es gewesen, was ihm in den Sinn gekommen war. Und jetzt, je länger er über die Antwort nachdachte, umso sicherer wurde er, dass sie richtig war. War nicht auch er als Krieger zu Moira gegangen und hatte ihr gesagt, dass der Weizen nicht gut aussah und er nicht wusste, was er machen sollte? Es musste Weizen sein! Es musste einfach!!!
 

In Zeitlupe öffnete der rote Ettin seine Hand, sodass Vegeta nun auf seiner ausgebreiteten Handfläche zum Sitzen kam. Die beiden Köpfe waren immer noch links und rechts von ihm und die roten Pupillen starrten ihn eindringlich an. Zitternd, nicht wissend, ob seine Antwort denn nun richtig gewesen war, wich Vegeta bis zu den nach oben ragenden Fingern zurück, den Griff seines Dolches umklammernd.
 

„Fenn…feh....fah.....fhist.......richtig diese Antwort ist. Die Prinzessin sei nun dein, mein blutend Herz wird zu kaltem Stein. Fhist...fuh....fah.....feen......doch werd ich nicht ohne Rache gehen. Dich trifft mein Fluch, mein steinern Blick, nimmermehr kehrst du zurück. Feen...foh....fer.....fich......für immer Stein, sowie auch ich.“
 

„Wie...was?“, wisperte Vegeta, doch im selben Moment da der Ettin dies sprach, schien die Hand des Prinzen sich selbstständig zu machen. Er würde sich zum Schluss ganz sicher nicht von diesem Riesenvieh in Stein verwandeln lassen! Niemals! Mit einem schnellen Ruck zog Vegeta die silbern glänzende Schneide aus dem Halfter und hechtete nach vorne. Da gab es nichts mehr, das ihn zurückhielt, weder Angst, Zweifel, noch sonst etwas. Er war ein kleiner Mensch, ja … aber er war der verfluchte Prinz der Saiyajins!
 

Vegeta sprang, das rechte Auge des roten Ettin fixierend, von der Kante der Handfläche ab und stach mit einem lauten Schrei den scharfen Dolch in das weiche Gewebe des großen, roten Augapfels. Ein markerschütternder Schrei erklang und die Gesichter des Ettins verzogen sich in bestialischem Schmerz. Gallertartige Flüssigkeit, die zum Teil blutig war, spritzte Vegeta entgegen und blieb an ihm kleben, als er hinabrutschte und dabei die Hornhaut des Augapfels aufschnitt. Während der Kopf, an dem er hing, haltlos hin und her schwang, stieß er sich mit einer geschickten Drehung von der Nase des Ettins ab.

Abermals zielte er auf das eine Auge im zweiten Kopf. Doch der Ettin senkte ihn ein Stück, sodass der Dolch sich in die Braue bohrte und Vegeta die Waffe mit beiden Händen packen musste, um nicht metertief zu stürzen. Aus den Augenwinkeln sah er, dass die Hand des Ettins auf ihn zu schnellte, ihn wie eine Fliege zerquetschen wollte, doch Vegeta, vollgepumpt mit Adrenalin, reagierte nur noch. Seine Füße setzte er auf die Haut des Ettins, drückte den Dolch aus dessen Fleisch und fiel in die Tiefe.

Als er das Auge passierte, stach er erneut zu. Der Ettin brüllte, schlug mit seinen Armen blind um sich, als er seines Augenlichts komplett beraubt wurde. Vegeta landete unsanft auf dem Boden und sein Kopf schlug hart auf diesem auf. Rund um ihn herum krachte ebenfalls etwas Gigantisches auf und ein lauter Knall hallte durch die Halle. Dann war es still. Vegeta spürte seine Beine nicht mehr, doch er lebte. Er lebte! Kein Zweifel. Da war immer noch Blut in seinen Adern. Luft in seinen Lungen. Er war noch am Leben …
 

Als er seine Augen wieder öffnete, fiel ein goldener Strahl durch das riesige Fenster am Ende der großen Halle und tauchte sie in ein warmes Licht. Seltsam, dachte er, alles fühlte sich mit einem Mal so leicht an. Er wollte sich gar nicht mehr bewegen, einfach hier liegen bleiben. Das Licht der Sonne aufsaugen, welches die Finsternis aus diesem Märchen zu vertreiben schien, wollte er das Blut und die Augenflüssigkeit des Ettins von seinem Gesicht wischen. Doch als er seinen linken Arm hochhob, durchzog ein stechender Schmerz seinen Körper, der von seiner Handfläche den Arm hinaufschoss, in seiner Schulter zu brennen begann und ihm schließlich durch Mark und Bein ging. Nur mühsam und ein Auge schmerzverzerrt zusammengekniffen, schaffte er es seinen Kopf ein Stück anzuheben und an sich hinabzusehen. Und da erkannte er auch den Grund für diesen Schmerz. Der Dolch … Kakarotts Dolch … steckte in seiner linken Hand und seine Beine lagen begraben unter einem der Köpfe des Ettin.

Vegeta ließ seinen Kopf wieder zurück auf den kalten Stein sinken. „Scheiße…“, fluchte er leise, wobei sich seltsamerweise ein Lächeln auf seine Lippen legte. „Scheiße…“, wiederholte er und begann verzweifelt zu lachen als er realisierte, dass sich dieser elende rote Ettin tatsächlich in Stein zu verwandeln begann und der Kopf, unter dem seine Beine eingequetscht waren, noch um das zehnfache schwerer werden würde. Sein Lachen verstummte schlagartig, als er das Knacken von Knochen hörte und … spürte. „…ich…dachte…ich hätt‘s geschafft…Rätsel lösen, gewinnen, fertig... … ...du elendes…Mistvieh…“, presste er noch zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor, bevor der Schmerz seine Gedanken lahm legte.
 

An der Feuerstelle der Halle bewegte sich eine Gestalt in gebückter Haltung vorwärts. Es war die alte Frau, die versucht hatte Son Goku zu helfen, als der vor Monaten halb zerfleischt im Schloss angekommen war. Sie steuerte die versteinerte Statue des Ungetüms an, welches so lange dieses Land mit seinem Fluch belegt hatte und dessen Schreckensherrschaft nun endlich ihr Ende nahm. Während sie voran humpelte, streckte sich ihre Gestalt, wurde jünger, ihre Schritte beschwingter. Dann schien sie an Substanz zu verlieren, durchscheinend zu werden, ihre Füße verschwanden gänzlich, ihre Beine konnte man nur noch erahnen und sie schien zu gleiten, zu schweben.

Endlich war auch ihr Fluch gebrochen, den sie auferlegt bekommen hatte, weil sie dem Ettin geholfen hatte aus der Anderswelt zu entkommen. Sie hatte hier leben müssen, gebunden an einen alten, gebrechlichen und schweren Körper, nicht mehr in der Lage ihrer eigentlichen Bestimmung zu folgen, so lange bis ein Mann daher käme, der es schaffte diesen Fluch zu lösen.

Nun kehrte sie zu ihrer eigentlichen Gestalt einer Bean Sídhe zurück. Ein weiblicher Geist der Anderswelt, der den Tod ankündigte … und wie viele Tode sie nun schon hatte ankündigen müsse. Doch dieser hier würde der Letzte sein. Sie hielt zwischen den riesigen, versteinerten Köpfen des Ettin inne und blickte mit einem sanften Lächeln auf den blutüberströmten Jüngling hinab, dessen Geist stärker gewesen war als alle verlorenen, zu Stein gewordenen Seelen, denen sie über all die Jahre begegnet war.
 

Vegeta spürte die Anwesenheit von … etwas und hob eines seiner Augenlider. Ihm war kalt, doch die Schmerzen hatten zum Glück nachgelassen. Die schwebende Gestalt der Bean Sídhe, direkt über seinem Gesicht konnte er gut erkennen. Er lächelte. Warum … wusste er nicht … aber er lächelte ...

„Wo…ist er…? Wo ist…Kakarott…?“

„Du sprichst von dem jungen Mann, der vor Monaten hier aufgetaucht ist?“

„Lebt…er noch?“

„Der steinerne Fluch ist gebrochen. Diejenigen, dessen Leben der rote Ettin nicht genommen hat, werden zurückkehren.“

„Das…ist…gut…oder nicht? Das heißt…Kakarott…er…könnte noch…leben…“ Vegeta musterte die geisterhafte Frau eine Weile, die schweigend auf ihn herabsah. Warum auch immer, aber irgendwie wurde ihm langsam bewusst, wen er hier vor sich sah … das war eine Bean Sídhe, nicht wahr? Eine dieser Geisterfrauen, die den Tod verkündete … dieses bescheuerte Märchen und dessen sagenhafte Gestalten. „Und…wirst du mir nun…das Blut vom Körper waschen…?“

„Ja.“

„So…ein Scheiß…wirklich…da hab ich das Vieh besiegt, seine Rätsel gelöst...und jetzt verreck ich...weil...du...mich...sauber...machst...“ Die Worte kamen immer langsamer über seine Lippen und als das Letzte nur noch ein Hauchen war, verlor er das Bewusstsein.
 

Während das Blut des Ettins nach und nach, wie von Geisterhand, von Vegetas Körper verschwand, begann an allen Stellen in der großen Halle, Stein zu bröckeln. Die Statuen der Helden und Ritter, Barone und Lairds erwachten wieder zum Leben.

So auch Son Goku, der irritiert blinzelte, nach Luft schnappte, wegen dem feinen, grauen Staub niesen musste und im nächsten Moment spürte, wie der Schmerz in seinem Arm explodierte. Stimmt ja, diese Viecher hatten ihn angefallen und die alte Frau hatte seine Wunde versorgt … aber wo war der Ettin? Der hatte sich doch zu ihm hinab gebeugt und … was war eigentlich dann passiert?

Den Schmerz, soweit er konnte ausblendend, richtete er sich an die Wand gestützt auf und sah sich um. Einen Moment traute er seinen Augen nicht, als er überall in diesem Abschnitt der Halle Menschen erblickte. Die meisten davon in glänzenden Rüstungen und bewaffnet und alle starrten sich orientierungslos um und schienen ebenso verwirrt zu sein, wie er selbst.

„Hey…du da!“, sprach er einen jungen Krieger an, der sich unweit von ihm aufrichtete. „Weißt du, was…hier los ist?“

„Nein, ich...bei allen Göttern! Der rote Ettin! Wo…wo ist er?!“, rief der Mann, wobei sich seine Stimme vor Furcht selbst überschlug. Goku trat an seine Seite und sie blickten sich gemeinsam um.

Plötzlich rief von weiter hinten einer der Soldaten: „Er ist tot! Der Ettin ist tot!“

Die Augen Son Gokus und des jungen Kriegers neben ihm erhellten sich. Sie warfen sich einen ungläubigen Blick zu. „Komm. Das sehen wir uns an!“
 

Gemeinsam mit den anderen ehemaligen Statuen machten sie sich auf dem Ruf zu folgen und sahen schon bald einen riesigen Stein in der Mitte der Halle liegen, der die Form des Ettins hatte. Einem unbestimmten Gefühl folgend, schob sich Goku durch die Herumstehenden, bis seine Sicht auf die steinernen Köpfe des Ettin frei war. Ein gruseliger Schauer jagte ihm über den Rücken, als er sich an diese hässlichen Fratzen erinnerte, die er als letztes gesehen hatte. Ein erleichtertes Seufzen entfleuchte seinen Lippen. Da hatte er wohl nochmal Glück gehabt, dass jemand gekommen war, der es geschafft hatte den roten Ettin zu bezwingen.

Moment … war das nicht eigentlich ihre Aufgabe gewesen? Also die von Vegeta und ihm? Sie mussten ja dieses Märchen beenden … da konnte wohl schlecht ein anderer es gewesen sein, oder?

Er stellte sich auf die Zehenspitzen und hielt nach dem schwarzen Haarschopf Vegetas Ausschau. „Vegeta?!“, rief er und wurde von den am nächsten Stehenden schief angeschaut. Stach er doch mit seiner einfachen Kleidung und seinem jungen Alter deutlich unter den erfahrenen Rittern hervor. Doch das war ihm egal … irgendwo hier musste doch Vegeta sein … wenn er selbst es nicht geschafft hatte den Ettin zu besiegen, dann musste es laut Buchlogik der Ältere geschafft haben.
 

„Armer Junge…ob er uns gerettet hat?“, erklang die Stimme eines Ritters weiter vorne zu Gokus Rechter. Sofort und sich nicht um die wütenden Worte und Blicke der Anwesenden kümmernd, folgte Goku der Stimme. Sein Herz begann heftig in der Brust zu hämmern und er durchbrach, unter Beschimpfungen, die erste Reihe der Umstehenden. Und dann sah er Vegeta …
 

Er lag auf dem Rücken, sein Kopf war zur Seite gefallen und es schien als ob er schlafen würde. Seine Arme und Beine waren von ihm gestreckt, die Handflächen offen und nach oben gerichtet. In einer davon lag der Dolch und unter ihm konnte man deutlich eine dicke Narbe sehen, die so wirkte, als hätte die Klinge seine Hand durchstoßen. Im ersten Moment dachte Goku, dass die Beine des Älteren unter dem Kopf des Ettins begraben waren, doch der Schein hatte ihn zum Glück betrogen, es war einfach nur der Perspektivenwinkel, der ihn dies hatte denken lassen und erleichtert atmete er auf. Doch die Erleichterung währte nicht lange, denn Vegeta rührte sich kein Stück.

„Vegeta?“, fragte Goku leise, während sich Köpfe in seine Richtung drehten. Dann stürzte er nach vorne, kniete sich nieder, achtetet nicht mehr auf die Schmerzen in seiner Schulter und zog den Kleineren auf seine Knie. „Vegeta!“

Die umstehenden Ritter senkten ihre Köpfe, hier und dort wurde gemurmelt. 'Ein Kind hat uns gerettet?' 'Ein Kind hat den Ettin besiegt?' 'Unmöglich!' 'Aber es ist so.' 'Der arme Knabe, noch so jung.' 'Was für eine Heldentat.' Doch all dieses Gemurmel, hörte sich in Gokus Ohren wie das Raunen des Windes, oder das Schlagen von fernen Wellen an. Er hatte nach Vegetas Handgelenk gegriffen und versucht den Puls zu fühlen, welchen er einfach nicht finden konnte.

„Vegeta, hey...“, seine Stimme klang belegt und er tätschelte die Wange des Prinzen. „Komm schon...mach keinen Scheiß. Hörst du mich? Vegeta...das ist nicht witzig!“ Mit wachsender Verzweiflung fiel der nächste Schlag in das Gesicht des Prinzen fester aus und sein Kopf sackte in die Richtung von Gokus Brust. Die Hand, welche Vegetas Handgelenk hielt begann zu zittern und der große Saiyajin hob seinen Kopf, sah die Ritter um sich herum an, welche alle seinem Blick auswichen. Dann kehrten seine schwarzen Augen zu dem toten Körper auf seinen Knien zurück.

Waren das seine Gefühle? Seine Gedanken? Oder die seiner Figur? Immerhin hatte er hier seinen kleinen Bruder im Arm. Seinen kleinen Bruder, der ihm das Leben gerettet hatte, ihnen allen und mit dem Seinen dafür bezahlt hatte. Diese Verzweiflung, diese Wut, dieser Zorn … er kannte diese Gefühle, er hatte sie schon einmal gespürt, genauso intensiv … und wenn er nun im Besitz seiner eigentlichen Kräfte gewesen wäre, wäre eine goldenen Aura um ihn herum aufgeflammt. So aber war alles was er tun konnte, einen markerschütternden Schrei ausstoßen und Vegeta an sich drücken.

Im ersten Märchen hatte er sich gefragt, ob sie in diesem Buch sterben konnten … hier hatte er seine Antwort, denn Vegetas Herz schlug nicht mehr. Aber vielleicht … vielleicht würde er wieder aufwachen … immerhin war das hier ein Märchen. Da standen Leute doch ständig von den Toten auf … oder das Märchen würde nun einfach aufhören, immerhin war der Ettin tot … dann wären sie wieder im Inhaltsverzeichnis und Opa würde einfach schnippen und Vegeta würde wieder aufwachen … das war so, ganz bestimmt war das so … es musste … es MUSSTE!
 

Unbemerkt von allen Anwesenden, denn nur die Todgeweihten konnten sie in dieser Gestalt sehen, schwebte die Bean Sìdhe über dem Leib des versteinerten Ettin. Sie sah auf den Jungen herab, den zu retten sie versucht hatte und das ihr nicht gelungen war. Ihre dumme Tat, aus Eifersucht auf die Prinzessin dieses Landes, hatte so viele das Leben gekostet. Sie war nun mal eine Todesfee und auch wenn sie es sich noch so sehr gewünscht hatte, so konnte sie niemals ein Teil dieser Welt werden, geschweige denn den Mann, in den sie sich törichter weise verliebt hatte, bekommen. Jener wusste noch nicht einmal von ihrer Existenz und trotzdem hatte sie, in Wut darüber, dass er die Prinzessin heiraten wollte, dem Ettin das Tor in diese Welt geöffnet. So viele Leben, so viele Leben waren deswegen genommen worden und sie hatte jede Seele einzeln in die Welt hinter den Nebeln gebracht. Auch diesen Jungen, der dort nun tot in den Armen seines Bruders lag und für ihre Sünden bezahlt hatte. Dieses letzte Geleit war ihr am schwersten gefallen und sie gäbe wirklich alles, um es rückgängig machen zu können.

Als hinter ihr ein grünliches Glühen erschien, drehte sie sich um und erblickte, in ebenso geisterhafter Form wie sie es war, den Herrn der Anderswelt, der sie mit strengen Augen musterte. Ein kurzes Zwiegespräch entstand, in welchem sie ihm ihre Bitte vortrug. Cernunnos nickte und verschwand. Mit ihm die Bean Sìdhe.
 

„Komm schon Junge, dein Bruder ist tot und wenn du weiter hier herumsitzt, wird ihn das nicht wieder lebendig machen.“ Ein alter Ritter hatte sich zu Son Goku hinab gebeugt und ihm tröstend eine Hand auf die Schulter gelegt. „Lass uns die Prinzessin suchen. Dann verschwinden wir von diesem verwunschenen Ort und dein Bruder bekommt das Begräbnis eines Helden. Es sei dir versichert, sein Name wird in diesem Land niemals vergessen werden.“ Die tröstenden Worte drangen nur wie Gemurmel an Gokus Ohr und jedwede Reaktion blieb aus. Der Ritter sah hilfesuchend zu den anderen auf, doch jene sahen nur ebenso ratlos zurück.

Plötzlich begann sich der Pulk der Recken zu teilen. Alle traten beiseite und senkten ehrerbietig den Kopf als eine kleine, zierliche Gestalt, in einem blütenweißen Kleid, mit langem, blondem Haar und Augen so blau wie der Himmel durch sie hindurch schritt. Es schien, als würde das hereinfallende Licht von ihr reflektiert werden, als wäre sie die Sonne an diesem dunklen Ort. Der alte Ritter trat, den Kopf gesenkt, beiseite und mit einer huldvollen Bewegung ließ sie sich vor den Brüdern nieder, dem Größeren ihre kleine Hand auf die Schulter legend.

Son Goku spürte die Wärme auf seiner Schulter und hob den Kopf. Er sah in das wunderschönste Gesicht, welches er jemals gesehen hatte. „Hab keine Angst“, erklang ihre glockenhelle Stimme. „Einer selbstlosen Seele ist der Dank der Anderswelt gewiss. Dein Bruder ward beschützt, vor jedwedem Fluch und auch meine Schuld soll hiermit beglichen sein.“ Die Prinzessin schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln und ihre Worte weckten in Goku die Hoffnung, dass es noch eine Möglichkeit gab, etwas was er tun konnte, etwas was Vegeta helfen konnte …

Sanft nahm die Prinzessin das Gesicht ihres toten Retters in ihre zierlichen Hände, beugte sich über ihn und berührte seine Lippen mit den ihren. Nichts geschah … kein Licht, keine Regung Vegetas, kein Zucken, kein Atemzug, nichts. Die Hoffnung welche in Son Goku erwacht war schwand. Da sank die Prinzessin über Vegetas Körper zusammen und die Gestalt einer durchscheinenden, grau-schwarzen Frau schwebte, wie ein Geist, über ihr. Sie schenkte Goku ein aufmunterndes und doch trauriges Lächeln und er glaubte die Worte 'Meines für Seines' in seinen Gedanken zu hören, ehe sich ihre Gestalt vollständig auflöste.

Es verging ein Herzschlag, ein weiterer … und dann hob sich Vegetas Brust unter einem tiefen Atemzug. Der ältere Saiyajin schlug die Augen auf und starrte Son Goku verwirrt an, ehe sein Blick auf die schlafende Prinzessin auf seiner Brust fiel. Was zur Hölle …?

„Kakarott?“
 

Der Angesprochene konnte nicht antworten. Seine Lippen bebten. Krampfhaft versuchte er seine aufkeimenden Tränen und ein lautes, erleichtertes Schluchzen zurückzuhalten. Goku hatte keinen blassen Schimmer, was da gerade passiert war, es war auch vollkommen egal, denn seine Gefühle überwältigten ihn regelrecht. Womöglich waren sie auch nur seiner Figur geschuldet, der seinen kleinen Bruder gerade, wie durch ein Wunder, wieder zurückbekommen hatte. Was er als nächstes tat, konnte er einfach nicht mehr steuern. Er hob Vegetas Oberkörper an, sodass die bewusstlose Frau von der Brust des Prinzen zu dessen Schoß hinabrutsche, umschlang den kleineren Körper, der immer noch auf seinen Knien lag und presste ihn an sich, jeglichen Schmerz in seinem Arm ignorierend. Er vergrub einfach nur noch sein Gesicht an Vegetas Hals. Er hatte daran geglaubt, sich fest an die Hoffnung geklammert, dass es ein Happy End in dieser Geschichte geben würde.

Dass er sich so dermaßen erleichtert fühlen würde, dass er Vegeta nicht verloren hatte, hätte er niemals erwartet und doch … Vegeta war nun einmal sein … sein Freund.
 

Im Gegensatz zu Goku schien sich der Ältere jedoch keineswegs zu freuen, ihn zu sehen. Sein Blick wurde finster, sein Körper spannte sich an, seine eben noch empfundenen Schmerzen waren zwar wie aus Zauberhand verschwunden, dafür breitete sich etwas völlig anderes in ihm aus. Ein Gefühl, das er nicht benennen konnte, gar nicht benennen wollte …

Nachdem Kakarott keine Anstalten machte, ihn loszulassen oder ihm zu erklären, was hier los war, wer diese Frau auf seinem Schoß war, oder warum zum Teufel er ihn überhaupt umarmte und sie dabei auch noch von unzähligen Kerlen angestarrt wurden, versuchte sich der Prinz von ihm zu befreien. Doch Goku war immer noch der Stärkere von ihnen und er schien die Umarmung definitiv nicht lösen zu wollen.

„Kakarott!“, fauchte Vegeta ihm schließlich ins Ohr. „Lass mich los!“

„Oh…ja. Sicher.“ Mit leicht geröteten Wangen entließ er den Kleineren aus seinen Armen, der sofort die Frau von sich schieben wollte, doch genau in diesem Moment öffnete sie ihre Augen. Geblendet von diesen strahlenden Saphiren hielt Vegeta inne und starrte wie gebannt auf sie hinab. Es waren nicht nur ihre Augen, ihre gesamte Gestalt war so zierlich, zerbrechlich, einfach wunderschön.

„Was…ist passiert?“, erklang ihre engelsgleiche Stimme. „Seid Ihr…mein Retter?“ Sie richtete sich langsam auf. Als sie den steinernen Kopf des Ettin erblickte, wandte sie sich wieder mit ihren runden, unschuldigen Augen zu Vegeta und fragte erneut: „Wart Ihr das? Seid Ihr der Bezwinger des roten Ettins?“

„Ja, das ist er.“, antwortete Goku für den Älteren. Stolz klang in seiner Stimme mit. Ja … Vegeta hatte sie gerettet. Sie alle. Er war ein … Held. Sein kleiner Bruder war ein Held.

„Ich danke Euch. Ich danke Euch vielmals!“ Kaum hatte die junge Frau geendet, fiel auch sie dem Saiyajinprinz um den Hals, was ihn aus seiner Starre, die diese Schönheit in ihm ausgelöst hatte, herausriss.
 

Was sollte das denn jetzt? Stand auf seiner Stirn irgendwo geschrieben, dass er heute Gratisumarmungen verteilte? Und als ob das nicht schon reichen würde, verfielen auch noch die umstehenden Männer in lautes Gejubel. Konnte dieses bescheuerte Märchen nicht ENDLICH enden?!

„Schon…gut.“ Etwas unbeholfen tätschelte Vegeta dem Mädchen den Kopf, drückte sie vorsichtig von sich und konnte so endlich aufstehen, endlich seine Arme verschränken und eine Schutzmauer um sich hochziehen. Währenddessen erhob sich auch Goku, bat der holden Maid seinen Arm als Stütze an und half ihr auf die Beine.

„Sag mal, weißt du vielleicht wo wir die Prinzessin finden können?“, fragte sie der große Saiyajin freundlich.

„Ja, natürlich.“ Sie kicherte erst goldig, bevor sie antwortete. „Sie steht direkt vor Euch, werter Herr.“

„Was? DU bist die Prinzessin? Das ist ja klasse! Vegeta! Sieh doch! Wir haben sie gefunden!“

„Prima. Können wir jetzt von hier verschwinden?“ Und damit meinte Vegeta nicht dieses Schloss …

„Mein Retter.“, sprach die Prinzessin den Kleineren nun an. „Wärt Ihr so gut und würdet mich zu meinem Vater bringen? Ich bin mir sicher, er wäre überglücklich Euch angemessen für Eure Dienste zu entlohnen.“

„Wenn’s sein muss…“
 

Innerlich verdrehte er die Augen. Was für eine lächerliche Farce. Klar … er hatte sie gerettet, obwohl er klein und schwach war. Jetzt bekam er eine Belohnung. Wundervoll. Mit aller größter Wahrscheinlichkeit würde dieses Märchen so enden, wie auch schon Aschenputtel. Der Bauernsohn würde die Prinzessin bekommen, so wie die Dienstmagd den Prinzen. Er würde Moira, ihr Ungeborenes und seinen Bruder am Hof leben lassen. Sie würden glücklich bis ans Ende ihrer Tage sein. Vegeta kam fast die Galle hoch. Es … es war doch einfach nur lächerlich.

Sein Blick huschte zu Kakarott, der die Prinzessin angrinste als hätte er sie nicht mehr alle und irgendetwas daher quatschte von wegen, wie furchteinflößend dieser rote Ettin doch gewesen war und wie unglaublich schwer diese Rätsel doch gewesen waren. Dass er aber immer gewusst habe, dass sein kleiner Bruder ihn retten würde, dass alles gut gehen würde.

Vegetas Blick wurde finster. Noch ein Wort aus Kakarotts Mund und er würde ihm den Dolch ins Herz jagen. Sich ablenken wollend sah er sich um. Die Ritter, Barone und Lairds wandten sich nach und nach ab und verließen die große Halle bis nur noch er, Kakarott und die Prinzessin zurückblieben. WANN endete dieses Märchen denn endlich? Musste er WIRKLICH noch zum König des Landes, die Prinzessin zurückbringen und dieses scheiß Happy End bis zum Schluss ertragen?!
 

„Kommst du, Vegeta?“, riss ihn die Stimme des Jüngeren aus seinem Zorn. Goku hatte sich bereits mit der Prinzessin aufgemacht ebenfalls das Schloss des Ettin zu verlassen und wartete vor dem kleinen Durchgang, durch den sie diese Halle betreten hatten. Vegeta zog seine Arme noch fester um seine Brust und bewegte sich keinen Millimeter.

„Vegeta?“ Goku legte seinen Kopf schief und musterte den Kleineren einige Atemzüge lang. Dann seufzte er, wandte sich der Prinzessin zu und forderte sie auf, schon einmal das Schloss zu verlassen und draußen auf sie zu warten. Danach ging er zurück zum Prinzen.
 

„Was ist denn mit dir? Wir müssen los.“

Vegeta blieb stumm. Das hier war das Ende, dessen war er sich sicher. Allerhöchstens musste er noch die Prinzessin hier rausbringen, aber dieses Märchen war definitiv vorbei. Warum war er dann immer noch so … unruhig? Wütend? Irgendetwas stimmte hier doch einfach nicht!

Er musterte Gokus Gesichtszüge. Ließ seinen Blick an ihm hinab wandern. Entdeckte die ausgebrannte Fleischwunde an dessen Oberarm, das eingetrocknete Blut an seiner zerlumpten Kleidung. Ein immer beklemmenderes Gefühl breitete sich in ihm aus. Zog schrecklich an ihm. Zog ihn zu Kakarott, zu … seinem großen Bruder, der noch lebte. Er hatte es geschafft ihn zu retten … er lebte verdammt nochmal!

Und dann brach es einfach aus ihm heraus. Er löste die Verschränkung seiner Arme und erhob seinen Zeigefinger. „Du…!“ Er tippte Kakarott mit dem Finger gegen die Brust. „DU!“ Sein Körper begann zu zittern. „Du warst Monate einfach weg! MONATE!! Moira dachte…ICH dachte, dass“ „Geht’s Moira gut?“, fragte Goku plötzlich dazwischen.

„Ob…OB ES IHR GUT GEHT?! IST DAS ALLES WAS DICH INTERESSIERT?! OB ICH DIESE BAUERNFRAU IN RUHE GELASSEN HAB?! Hörst du mir überhaupt zu?!“

Nun wurde auch der Blick des Jüngeren ernst. „Geht es ihr GUT, Vegeta?!“

Der Ältere warf fassungslos seine Arme in die Luft. „Wie soll es ihr mit ihrem scheiß Leben gut gehen?!“

Instinktiv packte Goku Vegeta mit einer Hand an dessen Leinenhemd und zog ihn an sich heran. „Antworte.“

Die Augen des Prinzen verengten sich zu Schlitzen. Er schlug, wenn auch nicht fest, mit seiner Faust gegen Kakarotts verletzten Arm, der sofort aufjaulte und von Vegeta abließ. Sich den Arm haltend und den Kleineren anfunkelnd, fauchte er: „Das tat weh, verdammt! Was soll das?!“

„Du bist ein verdammter Idiot, Kakarott! Ich wette mit dir, dass wir hier nur noch nicht raus sind, weil du NICHTS kapiert hast!“

„Und du hast mal wieder den Durchblick, oder was?!“

„Natürlich hab ich das!“

„Dann sag mir doch, was ich hätte kapieren sollen!“

„Das…das darf doch einfach nicht wahr sein! Ich hab dir schon den Arsch gerettet, jetzt soll ich dir auch noch vorkauen, was du zu lernen hast?! Scheiße, verdammt, weißt du eigentlich, wie sehr ich mir…was ich alles…ich! SCHEISSE VERFLUCHT!“

„…was…hast du denn?“

„VERDAMMT! Als ob es nicht gereicht hätte, dass mich diese Geister zu dir gerufen haben! Als ob es nicht gereicht hätte, dass ich…ich…!“ Was Vegeta einfach nicht über die Lippen brachte, war, dass er sich … Sorgen gemacht hatte. Verdammt große Sorgen, dass er seinen Bruder verloren hatte. Dass er … Kakarott … verloren hatte. Dass er von ihm nicht nur auf dem Hof zurückgelassen worden war, sondern er ihn womöglich … ganz … für immer …
 

Und dort, in dieser riesigen Steinhalle des roten Ettin, alle Vernunft über Bord werfend, fiel Vegeta seinem großen Bruder um den Hals. „Du bist so ein verdammter Idiot…natürlich geht es Moira gut…“

„Ve…Vegeta…?“

„…Schnauze…verdammt…“ Das durfte doch nicht wahr sein! Jetzt war er diesem scheiß Verlangen doch nachgegangen! Gott, verdammt! Schnell drückte er sich wieder von Kakarott weg. Das … war nur diese Figur, redete er sich in Gedanken ein. Es war nur seine Figur, die ihren Bruder … vermisst hatte. Die froh war, dass er noch lebte …

Beschämt, dass er sich diesem elenden Verlangen hingegeben hatte, wandte er mit leicht geröteten Wangen sein Gesicht von Kakarott ab. Sich räuspernd und Son Goku nicht ansehend, marschierte er ohne ein weiteres Wort an ihm vorbei auf den Durchgang zu. Er hörte die Schritte des Jüngeren hinter sich, die ihm folgten. Was Vegeta nicht sah, war das breite Grinsen auf Gokus Lippen. Auch wenn er Vegeta gerade so vieles fragen wollte, so wusste er doch, dass er den Älteren jetzt bloß in Ruhe lassen musste, wenn er dessen Faust nicht gleich im Gesicht haben wollte. Irgendetwas hatte dieses Märchen in Vegeta verändert, da war er sich sicher … und vielleicht würde er es irgendwann erfahren, wenn er nur geduldig wartete.
 

Stumm gingen sie hintereinander den Gang entlang bis sie an der kleinen Pforte angelangt waren, durch die sie beide, wenn auch zu unterschiedlichen Zeiten, in dieses Schloss vorgedrungen waren. Vegeta blieb davor stehen und wartete bis Kakarott zu ihm aufgeschlossen hatte.

„Also dann…bringen wir die Prinzessin zurück…“, murmelte Goku, klang dabei so unsicher, wie Vegeta sich fühlte, schritt an dem Kleineren vorbei und öffnete die Tür. Ihre Augen weiteten sich gleichzeitig. Da war … nichts. Nur schwarze Finsternis hinter der Tür.
 

„Was zum…?“ Vegeta streckte seine Hand aus, konnte jedoch nichts in dieser Schwärze fühlen. Doch plötzlich erhellte sich sein Gesicht. Konnte das sein? War es endlich vorbei? War das … das Inhaltsverzeichnis? Doch bevor er sich noch in Bewegung setzen konnte, marschierte Son Goku bereits an ihm vorbei. Voller Zuversicht wollte der Jüngere einfach hindurch schreiten, wurde jedoch zurückgeschleudert und landete auf seinem Hintern. Vegeta starrte auf ihn hinab, dann zur Pforte und wieder zurück zu Kakarott. Ein Grinsen legte sich auf sein Gesicht.

„Willst du es nochmal probieren?“, fragte er schadenfroh.

Goku rappelte sich auf. „Sicher! Das ist doch das Inhaltsverzeichnis, oder nicht? Irgendwie müssen wir da ja durchkommen!“ Er nahm ein paar Schritte Anlauf und hechtete dann erneut auf die Pforte zu. Warf sich in die Schwärze hinein und wurde prompt wieder zurückgeworfen. „Autsch…“

Vegetas Grinsen wurde breiter. „Soll ich mal?“

Goku sah skeptisch vom Boden zu ihm auf. „Wenn du willst…versuch’s.“

„Sicher?“

„Mach einfach.“

„Gut.“ Vegeta kreiste mit seinen Schultern, dehnte seine Oberarme und dann … hockte er sich einfach auf den Boden. Unter Gokus verwirrtem Blick, ließ er seine Finger über die Schwelle der Tür gleiten und dann war es wie der Prinz erwartet hatte. Er konnte keinen Untergrund mehr fühlen und da Kakarott nicht in die Tiefe gestürzt, sondern wieder in den Gang zurückgefallen war, musste die Tür, durch die Cernunnos sie geworfen hatte, immer noch auf dem Boden im Inhaltsverzeichnis liegen. Das hieß, er musste sich wohl aus ihr herausziehen.

Angeama hatte wohl nicht nur bescheuerte Märchen zu bieten, bei denen sie absolut NICHTS lernten, sondern konnte auch noch jegliche physikalischen Gesetze außer Kraft setzen. Aber wie auch immer, jetzt würde er erst einmal seinen Triumph auskosten. Er streckte seinen Kopf durch die Tür hindurch, hielt sich an der Schwelle fest und zog sich mit einem kräftigen Ruck nach oben, fühlte den Boden, der tatsächlich rund um die Tür verlief, setzte ein Knie auf und schon war er aus Gokus Blickfeld verschwunden.
 

Mit weit aufgerissenen Augen trat der Größere an die Tür heran und starrte in die Schwärze „Ähm…Vegeta?“

Das Gesicht des Prinzen erschien seitlich in der Tür. „Na komm…du Idiot.“ Grinsend streckte er dem Jüngeren seine Hand entgegen. Verwirrt darüber wie es möglich war, dass Vegeta da seitlich in der Tür zu schweben schien, ergriff Goku dessen Hand und wurde aus dem Märchen des roten Ettins gezogen.

Es war einmal ...

Sie waren wieder hier … in dieser endlosen Schwärze und neben ihnen klaffte die geöffnete Türe des letzten Märchens, oder auch Bodenklappe … wie man es eben nennen wollte. Ein wenig irritiert über das Herauskommen aus dem roten Ettin beugte sich Son Goku über das Rechteck im Boden und spähte nach unten. Wirklich verrückt, aus seiner jetzigen Perspektive sah das Ganze aus wie sein senkrechter Schacht.
 

„Wie bist du denn darauf gekommen, dich so komisch da heraus zu ziehen?“

Vegeta erhob sich und ging um Goku herum. „Ich gebrauche eben einfach meinen Kopf, Kakarott. Und jetzt weg mit deinem, bevor ich dir zum dritten Mal den Arsch retten muss.“

Der Angesprochene sah auf und konnte besagtes Körperteil grade noch wegziehen, bevor ihm die Türe darauf geschlagen wäre. Vegeta hatte sie schwungvoll zugeschmissen und es knallte hörbar in der Leere des Raumes, als sich das Märchen schloss und die Tür kurz darauf einfach verblasste. Der Knall verklang und es wurde still zwischen den beiden.

„Sag mal“, durchbrach der Jüngere schließlich die Stille. „Wie hast du es geschafft diesen Ettin zu töten?“

„Hab ihm den Dolch in beide Augen gerammt.“

„Den Dolch von mir?“

„Ja…“, antwortete Vegeta kurz abgebunden.

Goku sah auf und rieb sich verlegen über den Hinterkopf. „Oh man…ich habs in diesem Märchen wohl schon wieder ziemlich vermasselt, was? Aber…wenn dir der Dolch geholfen hat, dann hab ich wenigstens irgendwie dazu beigetragen die Geschichte zu beenden…“

Vegeta konnte sich nicht helfen, aber irgendetwas an der Art WIE Kakarott das sagte, kam ihm seltsam vor. Fragend hob er eine Braue an. „Willst du mir damit irgendwas sagen?“

„Ähm...“ Der Größere wich Vegetas Blick aus.

„Spuck‘s schon aus, Kakarott!“ Er hatte echt keinen Nerv für so ein Herumgetue. Nicht nach diesem Märchen, nicht nachdem sie Monate … fast ein ganzes JAHR!, da drin gewesen waren.

Bulma würde ihn umbringen! Die Triade, die sie ihm halten würde, konnte er sich jetzt schon ausmalen. Gott verdammt, was, wenn sie überhaupt nicht rauskamen oder gar hier drin starben?! So wie du in dem Märchen?, fragte ihn plötzlich eine Stimme in seinem Kopf. War er überhaupt gestorben? Er hatte ja nicht mal eine Ahnung, was genau da zum Schluss passiert war. Eine Gänsehaut, gleich einem Ameisenheer, jagte seinen Rücken hinunter und er verbat sich schnell weiter darüber nachzudenken.
 

„Wir haben schon viel zu viel Zeit verloren, also raus damit!“

„Na ja“, Son Goku rieb sich wieder über den Nacken und vermied es auch weiterhin Vegeta direkt anzusehen. „Ich hab in diesem Märchen nicht wirklich etwas hinbekommen. Ich konnte Mutter...Moira nicht das Wasser bringen und die Fragen des Ettins habe ich auch nicht beantworten können.“

Ein verächtliches Schnauben entkam Vegetas Kehle. „Wieso wundert mich das nicht…“

Gokus Kopf schoss zum Älteren. „Hast du sie denn beantworten können?“

„Sicher.“

„Und was waren die Antworten?“

Echt jetzt?! DAS wollte Kakarott wissen? Aber da er wusste, dass der Jüngere keine Ruhe geben würde, bis er es ihm sagte, antwortete er lieber gleich, als dass es wieder in eine Diskussion ausartete. „Höhle, Meer, Weizen.“

Kurz grübelte Goku über diese Antworten nach und grinste dann verlegen. „Da wäre ich nie drauf gekommen.“

Seine Arme verschränkend erzählte der Saiyajinprinz fast beiläufig: „Es war eigentlich ziemlich einfach. Ich bin auf meinem Weg zum Schloss an allem vorbei gekommen und den Weg dorthin hat mir so nen alter Kerl mit Schafen gesagt.“

„Echt? Dem bin ich auch begegnet…“ Wieder begann Goku zu grübeln. „Komisch, ich bin auf meinem Weg zum Schloss weder an einer Höhle, noch an einem Meer, noch an Weizen vorbei gekommen. Ich bin nur so komischen Tieren begegnet, die mich fast umgebracht hätten.“

„Hast der Kerl dir denn nicht den Weg beschrieben?“

„Doch schon…“

„Aber?“

„Naja…beim Fluss bin ich links abgebogen, weil ich furchtbaren Hunger hatte und dachte, ich könnte die Tiere vielleicht erlegen von denen mir der alte Mann erzählt hat.“

„Hunger? Hat der Typ nicht sein Essen mit dir geteilt?“

„Doch, aber das war nicht viel und von Moiras Brot hatte ich nichts mehr. Deswegen war ich da echt hungrig.“ Mit einem verlegenen und entschuldigenden Grinsen sah Goku zu Vegeta hoch, der seine Arme immer noch verschränkt hatte. „Tut mir echt leid Vegeta...wenn ich auf den Alten gehört hätte, dann hätte ich das Märchen vielleicht früher beenden können. Aber ich hatte einfach so furchtbaren Hunger. Wenn ich gleich am Anfang nicht so schusslig gewesen wäre und nicht so viel Wasser auf dem Weg zu Moira verloren hätte, dann wäre das Brot vielleicht größer geworden und alles wäre anders gekommen. Hat dein Brot auch so lange gehalten und nicht geschimmelt?“
 

Während Son Goku berichtete, hatte es in Vegetas Nacken begonnen zu kribbeln. Das Wasser, verdammt. Dass Kakarott kein großes Brot hatte mitnehmen können, war dem zersprungenen Krug zu verdanken, den er absichtlich angeknackst hatte. Wenn er das nicht getan hätte, wäre das Brot größer gewesen, Kakarott hätte keinen Hunger gehabt, wäre dem richtigen Weg gefolgt, hätte vielleicht die Antworten gewusst und sie wären womöglich sehr viel schneller aus dem Märchen raus gekommen. Seine Finger und seine Braue zuckten und er presste die Lippen zusammen, als ihm klar wurde, dass es im Endeffekt wohl seine Schuld gewesen war, dass sie dort so lange festgesteckt hatten.
 

„Vegeta? Hey, Vegeta?!“ Kakarotts Hand fuchtelte vor seinem Gesicht herum und der Prinz machte einen erschrockenen Schritt zurück und starrte den Größeren entgeistert an. „Alles okay?“

„Ja, natürlich!“, keifte er zurück und wandte sich von seinem Rassenmitglied ab. Das war doch wirklich nicht zu glauben! Seine Schuld … von wegen!

„Ähm...also war das mit deinem Brot auch so wie bei mir?“, wiederholte Goku die Frage, welche Vegeta wohl nicht erreicht hatte.

„Wen interessierts? Das Märchen ist vorbei. Fertig.“

„Oh...okay...“

Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig … nein, nein er würde nicht fragen! Mit Sicherheit nicht! Den Kopf leicht zu dem jüngeren Saiyajin drehend, musterte er dessen Gesicht. Den bedrückten Ausdruck darin, der so vollkommen untypisch war. Vierundzwanzig, fünfundzwanzig, sechsundzwan...

„Verflucht nochmal Kakarott, was zur Hölle ist los mit dir?! Seit wann bist du so weinerlich unterwegs?! Da wird einem ja schlecht!“

Die sonst so freundliche Miene des Jüngeren, welche zurzeit einen sehr nachdenklichen Ausdruck trug, versteinerte. „Das brauch ich dir wohl kaum zu sagen, wenn es dich eh nicht interessiert.“, gab er patzig zurück und Vegeta atmete tief und genervt ein.

„Wenn du es nicht tust, dann kommt das im dümmsten aller nur möglichen Momente wieder auf den Tisch. Das ist immer so bei dir!“

„Na fein, dann ist das eben so. Was interessiert’s dich? Ist dir doch eh egal!“ Irgendwann war das Maß von Vegetas abwertendem und vor allen Dingen abweisenden Verhalten eben auch einfach mal voll.

„Du wirst mir damit aber ewig auf die Nerven gehen!“

„Dann geh ich dir halt ewig auf die Nerven!“

„Darauf hab ich aber keinen Bock!“

„Mir doch egal! Ich bin dir ja auch egal!“

„Bist du nicht!“
 

Stille.

Eine lange Stille.

Eine sehr lange Stille, in der beide begreifen mussten, was da grade gesagt worden war.
 

Goku starrte wie gebannt auf Vegeta, der dem Jüngeren, gleich nachdem ihm diese Worte herausgerutscht waren, den Rücken zugekehrt hatte. Das Herz des Prinzen pochte wie wild und alles in ihm wollte die gesagten Worte wieder in seinen Mund zurückstopfen. Er hoffte inständig, dass … dass Kakarott es vielleicht gar nicht gehört, nicht verstanden hatte, auch wenn ihm bewusst war, dass dem sicher nicht so sein würde. Und Kakarotts folgende Worte, ließen ihn nur seine Augenlider aufeinanderpressen.
 

„Ich…ich bin dir…nicht egal...?“

„…lass uns…einfach weiter machen.“, kam es nach einer Weile brummend vom Prinzen, die Frage seines Artgenossen ganz bewusst ignorierend. Scheiße verflucht, als ob er sich diese Blöße noch einmal geben würde! Natürlich war Kakarott ihm nicht egal! Irgendwie…irgendwas…bedeutete er ihm, verdammt noch mal!
 

Vegetas grummelnde Art entlockte dem Jüngeren ein kurzes Lächeln und er erinnerte sich an den Moment in Aschenputtel, wo sie beide auf dem Boden gesessen hatten und es irgendetwas gegeben hatte, was sie plötzlich verband. Ihn wollte das Gefühl einfach nicht loslassen, dass da noch etwas war, dass sie besprechen sollten … mussten. Dass da noch so viel Unausgesprochenes zwischen ihnen lag …

„Vegeta.“

„Was ist denn noch?!“ Endlich drehte sich der Prinz wieder um und bedachte ihn mit einem genervten Gesichtsausdruck.

„Ich...also...“, Goku holte tief Luft. „Ich hab einfach nur das Gefühl, ziemlich unnütz zu sein. Weder im ersten Märchen noch im Zweiten konnte ich wirklich etwas tun. Du hast beide gelöst. Irgendwie fühlt es sich so an, als könnte ich einfach nichts tun und das...bin ich nicht gewohnt.“

Außerdem war da noch dieser Moment gewesen … zwischen ihnen … der Moment im Märchen des roten Ettins bevor sie sich getrennt hatten. Was Vegeta ihm da offenbart hatte, wie er über ihn und seine Arbeit dachte … das hatte ihn … extrem verletzt. Und diesmal war sich Goku sicher, dass dieses Gefühl nicht seiner Figur entsprochen hatte.
 

Eine Ader begann auf Vegetas Schläfe zu pulsieren. Diese gefühlsduselige und unsichere, weinerliche Art des Jüngeren begann ihn immer mehr auf die Palme zu bringen. Was zur Hölle wollte Kakarott denn jetzt von ihm hören?! Dass er im ersten Märchen eben ein schwaches Mädchen gewesen war und er es im Zweiten ihm zu verdanken hatte, dass er den falschen Weg eingeschlagen hatte, weil er diesen bescheuerten Krug kaputt gemacht hatte?! Sollte er ihn jetzt aufbauen und bauchpinseln, oder was?! Sollte er ihm sagen, dass er es bestimmt in den nächsten Märchen besser machen würde?! Das alles gut werden würden?!! Soweit kam’s noch!

Seine Augen wurden kalt. „Ich bin eben besser als du. Daran solltest du dich lieber ganz schnell gewöhnen, Kakarott. Wenn du was richtig machen willst, dann hältst du dich in Zukunft einfach zurück und lässt mich machen. Ohne dich wär ich wahrscheinlich schon längst hier raus. Immerhin stecken wir wegen DIR schon so beschissen lange hier drin fest!“
 

Solche Worte war Goku von Vegeta gewöhnt … früher. Aber schon während der Kämpfe um Boo hatte er geglaubt … nun ja, dass sich etwas zwischen ihnen verändert hatte. Auch in Aschenputtel hatte er das geglaubt, doch jetzt … jedes dieser Worte tat weh, richtig weh.

„…so viel zu dem, dass ich dir nicht…egal bin…“, murmelte Goku leise vor sich hin und kehrte dem Prinzen den Rücken, was Vegeta erst richtig auf die Palme brachte.

„Das darf doch nicht…das…“ Der Körper des Prinzen begann aufgebracht zu zittern. Er ballte seine Hände, rammte sich die Nägel in seine Handflächen, um dem Drang zu unterdrücken, dem Größeren von hinten an die Gurgel zu springen.

Wie konnte es sein, dass Kakarott bis jetzt keine einzige seiner wenigen grauen Gehirnzellen dazu verwendet hatte, um darüber nachzudenken, dass sie schon seit MONATEN hier drin festsaßen?! Interessierte den Jüngeren wirklich nur, ob er ihn…ob er ihn mochte, oder was?! Dabei waren da noch verflucht viele Türen, die auf sie warteten! Verdammt, war er denn der Einzige, der sich fragte, ob sie hier vielleicht auch … FÜR IMMER feststecken konnten?! Dass sie vielleicht erst wieder rauskämen, wenn sie steinalt waren?! Wenn alle, die sie kannten ebenso alt oder bereits tot waren?! DARÜBER sollte sich Kakarott verdammt nochmal Gedanken machen und nicht darüber, ob er ihm egal war oder dass es doch ach so schwierig für ihn war ohne seine hirnlosen Kräfte auszukommen!

Ja … Vegeta kochte vor Wut. Noch mehr, als er die folgenden, sichtlich eingeschnappten Worte seines Rassenmitglieds vernahm …
 

„…Cernunnos, Opa. Wir sind…fertig.“ Die Betonung des letzten Wortes war es, die Vegetas Zähne knirschen ließ. Er konnte noch nicht mal sagen warum, aber diese Mischung aus … trotzigem Kind, verheulter Ehefrau und … Kakarotts eigener eingeschnappter Stimmlage, war einfach nur erbärmlich und armselig. Aber wenn der Jüngere nun eingeschnappt war, oder sauer, umso besser … dann würde er ihm hoffentlich nicht weiter auf die Nerven gehen. Vegeta verschränkte seine Arme und drehte nun auch Kakarott den Rücken zu, um diesen nicht mehr ansehen zu müssen.
 

Dann entstand wieder diese fast greifbare Stille zwischen ihnen beiden und … zwischen ihnen und Angeama.
 

„Ich sagte, wir sind FERTIG!“, wiederholte Son Goku, diesmal lauter.

Für einen kurzen Moment erwischte sich Vegeta, wie er sich zu dem Jüngeren umdrehte und auf dessen geballte Fäuste starrte. Schnell wandte er sein Gesicht wieder ab. Und wenn schon …

Es blieb abermals still.

„FERTIG!!!“, brüllte Goku schließlich noch einmal und mit allem, was seine Lungen hergaben. Und diesmal erfolgte endlich eine Reaktion. Die beiden Saiyajins hörten Stimmen aus der Schwärze.
 

„Prima. Das haben Sie ja bestens hinbekommen, Herr Cernunnos.“, ertönte Opas Stimme.

„Hast du mir irgendwas zu sagen, alter Mann?!“, kam es herrisch vom Herrn der Anderswelt.

„Sie sehen doch, was Sie damit angerichtet haben, dass Sie die beiden in ein Märchen gezwungen haben, welches nicht ihrer Wahl entsprach!“

„Die beiden haben ihre Lektionen gelernt und nur darauf kommt es an!“, verteidigte sich Cernunnos.

„Ich sehe keinerlei Einsicht bei den Herrschaften.“, hielt Opa dagegen.

„Weil du einfach keine Ahnung hast! Aber wie denn auch bei deinen weichgespülten Märchen!“

„Weich…weichgespülte Märchen? Ich muss doch sehr bitten, Herr Cernunnos!“
 

„HEY!“, rief Vegeta dazwischen. „Wie wäre es, wenn ihr euch streitet, während wir im nächsten Märchen sind?! Ich will hier nämlich irgendwann Mal auch wieder raus, verdammt!“
 

Und wieder kehrte Stille ein.
 

Vegeta blickte sich in allen Richtungen um, doch da war einfach nichts. Kein Opa, keine Hirschkuh, keine Türen. Als er sich um sich selbst drehte, erschien unweigerlich Kakarott in seinem Sichtfeld, der sich auch gerade umgedreht hatte. Ihre Blicke trafen sich. Ihre Mienen verhärteten. Der eine war verletzt, der andere sauer. Ohne dass sie es selbst merkten, wurde ihr Mienenspiel identisch. Selbst ihre Körper reagierten gleich.

Ihre Hände ballten sich noch fester zusammen, ihre Arme spannten sich stärker an und instinktiv nahmen sie eine Kampfhaltung ein, fixierten sich, machten sich bereit für einen Angriff. Es fehlte nur ein Funken und die aufgeladene Luft um sie herum würde sich entzünden.
 

„Meine Herren, ich bitte Sie. Lassen Sie doch diese Differenzen. Immerhin müssen Sie das nächste Märchen wieder gemeinsam bestreiten.“ Über ihnen in der Schwärze schwebend erschien der grüne Ohrenbackensessel mit dem Häkeldeckchen, Opa und dem Tisch mit der Buntglaslampe.

„Lass sie doch. Wenn sie sich gleich hier prügeln wollen, dann haben sie es wenigstens gleich hinter sich und wir können zusehen. Ich setz ja auf den Größeren, der andere erscheint mir einfach … zu klein.“, kam die gehässige Antwort Cernunnos und jener erschien ebenfalls in seiner kleinen, normalen Gestalt, das Buch unter dem Arm.

Opa seufzte tief. „Das ist aber nicht der Sinn hinter Angeama.“

Cernunnos Quastenschwanz peitschte durch die Schwärze. „Angeamas Sinn ist bei jedem Besucher anders. So wie jedes Märchen und jede Geschichte seine eigene Moral hat. Also LOS!“, feuerte sie Cernunnos an. „Wenn ihr euch schlagen wollt, dann nur zu, es hindert euch keiner daran!“
 

Zwei Energieattacken blitzen durch die Finsternis und sowohl Opa als auch Cernunnos konnten ihnen gerade noch ausweichen. Sie kamen von beiden Saiyajins.

„Schnauze da oben!“, brüllte Vegeta.

„Wir klären das schon!“, kam es gleichzeitig von Son Goku.

Cernunnos und Opa warfen sich selbstredende Blicke zu und beobachteten das Geschehen weiter. Die beiden Saiyajins hatten sich wieder einander zugewandt und starrten sich an.

„Du willst mir doch was sagen, Kakarott! Spuck es endlich aus! Ich hasse es mich zu wiederholen!“

„Und ich hasse es so langsam wie du mit mir umgehst, Vegeta!“

„So? Wie geh ich denn mit dir um?“

„Wie mit einem kleinen Kind!“

„Das bist du doch auch!“

Goku knirschte mit den Zähnen.

„Siehst du? Ein Erwachsener würde nun sagen, was er zu sagen hat. Aber das kriegst du ja nicht hin, weil du die Freundlichkeit in Person bist! Seht mich an“, äffte Vegeta Gokus Stimme nach. „Ich bin der gütige Saiyajin, der Wohltäter der Erde! Ihr müsst mich alle mögen und ich will euch alle als Freunde haben!“ Er verfiel wieder in seine normale Sprechart. „Weißt du was Kakarott? DAS geht mir schon seit Jahren auf die Nerven!“

„Du bist so ein arrogantes Arschloch, Vegeta!“

„Ich bin eben ein Prinz. Da gehört sich das so.“

„Ich kann dein bescheuertes Prinzengelabber nicht mehr hören! Ständig hältst du mir das vor!“

„Es ist eben die Wahrheit. Ich bin ein Prinz, du ein Bauer, der im Dreck wühlt!“
 

Son Gokus Antwort bestand in einem wütenden Schrei, mit dem er auf den Älteren zusprang. Die Faust zum Schlag gegen Vegetas Gesicht gehoben, kollidierten die beiden miteinander. Vegeta hob seinen Arm, blockte, griff mit seiner freien Hand nach Gokus Arm, drehte sich und katapultierte den Jüngeren über seine Schulter, schickte ihm Energiekugeln hinterher und sprang ihnen nach. Die Attacken trafen auf Gokus gekreuzte, blockende Arme, doch kaum waren sie explodiert schoss der Prinz durch die Reste der Explosion auf den Jüngeren zu und landete einen Volltreffer in sein Gesicht. Goku wurde herumgewirbelt, nutze die Drehung, duckte sich und hämmerte Vegeta seinen Ellbogen in den Magen, schoss nach oben und landete mit seinem Schädel nochmal einen Treffer unter Vegetas Kinn.

Der Prinz fluchte und seine Lippe platze auf, doch sein Unterarm legte sich wie ein Schraubstock um Kakarotts Kehle und sein anderer umschlang Brust und Arme des Jüngeren und hielt sie gefangen. Dem zurückfliegenden Kopf wich er aus und grinste boshaft, als er zudrückte und Knochen knirschen hörte. Goku fackelte nicht lange, richtete seine Handflächen nach hinten auf Vegetas Körper aus und schoss zwei gigantische Energiebälle ab, die zwischen ihren Körpern explodierten. Zwar zerfetze das seine Kleidung und den Rücken komplett, aber es sprengte auch Vegeta von ihm los. Vor Schmerz keuchend, wichen beide auseinander. So lädiert wie Gokus Rücken aussah, so lädiert war Vegetas Brust.
 

„Na das nenne ich mal ein Spektakel. Die beiden sind ja besser als ich gedacht habe.“, grinste Cernunnos und ließ in seiner Hand eine Borkenrinde erscheinen, in der sich eine bunte Mischung an Beeren befand. „Auch welche?“ Er hielt sie Opa hin, der den Kopf schüttelte.

„Ich finde das ziemlich traurig, wo sie doch eigentlich Freunde sind.“

„Freunde“, Cernunnos schnaubte. „Freunde sind nur Feinde, die man sich noch nicht zum Feind gemacht hat, weil man noch nicht gegen sie gewinnen kann.“

„Eine sehr archaische Weltansicht, werter Herr Cernunnos.“

„Eine Realistische, wenn du mich fragst. Oh schau!“, er zeigte auf die beiden Kämpfenden. „Das war von diesem Son Goku ein wirklich guter Schlag. Wie er durch die Luft geflogen ist, aber Vegeta hat gut gekontert, indem er ausgewichen ist, ihn am Fuß gepackt und auf den Boden gedroschen hat. Sehr schön … ach, ich war ja für den anderen … mhm.“
 

Fasziniert beobachtete der Herr der Anderswelt, wie die Saiyajins sich ein schnelles Duell mit Fäusten und Beinen lieferten und wie es nun Goku war, der Vegeta mit seinem größeren Körper auf dem Boden fixierte. Sich auf seine Hüften setzend, die Oberschenkel mit seinen Unterschenkeln und Füßen zu Boden drückend und seine Handgelenke festhaltend, machte er ihn komplett bewegungsunfähig. Was dem Prinzen stank wie sonst was. Ganz untypisch war Gokus Gesicht, das extrem wütend und ernst aussah.

„So, jetzt wirst du MIR mal zuhören, Vegeta!“

„Ach?! JETZT willst du den Mund aufmachen?! Das…DAS KANNST DU VERGESSEN!!“, fauchte der Prinz, während er sich aus dem Griff des Jüngeren zu befreien versuchte. Wäre doch gelacht, wenn er es hier, wo er im Besitz seiner ganzen Kräfte war, nicht schaffen würde, Kakarott von sich abzuschütteln! Diesmal würde er sich nicht so einfach von ihm fixieren lassen wie im roten Ettin! Mit einem lauten Aufschrei erzeugte Vegeta eine gewaltige Druckwelle, indem er all sein Ki auf einmal aus seinem Körper freiließ und sich in einen Super-Saiyajin verwandelte. Nicht damit rechnend wurde Son Goku von Vegeta weg katapultiert. In der nächsten Sekunde war der Prinz wieder auf den Beinen und schoss Goku hinterher.
 

„Huch? Was ist das denn?“, fragte Cernunnos und klang richtig aufgeregt, stopfte sich dabei auch gleich ein paar Beeren in den Mund, während Opa auf seinem Ohrenbackensessel vorgerückt war und Vegeta über seine Brille hinweg fasziniert musterte. „Interessant. Höchst interessant.“
 

Goku hatte es geschafft in der Luft zu stoppen, bevor er auf dem Boden aufgeschlagen wäre. Wütend darüber, dass Vegeta ihn so überrumpelt hatte, wollte er landen, doch Vegetas Schlag traf ihn ungeblockt in den Magen. Sich diesen haltend ging er in die Knie und krümmte sich zusammen. Das Gesicht vor Schmerz verziehend sah er auf. „Ernsthaft, Vegeta?! Du setzt den Super-Saiyajin gegen mich ein?!“

„Wieso nicht?! Ich zeig meinen Gegnern wenigstens, was ich WIRKLICH drauf ab!“

„Was…was soll das denn jetzt heißen?“

Der Ältere packte den Knieenden am Kragen und zerrte ihn zu sich hoch. „Das weißt du GENAU!“

Ihre Gesichter kaum voneinander getrennt starrten sie sich an. Nein, er wusste nicht was Vegeta meinte. Er konnte es sich wirklich nicht … Moment!

„Bist du etwa…?“ Seine Augen weiteten sich. „Immer noch? Wegen dieser alten Geschichte?“
 

Vegetas Gesicht versteinerte. Alte Geschichte … das war es für Kakarott? Eine alte Geschichte?! Wie … wie konnte dieser Arsch das einfach so abtun?! Ja, er hatte sich vielleicht damit abgefunden, dass Kakarott der Stärkere von ihnen beiden war, womit er sich aber NICHT abgefunden hatte, war, dass Kakarott ihn während ihres Kampfes zu Babidis Zeiten, einfach von vorne bis hinten verarscht hatte! Das er ihm NICHT gezeigt hatte, dass er längst stärker war und über den zweifachen Super-Saiyajin hinausgewachsen war. DIESE Schmach … diese Demütigung, dass er Vegeta ernsthaft hatte glauben lassen, dass sie sich ebenbürtig gewesen waren … war alles andere als eine ALTE GESCHICHTE!

Scheiße verflucht, er hatte sogar seine Seele verkauft, um auf Augenhöhe mit Kakarott kämpfen zu können und der hatte einfach … Kakarott hatte … den Dreifachen die ganze Zeit in der Hinterhand gehabt! Damit hatte er sich nicht abgefunden! Oh nein! Das lag zwischen ihnen, würde immer zwischen ihnen liegen! Das ganze verfluchte letzte Jahr hatte er wie ein Besessener trainiert, um wieder zu dem Jüngeren aufzuschließen!

Und dann … hatte er sich und den Sinn des Ganzen irgendwann in dieser Zeit verloren, hatte nicht mehr gewusst, wofür er das überhaupt tat … wem er überhaupt noch etwas beweisen wollte.

Aber all das reichte seinem Artgenossen ja nicht. Nein! Kakarott hatte ja während des letzten Märchens genau in dieser Wunde rumbohren müssen. Hatte sein Leben als sinnlos bezeichnet! Behauptete ständig, dass er nur so viel wert war wie ein elender Bauer! Und jetzt … jetzt sagte er ihm, dass das ohnehin nur … eine alte Geschichte war, die es nicht wert war aufgewärmt zu werden?! Noch deutlicher als in den letzten Minuten hätte Kakarott ihm nicht sagen können, dass er ihn als Witz betrachtete …

„Gott, du kotzt mich so an!“, fauchte er und verpasste Kakarott noch einen Schlag in den Magen, ehe er ihn losließ. Mit einem leisen, verächtlichen Zischen verschwand die goldene Aura um ihn. Seine Haare wurden wieder schwarz, genauso wie seine blauen Augen. Kakarott hatte also ein Problem damit, dass Vegeta ihm das Gefühl vermittelte, er sei ihm egal? Natürlich war er ihm NICHT egal, denn dafür … hasste er ihn zu sehr.
 

„Oooh was macht der Kleine denn jetzt? Ist es etwa schon vorbei? Dabei sah es gerade so vielversprechend aus.“, jammerte Cernunnos. Sein Quastenschweif peitschte unruhig hin und her.

Opa hingegen schüttelte frustriert seinen Kopf. Da lief etwas völlig falsch. Die beiden hatten zwar erst zwei Märchen hinter sich gebracht, aber er wurde das Gefühl nicht los, dass die Beziehung der werten Herren ganz fürchterlich bröckelte und das mussten sie wieder in Ordnung bringen. ER musste das wieder in Ordnung bringen und zwar schnell, bevor … sich noch jemand einmischte.
 

Sich umsehend und vergewissernd, dass der Herr der Anderswelt und er immer noch alleine waren, beugte er sich vorsichtig zu Cernunnos hinüber. Er achtete penibel darauf, dass sein Genosse immer noch von den beiden Saiyajins abgelenkt war und schnappte sich mit einem gezielten Griff das Buch unter Cernunnos Arm. Bevor der Herr der Anderswelt realisierte, was Opa da gerade getan hatte, wurde Angeama bereits auf dessen Schoß aufgeschlagen.

Noch auf den Knien ruhend und sich den Magen reibend, betrachtete Goku Vegetas Kehrseite. Die Worte des Älteren hatten ihn, endlich mal, dazu gebracht wirklich nachzudenken. Gerade nach den letzten beiden Märchen und dem Moment in Aschenputtel, in welchem sie sich nähergekommen waren, in welchem er Verständnis aufgebracht hatte für … einen Prinzen, hatte er da nicht sogar gesagt, dass er öfter auf ihn hören wollte? Im Ettin war es schlussendlich auch Vegeta gewesen, der die Geschichte beendet hatte. Außerdem erinnerte er sich noch an diesen Satz … auch wieder aus diesem Moment in Aschenputtel ‚...außerdem kenne ich so eine Schwäche...‘, ‚Woher?‘, hatte er selbst gefragt … und dann dieses eine Wort von Vegeta: ‚Freezer'.

Goku senkte den Kopf und erhob sich, starrte dabei mit nachdenklichem Gesicht auf den schwarzen Boden und in seinem Nacken stellten sich alle Härchen auf, als ihm plötzlich klar wurde … er hatte Vegeta nie nach dieser Zeit gefragt. Nicht, dass der Ältere den Eindruck gemacht hätte, ihm zu antworten, wenn er danach gefragt hätte, aber … wenn Vegeta mit seiner Antwort wirklich andeuten wollte, dass er unter Freezer etwas Ähnliches erlebt hatte, wie er, Goku, unter dieser Furie Viktoria … dann … dann … oh Gott … Vegeta hatte Jahre … JAHRZEHNTE unter Freezer gedient. Und er … er hatte nie … er hatte sich darüber nie Gedanken gemacht.

Der Saiyajinprinz war mit ihnen auf die Erde gekommen, hatte nicht angefangen alles zu zerstören und damit war für Goku die Sache erledigt gewesen. Gut, es ging damals alles Schlag auf Schlag mit Cell und danach war er ja tot gewesen, aber … in der Zeit bis zu den Cyborgs … selbst da hatte es für ihn nur das Training mit Son Gohan und Piccolo gegeben … er hatte nicht einmal versucht mit Vegeta zu trainieren.

Aus diesem Blickwinkel betrachtet, wurde ihr Duell bei Babidi plötzlich etwas ganz anderes, als einfach nur ein Duell unter gleichwertigen Gegnern. Er hatte nur einen fairen Kampf mit Vegeta gewollt. Ein Duell auf Augenhöhe, sehen wer unter gleichen Bedingungen besser war. Der Ältere … hatte aus einem völlig anderen Grund gekämpft.
 

„Vegeta…“, sagte Goku leise und wollte einen Schritt auf den Prinzen zumachen. Doch da erschien eine Tür zwischen ihnen. Überrascht wich er zurück, stieß jedoch hinter sich gegen eine weitere. Auch neben ihm waren unzählige Türen erschienen. Goku blickte zu Cernunnos und Opa auf, die immer noch über ihnen schwebten und sich gerade wieder zankten. Scheinbar waren Vegeta und er nicht die einzigen, die … Probleme miteinander hatten. Mit einem ernüchternden Seufzen machte er einen Schritt zur Seite, um Vegeta wieder ansehen zu können. Er musste … nein, er wollte diese Dinge, die zwischen ihnen standen, endlich klären. So wie es im Moment zwischen ihnen lief, konnten sie sich nicht einfach ins nächste Märchen stürzen. Das würde doch mit Sicherheit wieder schief gehen. Sie mussten zusammenarbeiten und das ging einfach nicht, wenn sie sich ständig an die Gurgel sprangen. Und … seine Gedanken brachen ab, als er die Tür zwischen ihnen passiert hatte.
 

„Hey! Was machst du da Vegeta?!“

Der Saiyajinprinz hatte den Knauf einer der Märchentüren in der Hand. Als Goku nach ihm rief, hielt er inne. Gefährlich funkelnd huschten seine Augen zu seinem Rassenmitglied.

„Jetzt warte doch Vegeta!“

Ohne Kakarott, der bereits auf ihn zumarschierte, aus den Augen zu lassen, drehte Vegeta den Knauf nach links und die Tür sprang einen spaltbreit auf.

„Das…! Wag es ja nicht! Du wirst da nicht reingehen! Nicht bevor wir – VEGETA!“

Vor sich hinknurrend, dass er keine Befehle von jemandem wie Kakarott entgegennahm, zog der Prinz die Tür einfach auf. Ein Sog erfasste ihn. Sich gegen den Wind wehrend und mit einer Hand gegen den Türrahmen stemmend, blickte er ein letztes Mal zu Goku zurück, dann hob er seine Hand, streckte sie Goku entgegen, zeigte ihm den Mittelfinger und ließ den Türrahmen los. Son Goku sah nur noch, wie die Türe zuschlug.

„VEGETA!!!“
 

„Oh…oh…ähm…“, stotterte Opa, der es selbst nicht fassen konnte, dass Prinz Vegeta einfach alleine in ein Märchen gegangen war. Er schlug hektisch das Buch auf seinem Schoß auf und blätterte einige Seiten um. „Es…es war einm...“

„DAS KANN ER DOCH NICHT EINFACH MACHEN!“, brüllte Goku dazwischen und blickte fassungslos zu dem alten Mann und Cernunnos auf.

„Ähm…“ Der Herr der Anderswelt und Opa warfen sich einen, für Son Gokus Geschmack, zu unsicheren Blick zu.

„Was siehst du mich so an, alter Mann? Das ist eines deiner Märchen, dass sich der Zwerg ausgesucht hat.“, giftete Cernunnos.

„Nun…so einen Fall hatten wir bis jetzt nicht.“ Opa strich sich nachdenklich durch seinen perfekt gekämmten Bart.

„Du redest doch die ganze Zeit davon, dass sich die beiden selbst für ein Märchen entscheiden müssen. Tja…der kleine Hitzkopf hat sich entschieden. Wenn’s nach dir geht, dann hat das ja wohl einen Sinn.“

„Also…ja, Angeama…weiß was es tut.“

„Und warum klingst du dann so, als wäre es ein Problem, dass der Kleine allein gegangen ist?“

„Nun…also…wie gesagt, so etwas ist mir bisher noch nie untergekommen.“
 

Während Cernunnos und Opa darüber philosophierten, was es denn nun jetzt bedeutete, dass Vegeta alleine gegangen war, wandte sich Goku wieder der Tür zu und ballte seine Fäuste. „So…so ein Arsch! Als ob ich ihn…wenn er das alleine…er…ach verdammt!“ Ohne weiter auf Opa oder Cernunnos zu achten, stürmte Goku auf die Märchentür zu und riss sie auf.

Sein Herz machte einen erleichterten Sprung. Da war eine Welt dahinter erkennbar und nicht, wie er befürchtet hatte, nur das Inhaltsverzeichnis. Und noch während er das dachte, erfasste auch ihn der Sog, der ihm fast schon vertraut vorkam. Als die Tür nun auch hinter Goku zuschlug, konnte man den Namen des Märchens erkennen. In goldenen Lettern stand dort ‚Das Feuerzeug‘ geschrieben.
 

Kaum war die Tür zu wurde es still im Inhaltsverzeichnis.
 

Cernunnos und Opa starrten ungläubig blinzelnd auf die Märchentür hinab, bis sich der Herr der Anderswelt als Erster wieder gesammelt hatte. Er gab dem Alten neben sich mit seinem Ellbogen einen kleinen Stubs. „Los…sag’s schon…“ Aus seiner Verwunderung über diese hitzköpfigen Saiyajins gerissen, räusperte sich Opa schnell.
 

„Es…war einmal…“

Das Feuerzeug - Die Hexe und die Hunde

Der schon bekannte Sog hatte Vegeta erfasst und anstatt ihn diesmal kreuz und quer durch ein Nichts zu schleudern, wurde der Prinz einfach unaufhörlich und immer schneller nach vorne gezogen. Er hatte das Gefühl ausgespuckt zu werden, als dieses Ziehen und Drücken plötzlich nachließ, er stolperte un mit seinen Armen rudernd versuchte, die Geschwindigkeit mit der seine Füße auf festen Boden gelandet waren, auszubremsen.

Etwas schlug gegen sein Bein, brachte ihn erneut ins Taumeln und nach zwei weiteren Schritten stand er endlich sicher auf einem hellbraunen, staubigen Weg. Er sah hinter sich, wo weder eine Türe noch Kakarott auftauche. Es war nur ein langer Feldweg da, der zwischen grünen Hügeln hervorkam. Links und rechts des Weges erstreckten sich Felder und Wiesen, in der Ferne konnte er einen Fluss sehen und Berge, der Himmel war blau, übersäht mit weißen Wattewölkchen, Vögel zwitscherten und es war angenehm warm.

So war das eben, wenn ER sich etwas aussuchte. Es war etwas Gescheites. Auch bei dem ersten Märchen hatte er die Rolle des Prinzen bekommen und das hier sah auch so aus, als würde nicht gleich der nächste Wolkenbruch, Nebel, Bean Sìdhe oder Wurm um die Ecke stürmen um ihn anzufallen. Wenn man etwas richtig machen wollte, dann musste man es eben selbst tun. So war das schon immer gewesen. Mit sich und seiner Wahl zufrieden sah er an sich herab.

Nun ja, nicht die Uniform eines Prinzen, aber immerhin eine Uniform. Dunkelblau, wie er tief einatmend feststellte, was eh eine Farbe war, die ihm schmeichelte, silbern aussehende Knöpfe, von denen aber der ein oder andere fehlte und dunkle, abgetragene Lederstiefel. Das Teil, was ihm ans Bein geschlagen hatte, entpuppte sich als ein einfacher Säbel und auf dem Rücken hatte er eine Tasche, die er auch erst mal zu durchsuchen gedachte. Grinsend zog er ein frisches Brot und ein Stück Käse heraus, schulterte die Tasche wieder und beschloss dem Weg und der Richtung, in die er hier herein gestolpert war, zu folgen.
 

Das Bild der Landschaft änderte sich nicht und ihm begegnete auch kein Mensch, kein Fuhrwerk oder was immer hier unterwegs sein mochte. Nichts ließ darauf schließen, was es in diesem Märchen zu tun gab. Da er auch nicht wusste, wie dieses Märchen hieß, beschloss er ganz untypisch sich einmal keine Gedanken zu machen und einfach nur die himmlische Ruhe und Gelassenheit zu genießen, ohne Kakarott. Kakarott … Kakarott … … … KAKAROTT!!! Gott allein schon an diesen Namen zu denken brachte die Wut zurück und er trat nach einem Stein. Dann nach einem anderen und nach noch einem und noch einem. Wie hatte dieser Kerl, wie hatte dieses Arschloch es geschafft, so lange zu überleben?! Der war so dumm wie der Dreck unter seinen Füßen und genauso viel wert!

Verflucht nochmal! Wenn er an früher zurück dachte … ihm fielen so viele Strafen ein denen er als Kind beigewohnt hatte und die er Kakarott hätte aufdiktieren können, bei diesem respektlosen Verhalten … wenn er davon auch nur eine, EINE, an ihm hätte ausleben können, das hätte ihm jetzt schon gereicht. Den Schweif schären zum Beispiel, oder einen Ring mit einem Glöckchen durch das letzte Glied treiben … dies hatte zu den größten Schanden gehört, waren aber auch noch milde Strafen gewesen. Interessanter wurde es dann, wenn man ihm den Schwanz Glied für Glied abgenommen hätte oder noch besser, man hätte ihn gleich an die Mauer der Verräter genagelt und er hätte jeden Tag zusehen können, wie Kakarott in der Sonne geröstet worden wäre. Oh … sein Vater hatte viele Möglichkeiten gekannt Saiyajins zu bestrafen, die ihm nicht gehorchten, oder ihre Aufgabe nicht erfüllten. Wahrscheinlicher wäre aber gewesen, dass er Kakarott nie begegnet wäre. Wenn aber doch … und er hätte ihn auch einmal nur falsch angesehen …

Ein Seufzen entkam den Lippen Vegetas, während er sich die nächste Methode ausmalte, mit der er seiner Wut an dem Jüngeren abreagiert hätte, wenn es ihr Volk noch gäbe und ihren Planeten und einfach alles, von dem dieser Vollidiot keine Ahnung hatte!
 

So in Gedanken versunken, übersah Vegeta den gigantischen Baum, der am Wegesrand stand und immer näherkam. Erst als er einen Schritt bereits in seinem Schatten tat, wurde ihm das gigantische Gewächs bewusst und er legte den Kopf in den Nacken, um in die Baumkronen zu sehen. „Riesenteil...“, murmelte er vor sich hin und bekam von dem Stamm eine Antwort.

„Nicht wahr?“

Der Saiyajin blinzelte. Nein, nicht der Stamm … da stand ein verhutzeltes, altes Weib, hässlich wie die Nacht und in braune Lumpen gekleidet zwischen den großen Wurzeln. Angeekelt verzog Vegeta das Gesicht und wollte weiter gehen, als die Alte ihn mit ihrer krächzenden Stimme zurückhielt.

„Junger Soldat, wenn du mir einen Gefallen tust, dann kannst du dir hinterher jeden Wunsch erfüllen.“

Schon wieder dieses Märchengelabber und eigentlich war ihm das scheiß egal, aber da das garantiert zu dieser Geschichte gehörte und er, zwar möglichst lange ohne Kakarott unterwegs sein wollte, aber nicht wieder Monate hier drinnen feststecken wollte, würde er der alten Hexe wohl zuhören müssen.

„Spuck‘s aus!“

„Dieser Baum hier, der ist hohl Söhnchen und du bist ein strammer junger Soldat. Du musst wissen, unter der Erde, in seinem Inneren da gibt es Geld, viel Geld … so viel Geld, dass du dir damit all deine Wünsche erfüllen kannst. Du könntest dir ein Königsschloss kaufen, ein Prinz sein, ein König, nie wieder Hunger, nie wieder Sorgen … all das wartet da drin auf dich und du musst es dir einfach nur holen.“

Das klang zu gut um wahr zu sein und stank zum Himmel. Da gab es mit Sicherheit einen Haken. „Und du sagst mir das weil...?“

„Ich zu alt bin um hinunter zu klettern.“

„Und ich soll dir wohl die Hälfte von dem Geld geben, was?“

„Nein, alles was ich will, ist ein Feuerzeug, welches ich dort unten vergaß, als ich das letzte Mal Geld holen war. Es gehörte meiner Großmutter und ist ein Erinnerungsstück.“

Vegeta hob skeptisch die Braue. „Und du willst nichts von dem Geld?“

„Söhnchen, Söhnchen, wenn du in mein Alter kommst, dann machst du dir nichts mehr aus Geld, sondern hängst lieber an den Erinnerungen deiner Kindheit.“

In Anbetracht der Tatsache womit er die letzten Stunden verbracht hatte, konnte er das sogar nachvollziehen. Die Augen leicht verdrehend fragte Vegeta: „Und was erwartet mich da unten genau?“

Die Alte trat von den Wurzeln weg und humpelte gebückt und auf einen knochigen Ast gestützt auf ihn zu. Dabei zog sie ein dunkelblaues Tuch aus der Tasche. „Ich geb dir dieses Zaubertuch. Alles was du darauf setzt, verschwindet in seinem Inneren und du kannst so viel hineingeben wie du möchtest. Wenn du es wieder herausholen willst, dann musst du es nur ausbreiten, deine Hand darauf legen und an das denken, was du haben willst und es wird auf der Oberfläche erscheinen.“

„Praktisch.“

„Gewiss. Dort unten gibt es drei Kammern. In der ersten findest du eine Truhe mit Kupfermünzen und einen Hund, halb so groß wie du, aber mit rasiermesserscharfen Zähnen, doch der wird dir nichts tun, auch nicht, wenn du dir alles Kupfer aus seiner Truhe nimmst. Willst du aber lieber Silbermünzen, dann musst du in den zweiten Raum. Dort sitzt allerdings ein Hund, der ist so groß wie ein Pferd und seine Eckzähne sind halb so groß wie du. Sollte es dich aber nach Gold verlangen, dann ist die dritte Kammer die deine. Dort wacht ein Hund, so groß wie ein Haus mit Zähnen die alles zerreißen und zerfleischen können. Aber auch vor dem musst du dich nicht fürchten, denn auch er wird dir nichts tun, selbst wenn du all sein Gold nimmst.“
 

Irgendwie klang das … nicht wirklich plausibel. Warum sollten da unten solche Tiere Wache halten, wenn sie dem, der kam um das Geld zu stehlen, nichts taten? Das war doch idiotisch! Andererseits … welches Märchen war nicht idiotisch …

„Und wo ist das Feuerzeug?“

„Das weiß ich nicht mehr…ich hab es irgendwo verloren. Irgendwo in den drei Zimmern, vielleicht ist es mir auch in eine der Kisten gefallen. Ach Söhnchen, das ist alles so lange her.“

Zögerlich griff Vegeta nach dem blauen Tuch. Ihm kam das alles noch sehr seltsam vor … und es war einfach UNMÖGLICH, dass diese ganze Sache keinen Haken hatte aber … er würde es wohl darauf ankommen lassen müssen. Zumindest würde ihn das von Kakarott ablenken.

„Und wie komm ich in den Baum?“

„Auf der Rückseite hängt ein Seil, Söhnchen. Damit kannst du bis zur Baumkrone klettern, wo du eine Öffnung finden wirst. Mit dem Seil kannst du dich dann in das tiefste Innere hinablassen.“

Jetzt wo die alte Schabracke so dicht vor Vegeta stand, begann er sie genauer zu mustern. Ihre Nase hatte einen gewaltigen Höcker und die Nasenspitze reichte ihr fast bis zum Kinn hinab. Ihre Haut war übersäht mit Falten. Auf dem Kopf hatte sie kaum noch Haare und die, die sie noch hatte, waren fettig und grau. Ihre Augen waren von einer so durchdringenden Schwärze, so ein Schwarz hatte er noch nie gesehen, nicht einmal bei einem Saiyajin. Sie waren … unheimlich. Als würden sie all das Böse dieser Welt verkörpern und als ob diese Hexe mit ihren Höllenaugen seine Seele in sich aufsaugen könnte. Er wandte schnell seinen Blick ab. Diese scheiß Märchen immer!
 

Ohne ein weiteres Wort an das alte Weib zu richten, ging er um den Baumstamm herum, entdeckte auch gleich das Tau, das, als er es mit seinem Blick verfolgte, irgendwann zwischen den dichten Ästen verschwand. Wundervoll. Er durfte also klettern. War ja nicht so als könnte er im echten Leben fliegen …

Erneut verdrehte Vegeta seine Augen. Dieses Märchen nervte ihn fast noch mehr als Kakarott. Obwohl … nein, nichts konnte ihm jemals so die Laune verderben wie dieser Clown! Schlimm genug, dass er andauernd an ihn denken musste! Missmutig schnappte er sich das Seil, stemmte sein rechtes Bein gegen die Rinde und begann den mühsamen Aufstieg. Sich durch immer dichter werdendes Gestrüpp hindurchquetschend erreichte er endlich diese ominöse Öffnung, von der die Alte gesprochen hatte. Direkt davor befand sich ein Ast, der dick genug aussah, dass Vegeta darauf steigen konnte und erst einmal einen Blick in das schwarze Loch werfen konnte. Erstaunlicherweise sah man am Boden des Schachts Licht flackern. Nachdem er das Seil nach oben gezogen und in das Loch geworden hatte, überkam ihn nochmal ein verdammt ungutes Gefühl. Es würde hier sowas von einen Haken geben, dessen war er sich nur allzu bewusst, aber … war doch im Endeffekt auch egal. Alles war ihm egal! Auch das hier würde er hinbekommen, ganz ohne Kakarott! Er würde da runtersteigen, das Feuerzeug der Hexe suchen und dann … scheiße verdammt! Warum hatte er sich nur nicht den Titel dieses Märchens angesehen?!
 

Vegeta staunte nicht schlecht als er sich der Schacht, den er hinunterkletterte, öffnete und er inmitten einer gigantischen, unterirdischen Halle hing. Sie war ausgeleuchtet von vielen, kleinen, umherschwirrenden Punkten … wohl Glühwürmchen, die kreuz und durcheinander flogen. Sich umblickend entdeckte er die drei Türen, von denen die Schabracke erzählt hatte. Immerhin das stimmte bis jetzt. Stück für Stück ließ er sich noch das letzte Stück Seil hinab, merkte, wie seine Kräfte langsam weniger wurden und er deswegen innerlich zu fluchen anfing. Wie schwach Menschen doch waren! Das Tau reichte zusätzlich nicht bis zum Boden, also musste er die letzten zwei Meter hinabspringen. Gleichzeitig verfluchte er sich selbst, denn er hatte keine Ahnung, ob der Körper, in dem er steckte, die zwei Meter wieder nach oben würde springen können. Als beim Landen ein kurzer, stechender Schmerz von seinem Knöchel durch sein Bein schoss, wurde er wieder wütend. Wütend darüber, dass er in dieses scheiß Loch hatte klettern müssen und dass diese Hexe ihn jetzt mit Sicherheit hier würde versauern lassen. Er würde eledig krepieren, weil er den Haken einfach nicht erkannte und … und wessen Schuld war das alles?! Natürlich die von Kakarott ...
 

Sich über seinen Knöchel reibend stellte er zumindest fest, dass er nicht gebrochen war. Diese dreckigen, alten Stiefel hatten seine Waden wohl soweit stabilisiert, dass sie diesem Sprung standgehalten hatten. Wenigstens etwas. Dann würde er im schlimmsten Fall hier verhungern. Tja … oder von diesen Viechern gefressen werden.

Noch während er das dachte, fiel sein Blick auf die drei Türen. Nach der Beschreibung der Alten war dahinter ein Köter gefährlicher als der andere. Von wegen, sie würden ihm nichts tun! Kakarott würde dem vielleicht Glauben schenken, aber sicher nicht er! Der Säbel an seiner Seite fiel ihm plötzlich ein, über den er fast gestolpert wäre, als er in diesem Märchen angekommen war. Er zog ihn und schlich auf die erste Tür zu. Wozu sollte er noch Zeit verlieren? Davon hatten sie ohnehin schon genug verschwendet!

Er ließ den Säbel einige Male über sein Handgelenk schwingen und stellte befriedigt fest, dass seine Figur, dieser Soldat, dieses Teil zu beherrschen schien. In geduckter Haltung drehte er an dem bronzenen Knauf der ersten Türe, stieß sie auf und sprang zurück, den Säbel über seinem Kopf haltend, bereit jederzeit dem Köter den Schädel zu spalten. Die Tür schwang auf und die Glühwürmchen wirbelten durch den Luftsog wild umher. Alles blieb seltsam ruhig ...
 

Vegeta wartete, darauf gefasst, dass sich jederzeit ein wildes Tier auf ihn stürzen würde und er es in hundert Fetzen zersäbeln konnte. Denn genau danach war ihm gerade. Er wollte irgendetwas zerfetzen, zerreißen, zerstückeln. Doch … nichts rührte sich in der Kammer. Wieso kam der Köter da nicht raus verdammt?! Er trat einen Schritt vor, hob den Säbel weiter an, dann noch ein Schritt, noch einer, bis er mitten in der Kammer stand. Die Glühwürmchen flogen in den Raum und ihr Licht fiel auf eine kleine Truhe. Er musterte sie aufmerksam, doch dann lenkte ihn eine Bewegung im Schatten dahinter ab. Wieder machte er einen Schritt retour.

„Komm raus, Köter!“

Als ob das Tier nur auf ein Kommando gewartet hätte, erhob es sich hinter der Truhe, reckte dabei sein Hinterteil in die Luft und streckte seine Pfoten nach vorne. Man hätte meinen können, es würde sich vor Vegeta verneigen, doch es gähnte herzhaft, legte dabei den Blick auf seine rasiermesserscharfen Zähne frei. Dieser Hund war nicht sonderlich groß, die Hexe hatte das Tier also richtig beschrieben. Irgendwie erinnerte es Vegeta an eines der Hundsviecher, die Bulmas Vater immer um sich hatte und die waren alles andere als gefährlich. Eine verblödete Rasse, die nur nach der Pfeife ihres Herrn tanzte …

Nachdem sich der Hund ausgiebig gestreckt hatte, kam er mit wedelndem Schwanz um die Truhe herum, setzte sich daneben und starrte Vegeta einfach nur an. Da sich der Prinz jedoch keinen Millimeter bewegte, legte der Hund seinen Kopf schief, als würde er fragen wollen, warum Vegeta denn nichts tat. Diese Geste … dieses Kopf schief legen … warum musste ihn einfach immer alles an diesen Vollidioten Kakarott erinnern?!

Vorsichtig und wachsam richtete sich der Prinz auf, ließ den Säbel sinken, hielt ihn jedoch immer noch fest in seiner Hand, bereit ihn jederzeit einzusetzen. Den Hund nicht aus den Augen lassend trat er an die Kiste heran. „Ja, so ist’s brav. Mach schön ‚Sitz‘…Köter.“

Hochkonzentriert öffnete Vegeta die Kiste. Stück für Stück. Den Hund ununterbrochen anstarrend, doch … der rührte sich auch weiterhin nicht. Als die Truhe zur Gänze offen stand, hob Vegeta fragend eine Augenbraue an. „Du bist ein schlechter Wachhund, das ist dir schon klar, oder?“

Als Antwort auf diese Frage erntete der Prinz ein erneutes Gähnen. Vegeta verdrehte die Augen.
 

Weiterhin aufmerksam griff er in die Truhe und holte Hand um Hand Kupferstücke heraus, legte sie auf das blaue Tuch der alten Schachtel und sie sanken einfach ab und verschwanden. Der Hund beobachtete ihn interessiert dabei, doch tat darüber hinaus nichts weiter. Als es nicht den Anschein machte, dass die Truhe leerer werden würde, legte Vegeta den Säbel griffbereit neben sich, behielt den Hund im Auge und hob mit einem Ächzen die ganze Truhe hoch um sie einmal auszukippen. All die Kupferstücke klimperten in das Tuch und es waren derer sehr viel mehr, als in die Truhe hätten passen dürfen; Märchen halt. Als nichts mehr herauskam, fand die Truhe ihren Platz wieder auf dem Podest und Vegeta packte das Tuch zusammen und den Säbel. Der Hund legte den Kopf auf die andere Seite, sah ihn an und schlabberte einmal mit seiner Zunge über seine Schnauze.

„Drecksvieh...“, murmelte der Saiyajin … genauso treudoof wie ein gewisser Jemand den er kannte. Dem Braten immer noch nicht trauend, ging er rückwärts aus der Türe und atmete erst auf, als er sie wieder schloss und tatsächlich einfach NICHTS passiert war. Das war einfach komplett … bescheuert!
 

Mit der gebotenen Vorsicht ging Vegeta an den zweiten und dritten Raum heran. Die Hunde waren hier sehr viel größer und sahen genauso aus, wie sie die Hexe beschrieben hatte, als könnten sie ihn beide mit einem einzigen Bissen umbringen. Besonders der gigantische Hund im dritten Raum, der hätte ihn mit einem Happs, unzerkaut hinunterschlucken können. Zu seinem Glück verhielten sie sich aber genauso unlogisch wie der Hund bei den Kupferstücken.

Der zweite Köter war aufgesprungen als Vegeta die zweite, größere Kammer betreten hatte, war schwanzwedelnd um ihn herumgelaufen und hatte sich dann auf den Rücken geworfen und ihm seinen Bauch präsentiert. Verächtlich schnaubend hatte Vegeta ihn einfach ignoriert und war an die Truhe mit den Silberstücken herangetreten.

In der dritten Kammer war ihm dann das größte und furchteinflößendste Vieh begegnet. Riesig, gigantisch ragte es bis zur Decke des Raumes, unter sich zwischen seinen Beinen die Truhe mit dem Gold. Als Vegeta nähergetreten war, den Säbel erneut zum Schlag erhoben, hatte sich der Kopf des Köters zu ihm herabgesenkt und sie hatten sich eine ganze Weile einfach nur angestarrt bis sich das Maul des Tieres geöffnet hatte und Vegeta nur noch dachte, dass jetzt seine letzte Stunde geschlagen hätte. Doch der gigantische Hund hatte nur zu hecheln begonnen, seine Lefzen nach hinten gezogen und fast hätte man meinen können, er grinse den Saiyajinprinz an. Die Krönung des Ganzen war es dann, als dieses Mistviech seine Zunge herausstreckte und Vegeta einmal von unten nach oben abschlabberte. Fluchend, sich den Sabber aus dem Gesicht wischend, hatte er den Köter angeschrien, dass er das gefälligst lassen sollte, woraufhin sich der Hund prompt auf seine Hinterbeine gesetzt hatte und sich artig nicht mehr bewegte. Das Verhalten dieser Tiere eindeutig weitere Beweise dafür, dass Muskeln ohne Hirn einfach nur nutzlos waren …
 

So fanden Silber und Gold ihren Weg zum Kupfer und Vegeta steckte das wertvolle, blaue Tuch sicher unter seine Uniform an seiner Brust. Sollte dieses Märchen noch etwas anderes zu bieten haben, außer Hunde, Hexen und diesen Feldweg, dann würde er es sich gut gehen lassen können.

Zufrieden mit sich und dem was er erreicht hatte, trat er wieder in den großen runden Raum, in welchem das Seil weit über dem Boden hing. Verflixt, er musste ja noch dieses blöde Feuerzeug finden. Suchend sah er sich um, ging den Raum ab, dann sogar noch einmal in die Räume mit den Hunden, welche wieder nur träge den Kopf hoben und ihn mit ihren Augen verfolgten, bis auf den größten von ihnen, der sofort wieder zu hecheln begann und sein gewaltiger Schweif freudig hin und her wedeln ließ.

Vegeta schlug auch die Deckel der Truhen hoch und sah, dass in ihnen schon wieder die ersten Münzen funkelten. Grinsend kehrte er in die große Halle zurück. Er konnte sich also immer wieder hier bedienen, wenn das Märchen länger dauern würde. Das Tuch noch einmal hervor holend betrachtete er es. Das war schon ein praktisches Teil … hoffentlich wollte es die Alte nicht zurück … und selbst wenn, er konnte es ihr ja auch einfach verweigern. Was konnte die schon gegen ihn ausrichten? Während er so darüber nachdachte, wo dieses Feuerzeug noch sein könnte, spürte er plötzlich etwas Hartes in seiner Hand aufschlagen. Mit gerunzelter Stirn, das Tuch wieder einsteckend, erblickte er das Objekt seiner Begierde. Es war wohl wirklich in einer der Truhen gewesen. Glück gehabt, so musste er nicht weiter seine Zeit damit verschwenden es zu suchen und es zeigte ihm auch, dass das Tuch genau so funktionierte, wie die Alte es ihm gesagt hatte.

Den Kopf in den Nacken legend starrte er nun zu dem Seil hoch, welches in zwei Metern Höhe über seinem Kopf schwebte. Probehalber sprang er einmal aus dem Stand nach oben und streckte seine Hand aus. Er hatte es zwar geschafft, das untere Ende mit seiner Hand zu erreichen und es zu packen aber … keine Chance. Die Figur, die er hier verkörperte, hatte nicht genug Kraft in den Armen um sich so an dem Seil hochzuziehen. Fluchend war ihm daraufhin das Seil aus der Hand gerutscht und er war wieder auf dem Boden gelandet. Auch die nächsten drei Versuche brachten dasselbe Ergebnis. Vor sich hin grummelnd sah er sich in der unterirdischen Halle um, fand jedoch nichts, was ihm bei diesem Problem hätte helfen können. Und alles nur wegen Kakarott! Wegen ihm war er in diesem beschissenen Buch!

Gedankenverloren spielten seine Finger mit dem Deckel des Feuerzeugs, klappten es auf und wieder zu. Dann blieb ihm nur die Möglichkeit diese elendig schweren Truhen hierher zu zerren, sie zu stapeln und von da aus zu dem Seil zu springen. Doch ehe sich Vegeta versah, saß der kleine Hund aus dem Kupferraum neben ihm und wedelte mit dem Schwanz. Einen Satz von ihm weg machend zog der Saiyajin sein Schwert und hielt ihn dem Vieh entgegen. Wie zum Teufel war der aus der verschlossenen Kammer gekommen?! Ob er jetzt doch noch von den Viechern angegriffen wurde? Ihm fielen fast die Augen aus dem Kopf, als der Hund plötzlich zu sprechen begann: „Befiel mein Herr und ich werde gehorchen.“

„Was?“

„Befiel mein Herr und ich werde gehorchen.“

„Das hab ich schon verstanden!“

Der Hund blieb stumm und starrte ihn weiterhin an. Vegeta knirschte mit den Zähnen. Das Vieh würde ihm also gehorchen? Konnte das sein? Aber was sollte er mit diesem kleinen Flokati anfangen? Er mochte keine Hunde … die waren dumm und folgsam und … erinnerten ihn an jemanden, an den er nicht erinnert werden wollte! Verdammt nochmal … jetzt dachte er schon wieder an Kakarott und auch noch mit den gleichen Gedanken wie schon zuvor! Das durfte doch nicht wahr sein!

Okay … gut, der Köter war aufgetaucht, als er mit dem Deckel des Feuerzeugs geschnippt hatte. Wenn er das nochmal tat, dann verschwand er vielleicht auch wieder. Gesagt, getan. Doch nichts passierte. Genervt klappte er den Deckel des Feuerzeugs zweimal schnell hintereinander auf und zu, doch anstatt dass der Köter jetzt verschwand saß plötzlich auch noch der vor ihm, der so lange Eckzähne hatte und so groß war wie er selbst.

„Befiel mein Herr und ich werde gehorchen.“

„Echt jetzt?!“ Aber Moment … er starrte auf das Feuerzeug und ein Grinsen stahl sich auf seine Lippen. Er ließ es diesmal dreimal hintereinander schnippen und schon stand der Hund vor ihm der so groß war wie ein Haus.

„Befiel mein Herr und ich werde gehorchen.“ Na das war doch mal wirklich ein nützliches Spielzeug. Kein Wunder, dass die Hexe es hatte haben wollen. Diese alte Schabracke! Ihn mit Kupfer, Gold und Silber ködern und den genialsten Schatz für sich behalten. Na der Alten würde er es aber zeigen!

Sich zu dem größten der drei Hunde umdrehend sagte er: „Heb mich zu dem Seil hoch.“ Ohne zu diskutieren oder anderweitig Zeit zu verlieren, legte sich der Hund auf den Boden, Vegeta begann an seinem Fell hochzuklettern und als er in dessen Nacken stand, erhob sich das gigantische Vieh wieder und Vegeta konnte sich ganz bequem direkt an dem Loch, durch das er hier herunter gekommen war, das Seil schnappen. Das Feuerzeug vorher noch gut verstauend machte er sich an den langen und beschwerlichen Aufstieg und, als er endlich wieder im Tageslicht stand, an den Abstieg am Baum.
 

Die alte Hexe wartete schon ungeduldig auf ihn. „So Söhnchen, hast du alles so vorgefunden, wie ich es dir gesagt habe? Hast du dein Gold?“

„Hab ich.“

„Und hast du auch das Feuerzeug gefunden, nach welchem ich dich gebeten habe zu suchen?“

„Habe ich.“

Gier blitzte in den Augen der Alten auf und ihre fordernde Hand, mit den langen Nägeln, schnellte in seine Richtung. „Gib es mir.“

„Nein.“

„Was?“

„Nein.“

Sie starrte ihn erbost an und ihre Augen sprühten Gift und Galle, sie begann mit ihrem Stock vor seinem Gesicht herumzufuchteln und allerlei Beschimpfungen gegen ihn auszusprechen.

„Du undankbarer Tunichtgut! Du unersättlicher Mensch! Ich habe dir den Weg zu Reichtum und der Erfüllung deiner Träume gewiesen und du verweigerst einer alten Frau das Andenken an ihre Großmutter?! In der Hölle sollst du schmoren, ich verfluche dich! Hörst du? Ich VERFLUCHE dich!“
 

Ohne mit der Wimper zu zucken schnippte Vegeta den Deckel des Feuerzeugs schnell zwei Mal und der mittlere Hund mit den langen Reißzähnen erschien neben ihm. Der Alten erstarb jedes Wort auf der Zunge.

„Befiel mein Herr und ich werde gehorchen.“ Und während eine kleine und sehr leise Stimme in Vegetas Kopf noch schrie, dass er das nicht machen konnte, dass sie ihm nichts getan hatte, dass es einfach jenseits jeder Moral war, was er grade vor hatte zu tun, zeichnete sich auf den Lippen des Saiyajinprinzen ein eiskaltes Lächeln ab. Ja, Kakarott hätte ihm das mit Sicherheit auch gesagt, aber der war nicht hier … niemand war hier … und es war ein Märchen, eine Geschichte, bei der er tun und lassen konnte was er wollte, ohne Konsequenzen für sein reales Leben. Sein Grinsen wurde noch breiter.
 

„Friss.“

Das Feuerzeug - Von Richtern und Soldaten

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Das Feuerzeug - Ein Treffen in der Nacht

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Das Feuerzeug - Recht und Unrecht

Vegeta hatte einige Tage gewartet, in denen er darüber nachdachte, wie er nun weiter vorgehen sollte, bevor er sich dazu entschloss, die Prinzessin erneut zu sich bringen zu lassen. Diesmal hatte er dem zweitgrößten Hund in seinem Gefolge jedoch die Weisung erteilt darauf zu achten, DASS er gesehen wurde. Und wie er erwartet hatte, war der Prinzessin und dem Köter jemand gefolgt. Es war eine rundlichere Frau gewesen, in einen Kapuzenumhang gehüllt, höchstwahrscheinlich die Amme der Königstochter. Sie hatte einige Zeit unter seinem Fenster gestanden, bevor sie schließlich den Türrahmen des Gasthauses mit einem weißen X markiert hatte. Doch so schnell hatte sich Vegeta nun auch wieder nicht aufspüren lassen wollen. Sein Ziel war es erst einmal zu sehen, womit er es zu tun bekommen würde. Also hatte er sein Feuerzeug einmal schnalzen lassen und seinem kleinsten Köter befohlen, auf sämtliche Türen in der Umgebung dieselbe Markierung anzubringen.
 

Nachdem der Hund ihm die Prinzessin in jener Nacht gebracht hatte, hatte sich Vegeta auch mehr über den König und die Königin erzählen lassen. Wie eine aufgezogene Puppe hatte sie ihm sogleich stundenlang über ihr erbärmliches Dasein berichtet. Mit jedem Wort, das aus ihrem Mund kam, wurde Vegetas Abneigung, oder konnte man es schon Hass nennen?, auf diese Personen größer, welche die Königswürde so sehr in den Schmutz zogen.

Da war nichts, was ihn an seine eigene Zeit als Prinz erinnert hätte. Keine Lehrstunden über ihr Volk, keine Sprachen, die sie zu lernen gehabt hätte, keine Strategie- und Taktikstunden, keine Trainingseinheiten, nichts. Stattdessen hatte man ihr Tagein und Tagaus nur beigebracht, was sich für eine zukünftige Königin geziemte. Nämlich einzig und allein ihrem zukünftigen Mann zu gefallen. Ihm Lust zu bescheren, ihm unterwürfig zu dienen und immer die Klappe zu halten. Nicht selber denken, nichts in Frage stellen und schon gar nicht irgendwelche Widerworte geben. Diese Lektionen hatte sie hart lernen müssen. Meistens durch Schläge auf ihren Hinterkopf, sodass niemals sichtbare Verletzungen zurückblieben oder … jedoch schien ihr das selbst gar nicht bewusst zu sein, dass es eine Strafe war … indem ihr Stiefvater sie härter rannahm, ihr sein stinkendes Gemächt kräftiger in den Rachen stieß, sodass sie sich auch hin und wieder dabei übergeben hatte. Vegeta erkannte das Muster in ihren Erzählungen sofort, denn diese „härteren“ Lektionen waren immer an Abenden gewesen, an denen sie nicht „artig“ benommen hatte oder auch nach der Legende ihres Soldaten fragte …
 

Sie war einfach nur ein Objekt in den Augen dieser Tyrannen, das man für spätere Zwecke herrichtete, um es gewinnbringend … verkaufen zu können. So … durfte man eine Prinzessin nicht behandeln! Sklaven ja, aber doch nicht jemanden, der königlichen Blutes war! Mit jeder Geschichte aus dem Leben der Prinzessin starb etwas in Vegeta, denn … es erinnerte ihn zusehends an seinen eigenen Leidensweg. Er war natürlich anders gewesen und doch war es irgendwie gleich.

Ein Prinz war nun einmal nichts wert, wenn er kein Volk mehr hatte. Kurz zuckte ihm die Erkenntnis durch den Kopf, dass dies genau das war, was ihm Kakarott mehr oder weniger auch gesagt hatte, er es aber aus dessen Mund nicht hatte wahrhaben wollen und auch jetzt verschloss er sich dessen, dass der Jüngere sehr wohl Recht gehabt hatte, weil … weil das einfach nicht ging, dass Kakarott Recht hatte! Die Missachtung und die Häme die jemandem entgegenschlug, der eigentlich ein König hätte sein sollen, aber keiner mehr war, war bis zum heutigen Tag nicht aus seinem Leben gewichen … auch auf der Erde nicht.
 

Es tat Vegeta fast leid als er die Prinzessin in dieser Nacht zurückwies als sie erneut versuchte sich ihm anzunähern. Oh, und wie sie es versucht hatte. Mit allen weiblichen Reizen, die ihr zur Verfügung standen und die sie hervorragend einzusetzen wusste. Doch allein von dem Gedanken daran, WOHER sie diese Verführungstaktiken kannte, wurde ihm übel. Also schickte er sie nach Hause. Er hatte ohnehin bereits alles gehört, was er hatte hören müssen …
 

Am nächsten Tag hatte sich dann doch tatsächlich das Königspaar dazu herabgelassen, begleitet von einer Schar Soldaten, in die Stadt hinabzureiten, um den Halunken zu stellen, der es gewagt hatte, ihre Tochter zum zweiten Mal zu entführen. Doch als sie an so ziemlich jedem Türrahmen ein gemaltes X entdeckt hatten, hatte man die Frau holen lassen, die behauptet hatte, der Prinzessin letzte Nacht gefolgt zu sein.

Vegeta beobachtete das darauffolgende Spektakel aus seinem Fenster, sein Feuerzeug fest in der Hand, damit rechnend, dass die Frau das Gasthaus wiedererkennen würde. Doch dem war nicht so. Hektisch drehte sie sich zu allen Seiten, schien angestrengt darüber nachzudenken, welches Gebäude denn nun das richtige war. Doch sie wusste es nicht mehr. Immerhin war es doch finsterste Nacht gewesen und sie selbst war selten bis nie in der Stadt. Wohl ein Fehler, den der König nicht zu tolerieren gedachte, denn er ließ die Amme in Ketten legen. Von zwei Soldaten flankiert wurde sie weggeschleift. Nach einem wütenden und verächtlichen Blick des Königs in alle Richtungen, gab er den Befehl zum Rückzug.
 

Vegetas Finger zitterten am oberen Rand des Feuerzeuges. Ohne es bewusst zu steuern, bewegten sie sich schließlich. Einmal, Zweimal.

„Befiehl mein Herr und ich werde gehorchen.“

Es dauerte einige Herzschläge, bevor sich Vegeta aus dem Fenster lehnte und der bereits davonreitenden Meute hinterherschrie: „HEY DU MIESES KÖNIGS-ARSCHLOCH! HIER! HIER BIN ICH!!! KOMM UND HOL MICH!!!“

Als man die Pferde anhielt und herumriss, um zu sehen, wer das gesagt hatte, flüsterte Vegeta nur noch mit mordlüsternem Blick: „Zerfetz sie…alle.“
 

Der zitternde Soldat neben Son Goku beendete seine Erzählung.

„Und…was ist dann passiert als ihr hier aufgetaucht seid?“, wollte der Saiyajin von dem Oberst zu seiner Rechten wissen.

„Nun…ich weiß nicht, wie es dem Räuber der Prinzessin gelungen ist, aber er hat den König in die Irre geführt und sich gut versteckt. Als wir uns zurückziehen wollten, gab er sich plötzlich zu erkennen und hetzte eine monströse Bestie auf uns…“ Der Offizier blieb stehen. Sein ganzer Körper bebte. „So etwas habe ich noch nie gesehen, werter Richter. Ein Monstrum, mannshoch, mit Reißzähnen so groß wie ein Menschenkopf, dass sich ohne Differenzierung auf Soldaten, Bürger und…und die Königin, sie…“

Goku legte dem Mann mitfühlend seine Hand auf die Schulter. „Schon gut. Ich denke, ich habe…alles gehört und gesehen, was ich wissen muss. Wo ist dieser Mann jetzt?“

„Nun…ein paar von uns haben es geschafft, an der Bestie vorbeizukommen, während sie damit beschäftigt war, die anderen…zu…zu zerreißen…und konnten ihn im obersten Zimmer des Gasthauses stellen. Er stand immer noch am Fenster und starrte auf das Massaker hinab. Völlig regungslos. Als wir ihn packen wollten, zog er seine Waffe und streckte eigenhändig drei weitere von uns nieder. Erst danach konnten wir ihn überrumpeln und festsetzen.“

„Das habt ihr gut gemacht…“ Goku drückte die Schulter des Oberst fester, um seiner Anerkennung Ausdruck zu verleihen.

„Ich danke Euch. Herr Richter…?“

„Ja?“

„Da gibt es noch etwas.“

„Was denn?“

„Ich…ich bitte Euch nur…uns nicht unsere Geistesfreiheit abzuerkennen, doch…als wir diesem Mann die Ketten anlegten, verschwand auch die Bestie. Sie…löste sich einfach in…Luft auf.“

„Ta…tatsächlich?“

„So…haben es mir meine tapfersten, überlebenden Soldaten berichtet.“

„Mmh…“ Goku griff sich ans Kinn und überlegte. Eine monströse Bestie, die einfach wie von Zauberhand wieder verschwand? Eigenartig. Bisher hatte diese Erzählung nichts Zauberhaftes an sich gehabt. Und ob dieser Mann vielleicht sogar … Vegeta war? Immerhin hatte Goku ihn bis jetzt noch nicht gefunden und irgendwo in diesem Märchen musste er ja stecken. Aber … sein Blick fiel auf den Leichenwagen, der in diesem Moment mit einem Tuch bedeckt wurde. Doch bevor dies geschah, erhaschte er den Blick auf die Leiche eines kleinen Mädchens, dessen blutiges Gesicht mit bis auf die Knochen reichenden Klauenspuren aufgeschlitzt war. Ihr Brustkorb war eingedrückt und Rippen durchstießen ihr himmelblaues Kleidchen, welches an den meisten Stellen nun dunkelrot verfärbt war. Nein, Vegeta würde so etwas niemals tun. Dieser Kerl, dieses Monster, konnte nicht Vegeta sein!

Der Leichenwagen setzte sich rumpelnd über die Pflastersteine in Bewegung und Goku folgte ihm mit den Augen. Er spürte den Wunsch den Mörder der Königin qualvoll und langsam hinrichten zu lassen und erschrak darüber. Dies war mit Sicherheit das, was in diesem Märchen ursprünglich geschehen war und was der Richter, der seine Herrscher und das Volk in diesem Land über alles liebte, gerade empfand. Doch er wollte das nicht, bezweifelte allerdings, dass er diesmal um das Todesurteil herumkommen würde. Die Gesetze waren eindeutig … und doch wollte er es versuchen.

Ein lang gezogener und gellender Klageschrei riss ihn aus diesen Überlegungen. Er sah zu einer Frau, die am Rande des blutverschmierten Bodens auf die Knie sank und mit ihren Fäusten so lange auf den Boden einschlug, bis sie ein Soldat mit sanfter Gewalt zum Aufstehen bewegte und wegführte. Die ganze Zeit über schrie sie den Namen eines Mädchens und vor Gokus Augen erschien der eingedrückte Brustkorb und das entstellte Gesicht. Er schüttelte den Kopf und fragte sich, ob es wirklich gerecht war, das Leben der Person schonen zu wollen, die solchen Schmerz heraufbeschworen hatte. Der Richter, sagte er sich, es war das Denken des Richters … es musste einfach so sein!

„Herr Richter?“ Er sah zu dem Soldaten, welcher immer noch an seiner Seite stand und der Frau ebenso hinterher starrte wie er selbst es gerade noch getan hatte. „Bitte...bitte sorgt dafür, dass...dass diese Bestie...nie wieder jemandem Schaden zufügt.“ Der Saiyajin drehte den Kopf und sah im ernsten Gesicht des Oberst den gleichen Schrecken, den auch er empfand.

„Ich...werde mein Möglichstes tun.“

Der Soldat nickte und wandte sich dann ab, koordinierte die weiteren Aufräumarbeiten, ließ Sand auf das ganze Blut verstreuen, wartete, bis es sich vollgesogen hatte und gab dann den Befehl es aufzukehren. Es sollte nichts zurückbleiben, was an dieses Geschehen erinnerte und Krankheiten sollten sich auch nicht ausbreiten. Goku sah diesem Treiben noch eine ganze Weile lang zu, ehe er in die Kutsche stieg und sich zum Gericht zurückbringen ließ.
 

Dort suchte er sich sofort alle nötigen Unterlagen und wog die Gesetze ab. Immer wieder kam ihm dabei ein ungutes Gefühl in den Sinn, ob es nicht doch möglich war, dass dieser Mann Vegeta gewesen sein könnte. Je länger er auf den Strafenkatalog starrte und dort insbesondere auf die Wörter Mord und Todesstrafe, umso unruhiger wurde er, denn da gab es etwas, dass ihn zweifeln ließ. An Vegeta zweifeln ließ. Es wäre nicht das erste Mal, dass der Ältere ein Massaker vor seinen Augen angerichtet hatte … immerhin hatte Vegeta einfach in eine Zuschauermenge geschossen, nur damit er … mit ihm kämpfte. Es gab definitiv eine Seite in dem Prinzen, die … böse war. Dabei war Goku fest davon überzeugt gewesen, dass Vegeta sie … hinter sich gelassen hatte. Auf der anderen Seite … er war ziemlich wütend in dieses Märchen gegangen, aber …
 

Goku zerknüllte das Papier vor sich. Er weigerte sich einfach das zu glauben. Außerdem gab es auch noch eine andere Möglichkeit. Vegeta konnte auch die Prinzessin sein, die noch nie jemand in diesem Land zu Gesicht bekommen hatte. Was wäre, wenn es nun an ihm lag, diesen Vorfall so zu verurteilen, dass der König mit ihm darüber so zufrieden war, dass er hinterher … nun ja … vielleicht der Prinzessin vorgestellt wurde? Oder vielleicht konnte er auch den König überzeugen, mit der Prinzessin reden zu dürfen, damit er etwas über die Entführungen erfuhr? Dann könnte er sich sicher sein, dass Vegeta die Prinzessin war und diese innere Stimme endlich zum Schweigen bringen, die ihm das Gegenteil einflüsterte.

So würde er es machen! Alles ausarbeitend und zusammensuchend, was er für eine Audienz beim König brauchte, bestieg er spät an diesem Tag seine Kutsche und ließ sich zum Schloss bringen. Der König hatte sogar schon nach ihm schicken lassen. Wohl aus demselben Grund, aus dem auch Goku ihn aufsuchen wollte.
 

Sie waren nicht grade sanft mit Vegeta umgesprungen. Er wäre es an ihrer Stelle wohl auch nicht und er ärgerte sich maßlos darüber, dass er sich hatte schnappen lassen. Da hatte er schon die Kontrolle über drei unsterbliche und alles vernichtende Viecher und er hatte vergessen einen zu seinem Schutz abzustellen. Hätte er den Kleinen in sein Zimmer beordert, wäre alles anders ausgegangen. Hatte er aber nicht … und diesen Fehler musste er nun irgendwie wieder geraderücken.

Probehalber zog Vegeta an den Ketten, mit denen seine Arme über seinem Kopf an der Wand hinter ihm befestigt waren. Natürlich konnte er sie nicht herausziehen, oder wenigstens lockern. Verfluchte Scheiße … alles wäre einfacher, wenn sie in diesen blöden Märchen ihre Kräfte hätten. Das war nun schon das dritte Märchen … und er fluchte darüber immer noch! Dieses beschissene Buch! Wenn er hier jemals rauskam, würde er es in seine Atome spalten! Und Kakarott auch! Der war ja an allem schuld, weil er das Teil überhaupt erst gefunden hatte! Die Stimme, die ihm sagte, dass dieses Märchen vielleicht anders verlaufen wäre, hätte er es mit Kakarott gemeinsam betreten, ignorierte er mal wieder. So wie jede weitere Vernunft, die versuchte seinen wütenden Geist zu durchbrechen. Sein Blick schweifte durch die Zelle, in die man ihn gesteckt hatte.

„Hätte nicht gedacht, jemals wieder in einer zu landen…“, murrte Vegeta vor sich hin, während er erneut an den Ketten zog. Nach einiger Zeit gab er es auf und lehnte sich an den kalten Stein. Er schloss seine Augen und atmete zum ersten Mal, seit er diesen Höllenhund auf die Leute losgelassen hatte, richtig durch. All das Blut … die Gliedmaßen, die durch die Luft flogen … die schreienden und flehenden Menschen … er konnte sie genau vor sich sehen, als stünde er immer noch an diesem Fenster des Gasthauses und ein erschreckend friedliches Lächeln legte sich auf seine Lippen.
 

„Oberster Richter.“

„Eure Majestät.“ Goku verbeugte sich vor dem König, wie er es in Aschenputtel gelernt hatte. Mittlerweile, so dachte er zumindest, hatte er diese höfliche Masche ganz gut drauf. Vegeta … er wäre sicher … seine Gedanken brachen ab. Als ob das jemals passieren würde. Als ob der Ältere jemals so etwas wie Stolz für ihn empfinden würde.

„Seid Ihr zu einem Urteil gekommen?“

Goku blickte verdutzt auf. „Ob ich…? Ich…hab doch bis jetzt noch nicht einmal mit dem Mann oder mit…Eurer Tochter gesprochen. Um ein Urteil fällen zu können...“

„Ihr habt alles gesehen! Sprecht das Urteil!“, unterbrach ihn der König mit wutentbranntem Gesicht.

„Aber“, ein Raunen ging durch den Saal, in dem Goku empfangen worden war und sofort wurde ihm klar, dass es wohl ein Fehler war, wenn man dem König widersprach. Doch das spielte keine Rolle, er würde bestimmt nicht einfach so ein Urteil sprechen! „Eure Majestät, ich muss noch einige Dinge klären. Wäre es möglich mit der Prinzessin zu sprechen?“

„Seid Ihr noch ganz bei Sinnen?! Das arme Ding ist völlig außer sich! Sie wurde entführt! ENTFÜHRT! Von dem Mörder Ihrer Mutter! Das Urteil! Sofort!“, beharrte der König weiter.

In Goku überschlugen sich die Gedanken. Der Richter, diese Figur, die er verkörperte, schien ihn fast schon anzubrüllen, dass er gehorchen sollte. Dass er alles gesehen hatte, was er sehen musste. Dass noch nie alle Fakten so klar auf dem Tisch gelegen hatten, wie in diesem Fall. Dass er doch genau wusste, was er zu tun hatte … welches Urteil er zu fällen hatte.

Die Stille, die sich nach dem Gebrüll des Königs über den Saal legte, war erdrückend. Die Blicke, die auf Goku ruhten, schnürten ihm die Kehle zu. Ja … JA, er wusste, was er zu tun hatte. Aber Vegeta … wenn Vegeta doch … wenn er nicht die Prinzessin war … wenn … wenn … was, wenn er es wirklich war? Wenn er der Mörder war?

Goku senkte sein Haupt. Starrte auf den roten Teppich, der vom Eingang bis vor den Thron des Königs verlief. Er war genauso dunkelrot wie es das Blut auf der Straße. All diese zerfetzten Körper … dieses Mädchen … die Schreie. Das war einfach falsch. Vollkommen falsch. Wäre er nicht hier, wäre dies in der wirklichen Welt passiert … Goku hätte denjenigen bekämpft. Bis aufs Blut bekämpft, wie er es schon immer getan hatte. Wie er es bei Radditz, Nappa, Freezer, Cell und Boo getan hatte. All die Bösewichte, die es gewagt hatten unschuldige Menschen und auch andere Rassen, wie die Namekianer, zu töten. Er selbst hatte zwar nur Boo getötet, doch hatte er bei der Vernichtung der anderen immer geholfen. Oft den entscheidenden Part gespielt. Sollte ihn das hier … etwa an diese Dinge erinnern? War es denn so? War er es, der urteilte? Aber … er hatte ihnen allen IMMER eine zweite Chance geben wollen!

Und was war mit Vegeta? Wenn Goku genau darüber nachdachte, dann … wusste er nur, dass der Ältere unschuldige Namekianer und Menschen getötet hatte. Er wusste nicht, ob und wie viele Lebewesen Vegeta noch auf dem Gewissen hatte, bevor sie sich kennen gelernt hatten. Vielleicht … war Vegeta das hier wirklich gewesen. Vielleicht hatte er all die Leute hier wirklich töten lassen. Vielleicht wusste er aber auch nicht was er tat. Vielleicht musste sich Goku hier auch durchsetzen und Vegeta noch eine Chance geben. Vielleicht … vielleicht … vielleicht ...

Es war zum verrückt werden! Etwas in ihm wusste was er zu tun hatte und doch … er war sich noch nie so unsicher gewesen. In den letzten beiden Märchen war es immer Vegeta gewesen, der den Sinn verstanden hatte. Der sie gerettet hatte. Und schon wieder kam sich Goku einfach … vollkommen nutzlos vor.

Er hob seinen Kopf an und fixierte das tobende Gesicht des Königs. Er musste einfach auf Nummer sicher gehen.

„Ich will…mit dem Mann sprechen, der das getan hat. Dann…fälle ich das Urteil, Eure Majestät.“
 

Als sich Schritte seiner Zelle näherten, öffnete Vegeta seine Augen wieder. Das bis dahin immer noch anhaltende Lächeln verschwand von seinen Lippen. Er blickte zu den Gitterstäben als eine Wache mit einer Fackel in der Hand davor stehen blieb. „Werter Herr Richter. Hier ist der Gefangene.“

Richter? Na das konnte ja spannend werden. Dann wurde ihm hier also nicht gleich der Kopf abgeschlagen, sondern er bekam ein Verfahren? Wie … lächerlich diese Menschen doch waren.

„Vielen Dank.“, ertönte die Stimme des Richters.
 

Für einen kurzen Moment blieb Vegetas Herz stehen. Seine Augen weiteten sich.

Diese Stimme! Und dann erschien ein Mann in einem schwarzen Umhang mit weißen, langen Locken im Lichtkegel der Fackel. Was zum …?! Der Saiyajinprinz hätte schwören können, dass es Kakarotts Stimme gewesen war, die er vernommen hatte.

„Lasst mich allein mit ihm.“, forderte der Schwarzgekleidete von der Wache, die sich nur verneigte, dem Mann neben sich die Fackel und einen Bund mit Schlüssel übergab, bevor er sich zurückzog. Der Mann streckte seinen Arm mit der Fackel durch die Gitterstäbe, schien Vegeta aber nicht richtig erkennen zu können, also nahm er den Bund und steckte einen der Schlüssel in die Tür. Während er diesen im Schloss umdrehte, fragte er: „Wie ist Euer Name?“

Das … diese Stimme! Vegeta blieb stumm und musterte das Gesicht des Mannes im Lichte des Feuers. Seinen Mund, die Nase. Doch erst als sein Blick bei den Augen angekommen war, war er sich sicher …
 

„…Kakarott?“
 

Goku hielt inne. Bewegte sich nicht mehr. Sein Herz raste in seiner Brust und gleichzeitig schrie eine Stimme in seinem Kopf ganz laut: 'Nein…Nein…NEIN! NEIN!!!'

Das Schloss gab ein klickendes Geräusch von sich und die Türe sprang einen Spalt breit auf. Danach wurde es still. Erdrückend still.

Erst nach einer gefühlten Ewigkeit erklang wieder Vegetas Stimme aus der Dunkelheit. „Du…bist mir also doch…gefolgt.“

Aus seiner Starre gerissen, blickte Son Goku wieder in den dunklen Raum vor sich. Seine Hand zitterte als er sie hob und die Türe aufdrückte. Dann trat er stumm ein. Musste sich auf jeden seiner Schritte konzentrieren. Sein Kopf schwirrte, sein Herz klopfte wild, in seinen Ohren rauschte es. Fast wie an dem Tag als er in dieses Märchen gekommen war. Die Fackel hebend und den Raum ausleuchtend sah er ihn endlich. Vegeta … am Boden sitzend, seine Arme über seinem Kopf an Ketten hängend und zu ihm aufblickend.

„Wa…warum Vegeta…?“ Mehr brachte er nicht heraus.

„Warum was?“

„Warum…hast du das getan?“ Gokus Körper begann immer mehr zu zittern.

„Ach? Wir kommen also gleich zur Sache? Keine freudige Begrüßung? Gefällt mir.“

„Jetzt antworte einfach, Vegeta!“

Anstatt auf Gokus sichtlich wütende Forderung einzugehen, ließ der Saiyajinprinz erst einmal seinen Blick über die Gestalt des Jüngeren schweifen bis er schließlich wieder an den weißen Locken hängen blieb. „Nette Frisur. Neu?“ Er war sichtlich amüsiert, was den Jüngeren noch wütender werden ließ. Goku riss sich die Perücke vom Kopf und warf sie achtlos auf den Boden. Er wollte jetzt keine Neckereien, keine umschweifenden Worte! Viel zu sehr wollte … nein, MUSSTE er es wissen!

„Sag schon, Vegeta! Warst du das?! Hast du all die Leute…abgeschlachtet?!“

Das Grinsen verschwand aus Vegetas Gesicht. Den Ausdruck in Gokus Augen sah er nicht zum ersten Mal. Genau so hatte er ihn auch damals angesehen. Voller Zorn, Verachtung und … Hass.

„Und wenn es so war?“

„War es so?!“

Vegeta blieb stumm, doch das Grinsen, welches erneut auf seinen Lippen erschien, war Antwort genug. Es war derselbe Blick. DERSELBE Blick wie damals!

Goku stand das Entsetzen und die Verzweiflung förmlich ins Gesicht geschrieben. Er schüttelte fassungslos seinen Kopf, seine Füße machten sich selbstständig und ließen ihn zurückweichen. Als ob er ein Monster vor sich auf dem Boden hatte, vor dem man sich in Sicherheit bringen musste …

„…sag mir…warum.“

„…weil sie es verdient haben.“
 

Sofort blitzte das Bild von dem zerfetzten Mädchen vor Gokus Augen auf. Die Kleine sollte DAS verdient haben?!
 

Er konnte Vegeta nicht mehr ansehen. Sein Gesicht abwendend und das tanzende Licht auf dem Boden anstarrend fragte er mit leiser und doch durchaus bedrohlicher Stimme: „Sagst du das jetzt nur…weil wir im Streit auseinander gegangen sind?“

„Ob ich das…? Ernsthaft?! Du bist nicht der Mittelpunkt meines Universums, Kakarott!“

Goku ballte seine freie Hand zur Faust.

„…und warum hast du die Prinzessin entführt?“

„Weil ich hier raus wollte.“

„…hast du ihr auch etwas angetan oder…einfach nur unschuldige Menschen und die Königin getötet?!“

„Verdammt…ich hab NUR die Königin erwischt?“

Das Gesicht des Jüngeren ruckte nach oben. „Nur?“

„Den König wollte ich auch zerfleischen.“

Goku konnte es einfach nicht begreifen … da war tatsächlich ein enttäuschter Ausdruck in den Augen des Älteren. „Das…?! Ist das dein Ernst? Ist es, weil du selbst König sein willst?! Dreht es sich schon WIEDER darum, dass du ein Prinz bist, der eigentlich König sein sollte?!“

Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Für einen Moment wollte Vegeta etwas darauf erwidern, biss jedoch seine Zähne zusammen. Ein leises Knurren entwich seiner Kehle. Wäre er nicht in Ketten gelegt, wäre er spätestens jetzt auf Kakarott losgestürmt. Hätte ihm in seine hässliche, selbstgefällige Fresse geschlagen.
 

„Na das sagt ja mal alles. Scheiße, Vegeta! Hast du eine Ahnung, was die Strafe für deine Verbrechen ist?!“

„…tz. Das weiß ich besser als jeder andere! Vielleicht hat dein begrenztes Hirn es schon vergessen, aber ich war bereits für meine Verbrechen in der Hölle! Ein Toter mehr oder weniger spielt da keine Rolle!“

„Das…! Das spielt sehr wohl eine Rolle!“

Vegeta konnte es nicht verhindern, aber er musste einfach lachen. „Oh Kakarott…du…hahaha…hast ja keine Ahnung…“ Er atmete tief durch. Dann schüttelte er nur seinen Kopf. „Wie kann man nur so verpeilt und naiv sein…“

„Vegeta! Das hier ist verdammt ernst!“

„Jetzt komm mal runter. Es ist ein Märchen. Fiktiv. Das bedeutet, es ist nicht ECHT.“

„Ich weiß was ‚fiktiv‘ heißt!“

„Wie schön für dich.“

„Vegeta!“

„Was?!“

„Ich…! ICH…musst dich für das was du getan hast, verurteilen!“

„Das ist eben das, was man als Richter macht.“

„Du kapierst es nicht, Vegeta! Es…! Es gibt hier die…Todesstrafe!“

Für einen kurzen Moment verschwand der immer noch amüsierte Ausdruck auf Vegetas Gesicht. „Die Todesstrafe? Mh…klingt doch fair.“

„W…was?“

„Jemanden das Leben zu nehmen, der ein anderes genommen hat, klingt in meinen Ohren nach Gerechtigkeit.“

„Das sehe ich anders!“

„…du gibt’s ja auch jedem Monster ne zweite Chance.“

„Dir hab ich auch eine gegeben.“
 

Und das war der zweite Schlag mitten in Vegetas Gesicht.
 

„…ich…bin also ein Monster?“

„Das…so hab ich das nicht gemeint.“

„Gott, du verdammtes Arschloch! Ich scheiß auf deine Gutmütigkeit! Soll ich dir was verraten?! Ich würde den Köter jederzeit WIEDER auf die Leute hetzen und sie abschlachten lassen!“

„Hör…hör auf…“

„Was denn? Verkraftet das deine zart besaitete Seele nicht?! Erträgst du es nicht, dass ich mich genauso wenig geändert hab, wie Freezer? Dem wolltest du doch auch noch ne Chance geben und er kam zurück, um euch alle auszulöschen!“

„DU BIST ABER ANDERS!“

„…weißt du was, Kakarott? Wir sind fertig. Miteinander. Verschwinde und mach, was du willst.“

„Ich…“

„ICH SAGTE HAU AB!“

„Aber…“

„KAKAROTT! WIR SIND FERTIG!“

„Ich…ich KANN dich aber nicht verurteilen!“

„Das darf doch einfach nicht wahr sein! Im echten Leben tust du doch auch nichts anderes! Dort bestimmst du doch auch immer, wer ne zweite Chance verdient! Oder darüber, was in deinen Augen richtig oder falsch ist! Also mach doch einfach! Zeig mir ENDLICH, was du WIRKLICH von mir hältst!“

„N…nein. Ich…ich werde dich hier rausholen.“ Goku machte einen Schritt auf Vegeta zu, wollte sich schon zu den Ketten über ihm beugen, doch der Kleinere stemmte ihm schnell ein Bein gegen den Bauch.

„Untersteh dich.“

„Aber…ich muss dich hier irgendwie-“

„NEIN!“

„Vegeta!“ Mit hektischem, fast schon panischem Blick sah Goku auf Vegeta hinab, der ihn aus zornigen Augen anfunkelte.

„Glaubst du wirklich DAS wäre das Ende der Geschichte?! Denk doch mal nach, du Idiot!“ Der Prinz schubste Kakarott von sich, der völlig überfordert nach hinten taumelte. „Du bist ein gottverdammter RICHTER! Ich…ein Mörder. Bring das scheiß Märchen ENDLICH mal selber auf die Reihe und tu was du für RICHTIG hältst!“

„Aber…Vegeta…“

„HAU! AB!“
 

Plötzlich erschien die Wache von vorhin wieder. Sie war wohl von dem Geschrei angezogen worden. „Herr Richter? Ist alles in Ordnung?“

„J…ja…“

„Seid Ihr fertig?“

„JA!“, kam es lautstark von Vegeta, während er Kakarotts Gesicht nicht aus den Augen ließ.

Sie sahen sich an, lange … und während sich die Mundwinkel des Prinzen ganz leicht zu heben begannen, presste Goku seine Lippen immer fester aufeinander und sein Gesicht versteinerte.

Mit einem Ruck, der seine schwarze Kutte fliegen ließ, wendete er sich ab und die Wache konnte gar nicht schnell genug die Türe öffnen und ihn herauslassen. Als er sie durchqueren wollte, hielt Vegetas Stimme ihn zurück.

„Kakarott…“ Er blieb stehen und drehte den Kopf. Vegeta grinste ihn überheblich an. „Vergiss deine neue Frisur nicht.“

Abrupt ballten sich Gokus Hände und seine Arme begannen zu zittern. Kommentarlos wandte er sich ab und stapfte davon. Die Wache wagte sich in die Zelle, hob die Perücke auf und beeilte sich, natürlich nicht ohne zu vergessen die Zelle wieder zu verriegeln, Kakarott mit den beschmutzen, weißen Haaren hinterher zu kommen.

Vegeta folgte ihm mit den Augen und das Grinsen auf seinem Gesicht wich langsam. „Sie rennen dir einfach immer und überall hinterher, Kakarott … diese Vollidioten.“

Als das letzte Licht der Fackel im Gang verschwand wurde es dunkel und still, wie in einem Grab. Passend, fand Vegeta, überaus passend.
 

Im Thronsaal des Königs herrschte eine ebensolche Stille, doch war sie in Vegetas Zelle bedrückend und düster gewesen, so flimmerte sie hier vor Anspannung und Erwartungen. Der Richter war aus dem Kerker zurückgekommen, eine Miene aus Stein und hatte noch kein Wort gesprochen. Der König auf seinem Thron wurde ungeduldig. Man konnte es sehen, denn seine Finger tippten auf die Armlehne seines Thrones. Doch der Richter hielt weiterhin den Kopf gesenkt und sagte kein Wort.

Warum?, routierte es in Gokus Kopf unaufhörlich. Warum? Warum? Warum? WARUM? Immer nur diese eine Frage … immer und immer wieder.

Er war sich bei Vegeta so sicher gewesen, hatte nach Boo nie mehr an ihm gezweifelt, nein, eigentlich schon viel früher nicht mehr. Vom Jenseits aus hatte er ja beobachten können, wie er sich in der Zeit zwischen Cell und Boo verändert hatte. Den Rückfall dann bei Babidi, den hatte er auf den Zauberer geschoben … hatte er sich da schon geirrt? War das vielleicht gar nicht Babidis Werk gewesen, sondern tatsächlich einzig und allein Vegeta? Nur um ihn zu provozieren?

Verflucht, er hatte es ihm doch selbst gesagt, wie wichtig ihm dieser eine Kampf gewesen war, es sogar immer noch war … und dann sagte Vegeta nun, Kakarott wäre nicht der Mittelpunkt seines Universums. Das passte doch nicht zusammen! Und um ehrlich zu sein, hatte sich Son Goku schon eingebildet im Leben des Älteren eine gewisse Rolle einzunehmen, nicht die Wichtigste, aber auch nicht die Unwichtigste.

Verzweifelt suchte er den Punkt, an dem er etwas übersehen hatte, an dem er etwas falsch gemacht hatte, falsch interpretiert hatte. Natürlich fällte er Entscheidungen, natürlich bekämpfte er die, die ungerechte Dinge taten … aber eine zweite Chance … hatte die nicht jeder verdient?

Der Richter in seinem Kopf sah das anders. Gänzlich anders. Jeder hatte eine Chance, wenn er auf die Welt kam, wenn er diese verspielte, dann war es das. Für alle die gleiche Gerechtigkeit, überall. Jeder konnte sich entscheiden. Goku ballte die Fäuste … und hatte Vegeta nun nicht schon mehr … mehr als zwei Chancen gehabt? Die Erste auf der Erde, wo er danach schnurstracks zu Freezer zurückgekehrt war und angefangen hatte Namekianer zu töten … und auf Namek, da hatte Goku ihn nicht getötet für seine erneuten Verbrechen, obwohl er es gekonnt hätte. Dann bei Babidi … da hatte Vegeta wieder gemordet. Hatte sich von sich aus dazu entschlossen die Menschen beim Turnier umzubringen, aber auch da hatte sich Goku in ihrem Kampf zurückgehalten. In seinen Augen hatte Vegeta es danach doch auch versucht wieder gut zu machen, indem er sich geopfert hatte … und jetzt?

Goku wurde das Bild des toten Mädchens auf dem Leichenwagen … das Blut, die weinende Frau … einfach nicht los. Er hatte Vegeta wirklich schon mehr als eine zweite Chance gegeben und immer war früher oder später wieder dieser … alte, kalte Hass in ihm hervorgebrochen, welchen Goku einfach nicht verstand. Er begriff es nicht, so sehr er es auch versuchte … er BEGRIFF es einfach nicht! Und jetzt … dieses ehrliche Bedauern in Vegetas Augen, als er erfuhr, dass es nicht auch den König erwischt hatte … und dass er es jederzeit wieder tun würde … das … das …
 

„Herr Richter“, donnerte die Stimme des Königs durch den Saal und jeder hielt den Atem an. „Sagt uns endlich das Urteil.“

Goku hob den Kopf, sah dem König in die Augen.

Sein Mund öffnete sich, seine Lippen bewegten sich.

Seine Stimme erstaunlich fest, sein Blick ruhig.

Vegeta wollte es so … und es war … vielleicht … an der Zeit … es sich selbst … einzugestehen, dass …
 

„Tod.“, hörte sich Goku sagen. „Durch den Galgen.“

Der König nickte. Die Anwesenden jubelten. Der Saiyajin presste die Lippen zusammen.
 

Gokus Gedanken gingen ununterbrochen weiter.

… dass Vegeta nicht der war, für den er ihn gehalten hatte. Von Anfang an nicht und dass er es … niemals werden würde.
 

Nach Vegetas Zeitgefühl war ungefähr ein Tag vergangen seit Kakarott bei ihm gewesen war, als Soldaten kamen und ihn aus seiner Zelle holten. Sie sprachen kein Wort und keiner von ihnen wagte es auch nur ihm in die Augen zu sehen. Er wurde von der Wand losgemacht, nur um in neue Eisen gelegt zu werden, die es ihm ermöglichten zu gehen, aber nicht zu rennen.

Obwohl er es nicht wahrhaben wollte, schlug sein Herz nervös. Man würde ihn nun zu seiner Hinrichtung bringen, es musste einfach so sein. Wenn er für das, was er getan hatte, nicht mit seinem eigenen Leben bezahlen musste, dann war jede Gerechtigkeit auf der Welt ein Witz.

Ob Kakarott es getan hatte? Ob er ihn verurteilt hatte? Oder hatte er die wirklich schwierigen Entscheidungen wieder einmal anderen überlassen?

Und wie würde er wohl sterben? Er hatte sich nie mit … altertümlichen Hinrichtungsmethoden beschäftigt. Warum auch? Eine Energiekugel hatte für ihn ja bisher immer gereicht. Ob es wohl schnell ging? Oder langsam? Zugegeben … an eine Folterung vor der Hinrichtung hatte er in seiner Wut Kakarott gegenüber gar nicht gedacht. Das war ihm erst hinterher eingefallen. Aber dem würde Herr Gutherzrichter niemals zustimmen. Bei keinem. Und bei ihm schon gar nicht.

Was zur Hölle …? Verließ er sich da etwa gerade auf die Gutherzigkeit von Kakarott?! Das durfte doch nicht wahr sein!! Vor einem Tag hatte er sie noch verspottet und jetzt verließ er sich darauf … das war doch zum Kotzen, dieses Märchen war zum Kotzen, Kakarott war zum Kotzen und was aus ihm geworden war … war auch zum Kotzen.

Aufgeregte Stimmen und Gemurmel rissen ihn aus seinen Gedanken. Er sah auf und schloss sofort blinzelnd seine Augen wieder, als sie aus einer kleinen Pforte hinaus ins grelle Tageslicht traten. Die Geräusche wurden lauter. Beschimpfungen drangen an sein Ohr, wütende Schreie. Endlich konnte er die Lider heben und blickte direkt auf einen Galgen, welcher wie ein mahnender Finger in den hellen Mittagshimmel ragte. Sein Magen rumorte, sein Herz schlug noch schneller. Er spürte wie sich Schweiß auf seiner Stirn sammelte. Im Kampf zu sterben war eine Sache, aber das … das hatte … hatte er noch nie erlebt … dieses irritierende Gefühl. Er wurde weiter gestoßen.

Schritt um Schritt ging es durch den Gang der Soldaten, welche den Pöbel von ihm fernhielten und ihn anstarrten, als wäre er das Monster, das … er nun einmal war. Er kannte diese Blicke nur zu gut und es war wie ein Déjà-vu. Nur war er es gewesen, er und sein Volk, die diese Blicke Freezer hatten zukommen lassen, wenn er ihren Planeten besuchte.

Wie sich der Kreis doch schließt, schoss es ihm durch den Kopf als er die hölzernen Stufen nach oben ging und kurz vor der Schlinge zum Stehen gebracht wurde. Direkt auf Blickhöhe, ihm gegenüber, war ein Podest mit Baldachin, auf welchem der König saß. Zu seiner rechten, mit finsterem Gesicht, tatsächlich Kakarott. Vegetas Mundwinkel zuckten.
 

„Herr Richter“, sprach der König laut und auf dem Platz wurde es totenstill. „Das Urteil.“

Kakarott erhob sich. Vegeta konnte sehen, dass es ihm nicht recht war. Dass er wütend war. Vielleicht auf sich, wohl aber eher auf ihn und natürlich darauf, dass er ihn hierzu gezwungen hatte. Sollte er doch wütend sein, sollte er ihn dafür hassen. Dann war zwischen ihnen wenigstens endlich mal alles geklärt.

„Der Soldat, zurückgekehrt aus dem fünften Krieg der nördlichen Grenze wird…“, Vegeta sah wie Kakarott tief Luft holen musste und seinen Blick von ihm abwand. „…wird wegen…wegen Gräueltaten ohnegleichen am Volke dieser Stadt und wegen dem M...Mord an der...Königin und Entführung der Prinzessin hiermit und...und v...von m...mir, dem obersten Richter dieser Stadt für...all diese Verbrechen...schuldig gesprochen.“

Ein Raunen ging durch die Menge und viele beipflichtende Rufe schwappten über Vegeta hinweg. Sein Herz schlug noch schneller, wenn dies überhaupt noch möglich war. Er hatte es getan … Kakarott hatte es wirklich … getan. War das Überraschung, die er da empfand oder … war da etwas … anderes?

„Er wird…“, fuhr Goku mit bemüht fester, jedoch deutlich zitternder Stimme fort. „...hiermit zum…“ Bevor er weitersprach, blickte er wieder zu Vegeta auf. Sah ihm mit steinerner Miene direkt in die Augen. Es dauerte einige Herzschläge bevor er verkündete: „...z…zum…Tode verurteilt. Der Tod wird durch den St...Strick erfolgen.“

Als er verstummte brandete Jubel auf. Die Meute schrie bejahend, klatschte in die Hände und jubelte dem König und Kakarott zu. Über die Menge hinweg sahen sich Vegeta und Goku unentwegt in die Augen und der steinerne und ernste Ausdruck in Kakarotts Blick war Reue gewichen. Vegeta sah deutlich die Entschuldigung und die Gewissensbisse, die ihn plagten und musste, trotz der Situation, einfach lächeln.

Kakarott hob seine Arme und der Jubel der Menge verstummte.

„Hast du…“ sprach er Vegeta direkt und mit zitternder Stimme über die Menge hinweg an und vergaß dabei sogar die mittelalterlichen Umgangsformen, „…einen letzten Wunsch?“
 

Das war nicht sein Ernst, oder? Vegeta starrte den Jüngeren an. Ein Moment jemand, der harte Entscheidungen treffen konnte und im nächsten Moment versaute Kakarott es schon wieder! Der Prinz der Saiyajins schloss die Augen, dann starrte er zu der Schlinge vor seinem Gesicht. Er war tot gewesen, mit Kakarotts Worten hatte er sich darauf eingestellt und war … nun ja, bitter das jetzt zugeben zu müssen … aber er war doch ein ganz klein wenig – und im letzten Winkel seiner Seele – stolz auf sein einzig verbliebenes Rassenmitglied gewesen, dass dieser endlich, ENDLICH, auch mal das tat, was getan werden musste. Und jetzt … versaute er es mit dieser Frage einfach …

„Ja“, hörte sich Vegeta sagen. „Ja, ich habe einen letzten Wunsch.“ Die Menge wurde still, alle lauschten.

Ohne seine Augen von Kakarott abzuwenden, sprach er weiter: „Bringt mir mein Feuerzeug. Es ist ein altes Familienerbstück und ich möchte es in der Hand halten, wenn ich…sterbe.“

Die Menge blieb stumm, wartete darauf, ob dem Monster dieser Wunsch erfüllt werden würde. Als der König zähneknirschend mit seinem Kopf nickte, lief einer der Soldaten los, um das Feuerzeug von den Habseligkeiten des Verurteilten zu holen. Minute um Minute verstrich, in denen Vegeta seinen Blick abwandte, den Strick vor sich musterte, wieder seine Augen auf Kakarott richtete, dann zum König und wieder auf das Seil vor sich.
 

Goku hingegen konnte nicht aufhören, den Älteren anzustarren. Dieser letzte Wunsch … ergab für ihn absolut keinen Sinn. Irgendwo tief in sich hatte er inständig gehofft, Vegeta würde irgendetwas sagen, dass alles zum Guten wenden würde. Dass er ihm vielleicht offenbaren würde, warum er die Leute wirklich getötet hatte. Dass es einen tieferen Sinn gegeben hatte, der ihn vor dem Galgen retten würde, der Goku zeigen würde, dass er sich doch nicht in Vegeta geirrt hatte. Dass all diese, ihn nach und nach zerfressenden Zweifel, vollkommen umsonst gewesen waren. Aber … ein Feuerzeug? Ein … was? Ein altes Familienerbstück? Etwa aus dem echten Leben? Nein … das konnte es nicht sein, es … es …

Und da ging Goku ein Licht auf. Seine Augen weiteten sich. Aber natürlich! Das Feuerzeug! DAS FEUERZEUG! Das war der Name des Märchens, den er … vollkommen vergessen hatte! Aber … was bedeutete das denn jetzt?
 

Eben in diesem Moment überreichte man Vegeta genau jenes Feuerzeug, welches er mit ausdrucksloser Miene in die gefesselten Hände vor seinem Körper nahm. Er starrte darauf und drehte es in alle Richtungen. Es war pure Macht, die er da in den Händen hielt, wie er mittlerweile nur allzu gut wusste. Wie auch immer dieses Märchen auch heißen mochte, er hatte dieses Feuerzeug mit Sicherheit nicht ohne Grund im Augenblick seines sicheren Todes bekommen. Eigentlich hatte er Kakarott irgendetwas an den Kopf werfen wollen, damit sich dieser noch schlechter fühlte. Vielleicht sogar, dass er sowas wie Stolz für ihn empfunden hatte, weil er endlich mal sein Hirn benutzt hatte. Doch da war dieser innerliche Drang in ihm gewesen, der ihn nach dem Feuerzeug, dem alten Familienerbstück dieser Hexe, hatte fragen lassen.

Dann war es wohl wirklich der Sinn der Geschichte, dass er die Prinzessin von ihren Eltern befreite.

Vegeta löste sich vom Anblick des Feuerzeugs und hob seinen Kopf wieder an. Seine Lippen zogen sich dabei Stück für Stück zu einem breiten Grinsen auseinander während er den König vor sich fixierte. In diesem einen kurzen Augenblick, in dem er diesen grausamen Monarchen vor sich sah und in seinen Gedanken die Geschichten der Prinzessin hörte, die ihm von ihrem Leid erzählte, da rückte Kakarott einfach in den Hintergrund. Er wurde unwichtig, völlig belanglos. Denn Vegeta hatte hier eine zweite Chance vor sich diesen Dreckskerl von König doch noch in Stücke zu reißen und die Prinzessin von ihrem Leid zu befreien …
 

Bei Goku ratterte es indes nur noch als er versuchte die Zusammenhänge zu verstehen … Feuerzeug … Vegeta, Bestie, tote Menschen … Feuerzeug … wieso grinste der Ältere so diabolisch? Es ergab einfach keinen Sinn!
 

Vegetas dreistes Grinsen nicht mehr aushaltend erhob sich der König neben Goku und streckte seinen Arm nach oben. „Nun denn. Man vollstrecke das Urteil!“

Der Henker neben dem Saiyajinprinzen trat einen Schritt vor, nahm die Schlinge in seine Hände und legte sie um Vegetas Hals, der unaufhörlich weiter grinste. Als man den Knoten zusammenzog, ließ er den Deckel seines Feuerzeuges einmal nach oben und unten schnellen. Der Henker zuckte zurück als ein tiefes Knurren neben dem Verurteilten ertönte. Dann schnalzte das Feuerzeug noch zwei Mal. Anschließend noch drei weitere Male.
 

Sofort begann die Menge panisch zu schreien und preschte auseinander. Goku, mit weit aufgerissenen Augen, sah nur, dass Vegeta zu diesen Höllengeschöpfen sprach und danach dieser gigantische Hund, der wohl so groß wie ein ganzes Haus war, nach unten schnappte. Er verschlang den Henker und die Soldaten auf dem Galgenpodest mit einem einzigen Biss. Das Tier, das Vegeta bis zur Hüfte reichte, sprang hoch und durchtrennte das Seil um seinen Hals. Und ja … der letzte der Hunde, so groß wie ein Mensch, sprang vom Podest und stürmte durch die auseinanderlaufende Menge direkt auf die Tribüne zu, auf der Goku mit dem König stand.
 

Es war irrational. Es war surreal. Alles spielte sich in wenigen Sekunden ab und doch hatte Goku das Gefühl, alles in Zeitlupe vor sich zu sehen, als er endlich zu begreifen begann …
 

Für Vegeta war es ähnlich. Während er sich den Strick über den Kopf zog, sah er dem zweitgrößten Köter nach, der durch die Menge pflügte. Körperteile flogen auf seinem Weg durch die Luft. Die Schreie wurden lauter, verzerrter. Eine riesige Pfote neben ihm zerquetschte gerade einen Soldaten, der mit gezogener Waffe auf ihn zugelaufen war, doch das nahm der Prinz der Saiyajins gar nicht wahr. Sein Blick haftete einzig und allein auf dem König, der von seiner Leibwache umringt von der Tribüne gezerrt wurde und er wusste, dass das diesem Dreckskerl auch nicht mehr helfen würde. Er würde seine gerechte Strafe erhalten. Jetzt, hier und durch seine Hand und seinen Willen.
 

Gerade als sich ein überaus befreiendes Gefühl in Vegeta breit machte, lief eine ganz bestimmte Person in schwarzer Robe in sein Blickfeld. Mit ausgebreiteten Armen und sich schützend vor den König stellend. Vegeta sog Luft in seine Lungen, streckte die Hand nach dem Hund aus, als könnte er ihn über diese Distanz erreichen und zurückhalten, doch der Schrei, der sich aus seiner Kehle bahnen wollte, blieb ihm im Hals stecken, als ihm unvermittelt vergangene Bilder durch den Kopf schossen.
 

Bilder von Kakarott, der ihn ansah, als wäre er ein Monster.

Kakarott, der ihn anschrie und nach einem Grund seines Verhaltens fragte.

Und schließlich Kakarott, der ihn zum Tode verurteilte, weil er getan hatte, was er … für richtig gehalten hatte und immer noch für richtig hielt …
 

Er ließ die Hand wieder sinken und dann, war da nur noch ein Schrei.
 

Alles was danach passierte, nahm der Prinz der Saiyajins wie durch einen Schleier war. Blut, welches gen Himmel spritze. Scharfe, lange Zähne, die einen muskulösen Hals durchbohrten. Arme in schwarzen Ärmeln, die vergeblich versuchten den Köter von sich fern zu halten. Pranken, die schwarzen Stoff zerfetzten. Eine weiße, rot besprenkelte Perücke, die von schwarzen Haaren rutschte.

Alles untermalt von panischen Schreien der Menge, welche vor den Tatzen des gigantischen Hundes flohen, der immer wieder nach den Soldaten in der Menge schlug.

Dann war da noch eine Krone, die von einem Haupt rutschte und zu Boden schepperte, durch eine Blutlache rollte und liegen blieb. Ein weiterer Körper, der unter den langen Zähnen des mannshohen Hundes erschlaffte.
 

Vegeta bekam es kaum mit.

Das Gemetzel ging weiter.

Zeit verstrich.
 

Es war still um den Saiyajinprinzen geworden. So still, dass man die Schritte von leichten Füßen überdeutlich hören konnte. Ebenso wie die glockenhelle Stimme der Prinzessin, die neben ihm stand und ihn als den neuen König, ihren Soldaten, ihren Retter und ihren Befreier ausrief. Die Legende habe sich erfüllt und von nun an würde alles besser werden. Keine Kriege mehr, keine Ungerechtigkeiten.

Vegeta hatte überhaupt nicht gemerkt, dass so viel Zeit vergangen war. Seine Augen hingen immer noch an diesem einen Punkt fest.

Die Hunde, welche hinter ihm standen hechelten. Die verängstigte Menge, welche überlebt hatte, jubelte zögernd und die Soldaten verneigten sich vor der Prinzessin.

So etwas konnte auch nur im Märchen funktionieren, war Vegetas erster bewusster Gedanke, als seine Welt sich wieder in normaler Zeit zu bewegen begann. Sich dem Griff der Prinzessin an seinem Arm entziehend sprang er vom Podest des Galgens und ging durch die Menge, welche ihm ängstlich Platz machte. Seine Füße verharrten vor schwarzem Stoff, in rotem Blut auf grauem Stein.

Es war passiert, oder?

Es war wirklich … passiert ...

Er bildete sich das nicht nur ein.

Er hätte es verhindern können, die Zeit hätte gereicht …

Aber er hatte … es einfach nicht getan.
 

„Kakarott?“
 

Der tote Körper vor seinen Füßen regte sich nicht.
 

Das konnte eigentlich nicht wahr sein …

War der … der Arsch jetzt wirklich einfach … drauf gegangen? Einfach … so? Weil er sich für diesen abscheulichen König unbedingt hatte opfern müssen?! Er hatte doch dem Hund nur den Befehl gegeben den König und dessen Wachen zu töten … doch als sich Kakarott dazwischen gestellt hatte, war auch er zu einer Wache geworden. Wie konnte Kakarott nur so ein verdammter … so ein … ein … Idiot … sein?!

Seine Augen huschten über die aufgerissene Kehle seines Rivalen, seines letzten Artgenossen, seines … seines …
 

Vegetas Knie begannen zu zittern, während Erinnerungen der letzten Ereignisse über ihn hereinbrachen. Erinnerungen an Kakarott, wie er sich Hals über Kopf in einem Kleid aus dem Fenster warf. Wie er sich in diesem Traum von Kleid und geschminkt vor ihm verbeugte und ihn anlächelte. Seine Finger verkrampften sich und begannen ebenfalls zu zittern, als er ungewollt daran dachte, wie er mit Kakarott getanzt hatte und dieser Idiot dann vor ihm davongelaufen war. Ihm versucht hatte einen Schuh an den Kopf zu werden. Wie sie dann nebeneinander gesessen hatten und Vegeta zum ersten Mal in seinem Leben ein Detail aus seiner Vergangenheit Preis gegeben hatte und schließlich wie er den Jüngeren ernsthaft hatte küssen wollen.

Ein Kloß bildete sich in Vegetas Hals.

Dann war da dieser Streit über Kakarotts Arbeit und sein eigenes Leben gewesen. Wie sie bis aufs Blut miteinander gestritten hatten, selbst nackt mitten in der Nacht und letztlich die Worte des Jüngeren, dass er an Vegeta glaubte, bis sie sich schließlich nach Monaten endlich wieder gesehen hatten und er Kakarott vor dem roten Ettin gerettet hatte. Danach hatte Vegeta dem Drang nicht mehr widerstehen konnte, seinen ‚Bruder‘ in den Arm zu nehmen. Und ständig und immer wieder dieses dämliche Grinsen dieses Idioten! Dann auch noch diese Frage im Inhaltsverzeichnis, ob … Kakarott ihm denn vollkommen egal war. Scheiße verflucht!!

Er war ihm … nicht egal. Das … hatte er ihm … doch gesagt …
 

Warum hatte er dann den Hund nicht zurückgehalten?

Warum hatte er es wirklich … zugelassen?

Vegeta ließ sich auf ein Knie nieder. Starrte auf die ausdruckslosen Augen Kakarotts. Auf die toten Augen Kakarotts.

All die Zeit in diesem Märchen hatte er sich doch gewünscht, dass … er endlich Frieden vor diesem … diesem … Vollidioten bekam. Nachdem es doch Kakarott war, der … ihn kein bisschen verstand. Kakarott war es doch, dem es in Wahrheit egal war, was … was … er empfand.
 

Zittrige Finger glitten über die Stirn des jungen Saiyajins, zu seinen Augen und … schlossen sie.

Der Kloß in Vegetas Hals schnürte ihm nun endgültig die Luft ab. War es wirklich DAS, was er immer gewollt hatte?
 

Kakarott war tot. Einfach tot … durch seine Hand … wie er es immer gewollt hatte … … … wirklich?

Die Welt um Vegeta herum versank in Schwärze.

Es einmal war ...

Son Goku wusste nicht, was seine erste Empfindung war. Ob er zuerst fühlte, wie die Luft durch seine Nasenlöcher in seine Lungen eindrang und sich sein Brustkorb hob, oder ob es das Schlagen seines Herzens und das Blut war, welches somit durch seine Adern und Venen gepumpt wurde. Bisher war ihm nie bewusst gewesen, dass man das Fließen des Blutes spüren konnte. Nicht bevor …
 

Ruckartig schoss sein Oberkörper in die Höhe. Gleichzeitig riss er die Augen auf und griff sich an den Hals. Sein gerade wieder begonnener Herzschlag machte einen Satz und er hatte das Gefühl, das Rauschen in seinen Ohren nahm ihm den Gleichgewichtssinn. Hals … Hals … sein Hals war nicht verletzt. Keine Schmerzen, kein Blut …

Der zu einer Sprungfeder angespannte Körper sackte zusammen und erleichtert schloss er die Augen. Seine letzte Empfindung war jene, von scharfen Zähnen, die sich in sein Fleisch gruben und ihm die Kehle aufrissen, zusammen mit dem Gefühl der Überraschung und Enttäuschung, weil … weil Vegeta …

Vegeta!
 

Er sprang auf und sah sich um. Schwärze. In alle Richtungen nur Schwärze. Es dauerte, bis er begriff, wo er sich befand. Das Inhaltsverzeichnis von Angeama ... zumindest hoffte er das. Also musste Vegeta das Märchen beendet haben. Aber … bedeutete das dann wirklich, dass das Ende der Geschichte vorgesehen hatte, dass der Soldat, in dessen Rolle Vegeta geschlüpft war, so unvorstellbare Gräueltaten zu begehen hatte und damit tatsächlich durchkam? Oder war nach seinem Tod in dem Märchen noch etwas passiert?
 

„Vegeta?“, fragte er in die Schwärze und erhielt keine Antwort. Mit gefurchter Stirn erhob er sich und rief diesmal den Namen des Saiyajinprinzen, doch auch jetzt bekam er keine Antwort.

„Opa? Cernunnos?!“ Vielleicht konnten die beiden Erzähler ihm mehr sagen. Doch auch sie reagierten nicht auf seine Rufe. Ein wenig verzweifelt flog er in die Höhe, mit der Hoffnung irgendetwas zu sehen, was ihm weiterhelfen würde. Dieser Drang mit Vegeta zu reden … ihn zu fragen, hier und jetzt, vernünftig zu fragen, wo die Gefühle der Geschichtsfigur sie nicht mehr beeinflussten … war einfach übermächtig.

Aber da war kein Vegeta … da war einfach nur die Schwärze von Nichts. Frustriert sank Son Goku wieder ab, bis seine Füße etwas Festes spürten und er somit wieder Boden unter ihnen hatte. Die Arme verschränkend begann er zu grübeln. Vielleicht war das Märchen ja auch noch nicht zu Ende und er war nur wieder hier, weil er … gestorben war? Wäre zumindest eine plausible Möglichkeit. Die Stirn furchend strengte er seine grauen Zellen an, was es noch für Ursachen haben könnte, warum Vegeta noch nicht da war und auch die beiden Erzähler sich nicht sehen ließen. Als er auf keinen weiteren Gedankenblitz kam, setzte er sich in den Schneidersitz und wartete einfach. Eine andere Wahl hatte er ja eh nicht, wenn sie ihn hier alle alleine ließen. Doch kaum hatte er seine Augen geschlossen, um sich einem mentalen Training hinzugeben, schoss Vegetas Aura in seinen Verstand und Goku war sofort wieder auf den Beinen, hob ab und preschte in die Richtung des Älteren davon.
 

Vegeta hob langsam den Kopf und öffnete die Augen. Die Schwärze die nach ihm gegriffen hatte, in der er versunken war, war also nicht die Schwärze seines Gewissens gewesen, das ihn ersäufen wollte, sondern die Schwärze des Inhaltsverzeichnisses, in welches er zurückgekehrt war. Unmerklich atmete er erleichtert aus und dann wieder ein. Seine Augen wanderten zu seinen Händen, in welchen er noch das Gewicht des Feuerzeuges spüren konnte. Des Feuerzeuges, welches einfach so viel Macht beinhaltet hatte. Macht, die er benutzt hatte, die er genossen hatte und die er eingesetzt hatte um das Richtige zu tun … zumindest aus seiner Perspektive. Auch wenn Kakarott das mit Sicherheit anders sehen würde. Ein seltsames Ziehen setzte in seiner Brust ein als er an den jüngeren Saiyajin dachte. Er hatte es getan. Wirklich getan. Kakarott war gestorben. Durch ihn … durch seine Macht. Aber … er war jetzt wieder hier im Inhaltsverzeichnis, jedoch … er war allein, wie er feststellen musste, während er sich in der Schwärze umsah. Bedeutete das etwa, dass … dass … wenn sie in einer Geschichte starben, sie dann wirklich … tot waren? Das jedoch konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Es waren doch nur Geschichten, FIKTIVE Geschichten! Er hatte gedacht, dass sie einfach hier irgendwo wieder aufwachen würden. Musste vielleicht noch etwas getan werden, um sie wieder ins Leben zu holen? So wie bei ihm?
 

„Vegeta!“

Frage beantwortet.

„Hey, Vegeta!“

Langsam drehte sich der Saiyajinprinz um und sah die Aura des Jüngeren in der Dunkelheit auf sich zuschnellen. Dezent hob er eine Braue als Kakarott landete und von dem Schwung seiner Landung noch einige Schritte in seine Richtung getragen wurde. Seine Haltung zeigte deutlich, dass er noch weiter gehen wollen, doch das ihm scheinbar etwas eingefallen war, was ihn nun zurückhielt. Was, das konnte er sich denken …
 

„Vegeta.“

„Kakarott.“
 

Sie sahen sich an, taxierten sich. Erst das Desaster im roten Ettin, dann ihr Streit, die Worte, die sie sich an den Kopf geworfen hatten und nun die Geschehnisse im Feuerzeug. Kakarott würde reden wollen, mal wieder reden, eine Erklärung fordern, es verstehen wollen, seine Beweggründe wissen wollen und natürlich hören wollen, dass er das alles gar nicht so gewollt hatte. Unmerklich hob sich einer von Vegetas Mundwinkeln. Darauf konnte der Jüngere lange warten.
 

Während der Prinz der Saiyajins dezent grinste, ballten sich Son Gokus Hände zu Fäusten. Eigentlich hatte er mit dem Älteren sprechen, ihn zur Rede stellen wollen, doch so wie Vegeta dastand, sein arrogantes Grinsen aufgelegt, setzte alles bei dem Jüngeren einfach aus. Eine unglaubliche Wut übermannte ihn. Wut über alles, was passiert war. Und eine unfassbar tiefsitzende Enttäuschung kroch in ihm hervor. Enttäuschung über … Vegetas Verhalten, seit sie … eigentlich seit sie im Märchen des roten Ettin angekommen waren. Seine Augenbrauen zogen sich tief in sein Gesicht hinab. „Du...hast mich umgebracht.“, schoss es schließlich aus ihm hervor.
 

Wow … Kakarott kam sofort zum Punkt. Das Vegeta das noch erleben durfte. Sein Mundwinkel zog sich noch weiter nach oben. „Hab ich.“

Die Hände des Jüngeren zitterten. „Und…warum?“

„Weil du mir im Weg warst.“

„Weil ich DIR im…im…“ Vor Überraschung riss Goku die Augen auf.

„Ja, mir. Ich wollte den König, du warst im Weg. Fertig.“
 

Gokus Lippen pressten sich zu einem dünnen Strich zusammen und dann, aus heiterem Himmel und vollkommen überraschend geschah etwas, womit Vegeta nicht gerechnet hatte. Anstatt weiter mit ihm zu reden, ihm irgendeinen Schwachsinn an den Kopf zu werfen, ihn über seine Gefühle auszufragen, warum wieso, weswegen … machte Kakarott auf dem Absatz kehrt und marschierte einfach geradeaus in die Dunkelheit davon. Mit einer hochgezogenen Augenbraue starrte ihm der Prinz hinterher. Was war denn das jetzt bitte?
 

Der Jüngere wurde in der Finsternis immer kleiner bis er irgendwann stehen blieb und sich scheinbar nach irgendetwas umsah. Doch auch dort hinten gab es genauso nichts, wie bei Vegeta. Dann hörte der Ältere wie Kakarott nach Opa und Cernunnos rief. Doch diese reagierten nicht.

Niemand erschien, auch keine einzige Türe tauchte auf. Da waren nur sie beide und aus einem ihrer letzten Gespräche mit Opa wussten sie nur zu gut, warum das so war. Sie hatten das Erlebte Revue passieren zu lassen. Sollten darüber nachdenken, wohl oder übel würden sie auch darüber reden müssen, bevor sie hier weiterkamen. Doch … weder Goku noch Vegeta machten irgendwelche Anstalten, sich dem anderen wieder anzunähern. Der Jüngere setzte sich im Schneidersitz einfach auf den Boden und Vegeta verschränkte seine Arme und blickte in eine andere Richtung, um seinen letzten, ihn jeglichen Nerv raubenden, Artgenossen nicht mehr ansehen zu müssen. Lieber starrte er den Rest seines Lebens in völlige Finsternis, als … als … den ersten Schritt zu machen.

Was er jedoch nicht verhindern konnte, war, dass seine Gedanken einfach keine Ruhe gaben. Immer wieder kreisten sie um das letzte Märchen und um … Kakarott.
 

Währenddessen hatte Goku seine Augen geschlossen und seine Arme auf seinen Oberschenkeln abgestützt. Diese Wut in ihm kratzte förmlich an all seinen Eingeweiden herum. Er hatte vorhin einfach auf Vegeta losgehen wollen, aber … diese Genugtuung wollte er dem Älteren nicht geben. Vegeta hatte ihn also getötet, weil er … im Weg war. Weil er IHM im Weg war. Einfach getötet, weil er … scheinbar wieder einmal vollkommen unnütz war. Dabei war es doch der Ältere gewesen, der in diesem Märchen Angst und Schrecken verbreitet hatte. Dass er ihn seiner gerechten Strafe zugeführt hatte, zumindest was in den Augen der Bewohner dort Gerechtigkeit bedeutete … war also wieder einmal … was? Sinnlos gewesen? Falsch? Dabei wollte Goku es so sehr verstehen. Den Sinn des Ganzen und vor allem anderen wollte er … Vegeta verstehen.

Langsam seine Arme hebend sog er Luft in seine Lungen, strich sich mit seinen Händen übers Gesicht. Immer wieder sah er dieses selbstgefällige Grinsen des Prinzen und hörte dessen Worte ‚Weil du mir im Weg warst‘. Dieses schreckliche Ziehen in seiner Brust, trieb Goku in den Wahnsinn. Solch eine Wut hatte er bis jetzt nur verspürt, wenn er sich im Kampf gegen irgendein Monster befunden hatte, bei dem er sich jedoch immer einfach hatte Luft verschaffen können. Doch jetzt? Vegeta eine zu verpassen, schon wieder, und ihn anzuschreien … was sollte das bringen?

Der Ältere war ein … er war TATSÄCHLICH einfach ein Arschloch! Er hatte diese ganzen Leute einfach getötet! Frauen, Kinder. Genau wie er die Königin und wohl auch, nachdem er ihn selbst eliminiert hatte, den König ermordet hatte!

Scheiße verdammt! Vegeta hatte IHN getötet! Und das Einzige, was er von ihm zu hören bekam, war ein ‚Weil du mir im Weg warst‘?! Kein, oh wie nett, dass du noch lebst, kein, tut mir leid, dass ich dich umgebracht habe, nur ein … nur ein … ?!

Gokus Atmung beschleunigte sich. Sein Herz schlug völlig unregelmäßig. Seine Hände zitterten unaufhörlich. Und das Verlangen, jemand ganz bestimmtes zu erwürgen, wurde fast übermächtig.
 

Immer ungeduldiger werdend trommelte Vegeta mit seinen Fingern auf seinem Oberarm herum. Seine Augen huschten zu Kakarott, der weiterhin im Schneidersitz einfach dasaß, ihm den Rücken zugewandt und sich nicht mehr bewegte. Das … das konnte doch einfach nicht wahr sein! Schmollte der jetzt etwa?! Was war das denn für ein Kindergarten?!

Scheiße, verflucht noch eins! Er hatte ihn getötet! Er hatte einen riesigen, ekelhaften Köter auf ihn gehetzt, der ihm den Hals zerfetzt hatte! Und nachdem er ihm gesagt hatte, dass er das getan hatte, weil Kakarott ihm im Weg gewesen war, kehrte der ihm einfach den Rücken zu und … SCHMOLLTE?!

Das … das war ja noch erbärmlicher als … als … ! Scheiße! Kakarott war doch der, der einen Mist nach dem anderen verzapfte, nicht er! Kakarott hatte sich ihm eben in den Weg gestellt! Dafür konnte er doch nichts! Und … und … er hatte richtig gehandelt! RICHTIG!! Sonst wäre das Märchen doch nicht vorbei gewesen! Er hatte verdammt nochmal die Prinzessin von diesen Tyrannen befreit! Er hatte ALLES richtig gemacht! Und Kakarott war derjenige gewesen, der an ihm gezweifelt hatte! Der IMMER alles in Frage stellte, was er tat! Der ihn … wofür hielt? Für ein Monster?! Dieser … schwachsinnige, dumme Riesenvollidiot!

Ja … schon klar! Kakarott hatte keine Ahnung, was in dem Märchen vor sich gegangen war. Er hatte nur mitbekommen, dass diese Menschen von ihm abgeschlachtet worden waren. Ohne ersichtlichen Grund. Den kannten immerhin nur er und die Prinzessin. Vielleicht noch ein paar der Bediensteten des Hofes …

Plötzlich war da etwas tief in Vegeta, das es wissen wollte. Sehen wollte, wie Kakarott reagierte, wenn er die Wahrheit erfuhr. Erfahren wollte, ob … dieser hasserfüllte Ausdruck in den Augen des Jüngeren damit verschwinden würde. Einfach wissen wollte, ob Kakarott ihn dann wieder wie im roten Ettin ansehen würde … voller Zuversicht und Glauben an ihn …

Schnell wandte der Prinz der Saiyajins seine Augen wieder ab. Damit konnte er seinen Körper gerade noch davon abhalten auf Kakarott zuzugehen. Fast … FAST hätte er nachgegeben! Aber wie kam er denn dazu?!

Immerhin … immerhin hatte Kakarott IHN einfach zum TODE verurteilt! Ohne weiter nach der Wahrheit zu bohren! Er hatte einfach angenommen, dass er den Köter OHNE GRUND auf die Menschen gehetzt hatte! Der Idiot hatte ihm das tatsächlich zugetraut! Nach allem … NACH ALLEM was er getan hatte! Scheiße, er hatte sich sogar selbst geopfert, um die Erde vor Boo zu retten! Ja, er hatte die Menschen davor einfach getötet, aber … hatte er seine Buße dafür nicht bereits getan?!
 

Die Zeit verstrich, ohne, dass sich einer der beiden auch nur regte. Son Goku blieb sitzen wo er war und Vegeta stand weiterhin mit verschränkten Armen an Ort und Stelle. Beide hingen ihren Gedanken nach. Beide steigerten sich immer mehr in dieses Unverständnis füreinander hinein, sodass sie nicht mitbekamen, dass sie schon eine ganze Weile von mehreren Gestalten beobachtet wurden. Opa und auch Cernunnos hatten sich wieder materialisiert, doch sie waren nicht die einzigen. Da war noch jemand …
 

Opa warf dem Gehörnten einen zutiefst besorgten Blick zu, wobei der Herr der Anderswelt einmal Vegeta beobachtete und dann Son Goku durchdringend fixierte. Man konnte den Erzählern durchaus ansehen, dass sie nicht zu wissen schienen, was sie tun sollten, denn offensichtlich machten die beiden Saiyajins keine Anstalten mehr, sich auch nur zu bewegen, geschweige denn sich mit dem jeweils anderen auseinander zu setzen.

Gerade als Cernunnos das Wort ergreifen wollte, trat ein großgewachsener Mann in einem braunen Pelzmantel, der bis zum Boden hing und einer ebenso aus braunem Pelz bestehender Mütze hinter ihnen hervor. Mit tiefer, rauer und harter Stimmte meldete sich der Fremde zu Wort: „Das mit den beiden so nichts mehr werden wird.“ Der Fremde, wobei er weder Opa noch Cernunnos fremd zu sein schien, wies einen durch und durch eigenartigen Akzent auf.

„Svarog, was willst du denn jetzt?“, fragte Cernunnos überrascht und auch leicht genervt. Er hatte eigentlich gerade dem alten Opa den Vorwurf machen wollen, dass dessen Märchen die reinste Katastrophe gewesen war.

„Ich beseitigen euren Dreck.“

„Das ist keine gute Idee, Herr Svarog!“, meldete sich Opa sogleich. Immerhin hatte das Einmischen von Cernunnos, indem er die werten Herren eigenmächtig in das Märchen des roten Ettin geworfen hatte, schon solchen Schaden angerichtet, den er mit seinem Märchen des Feuerzeugs nun nicht mehr … hatte ausmerzen können. Und dass, obwohl sich Prinz Vegeta dieses von sich aus ausgesucht hatte. Eigentlich hätte es das besser machen müssen, doch das Gegenteil war der Fall gewesen.

„Das heißt ‚Mein Zar‘. Auch ‚Zar von Thaurien‘, es nicht heißen ‚Herr Svarog‘.“, korrigierte ihn der in feinsten Pelz Gehüllte indes.

Dezent mit den Augen rollend, erwiderte Opa: „Verzeiht, werter Zar von Thaurien. Aber ich muss Ihnen dringend davon abraten, sich hier einzumischen. Ihre Geschichten sind an der Reihe, wenn die werten Herren sich eines Ihrer Märchen aussuchen.“

„Mich das nicht interessieren. Herr von Anderswelt sich auch hat eingemischt. Ich werden das hier jetzt in Hand nehmen!“

„Ich muss dem Opa ausnahmsweise mal Recht geben, Svarog! Das hier gerät noch völlig aus den Fugen! Außerdem müssen die zwei Idioten erst Mal ihren Arsch hochbekommen und-“

„Nein“, wurde Cernunnos von Svarog unterbrochen, „Ich genau wissen, was hier gebraucht wird.“
 

Eine Hand in feinstem, schwarzen Leder schob sich aus dem langen Pelzärmel hervor. „Geben mir Buch.“ Opa und Cernunnos sahen sich an.

„Geben mir Buch!“, verlangte Svarog mit mehr Nachdruck und als die beiden immer noch nicht reagierten, kniff er die Äuglein zu schmalen Schlitzen zusammen. „Wenn ihr nicht wollt hören, dann … Angeama, du schicken mir DIE Tür, die ich brauchen!“
 

Son Goku war sofort aufgesprungen als er die fremde Stimme Svarogs vernommen hatte, auch Vegeta hatte sich den Dreien bereits zugewandt. Als nun eine weiß schimmernde Tür vor dem, wie war das Wort gewesen?, Zar?, erschien und weiße Flocken aus dem Nichts darüber dem Boden entgegensanken, konnte es keiner der beiden Saiyajins verhindern. Sie warfen sich über die weite Distanz zwischen ihnen einen skeptischen Blick zu.
 

„Herrschaften!“, wurden sie nun direkt von dem Zaren angesprochen. „Dies ist Geschichte von Klaus.“

Opa und Cernunnos sahen sich sofort mit großen Augen an. „Klaus? Will er sie wirklich dahin schicken?“, fragte Opa, sichtlich aufgeregt.

„Sieht…ganz so aus…“, antwortete Cernunnos genauso überrascht wie der Alte neben ihm aussah.
 

Erneut traf Vegetas Blick auf Gokus, doch es dauerte nur wenige Sekunden, da wandelte sich der skeptische und überraschte Ausdruck in den Augen des Jüngeren und wurde … finster, was den Prinzen wie ein Schlag ins Gesicht traf. Sofort wurde auch sein Blick wieder eiskalt. Als sich Kakarott dann einfach in Bewegung setzte und auf die Tür zumarschierte, kam auch Vegeta auf die drei Erzähler Angeamas zu.
 

„Und wir sollen da wirklich rein?“, wollte der Saiyajinprinz wissen als er zeitgleich mit seinem Artgenossen vor der Tür angekommen war.

Doch bevor Svarog auch nur ein Wort sagen konnte, griff Goku nach der gläsernen Türklinke und drückte sie nach unten. „Schlimmer kanns nicht mehr werden.“, knurrte er nur, riss die Tür auf und schritt einfach hindurch.

Vegeta hingegen blieb stehen, warf einen Blick zu dieser Pelzgestalt, die ihn mit kantigen, ausdruckslosen und dunklen Augen einfach nur anstarrte. Etwas kam Vegeta seltsam an diesem Kerl vor. Er hatte keine Ahnung was ein ‚Zar‘ war, aber dieser Mann strahlte etwas … Vornehmes, fast schon Hoheitliches aus. Nur unter Aufbringung größter Mühen konnte er sich von dessen Anblick losreißen und zur offenen Tür blicken, in deren Innerem Kakarott bereits verschwunden war.
 

Was er da jedoch vor sich hatte, ließ seine Augen groß werden. Eine durch und durch weiße Landschaft, soweit seine Augen reichten. Jetzt erst spürte er auch den eiskalten Luftzug, der ihm entgegenwehte. Als er einen Schritt auf die Öffnung zumachte, konnte er Kakarott sehen, der sich bereits in weiter Ferne durch die Schneemassen kämpfte, scheinbar wild dazu entschlossen dieses Märchen oder was auch immer ‚Klaus‘ sein mochte, hinter sich zu bringen.

Für einen kurzen Moment zögerte Vegeta und wollte Kakarott einfach dessen Schicksal überlassen, doch da war auch etwas in ihm, dass ihn … zu ihm zog. Das der Jüngere einfach gegangen war, ohne … ohne noch einmal den Versuch gestartet zu haben mit ihm zu reden, fuchste ihn irgendwie. Und irgendwie … irgendwo tief in sich, überkam ihn das Gefühl, dass er womöglich … ein klitzekleines bisschen … zu weit gegangen war. Das er … dass er den Mund hätte aufmachen müssen. Kakarott nur … nur einen kleinen Brocken hätte hinwerfen müssen.

Mist … das war doch einfach so ein verfluchter Mist!!
 

Sich die Arme schützend um den Körper legend, setzte er seinen Fuß über die Schwelle, hinein in diese Winterlandschaft. Dann würde er es eben JETZT machen!

Doch als er das Knirschen des Schnees unter seiner Sohle spürte, erfasste ihn der altbekannte Sog, riss ihn in die Welt hinein, beförderte ihn hoch in die Luft und zog ihn von Kakarott und diesem eiskalten Winter fort …
 

„Buch.“, verlangte Svarog und als er es in den Händen hielt, sagte er mit fester, tiefer Stimme: „Es einmal war…“

„Das heißt, es war einmal!“, fauchte Cernunnos ihn korrigierend von der Seite an.

Seinen Kopf langsam zum Herrn der Anderswelt drehend und ihn mit ausdruckslosen Augen anstarrend, wiederholte Svarog unbeirrt: „Es einmal war…“

Klaus - Die Post ist da

Vegeta wurde nach hinten geschleudert, hatte für einen Moment das Gefühl umzukippen, wurde abrupt abgefangen und versuchte sich blinzelnd zu orientieren. Eine ruhige, monotone Stimme drang an sein Ohr, welche ihn irritierenderweise an seinen Vater erinnerte, wenn dieser ihm einen Vortrag über seine Fehler gehalten hatte. Das verschwommene Umfeld um ihn herum bekam mehr Konturen, die Farben liefen ineinander, Ränder wurden schärfer und aus dem eintönigen Brummen kristallisierten sich Worte heraus.

„…leid mein Sohn, dass du ständig versagst, dich nicht bemühst und nun denkst, weil du schon wieder versagt hast, entlasse ich dich ohne Konsequenzen in dein behütetes Leben.“ Vegeta blinzelte irritiert und starrte den Rücken, mit den verschränkten Händen im Kreuz, an. Sein Vater wäre genauso dagestanden. „Und deswegen wirst du nun eine Aufgabe von mir bekommen, die deine letzte Chance ist.“

Endlich drehte sich der große Mann, in einer dunkelblauen und knitterfreien Uniform, zu ihm um. Es war keine Armeeuniform, zumindest keine, die er jemals gesehen hatte, aber irgendeine Art von Uniform war es mit Sicherheit, so etwas erkannte er einfach. Der Mann hatte einen altertümlichen Oberlippen- und Backenbart in schwarzer Farbe, was die Ähnlichkeit zu seinem Vater noch frappierender machte und in einem seiner Augen hing ein Monokel.

„Und deswegen Jesper, wird dir die Ehre zu Teil, ein Postamt zu eröffnen, an einem Ort, an dem es noch kein Postbote bisher geschafft hat.“

Postamt? Postbote? Was zur Hölle sollte das denn für ein Märchen sein? Wer schickte in einem Zeitalter der schnellen Nachrichten, Smartphones, die ständig bimmelten und von denen die Menschen ihre Finger nicht lassen konnten, denn noch Briefe?! Er interessierte sich zwar nicht dafür, aber selbst ihm war klar, dass die Menschen diesem Zeitalter schon längst entwachsen waren. Allerdings, Vegeta ließ seine Augen über die Einrichtung des Raumes schweifen, nach der zu schließen, dem großen altertümlichen Schreibtisch, der blauen Stofftapete, den gemalten und ernsten Porträts an den Wänden, lag die Vermutung nahe, dass dieses Märchen, einmal mehr, in einer Zeit spielte, in der es noch keine Bild zu Bild Übertragung gab.

„…in Zwietrachtingen. Jesper! Hörst du mir überhaupt zu?!“, donnerte die tiefe Stimme des großen Mannes und der Saiyajin, wenig beeindruckt, sah sich genötigt seine Aufmerksamkeit wieder der Person zuzuwenden, die mit ihm sprach. Buschige Augenbrauen, tief über schwarze Augen gezogen, sahen ihn maßregelnd an. Oh ja, es war wirklich verrückt … aber dieser Mann … Vegeta schüttelte den Kopf und zwang sich diese Gedanken zu verbannen. Dieser Kerl WAR nicht sein Vater, auch wenn er es in dieser Geschichte sein mochte. Vielleicht drängte sich ihm deswegen ständig dieser Vergleich auf.
 

Als der Hochgewachsene das Kopfschütteln bemerkte, wurde seine Miene noch düsterer und unheilverkündend. Mit einer schnellen Bewegung drückte er das breite Ende des Stockes, mit dem er eben noch auf einem Kartentisch eine Figur auf den nördlichsten Teil des Landes auf das Wort ‚Zwietrachtigen‘ geschoben hatte, schmerzhaft gegen Vegetas Brust.

„Du WIRST Jesper! Ob du nun willst, oder nicht! Du wirst dorthin gehen, ein Postamt eröffnen und innerhalb eines Jahres fünftausend Briefe abstempeln. Du persönlich! FÜNFTAUSEND! Andernfalls Jesper, werfe ich dich auf die Straße, dorthin wo ein Tunichtgut wie du hingehört. Hast du das nun endlich verstanden?!“ Tu...Tunichtgut? Er?! Die Entrüstung stand ihm wohl ins Gesicht geschrieben, wurde aber vollkommen falsch interpretiert. „Schau nicht so schockiert! Hast du gedacht, ich lasse dich weiter dein Leben verschwenden?“

Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte sich der Mann kopfschüttelnd von ihm weg und gab jemandem hinter Vegeta ein Zeichen. Ehe der Saiyajin überhaupt reagieren konnte, wurde er von zwei … Postbeamten?, er ging jetzt einfach mal davon aus, dass sie es waren … gepackt und aus dem Büro geschleift. An einer großen Pforte angekommen, drückte man ihm noch eine lächerlich anmutende Umhängetasche in die Hand, stieß ihn vor die Türe und da stand er nun, alleine, am oberen Ende einer langen, breiten Eingangstreppe, unter ihm ein gepflegter Garten. All das hatte keine fünfzehn Minuten gedauert und nun kam er zum ersten Mal zur Ruhe, konnte sich umsehen, durchatmen und begreifen, wo er war, was er war und was er wohl nun zu tun hatte.
 

Er sah an sich hinab. Die gleiche blaue Uniform zierte seinen Körper, die auch der Mann in dem Büro angehabt hatte … schon wieder blau … irgendwie schien er die Farbe einfach nicht loszuwerden. Ein paar Messingknöpfe, Ornamente, schwarze Stiefel und einen lächerlichen Hut, den er sich gleich mal vom Kopf riss. Sich zur Tür umdrehend betrachtete er sich in der großen Scheibe. Ein dürres, blondes und sehr jung wirkendes Etwas starrte ihm entgegen, dass so aussah, als würde der erst beste Luftzug ihn aus den Stiefeln fegen. Da hatte ihm der Soldat eindeutig besser gefallen …
 

Ein Räuspern hinter seinem Rücken, ließ ihn sich umdrehen und er starrte auf einen kleinen, alten Mann in der schwarzen Tracht eines Dieners, der die Zügel eines Pferdes?, Ponys?, hielt, welches eindeutig so aussah, als wäre es in einer Salami besser aufgehoben.

„Herr Jesper, Eure Kutsche.“

„Meine…Kutsche?“ Er starrte auf das Wrack, welches hinter dem Pony zu sehen war. Ein Rad sah so aus, als bestünde es aus drei anderen. Die Sitzbank war aus mehreren Brettern, ohne Polsterung, zusammengenagelt und das, was eine Überdachung sein sollte, war ein blaues – natürlich! - durchlöchertes Tuch, welches eher nach einem Netz aussah. Ganz große Klasse, danke Kakarott, danke für deine grandiose Märchenwahl!

„Eure Kutsche.“, wiederholte der Diener und überreichte ihm die Zügel. „Eine gute Reise und viel Erfolg, Herr Jesper.“

„Warte“, hielt ihn Vegeta zurück, als er sich umdrehte. Die Stirn runzelnd versuchte sich der Prinz an den Namen des Ortes zu erinnern. „Wo genau liegt…Tritachtingen?“

„Zwietrachtingen?“

„Ja.“

„Oh, das könnt Ihr nicht verfehlen, Herr Jesper. Ihr müsst der Hauptstraße immer nach Norden folgen, nicht abweichen. Wenn Ihr ans Meer kommt und sich die Straße verläuft, dann müsst Ihr nach einer Fähre Ausschau halten, die übersetzt. Zwietrachtingen ist der nördlichste Punkt unseres Landes und liegt auf einer Insel. Man kann es nicht verfehlen.“

„Und…“, Vegeta kniff die Augen zusammen. „…was genau erwartet mich dort? Irgendwelche Monster, Ungeheuer, Hexen…oder anderes von dem ich wissen sollte?...Rätsel?“

Der Diener runzelte die Stirn. „Nein, Herr Jesper. Es ist bloß…Zwietrachtingen.“

Das kurze Stocken in der Antwort war Vegeta nicht entgangen und er starrte den kleinen Diener noch eindringlicher an. Dieser schien jedoch gegen solcherlei Blicke vollkommen immun zu sein und wünschte Vegeta eine gute Reise, ehe er an dem Prinzen vorbei schlüpfte und in dem stattlichen Haus hinter Vegeta verschwand.
 

Na wunderbar!

Das Pony schnaubte, schüttelte seine Mähne, wieherte. Vegeta drehte den Kopf zu ihm.

„Halt die Klappe!“

Es wieherte wieder, zog an den Zügeln und starrte ihn störrisch unter seiner Mähne hinweg an.

Da kam Vegeta doch glatt ein Gedanke. Ein Gedanke, der ihn grinsen ließ, immer breiter.

„Weißt du“, sprach er zu dem Pony und wunderte sich über sich selbst. „Es hat keiner gesagt, dass wir immer Menschen sein müssen, oder? Ich meine“, fuhr er fort, während er um das braune Pony herum ging und vorsichtig in die offene Kutsche stieg, die unter seinem Gewicht knarrte und ächzte. „Wer sagt denn, dass wir in diesem Buch nicht auch mal in der Gestalt von Tieren landen könnten?“ Das Pony senkte den Kopf und begann am akkurat geschnittenen Gras neben der Treppe zu knabbern. „Wäre doch lustig, wenn du Kakarott wärst, oder?“ Das Pony schüttelte den Kopf. „Aber nein“, seufzte Vegeta und versuchte mit dem Gewirr der Zügel klarzukommen. „Wenn dem nämlich so wäre, dann würde ich dich ja in deiner richtigen Gestalt vor mir sehen…eingespannt vor meiner Kutsche.“ Er ließ die Riemen knallen und langsam, wackelnd und auch durchaus widerspenstig, setzte sich das Pony in Bewegung.

Der Gedanke allerdings, dass dieses Pony Kakarott sein könnte, ließ Vegeta einfach nicht los und hielt den Prinzen bei Laune bis sie aus der Stadt hinaus waren. Die ganze Zeit über sprach er mit … Kakarott. Erzählte ihm, was er von ihm hielt, was er von ihm dachte und wie … ätzend er ihn fand. Er sagte ihm alles, alles was er ihm schon immer mal an den Kopf werfen wollte, nur nicht das, was er wirklich fühlte. Das konnte er selbst dem Pony Kakarott nicht sagen. DAS konnte er sich nämlich nicht mal selbst sagen …
 

Gen Abend änderte sich das Wetter. Dunkle Wolken zogen auf, es grollte am Himmel. Nicht mehr lange und es würde regnen, dachte Vegeta und sah zu dem durchlöcherten Tuch, was ihn eigentlich vor solchem Wetter hätte schützen sollen. Weit und breit um ihn herum befand sich nichts, was er als Unterschlupf hätte nehmen können. Kein Hof, keine Scheune, noch nicht mal ein Baum.

Ein Blitz zuckte über den Himmel, der Donner folgte, Kakarott trottete unbeschwert weiter und dann fielen die ersten Regentropfen. Vereinzelt, erfrischend nach dem heißen Tag, doch dann wurde ein Vorhang aus Grau daraus. Binnen weniger Minuten war Vegeta bis auf die Haut durchnässt, die Straße verwandelte sich in Morast und die Kutsche kam kein Stück mehr vorwärts. Genervt und gereizt sprang er vom Wagen.

„War ja klar, dass du mal wieder zu schwach bist, um deine Aufgabe zu erfüllen.“, schimpfte er zu Kakarott und packte ihn am Halfter. „Wenn ich dir nicht ständig helfen würde, dann wäre dein Arsch schon längst geröstet worden.“ Seine zweite Hand legte sich auf eine der Zugstangen und gemeinsam mit seinem Gesprächspartner begann er zu ziehen bis sich die Räder aus dem Morast befreit hatten. Wieder in die Kutsche zu steigen würde nichts bringen. Da wurde er genauso nass wie neben dem Pony. Außerdem war die Gefahr größer, dass die Räder durch sein Gewicht wieder stecken bleiben würden. Also packte er die Zügel und führte Kakarott mit seiner Kutsche weiter.

Das Wetter besserte sich nicht, der Weg wurde noch morastiger und nach kurzer Zeit war der Körper, in dem er steckte, völlig aus der Puste. Er hatte das Gefühl jeder weitere Schritt durch diesen knöcheltiefen Schlamm würde seine Lungen zur Explosion bringen. Auf seine Knie gestützt sah er in die neutral dreinblickenden, schwarzen Knopfaugen Kakarotts.

Das durfte doch … das durfte doch einfach nicht WAHR sein! Nein! Nein, er würde jetzt nicht in die Kutsche steigen und sich von Kakarott weiterziehen lassen, weil er nicht mehr konnte! Nein! Auf gar keinen Fall! Niemals!
 

Mit verschränkten Armen, dreckig, frierend und genervt lieferte er sich mit dem Pony Kakarott ein Starrduell. Er würde gewinnen. Gewinnen! Vegeta vermeinte zu erkennen, dass sich die Knopfaugen kurz genervt nach oben rollten, dann folgte ein lang gedehntes Schnauben und danach wandte Kakarott seinen Kopf ab, schüttelte ihn, sodass seine Mähne hin und her peitschte.

„Ha! ICH hab gewonnen! Na? Naaa?!! Wie fühlt sich das an?!“

Stille.

„… … … Kakarott?“

Langsam drehte ihm das Pony wieder seinen Kopf zu, schwang jedoch weiter, da es scheinbar einfach nur an seiner Seite knabbern wollte, weil ihn dort etwas gejuckt hatte. Der Saiyajinprinz verstand dies allerdings völlig anders.

„Willst du…willst du etwa…? Ich…! Ich werd doch nicht…!“ Vegeta blinzelte ein paar Mal und starrte auf den breiten, langen Rücken Kakarotts, der sich ihm so einladend anbot. Er … würde warm sein. An den würde er sich … anschmiegen können … scheiße! Das wäre ja noch schlimmer als sich wieder zurück in die Kutsche zu setzen! Oder? Also eigentlich … warum eigentlich nicht?

Ganz langsam zeichnete sich ein kleines, diabolisches Grinsen auf Vegetas Lippen ab, während er sich mühselig wieder aufrichtete. Das Gefühl habend seine Beine wären aus Blei, trat er an Kakarotts Seite und blickte noch einmal skeptisch zu der langen Mähne.

„Wehe du…wirfst mich ab.“, knurrte der Prinz in die Richtung des langen Halses, schnappte sich einen Teil der Mähne und mit einem, seine letzte Kraft kostenden Sprung, schwang er sein linkes Bein auf den breiten Rücken Kakarotts.

Stille.

Weder Vegeta noch das Pony bewegten sich.

„Na los, Kakarott!“ Und völlig unvermittelt rutschte ihm heraus: „Du darfst es als eine Ehre betrachten, SO von mir geritten zu werden.“ Über seine eigene Aussage dezent schockiert, denn die letzten Worte hatte er doch glatt mit rauer Stimme nur gehaucht, wurden seine Augen groß und er horchte angespannt in die eintretende Stille hinein. Auf eine Reaktion Kakarotts wartend. Als jedoch keine zu kommen schien, wurde sein Blick wieder finster. „Verstehst ja heut absolut keinen Spaß, was?“, grummelte er schließlich und stieß, noch aus dem Märchen Aschenputtel wissend, seine Haken in Kakarotts Seiten. Endlich setzte sich das Pony unter ihm in Bewegung. Langsam, aber doch …
 

Schweigend auf Kakarott reitend, sich mit einer Hand in dessen Mähne festhaltend, mit der anderen die Zügel fest umklammernd, setzte Vegeta seinen Weg fort. Der Regen hörte mit der Zeit auf und wich etwas Schlimmeren. Schnee. Er hatte das Gefühl, dass die Luft dünner wurde, einfach immer kälter. Die einzige Wärmequelle war das warme Fleisch zwischen seinen Schenkeln, das sich rhythmisch unter ihm bewegte. Ohne es wirklich zu wollen sank sein Oberkörper dieser einladenden Wärme immer weiter entgegen, bis er schließlich ganz auf ihr zu liegen kam.

„…wenigstens…bist du…zu irgendetwas nütze…Kakarott…“, flüsterte er noch, bevor seine Augen schwer wurden und schließlich gänzlich zufielen.
 

Wieso…wieso bewegte sich der Idiot denn nicht mehr?, war der erste Gedanke, der ihm durch den Kopf schoss als er langsam aus seinem Schlaf wieder erwachte. Seine Lider bewegten sich unruhig, bis er sie schließlich aufschlug. Was zum…? Da war…nichts. Nur weißer Nebel.

Ruckartig richtete er sich auf und sah sich nach allen Seiten um. Nichts?! Doch! Da war…! Seine Augen huschten zurück und tatsächlich, da war eine klitzekleine Hütte direkt vor ihm und Kakarott. Darüber konnte er ein Schild ausmachen auf das ein Boot gemalt war. Eigentlich sah es eher so aus als hätte es ein Kind darauf gekritzelt …

Moment, Boot? Da war doch etwas! Stimmt ja, er sollte mit einer Fähre zu diesem Zwiezwazwackingen, oder wie das hieß, übersetzen. Na bitte, dann hatte Kakarott tatsächlich mal was richtig gemacht und ihn zu der Anlegestelle gebracht, wenn dem denn so war.

Mit versteiften Gliedern ob der Kälte, die permanent an ihm nagte, legte er seinen Oberkörper zurück auf Kakarott, hob sein rechtes Bein nach hinten, um es über den Rücken zur Seite zu schwingen und von dem Pony zu rutschen.
 

Durch die dünne Schneeschicht stapfend, blieb er vor der Hütte stehen, blickte durch ein, für diese winzige Hütte, riesiges, offenes Fenster, hinter dem er einen Mann ausmachte. Der saß auf einem Stuhl, seine Beine waren auf dem Fensterbrett überkreuzt, seine Arme hatte er hinter seinem Kopf verschränkt und seine Mütze tief in sein Gesicht gezogen. Der schlief eindeutig. Oder er war tot, was Vegeta bei dieser Kälte auch nicht gewundert hätte …

Er räusperte sich. Noch einmal.

„…zurück den Berg hinauf, bei der Gabelung rechts, dann beim abgestorbenen Baum links.“, kam es plötzlich mit rauer Stimme von dem Kerl. Dann fügte er noch ein „Gern geschehen“ hinzu.

Vegeta schnaufte genervt durch. „Ich muss nach Zwie…Zweizwaa…Zweiwachtingen.“

Es kam Bewegung in die Gestalt. Sie hob ihre Mütze nach oben und begann den Prinzen vor sich zu mustern. „Zwietrachtingen?“

„Ja. Sagte ich doch…“

„Und was willst du in Zwietrachtingen?“

„Was geht’s dich an? Kannst du mich da hinbringen oder nicht?“

„Macht zwei Kupferlinge.“

In seiner Umhängetasche kramend fand Vegeta einen Beutel mit Münzen, holte zwei bronzefarbene heraus und warf sie dem unsympathischen Kerl einfach über die Fensterbank.
 

Die Überfahrt mit dem Kahn, der für Vegeta so wirkte als würde er jeden Moment auseinanderbrechen und ihn mitsamt seiner Kutsche und Kakarott ins eiskalte Meer ziehen, dauerte für seinen Geschmack viel zu lange. Er stand zähneklappernd am Bug des Bootes und starrte in die weiße Nebelwand vor sich. Die Luft schien immer kälter zu werden, wenn das überhaupt noch möglich war, aber wenigstens hatte das Schneetreiben aufgehört.

„Scheiße verdammt, ist das in diesem Drecksmärchen jetzt immer so arschkalt?!“, fluchte er vor sich hin.

„Ach…das empfindest du als kalt? Dabei…haben wir grad ne Hitzewelle.“, kam es von dem Kerl mit durchwegs sarkastischem Unterton in der Stimme. Er war nicht nur der Kassierer in dieser kleinen Hütte gewesen, sondern auch der Kapitän dieser Schrottfähre.

Kakarott wieherte im hinteren Teil des Bootes und Vegeta verdrehte die Augen. Klar, dass der Idiot auch seinen Senf dazu geben musste. Lachte der ihn doch glatt aus … dem war ja auch nicht kalt, diesem … diesem …!

Vegetas Gedanken blieben stecken, denn seine Aufmerksamkeit wurde auf einen riesigen Schatten, der durch die Nebelwand zu brechen schien, auf sich gezogen. Was … was zum …? Was war das denn?!

Einen Schritt zurückweichend und nach oben starrend erkannte er gigantische Tiergebeine, die über ihn hinweg zu schweben schienen. Bei genauerer Betrachtung handelte es sich dabei wohl um die Knochen eines Riesenfisches, der an irgendetwas aufgehängt war. Na wenn das nicht mal ein gewaltiges Mahnmal darstellte … was für ein bescheuertes Märchen … es musste ja einfach noch beschissener werden. Absolut megabeschissen.
 

„Wir sind da. Willkommen in Zwietrachtingen.“, kam es nur kurz darauf vom Kapitän. Aber natürlich waren sie da. Die Fischgebeine mussten ja genau da hängen, wo Vegeta hin musste. Einfach klasse! Und als ob die Worte des Kapitäns eine magische Formel gewesen wären, lichtete sich die Nebelwand vor ihnen und gab den Blick auf … auf eine noch beschissenere Stadt frei, bei dessen Anblick sich die feinen Härchen in Vegetas Nacken aufstellten. So weit seine Augen reichten, erblickte er spitze, graue Häuser, die sich an den noch graueren Hang eines Berges schmiegten, über dessen dunkelgrauen Gipfel ein unheilverkündender Vollmond prangerte, der auch einfach irgendwie … grau wirkte.

„Gefällt dir, was du siehst?“, fragte der Kapitän als er neben Vegeta trat. „Ein durch und durch charmantes Städtchen, unser Zwietrachtingen.“

„Ja…klar…charmant.“, erwiderte der Prinz genervt.

Der Fährmann lachte und fügte hinzu: „Warte ab bis du es im Frühjahr siehst. Die Grautöne wirken dann richtig…hellgrau.“ Mit einem kehligen Lachen legte er das Boot am Steg an und entließ Vegeta mitsamt seiner Kutsche und Kakarott. Sich die Zügel schnappend starrte der Prinz der Saiyajins eine ganze Weile einfach nur den langen … wohl gemerkt grauen … Holzsteg entlang, der in einer dunkelgrauen Straße mündete, die, als er sie weiterverfolgte, zwischen den ersten grauen Häusern verschwand und die ihn wohl geradewegs den Berg hinauf führen würde.

„Also…verrätst du mir nun, was dich hierher führt?“, fragte der Fährmann und stellte sich neben Vegeta.

„…Post.“

„Post? Haben sie etwa wieder einen neuen Postboten hierher geschickt?“ Der Kapitän zur Rechten des Prinzen klang für seinen Geschmack viel zu amüsiert darüber. „Hast wohl was angestellt, was?“

Dieses Lachen ging Vegeta so unglaublich auf die Nerven, dass ihm ein wütendes „Schnauze!“ herausrutschte. Das kehlige Lachen des Fährmannes verstummte augenblicklich.

„Na dann, Postbote, folg einfach der Straße bis du auf den Hauptplatz kommst. Du erkennst ihn an einer großen Glocke, die sich genau in der Mitte befindet. Wenn du sie läutest, dann wirst du glorreich empfangen werden. Dein neues Zuhause wirst du auch nicht verfehlen können. Hängt ein Schild drüber mit nem Brief drauf.“ Der Fährmann wandte sich von Vegeta ab, doch bevor er ihn allein auf dem Steg zurückließ, klopfte er ihm noch auf die Schulter und murrte in seine Richtung: „Viel Vergnügen mit deinem Empfangskomitee…Postbote.“
 

Grummelnd, fluchend und wild gestikulierend schwang sich Vegeta auf seine Kutsche, schnalzte mit den Zügeln, etwas zu fest, sodass Kakarott erst einmal laut und protestierend wieherte bevor er sich in Bewegung setzte.

„Was denn?! Du brauchst gar nicht so eingeschnappt zu tun, Kakarott! Du siehst ja wo uns deine bescheuerte Entscheidung hingeführt hat! Du musstest ja ohne auch nur eine Sekunde dein Hirn einzuschalten einfach in dieses beschissene Märchen reinspaz-“ Vegeta brach ab als er zwischen den ersten Häusern hindurchrollte. Waren das Speere, die als Zaun um das Haus in die Erde gerammt worden waren? Und … waren das Äxte, die beim nächsten an der Hauswand befestigt waren? Was zum …?

Seinen Kopf einziehend ließ er sich von Kakarott immer weiter durch die Straßen ziehen, ein seltsameres Haus nach dem anderen anstarrend. Im Vorgarten eines der Häuser, welches er passierte, waren doch tatsächlich Bärenfallen aufgestellt worden … was … was um alles in der Welt war denn hier verkehrt?

Innerlich Kakarott verfluchend, ihm alle erdenklichen Krankheiten an den Hals wünschend, hielt er schließlich den Atem an, als er die ersten Gestalten zwischen den Häusern entdeckte, die ihn mit ausdruckslosen Mienen, die noch grauer wirkten, als es die ganze Stadt ohnehin schon war, anstarrten. Es lief dem Prinzen eiskalt den Rücken hinab als er die nächste Bewegung zwischen weiteren Häusern ausmachte. Sein gesamter Körper spannte sich an und obwohl er am liebsten einfach nicht hingesehen hätte, wandte er seinen Kopf in diese Richtung. Da waren zwei Menschen, die zwischen sich einen großen, zusammengerollten Teppich trugen und Vegeta hätte schwören können einen Haarschopf an einem Ende herausragen zu sehen.
 

Das Bild der Stadt und ihrer Bewohner änderte sich nicht. Falls Vegeta jemanden sah, dann waren die Personen abgehärmt, standen eng zusammen und starrten ihn mit Blicken an, bei denen er sich fragte ob sie ihm, oder Kakarott galten, den die Bewohner im nächsten Suppenkübel kochen wollten. Selbst die Kinder sahen so aus, als würden sie eine Teufelei nach der anderen ausbrüten. Er sah sogar vier Jungen, die Bretter über die Treppe einer Veranda legten, sich leise an den alten Mann im Rollstuhl heranschlichen, den Stuhl bewegten, sodass die Räder parallel zu den Brettern waren und dann … gaben sie dem Alten tatsächlich einen Schubs, der ihn brüllend und schimpfend über die Bretter und den Hang abwärts sausen ließ. Die Schreie konnte man noch Minuten lang hören. Irritiert sah Vegeta nach vorne, über Kakarotts krummen Rücken und zwischen seinen Ohren hindurch. Jungenstreiche waren das eine, aber das hatte schon fast den Anschein eines Mordanschlages.
 

Als der Hang noch einmal gehörig anstieg wurde der Nebel plötzlich so dicht, dass er kaum noch etwas sehen konnte und daher bemerkte er erst spät, dass die spitzen Häuser, welche normalerweise eng zusammenstanden, links und rechts Platz gemacht hatten und ein Rund bildeten. Die Augen zusammenkneifend konnte er an genau den gegenüberliegenden Stellen des Kreises zwei Häuser sehen, welche alle anderen überragten und mit ihrer Düsterkeit erschlugen. Spitze Zäune, lange Stacheln auf den Dächern und geschlossene Rollläden machten keinen sehr einladenden Eindruck.

In der Mitte des Platzes ragte ein hoher Mast auf und für einige Sekunden stolperte Vegetas Herzschlag, da er den Mast für einen Galgen hielt … solch einen Galgen, wie jener im Feuerzeug. Doch dann sah er die Glocke und sein Herz beruhigte sich wieder. Allerdings war da eine Nervosität, welche seine Figur nicht zur Ruhe kommen ließ, die er einfach nicht gänzlich unterdrücken konnte. Die Zügel anziehend hielt er seine Kutsche an und betrachtetet die Glocke, einsam im Nebel. Was hatte der blöde Kerl gesagt? Er sollte die Glocke läuten um sich anzukündigen? Sein Empfangskomitee zu informieren? Das erschien ihm … nicht wirklich ratsam. Allerdings musste er wohl irgendjemandem Bescheid sagen, dem Bürgermeister, Stadtvorsteher, wie auch immer der Kerl sich hier nennen mochte, dass er dazu ermächtigt war hier ein Postamt aufzumachen.

„Beweg deinen Arsch ja nicht von der Stelle, Kakarott.“, zischte er sein Pony an und verließ die trügerische Sicherheit seiner halboffenen Kutsche.

Seine Stiefel knirschten im Schnee. Er hörte wie die gefrorene Oberfläche unter seinem Gewicht knackte und einbrach. Tief sank er nicht ein, aber es behinderte ihn doch beim Gehen. Dampfwölkchen kamen aus seiner Nase und seinem Mund, während er sich nach allen Seiten umsehend der Glocke näherte. Das Gefühl, einen Fehler zu begehen wurde immer größer, dann hielt er an.

Wer zur Hölle war er denn?!, schallte er sich gedanklich selbst. Ein Feigling? Eine Memme? So wie Kakarott etwa? Nein! Er war der Prinz der Saiyajins! Stolz! Mutig! Selbstbewusst! Er würde sich doch nicht von ein bisschen Nebel, schiefen Häusern und Bewohnern, die eindeutig nicht alle Tassen im Schrank hatten, einschüchtern lassen! Seine Statur straffend schritt er energisch weiter, griff nach dem Tau der Glocke und läutete. Einmal, zweimal, dreimal … der Glockenhall verklang. Nichts geschah. Stille. Schon wollte er wütend erneut nach dem Tau greifen, als rings um ihn herum ein markerschütterndes Gebrüll erklang.

Hölzerne Rollläden wurden aufgeschlagen, Türen wurden fast aus ihren Angeln getreten und das bisher so ausgestorben anmutende Dörfchen, zusammen mit seinem leeren Platz, verwandelte sich in einen Hexenkessel, als aus allen Ecken und Enden, aus allen Häusern und Fenstern, ja selbst an Seilen, aus den obersten Stockwerken, die Bewohner wie die Berserker aufeinander zustürmten.

Blinzelnd und mit dem sehr schnell stärker werdenden Gefühl der Panik, sah sich Vegeta in alle Richtungen um. Mistgabeln, Fackeln, Äxte, Speere, Forken, Rächen … eine Mutter verteilte sogar Schleudern an ihre Kinder … eine Horde von rechts, die andere von links … und in der Mitte er … er und die Glocke.

Vegeta tat das Einzige, was ihm übrig blieb. Mit einem verzweifelten Satz, sprang er in die Höhe, packte den Mast und versuchte sich weiter daran hinauf zu ziehen, sich in Sicherheit zu bringen, diesen Verrückten aus dem Weg zu gehen. Aber die strohdünnen Ärmchen seiner Figur schienen sein Gewicht nicht halten zu können und so rutschte er das ganze Stück wieder nach unten, dem Stechen und Hauen, Prügeln und Treten entgegen. Jemand griff nach seinem Fuß, er trat blindlings zu, hörte ein schmerzhaftes Grunzen, dachte er wäre in Sicherheit und wurde dann abermals gepackt und mit einem Ruck auf den Boden befördert. Mit den Armen seinen Kopf vor Tritten und Schlägen schützend rollte er sich zu einer Kugel zusammen, bekam Hiebe und Füße zu spüren, starrte durch die Beine der umherirrenden Irren hindurch und erspähte seine Kutsche mit dem träge dastehenden Kakarott. Typisch! Allerdings war zwischen Kutsche und Boden ein Hohlraum, der ihn vor den ganzen Füßen schützen konnte.

Einen günstigen Moment abwartend sprang Vegeta auf und hechtete auf seine Rettung zu, wurde jedoch von jemandem am Kragen gepackt, nach hinten geschleudert, fast in die Luft gehoben und krachte mit seinem Rücken wieder an den Mast, verlor das Gleichgewicht, fuchtelte mit seinen Armen in der Luft herum, um etwas zu fassen zu bekommen, damit er nicht stürzte und … läutete die Glocke. Auf dem Platz … wurde es still.
 

„Was ist da draußen los? Warum steht ihr denn alle nur so herum?!“, ertönte von dem einen großen Haus her die Stimme eines kleinen, rothaarigen und mit einer Knollennase ausgestatteten Mannes. Und in der Tat, die Kämpfe rund um Vegeta hatten aufgehört. Der kleine Mann jedoch fuchtelte mit seiner Faust in der Luft herum, schimpfte weiter und stapfte durch die verharrenden Irren in Vegetas Richtung.

Von der anderen Seite bekam er eine Antwort: „Hah! Sie mal einer an, wer endlich das Handtuch wirft!“ Eine in Grautöne gekleidete, dürre Alte, die für Vegeta Ähnlichkeit mit der verrückten Alten auf der Glaskugel hatte, die ihn mal aus dem Jenseits zurückgeholt hatte, stapfte aus dem anderen großen Haus heran.

„Das Handtuch werfen?! Hah! Lächerlich!“, schrie der Knollennäsige zurück.

„Gib es zu!“, zeterte die Alte. „Du hast dich raus geschlichen und die Glocke geläutet!“

„Waaas?! Ein Ellbogner?! Niemals!!!“

„Wag es nicht gegen mich die Stimme zu erheben! Du hast sie geläutet!“

„Niemals!“

„Gib es zu! Du warst das!“

„NIEMALS!!!“

Das ungleiche Paar traf sich genau in der Mitte, direkt vor Vegetas Augen und während die Fäuste des Ellbogners wild in der Luft herum fuchtelten, sahen die dürren, spinnenartigen Finger der Alten so aus, als wollten sie ihm gleich die Augen ausstechen. Vegeta beobachtetet das aufeinandertreffen, aber er war nicht der Einzige. Alle anderen, vorher bis aufs Blut Kämpfenden, verharrten vollständig und schauten dem wilden Streit zu. Und da dämmerte es Vegeta, dass es sich bei diesen beiden ungleichen Gestalten wohl um die Oberhäupter der … was auch immer die beiden Parteien seien mochten, handelte. Anführer würde er überall erkennen.
 

„Du altes Klappergestell wagst es einen Ellbogner zu beleidigen?!“

„Und du unterbelichteter Klobs wagst es einem Grobner das Läuten der Kriegsglocke vorzuwerfen?!“ Die Alte sah sich um. „Also wer war es?! Wer hat die Kriegsglocke geläutet?“

Sehr langsam und sehr auffällig drehten sich die Köpfe aller Anwesenden auf dem Platz zur Mitte hin, wo der hohe Mast emporragte. Und Vegeta … die Hand … am Seil … der Glocke …

„Aha!“, schimpfte Knollnase. „Jetzt bezahlt ihr schon Fremde, damit sie eure Arbeit machen!“ Über die Lächerlichkeit dieser Worte verdrehte die Alte nur die Augen. Sie wandte sich Vegeta zu, der es für einen guten Zeitpunkt hielt, das Seil loszulassen und seine lädierte Uniform zu richten.

Die spinnenartigen Finger über dem Knauf eines Gehstockes zusammenlegend sah ihn die Grobner an. „Und wer bitte, seid Ihr?“

„...bote“, stieß Vegeta aus und musste Husten. Das tiefe einatmen der eisigen Luft hatte ihn husten und die ersten Silben seines Wortes undeutlich werden lassend. „Der neue Postbote. Ich soll hier das Postamt übernehmen.“

Es wurde abermals still. Aber nur für ein paar Sekunden. Dann erklang aus allen Kehlen ein brüllendes Lachen. „Ein Postbote!“, brüllte der Ellbogner. „Die haben uns tatsächlich schon wieder einen Postboten geschickt! Die lernen es aber auch nie!“ Das Gelächter wurde noch lauter und der Saiyajin bemerkte, wie die Hitze seinen Hals hinaufkroch, wie sich seine Muskeln anspannten und sich seine Fäuste ballten. NIEMAND lachte über ihn!

„Jetzt pass mal auf du abgebrochener Meter mit der Nase die aussieht, als hätte ein Hund auf deinen Eiern rumgekaut!“ Er stapfte auf ihn zu. „Ich bin seit TAGEN unterwegs. Es hat geregnet! Es hat geschneit! Es hat gestunken und es ist scheiße kalt. Dieser Ort sieht aus, als wärt ihr alle mit der besoffenen Schildkröte verwandt und ich verspüre keine, aber auch wirklich keine Lust hier länger als nötig zu bleiben. ABER um hier wegzukommen muss ich einen bescheuerten Postboten spielen und ein hier scheiß Postamt errichten und deswegen werde ich hierbleiben und genau das tun!“ Mit in die Hüfte gestemmten Fäusten beugte er sich drohend über den kleinen Rothaarigen. „Und niemand, ich wiederhole: NIEMAND wird mich davon abhalten, oder sich noch einmal darüber lustig machen! Klar?!“ Der Ellbogner blinzelte.

„KLAR?!“, setzte Vegeta noch einmal schärfer hinzu, bekam aber wieder keine Antwort. Da berührten ihn dünne Finger am Arm, hakten sich sogar bei ihm ein, wie das eben alte Leute bei jungen taten.

„Mein lieber Herr Postbote“, trällerte die hohe Stimme der alten Grobner. „Ich glaube, ich muss Ihnen da einige Dinge erklären.“ Sie klimperte mit ihren faltigen und viel zu stark geschminkten – natürlich in einem Grauton! – Wimpern. „Sehen Sie, wir, die Grobner sind die Älteste und-“

„Lüge!“, warf der Ellbogner ein.

„...sind die Älteste und einflussreichste Familie-“

„LÜGE!“

Die Grobner fuhr herum. „Unterbrich mich nicht!“

„Ich unterbreche wann ich will!“

„Nicht wenn ich etwas erkläre!“

„Dann erklär es richtig!“

„Das habe ich!“

„LÜGE! Die Ellbogners sind die älteste und einflussreichste-“

„HAH! Wer lügt jetzt? Es ist doch allgemein bekannt, dass die Grobners die älteste und-“

„PAH! Ausgedachter Humbug!“

„Ich geb dir gleich Humbug!“ Die Grobner hob ihren Stock. Die Anspannung in der Luft nahm zu. „Grobners, zeigt diesen Ellbogners, wer hier die älteste und einflussreichste Familie ist!“ Sie hatte kaum ausgesprochen und schon ging es rund um Vegeta wieder los.
 

Der Saiyajin, keine Lust verspürend noch einmal in den Konflikt der Familien verwickelt zu werden, zog sich an den Rand des Platzes zurück und sah dem Treiben zu. Plötzlich landete eine schwere und behandschuhte Hand auf seiner Schulter. Es war der komische Typ vom Boot.

„Na, Empfangskomitee erhalten?“, grinste er frech, während Vegeta seine Hand abschüttelte. Eine Sekunde überlegte er, ob er ihm eine langen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Irgendjemand

hier musste ihm schließlich zeigen, wo das Postamt war. Und nachdem er diese Wahnsinnigen hier kennengelernt hatte, erschien ihm der nervtötende Fährmann noch am Vernünftigsten zu sein …

„Komm mit“, sagte der Kerl, nachdem der Saiyajin sich überwunden und ihn danach gefragt hatte. Zusammen stiegen sie in die Kutsche und Kakarott trottete mit ihnen davon. Es ging den Berg hoch, über eine Brücke, die diesen Namen nicht verdiente und vorbei an schiefen Häusern, kahlen Bäumen und verrottenden Zäunen. Der Schnee wurde immer tiefer, der Nebel wieder dichter und die Häuser weniger.

„Stopp.“, sagte sein Reisegefährte plötzlich und sprang von der Kutsche. Vegeta erkannte nicht, warum sie hier hielten.

„Hier ist nichts.“

„Doch, doch.“, beteuerte sein Reiseführer. „Man sieht es nur nicht, aber wir stehen hier direkt auf einer Kreuzung.“

„Und?“

„Und?“

Vegeta schnaubte genervt. „Und warum halten wir?“

„Ach so, ja klar. Na weil ich hier aussteigen muss. Ich muss zurück zu meiner Fähre und dazu muss ich dich hier verlassen.“

Der Saiyajin zählte geistig bis zehn. „Und wo ist…das Postamt?“, presste er am Rande seiner Selbstbeherrschung hervor, was den Kerl zu einem Lachen veranlasste, das Vegeta seine Hände um die Zügel krampfen ließ.

„Jaha…haha…klar. Du siehst es nicht, wegen dem Nebel. Die Post ist da.“ Er zeigte geradeaus ins Nirgendwo … wo einfach nur Nebel zu sehen war. „Also dann, man sieht sich Herr Postbote!“, und weiterhin lachend ging der Kerl davon. Schon nach wenigen Schritten war er nicht mehr zu sehen.

Skeptisch eine Braue hebend schnalzte Vegeta mit den Zügeln und Kakarott trottete voran. Doch nicht lange, denn wie dieser Nervsack gesagt hatte, tauchte schon nach wenigen Schritten ein verfallener Zaun auf, dann ein kahler Baum mit einem Baumhaus und ein … Vegeta fiel die Kinnlade herunter.
 

Das durfte doch nicht wahr sein!

DAS DURFTE DOCH NICHT WAHR SEIN!!!

Kakarott wieherte.

Klaus - Auf zum letzten Hoffnungsschimmer

Es war ja nicht so als ob Vegeta immer nur in purem Luxus gelebt hätte, wie es bei Bulma war oder wie er es aus den frühen Jahren seiner Kindheit kannte. Nein, er war jahrelang unter Freezers Herrschaft im Weltall unterwegs gewesen. Hatte Wochen in seiner kleinen Raumkapsel verbracht oder auf fremden Planeten in Spelunken, Zelten oder gar unter freiem Himmel übernachtet. Aber … das hier … das war einfach nur eine Frechheit! Das sollte ein Postamt sein?! Hier sollte er hausen, während er verflucht nochmal fünf…FÜNFTAUSEND Briefe abstempeln sollte?! Mitten im tiefsten Winter?!
 

Erneut schweifte sein Blick zu dem durchlöcherten Dach, durch das dicke Schneeflocken zu ihm herabsanken. Nicht einmal die Wände waren dicht, denn als er sich hier umgesehen und die Tür eines in der Wand verbauten Kastens geöffnet hatte, war ihm Mauerwerk entgegen gebröckelt, gefolgt von einem Schwall gefrorenen Wassers. Der Fußboden war morsch, überall hatten sich bereits Schneehaufen gebildet und über die Hühner wollte er gar nicht erst nachdenken!

HÜHNER! Da lebten verfluchte Hühner in dieser gottverlassenen Bruchbude! Sie hatten sich in einer Wand eingenistet, an der quadratisch angeordnete Kästchen montiert waren, die wohl eigentlich … wie konnte es auch anders sein … zum Einsortieren von Briefen und Paketen vorgesehen waren. Doch diese gackernden Viecher, die Vegeta mit ihrem Geschnatter von Zeit zu Zeit tatsächlich an Bulma erinnerten, waren bei Weitem nicht das Schlimmste. Um seine Notdurft zu verrichten, musste er, nicht wie jeder normale auf der Erde lebende Mensch in ein extra Zimmer gehen, sondern nein!, es musste ja in diesem Baumhaus draußen vor dem Postamt errichtet worden sein! Das hieß, er durfte AUS dem Haus gehen, über eine wackelige, von Eis und Schnee überzogene Brücke stapfen, danach eine Leiter hochklettern, die er, als er die erste Sprosse angefasst hatte, auch gleich in der Hand gehalten hatte, um sich dann DORT … OBEN IN EINEM GOTTVERDAMMTEN BAUMHAUS … zu erleichtern. Ja … es war die schlimmste Absteige, in der er jemals gewesen war. Nein, es war weniger als das …
 

Er war wütend. Und wie er das war. Dazu noch müde. Und Hungrig. Und ihm war kalt. Eiskalt. Außerdem wollte er schreien. Einfach nur schreien und seine Wut mit seinem steigenden Ki aus sich herauslassen. Aber das konnte er ja nicht! Er war ja nur ein mickriges Bürschchen in dieser Geschichte, das wahrscheinlich nicht mal imstande sein würde ein verfluchtes Brett an die Decke zu nageln, um die verdammten Löcher abzudecken! Und fliegen konnte er auch nicht! Vegeta raufte sich die Haare, während seine vor Kälte zitternden Knie kurz davor waren einzuknicken.

Das Pony, dem der Prinz den Namen Kakarott verpasst hatte, im Glauben, dass es auch tatsächlich der andere Saiyajin war, wieherte draußen vor der Tür und riss ihn aus seinem Verlangen die Bruchbude kurz und klein zu schlagen, dann den Fährmann aufzusuchen und ihm eins dieser dämlichen, gackernden Hühner in den Rachen zu stopfen.

Sich ununterbrochen mit den Händen über seine Oberarme reibend, trat er vor das Haus und starrte Kakarott wütend an. Hätte sein Blick magische Kräfte, dann wäre das Pony an Ort und Stelle in Flammen aufgegangen und er hätte sich daran wärmen können. Dieser Gedanke … war doch gar nicht mal so schlecht … dann hätte er auch gleichzeitig was zu futtern. Mit einem gelangweilten Schnauben wandte das Pony seinen Kopf Vegeta zu und bedachte ihn mit einem teilnahmslosen Blick.

„Glotz nicht so. Ich werd dich schon nicht wieder umbringen, Kakarott.“ Allerdings brummte dem Prinzen in diesem Moment der Magen. Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Vielleicht … vielleicht würde er dem Jüngeren ja auch nur eine kleine … nur eine klitzekleine Scheibe abschneiden. Er machte einen Schritt auf das Pony zu. Noch einen. Einen weiteren. Seine Augen auf das Hinterteil Kakarotts gerichtet trat er an ihn heran. Dann hob er seine Hand und legte sie auf das saftig aussehende Fleisch. Er brauchte nur ein bisschen Energie in den Spitzen seiner Finger bündeln und dann mit einem Ruck … verdammt. Resigniert seufzend beugte er sich vor und platzierte seine Stirn neben seiner Hand auf dem Fell.

Noch so eine Sache die er hier drin nicht beherrschte. Aber wenigstens … wenigstens begann die Wärme Kakarotts seine Finger wieder aufzutauen. Während er auf seine von der Kälte bereits rot und blau verfärbte Hand starrte, begann er sich ernsthaft zu fragen, ob dieses Pony wirklich Kakarott sein konnte.

Etwas in ihm wusste jedoch schon längst, dass er sich das nur einredete. Als der Jüngere ohne ihn in das Märchen gestürmt war, hatte er ihn in der Ferne durch den Schnee waten sehen … in seiner ganz normalen Gestalt. Zwar war sein orangefarbener Trainingsanzug verschwunden gewesen, aber die markante Frisur des Jüngeren würde Vegeta überall wiedererkennen. Diese dämlichen nach allen Seiten abstehenden Fransen …
 

Und plötzlich war da wieder dieses unerträgliche, nagende Gefühl in seiner Brust. Er hatte keine Ahnung woher das nun wieder kam und schob es einfach auf seine Figur, die wahrscheinlich so etwas wie ein schlechtes Gewissen bekam. Der mickrige Kerl schien nach der Ansprache seines ‚Vaters‘ ja ein richtiger Versager und überaus fauler Typ zu sein. Jetzt wurde Vegeta auch langsam klar, warum man ihn gerade hierher geschickt hatte. Es … war ein Test … eine Strafe. Nicht nur dieses verfallene Postamt, auch die Menschen hier hatten scheinbar alle eine Schraube locker. Konnten wahrscheinlich noch nicht mal lesen, geschweige denn schreiben … und schon war er sicher den Sinn dieses Märchens durchschaut zu haben. Seinem ‚Vater‘ und … einfach allen beweisen, dass er es hinbekam. Dass er allen Widrigkeiten trotzen konnte und die fünftausend Briefe abstempeln würde. Wie … erbärmlich. Als ob er es nötig hätte auch nur irgendjemandem etwas zu beweisen!
 

Vegeta schloss seine Augen und begann die Wärme auf seiner Wange zu genießen, die mittlerweile auf das braune Fell gesunken war. Wenn er hier raus wollte, würde er es wohl oder übel machen müssen. Er wollte schon wieder eine Schimpftriade gen Himmel schicken, doch er war einfach zu müde dazu. Erst der Ettin und diese dämliche Bauernarbeit und jetzt das hier. Ein Postbote … er und Post. Was jedoch sogar ein Aufstieg im Vergleich zum roten Ettin war …

„Scheiß drauf!“ Vegeta drückte sich von dem Pony weg, befreite es von der Kutsche, schnappte sich die Zügel und führte Kakarott die drei noch halbwegs intakten Stufen zur Veranda hinauf und schließlich ins Haus. Er bugsierte das Pony unter den Teil des Daches, der noch nicht völlig durchlöchert war. „Los. Leg dich hin.“

Kakarott reagierte nicht darauf, sondern starrte auf die aufgebrachten Hühner, die lauthals gackerten. Mit pulsierender Ader auf der Stirn brummte Vegeta ein „Schnauze!“ in deren Richtung und ein „Ich hab gesagt hinlegen, du sturer Esel!“ in Kakarotts Richtung. Seine Anweisung versuchte er zu unterstreichen, indem er das Hinterteil des Ponys nach unten drückte. Erfolglos allerdings. „Jetzt mach schon, Kakarott! Wenn ICH erfriere, kommst du hier nie wieder raus! Du wirst es nämlich verbocken, wie du ALLES verbockst!“

Plötzlich setzte sich das Pony und legte seinen Oberkörper auf den Vorderbeinen ab. Vegeta blinzelte einige Male. War … war das etwa doch …? Nein. Nein, unmöglich … oder?

„Kakarott? Wenn du das wirklich bist, dann…sag was.“

Stille trat ein, während das Pony seinen Kopf neben sich auf dem Boden platzierte. „…dann eben nicht.“ Seinen Plan wieder aufgreifend schnappte sich Vegeta eine Decke aus einem der halb verfallenen Schränke und platzierte sich an der Seite des Ponys, ehe er die Decke über sie warf. Er presste seinen Oberkörper gegen das braune Fell und spürte wie sich sein Körper zu erwärmen begann. Ja … so würde er die Nacht überstehen. Durch Kakarotts Körperwärme … Kakarott … Kakarott … wo er wohl war? Wie sie sich wohl diesmal begegnen würden? Ob der echte Kakarott genauso störrisch auf ihn reagieren würde wie das Pony Kakarott? Wegen dieser … dieser Todessache aus dem Feuerzeug? Sich enger an den Bauch des Tieres schmiegend schloss Vegeta seine Augen.

Da war es wieder. Dieses verfluchte komische Ziehen in seiner Brust!

Den anderen Saiyajin schnellstens aus seinen Gedanken verbannend fasste er einen Entschluss. Gleich am nächsten Tag würde er es einfach angehen. Er hatte die Schnauze voll davon sich über die ihm bevorstehende Arbeit aufzuregen, es würde ja sowieso kein Weg dran vorbeiführen, wenn er nicht wieder Wochen damit verschwenden wollte nichts zu tun … wie im Feuerzeug. Und Briefe zu sammeln, abzustempeln und zu verschicken konnte ja nun wirklich nicht so schwer sein … oder?
 

Vegeta erwachte recht ausgeschlafen. Hätte man ihm das am vergangenen Abend gesagt, hätte er die Person einen Vollidioten geschimpft … doch er fühlte sich wirklich ausgeschlafen. Es war warm, kuschelig, gar mollig und irgendwie verspürte er keinerlei Lust die Augen zu öffnen. Als ihn dann jedoch etwas an der Nase kitzelte, sah er sich genötigt dies doch zu tun. Recht langsam, denn eigentlich wollte er es ja nicht, öffnete er seine Augen und starrte …

„GaGACK!“

… direkt auf den schräg gelegten Kopf eines Huhnes. Er blinzelte, blinzelte nochmal … das Huhn blieb wo es war. Kein Traum ...

„GaGACK!“ Er zuckte zusammen, als dieses penetrante Geräusch dicht an seinem Ohr wiederholt wurde. Vollkommen irritiert drehte er den Kopf und sah doch tatsächlich eines dieser dicken, fetten Federviecher auf seinen Haaren sitzen! Und einmal entdeckt, entdeckte er immer mehr!

Unter der Decke, die er über sich und Kakarott gebreitet hatte, hatten sich am Bauch des Ponys so einige Hühner dicht an dicht niedergelassen. Auf Kakarott saßen auch welche und wie er anhand des Gewichtes auf seiner Hüfte spürte, hatten sich auch auf ihm die Hühner breit gemacht. Daunenflusen wirbelten vor seinen Augen entlang und irgendwo an seinen Beinen schien sich eines der Viecher zu bewegen, denn er spürte Federn. Sein Bein zuckte zuckte. Eine ungünstige Bewegung, denn sie schien ein Huhn zu stören, das es sich unter der Decke an seinem Hintern gemütlich gemacht hatte. Auf diese Art aus seinem gerechten Schlaf gerissen, plusterte sich das Huhn auf, drehte den Kopf und …
 

„AU! IHR VERDAMMTEN DRECKSVIECHER! ICH GLAUB ES HACKT!!!“
 

Gehackt hatte es, also das Huhn, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes in seinen Hintern. Das daraus resultierende Chaos aus einem aufspringenden, fluchenden Vegeta, gefühlt tausend Hühnern, die Federn und Flusen lassend wild durcheinander flatterten, gackerten und einem erschrockenen Pony, welches ebenfalls schnaubend aufsprang und einmal nach hinten ausschlug, Vegeta am Hintern traf und ihn in eine Schneewehe schickte, nahm kein Ende. Die Hühner, durch das aufbegehrende Pony noch mehr in Panik versetzt, flatterten weiter wild durch den Raum, dies wiederum erschreckte das Pony, ließ es noch mehr wiehern und ausschlagen und das scheuchte wieder die Hühner auf …

Der Einzige, der plötzlich eine stoische Ruhe in sich spürte, war Vegeta. Der hatte den Kopf aus dem Schneehaufen gezogen, sich das weiß - kalte Zeug aus dem Gesicht gewischt und sah dem wilden Geflügel-Pony-Orkan, der in seiner Poststation wütete weiter zu. Kakarott schließlich hatte die Schnauze voll Federn, nachdem er eines der Hühner mit seinen Zähnen erwischt hatte, die Hühner hatten sich daraufhin mit Schnabelhackern revanchiert und Kakarott hatte, wie könnte es bei ihm auch anders sein, sein Heil in der Flucht durch die Vordertür gesucht. Er war in dem dichten Schneetreiben dahinter verschwunden und Vegeta war sich sicher er würde sich verlaufen.

Die Hühner beruhigten sich daraufhin, Federn fielen zu Boden und ein kalter Wind blies durch die nun offenstehende Tür in das Postamt. Vegetas Augen folgten den vom Boden aufsteigenden Flusen bis sie jenen wieder berührten. Dann kam die nächste Windböe und diesmal setzten sich auch Federn in Bewegung. Als auch diese wieder gen Boden sanken dauerte es noch zwei Herzschläge lang, ehe ganz Zwietrachtingen von einem lauten Frustrationsschrei geweckt wurde …
 

Später an diesem Tag, Vegeta hatte Kakarott wieder eingefangen und ihn in einem kleinen Verschlag neben dem Postamt eingesperrt, stapfte der Saiyajin hungrig und schon wieder frierend durch die Stadt. Die Sonne hatte etwas mehr Helligkeit gebracht, aber mehr als eine Dämmerung schien sie in diesem Teil des Landes einfach nicht zustande zu bringen. Dennoch konnte Vegeta von der Stadt mehr erkennen als am vergangenen Abend. Sie war … trostlos. Einfach nur trostlos und egal wo er hinkam, die Leute maßen ihn mit Blicken, die ihm eine Gänsehaut bescherten. Versuchte er jemanden anzusprechen, wurde ihm nicht mal geantwortet und einmal hatte er wirklich Glück, denn dem Mann, der vor ihm ging, fiel ein Blumenkübel auf den Kopf, der ihn zu Boden streckte. Vegeta hielt dies erst für einen Unfall, aber als er den Kopf hob, um zu sehen wo der Blumentopf heruntergebrochen war, sah er eine grinsende Frau, die den sechsten Strich an ihrer Hauswand anbrachte. Vegeta wechselte vorsichtshalber in die Mitte der Straße.
 

Als er bei einigen Buden ankam, die offensichtlich Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände verkauften, erkannte er den Kapitän vom Vorabend, welcher mit guter Laune an einem Tisch saß und eine dampfende Tasse in der Hand hielt. Außerdem roch es nach Eiern und Speck. Der Kapitän erblickte ihn auch und hob grinsend seine Pranke von Hand.

„Na guten Morgen, Herr Postbote! Ihr seht ja sehr ausgeruht aus für die erste Nacht in eurem Postamt. Habt Ihr denn gut geschlafen?“ Dieses schadenfrohe Grinsen … Vegeta hätte am liebsten rein geschlagen … doch er beherrschte sich, setzte sich auf den Stuhl dem Kapitän gegenüber und zog sich einfach dessen Teller heran, begann zu essen.

„Ja sicher, bedient Euch einfach, Herr Postbote.“ Vegeta warf ihm einen Blick zu, der den Kapitän die Hände heben ließ. Sich abermals ein Frühstück bestellend aßen sie danach zusammen und in Schweigen.

Plötzlich erklang lautes Kindergejohle und eine Horde von Jungen auf ihren Schlitten preschte die abfallende Straße herunter. Vegeta musste blinzeln, als er erkannte WAS die Kinder da in den Händen hielten … das sah ganz nach Speeren aus … und tatsächlich … auf Höhe der Buden warfen sie ihre spitzen Waffen nach den Besitzern. Diese schienen aber solcherlei Angriffe gewohnt zu sein, denn sie ließen im rechten Moment hölzerne Klappen herunter und die Waffen prasselten schadlos dagegen. Den Tunichtguten wüste Beschimpfungen hinterher schickend schüttelten die Angegriffenen ihre Fäuste, während die Bengel grölend auf ihren Schlitten weiter schossen.
 

„Also“, begann Vegeta mit ruhiger und beherrschter Stimme. „Was läuft hier schief?“

„Wie? Was soll denn hier schieflaufen?“ Der Kapitän tat überrascht und sah den Saiyajin ganz unschuldig an.

In diesem Moment ging die Türe einer Hütte auf, eine alte Frau kam mit dem Nachteimer heraus und … schüttete ihn über den Gartenzaun, direkt auf die frisch gewaschene Wäsche der Nachbarn, ehe sie wieder in ihrem Haus verschwand. Eine Braue hebend sah Vegeta den Kapitän einfach nur an.

„Schon gut, schon gut. Ihr habt ja gestern mitbekommen, dass es in Zwietrachtingen zwei Parteien gibt. Die Ellbogners und die Grobners. Die einen sprechen nicht mit den anderen und umgekehrt.“ Der Kapitän nippte an seinem Kaffee. „So war das schon immer und so wird es immer sein.“

„Und was ist mit der Post hier? Warum ist das Postamt so verfallen?“

„Nun ja“, druckste der Kapitän etwas herum. „Wenn die einen den anderen nichts zu sagen haben und umgekehrt, dann will man diesen Leuten natürlich auch keine Briefe schreiben. Die Zwietrachtinger haben sich angewöhnt ihre … Gespräche auf etwas … materieller und … handfesterer Ebenen zu führen, wenn Ihr versteht was ich meine?“ Er schob sich die Kapitänsmütze in den Nacken und hob mehrmals vielsagend die Augenbrauen.

Das Fenster des Hauses mit der besudelten Wäsche öffnete sich, ein Gewehrlauf schob sich langsam heraus und als die alte Frau mit dem Nachttopf ein weiteres Mal vor die Tür trat, wurde ihr dieser aus der Hand geschossen. Vollkommen gleichgültig stellte sie den kaputten Topf ab und ging in ihr Haus zurück. Der Kapitän wippte wieder mit seinen Brauen.

„Das bedeutet also“, presste Vegeta zwischen den Lippen hervor. „Das Postamt ist so verfallen, weil …?“

„Keine Post! Richtig!“ Der Kapitän grinste breit und sagte dies, als wäre es etwas Gutes. „In einer Stadt in der die Menschen lieber aufeinander losgehen, als miteinander zu reden, werden keine Briefe geschrieben. Ergo braucht man keinen Postboten, ergo kein Postamt.“ Er breitete die Arme aus. „Und das ist die ganze Geschichte.“

„Klasse. Einfach klasse…“, murmelte Vegeta genervt und rollte mit den Augen, wobei er sich die letzte Scheibe Speck in den Mund schob und schließlich aufstand.

„Soll ich Euch heute wieder zurückbringen, Herr Postbote?“

„Nein. Die WERDEN Briefe schreiben…und wenn es das Letzte ist, was ich tue!“ Ohne ein weiteres Wort setzte der Prinz seinen Weg fort, das amüsierte Grinsen des Kapitäns nicht mehr mitbekommend.
 

Irgendwer, irgendwo in dieser verfluchten Stadt musste doch einen verdammten Brief geschrieben haben. Die verrückten Bewohner und deren an den Häusern angebrachten Fallen immer im Auge behaltend klapperte er einen Briefkasten nach dem anderen ab. Er fand auch durchaus etwas darin, nur … keine Briefe. Schmierige Massen, verweste Nagetiere, auch, so glaubte Vegeta zumindest, abgetrennte Finger oder etwas in der Art. Angewidert von dieser Stadt, von seiner Aufgabe, von diesem Märchen, einfach von allem, schmiss er die Klappe des letzten leeren, hellgrauen Kästchens zu und verschränkte wütend seine Arme, trat gegen einen aus dem Schnee ragenden Stein, der jedoch nur die Spitze eines Felsen gewesen war und schrie, während er sich seinen schmerzenden Fuß hielt. Ein paar Schritte auf einem Bein vorwärts hüpfend lehnte er sich gegen die Gitterstäbe eines meterhohen Zaunes, sank daran hinab in den weißen Schnee, während er hinter sich schon die knurrenden Laute zweier eingesperrter Hunde vernahm. Vielleicht würden sie ihm jetzt einfach durch die Eisenstäbe hindurch den Kopf abreißen, wie es auch die Viecher im Feuerzeug mit einigen Leuten getan hatten. Dann wäre es wenigstens vorbei … und er draußen aus diesem scheiß Märchen.
 

Das Knurren kam immer näher und Vegeta starrte auf das gegenüberliegende Haus. Ließ seinen Blick über die schwarze Fassade gleiten, die dunkelgrauen Fenster und die etwas hellgraueren Gitter davor. Was musste das hier für ein Leben sein … jeden Tag darauf gefasst sein zu müssen von seinen Nachbarn getrietzt, geärgert oder angegriffen zu werden. Er hörte den Schnee unter den Pfoten der Hunde hinter sich knirschen und ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. Oh … er wusste doch genau wie das war. Wie es war, immer auf der Hut sein zu müssen. Genauestens darauf zu achten, was man tat, sagte oder wie man sich wem gegenüber verhielt …

Moment, da war doch ein Farbklecks gewesen!

Seine Augen huschten zurück zu einem der oberen Fenster und tatsächlich … da starrte ein kleiner Junge zwischen den Gitterstäben hervor! Sein Blick schärfte sich und er erkannte, dass das Kind etwas außerhalb der Mauer, die das Grundstück einzäunte, anstarrte.

Gerade als einer der Hunde nach Vegeta schnappen wollte, sprang dieser auf und ging auf das schwarze Haus zu, den Jungen nicht aus den Augen lassend.

„Hey!“, rief der Prinz zu dem Kind nach oben. „Was ist los?“

„Ich…“, begann der Junge zu schniefen, „…hab meine Zeichnung verloren…“

„Zeichnung?“

„Da.“ Sein kleines Ärmchen schob sich durch die Gitter hindurch und deutete die Straße entlang. Dem Zeigefinger des Jungen folgend blickte sich Vegeta um. Unweit die schneebedeckte Straße entlang, erkannte er ein Blatt Papier mit bunten Kritzeleien darauf.

„Kannst du sie mir wiederbringen?“, kam es mit trauriger Stimme von oben.

Seufzend setzte sich der Saiyajinprinz in Bewegung, schnappte sich das Bild, bevor eine Windböe aufkam und es davon geweht hätte, und stampfte zurück zu dem Jungen.

„Das hier?“, fragte er indem er das Papier hochhob.

„Ja!“, bestätigte der Kleine freudestrahlend.

Während sich die Hand des Prinzen wieder nach unten senkte, blickte er sich um. Wie um alles in der Welt sollte er über diese Mauer mit dem Stacheldraht kommen, sich durch die Bärenfallen schleichen, die ihm überall auf dem Weg zum Haus entgegen glänzten, wobei nicht klar war, wie viele davon der Schnee unter sich versteckt hielt, und dem Jungen das Bild zurückgeben?!

„Dann…komm runter und hols dir.“

„Das kann ich nicht. Ich darf nicht alleine raus gehen.“

Die bekannte Ader begann auf Vegetas Stirn zu pulsieren. Das war doch so klar gewesen!

„Dann kann ich dir auch nicht helfen.“ Er wollte sich schon abwenden und die Zeichnung einfach über die Mauer werfen als ihm der Briefkasten neben dem Eingangstor ins Auge sprang. Er sah auf das Bild in seiner Hand, wieder zum Briefkasten, zurück zur Zeichnung, wieder zum Briefkasten. Er könnte sie einfach … aber … eigentlich könnte er auch …

Er blickte wieder zu dem Jungen hinauf. „Wenn du das Bild wiederhaben willst, dann kannst du dir selbst einen Brief schicken.“

„…was?“, fragte der Junge verwirrt.

„Einen Brief.“

„Einen was?“

„Brief.“

„Ich weiß aber nicht, wie das geht.“

Wieder pulsierte die Ader auf Vegetas Schläfe. Wäre ja auch zu schön gewesen, aber was hatte er denn geglaubt? War doch ohnehin eine bescheuerte Idee. Mit den Augen rollend trat er an den Briefkasten heran, zog die Klappe nach unten und wollte das Bild schon hineinstecken als er plötzlich innehielt. Etwas in ihm hielt ihn davon ab das Blatt Papier einfach dort hinein zu schieben, stattdessen schloss er den Kasten wieder. Irritiert hob er eine Augenbraue an, öffnete das Türchen abermals und machte es gleich darauf wieder zu. Das war doch … was sollte das denn?!

„Was machst du da?“, wollte der Junge von oben wissen.

Immer noch verwundert trat der Prinz einen Schritt zurück.

„Schickt man so einen Brief?“, fragte das Kind weiter.

„Nein.“, antwortete Vegeta genervt, sich immer noch fragend was das gerade war.

„Und wie dann?“

Dem Briefkasten einen letzten misstrauischen Blick zuwerfend, sah er zu dem Jungen. „Einen Brief schickt man…also…“ Verflucht … wie verschickten die Menschen denn nochmal diese altmodischen Dinger?! Er hatte doch noch nie … und … Bulma auch nicht. Dazu lebten sie doch in einer viel zu modernen Welt, verdammt nochmal! Und unter Freezer hatte er auch moderne Kommunikationsmittel besessen!

„Also…hör mir genau zu“, hörte sich Vegeta plötzlich wie von selbst sprechen. „Du steckst zum Beispiel dein Bild in ein Kuvert, klebst ne Marke drauf und bringst es zum Postamt. Dort wird er abgestempelt, was bedeutet, dass das Porto bezahlt ist und dann bringe ich als Postbote dem Empfänger den Brief, der dann in diesem Kasten da landet, verstanden? Wichtig ist, dass das Porto bezahlt wurde, Kleiner.“ Eigenartig. Woher wusste er das denn jetzt? War wohl seine Figur von der er dieses Wissen hatte, wie er auch mit dem Säbel im Feuerzeug hatte umgehen können. Bescheuertes Angeama …

„Porto?“, riss der Junge Vegeta aus seinen Gedanken. Sich wieder auf das Geschehen vor sich konzentrierend antwortete er: „Ja, Porto. Brief, Briefmarke, Postamt.“

„Ich hab keine Briefmarke.“

„Natürlich hast du die nicht…“, murmelte der Prinz zu sich.

„Kannst du das Bild nicht einfach so in den Briefkasten geben?“

„Ohne Porto, kein Brief und damit auch keine Zeichnung.“

„Aber…“ Tränen bildeten sich in den Augen des Jungen. „Ich mag sie wieder haben…“

Mist. Jetzt flennte der auch noch. „Ja…JA, schon gut!“

Als Vegeta den einen Schritt zurück zum Briefkasten machen wollte, donnerte eine grollende Stimme vom Ende der Straße zu ihm: „WAS IST DENN HIER LOS?!“ Gleich darauf begannen die Hunde im Garten des gegenüberliegenden Hauses zu bellen, was eine ganze Triade an Hundsgebelle in der Straße auslöste. Doch das war nicht das Schlimmste. Der riesige Kerl hatte ebenfalls zwei von den Viechern an der Leine …

„Scheiße“ war das letzte Wort, das Vegeta von sich gab, bevor er das Bild in seine bescheuerte Umhängetasche steckte und losrannte …
 

Vegeta hatte es geschafft den Hunden zu entkommen, knapp. Mit letzter Kraft und so außer Atem, als hätte er stundenlang im Schwerkraftraum trainiert, hatte er sich auf einen Baum gezogen. Zu langsam. Einer der Hunde hatte ihn mit seinen Krallen am Hintern erwischt und er hatte einen Schrei von sich gelassen, als die Klauen seinen aller Wertesten aufrissen, dass sämtliche Krähen, Raben oder was auch immer es in diesem scheiß Kaff auch gab, kreischend davongeflogen waren. Da hatte er also gehangen, er, der Prinz der Saiyajin, bibbernd an einem Ast, in einem Schnee verseuchten Ort, am Arsch der Welt, während sein eigener blank aus seiner Hose ragte. Und wessen Schuld war das?! Natürlich die von Kakarott, mal wieder. Wäre dieser Idiot nicht einfach so blauäugig in dieses Märchen gegangen, dann wäre er jetzt nicht hier. Und wäre er Kakarott nicht so über den Mund gefahren und hätte ihn behandelt wie das letzte Stück Dreck, vielleicht auch nicht …

Die Zähne des einen Hundes schlugen unweit seines Hinterteils in der Luft zusammen, als der Köter nach oben sprang und noch einmal versuchte sich sein Mittag- oder auch Abendessen zu sichern. Man wusste hier in diesem grauen Dunst ja nie wie spät es war! Und ja verflucht, ihm war schon klar, dass das hier nicht allein Kakarotts Schuld war … aber es war einfach um so vieles leichter ihm die Schuld zu geben, als sich einzugestehen, dass es an ihm selbst lag, gelegen hatte und wohl auch weiterhin liegen würde, wenn … wenn er sich nicht schon wieder irgendwie … änderte.
 

Verdammt, hatte er das nicht schon oft genug getan? Vom Prinzen, zum Fußsoldaten, zur eiskalten Mordmaschine, zum Einzelgänger, Familienvater … musste er sich jetzt tatsächlich schon wieder umkrempeln, um mit seinem Leben zurechtzukommen?
 

Zu allem Überfluss begann es nun auch noch zu schneien. Die kleinen, weichen, weißen Flocken fielen vom Himmel, landeten auf seinem Gesicht, schmolzen und flossen in erst kalten, dann wärmer werdenden Rinnsalen über seine Haut. Vergänglich und kurz. Unter ihm knurrten die Hunde. Vegeta starrte in den Himmel. Je mehr Schnee fiel, umso sanfter und weicher wurden die harten, schwarzen und grauen Konturen der Stadt. Er wollte sich nicht schon wieder ändern, wollte sich nicht schon wieder von Grund auf umkrempeln, um überleben zu können. Aber vielleicht … musste er das auch gar nicht. Sein Leben stand immerhin nicht auf dem Spiel, die Hunde unter ihm mal außer Acht gelassen. Kakarott würde ihn nicht töten, nicht foltern oder geringer achten, nur weil er ihm etwas offenbaren würde oder sich … erklären würde. Wohl eher das Gegenteil.
 

Verflucht! Er hatte sich noch nie jemandem erklärt oder anvertraut, oder über sonst etwas gesprochen, was in ihm vorging. Nie! Und zu Niemandem! Wie machte man so was? Wie sollte er das anstellen? Kakarott quatsche einfach ungefragt drauf los. Egal, ob es einen interessierte oder nicht. Der Kerl machte den Mund auf und es kamen Worte um Worte heraus, gefühlsduseliger Mist, den keiner hören wollte, mit dem er sich lächerlich machte und dennoch interessierte es ihn nicht. Er tat es einfach, pfiff auf die Meinungen der anderen. Er tat was er wollte und fertig.

Einer der Hunde sprang nach oben, seine Zähne schlugen schnappend so dicht an Vegetas Hintern zusammen, dass dieser den Lufthauch spürte. Mit zusammengekniffenen Augen presste er sich stärker an den Ast, der schon die ganze Zeit seine Rettung war. Wenn er es sich recht überlegte … ein wenig gefühlsduseliges Blabla wäre ihm in diesem Moment ganz recht …
 

Gerade im richtigen Moment als Vegetas kaum vorhandene Kräfte dabei waren ihn zu verlassen und er spürte, wie ihm der Ast, an der er sich schon über eine gefühlte Ewigkeit geklammert hatte, zu entgleiten begann, ertönte aus der Ferne ein Pfiff. Die Hunde unter ihm begehrten auf, knurrten und beim nächsten Pfiff … liefen sie weg. Tatsächlich weg! Eine Sekunde später plumpste Vegeta in den weichen Schnee, die Kälte drang sofort durch das Loch in seiner Hose und ließ ihn wieder auf die Beine springen. Sich schnell umblickend, ob die Köter nicht augenblicklich wieder kehrt gemacht hatten, stellte er erleichtert ausatmend fest, dass sie tatsächlich weg waren.
 

„Also Kakarott! Jetzt halt die Klappe und pass auf! Ich werde dir das nicht zweimal sagen! Einmal, hörst du? EINMAL!“ Vegeta starrte sein Gegenüber aus funkelnden Augen an und bekam keine Reaktion. Richtig so! Kakarott sollte die Klappe halten und zuhören. Tief einatmend ging der Saiyajinprinz auf und ab, seine Arme stur vor der Brust verschränkt, seine Miene grimmig, sein Hintern verbunden. Dann blieb er vor Kakarott stehen, sah ihn an. „Um das von vornherein klarzustellen, ich…kann dich immer noch nicht leiden. Ja, von mir aus, du bist stärker als ich, die Nummer Eins im Universum, der große Held, der Retter der Galaxie…blablabla…interessiert mich alles nicht. Was MICH interessiert ist, dass du mich ernst nimmst! Und diese Sache damals bei Boo war das aller Letzte von dir!“ Vegeta hob seinen Zeigefinger. „Nein! Unterbrich mich nicht! Lass mich ausreden!“ Kakarott blieb still und Vegeta atmete tief ein.
 

„In deinen Augen ist das vielleicht eine alte Geschichte, aber das heißt nicht, dass die zwischen uns geklärt ist! Du hast mich verarscht und deine Ausreden hinterher, dass du den Dreifachen nicht so oft hinbekommen würdest und der ganze andere Müll, hat es noch auf die Spitze getrieben! Du hast mich verarscht und…mich verdammt nochmal nicht ernst genommen! Dafür würde ich dir am liebsten so die Fresse polieren, dass du dich im Spiegel nicht mehr wiedererkennst!“ Schnaubend nahm Vegeta sein Hin- und Hergehen wieder auf.

„Und die Sache im Feuerzeug?! Verdammt war ich wütend auf dich! Und DU…! Du hast mal wieder nur die Hälfte verstanden! Du kapierst es einfach nicht! Siehst immer nur die Hälfte, weil…weil du einfach keine Ahnung hast! Keine Ahnung von…von der dunklen Seite, die in einem schlummern kann. Du hast es nicht einmal bei Freezer erkannt…bei Freezer!!! Wie blind muss man sein, um nicht zu erkennen, dass der Kerl durch und durch ein absolut beschissenes Arschloch ist? Wie naiv…wie blöd...“ Vegeta fuhr sich durch die Haare, unterbrach seinen Wortschwall und hielt vor Kakarott an. Sein Blick blieb an den Augen seines Gegenübers hängen. Etwas gefasster fuhr er dann fort: „Du bist so beschissen freundlich und auf…Harmonie fixiert, dass du einfach nicht schnallst, wenn jemand vor dir steht, der durch und durch schlecht ist. Der böse Dinge einfach tut, weil er sie gerne tut. Ohne Zwang, ohne Grund. Es gibt Lebewesen, die brauchen dafür keinen Grund, die brauchen keine schlimme Vergangenheit, keinen Anreiz. Sie wollen einfach nur alles brennen sehen und die Dinge tun, weil es ihnen Spaß macht. Kapiert?“ Die großen, schwarzen Augen Kakarotts starrten Vegeta ausdruckslos an. Der Prinz atmete tief durch und wandte sich ab.
 

„Im Feuerzeug…du hast mich doch gefragt warum…warum ich das getan habe. Willst du wissen, wieso ich dir darauf nicht geantwortet hab?“ Er wartete einen kurzen Moment der Stille ab, bevor er offenbarte: „Weil ich in deinen Augen die Antwort bereits gesehen habe. Du hattest dir deine Meinung bereits gebildet, nicht wahr? Ich war schuldig. In deinen Augen war ich schuldig. Schuldig am Mord der Königin, am Mord dieser Leute, ganz einfach, weil ich es war, der die Prinzessin entführt hat.“ Ein kurzes, frustriertes Lachen entkam Vegetas Kehle. „Ich war ja auch am Mord der Leute beim großen Turnier schuld. Soll ich dir was sagen, Kakarott? DAS ist nämlich das, über das DU nicht hinwegkommst! Deiner beschissenen, schönen Worte du würdest an mich glauben, zum Trotz. Das kannst du mir nicht verzeihen und deswegen bin ich immer schuldig, sobald etwas passiert, das nicht in deine kleine heile Welt passt!“ Abermals begann der Auf- und Abwärtsgang des Prinzen.
 

„Und genauso hast du mich im Feuerzeug verurteilt, ohne hinter die Dinge zu blicken, ohne tiefer zu schauen, ohne die Finsternis zu finden, die hinter diesen ganzen verdorbenen Gesichtern und der schönen heilen Weltfassade gesteckt hat. Wusstest du, dass die Prinzessin ihr Leben lang von ihrem Vater eingesperrt worden ist? Oh ja klar, ich weiß genau was du sagen willst, zu ihrem Schutz. Klar, zum Schutz. Am Arsch, Kakarott! Der alte Sack hat sich fast jede Nacht an ihr vergangen! Hat sie vergewaltigt und ihr auch noch eingeredet, dass es normal wäre so behandelt zu werden, dass sie das alles können müsse, um eines Tages dann gewinnbringend an irgendeinen Prinzen verkauft zu werden! Und ihre Mutter? Ihre eigene Mutter hat es gewusst und zugelassen! Ja, da schaust du dumm aus der Wäsche, was? Das hättest du dem feinen Königspaar nicht zugetraut, nicht wahr?! Und genau deswegen habe ich es getan, Kakarott. Genau deswegen! Weil du so etwas nicht erkennst! Weil du es nicht siehst! Weil du es gar nicht sehen kannst, weil du diese Abgründe nie erlebt hast! Nie…NIE erleben musstest! Ich jedoch schon! Ich weiß genau wie es ist, wenn solche Abgründe dein Leben beherrschen! Und wie verflucht schwer es ist, aus ihnen wieder heraus zu kommen und...“ Vegeta unterbrach sich räuspernd, atmete tief durch, sammelte sich.
 

„Was ich damit sagen will…ich habe die Leute umgebracht, weil sie schlecht waren. Weil sie böse waren und weil die Prinzessin mich angefleht hat sie vor ihrem Vater zu retten. Dass du dich…in den Weg geworfen hast, war…typisch für dich, aber…umbringen…wollte ich dich…eigentlich nicht.“ Der Prinz starrte auf den Boden vor seinen Füßen. Jetzt war es also raus, alles. Er hatte sich alles von der Seele geredet, was zwischen ihnen stand. Zumindest seiner Meinung nach. Er hob seinen Kopf, blickte Kakarott mit ernstem Blick direkt in dessen schwarz funkelnde, große Augen. „Wehe ich bereue es, dass ich das getan hab. Dann…mach ich dich einen Kopf kürzer.“

Er wartete eine Reaktion ab, die jedoch nicht kam und nickte dann seinem Gegenüber zu.

„Schön. Jetzt, wo das…geklärt wäre…können wir ja endlich weiter machen.“

Ein seltsam warmes Gefühl machte sich in dem Saiyajinprinzen breit, doch es war ihm herzlich egal, warum und wieso er sich auf einmal so … leicht fühlte und darüber nachdenken wollte er auf keinen Fall. Nicht, dass dieser … dämliche Mist des sich-jemanden-Erklärens noch zur Gewohnheit wurde. Also ballte er seine Fäuste, richtete sich auf, drückte seine Brust vor und begann zu grinsen.

„Also dann, Kakarott. Sorgen wir dafür, dass diese fünftausend Briefe endlich geschrieben werden! Wäre doch gelacht, wenn wir das nicht hinbekommen würden!“ Mit beschwingten Schritten und den Schmerz in seinem Hintern kaum noch spürend, verließ Vegeta den Stall. Kakarott derweil sah ihm auf einem Strohhalm kauend, mit stoischem Blick hinterher und … schnaubte.
 

Ja, gelacht hatte Vegeta tatsächlich nach einigen Wochen. Gelacht und gegen die Fünftausendermarkierung geschlagen, die er an die Wand gemalt hatte, um dort, beginnend bei Null, die verschickten Briefe abstreichen zu können. Doch es war kein siegreiches Lachen, kein jubelndes auf die Fünftausendermarkierung Klatschen. Nein. Zähneknirschend, seine Finger zur Faust zusammenballend und seine Brauen vor lauter Zorn zusammenziehend, sank er an der Wand entlang zu Boden. Seine Augen ruhten auf der Null ganz unten, wanderten langsam ein Stück nach oben. Nirgends war eine der Zahlen durchgestrichen. Nirgends war etwas abgehakt. Sein Blick blieb an der Fünftausend ganz oben hängen. Wieder ertönte sein Lachen, woraufhin eines der Hühner zu gackern begann, als wollte es ihm sagen, dass er versagt hatte. Als wollte es ihn auslachen, dass kein einziger Brief geschrieben worden war. Vegeta hob nur seinen Arm, spreizte seine Finger und zielte auf die Henne in dem ansonsten leeren Briefablagekasten. In Gedanken schoss er einen Ki-Ball ab und röstete das Huhn. Danach ließ er sich nur nach hinten fallen, seine Arme nach beiden Seiten ausgestreckt und starrte auf die Wand.

Soviel also dazu, dass es etwas gebracht hatte, sich mit Kakarott auszusprechen. Dass er ihn jede Nacht zu sich geholt und friedlich an seiner Seite geschlafen hatte. Und so viel zu seinem glorreichen Vorhaben diese Irren hier dazu zu bringen, sich Briefe zu schreiben. Das Einzige, das man ihm je zum Verschicken in die Hand gedrückt hatte, war eine stickende, halb verrottete Ratte gewesen, die er in den Briefkasten eines Ellbogners stecken sollte … natürlich ohne Porto.
 

„Na?“, ertönte eine mittlerweile doch recht vertraute Stimme durch eines der immer noch kaputten Fenster. „Dann lass mal die tausend Briefe rüberwachsen, damit ich sie mit aufs Festlandland nehmen kann.“

„Schnauze“, zischte Vegeta dem Kapitän der Fähre entgegen, ohne sich vom Fleck zu bewegen.

„Wieder nix?“

„Siehst du doch.“

„Du lässt dich aber ganz schön hängen, mein lieber Herr Postbote.“

Vegeta knurrte lautstark. Dass der Kapitän einmal die Woche vorbeikam, um die Post abzuholen, führte ihm jedes Mal von Neuem vor Augen, wie sehr er tatsächlich … versagt hatte. Er! Versagt! Fluchend kämpfte er sich zurück auf die Beine, während er den Kapitän noch einmal anmurrte, dass er endlich still sein sollte. Er war wirklich kurz davor auszurasten. Schon wieder steckte er wochenlang in einem Märchen fest. Und wieder einmal war von Kakarott nicht der geringste Beitrag zur Lösung der Geschichte gekommen …
 

Gedankenverloren und den Fährmann, der über Vegetas Art einfach nur vor sich hin schmunzelte und sich dabei ein schadenfrohes Lachen verkniff, völlig ausblendend, lehnte sich der Prinz der Saiyajins an seinen verkommenen Schreibtisch und betrachtete die Karte von Zwietrachtingen, die neben der Markierung an der Wand hing. Tagelang hatte er sie studiert. Hatte begonnen systematisch die Stadt abzugehen, die Briefkästen abzuklappern und sogar versucht mit einigen der Stadtbewohner zu reden, die ihm nicht völlig verblödet vorkamen. Zu seinem Leidwesen waren sie es doch. Obwohl eigentlich waren sie eher abweisend, zornig und wütend. Fast hätte er sich selbst in ihnen wiedererkannt. Aber nur fast. Ganz so ... gestört war er nun auch wieder nicht. Mit ihm konnte man zumindest reden. Sofern sein Gegenüber kein völliger Hohlkopf war, hörte er wenigstens zu. Manchmal jedenfalls.

Die einzige Person mit der Vegeta in den letzten Wochen so etwas wie ein vernünftiges Gespräch hatte führen können, war eine relativ junge, sogar recht ansehnliche Frau gewesen, die einen Fischladen in einer Schule eingerichtet hatte. Ja ... richtig gehört. Da war ein Fischladen, wo eigentlich die Kinder der Stadt hätten unterrichtet werden sollen.

Als Vegeta sie darauf angesprochen hatte, hatte sie ihm recht unfreundlich erzählt, dass sie einst hierhergekommen war, um Kinder zu unterrichten. Sie hatte all ihr Erspartes dafür verwendet, diese kleine Schule einzurichten, die eigentlich nur aus einem großen Klassenzimmer bestand - in dem jetzt Fische an Leinen hingen. Sie war kläglich an den Grobners und Ellbogners gescheitert, die nicht im Traum daran dachten ihr eigen Fleisch und Blut zusammen mit Kindern des anderen Clans in ein und demselben Zimmer unterrichten zu lassen. Nein, nein. Sowas konnte keinesfalls sein. Da unterrichteten sie ihre Nachkommen lieber Zuhause oder ... eher gar nicht.

Jedenfalls hatte die Lehrerin, oder eher die nunmehrige Fischverkäuferin, Vegeta dringend dazu angeraten schnellstmöglich das Weite zu suchen, da er ansonsten so wie sie enden würde. Sie selbst sparte und sparte, um irgendwann endlich wieder aus Zwietrachtingen verschwinden zu können …
 

Jetzt, während Vegeta die Karte von diesem gottverlassenen Ort anstarrte, auf der er überall rote Kreuze gemalt hatte, überkam ihn das Gefühl, er hätte wohl auf Alva, die Fischverkäuferin oder Lehrerin, wie auch immer, hören sollen. Da gab es nämlich kein Fleckchen mehr, wo er es nicht versucht hatte. Nirgends. Alle waren wahnsinnig. Verrückt. Das war … das …

Seine Gedanken brachen ab, denn plötzlich hatte etwas seine Aufmerksamkeit erregt. Er ließ seine Hand über die Karte gleiten, denn ihm war aufgefallen, dass das obere rechte Eck umgeknickt war und den nördlichsten Teil der Insel verdeckte.

Vegeta kniff seine Augen zusammen, denn sein Herz hatte einen plötzlichen Sprung gemacht, fast als wollte es ihm sagen, dass es das war. Dass er endlich auf dem richtigen Weg war. Er strich die Karte glatt und betrachtete das obere Stückchen Land. Und da war tatsächlich … ein Häuschen eingezeichnet.

„Wer…wer wohnt dort oben?“, hörte er sich selbst fragen, während er seinen Kopf nachdenklich zur Seite neigte.

„Dort?“, erklang die Stimme des Fährmanns auf einmal direkt neben Vegeta, sodass er voller Schreck einen Schritt zur Seite sprang.

„Verflucht, wer hat dir erlaubt rein zu kommen?!“, fauchte der Prinz genervt. Er hasste es, erschreckt zu werden und die Figur, die er hier verkörperte, schien zudem nicht unbedingt die stärksten Nerven zu haben.

„Reg dich doch nicht immer gleich so auf, Herr Postbote. Das schadet deinem Teint.“, lachte der Kapitän, bevor er sich das Fleckchen auf der Karte ansah, nach welchem Vegeta gefragt hatte.

„Mmh…“

„Was ist?!“, dränge der Prinz nach einer Antwort.

„Tja…schätze mal, das ist der perfekte Ort für dich. Da wohnt ein gaaanz reizender Holzfäller. Überaus charmant, friedfertig. Bei dem wirst du mit Sicherheit Glück haben. Solltest unbedingt bei ihm vorbeischauen.“

Die Art wie der Kerl redete, kannte Vegeta mittlerweile. Wenn seine Stimme höher wurde und er dabei dieses dämliche Grinsen im Gesicht hatte, dann konnte man davon ausgehen, dass er das komplette Gegenteil von dem meinte, was er sagte. Mit anderen Worten bedeutete das, dass dort oben im Norden ein Irrer wohnte, von dem man sich bloß fernhalten sollte. Tja. Scheiße. Mit einem Mal war diese kleine Hoffnungsblase, die für kurze Zeit in Vegeta aufgekeimt war, wieder zerplatzt. Seine Augen huschten zurück zu dem kleinen eingezeichneten Kartenhäuschen und da war es wieder. Der kurze, kräftige Herzschlag.

In diesem Moment hörte er das laute Wiehern Kakarotts vor dem Postamt. Seine Augen wurden immer schmaler. Verfolgten den Weg auf der Karte, von dem so abseits liegenden Haus, zu dem Gebäude, in dem er sich gerade befand. Wieder hörte er Kakarott wiehern und sein Herz machte erneut einen anormalen Schlag …
 

Egal, was der Fährmann auch gesagt hatte, Hoffnung begann in Vegeta aufzukeimen. Ein allerletzter Hoffnungsschimmer, dass in dem Häuschen im Norden etwas oder … jemand ganz bestimmtes … auf ihn wartete.

Klaus - Harter Stolz und weicher Schnee

Kakarott schnaubte und schüttelte seine verfilzte Mähne, während er einen beharrten Huf stoisch vor den anderen setzte. Vegeta hätte es niemals zugegeben … aber er verstand ihn. Der Weg zum nördlichsten Punkt der Insel war einfach nur eine bizarre Aneinanderreihung von Unmöglichkeiten gewesen.

Erst war die verschneite Straße oder eher der Trampelpfad einfach im Nichts verschwunden, dann hatte sich Schnee um Schnee vor ihnen erstreckt. Der einzige Grund, warum Vegeta überhaupt den Weg gefunden hatte, war, dass die kahlen Bäume ansatzweise eine Schneise gebildet hatten. Als sie den Wald dann hinter sich gelassen hatten, waren sie einem schmalen Grat gefolgt, links der Berg, rechts der Abgrund und waren danach zu einer Brücke gekommen, die diesen Namen nicht verdient hatte, denn es waren einfach nur Bretter, die über andere Bretter gelegt waren und zwischen denen man in die Tiefe schauen konnte. Kakarott war, wie hatte es auch anders sein können, ungeachtet der drohenden Absturzgefahr weiter gestampft, ohne auch nur einmal zu zögern, während Vegeta auf dem Kutschbock ständig nach unten gespäht hatte und innerlich tausend Tode gestorben war.

Dann war es nur noch bergan gegangen, mühevoll, langsam, aber Dank Kakarott, und auch das hatte Vegeta natürlich niemals gedacht, stetig und immer weiter. In den Wäldern schien es Hirsche und Rehe zu geben, denn nicht nur einmal hatte sich etwas Großes mit einem Geweih fluchtartig im kargen Unterholz erschreckt und war geflohen. Immerhin, dachte der Saiyajin und es machte ihn furchtbar wütend, dass er dies überhaupt denken musste in diesem Körper, waren es keine Wölfe oder Bären gewesen. Es hätte ihm echt leidgetan, ihnen Kakarott zum Fraß vorzuwerfen, denn dann hätte er den ganzen Weg zu Fuß zurücklaufen müssen.

So aber kamen sie nach einer Ewigkeit auf einer kleinen Lichtung an. Ein Haus, ein kleiner Stall ohne Tiere und eine große Scheune standen hier, überragt von den knorrigen Ästen der Bäume, auf denen sich der Schnee türmte. Zu schneien hatte es im Übrigen natürlich auch wieder begonnen. Vegeta zog sich seine Postkappe tiefer ins Gesicht, schnappte sich die Umhängetasche, welche er zur Not auch als Schlagwaffe benutzen konnte und betrat die überdachte, kleine Veranda vor dem Haus.
 

„Hallo? Jemand hier?“ Keine Antwort. „Halloho!“, kam es zum Zweiten etwas genervter, doch die Antwort blieb man ihm auch diesmal schuldig. War ja klar, dass es nicht so einfach sein konnte. Nur um sicher zu gehen, klopfte er an die Haustüre und spähte durch eines der kleinen Fenster, konnte jedoch wegen den Eiskristallen darauf kaum etwas erkennen. Als er dann auch an die Scheune klopfte und wieder keine Antwort erhielt, trat er vor Frust in eine Schneewehe, verwischte natürlich prompt einen Eisklumpen, stieß einen Schrei aus und hüpfte fluchend auf einem Bein umher. Schon wieder. In der Nähe scheuchte er damit einen ganzen Schwarm an Vögeln auf, die laut zwitschernd zum Himmel flatterten. Toll, einfach nur toll … grandios. Super! Toll! Was für ein Scheiß!!!
 

Tong.

Vegeta stutzte.

Tong.

Da schon wieder.

Tong.

Und nochmal.

Tong. Tong. Tong.
 

Er hob seinen Kopf und lauschte dem dumpfen Geräusch, welches in stetigem Rhythmus aus dem Wald zu kommen schien. Die Stirn gerunzelt und mit der nötigen Vorsicht, er hatte die sarkastischen Worte des Kapitäns noch im Kopf, ging er auf das Geräusch zu.

Tong. Tong. Tong.

Als er das Gefühl hatte näherzukommen, versteckte er sich hinter einem Baum und späte um die Ecke. Was er sah, ließ ihn blinzeln … und die bizarre Surrealität dessen was er sah, verschlug ihm einfach nur die Sprache. Da stand … der Weihnachtsmann. Dieser große, breite, rotweiß bekleidete, dämlich grinsende, fiktive Vollidiot, der jedes Jahr die Menschen zu noch mehr Gefühlsmüll anregte, als sie eh schon betrieben und hackte Holz.

Vegeta blinzelte, weigerte sich zu glauben, was er sah und natürlich hatte er mit seinen Zweifeln auch recht. Das Bild vor seinen Augen änderte sich dezent … wurde aber nicht weniger surreal. Aus dem Weihnachtsmann wurde nämlich ein anderer, großer, rotweiß bekleideter, dämlich grinsender Vollidiot.

„Kakarott?“

Tong.

Der Angesprochenen drehte sich um und … irgendwie fühlte Vegeta Erleichterung, als es tatsächlich Kakarott war. Warum auch immer. Sie starrten sich an, beide mit verwirrten und irritierten Gesichtern und Vegeta ließ seine Augen über die dicke, rote Jacke mit dem weißen Fellkragen wandern, der ebenfalls roten Hose, den schwarzen Stiefeln und der roten, weißbefellten Mütze unter der die schwarzen Haare in alle Richtungen abstanden. Zu der Verteidigung seines ersten Eindrucks … es gab da schon eine gewisse Ähnlichkeit …
 

„Vegeta?“ Für einen Moment hellte sich Son Gokus Miene auf als er ihn sah, doch dann verschloss sich sein Gesicht wieder und er wandte sich seinem Holzklotz zu, bückte sich, legte einen weiteren Scheit auf den Stumpf und hob die Axt. Tong.

Ja, ganz toll … sehr erwachsen dieses Verhalten. Wollte Kakarott tatsächlich immer noch schmollen und auf beleidigte Leberwurst machen? Tong. Scheinbar.

Urplötzlich schossen Vegeta die Worte in den Sinn, die er an Kakarott … also Pony-Kakarott gerichtet hatte und aus dem langen Gesicht mit der zotteligen Mähne und den schwarzen Knopfaugen wurde ein anderes Gesicht mit einer schwarzen Mähne und anderen schwarzen Augen. Verflixt nochmal. Tong. Sollte er …? Konnte er …? Tong. Vielleicht, wenn er … Tong.

„Könntest du endlich mal mit dieser Holzhackerei aufhören?“, platze es in blaffendem Ton aus ihm heraus. Tong. Er zuckte zusammen.

„Warum sollte ich. Ich brauch das Holz.“

„Und wofür?“ Goku deutet mit seinem Finger über sich und näherkommend hob Vegeta den Kopf. Über ihnen in den Bäumen hingen Vogelhäuschen … eine Menge Vogelhäuschen. Hier und da hüpfte eine Meise von einem zum anderen und auf den etwas weiter entfernten Bäumen landete ein ganzer Schwung von den Tierchen. Sein Ernst?!

„Verarschst du mich?!“

TONG.

Die große Axt landete mit Schwung in dem Baumstumpf, welchen Kakarott als Hackklotz benutzte und blieb darin stecken. Selbst durch die dicke Winterbekleidung konnte Vegeta die Anspannung im Körper des Größeren sehen.

„Nein Vegeta, nein ich verarsche dich nicht. Nicht alles was ich mache dient diesem Zweck.“

Ooookay … die Anspielung hatte er verstanden. Es wurde still zwischen ihnen. Die Meisen über ihren Köpfen zwitscherten. Es kam ein kalter Wind auf, der kleinste Schneepartikel zu ihren Füßen bewegte und da sie beide nichts taten außer da zu stehen, wurde es kalt.

„Du bist mir also in das Märchen gefolgt?“ Die Frage von Kakarott war überflüssig. Er war doch hier. Dennoch antwortete er.

„Ja.“

„Mhm.“

„Was soll das gemhme?“

„Willst du was trinken?“

„Was?“

„Ob du was trinken willst. Du siehst aus, als wäre dir kalt.“

Vegeta zog seine Brauen tief in sein Gesicht. Ja, klar … ihm WAR kalt. Seine Postuniform diente nun nicht unbedingt dazu ihn warm zu halten, auch wenn er drei seiner Hemden unter der Jacke trug. Aber er überlegte ernsthaft, ob ihn Kakarott nun doch verarschte.

„Eine einfache Frage Vegeta. Willst du was trinken, ja oder nein?“ Aufblickend bemerkte der Ältere, dass sich Goku zu ihm umgedreht hatte und ihn mit neutraler Miene musterte.

„…ja.“

„Dann komm mit.“ Ohne ihn weiter zu beachten, zog er mit einer Hand die zweihändige Axt aus dem Hackklotz und marschierte an ihm vorbei. Abermals schoss dem Prinzen das Gespräch mit Pony-Kakarott durch den Kopf. Verfluchte Scheiße … er würde um ein paar klärende Worte wohl nicht umhinkommen, aber … nicht wie … zu dem Pony.
 

„Kommst du?“, erklang die Stimme des Jüngeren von weiter oben und er stellte fest, dass Kakarott natürlich auf ihn gewartet hatte. Innerlich fluchend und sich die kalten und tauben Finger reibend stampfte er murrend durch den kniehohen Schnee. Wie sollte er das denn … wie sollte er so ein Gespräch beginnen? Dass er irgendetwas sagen musste war ihm klar. Das war ihm schon klar gewesen, bevor er ihm gefolgt war … aber …

„Wahh!“ Mit einem lauten Aufschrei, der die Vögel zwitschernd gen Himmel aufstieben ließ, fiel er mit dem Gesicht voran in den Schnee. Er war mit seinem Fuß irgendwo hängen geblieben. Dieser verfluchte, schwache, schlaksige Körper … es war zum Kotzen … einfach zum Kotzen. Seine Uniform saugte sich mit dem schmelzenden Schnee voll und er spürte wie es immer kälter wurde. Aber er hatte keine Lust aufzustehen. Er wollte nicht zu Kakarott hochsehen und er wollte auch nicht mit ihm reden …

„Vegeta.“ Die Stimme des Jüngeren klang sehr nah und gezwungenermaßen hob er den Kopf und erblickte eine Hand. Kakarotts Hand, die dieser ihm hinhielt, um ihm aufzuhelfen. Er war zurückgekommen, hatte sich gebückt und streckte ihm nun seine Hand entgegen … um ihm aufzuhelfen. Es gab nun zwei Möglichkeiten: sie nehmen oder sie wegschlagen. Nehmen oder wegschlagen. Nehmen … oder ...
 

Sein Arm hob sich und während sich seine Hand der Kakarotts näherte, hatte er das Gefühl die Zeit würde langsamer werden. Die Tausend Gedanken, die ihm bei dieser so simplen Geste des Jüngeren durch den Kopf schossen, mussten alle zu Ende gedacht werden, alle abgewogen und analysiert werden, um am Schluss ja zum richtigen Ergebnis zu kommen. Und das Ergebnis war: er brauchte keine Hilfe. Schon gar nicht Kakarotts. Nur weil er hier ein schwacher, mickriger Kerl war, brauchte er doch keine Hilfe! Die letzten Wochen hatte ihm auch keiner geholfen. Die letzten Monate, in denen sich Kakarott hier … seelenruhig verkrochen und gesponnen hatte und dabei scheinbar einfach verschissene Vogelhäuschen gebaut hatte … war er selbst nicht nur einmal knapp dem Tode entronnen, weil er zwischen diesen bescheuerten Krieg der wahnsinnigen Zwietrachtinger geraten war!

Und dann hatte er auch noch zwischen Hühnern und einem verblödeten Pony leben müssen, dem er sich zu allem Überfluss auch noch … auch noch anvertraut hatte! Gleichzeitig war er allerdings auch erleichtert, dass das Pony NICHT der echte Kakarott gewesen war. Immerhin hatte er diesem Vieh seine Gefühle offenbart UND auch noch nachts bei ihm geschlafen, um sich durch dessen Wärme am Leben zu halten. Wenn er sich nun, da er Kakarott direkt anblickte, wirklich ausmalte, dass das Pony TATSÄCHLICH der Echte gewesen wäre … dann, dann … ach scheiße verflucht!!! Er wusste nicht, was dann gewesen wäre … aber mit Sicherheit hätte er Kakarott danach nie wieder auch nur ansehen können ... !

Vegeta zog seine Hand zurück, stützte sich auf dem Schnee ab und kämpfte sich zurück auf die Beine. „Ich kann allein aufstehen!“, zischte er in Gokus Richtung und stapfte, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, an ihm vorbei und den Hügel hinauf …
 

Der Jüngere starrte auf seine leere Handfläche, sah zu wie sie zu beben anfing, bis sie sich ganz langsam zu einer Faust ballte. Nichts … nichts hatte sich geändert. Die letzten Wochen hatte er nun damit zugebracht, sich hier alleine durchzuschlagen. Hatte wieder einmal nicht den blassesten Schimmer gehabt, was zu tun war und hatte sich immer wieder gefragt, ob Vegeta ihm überhaupt hierher gefolgt war. Mit jedem Tag der vergangen war, war er sich sicherer gewesen, dass der Ältere es nicht getan hatte … schließlich fand er sich einfach damit ab, dass Vegeta in ein anderes Märchen gegangen war und wartete auf die hoffentlich bald eintreffende Lösung, was er hier in dieser Schneewelt zu tun hatte. Er war ja Vegeta eh nur immer im Weg und genau das hatte der Ältere ihm ja auch klipp und klar gesagt. Er hatte ihm deutlich klar gemacht, dass er ihm im Feuerzeug … im Weg gewesen war. Und er bedeutete Vegeta so wenig, dass er ihn deswegen einfach … getötet hatte. Und mit jedem weiteren Tag, der verstrichen war, war sich Goku dieser Worte immer bewusster geworden. Vegeta hatte damit nicht nur das Märchen gemeint …

Seine Hand öffnete sich wieder, griff mechanisch in den kalten Schnee und schnappte sich etwas von dem gefrorenen Wasser. Mit seiner zweiten Hand formte er eine Kugel, drehte sich um und sah dem durch den Schnee wartenden Prinzen nach. Er war so … dieser Kerl war einfach so … nach allem was sie zusammen erlebt und gemeistert hatten ...!!!
 

Patsch.
 

Die Augen des Saiyajinprinzen weiteten sich. Irgendetwas hatte ihn da gerade im Rücken getroffen. Als er sich umdrehte, sah er nur noch, wie Goku ausholte und ein weißer Ball auf ihn zugeflogen kam, der ihn mitten auf die Brust traf und das mit so einer Wucht, dass er ein Stück rückwärts taumelte.

„Was zum…?! Was soll das?!“

Ohne zu antworten bückte sich Goku erneut nach einer Handvoll Schnee. Formte schnellsten den nächsten Schneeball und warf ihn seinem Artgenossen wutentbrannt entgegen, der ihn fassungslos anstarrte, unfähig dem Geschoss auszuweichen. Wieder wurde er getroffen, diesmal auf seinem Oberschenkel.

„Wag…wag es nicht noch einmal, Kakarott. Ich warne dich! Hör auf! Lass den Schnee sofort wieder fallen! Ich...“ Er schaffte es sich unter dem nächsten Geschoss weg zu ducken. „Oh das wirst du bereuen! Lass den sofort wieder fall-“ Patsch. Der nächste Schneeball traf ihn mitten ins Gesicht. Und dann hörte Vegeta etwas, das einfach nicht sein konnte. Kakarott … lachte.
 

Nachdem sich der Prinz die eiskalte Masse auf dem Gesicht gewischt hatte, blickte er den Hügel hinab und tatsächlich … Kakarott stand da, grinste, gackerte wie eines dieser bescheuerten Hühner … und warf den nächsten Schneeball provokant auf und ab. Das herausfordernde Leuchten in den Augen des Jüngeren war schwer zu übersehen. Unwillkürlich huschte auch ein Grinsen über Vegetas Lippen.

„Na warte…“ Er schnappte sich einen großen Klumpen Schnee, formte in zwischen seinen Handflächen zu einer Kugel und warf sie Kakarott entgegen. Doch … der Schneeball kam nicht einmal in der Nähe des Größeren. Als ob dieser eine Tonne gewogen hätte, war er auf halben Weg einfach zu Boden geplumpst. Zornig formte Vegeta einen kleineren Ball und warf ihn erneut. Wieder verfehlte er Kakarott und zwar um einige Meter. Irritiert über seine absolute Unfähigkeit und dem Schneeball hinterher blinzelnd, bekam er wieder einen von Kakarott ab. Seine Brauen tief ins Gesicht ziehend blickte er zu dem Jüngeren, der ihn … immer noch frech angrinste.

„Das…kriegst du zurück…“, drohte er, schnappte sich etwas von dem gefrorenen Wasser und stapfte den Hügel hinab und auf Kakarott zu, der sich nicht vom Fleck bewegte, Vegeta aber auf seinem Weg zurück immer wieder mit Schneebällen abschoss.

Bei den letzten Schritten, die sie noch voneinander trennten, legte Vegeta an Geschwindigkeit zu, hob seine Hand mit dem Schnee über den Kopf, bereit sie Kakarott mitten ins Gesicht zu schlagen, geriet dabei jedoch ins Straucheln, blieb mit einem Fuß im dicken Schnee hängen und … flog prompt Son Goku vor die Füße. Der Schnee in seiner Hand war allerdings während des Falls tatsächlich auf Kakarott Hose gelandet, der sich bereits auf die Lippen biss, um nicht lautstark loszulachen.

Als Vegeta seinen Kopf anhob und versuchte sich aus den Schneemassen zu kämpfen, tauchte wieder Gokus Hand in seinem Sichtfeld auf. Wieso? Wieso bot Kakarott ihm immer noch seine Hilfe an? Nachdem er ihn im Feuerzeug einfach getötet hatte … nachdem er all diese, in Kakarotts Augen, unschuldigen Menschen abgeschlachtet hatte … nachdem er … ihn immer wieder von sich gestoßen hatte … ihm die kalte Schulter gezeigt und absolut unmissverständlich und mit allen Mitteln klar gemacht hatte, dass er nichts von ihm wissen wollte …

Wieso kam Kakarott trotzdem und schon wieder auf ihn zu? Wieso … war da wieder diese Hand? Wieso …?
 

Und dann geschah es. Vegeta packte einfach zu.
 

Unbewusst, einem Impuls folgend, umfasste er Gokus Unterarm mit seiner Hand und die Finger des Jüngeren schlossen sich reflexartig und sicher um den Seinen. Ihre Blicke begegneten sich. Stille kehrte ein. Um sie herum. Aber auch in ihren Köpfen. Schnee fiel herab. Man konnte es hören. Dann zog Goku Vegeta mit einem einzigen, kräftigen Ruck auf die Beine und damit war auch dieser eine, kurze, friedvolle Moment zwischen ihnen wieder vorbei.
 

Schweigend ließen sie sich los und wandten sich fast synchron der Richtung zu, in der das Haus stand, welches Goku wohl in dieser Geschichte bewohnte. Als der Jüngere ihn hereinbat, blieb Vegeta bei der Eingangstür stehen und beobachtete, wie Kakarott Scheite in den Kamin packte, sie entzündete und ein Kessel mit Wasser darüber hängte.

Seine stolpernden Ausflüge in den Schnee hatten Vegetas Mantel vollkommen durchnässt und er spürte wie sich seine darunter befindlichen Hemden immer mehr mit dieser Eiseskälte vollsogen. Er wollte seine Kleidung nur noch von sich reißen und sich zu dem nur langsam größer werdenden Feuer stellen, doch er blieb wo er war, während sich Goku bereits seines roten Mantels entledigt hatte. Darunter trug er ein rot-schwarz kariertes Holzfällerhemd, was, wie Vegeta nur ungern zugab, sichtlich zu dessen Rolle und irgendwie auch einfach zu dem Jüngeren passte. Zumindest stand es ihm besser als dieses lächerliche Orange, dass er sonst immer trug.

Diesen seltsamen Gedanken schnell wieder beiseiteschiebend und Kakarott ausblendend, blickte sich Vegeta in der Hütte um. Jetzt wo das flackernde Feuer des Kamins es erhellte, fiel ihm auf, dass hier einfach alles aus Holz war. Die Stühle, der Tisch, die Regale, die Wände … alles eben, selbst die zwei Becher, die Goku auf den Tisch stellte.
 

„Du kannst dich ruhig setzen.“, durchbrach Kakarotts Stimme nach einiger Zeit die Stille zwischen ihnen.

„Ich stehe lieber.“

„Mh…du solltest aber zumindest deine nasse Kleidung ausziehen.“

„Nein danke.“

Goku hielt in seinem Treiben inne. Er hatte gerade in einem der Schränke gewühlt, auf der Suche nach Kräutern, die er in die Becher geben wollte. „…du holst dir noch den Tod, wenn du sie nicht ausziehst.“

„…tz…und wenn schon.“

Seufzend schloss der Größere seine Augen. Es hatte sich wirklich nichts geändert …

Dabei fiel sein Blick auf seinen Unterarm und ohne, dass er es merkte, hob sich einer seiner Mundwinkel zu einem Lächeln. Er dachte an den Druck von Vegetas Hand. Vielleicht … hatte sich ja doch etwas verändert. Auch wenn es nur ein ganz kleines bisschen war …
 

„Was hast du hier eigentlich die ganze Zeit getrieben, Kakarott? Es müssen jetzt doch mit Sicherheit schon zwei Monate sein, die wir hier sind.“

Goku überlegte einen Moment. „Dürfte hinkommen.“

„Also?“

Der Jüngere erhob sich mit einem Beutel und ließ die Kräuter in die Trinkgefäße fallen, dann goss er das heiß gewordene Wasser darüber. „Also?“, wiederholte er Vegetas Frage.

„Was du hier gemacht hast die ganze Zeit!“, kam es etwas genervt zurück und zum Frust des Älteren zuckte Kakarott nur mit den Schultern.

„Ich habe Holz geschlagen, Vogelhäuschen gebaut und war im Wald spazieren. Hast du die Rentiere gesehen, als du zu mir gekommen bist? Mittlerweile sind sie ganz zutraulich geworden.“ Den Becher vom Tisch nehmend, reichte er Vegeta diesen und sah ihn mit seinem typischen Lächeln an. Vegetas Gesicht stellte eine einzige Frage: 'Echt jetzt?!' Sagen tat er es jedoch nicht und nahm stattdessen einfach den dampfenden Becher entgegen. Dabei zitterten seine Finger jedoch so stark, dass er etwas verschüttete, sich verbrannte und das heiße Getränk fluchend fallen ließ.
 

Son Goku besah sich das Malheur, atmete tief ein, als wäre Vegeta ein bockiges Kind, bei dem einfach jedes Wort überflüssig war und griff dann einfach nach dem Kragen des Prinzen.

„W...was soll das?! Kakarott! Lass sofort los! Du sollst loslassen, hab ich gesagt!“ Doch jede Forderung brachte dem Prinzen gar nichts. Als wöge er nichts und als wären seine Schläge auf Gokus Arme nur ein Windhauch, hob der Jüngere ihn hoch, was dazu führte, dass er aus der Jacke rutschte. Vollkommen irritiert blinzelte Vegeta und das nutzte Goku dazu um einfach die Säume der nassen Hemden zu packen und sie Vegeta über den Kopf zu ziehen. Noch ehe der Ältere begriff, dass das hier gerade wirklich geschah, saß er auf einem Schemel dicht am Feuer, war in Kakarotts dicke, rote Jacke gehüllt, die noch Reste von dessen Körperwärme aufwies und hatte dessen Teebecher in den Händen.

Das war … eben nicht wirklich passiert, oder? Kakarott hatte ihn nicht wirklich gerade ausgezogen und wie ein Kind einfach auf einen Hocker gedrückt … das konnte gar nicht passiert sein, weil er das nämlich niemals zugelassen hätte! Niemals … NIEMALS! Seine verwirrten Märchenaugen starrten ihn aus der schwarz wirkenden Flüssigkeit des Bechers entgegen und er merkte selbst, wie Röte in seine Wangen schoss. Den Kopf ganz weit in den Kragen der großen Jacke einziehend, damit man das nicht sah, brütete er so lange finster vor sich hin und grummelte über die Schwäche und Unfähigkeit seines derzeitigen Körpers, bis er Kakarott neben sich spürte. Verstohlen sah er zu ihm. Er wirkte glücklich. Glücklich und zufrieden, wie er in seinem Hemd neben ihm am Feuer saß und sich wohl einen neuen Tee gemacht hatte. Vorsichtig nippte er selbst nun an dem Gebräu. Der Jüngere könnte ihn ja auch nun einfach vergiften wollen …

Überrascht stellte er fest, dass der Tee wirklich gut schmeckte und ihm angenehm warm die Kehle hinab rann. Er nahm noch einen Schluck, blickte in die Flammen, hörte dem Knistern des Holzes zu, beobachtete wie es weniger wurde und wie Kakarott Scheite nachlegte. Die ganze Zeit über sprach keiner von ihnen. Vegeta, weil es ihm immer noch peinlich war und Goku, weil er genau das wusste. Sie waren schon ein komisches Paar, schoss es Vegeta durch den Kopf.
 

„…Vogelhäuschen gebaut?“
 

Son Goku dachte erst sich verhört zu haben und drehte überrascht den Kopf zum Prinzen. Dieser starrte weiterhin geradeaus in die Flammen und schien sich kein Stück gerührt zu haben. Schmunzelnd sah auch er wieder ins Feuer.

„Ja, Vogelhäuschen.“

Vegeta brummte.

„Und was hast du gemacht, seit wir in dieser Geschichte sind?“

Stille.

Schließlich: „…nach Briefen gesucht.“

„Briefen?“

Wieder ein Brummen.

„Warum?“

„Weil ich Postbote bin.“

„Oh.“ Goku fuhr sich langsam über den Nacken. Seine Augen wanderten zu Vegeta und wieder zurück. „Und...hattest du Erfolg?“

„Womit?“

„Mit den Briefen.“

Stille.

„Vegeta...?“

Stille.

Goku seufzte.

Vegeta schwieg … eine lange Zeit.

„...nein.“

Kakarott lächelte.
 

Vegeta blinzelte verschlafen und sah vor sich nur die Farbe Rot. Er hatte keinen blassen Schimmer wo er war, was passiert war und warum zur Hölle es endlich einmal nicht nach Pferd roch. Seufzend und mit der Situation durchaus zufrieden drehte er sich um und vergrub sich tiefer in diese wohlige Wärme, die einfach überall um ihn herum herrschte. Ein flackerndes Licht tanzte über sein Gesicht und störte ihn in seiner Zufriedenheit. Brummend und unwirsch öffnete er ein Auge und erkannte das prasselnde Kaminfeuer, die zwei Schemel davor und den Tisch. Stimmt ja … er hatte am vergangenen Abend endlich Kakarott gefunden und …

Moment!

Wo zur Hölle lag er hier?! Langsam und den Raum mit den Augen nach seinem Erzrivalen absuchend erhob er sich aus den Decken und Fellen. Irritiert stellte er fest, dass Kakarotts rote Jacke das war, was er gesehen hatte und dass er diese ganz eng um seinen Körper geschlungen hatte. Er schob sie weg und hüllte sich in etwas anderes. Da der Jüngere nicht da zu sein schien, nutzte er die Zeit um darüber nachzusinnen, wie er in diesem Bett gelandet war. Aber es wollte ihm beim besten Willen nicht einfallen.

Plötzlich ging die Tür auf, ein eiskalter Luftzug fuhr in den Raum und keinen Moment später kam Kakarott mit Holz auf dem Arm herein, lehnte seine gigantische Axt neben der Tür an die Wand und schloss jene wieder. Als er sich zu ihm umdrehte, erhellte sich sein Gesicht.

„Du bist wach.“

„Offensichtlich.“ Die rüde Antwort ignorierend legte Son Goku das Holz neben den Kamin.

„Ich hab mir schon ein wenig Sorgen gemacht, nachdem du gestern Abend einfach so auf dem Hocker zusammen gesunken bist.“ Das erklärte, warum er sich nicht mehr daran erinnerte wie er in dieses Bett gekommen war. „Aber nachdem wir uns hingelegt haben, hat sich dein Körper dann doch angefangen zu erwärmen…“ Aha … Kakarott hatte ihn also auch … MOMENT! Er sah unter die Bettdecke. Er hatte ja gar nichts mehr an!

„Hast du mich etwa ausgezogen?!“

Goku hob den Kopf und sah zu ihm. Der Blick so völlig unschuldig. „Natürlich. Deine Hose war immerhin auch ganz nass und es war wichtig, dass du wieder warm wirst.“

Vegeta klappte der Mund auf. „Du...du hast...hast...“

„Aber nachdem ich dich unter die Decken gesteckt hab, bist du irgendwann tief eingeschlafen und dein Körper ist wieder warm geworden. Da wusste ich, dass du über den Berg bist.“

Vegeta spürte eine durchaus sehr unangenehme Hitze an seinem Hals hinaufkriechen. „W...was?!“

„Na sei doch froh. Deine Klamotten sind auch schon trocken. Das heißt, wenn du willst, kannst du in die Stadt zurück. Dann hab ich auch wieder mehr Platz im Bett.“

„… … … … …wir haben im selben Bett geschlafen?“

„Ja.“ Irgendetwas am Tonfall des Älteren ließ Goku jedoch in seinem fröhlichen Geplauder stutzig werden. „Wo...hätte ich denn sonst schlafen sollen?“

„Wo du…?! JEDENFALLS NICHT BEI MIR!!“ Völlig außer sich schlug Vegeta die Decken von sich und sprang aus dem Bett. Nur eine Sekunde nachdem sein Körper die kuschelige Wärme, die ihn gerade noch umgeben hatte, verlassen hatte, wurde ihm schmerzlich bewusst, dass er gerade völlig nackt dastand. Sich die Blöße geben und panisch nach einer der Decken schnappen, um seine Mitte zu verbergen, konnte er jetzt aber auch nicht. Nicht … nicht vor Kakarott, verdammt!

„Meine Klamotten, sofort!“, forderte er, wobei er bereits spürte wie sich Röte auf seine Wangen schlich, die er einfach nicht unterdrückten konnte.

„Da.“, meinte Goku nur und deutete mit dem Daumen hinter sich über den Kamin. Dem Zeig folgend entdeckte Vegeta seine Kleidung, fein säuberlich über dem Kamin hängend. Dann huschten seine Augen zurück zu Kakarott, der … genau davor stand. Und er zögerte. Er zögerte so lange, dass es selbst dem Jüngeren merkwürdig vorkam.

„…willst du…sie nicht anziehen?“

Eine Ader begann auf der Stirn des Prinzen zu pulsieren. Das war ja wieder einmal so typisch Kakarott, verdammt! Anstatt sie ihm einfach zu geben, blieb er einfach an Ort und Stelle stehen und rührte sich nicht. Sekunden verstrichen. Weitere. Dann konnte selbst Goku nicht anders, als seine Augen nach unten wandern zu lassen. Es war nur flüchtig. Nur ein kurzer Blick, bevor er ruckartig wieder in Vegetas Augen starrte. Krampfhaft. Doch das hatte schon gereicht. Vegeta ballte seine Fäuste und begann seine Optionen abzuwägen. Doch nach der Decke schnappen und sich dann seine Kleidung holen? Einfach so wie er war zu Kakarott marschieren, mit erhobenem Haupte, und DANN seine Klamotten an sich reißen? Oder … oder …

„Hast du dort Wurzeln geschlagen?! Wirf sie mir schon her, verdammt!“, platzte es schließlich aus ihm heraus.

„Oh. OH! Ja, klar…“ Goku schnappte sich etwas zu hektisch die Kleidung über dem Kamin und marschierte schnurstracks auf den Prinzen zu und hielt ihm seine Sachen hin. „…hier.“

Vegeta blickte auf seine Kleidung, wieder in Kakarotts Gesicht, wieder hinab.

„Was denn?“ Goku legte seinen Kopf schief. „Nimm schon.“

Er war so kurz davor. So kurz davor, Kakarott eine zu verpassen. Einfach dafür, dass er es gewagt hatte, ihn anzufassen, ihn auszuziehen, ihn in dieses Bett zu stecken, ihn zu … wärmen. Dann weiteten sich plötzlich seine Augen als ihm ein ganz anderer Gedanke in den Sinn schoss. Wie … wie war das nochmal im … im Ettin gewesen? In der einen Nacht, in der sie … in diesem Zimmer … auf diesen Baracken … nackt … aufeinander gelegen hatten? Kakarott hatte ihn einfach festgehalten. Ihn ohne Schwierigkeiten auf dem Lager fixiert. Und er hatte seine Wärme gespürt. Moment … was? Den letzten Gedanken schnell beiseiteschiebend dachte er daran, dass er jetzt, hier, wieder so ein schwächlicher Kerl war und Kakarott … nicht. Seine Augen huschten wieder nach oben. Er unterdrückte jegliche Aggression und griff nach seiner Kleidung. Drehte sich von dem Jüngeren fort, warf seine Klamotten auf das Bett und suchte nach seiner Hose, die er dann auch sogleich überzog.
 

Goku blieb hinter ihm stehen. Rührte sich nicht. Denn da war etwas in Vegetas Gesicht gewesen, dass ihn daran erinnert hatte, was … was wie eine dunkle Wolke über ihnen schwebte. Unausgesprochen. Der Grund, warum er einfach in dieses Märchen hier gestürmt war. Warum er sich hier in dieser Hütte verkrochen hatte und nicht einmal den Versuch unternommen hatte, herauszufinden, was er hier zu tun hatte, geschweige denn, dass er nach dem Älteren gesucht hätte. Und jetzt … war er Vegeta schon wieder … im Weg gewesen. Er war zwischen ihm und seiner Kleidung gestanden. Eigentlich banal … wären es nicht sie beide gewesen. Während er verzweifelt nach Worten suchte, irgendetwas, dass er Vegeta sagen konnte, ihm sagen wollte, legte sich seine Hand unbewusst um seinen eigenen Unterarm. An die Stelle … an der der Ältere zugepackt hatte …
 

„…Vegeta?“, sprach ihn der Jüngere an als sich dieser das erste seiner Hemden über den Kopf gezogen hatte. Vielleicht … vielleicht konnten sie endlich miteinander reden. Es klären. Vielleicht … nach gestern, nachdem da diese ruhigen, fast schon versöhnlichen Momente zwischen ihnen gewesen waren. Im Schnee, vor dem Kamin … in der Nacht. Vielleicht war Vegeta endlich dazu bereit, es ihm zu erklären. Ihm sein Verhalten zu erklären. Ihm ENDLICH die Gewissheit zu geben, nach der es ihm so verlangte. Der Gewissheit, dass Vegeta einer von ihnen war. Dass er … gut war. Dass sie etwas verband. Dass sie schon immer etwas verbunden hatte. Dass er ihn nicht einfach umgebracht hatte, weil er ihm … im Weg gewesen war. Dass es einen tieferen Sinn gegeben hatte, den er selbst nicht gesehen hatte … nicht hatte sehen können …
 

Genervt strich Vegeta den Stoff seines Hemdes glatt und drehte sich zu Kakarott. „Was denn?“

Als ihm jedoch klar wurde, dass der Jüngere immer noch so nah bei ihm stand, trat er augenblicklich einen Schritt zurück, um mehr Distanz zwischen ihnen zu schaffen, stieß dabei an die Bettkante und plumpste … erneut … nach hinten. Wenigstens war er diesmal nicht in dem beschissenen, kalten Schnee gelandet. Dennoch waren seine Nerven bis zum zerreißen gespannt. Als ihm Kakarott dann auch noch … schon wieder … die Hand entgegenstreckte, um ihm aufzuhelfen und ihn dabei doch glatt mit seinem dämlichen, bescheuerten Grinsen anlächelte, reichte es dem Prinzen endgültig. Ohne die Hilfe des Jüngeren anzunehmen, stand er auf, schnappte sich den Rest seiner Kleidung und stapfte an Goku vorbei. Nicht ohne ihn dabei mit seiner Schulter aus dem Weg zu schubsen. Er musste hier raus. Raus aus diesem warmen Haus und weg von … von Kakarott. Es kotzte ihn an. Es kotzte ihn so sehr an, dass … dass Kakarott einfach so tat, als ob … als ob alles in Ordnung zwischen ihnen wäre! Dabei hatte er ihm gestern noch die kalte Schulter gezeigt als er ihn beim Holzhacken vorgefunden hatte. Hatte ihn mit Schneebällen beschossen und ihm eindeutig signalisiert, dass er sauer war. Und … und nur, weil er seine bescheuerte Hand ergriffen hatte, sie gemeinsam einen verfluchten Tee getrunken hatten, ohne sich an die Gurgel zu springen, war plötzlich alles gut, oder was?!

Kaum war Vegeta bei der Tür angekommen und hatte sich seine anderen Hemden irgendwie übergezogen, fiel ihm auf, dass er keine Schuhe trug. Sich suchend in allen Richtungen umblickend entdeckte er sie. Vor dem Bett und … hinter Kakarott. Sein Blick wurde finster.

Goku, der Vegeta die ganze Zeit einfach nur irritiert, ob der erneuten eindeutig ablehnenden Haltung, beobachtet hatte, bemerkte den ernsten Blick, folgte ihm, fand das Objekt, dass der Ältere gesucht hatte und dann begann etwas in ihm zu schmerzen. Sein Gemüt wandelte sich schlagartig. Seine Gefühle fingen an zu brodeln. Tief in seinem Inneren. Dann … hatte er sich wohl geirrt. Vegeta war NICHT soweit. Sie würden NICHT miteinander reden. Vegeta würde es nicht … erklären. Gokus Brauen zogen sich tief in sein Gesicht und dann platzte es einfach aus ihm heraus.

„Was ist? Bin ich dir schon wieder im Weg?!“

Es dauerte ein paar Sekunden bis Vegeta es begriff. Einige Sekunden, in denen er den Jüngeren verwirrt anblickte. Doch dann wurde es ihm nur allzu klar. Das war eine eindeutige Anspielung auf das Feuerzeug gewesen. Er hatte also mal wieder recht. Kakarotts ruhige Art war nur … die Ruhe vor dem Sturm gewesen. Mittlerweile kannte er den Jüngeren, der einfach nicht fähig war, nicht der Typ war, Gefühle einfach zu ignorieren, sie in sich zu begraben und sie einfach zu vergessen. Und hätte Kakarott ihm diese Anspielung vor ein paar Wochen an den Kopf geworfen … wäre sie gekommen als er auf diesem Ast gehangen hatte, als er den Entschluss gefasst hatte, sich zu offenbaren, sich Kakarott zu erklären, dann … wäre es mit Sicherheit anders gekommen. Dann hätte Vegeta wohl nicht das gesagt, was er nun von sich gab …

„Wenigstens checkst du es diesmal.“
 

Und dann passierte etwas, dass dem Prinzen doch tatsächlich bekannt vorkam. Aus ihrem aller ersten Märchen hier in Angeama …

Goku bückte sich, schnappte sich einen der Stiefel und schleuderte ihn Vegeta entgegen, der sich gerade noch rechtzeitig ducken konnte. Dann flog auch schon der zweite Schuh in seine Richtung, gepaart mit einem zornigen „Du verdammter Arsch!“ und knallte neben seinem Gesicht gegen die Wand.

Vegeta warf dem Jüngeren nur einen finsteren Blick zu, schnappte sich seine Stiefel und griff nach dem Türriegel, zog den Weg in die Freiheit auf, Wind fegte herein … und eine große Hand, die knallend neben seinem Kopf gegen das Holz donnerte, drückte die Tür wieder zu. Es wurde still. Die Präsenz des großen Körpers in seinem Rücken überdeutlich spürend, hatte der Kleinere keinen Bock sich umzudrehen.

„Nimm...deine Hand da weg.“

„Nein.“

„Kakarott, ich mein‘s ernst.“

„Ich auch.“

„Hand weg!“

„Erst reden wir.“

Vegeta schnaubte abfällig. „Vergiss es.“

„Dann bleibt die Hand wo sie ist.“

Ernsthaft?! Er wollte das wirklich durchziehen?! Nun gut, sie würden ja sehen, wer es länger aushielt. Vegeta verwettete alles was er am Leibe trug darauf, dass Kakarott zuerst einknicken würde. Zumindest in diesem Punkt behielt er recht. Es dauerte zwar eine ganze Zeit lang, aber am Ende war es Son Goku, der mit einem Seufzen wieder den ersten Schritt machte.

„Okay, du willst nicht mit mir reden. Ich habs verstanden. Du willst weiter auf stur schalten, deinen Willen durchziehen und auf alle Konsequenzen pfeifen. Ich geh dir auf die Nerven und du kannst mich nicht ausstehen. Ich hab‘s kapiert.“ Hatte auch lang genug gedauert …

„Aber...“ War ja klar das da noch ein ‚Aber' kam. „Beantworte mir eine Frage. Nur die Eine, dann nehm ich meine Hand weg und du kannst machen was du willst.“ Würde er eh … aber wenn er so schneller hier raus kam …

„Frag.“

„Warum...warum hast du all die Menschen im letzten Märchen getötet?“ Vegeta blinzelte … mit dieser Frage hatte er nicht gerechnet … wirklich nicht. Und hatte er sich geirrt, oder hatte Kakarotts Stimme tatsächlich gezittert? War ihm diese Tatsache wirklich so wichtig? Würde er etwas verlieren, wenn er es ihm sagte? Würde er sich eine Blöße geben? Irgendetwas offenbaren, was er nicht offenbaren wollte? Nein, eigentlich nicht. Er würde Kakarott mit seiner Antwort nur unter die Nase reiben können, dass dieser mal wieder nichts im vergangenen Märchen verstanden hatte.

„Ich hab sie umgebracht, weil sie den König beschützen wollten.“

„Und warum wolltest du den König umbringen?“

„Du sagtest eine Frage Kakarott. Also Hand weg!“
 

War das … war das wirklich Vegetas Ernst?! Goku starrte auf den stur zur Tür gerichteten Kopf, auf den Körper vor sich, der sich kein Stück bewegte. Offensichtlich. Mit fest zusammengepressten Lippen, nahm er langsam den Arm herunter, kein Stück schlauer als vor seiner Frage. Dabei hatte er gehofft, wenn er Vegeta wenigstens diese eine Antwort entlocken könnte, dann würde er es vielleicht verstehen. Aber … nein, es war für ihn nichts klarer geworden.

Der Kleinere griff nach der Verriegelung der Tür, zog sie auf und ein kalter Wind wehte herein, der zu Son Gokus Gemütsverfassung passte. Da waren sie also, sie beide, gemeinsam in einem Buch gefangen, das irgendwie alles zwischen ihnen verschlimmerte.

„Übrigens“, erklang Vegetas Stimme schon mehr von außerhalb, als von innerhalb. „Der König hat fast jede Nacht seine Tochter vergewaltigt. Aber das wusstest du als oberster Richter mit Sicherheit, als du mich zum Tode verurteilt hast, nicht wahr?“

RUMMS.

Die Tür knallte zu, es krachte und Goku blinzelte irritiert. Bitte … WAS?! Viel zu geschockt von dem, was er gehört hatte, dauerte es eine Ewigkeit, bis der Sinn dahinter endlich bei ihm angekommen war. Wenn der König das wirklich gemacht hatte, dann … dann … dann würde das ja bedeuten, dass Vegeta richtig gehandelt hatte … zumindest … irgendwie … im weitesten Sinn und … und er schon wieder … falsch … ?
 

„Vegeta!“ Aus seiner Starre aufschreckend, packte er die Tür und wollte sie aufziehen, doch sie bewegte sich kein Stück. Er griff mit der anderen Hand nach ihr, legte all seine Kraft in seine Arme, stemmte seinen Fuß noch an die Wand daneben und zerrte, bis ein Knirschen und Splittern erklang. Sich ein Brett aus der Tür reißend, bekam er diese schließlich auf, doch zu spät … er konnte Vegeta durch das Schneetreiben in seiner Kutsche davon zockeln sehen.

Fluchend wand er sich um, besah sich den Schaden an seiner Tür, welcher durch Eiszapfen verursacht worden war und knallte sie dann selbst zu. Es gab jetzt wirklich wichtigeres. Wieder drinnen lief er auf und ab, war unfähig sich ruhig zu verhalten. Wenn … wenn das stimmt … oh Gott, wenn das stimmte, dann hatte er Vegeta vielleicht … bis zu einem gewissen Punkt … Unrecht getan? Aber entschuldigte das Vegetas komplettes Verhalten? Nein, tat es nicht, ganz und gar nicht … aber, würde es sie weiterbringen, wenn … wenn es SO zwischen ihnen weiter gehen würde? Immerhin wollten sie ja aus diesem Buch raus und seit dem Ettin … nun ja, ihre Zusammenarbeit ein Desaster zu nennen wäre wohl untertrieben. Er hatte aber auch keine Lust, Vegeta jedes Mal nachzurennen und der zu sein, der ständig alles schluckte. Wenn er sich jetzt einfach auf den Weg machte, würde Vegeta das mit Sicherheit wieder in den falschen Hals bekommen und denken, dass er ihm nachlief und er alleine nichts hinbekam. Das wollte er auch nicht …

Und während Son Goku noch darüber nachgrübelte, was es für einen plausiblen Grund geben konnte, Vegeta doch nachzulaufen und ihn möglichst dazu zu bringen, wenigstens ansatzweise normal mit ihm umzugehen, fiel sein Blick auf die Posttasche des Älteren, die dieser vergessen hatte. Goku begann zu lächeln und hob sie auf … ein Blatt Papier flatterte zu Boden und im Schein des Feuers bückte sich der große Saiyajin und nahm es vorsichtig in die Finger. Darauf war eine Kinderzeichnung zu sehen. Ein kleiner Junge, der traurig hinter einem vergitterten Fenster hoch oben in einem Haus, hinter einem Zaun gefangen war. Wieso hatte Vegeta eine solche Zeichnung dabei? Verwirrt runzelte er die Stirn. Was konnte das denn bedeuten? Hatte Vegeta vielleicht schon wieder das Ziel des Märchens entdeckt und diese Zeichnung hatte etwas damit zu tun? Mussten sie vielleicht diesen Jungen befreien? Wurden in der Stadt weiter unten vielleicht noch mehr Kinder festgehalten?
 

Mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck, stopfte er das Papier zurück in die Posttasche, zog sich seine Stiefel an, seine rote Jacke und die Mütze. Der Weg in den Ort war ziemlich weit. Aber wenn er die direkte Route zu Fuß nahm und nicht dem Wagenweg folgte, dann konnte er Vegeta mit Sicherheit noch einholen. Das Feuer löschend, verließ er das Haus, machte noch einen kurzen Umweg über seine Scheune, ihm war nämlich eingefallen mit was man den traurigen Jungen aufheitern konnte, und stapfte dann durch das dichter werdende Schneetreiben gen Tal.
 

Vegeta hielt seine Augen geschlossen als Ponykakarott emotionslos einen Huf vor den anderen setzte auf dieser elendigen Brücke. Er wollte die Schlucht unter sich, die einfach kein Ende zu nehmen schien, gar nicht sehen. Wollte nicht sehen, wenn eines der Bretter nachgeben würde und er samt der Kutsche und Kakarott in die Tiefe stürzen würde, denn … er fühlte sich einfach fantastisch. Diese Schlacht gegen Kakarott, den echten Kakarott, hatte er definitiv gewonnen. Wie schade, dass er dessen verblödetes, verdutztes Gesicht nicht hatte sehen könne, aber der Abgang, den er nach dieser Offenbarung hingelegt hatte, war es einfach wert gewesen. Ja … er hatte absolut das Gefühl gewonnen zu haben. Er fühlte sich so erhaben, so siegreich, so …
 

„Vegeta!“
 

So … überlegen. So befreit. So viel besser. Ja, einfach so …
 

„Vegetaaaa!“
 

So … genervt. Ach verflucht nochmal! Vegeta öffnete seine Augen und erblickte am anderen Ende der Brücke tatsächlich den Clown in Rot. Wie um alles in der Welt hatte Kakarott es geschafft VOR ihm am anderen Ende der Schlucht zu sein?! Sein eben noch erheitertes Gesicht verdunkelte sich und in dem stetigen, langsamen Trott kam er immer näher auf seinen Artgenossen zu, ohne, dass er etwas dagegen tun konnte, denn Wenden konnte man auf dieser schmalen Brücke einfach nicht.
 

„Wie um alles in der Welt bist du…? Ach vergiss es. Was ist denn noch? Ich dachte wir wären fertig.“, brummte Vegeta als er mit Ponykakarott beim echten Kakarott angekommen war und an den Zügeln zog, um die Kutsche zum Stehen zu bringen. Dann fügte er in seinem Kopf lächelnd hinzu: ‚Fertig miteinander.‘

„Also erstens…“, begann Goku und stellte seinen roten Stiefel mit den weißen Pelzrand auf die unterste Stufe der Kutsche. „…kannst du mir nicht einfach sowas um die Ohren werfen und dann abhauen und zweitens…“ Mit einer schwungvollen Bewegung manövrierte er sich in die Kutsche und drückte Vegeta dadurch an den Rand. „…hab ich da eine Idee.“

„Mensch, jetzt rück mir nicht so auf die Pelle!“, fauchte Vegeta und drückte sich nun seinerseits gegen den mächtigen Körper des Jüngeren, um sich wieder etwas mehr Platz zu verschaffen. „Warte…was? DU hast eine Idee?“

Den Sarkasmus in der Stimme des Älteren ausblendend grinste Goku ihn mit einem breiten Lächeln an. „Jap. Du sagtest doch gestern etwas davon, dass du Postbote wärst.“

„…und?“

„Gehören da auch Pakete dazu?“

Misstrauisch eine Augenbraue hebend antwortete Vegeta mit einem lang gezogenen, fragenden „Jaaa?“

„Ha! Perfekt! Dann los!“, rief Goku, streckte seinen Arm aus und deutete den Hügel hinab.

Vegeta rührte keinen Finger. „…was soll das, Kakarott?“

Seinen Arm wieder senkend sah er wieder zu dem Kleineren neben sich. Immer noch mit diesem dämlichen Grinsen im Gesicht. „Du hast nach Briefen gesucht. Ich…hab ein Paket.“

„Aha.“

„Und das stellen wir jetzt zu.“

„Aha.“

„Na los.“

Erst nachdem Vegeta Kakarott eine gefühlte Ewigkeit skeptisch in sein immerzu grinsendes Gesicht gestarrt hatte, ließ er die Zügel schnalzen. Rumpelnd, langsam und unter dem Gewicht der beiden ächzend, setzte sich die Kutsche in Bewegung.

Klaus - Mission Paketzustellung ... (im)possible

Goku betrachtete das kleine Päckchen in seinen Händen. Schaukelte es von der einen in die anderen, während er ein so seliges Lächeln auf den Lippen trug, dass Vegeta ihm am liebsten eine auf den Hinterkopf gegeben hätte, damit dieses dämliche Grinsen aus dessen Gesicht herauspurzelte. Schön und gut … Kakarott war ihm nachgelaufen, hatte da irgendwas, das er weiß der Kuckuck wem zustellen wollte … wem überhaupt? Kakarott kannte hier doch niemanden! Hatte er nicht gesagt, er war die ganze Zeit in dieser verfluchten Hütte gewesen?! Seit er die Kutsche in Bewegung gesetzt hatte, war kein einziges Wort mehr von dem Arsch gekommen. Keine Erklärung, keine weiteren Fragen. Nichts. Gar nichts. SCHEISSE, WAS WAR IN DEM DÄMLICHEN PAKET?!

Vegeta schnalzte mit den Zügeln, Ponykakarott wieherte, die Kutsche wurde schneller. Und der Saiyajinprinz zog seinen Kopf ein Stück weiter unter den Rand seines Mantelkragens.
 

Ein leises Brummen, das Goku sein Gesicht dem Kleineren zuwenden ließ, ertönte zwischen den knirschenden Geräuschen, welche die fahrende Kutsche im Schnee erzeugte.

„Hast du was gesagt?“

Ein neuerliches Gegrummel war unter dem Mantelkragen zu hören.

„Vegeta?“

Der Angesprochene reckte sich ein Stück, sodass sein Mund wieder frei lag und schnauzte dann: „Nein! NEIN, ich hab NICHTS gesagt.“

Goku blinzelte einige Male, zuckte dann nur mit den Schultern und blickte nun geradeaus auf den schmalen Pfad, dem die Kutsche unaufhörlich folgte. Eine Kutsche … seine letzte Erinnerung an eine solche, war nicht gerade die beste. Da war immerhin diese verrückte Blondine gewesen, die ihn mit einem Messer hatte abstechen wollen … aber auch … aber auch Vegeta, der … der ihn gerettet hatte …

Seine Augen huschten unauffällig zu dem Älteren, dann schnell wieder nach vorne, aus Angst, Vegeta könnte es bemerkt haben und genau wissen, woran er gerade dachte. Denn ihm war wieder in Erinnerung gekommen, wie sie nach der Rettungsaktion des Älteren gemeinsam auf dem Boden gesessen hatten und er zum ersten Mal Vegeta über seine Vergangenheit hatte reden hören, auch wenn dies nur ein winziger Fetzen gewesen war. Was danach passiert war, oder mehr fast passiert war, darüber dachte er lieber nicht nach …
 

Mit einem leisen Seufzen und in Gedanken versunken rutsche Son Goku ein Stück nach unten, machte es sich bequemer, was allerdings Vegeta absolut nicht passte, denn dadurch wurde dem Prinzen mehr Platz als eh schon in der engen, kleinen Kutsche geraubt. Dabei … dabei hatte er gerade etwas sagen wollen. Also … vielleicht. Ihm wollte nämlich einfach nicht dieser dämliche Gedanke aus dem Kopf gehen, dass er … ER mit Kakarott reden sollte. Dass er es ihm … IHM schuldig war, etwas zu sagen. Mehr zu sagen. Einfach mehr als das, was er ihm vorhin in der Hütte offenbart und an den Kopf geworfen hatte. Dass er ihm eine weitere Erklärung liefern sollte, ja, fast schon musste. Vegeta umfasste die Zügel in seinen Händen fester. Scheiße, verflucht, warum redete Kakarott nicht wie sonst auch immer?!

Mit einem Augenrollen wandte Vegeta sein Gesicht zur Seite, sodass der Rotgekleideten gänzlich aus seinem Blickfeld verschwand. Dabei brannte ihm doch selbst die ein oder andere Frage auf der Seele. Schließlich hatte nicht nur ER Menschen in dem Feuerzeug getötet. Der Jüngere hatte ihn immerhin einfach zum Tode verurteilt … war das nicht etwas, dass Kakarott IHM schuldig war zu erklären?!
 

„Ist das da vorn schon die Stadt?“, riss Gokus Stimme den Prinzen aus seinen Gedanken. Seinen Blick wieder nach vorne gerichtet, bestätigte er die Frage des Jüngeren mit einem zustimmenden Brummen. Verdammt … hatte der Weg ZU Kakarott nicht wesentlich länger gedauert? Es konnte doch nicht sein, dass die Zeit schneller verging, wenn der Idiot bei ihm war. Was … was für ein lächerlicher Gedanke!

„Und wo soll das Paket jetzt hin?“

„Zu dem da.“

„Wem da?“

„Na dem.“

Goku holte die Zeichnung aus seiner Mantelinnentasche hervor und hielt sie Vegeta unter die Nase, der überrascht die Brauen nach oben zog und sie ihm weg nahm. „Woher hast du das?“

„Aus deiner Tasche.“

„Meiner…? Wieso kramst du in MEINER Tasche?!“

„Du hast sie bei mir vergessen.“

„Und das gibt dir das Recht in meiner-“ Vegeta brach ab. „Ach vergiss es.“ Mit einem Mal wünschte er sich die Stille von eben wieder zurück.
 

Sie fuhren an den ersten Häusern vorbei. Der Schnee türmte sich an den Gartenzäunen, Mauern und Hauswänden teils höher, als ihre Sitzfläche in der Kutsche war. So achtete Vegeta peinlich darauf, dass sie in der Mitte der Straße blieben und steuerte das Haus an, in welchem der kleine Junge wohnte. Vor der hohen Mauer mit dem Stacheldrahtzaun angekommen, zog er die Zügel an und kaum, dass sie hielten, kläffte ein Köter. Sein kurzes Zusammenzucken blieb leider nicht unbemerkt, wie er mit einem Seitenblick zu Kakarott bemerkte, der ihn mit gerunzelter Stirn ansah.

Um davon abzulenken, band er die Zügel schnell fest und sprang aus der Kutsche. „Ich sollte dich herbringen...wir sind da.“

Das marode Gefährt knarzte, als auch Son Goku ausstieg und sich neben Vegeta stellte. Mit gefurchter Stirn musterte er die Mauer, die fast doppelt so hoch war wie er und von Stacheldraht gekrönt wurde.

„Hat das Teil auch ein Tor?“

„Da vorne.“ Vegeta zeigte um die Ecke und folgte Goku, als dieser losstapfte. An den hohen Gittertoren angekommen starrte Goku auf den Briefkasten. „Was ist jetzt? Steck dein Paket da rein, dann können wir wieder zurück.“

„Ich bin mir nicht sicher, ob das da rein geht.“

„Meine Güte! Stell dich nicht so an!“ Der Ältere trat am Größeren vorbei, nahm ihm das Päckchen ab, öffnete die quietschende Klappe und … scheiterte an der zu kleinen Öffnung.

„Hab’s doch gesagt.“

„Klappe!“ Mit gefurchter Stirn, wendete Vegeta das Päckchen, passte auch nicht, wieder anders, ebenfalls nicht, Drehung um hundertachtzig Grad, vergebens. Wütend drehte er sich zu Kakarott um. „Was zur Hölle ist da drin?“

„Ein Geschenk für den Jungen.“

„Ein…Geschenk?“ Nach ein paar Sekunden, in denen Vegeta den Größeren ungläubig angestarrte hatte, verdrehte er nur die Augen. Sowas konnte auch nur Kakarott einfallen. „Dann stellen wir das einfach hier hin und fertig.“ Er bückte sich gen Boden, doch seine Hand wurde von der Gokus gepackt und festgehalten.

„Nicht in den Schnee, da geht es kaputt.“

„Und was willst du dann damit machen? Es über die Mauer auf die Veranda werfen? Ich habe keine Lust hier die ganze Nacht zu verbringen!“

„Bist du jetzt ein Postbote, oder nicht?“

„Natürlich bin ich einer.“

„Dann stell das Paket zu.“

„Hast du keine Augen im Kopf? Du hast doch selbst gesehen, dass es nicht geht!“

„Seit wann gibst du einfach auf?“

„Seit wann ich …?“ Vegeta schnappte nach Luft, hätte Kakarott am liebsten eine geknallt … doch er musste zugeben … dass diese Frage … irgendwie … ein ganz kleines bisschen … also minimal … berechtigt war. Er hatte ja schon aufgegeben gehabt, bevor er zu Kakarott aufgebrochen war, ohne zu wissen, dass es eben der Weg zum Jüngeren war.
 

Grummelnd wandte er sich dem Tor zu, sah die Eisenstangen nach oben, die Verzierungen. Vielleicht könnte er daran hochklettern, dann ab über den Schnee zur Veranda, Paket hin und wieder zurück. Vorausgesetzt sein schwächlicher Körper machte das mit. Und wenn schon! Er würde jetzt dieses blöde Teil zustellen, Kakarott und sich selbst beweisen, dass er es konnte und endlich seinen ersten Strich auf seiner Wand machen.

Gedacht, getan. Das Paket in seine Posttasche steckend, griff er nach dem Tor, stellte einen Fuß auf etwas, das wie eine Dornenranke aussah und zog sich an dem kalten Metall nach oben. Noch eine Ranke, noch eine, die Hälfte hatte er schon, lief doch wunderbar, noch eine …

„Wah!“ Mit einem erschrockenen Ausruf rutschen seine schwächlichen Finger ab, er fühlte wie er fiel, erwartete schon fast den Aufschlag und … spürte plötzlich zwei Hände auf seinem Hintern. Blinzelnd sah er nach unten, erblickte Kakarott, der die Arme nach oben gestreckt hatte und die Handflächen gegen seinen … DENK! NICHT! DRAN! Denk einfach nicht dran! Brings hinter dich.

Kakarott mit finsterem Blick anstarrend, der die Frechheit besaß ihn nur anzugrinsen, griff Vegeta wieder nach dem Tor, zog sich das letzte Stück nach oben, kletterte vorsichtig über die spitzen Enden und ließ sich auf der anderen Seite wieder hinab. Das wäre geschafft.
 

„Siehst du, geht doch.“, grinste ihm der Jüngere entgegen, was seine Wangen dazu veranlasste rot anzulaufen und er sich genötigt sah mit einem 'Ach halt doch den Mund', sich der Veranda zuzuwenden. Der Rest sollte nun ein Kinderspiel sein. Mit sich zufrieden und ausblendend, dass der Jüngere ihm mal wieder geholfen hatte, marschierte er durch den hohen Schnee, betrat das knackende und alt aussehende Holz … und erstarrte.

Im Schatten unter dem Vordach bewegte sich etwas … etwas Großes. Zwei gelbe Augen blitzen in dem wenigen Licht auf, welches die Nacht erhellte, ein Knurren erklang, Vegeta wich zurück, der Schatten folgte ihm. Einer von seinen Füßen blieb an einem Nagel, Holzstück oder sonst was hängen und ehe er wusste, wie ihm geschah, saß er mit seinem Hintern im Schnee und das Ungetüm von Hund trat von der Veranda herunter.

Scheiße!

Das Vieh riss den Rachen auf, bellte, fletschte die Zähne, schnappte nach ihm. Vegeta rollte sich zur Seite, die Panik gab ihm Kraft, er sprang auf, stolperte, stützte sich mit den Händen im Schnee ab, kam auf die Beine, rannte los. Zähne schlugen hinter ihm zusammen, er konnte ihren Luftzug spüren und das gab ihm erneut Kraft. So schnell er konnte, rannte er durch den fast kniehohen Schnee, bis ihm klar wurde, dass vor ihm die Mauer war. Er änderte panisch die Richtung. Abermals schnappten die großen Kiefer nach ihm. Diesmal bekamen sie etwas zu fassen. Er fühlte einen Ruck, geriet ins straucheln, der Hund hatte seine Tasche erwischt. Der Träger riss und wütend schüttelte das Tier seine Beute hin und her, merkte, dass es nichts Schmackhaftes war und richtetet seinen wilden Blick auf Vegeta, der einfach nichts anderes tun konnte als dieses Hundekalb anzustarren. Eine panische Angst, wie er sie noch nie empfunden hatte, hatte einfach all seine Glieder gelähmt und er wusste, mit untrüglicher Sicherheit, dass er hier und jetzt sterben würde, zerrissen und zu Hundefutter verarbeitet.

Dampf stieg in kleinen Wölkchen bei jedem hektischen Atemzug aus seinem Mund, er robbte zurück, der Köter folgte ihm, knurrte, grollte, fixierte seine Beute. Und dann sah Vegeta nur noch die Fingerlangen Zähne auf sich zuschießen. Er schloss die Augen, wartete auf den Schmerz. Eine Sekunde … noch eine … und noch eine …

Warum passierte nichts? Warum war da kein Schmerz? Und warum tropfte ihm der Sabber von dem Vieh ins Gesicht?

Er öffnete ein Auge, gleich darauf vor Überraschung das andere. Er blinzelte. Das Bild blieb. Er starrte auf die langen, scharfen Zähne, die Zentimeter vor seinem Gesicht angehalten hatten. Und das was ihm da ins Gesicht tropfte, war kein Sabber, es war Blut … Kakarotts Blut. Der Unterarm des Jüngeren hatten den Hund kurz vor seinem Gesicht gestoppt. Auf die denkbar schmerzhafteste Art und Weise.

„Kaka...Kakarott...“

Der Jüngere verzog das Gesicht. „Schon klar, ich weiß was du sagen willst. Du hättest es auch alleine geschafft. Aber…“, und mit diesen Worten verpasste Goku dem Hund einen Schlag in die Seite, der das Tier aufjaulen und ihn loslassen ließ. „…so funktioniert das…was auch immer wir haben…einfach nicht.“
 

Vegeta sah zu, wie sich Goku erhob und zwischen ihn und den Hund trat. Er hörte ein tiefes Knurren, wusste nicht, von welchem der beiden es kam. Das Tier schritt auf und ab, als wäre es unsicher, ob es diesem Gegner gewachsen war. Kakarott machte einen drohenden Schritt auf es zu, es wich zurück, noch einen, es wich wieder zurück und in einer plötzlichen Bewegung riss er die Arme hoch.

„Rrroarrr!“ Der Köter jaulte überrascht auf und ungläubig beobachtete Vegeta, wie er winselnd das Weite suchte. Kakarott unterdessen drehte sich mit einem zufriedenen Gesicht zu ihm um … und da war sie wieder … die Hand, die er ihm entgegenstreckte. Nur war sie diesmal von seinem Blut rot gefärbt.

Wie gebannt starrte der Kleinere auf die rote Farbe, welche in den Schnee tropfte. Dann wanderten seine Augen zu Kakarotts.

„Vegeta? Alles in Ordnung? Hat er dich doch erwi-“ „Du hast recht…“, unterbrach ihn Vegeta. „…wir beide…das…funktioniert einfach nicht.“
 

Der Saiyajinprinz rollte sich zur Seite und kämpfte sich auf seine immer noch zitternden Beine zurück. Die lähmende Angst wich nur langsam und stückchenweise aus seinen Gliedern. Mit dem Rücken zu Kakarott und seinen Blick auf das düstere Haus mit den vergitterten Fenstern gerichtet, rutschte ihm dann etwas heraus, das ihn selbst überraschte. „…Danke für…die Hilfe.“

Sich den blutenden Unterarm haltend starrte Goku mit großen Augen auf die blaue Jacke vor sich. Er wollte etwas sagen, beteuern, dass er das gern getan hatte, dass er … trotz allem … allem was war … Vegeta immer zur Hilfe eilen würde. Doch er schwieg. Nur zu gut hatte ihm ihre gemeinsame Vergangenheit gelehrt, dass es manchmal besser war, einfach den Mund zu halten. Ein Lächeln konnte er sich jedoch nicht verkneifen als er an Vegetas Seite trat und ebenfalls seinen Blick auf diese dunkle Festung richtete.

„Dann…liefern wir mal das Paket ab.“

„Kannst gern…vorgehen.“
 

Nach einem prüfenden Blick auf Vegeta, ob dieser seine Worte auch ernst meinte, denn freiwillig hatte er ihm noch nie den Vortritt gelassen, stellte er fest, dass sich der Ältere mit finsterem Blick aufmerksam umsah. Scheinbar ging er nicht davon aus, dass die Gefahr durch den Hund schon gebannt war. Sich erneut ermahnend nichts zu sagen, stapfte Goku los und vernahm zufrieden die zögerlichen, knirschenden Schritte Vegetas hinter sich.

„Warte.“, flüsterte der Saiyajinprinz schon nach kurzer Zeit und als sich der Größere zu ihm drehte, huschte Vegeta bereits zu seiner Posttasche, die noch im Schnee lag, schnappte sie sich und eilte zurück zu Kakarott, der ihn … anstarrte.

„Was ist? Geh weiter!“, fauchte der Prinz, die Tasche fest gegen seinen Oberkörper gepresst als könne sie ihn vor einer neuerlichen Attacke schützen. Schmunzelnd wandte sich Goku wieder der Veranda zu. Doch mit einem Mal verging ihm das Lächeln, als ihm klar wurde, dass … dass Vegeta tatsächlich ängstlich ausgesehen hatte. Der Prinz hatte noch niemals, zumindest nicht in seiner Gegenwart, ängstlich ausgesehen. Gokus eigene Erinnerung an dieses lähmende Gefühl kehrte zurück. Die Angst vor dem Ertrinken. Die Angst vor dieser Frau in Aschenputtel … und dem befreienden Gefühl als Vegeta zu seiner Rettung geeilt war. Ob … ob sich Vegeta auch so gefühlt hatte, als er sich zwischen ihn und den Hund geworfen hatte? Er sah allerdings nicht so aus, als wäre er erleichtert. Aber … er hatte sich bei ihm bedankt, also ...

„Jetzt mach schon!“, drängte ihn Vegeta und unterbrach damit seine Gedanken.

„Oh...ja...“ Sich über den Hinterkopf reibend stiefelte Goku weiter auf die Terrasse zu.
 

Kaum hatte der Prinz das tatsächlich heil gebliebene Paket abgestellt und Goku die Zeichnung des Jungen darunter abgelegt, wollte Vegeta schon kehrt machen und abhauen, wurde allerdings vom Größeren zurückgehalten.

„Was ist denn noch? Das Paket ist da, also lass uns von hier verschwinden!“, zischte er sichtlich angespannt.

„Ich will nur sichergehen.“

„Sicher-? Ernsthaft?!“

„Ja, psst.“ Ohne eine weitere Reaktion abzuwarten, klingelte Goku einfach an der Tür. Den gleich darauffolgenden Protest Vegetas ignorierend schnappte er ihn am Arm und zerrte ihn um die nächste Hausecke, wo er den Prinzen gegen die Wand nagelte und ihm den Mund zuhielt. „Ich will nur sichergehen, dass der Junge das Geschenk auch bekommt…“, flüsterte Goku. „Sonst wäre doch alles umsonst gewesen.“ Den vollkommen entsetzten Blick Vegetas gar nicht wahrnehmend, mit dem dieser zu ihm hoch ah, spähte der Größere um die Ecke.

Die Panik, dass durch das Läuten der Glocke der Köter wieder auf sie aufmerksam werden würde, legte sich in Vegeta. Allerdings war er doch recht pikiert … nein, das war nicht das richtige Wort … er war vielmehr stocksauer, dass es Goku so dermaßen leichtfiel, ihn einfach mitzuschleppen und dann auch noch gegen die Wand zu drücken. Wie … wie konnte er es wagen …?! Moment, war da ein Knurren gewesen? Während dieser Idiot immer noch um die Ecke schaute, und die Versuche Vegetas sich loszumachen gar nicht bemerkte, brach sich in der Dunkelheit hinter Kakarott das Licht, welches im Haus angegangen war. Reflexartig griffen seine Finger nach dem roten Mantel des Größeren um Schutz an dieser unüberwindbaren, muskulösen, lebenden Mauer zu finden, die zwischen ihm und dem sicheren Tod stand … oder zumindest sehr schmerzhaften Wunden.

„Schau mal Vegeta, ich glaube der Junge kommt.“, flüsterte Goku leise und sah zu Vegeta, der irgendetwas hinter ihm anstarrte. Er spürte wie sehr der Körper des Prinzen zitterte, wie heftig er atmete und wie nah er ihm eigentlich war.

Und erst in diesem Moment wurde ihm das tiefe Grollen gewahr, welches schon die ganze Zeit die Luft zum Vibrieren brachte. Schnell nahm er die Hand von Vegetas Mund, drehte seinen Oberkörper dem Hund entgegen, fixierte die in der Dunkelheit schimmernden, gelben Augen mit finsterem Blick bis jene wieder das Weite suchten. Es war als hätte seine bloße Körperausstrahlung das Vieh gewarnt und ihm unmissverständlich klar gemacht, wer von den beiden das stärkere Tier war. Als sich Goku wieder Vegeta zuwandte, sah er auch, dass er ihm den Mund mit seiner blutverschmierten Hand zugehalten hatte.

„Oh…sorry.“, flüsterte er ihm schuldbewusst entgegen und ohne nachzudenken begann er das Blut mit seinem Daumen von Vegetas Wange und seinen Lippen zu wischen.
 

Vegeta indes rührte sich nicht. Starrte den Größeren unentwegt an, während sich die kleinen, weißen Dampfwölkchen aus ihren Mündern bei jedem ihrer Atemzüge vermischten. Der Moment dauerte an. Dauerte einige Herzschläge bis Vegeta die momentane Situation zwischen ihnen beiden realisierte. Die Nähe. Kakarott, den er wie eine Schutzmauer an sich gezogen hatte. Diese unkontrollierbare Angst, die … die ihn dazu verleitet hatte, diese … diese … Schwäche so offenkundig zu zeigen. Und das vor … vor – verdammt, was tat Kakarott da überhaupt?! Fast schon panisch ließ Vegeta von dem Größeren ab, drehte seinen Kopf weg und wollte aus der sicheren Zone zwischen Gokus Körper und der Hauswand fliehen. Seine zitternden Beine hatten jedoch einen anderen Plan. Sie knickten einfach unter ihm weg. Wären Kakarotts starke Arme in diesem Moment nicht gewesen, er hätte abermals Bekanntschaft mit dem klirrend kalten Schnee gemacht.

Da hing er also … ER!, in den Armen seines ärgsten Rivalen und war nicht mal in der Lage auf seinen eigenen Beinen zu stehen. Das war lächerlich! LÄCH-ER-LICH!!!

Dass sein Herz schneller Schlug, dass sein Atem heftiger ging, über all das verbot er sich nachzudenken, als Kakarott, Gott sei Dank kommentarlos!, ihm wieder auf die Beine half. Dass sein Herz zuvor schon einmal einen Aussetzer gehabt hatte, als Kakarott versuchte das Blut aus seinem Gesicht und von seinen Lippen zu wischen, DARÜBER verbot er sich überhaupt jeglichen Gedanken …

Um von diesem ganzen Mist abzulenken, zog er sich seine blaue Jacke gerade, schulterte seine Tasche und straffte seine Figur. Mit tief ins Gesicht gezogenen Brauen, wendete er sich zu dem Jüngeren um.

„Wenn du dann genug … sicher gegangen bist … können wir diesen scheiß Hof ja verlassen, oder?“

„Schon…?“

„Willst du warten bis der Köter zurückkommt, oder was?!“

„Nein ...“

„Aber?“

„Aber nichts.“

„Da war aber ein aber!“

„Nein.“

„Kakarott ...“

„Ja?“

„Spucks aus!“ Son Goku verschränkte grummelnd die Arme. „Also …?“

„Ich würde gerne sehen wie der Junge das Paket aufmacht.“

„Warum?“

„Weil…es mich einfach interessiert.“

„Was zur Hölle ist in diesem scheiß Paket drin, dass es so wichtig ist, dass du das sehen willst?!“

Goku zögerte.

Vegeta hob eine Braue.

Goku brummte. „... ein Spielzeug.“

Vegetas Kinnlade klappte nach unten. „Spielzeug … Spielzeug … ein SPIELZEUG!? Wir fahren diese ganze beschissene Aktion wegen einem Spielzeug?!“

„Immerhin konntest du ein Paket zustellen ...“, verteidigte sich der Größere.

„Das ist doch jetzt vollkommen unwichtig, ob ich ein Paket ...“ Vegeta verstummte. Dachte nach.

Kakarott hatte recht.

Kakarott … hatte … tatsächlich … recht …

Oh Gott, morgen ging mit Sicherheit die Welt unter! Sich sicher seiend, dass dies ein Traum war und er jeden Moment aufwachen würde, weil Kakarott KONNTE einfach NICHT recht haben, rieb sich Vegeta über das Gesicht.

In diesem Moment ging im Zimmer, zu dessen Nähe sie standen, das Licht an und Son Goku konnte Vegeta gerade noch packen und aus dem Lichtkegel ziehen.

„Ich glaube wir sollten doch besser gehen.“, flüsterte der Jüngere leise.

„Ach…jetzt plötzlich?“, fragte Vegeta spitz.

„Schätze, das ist besser.“

„Schätze ich auch.“, äffte er Gokus Tonfall nach und erntete einen beleidigten Blick. Ja, definitiv … die Welt war am Arsch, sie waren sogar schon einer Meinung …
 

So leise sie konnten und sich in den Schatten nach dem Hund umsehend, wollten sie davonschleichen, als Vegeta plötzlich merkte, dass er alleine war. Den Kopf drehend, erblickte er Kakarotts Gestalt im Schatten des Hauses, wie dieser nun doch durch das Fenster spähte. Okay, alles klar, Vegeta nahm alles zurück, die Welt würde weiter existieren, sie waren wohl doch nicht einer Meinung gewesen … zumindest nicht lange.

Wütend, weil er die Angst vor dem Hund im Nacken spürte, da er nicht mehr in Kakarotts Nähe war, stapfte er zurück und tippte den Größeren an.

„Verdammt nochmal! Weißt du langsam mal was du willst? Erst zurück, jetzt doch nicht ...“ Sein Satz brach ab, als Goku ihn einfach an den Armen packte und vor sich zog. Abermals waren sie sich so penetrant nah. Er spürte den Jüngeren hinter sich, seine großen Hände, die auf seine Oberarme drückten und den Atem, der durch seine Haare strich und ihm ein Frösteln bescherte. Bereit zu einem weiteren Ausbruch, der diesen Idioten endlich davon überzeugen sollte, dass es besser war früher als später zu verschwinden, drehte er den Kopf … und hielt inne.

Da war dieser Junge. Dieser kleine, schwarzhaarige, traurige Junge, der ihn vor einiger Zeit um sein Bild gebeten hatte. Er saß auf dem Boden, umringt von einigen Kerzen und einem langsam höherschlagenden Kaminfeuer. Zu seinen Füßen war das Bild, auf dem man deutlich den nach unten gekrümmten Strich, welcher den Mund des Jungen darstellen sollte und die Träne unter dessen Auge sah. Aber da war auch das reale Gesicht des jungen, vorfreudig, neugierig, gespannt, wie es Lage um Lage des braunen Papiers abzog, mit dem Kakarotts Paket eingeschlagen war. Zum Vorschein kam ein bunter, hölzerner Frosch, mit einer Schnur zum Aufziehen.

Vegeta blinzelte … was war das den für ein ultralangweiliges Teil? Das sollte ein Spielzeug sein? Das taugte doch gerade mal zum Feuer anzünden. Irritiert sah er zu Kakarott hoch, wollte fragen, ob das sein Ernst war, doch wieder konnte er diese Worte nicht über die Lippen bringen. Kakarotts Gesicht strahlte in diesem Moment mindestens genauso sehr, wie das Gesicht des Jungen, der lachend und kichernd hinter dem hüpfenden Frosch hersprang. Das Ganze hatte etwas … ja … fast schon Magisches an sich und obwohl Vegeta jede Wette einging, dass der Frosch gleich ins Kaminfeuern hüpfen würde, denn etwas anderes konnte in dieser trostlosen Stadt gar nicht passieren, fühlte er Wärme in sich aufsteigen. Einfach, weil es ein schönes Gefühl war, andere glücklich zu machen. Der Frosch sprang in ihre Richtung, Vegeta duckte sich unter das Fenster, damit sie nicht gesehen wurden, bemerkte zu spät, dass Kakarott noch stand, dass sein Lächeln breiter wurde, er die Hand hob und winkte. Zu spät zog Vegeta ihn nach unten. Bestimmt hatte der Junge ihn nun gesehen und würde nun zu seinem Vater mit den Hunden rennen.
 

Schnell machten sie sich zur Mauer auf, Goku half Vegeta wieder darüber und stumm hatte der Saiyajinprinz die Zügel von Ponykakarott genommen und war in Richtung des Postamtes davon gegangen. Die Stimmung, in der sie sich befanden, war merkwürdig. Er fühlte noch diesen Frieden, dieses Glücksgefühl in seiner Brust und war sich nicht sicher, ob er das mochte, so fremd war es ihm vorgekommen. Der Jüngere war ihm gefolgt, war in einigen Abstand neben ihm hergegangen und kaum hatte Vegeta das Zugtier von der Kutsche befreit und es in seinen kleinen Verschlag neben dem Amt geführt, konnte sich keiner der beiden mehr zurückhalten.
 

„Vegeta…“, „Kakarott…“, kam es gleichzeitig von ihnen als sie nebeneinander vor dem Postamt standen. Goku musste lachen und Vegeta verschränkte seine Arme und wandte sich mit einem leisen Zischen zur Seite.

„Ähm…du kannst ruhig anfangen.“, wollte Goku dem Älteren den Vortritt gewähren.

„Vergiss es…was wolltest du sagen?“

„Naja…“ Der Größere der beiden Saiyajins kratzte sich etwas unbeholfen im Nacken. „…wir sind jetzt schon einige Wochen hier und…bis jetzt ist nicht wirklich viel passiert, zumindest bei mir nicht…und so langsam…sollten wir vielleicht überlegen, was es hier zu tun gibt. Schon klar…du musst Briefe sammeln oder so…aber…denkst du, dass das der Sinn in diesem Märchen ist?“

„Keine Ahnung. Warum muss immer ich wissen, was zu tun ist?“, erwiderte Vegeta genervt. Er wusste es doch wirklich nicht. Er verkörperte einen Postboten, ja, und zu Beginn der Geschichte wurde er von seinem ‚Vater‘ hierher verbannt, um das zu tun, was Postboten eben so taten. Warum allerdings Kakarott ein Holzfäller im nördlichsten Bereich der Insel war und was das alles mit diesem ‚Klaus‘ zu tun hatte, wie dieses Märchen hier eben hieß, DAS erschloss sich ihm nicht im geringsten.

„Ich wollte doch nur wissen, ob du eine Idee hast…schon…schon vergessen? Du hast doch…immer recht, oder nicht?“

Überrascht blickte Vegeta zu seinem Artgenossen. Hatte Kakarott das gerade wirklich gesagt?

„Selbst im Feuerzeug…auch da hast du etwas gesehen, was ich nicht…naja…erkannt habe. Und…das musst selbst du zugeben…wir sind da ziemlich…ähm…eskaliert. Keine Ahnung, ob es so hat laufen müssen, oder ob wir die Geschichte verändert haben…aber, dass ich dich zum Tode verurteilt hab und du mich dann getötet hast, das…“ Goku wandte sich mit seinem ganzen Körper dem Älteren zu. „…das darf so einfach nicht mehr passieren. Ob du es nun willst oder nicht…wir MÜSSEN irgendwie zusammenarbeiten. Und wenn es nur deswegen ist, damit wir aus Angeama rauskommen. Damit du Bulma und ich Chichi wiedersehen können. Und unsere Kinder und unsere Freunde. Wir sind jetzt schon über ein Jahr hier drin, wenn das so weiter geht…wenn wir uns nicht zumindest ein bisschen zusammen raufen, dann…“

„…könnten wir für immer hier drin feststecken.“, beendete Vegeta den Gedanken seines Rivalen. Ja … daran hatte er auch schon gedacht und dass tatsächlich auch Kakarott darüber nachdachte … machte es nur umso realer. Und schon wieder … schon wieder hatte dieser Idiot recht. Willkommen am Ende der Welt.
 

„Ja…also…was hältst du davon…wenn wir…zumindest jetzt…Frieden schließen?“

Goku streckte dem Älteren seine blutige Hand entgegen zum Zeichen, dass es ihm ernst war. Dass er wirklich vorhatte, Vegeta die Sache im Feuerzeug nachzusehen. Dass er bereit war, es einfach hinter sich zu lassen. Neu anzufangen. Mit ihm … zusammen zu arbeiten.

Misstrauisch, skeptisch und widerwillig starrte Vegeta auf Gokus Hand. Wie oft … wie OFT konnte Kakarott ihm in diesem Märchen noch entgegenkommen? Ihm trotz ALLEM, was unausgesprochen zwischen ihnen lag, immer noch einfach … einfach was? Ihm vertrauen? An ihn glauben? Ihn … mögen? Was für schwachsinnige Gedanken. Kakarott schien doch einfach auch nur endlich zur Vernunft zu kommen. Zu erkennen, dass es keinen Sinn machte, weiter auf irgendetwas herumzureiten. Eingeschnappt zu sein oder … was auch immer. Vielleicht schwammen sie ja endlich mal auf derselben Wellenlänge. Sie wollten schließlich beide hier raus. Jedenfalls hatte Vegeta zum ersten Mal das Gefühl, dass es der Jüngere wollte, denn so euphorisch wie er sich in das erste Märchen gestürzt hatte, hätte man auch glauben können, dass er … Spaß an all dem hatte …

„Schön. Frieden.“

Vegeta schlug ein und nach einem kräftigen Händedruck, begann Goku zu lächeln. „Klasse. Und jetzt?“

„Jetzt…geh ich schlafen.“

„Was?“

„Schlafen.“

„Und…ich?“

„Du gehst in dein Haus.“

„Und…dann?“

„GEH EINFACH!“

„Ja, aber…“

„Nichts, aber! Ich werd nachdenken und morgen…komm ich wieder zu dir.“

„Oh…okay…aber…wäre es dann nicht besser ich bleib gleich hier bei dir?“

„Nein!“ Es klang etwas zu hoch dieses ‚Nein‘, doch Vegeta hatte sofort das Bild vor Augen gehabt, dass er letzte Nacht bei … bei … also nein. Einfach NEIN. Er würde nicht schon wieder mit Kakarott das Bett teilen. NIE WIEDER! „Verdammt…hattest du nicht eben noch zugegeben, dass ich immer recht hab? Also geh einfach!“

Goku verzog eingeschnappt das Gesicht. „Ja, schon gut. Dann…sehen wir uns morgen?“

„Sagte ich doch.“
 

Der Morgen kam und Vegeta zog seine Füße tiefer in das Nest aus Decken, welches er in einer Ecke des Postamtes errichtet hatte, wo es nicht so zügig war. Aber es half nichts, in diesem scheiß Haus waren mehr Löcher als in dem Käse, den Bulma so gerne aß. Er drehte sich auf den Rücken, dachte an die vergangene Nacht, sah durch das Loch in der Decke, dass es noch früh war und dass es schneite. Seine Augen verfolgten eine der weißen Flocken, wie sie auf ihn zugesegelt kam und schließlich auf seiner Nasenspitze landete, schmolz, verging, verschwand. Eigenartig … wie vergänglich manche Dinge doch waren und wie … ein überaus lautes und nervendes Hämmern unterbrach seine philosophischen Gedanken. Das Hämmern wurde lauter, beständiger, setzte ab, begann von vorne.

„Was zur Hölle...?!“ Dieser Art aus dem Frieden des Morgens gerissen, schlug Vegeta die Decken zur Seite, fröstelte und stapfte zu seiner Postamttür. „Wer nervt so früh am ...“ Der Rest des Satzes ging mit seiner herabfallenden Kinnlade unter, als der Saiyajinprinz einen Schritt unter das marode Vordach gemacht hatte, einige Schritte zu seiner Linken eine Leiter stehen sah und darauf einen fröhlichen Kakarott, mit Nägeln zwischen den Lippen, einem Hammer in der Hand und zwei Brettern unterm Arm. Als er Vegeta sah, grüßte er ihn mit einem Lächeln und Heben des Werkzeugs, setzte das nächste Brett an, nagelte es fest und verfuhr so auch mit dem Nächsten. Als er den letzten Nagel von seinen Lippen nahm und ansetzte, konnte er auch endlich erklären, was diese frühmorgendliche Ruhestörung sollte.

„Morgen Vegeta.“

„Morgen ...“, antwortetet der Saiyajinprinz noch total perplex von diesem Anblick, erholte sich dann aber. „Was zur Hölle machst du da?! Sagte ich nicht, du sollst zu deiner Berghütte gehen und ich komme dann zu dir?“

„Ja, aber mir ist gestern aufgefallen, dass dein Vordach ziemlich schlimm aussieht. Das bricht dir bei mehr Schneelast noch ein und da ich so viel Holz in der Scheune habe, dachte ich, ich reparier dir das.“ Mit wuchtigen Schlägen trieb er den letzten Nagel ins Holz und begutachtetet sein Werk. „Vielleicht können wir auch mit deiner Kutsche noch mehr Holz holen und ich kann den Rest von deinem Postamt reparieren. Das sieht nicht so aus, als wäre es da drin sehr warm.“ Mit einem breiten Grinsen sah der Größere zu Vegeta hinunter, der skeptischen Blickes nähergekommen war.

„Und du bist sicher...dass es jetzt nicht erst recht zusammenbricht, nachdem du daran herum gearbeitet hast?“ Die versteckte Beleidigung entging Goku völlig. Er sah erst etwas skeptisch auf seine Arbeit, dann breit grinsend zurück zum Älteren.

„Ach quatsch, das hält. Siehst du?“ Um seine Worte zu verdeutlichen schlug er ein paar Mal mit seiner Hand dagegen. Die Vibration reichte, um etwas Schnee zu lösen, der ins Rutschen kam und dem Saiyajinprinzen direkt auf den Kopf fiel. „Ups...“

Zwei nicht sonderlich amüsierte, schwarze Augen und ein zu einem schmalen Strich zusammen gepresster Mund, gepaart mit zwei zitternden Fäusten, sahen Goku aus dem recht großen Schneehaufen an. Durch die vor Wut zitternden Bewegungen wurde auch eine schwarze Haarspitze unter dem Weiß sichtbar und ragte wie ein warnender Finger aus dem Schnee empor.

„Kakarott...“, noch mehr Schnee rieselte zu Boden, mehr Haare, mehr Gesicht, mehr Vegeta …

„Das war ein Versehen!“ Goku stieg hastig von der Leiter, klopfte den restlichen Schnee vom Älteren und rieb sich dann entschuldigend grinsend über den Hinterkopf, den Blick zurück zu dem Loch im Vordach wendend. „Vielleicht sollte ich das als nächstes reparieren?“, bot er an. Zwei Hände schossen zu seinem Kragen, zerrten ihn nach unten, auf Vegetas Augenhöhe.

„Gestern Abend!“, fauchte der Kleinere. „Gestern Abend noch haben wir besprochen, dass ich meistens recht habe und ich habe dir gesagt, dass du zu deinem Haus gehen und dort auf mich warten sollst! Warum hörst du nie auf mich?! Warum?“, es klang schon fast verzweifelt.

„Ähm, na weil...weil ich dachte...“

„Hör auf zu denken!“, schrie Vegeta nun wirklich verzweifelt und rüttelte am Kragen des roten Mantels. „Hör einfach auf zu...“

„Entschuldigung.“, ertönte eine leise Stimme und beide Köpfe drehten sich zu der Stimme. Da stand ein kleines Mädchen, vielleicht sieben, oder acht Jahre alt, mit braunen Zöpfen und einem dicken Schal um den Hals, den sie bis zur Nase hochgezogen hatten. Hinter ihr versteckten sich zwei jüngere Mädchen, die ihr ähnlich sahen und an ihr vorbei linsten. „En...en...entschuldigung“, wiederholte die Kleine nochmal und sah unsicher von Vegeta zu Goku und zurück. „Aber Sie sind doch der Postbote, oder?“ Vegetas Augen wanderten zu Goku, Goku sah zu Vegeta, beide zurück.

„Jaaaa...?“, sagte der Prinz zögerlich, ohne Kakarotts Kragen loszulassen und sie beobachteten das Mädchen dabei, wie sie in einer Tasche ihres viel zu großen Mantels grub und drei Briefe hervorholte.

„Also die … die sind für Herrn Klaus.“

„Vegeta“, flüsterte Goku sofort zur Seite. „So heißt doch das Märchen, oder?“

„Schnauze!“, zischte der Prinz zurück und ließ Gokus Mantel endlich los. Er ging auf die Mädchen zu, die ein wenig verängstigt einen Schritt zurück machten und ihm, mit dem ausgestreckten Arm, zitternd die Briefe hinhielten. Vegeta nahm sie, auf allen drei Umschlägen stand in krakeliger Schrift 'Klaus', mehr nicht. Na toll, wie sollte er den denn ohne Adresse finden? Die Stirn finster runzelnd, weil er schon gedacht hatte, sie hätten nun die Lösung des Märchens, starrte er auf die Umschläge. Diesen finsteren Gesichtsausdruck falsch deutend, erschrak das älteste Mädchen, kramte hektisch noch einmal in ihrer Tasche und hielt Vegeta dann auch drei Penny entgegen.

„H...hier...hier Herr Postbote. Mein Cousin hat gesagt, ein Penny pro Brief für das Porto. Kein Penny, kein Brief.“ Vegeta nahm sie entgegen und besah sich beides stirnrunzelnd. Er war seit Wochen, Monaten hier … und nicht ein Brief, nicht eine Spur von diesem Klaus. Warum also jetzt auf einmal beides?

„Warum habt ihr diese Briefe geschrieben?“ Die Mädchen tuschelten.

„Mein Cousin hat gesagt … wenn man Herrn Klaus einen Brief schreibt“, die Mädchen sahen zu Goku. „Dann bringt er einem Spielzeug.“
 

Gaaaaanz langsam drehte sich Vegeta zu Kakarott um, dann wieder zu den Mädchen, die verlegen und mit den Füßen im Schnee scharrend vor ihm standen.

„Stimmt das Herr Klaus?“, piepste plötzlich die Kleinste hinter dem größeren Mädchen hervor. „Bekommen wir neues Spielzeug von Ihnen, wenn wir Briefe an sie schreiben?“ Goku sah etwas ratlos zu Vegeta, wusste nicht was er sagen sollte, wollte nichts falsch machen. Die Mädchen machten ein enttäuschtes Gesicht. Vegeta starrte auf die Briefe, die Pennys, zurück zu Kakarott, Briefe, Pennys, zurück zu Kakarott, Briefe, Pennys …

„Ja, es stimmt.“, hörte er sich sagen, während in seinem Kopf ein Gedanke den nächsten jagte. „Wenn ihr Briefe an ihn schreibt und das Porto bezahlt, dann bringt er euch Spielzeug. Aber nur, wenn ihr lieb seid und auch nur, wenn ihr die Briefe von der Post überbringen lasst. Anders funktioniert es nicht.“ Die Gesichter der Mädchen hellten sich auf, mit einem Mal schien die Angst vergessen zu sein und sie sahen sich mit freudestrahlenden Augen an, hüpften aufgeregt hin und her, packten sich bei den Händen.

„Vegeta“, Goku zupfte am Ärmel des Älteren. „Pst Vegeta, was machst du denn da?“ Der Saiyajinprinz drehte sich mit einem breiten Lächeln um, das irgendwie gleichzeitig bösartig und freundlich wirkte. „Ich beende dieses Märchen, Herr Klaus.“
 

„Was überlegt du, Vegeta?“

„Das fragst du noch? Schau dir diese Festung doch an, Kakarott! Überall Bärenfallen, keine Ahnung, was diese Speere da an der Hausmauer anrichten, wenn man denen zu nahekommt und was unter diesen riesigen Schneehaufen versteckt ist, will ich gar nicht wissen…“

„Mmmh…ja, wo du recht hast…“
 

Ein Grinsen huschte über Vegetas Lippen. Kakarotts Zugeständnis, dass er mit vielen Dingen recht hatte, war dem Jüngeren viele Male in den letzten Wochen herausgerutscht, auch wenn es dem Prinzen bei Weitem nicht oft genug war. Es hatte für seinen Geschmack viel zu lange gedauert, Kakarott von seinem Plan zu überzeugen, denn, wie hätte es auch anders sein sollen, dieser hatte sich anfangs dagegen gesträubt, den Kindern dieser Stadt nur gegen Schreiben eines Briefes, und selbstverständlich Bezahlung der Portogebühr, Geschenke zu bringen. Kakarott hätte den Kindern auch einfach so all das Spielzeug aus seinem Haus gegeben, dann wären sie aber wohl kein Stück weiter gekommen in diesem Märchen. Dieser verdammte, gutmütige Idiot … und bei Gott, Kinder lieben Spielzeug! Sein Plan war voll aufgegangen …

Denn kaum hatten sie den drei Kindern, die am Tag nach ihrer ersten Paketzustellung beim Postamt aufgetaucht waren, Spielzeuge gebracht, hatte sich dieses ominöse Gerücht, man bekäme Spielsachen geschenkt, wenn man Klaus einen Brief schrieb, wie ein Lauffeuer unter den jungen Bewohnern von Zwietrachtingen verbreitet. Schon am nächsten Tag waren es um die fünf Kinder, die vor Vegetas Tür erschienen waren, um ihre Wünsche an Klaus heranzutragen. Am Tag danach und der zuvor recht turbulenten Nacht – in der Vegeta Kakarott erst von seiner Idee erzählt und ihn dann gefühlte Stunden davon hatte überzeugen müssen – hatten sie alles daran gesetzt, den Kindern ungesehen vor den viel zu neugierigen Blicke der Zwietrachtinger, das Spielzeug in deren Häusern zu bringen. Danach waren tatsächlich noch mehr Kinder vor dem Postamt gestanden, hatten Vegeta aus dem zu kurzen Schlaf gerissen und mit ihren Briefen vor seiner Nase gewedelt. So weit so gut also. Endlich … ENDLICH schienen sie also in dieser Geschichte voranzukommen!
 

Sehr schnell hatten sich jedoch zwei wesentliche Probleme herauskristallisiert. Erstens … nicht alle Kinder schienen des Schreibens mächtig zu sein, ein kleines, blondes Mädchen konnte nicht einmal ihre Sprache … und Zweitens … ihr Treiben blieb nicht unbeobachtet, was den beiden Saiyajins jedoch erst später auffallen sollte.

Auf die Lösung des ersten Problems kam Vegeta während eines ihrer nächtlichen Ausflüge, als sie in der Kutsche, vollgeladen mit Geschenken, an dem Fischladen vorbeikamen. Dem Fischladen, der einst eine Schule gewesen war. Dies im Hinterkopf behaltend stattete Vegeta der Fischverkäuferin am nächsten Tag einen Besuch ab, doch sie schmetterte seinen Vorschlag einfach ab, wieder der Tätigkeit der Lehrerin nachzugehen. Ihr Temperament schien dem Bulmas in nichts nachzustehen und so zog der Saiyajin grummelnd ab.

Doch das Problem löste sich von selbst, denn die Kinder, die tagein, tagaus vor dem Postamt auftauchten, hingen an jedem noch so mürrischen Wort, das Vegeta ihnen entgegenschleuderte. So hatten sie auch seinen eigentlich nur so dahingemurmelten Satz ‚Wer von euch nicht schreiben kann, soll abhauen oder verdammt nochmal zur Schule gehen‘ wortwörtlich genommen, denn am nächsten Tag waren diese Kinder im Fischladen aufgetaucht und hatten diesen erst verlassen, als Alva, die Lehrerin, ihnen zumindest den ersten Buchstaben des Alphabets beigebracht hatte. Danach waren sie jeden Tag bei ihr erschienen und es hatte nicht lange gedauert, da waren sie immer mehr geworden, ungeachtet dessen, ob sie nun zu den Grobners oder Ellbogners gehörten, bis sich der Fischladen nach und nach tatsächlich in ein Klassenzimmer verwandelte.
 

Aber noch etwas von Vegetas Worten war bei den Kindern hängen geblieben, denn als eines Tages ein überaus schlecht erzogener Junge bei ihm aufgetaucht war, sein Amt mit Schneebällen beworfen und einige Briefe der anderen Kinder zerrissen hatte, war Vegeta auf ihn zugestürmt, hatte ihn am Kragen gepackt und ihm mit tiefer, bedrohlicher Stimme zugeflüstert: „Du solltest dich in Acht nehmen, denn ich werde Klaus von dir erzählen. Dann kommst du auf seine Liste der unartigen Kinder und glaub mir…DAS willst du nicht. Also solltest du JEMALS etwas von ihm bekommen wollen, solltest du zusehen, dass du in seinem Ansehen wieder steigst. Am besten zu fängst damit an, dich hier erst wieder blicken zu lassen, wenn du ein artiger…ARTIGER Junge geworden bist!“

Vor lauter Panik war der Kleine davongelaufen und Vegeta hatte ihm nur noch, sich ein Lachen verkneifend, hinterhergesehen.

Auch diese ‚Neuigkeiten‘ verbreiteten sich schneller, als Vegeta das gedacht hatte. Nicht nur, dass die Kinder der Grobners und Ellbognars die Schulbank drückten, nein, sie begannen auch dort zu helfen, wo sie vorher Streiche gespielt hatten. Erst bei ihrer eigenen Familie, dann bei anderen und plötzlich war da keine Grenze mehr zwischen Ellbogners und Grobnars. Das waren nicht mehr DIE anderen, das waren Kinder mit denen man Spaß hatte und spielen konnte. Anstatt die Beeren zu klauen, wurden sie gepflückt und vor die Tür gestellt, denn der Postbote hatte ja gesagt, das nette Kinder schneller Spielzeug bekamen.

Bei den Erwachsenen dauerte es länger, doch auch hier machte sich nach und nach eine Veränderung bemerkbar. Immerhin konnte man nicht zulassen, dass die Kinder der anderen einem die Arbeit des Beeren Pflückens abnahmen. Und so brachte man ein Glas Marmelade aus den gepflückten Beeren zum Nachbarhaus. Solch ein irritierendes Geschenk, denn die Erwachsenen wussten ja nichts von dem Tun ihrer Kinder, konnte man natürlich nicht auf sich sitzen lassen, also wurde aus der Marmelade Kuchen gebacken, welchen man prompt zurück brachte. Doch so viel Kuchen konnte man gar nicht alleine essen, also … lud man kurzerhand den Nachbarn auf eine Tasse Tee mit Kuchen ein. Und so … begann sich auch das Verhältnis der Erwachsenen zu ändern. Langsam. Schleichend. Unbemerkt. Aber unaufhaltsam.

All das war in nur wenigen Wochen vonstatten gegangen und in dieser Zeit hatte Vegeta tatsächlich Striche auf seiner 5000er-Markierung machen können … und nicht gerade wenige!
 

Nun also stand er mitten in der Nacht mit dem letzten Paket für die heutige Spielzeugzustellung neben Kakarott und hatte absolut keinen Plan, wie er in dieses, wie eine Festung angelegte Haus, eindringen konnte.

„Ich…glaub ich hab ne Idee.“, kam es plötzlich von Goku, womit er Vegeta von seinen Gedanken und Überlegung losriss.

„Ach ja? Und zwar?“

„Siehst du den Schornstein da oben?“

Der Saiyajinprinz ließ seinen Blick zum Dach des Gebäudes wandern. „Ja? Und?“

„Wenn wir dich da rauf bekommen, kannst du durch den Kamin ins Haus.“

„Ich soll…was?“

„Na durch den Schornstein ins Haus klettern.“

„Spinnst du?!“

„Scheint aber der einzige Weg zu sein.“

„Gibt sicher noch nen anderen.“

„Siehst du einen?“

Grummeln.

„Vegeta?“

Grummeln.

„Vegeta ...“

„Ja doch!“

„Also du hast nen anderen Weg?“

„Nein!“

„Aber du hast doch...“

„Ja doch, der Schornstein!“

„Oh...“

„Sonst noch irgendwelche bescheuerten Ideen?“

„Äh...“

„Spucks aus!“

„Also...wenn du da drin was zu Essen findest, könntest du es mitbringen? Ich hab echt Hunger...“

Vegeta sah Kakarott an, als hätte der nicht mehr alle Latten am Zaun. „Echt jetzt?!“

„Du hast gefragt...“, schmollte Goku und Vegeta seufzte genervt, dabei ließ er seine Augen über den hohen Zaun wandern, das Haus, die Fallen …

„Und wie genau willst du mich aufs Dach bringen?“

„Ich glaube da hinten, siehst du den Schuppen…da könntest du drauf klettern.“

„Dann hin.“

Gemeinsam schlichen sie an dem hohen Zaun entlang, bis sie an der Rückwand des Schuppens standen und sich dem Problem gegenübersahen, dass dieser aus der Nähe sehr viel höher war, als er aus der Distanz gewirkt hatte.

„Na super.“, maulte der Ältere.

„Ist doch kein Problem.“

„Ich komme da aber nicht hoch!“

Goku grinste breit. „Alleine vielleicht nicht...“ Und ehe sich der Prinz versah, hatte Kakarott ihn an den Hüften gepackt und ihn sich auf die Schultern gesetzt als wöge er nichts. Den kurzen Anflug von Neid in sich unterdrückend, starrte er finster zwischen seine Beine und direkt in das breite und schelmische Grinsen des Jüngeren, der zu ihm hochsah.

„Wenn du jetzt auf meine Schultern steigst, dann müsstest du dran kommen.“

Mit finsterem Blick über sich die Kante musternd, fluchte Vegeta, beschwerte sich darüber, dass es mit Fliegen viel leichter gehen würde und arbeitete sich an der Hauswand so nach oben, sodass er schließlich auf Kakarotts Schultern stand. Der stützte ihn an den Knöcheln, was Vegeta einfach nur als peinlich empfand und griff nach der Kante. Er erreichte sie nicht.

„Das darf doch nicht...“, fluchend stellte er sich auf die Zehenspitzen. Immer noch war die Kante ein gutes Stück über seinen Fingern.

„Vegeta?“

„Was?!“, fauchte er ohne nach unten zu sehen.

„Nicht böse werden, okay?“

„Warum sollte i...jahhhhhhhhh!“ Mit einem lauten Schrei der Überraschung, Kakarott hatte ihn einfach nach oben geworfen, flog Vegeta zappelnd ein Stück nach oben und landete mit einem dumpfen Laut auf dem Schnee des Daches, begann die Schräge zurück zu rutschen und krallte sich, hektisch und panisch im Schnee nach einem Halt suchend, schließlich fest. Dieser bescheuerte, dumme, vertrottelte …

„Vegeta? Bist du oben?“

„Nein, unten du Penner!“

Stille.

„Hast du dir weh getan? Hab ich zu weit geworfen? Soll ich rüber kommen?“

Der Saiyajinprinz verdrehte die Augen, als Kakarott ihn offensichtlich missverstanden hatte. „Bleib bloß wo du bist!“

„Sicher?“

„JA!“

Das würde ihm jetzt gerade noch fehlen, dass Kakarott hier hoch kam und bei seinem Glück vom Dach in eine der Fallen fiel und sie das ganze Haus aufweckten. Grummelnd richtete sich der Prinz auf, warf besagten Fallen einen skeptischen Blick zu und balancierte über das Dach des Schuppens an die Hauswand. Den Baum, welcher genau in der Ecke zwischen Schuppen und Haus wuchs, skeptisch musternd, der wurde nach oben hin nämlich immer dünner, griff Vegeta nach einem der kahlen Zweige und verlagerte sein Gewicht. Da die Hauswand direkt mit den Speeren gesäumt war, war es wohl das beste diesen Weg zu versuchen. Sich mit seinen schwachen Armen Stück für Stück nach oben ziehend, behielt er die Schneehügel im Auge, bei denen er immer noch nicht wusste, was sich darunter befand … und es auch hoffentlich nicht erfahren würde.

Der Baum begann sich unter seinem Gewicht zur Seite zu neigen … scheiße. Sich fest an den Stamm klammernd wartete er das Hin- und Herschwanken ab, schluckte und kletterte weiter. Die Zweige knackten bedrohlich, der Baum neigte sich erneut, links, rechts … noch ein Stückchen, ein kleines Stückchen und er konnte … als der Baum das nächste Mal in Richtung Dach schwankte, nach der Dachkante greifen. Er schwankte nicht zurück. Die Beine fest um den dünnen Baumstamm klammernd, packte er auch mit der zweiten Hand zu. Das musste einfach nur erbärmlich aussehen, wie er hier hing. Zum Glück sah das keiner!

„Sehr gut Vegeta!“, erklang es von weit unten. „Und jetzt nur noch aufs Dach ziehen.“

So viel dazu.

„Du schaffst das!“

Wütend drehte er den Kopf und sah unten vor dem Tor auf der Straße Kakarotts schwarze Silhouette stehen. „Mensch, halt doch die Klappe du Trottel! Willst du etwa alle aufwecken?!“, rief er zurück und konzentrierte sich auf den Hopser zum Dach. Er kam bäuchlings und ziemlich unsanft auf, schrammte sich die Wange blutig, verstauchte sich einen Finger und wünschte Kakarott, Zwietrachtingen, seine komischen Bewohner, dieses Märchen und Angeama im Allgemeinen zum Teufel!

Der Schornstein erwies sich tatsächlich als breit genug, dass er hineinpasste. Allerdings verließ ihn auf halbem Wege die spärliche Kraft dieser Witzfigur von Postbote und er prallte sehr unsanft mit seinem Allerwertesten auf. Sich fluchend seine vier Buchstaben reibend, kroch er aus dem Kamin, warf die Päckchen unter einen lächerlich geschmückten Baum und schlich sich auf leisen Sohlen aus dem Zimmer. Durch den Schornstein nach draußen kam er auf alle Fälle nicht mehr. Da musste er einen anderen Weg finden. Seine Suche führte ihn aus dem Kaminzimmer in eine Bibliothek, dann in einen Flur und schließlich in die Küche. Hier gab es eine kleine Tür nach draußen, welche natürlich abgeschlossen war, aber zum Glück hing der Schlüssel an einem Haken daneben. Als er danach griff, viel sein Blick auf einen Teller mit Keksen und einem Glas Milch. Letzteres trank er aus, weil seine Kehle von dem Ruß einfach … nun ja … rußtrocken war und die Kekse steckte er ein, weil er keinen Bock hatte sich Kakarotts Hungergejammer auf dem ganzen Rückweg anzuhören.

Die Tür öffnete er leise und zog sie hinter sich wieder zu. Einen tiefen Atemzug nehmend, schloss er die Augen. Draußen … geschafft … endlich … dann fiel sein Blick auf die ganzen Bärenfallen und er wünschte Kakarott die Pest an den Hals!
 

„Ich hab dir gesagt, nimm lieber die rechte Seite.“ Goku sah mit besorgt gerunzelter Stirn zu Vegeta, der sich einen Verband um den Fuß wickelte. „Manchmal hab ich halt auch recht.“

Vegeta knurrte nur und Goku beschloss sich darauf zu konzentrieren die Kutsche zu lenken und seine Kekse zu mampfen.

Es war lustig gewesen Vegeta bei seinen Bärenfallengehopse zuzusehen, das einfach so grotesk wirkte, dass sich Goku mehr als nur einmal das Lachen hatte verkneifen müssen. Wobei das lustige eigentlich nicht mal die Sprünge an sich waren, sondern einfach die Tatsache, Vegeta dies tun zu sehen. Immerhin war es Goku gewohnt, dass der Körper des Älteren, ebenso wie seiner, zu gänzlich anderen Dingen in der Lage waren, als diese mühevollen Hopser von einem Meter. Und wenn, dann waren sie sicher gelandet und mussten nicht, wie Vegeta es getan hatte, mit den Armen rudern, um das Gleichgewicht zu halten. Solche Probleme hatten sie einfach noch nie gekannt.

Aus den Augenwinkeln sah er wieder zu dem Prinzen, dessen letzter Sprung ihn beinah einen Fuß gekostet hätte. Die Zangen der Bärenfallen waren über seine Fußsohle geschabt und hatten seinen Stiefel als Beute beansprucht.
 

Dieses Erlebnis blieb auch nicht das Einzige, bei dem sich Goku ein herzhaftes Lachen verkneifen musste. Denn mit den ständigen Fahrten von Zwietrachtigen zu seiner abgelegenen Hütte und zurück, zusammen mit der immer größer werdenden Paketmenge, war Ponykakarott an seine Grenzen gestoßen. Da hatte auch alles gute Zureden und jedes Versprechen nach mehr Karotten nicht geholfen. Ponykakarott schaffte es einfach nicht mehr. Dies führte dazu, dass Vegeta zuerst darüber schimpfte, dass alle mit dem Namen Kakarott einfach unfähig waren, dann, nachdem der echte Kakarott dazwischen gegangen war, um seinen Namensvetter vor den wüsten Beschimpfungen des Saiyajinprinzen zu schützen, dass der Ältere einfach nur noch wütend dastand und zusah, wie Goku das müde Pony in den Stall führte.
 

'Und jetzt?!', hatte er giftig gefragt, als die beiden einige Zeit später vor der vollgepackten Kutsche standen und keine Ahnung hatten, wie sie die Pakete nun zu den Kindern bringen sollten. Goku hatte darauf nicht geantwortet, war aber auf eine glorreiche Idee gekommen. Ein paar Rentiere, die sich hier in den Wäldern aufhielten und zu ihm sehr zutraulich waren, könnte man doch fangen und vor die Kutsche spannen. Erst hatte Vegeta dies als lächerlich abgetan, doch als just in diesem Moment eines der Tiere an ihnen vorbeigesprungen war und der Prinz dieses Muskelbepackte Reittier von Nahem betrachtet hatte, hatte er seine Meinung geändert.

Als ein Prinz der Tat wurden also die Ärmel hochgekrempelt, Kakarott, der etwas sagen wollte, ignorierte und er machte sich auf der Spur des Rentieres zu folgen, um es und die anderen zu fangen. Goku war ihm nur schweigend gefolgt. Vegeta versuchte sich an die Tiere anzuschleichen, was ihm auch leidlich gut gelang, allerdings warf er sich dann mit einem wilden Kampfschrei an den Hals des Rentieres und grinste Kakarott siegessicher an. Es dauerte drei Herzschläge, dann begann das erschrockene Tier zu bocken und zu springen. Goku hatte es beinahe die Tränen in die Augen getrieben bei dem Versuch ein Loslachen zu unterdrücken. Vegeta hatte panisch aufgeschrien, hing an der Seite des Tieres, während dieses versuchte die unerwünschte Last loszuwerden. Als Vegeta nach ein paar Metern die Puste ausging und er in hohem Bogen mit dem Gesicht voran in einem Schneehaufen gelandet war, stand es eins zu Null für das Rentier. Bei dem Anblick von Vegetas Hintern, der aus dem Schneeberg herausragte, hatte sich Goku nur noch die Hände vor den Mund geschlagen und in seine Fäustlinge gelacht. Beeindruckend fand er dann allerdings, dass sich Vegeta aus dem Schneeberg zurück auf seine Füße kämpfte, die Wunde an seiner Fußsohle weiterhin ignorierte und sein Glück einfach beim nächsten Tier versuchte. Und beim nächsten und nächsten … bis es irgendwann … sehr viel zu Null für die Rentiere stand.
 

„Toll…ganz toll.“, murmelte Vegeta als er sich neben Goku in die Kutsche schwang. „ICH hab sie ja auch müde gemacht, damit du sie…einfangen konntest…“, grummelte er weiter, verschränkte genervt seine Arme und Son Goku beließ es einfach nur bei einem breiten Grinsen. Was brachte es auch Vegeta jetzt die Tatsache um die Ohren zu hauen, dass es einfach nur gereicht hätte, den Rentieren eine Spur ihrer Lieblingsspeise bis zur Kutsche zu legen? Nichts, außer dass er den Älteren noch mehr verstimmte. Und wenn er ihm gesagt hätte, dass die Rentiere bei ihm handzahm waren und er sie schon öfters dazu benutzt hatte, besonders große, gebrochene Bäume zu seinem Haus zu ziehen, dann hätte er ihn sehr wahrscheinlich erwürgt. Also beließ es Son Goku dabei, hoffte das Vegeta es nicht weiter wunderte, dass er die Rentiere so einfach anspannen konnte und setzte sich zu ihm in die Kutsche.
 

„Sieh es doch mal so Vegeta...es war...eine gute Zusammenarbeit. Du hast sie müde gemacht, ich konnte sie fangen und wir haben unser Ziel erreicht, mh?“ Ein Schnauben war die Antwort.

Darüber nur schmunzelnd schnalzte Goku mit den Zügeln … und anstatt, dass sich die Kutsche mit einer Ponystärke auf den Weg machte, preschte sie mit sieben Rentierstärken los. Die beiden Saiyajins wurden regelrecht in die Sitzlehne der Kutsche gedrückt als säßen sie in dem schnellsten Rennwagen der Welt. Sie rissen beide gleichermaßen verwundert ihre Augen auf und dann dauerte es keine zwei Sekunden, da ertönten von beiden laute Ausrufe der Begeisterung. Sie jubelten, feuerten die Tiere an noch schneller zu rennen und als sich ihre Blicke kreuzten und sie in das andere begeisterte Gesicht starrten, verstummten sie natürlich augenblicklich, räusperten sich, liefen rot an und Vegeta starrte in die entgegengesetzte Richtung. Es konnte ja nicht sein, dass … dass er sich gemeinsam eine Freude mit Kakarott teilte. Dieser hingegen behielt sein Lächeln und sein Blick ruhte eine ganze Weile auf dem Älteren, bis auch er seine Augen wieder nach vorne richtete und die weitere Fahrt stumm genoss.

Doch diese Kutschenfahrt und der Adrenalinschub, den die Geschwindigkeit bei ihnen ausgelöste hatte, blieb nicht ohne Spuren. Den ganzen Abend und die halbe Nacht, in der sie ihre Pakete zu den Kindern brachten, war Vegeta … ja … fast beängstigend gut gelaunt, motiviert und … wirkte sogar zufrieden als sie das letzte Paket zugestellt, sicher über den Zaun geklettert und wieder in die Kutsche gestiegen waren. Die tiefen zornigen Falten, die sonst immer tief in sein Gesicht gezogen waren, wirkten einfach weniger … tief und … nun ja … eben weniger zornig. Auf dem Rückweg aus der Stadt war es sogar der Ältere, der ein Gespräch anfing.
 

„…schon komisch, wie so ein paar Geschenke an Kinder die ganze Stadt verändert haben. Ich mein…hast du das gesehen? Die bunten Lichter überall? Die Farben auf den Zäunen und den Hausmauern? Angeblich ist sogar die Verbrechensrate gesunken und bei Gott…die haben auch nicht vor nem Mordanschlag Halt gemacht, Kakarott, das kannst du mir glauben.“

Lächelnd die Rentiere vor sich betrachtend meinte Goku nur darauf: „Tja…eine wahrhaft selbstlose Tat befeuert die Nächste.“ Woher diese Weisheit plötzlich kam, wusste er nicht und schob sie auch einfach auf seine Figur.

Vegeta hingegen lehnte sich zurück und tat dies erst mit einem Zischen ab, doch etwas in ihm konnte das einfach nicht so stehen lassen. „Also mal im Ernst, Kakarott…ich hab genug in meinem Leben gesehen und erlebt, um zu wissen, dass jeder…wirklich JEDER auf irgendetwas aus ist. Selbstlosigkeit gibt es nicht. Die Kinder sind nur auf das Spielzeug aus, haben Angst, dass sie auf deine Liste der unartigen Kinder kommen, wenn sie nicht brav sind und die Erwachsenen, ja…keine Ahnung worauf die aus sind, aber…es geht ihnen bestimmt nicht um den Weltfrieden.“

„Also ich glaube schon, dass es selbstlose Taten gibt. Nicht jeder hat Hintergedanken.“

„War klar, dass du das so siehst…“

Goku wollte schon etwas Schnippisches darauf erwidern, doch irgendetwas in den Augen des Älteren hielt ihn davon ab. Er wusste nicht warum, aber er erinnerte sich an ihr Gespräch in Aschenputtel, bei dem sich Vegeta zum ersten Mal etwas ihm gegenüber geöffnet hatte. Vielleicht … vielleicht war das hier gerade auch so ein Moment, denn das nachdenkliche Gesicht des Prinzen ließ ihn darauf schließen, dass dieser an etwas Bestimmtes dachte. Womöglich etwas aus seiner Vergangenheit und vielleicht … wenn er es nur geschickt genug anstellen konnte, würde er wieder etwas von seinem Artgenossen erfahren. Etwas zeitversetzt fragte Goku schließlich: „…worauf…worauf bist du denn aus, Vegeta?“

„…ich?“ Unwillkürlich hatten sich die Augen des Prinzen geweitet, denn mit so einer tiefsinnigen Frage hatte er nun wirklich nicht gerechnet, nicht von Kakarott. Er wandte seinen Kopf zur Seite, blickte Goku an, der ihn mit wirklichem Interesse in den Augen entgegensah.

„Also…“, begann Vegeta, nicht wirklich wissend was er dem Jüngeren darauf antworten sollte, als ein plötzliches Grollen und lautes Knacksen ihre Aufmerksamkeit auf sich zog und ihre Köpfe nach vorne schnellten.
 

Es dauerte Sekunden, da erfassten sie, was auf sie zukam, buchstäblich. Denn von der einen Seite der kleinen Schlucht rollte eine gewaltige Schneemasse auf sie zu, von der anderen mehrere Baumstämme, die sich wohl durch die Erschütterungen der Lawine gelöst hatten. Goku zögerte keine Sekunde und knallte heftig mit den Zügeln. Die Rentiere bockten, schlugen aus und dann sauste die kleine Kutsche mit einer Geschwindigkeit dahin, die beiden die Haare aus dem Gesicht wehte. Der Schnee, aufgewirbelt von den Hufen, klatschte ihnen ins Gesicht und das Holz ihres Gefährts ächzte.
 

Vegeta beugte sich über den Seitenschutz und sah nach hinten, fluchte.
 

„Was?“, brüllte Kakarott.

„Können die Viecher noch schneller?“

„Glaub nicht...“

„Schlecht.“

„Warum?“

„Weil sie zu langsam sind.“
 

Mit zusammengekniffenen Augen ließ Goku die Zügel abermals knallen, was er besser nicht hätte tun sollen, denn es sorgte dafür, dass die Tiere in ihrem schnellen Gang den Rhythmus verloren und die Kutsche auf dem glatten Untergrund ins Schlingern geriet.
 

Vor Überraschung schrie Vegeta auf, versuchte sich festzuhalten, bekam einen Teil der Seitenlehne zu fassen … die prompt unter seinem Gewicht abbrach. Der vorbeirasende Boden kam mit einem Mal bedrohlich nahe, als sein Fall aus der Kutsche ein abruptes Ende fand. Den Kopf drehend, sah er zu Kakarott, der sich zu ihm herüber gebeugt hatte und ihn beim Kragen seiner Jacke hielt. Er grinste kurz und zog den Prinzen wieder zurück.
 

Doch die Erleichterung hielt nicht lange, denn schon hob sich die Kutsche unter den heranrückenden Schneemassen an. Vegeta schrie etwas, was Goku nicht verstand. Goku schrie zurück, was Vegeta nicht verstand und ehe sie sich austauschen konnten, packte Vegeta die Zügel und riss sie nach rechts. Die Rentiere folgten dem heftigen Zug, brachen aus, die Kutsche geriet fast in Seitenlage, kippte, die Lawine drückte sie weiter und dann hatten die kräftigen Tiere die kleine Anhöhe passiert und zogen die Kutsche aus der kleinen Schlucht, in welcher sich die Straße befand. Der Moment der Erleichterung währte jedoch nur ein paar Herzschläge, denn die Hufe der Zugtiere fanden auf der abschüssigen Anhöhe keinen Halt. Sie strauchelten, vielen sogar hin, die Kutsche beschleunigte sich dennoch, denn es ging bergab, wurde steiler und steiler. Die Räder knarzten bedrohlich, die Tiere blöckten, Goku und Vegeta schrien, als sie sich einfach nur noch irgendwo festhielten und mit tellergroßen Augen und entsetzten Gesichter dem Ende ihrer Rutschpiste entgegensahen. Da war Eis unter ihnen, Schnee, Boden … und dann einfach gar nichts mehr und die Kutsche, samt Insassen und Rentieren, segelte hoch durch die Luft, über die Dächer zweier Häuser, die unterhalb des Hanges gebaut waren und kam mit einem überdeutlichen Krachen, rutschend und schlitternd auf der Schräge eines Scheunendaches auf. Es krachte, die Räder zerbarsten, das Scheunendach hielt, das marode Kutschendach nicht. Die Zügel rissen, die Tiere überschlugen sich, rutschten das lange Dach hinab, blieben benommen liegen, oder richteten sich auf. Nur noch auf der Kutschbank sitzend, denn mehr von dem Gefährt hatte die harte Landung nicht überlebt, stoppten auch die beiden Saiyajins ihre wilde Fahrt, als sie von dem Scheunendach gen Boden rutschten.
 

Goku hielt immer noch die abgerissenen Zügel in der Hand, während sich Vegeta an einen Seitenteil der Kutsche klammerte, das kein Dach mehr trug und auch sonst keinerlei Verbindung mehr aufwies. Sie saßen wie erstarrt da, atmeten heftig, hörten ihren Herzen beim Schlagen zu. Ihr Atem bildete dichte Wolken vor ihren Mündern und ganz langsam drehten sich ihre Köpfe zueinander. Sie starrten sich an, konnten kaum begreifen was da eben geschehen war und das es vorbei war.
 

„Kakarott...“, durchbrach schließlich Vegeta die Stille.

„Ja?“

„Das nächste Mal fahre ich.“

„Is gut.“
 

Ein Atemzug, ein Zweiter … sie sahen sich an … und brachen in schallendes Gelächter aus.

Klaus - Das, worauf man aus ist

Das Feuer knisterte im Kamin des Postamtes und diesmal war es Vegeta, der Goku einen Becher dampfenden Tee reichte. Nach ihrer harten Landung hatten sie beschlossen, lieber den kürzeren Weg zum Postamt zurückzulaufen, als den weiten zu Gokus Hütte. Zum Glück hatte der Jüngere einen Teil seiner Vormittage damit verbracht Vegetas Behausung etwas bewohnbarer zu machen, so dass sie es jetzt ansatzweise warm hatten. Den Rentieren hatten sie das letzte Rest Zaumzeug abgenommen und sie davonlaufen lassen. Eine Kutsche zum Ziehen gab es ja nun nicht mehr und der klägliche Rest von ihr verbrannte gerade im Kamin als Feuerholz.
 

Ächzend, als wäre er ein alter Mann, ließ sich Vegeta auf einen Stuhl nieder und zog die Decke fester um seine Schultern. Ihm tat einfach nur alles weh.

„Meinst du, wir finden in diesem Dorf irgendwo eine neue Kutsche?“, durchbrach Son Goku irgendwann das Schweigen.

„Dürfte schwer werden.“

„Mh, echt schade...“

Vegeta sah vom Feuer auf. „Warum?“

Goku nickte mit dem Kopf zu der bemalten Wand mit der 5000er-Markierung. „Na, weil wir es fast geschafft hätten. Fehlen doch nur noch 500. Die hätten wir mit Sicherheit in zwei Wochen ausgeteilt gehabt und dann wären wir hier rausgekommen. Jetzt wird das mit Sicherheit länger dauern.“
 

Vegeta brummte. Da hatte Kakarott allerdings recht. Doch irgendwie … schien ihm das gerade nicht wirklich das zu sein, worüber er sich den Kopf zerbrechen wollte. So irritierend es für ihn auch war … ob sie nun in zwei Wochen dieses Märchen verließen, oder in vier … das war ihm gerade wirklich nicht wichtig, denn … ihm ging Kakarotts Frage einfach nicht aus dem Kopf. Diese Frage, die er nicht mehr hatte beantworten können und die ihn auf dem Weg zurück hierher immer wieder beschäftigt hatte.
 

Ja, er war sich absolut sicher, dass jeder immer auf etwas aus war. Selbstlosigkeit gab es einfach nicht, denn selbst, wenn man jemandem half, dann machte man das nur, damit er einem hinterher mochte oder man sich dessen Hilfe im Gegenzug erwartete. Man wollte einfach IMMER etwas für das, was man tat. Selbst Kakarott wollte seine Freundschaft, dass er ihn mochte, dass er ihn … ach, keine Ahnung, was der eigentlich genau von ihm wollte … oder warum er das wollte. Er hatte ihm Dinge verziehen, die Vegeta niemals für möglich gehalten hatte, hatte immer und immer wieder seine Nähe gesucht und egal was er, Vegeta, auch versucht hatte, es schien einfach eine Unmöglichkeit zu sein Kakarott loszuwerden. Tja … und da wurde es nun interessant … wollte er das denn noch? In diesem und auch dem letzten Märchen war es beide Male so gewesen, dass sie sich dem Ziel sehr viel schneller genähert hatten, sobald sie sich irgendwie begegnet waren. Also wäre der schnellste Weg alles zu beenden der, einfach mit Kakarott zusammen zu arbeiten. Aber wollte er das? Konnte er das? Wenn es sein Ziel war, wenn er darauf wirklich aus war … dann … dann … dann musste er sich diese Frage mit …
 

„…Vegeta, hey Vegeta!“, wurde er aus seinen Gedanken gerissen und starrte mit verwirrtem Blick in Gokus Gesicht.

„Was…?“, fragte er lahm und musste sich dazu zwingen, sich zu konzentrieren um Kakarotts Worten folgen zu können.

„Ich hab dich gefragt, auf was du aus bist. Du hast mir darauf keine Antwort gegeben.“

Jetzt wirklich?! Vegetas Gesicht wurde finster. Da konnte sich dieser Trottel keine zwei Zahlen merken, aber dass er ihm diese idiotische Frage gestellt hatte, das schon, oder was?!

„Ich bin darauf aus, diese 5000 Zustellungen abzuschließen! 5000! Hier gestempelt! Und dann heißt es Adios Zwietrachtingen und wir können hier endlich weg! Darauf bin ich aus, Kakarott!“

Goku zog eine beleidigte Miene. „Das habe ich nicht wissen wollen.“

„Schon klar. Bevor du dir Gedanken darüber machst, was ich will, solltest du dir lieber Gedanken darüber machen, wie wir die Spielsachen von deiner Hütte hierher bekommen.“

„Die können wir doch auch einfach auf die Rentiere laden. Ob die jetzt ziehen oder tragen ist doch egal, oder?“
 

Vegeta hatte sich schon auf eine bissige Antwort seinerseits vorbereitet, konnte diese an Hand der guten Antwort Kakarotts aber nicht mehr anbringen. Sich murrend und grummelnd in seiner Decke verkriechend, stimmte er der Idee wohl oder übel zu, was Kakarotts Laune sich bessern ließ. Gemeinsam den Tee schlürfend und die Wärme des Kamins genießend, bekamen sie nicht mit, wie sich jemand von der Poststation entfernte …
 

Am nächsten Morgen ereignete sich etwas, dass Vegeta eine Sache ganz klar vor Augen führte, nämlich der Sinn der Geschichte oder wohl eher wer ‚Klaus‘ wirklich war. Doch erst war er unsanft aus seinem traumlosen Schlaf gerissen worden, als jemand wild gegen die Tür des Postamtes schlug. Vegeta hatte sich kerzengerade aufgerichtet, wollte schon aufspringen, doch etwas Schweres auf seinen Oberschenkeln hinderte ihn daran. Irritiert die Decken wegschlagend und nach unten blickend, weiteten sich seine Augen immer weiter, während ihm ein schlaftrunkener Kakarott entgegen blinzelte. „Was zum-“ Das Poltern vor der Türe schnitt dem Prinzen das Wort ab, gefolgt von einem lauten ‚Herr Postbote!‘. Das war eindeutig eine Kinderstimme. Ein Klang, der ihn in den letzten Wochen und Monaten schon so oft aus seinem wohlverdienten Schlaf gerissen hatte …
 

Vegeta schloss seine Augen. Sein Körper begann zu zittern, weil ihn das Pochen in seinem Schädel von der anstrengenden Nacht und die nach oben kriechende Wut, weil Kakarott da tatsächlich einfach auf seinem Schoß gepennt hatte, beinahe um den Verstand brachten. Was um alles in der Welt war nur schon wieder in der Nacht passiert, dass Kakarott AUF seinem Schoß geschlafen hatte?! Hatte es nicht gereicht, dass er einmal mit den Hühnern auf seinem Kopf hatte aufwachen müssen oder dass er mit Kakarott verdammt nochmal nackt im Bett geschlafen hatte?! Doch bevor er losschreien, meckern und zetern konnte, riss ihn das erneute Klopfen aus dem Konzept. Die Ader an seiner Schläfe trat bedrohlich hervor und als Goku dann auch noch gähnend fragte „Was ist denn da los?“, öffneten sich die Augen des Prinzen blitzschnell, seine Hand packte den schwarzen Haarschopf auf seinen Beinen, riss ihn nach oben, seine Beine flutschten darunter weg und dann ließ er von Gokus Haaren ab, dessen Kopf, so irritiert wie der Jüngere eben noch war, prompt auf dem harten Boden aufschlug, denn noch im Aufstehen hatte Vegeta ihm die Kissen weggerissen.
 

Ohne auf Kakarotts Wehklagen zu achten, marschierte der Prinz schnurstracks auf die Eingangstür zu, riss sie auf und fauchte in die Eiseskälte, die ihm entgegenwehte: „WAS?!“

Doch Vegeta starrte ins Leere. Er blinzelte irritiert, doch dann senkte sich sein Blick langsam nach unten, wo ihn eine Horde Kinder mit erschrockenen Gesichtern anstarrte. Er räusperte sich, kratzte all seine Selbstbeherrschung, die er noch irgendwo in sich fand, zusammen und wiederholte leiser: „…was?“ Als er sich dazu noch ein schief verzerrtes Lächeln abrang, ging es schon los. Wild durcheinander gerufene Begrüßungen, immer wieder der Name Klaus dazwischen und Briefe, die ihm entgegen gestreckt wurden und mit denen wild vor seiner Nase hin und her gewachelt wurde.
 

Vegeta schloss seine Augen wieder. Atmen. Einfach atmen. Ein, aus.
 

Doch etwas erregte seine Aufmerksamkeit. Er spitzte die Ohren und was er da hörte, ließ ihn doch tatsächlich schmunzeln. Ein Junge erzählte ganz aufgeregt, dass Klaus durch den Schornstein kommt und das weiß er auch ganz genau, denn er hat verrußte Fußspuren im Haus entdeckt und außerdem hat Klaus gerne Kekse und Milch. Wenn die bereit stehen, dann bekommt man ganz tolle Geschenke. Ein weiterer Junge pflichtete dieser Geschichte sofort bei, besonders der Sache mit dem Schornstein, denn er habe gestern Nacht Herrn Klaus mit seinem Schlitten durch die Luft fliegen sehen.

Vegeta öffnete seine Augen wieder und besah sich die staunenden Kindergesichter. Dann hatten er und Kakarott wohl eine neue Legende rund um ‚Klaus‘ geschaffen. Der fliegt mit nem Schlitten durch die Nacht, kriecht durch Schornsteine, um Kindern Geschenke zu bringen und isst dabei Kekse und trinkt Milch. Ulkig. Und … irgendwie erinnerte das Vegeta an etwas. Nur … woran?
 

Als Goku an seine Seite trat, die Geschichte vom fliegenden Schlitten hörte und sich Vegetas und sein Blick trafen, sie beide gleichermaßen an ihren bemerkenswerten und abenteuerlichen Ausflug in der letzten Nacht dachten, und Goku das Bild vor Augen hatte, wie er mit Vegeta in der Kutsche über zwei Häuser hinweggeflogen war, entfleuchte dem Größeren ein Lachen, dass der Prinz so noch nie gehört hatte. Es war tief, unwirklich und passte absolut nicht zu Kakarott. Und dann ertönte es noch einmal. Lauter. Dabei griff sich Goku an seinen Bauch, lehnte sich ein Stück zurück und ließ ungehemmt dieses … dieses „Ho, Ho, Ho!“ von sich.
 

Vegetas Augen weiteten sich. Dieses Lachen … das … es … es erinnerte ihn tatsächlich an etwas. Dazu noch dieses schrecklich rote Gewand, die Geschichte über einen fliegenden Schlitten … die Rentiere … die Kekse, die Milch … scheiße! Konnte es echt sein, dass … ? War das tatsächlich … ?
 

Nachdem Vegeta die Briefe der Kinder entgegen genommen hatte, er die Tür des Postamtes hinter sich verschlossen hatte und sich zu Kakarott umdrehte, starrte er den Jüngeren eine ganze Weile einfach nur an, der sich mit einem breiten Schmunzeln im Gesicht bereits die ersten Briefe der Kinder durchlas, bevor er schließlich zu seinem Schreibtisch marschierte und sich den Kalender, der dort stand, schnappte. Ja … ja, tatsächlich. Sein Blick huschte zurück zu Goku, wieder auf den Kalender und zurück.

Von einem der Briefe aufblickend und den entsetzten Ausdruck in den Augen des Älteren bemerkend, legte Goku seinen Kopf schief und fragte mit fröhlicher Stimme: „Was ist los, Vegeta?“

„…ich…glaub‘s einfach nicht…“

„Was denn?“

„…du…bist der Weihnachtsmann.“

Gokus blinzelte verwirrt. „Ich bin…warte…was?“

„Du bist der Weihnachtsmann.“, wiederholte Vegeta. „Wir stecken hier verdammt nochmal in der Entstehungsgeschichte von…von ‚Santa Klaus‘ fest.“

Eine Augenbraue des Jüngeren zog sich skeptisch nach oben. „Ach ja?“

„Ja.“

„Und ich bin…?“

„Santa Klaus. Der Weihnachtsmann.“

„Aber…es ist doch gar nicht Weihnachten.“

„Aber in zwei Wochen.“

Gokus skeptischer Blick änderte sich nicht, was Vegeta fast schon wieder zur Weißglut brachte. Verdammt, konnte Kakarott nicht auch einfach mal sein Hirn einschalten und Eins und Eins zusammenzählen? Musste er ihm immer alles bis ins kleinste Detail erklären?!

„Verdammt nochmal, Kakarott, jetzt überleg doch mal! Dein rotes Gewand, der fliegende Schlitten, die Rentiere…“, begann Vegeta aufzuzählen „…die Kekse, die Milch, der Schornstein, die Geschenke, die Briefe, die Liste für unartige Kinder…klingelt’s langsam?“

Es dauerte. Es dauerte einen Herzschlag, zwei, drei … Goku blinzelte, überlegte … und dann weiteten sich endlich auch seine Augen. „Oh…OH! Du hast recht!“ Bei dieser Erkenntnis fiel ihm doch glatt der Brief aus der Hand, er sprang einen Schritt zurück, sah an sich herab, tastete über den roten Mantel, blickte wieder zu Vegeta auf, wieder an sich herab, wieder zu Vegeta. „Oh mein Gott! ICH BIN DER WEIHNACHTSMANN?!“

Nur eine Augenbraue hebend, erwiderte Vegeta mit all dem Sarkasmus, den er in dieser bizarren Situation aufbringen konnte: „Gratulation zu dieser Erkenntnis.“

„Das heißt also, dass wir…“, begann Goku, stoppte allerdings gleich wieder. „Und…was heißt das jetzt?“

„Das heißt, dass wir…“, wollte Vegeta schon ansetzen, stoppte allerdings auch. Seine Augenbrauen zogen sich angestrengt zusammen. „Dass…du…ich…dass wir…“ Er stellte den Kalender wieder ab, sein linker Arm schlang sich um seinen Körper, die andere Hand hob sich an sein Kinn. Seine Stirn runzelte sich immer mehr. Verflixt nochmal. Das konnte doch nicht wahr sein! Ihm fiel einfach nichts dazu ein!

„…mh…wenn ich wirklich der Weihnachtsmann bin…und in zwei Wochen Weihnachten ist…dann…dann…“, begann Goku grüblerisch laut zu überlegen.

Vegetas Augen huschten überrascht zu seinem Artgenossen zurück. Konnte es sein? Hatte Kakarott die Lösung vor ihm gefunden?

„Mh…“ Nun verschränkte der Jüngere seinerseits die Arme und zog seine Stirn in Falten. „Also…das kann doch nur bedeuten, dass…wir Geschenke ausliefern müssen.“

„…und…weiter?“

„Nun…wir…haben unsere Kutsche verloren…und…irgendwie…hab ich in meiner Hütte jetzt nicht mehr unbedingt viel Spielzeug rumliegen…“

„Weiter.“

„Das heißt…wir brauchen…nen Schlitten und Geschenke?“

„…aha.“

„Nicht?“

„Keine Ahnung. Sag du’s mir.“

„Mmmh…ich glaub schon, dass das irgend sowas sein muss…“
 

Vegetas Blick begann in dem Postamt umherzuwandern. Irgendetwas passte nicht. Irgendwo übersahen sie etwas. Nachdenklich sank er auf den Schreibtisch hinter sich, seine Augen schweiften über die Karte von Zwietrachtingen, zur 5000er-Markierung, zu den Ablageflächen für Briefe hin zu Kakarott. Moment. Sein Blick schwang zu der Markierung an der Wand zurück. Ihnen fehlten immer noch an die 500 Briefe. Irgendeinen Sinn musste doch dieses Ziel haben, oder nicht?

„Ich glaube…du liegst gar nicht mal so daneben, Kakarott.“

„Ach echt?“

Die Augen leicht verdrehend sah Vegeta wieder zu dem Jüngeren. „Ja. Irgendwie…ergibt es doch Sinn.“

„Tatsächlich? Das heißt, wir besorgen uns einen Schlitten und Geschenke?“

„Nein. Also ja, schon.“

„Aber?“

„Herrgott, jetzt lass mich doch mal zu Ende denken!“

„Sorry.“

„Ruhe jetzt.“

„Ich halt ja schon den Mund.“

„Verdammt, Kakarott!“

„Hoppla“ Goku schlug sich die Hände vor den Mund, konnte aber ein dumpfes „Entschuldigung“ nicht zurückhalten.

Erneut die Augen verdrehend, stieß sich Vegeta wieder vom Schreibtisch ab und begann nachdenklich im Postamt auf und ab zu gehen. „Alsooo…ich soll 5000 Briefe verschicken. Zwietrachtingen war vor meiner Ankunft reines Kriegsgebiet. Dann…haben wir die Kinder dazu gebracht Briefe an dich zu schicken…haben ihnen Geschenke dafür geliefert…die Kinder wurden artig…die Stadt friedlicher…sie fangen an sich einander wieder anzunähern. Demnach…ach verdammt.“ Vegeta blieb stehen, verschränkte seine Arme. „Also nochmal…durch meinen Auftrag Briefe zu schicken und unserer…Zu…“ Das Wort verschluckend huschten seine Augen zu Kakarott, der langsam seine Hände wieder von seinem Mund nahm.

„…unserer…was?“

Der Blick des Prinzen verfinsterte sich. Er wollte es einfach nicht aussprechen.

„Vegeta?“

„JA SCHON GUT! Wegen unserer…unserer Zusammenarbeit, okay?!“

„…und was ist damit?“

„Na…wegen der…haben wir…den Weihnachtsmann erschaffen…oder mit anderen Worten…wir sorgen gerade dafür, dass dieser lächerliche Glauben der Menschen entsteht.“

„Hey! Der ist nicht lächerlich.“

„Wie auch immer.“, tat Vegeta Gokus Protest handwedelnd ab, wandte sich von ihm ab, einfach froh, dass Kakarott NICHT auf dem Wort ‚Zusammenarbeit‘ herumgeritten war und fuhr fort: „Das heißt also…wir müssen es schaffen bis oder wohl eher AN Weihnachten die letzten 500 Pakete, also das Spielzeug an die Kinder, zuzustellen. Ja. Ja, das muss es sein. Das ist das Ziel der Geschichte! Wir erschaffen die Legende um Santa Klaus. Bedeutet uns fehlt eine Transportmöglichkeit und…warte…sagtest du eben dir geht das Spielzeug aus?!“

„Ja?“

„Na großartig. Das heißt wir müssen nicht nur an ne neue Kutsche ran, sondern müssen in ZWEI Wochen auch noch mindestens 500 Spielzeuge herstellen?! Das…“ Die Hände in die Luft werfend und den Kopf zur Decke reckend, schrie Vegeta wutschnaubend: „IST DAS EUER ERNST?!“

„Vegeta?“

„WAS?!“

„Mit wem redest du da?“

„MIT CERNUNNOS UND DEN ANDEREN IDIOTEN!“

„Also ich finde ja…“

„WAS?! WAS FINDEST DU?!“

Grinsend stemmte Goku seine Arme an die Seite. „Ich finde, dass das eine tolle Herausforderung ist.“

„Eine…? HAST DU SIE NICHT MEHR ALLE?!“

„Ach komm schon, Vegeta! Jetzt sag nicht, du hast die letzten Wochen keinen Spaß gehabt.“

„Sp…Spaß? SPASS?!“

„Ja, Spaß.“
 

Das war’s. Vegeta platzte der Kragen. Wie konnte Kakarott das als SPASS betrachten?! Sie hatten sich über Wochen abgerackert, um diese bescheuerten Pakete auszuliefern, er hatte sich ständig etwas einfallen lassen müssen, um diese verdammten Kinder bei Laune zu halten, damit die nicht aufhörten Briefe zu schreiben und dann hatte er bei den Zustellungen nicht nur einmal fast sein Leben verloren. Über all die Fallen, Speere oder blutrünstigen Hunden wollte er gar nicht erst nachdenken! Und gestern erst wären sie beinahe drauf gegangen als sie fast von einer Lawine verschüttet worden waren und ihnen die Kutsche unterm Arsch weggebrochen war! WIE KONNTE KAKAROTT DAS ALS SPASS BEZEICHNEN?!

Sein Mund öffnete sich. Schloss sich wieder. Öffnete sich, blieb offen stehen, schloss sich wieder, denn etwas irritierte ihn. Kakarott … irritierte ihn. Dessen Blick. Dieses … dieses Leuchten in ihnen. Der völlig ernste und vollkommen überzeugte Ausdruck in seinen schwarzen Augen. Und dann war es ihm als könnte er es hören … sein eigenes Lachen, gepaart mit Kakarotts. Was sie in den letzten Wochen durchgemacht hatten … was sie erlebt hatten … wann … wann hatte er sich eigentlich das letzte Mal … so … SO lebendig gefühlt … ?
 

‚Worauf bist du denn aus, Vegeta?‘, hallten Kakarotts Worte durch seine Gedanken und ließen den Prinzen in dieser Nacht nicht mehr zur Ruhe kommen.
 

Eine Woche später, also genau eine Woche vor Weihnachten, hatten sich ihre zwei größten Probleme von selbst erledigt. Sie hatten einen Schlitten, viel größer als Vegetas klapprige Kutsche, und sie hatten fast alle Geschenke fertiggestellt, die sie brauchten. Wie es dazu gekommen war?, Vegeta konnte es immer noch nicht glauben. Kakarott hatte es ein Weihnachtswunder genannt. Er selbst weigerte sich strikt es als solches anzuerkennen, auch wenn es irgendwie schon ein kleines Wunder war.

Am Morgen nach ihrem Weihnachtsmanngespräch hätte er den Kapitän gefragt, wo man in Zwietrachtingen eine Kutsche oder einen Schlitten herbekommen konnte. Der Kerl hatte auf seine unausstehliche Art und Weise gelacht und gesagt, was für ein Glückspilz Vegeta doch wäre und hatte ihn am Hafen zu einer verfallenen Scheune mitgenommen, sie geöffnet und tadaa, da stand doch tatsächlich ein Schlitten drin. Den benutzte der Fährmann immer in den ganz harten Wintern, wenn er mit seinem Schiff nicht mehr durch das Eis kam. Dann fuhr er eben einfach oben drüber, um die Post aufs Festland zu bringen. Aber da ja nie jemand Briefe schrieb, hatte er den Schlitten schon seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten, nicht mehr benutzt. Also könnte Vegeta ihn gerne haben. Das war die Lösung des ersten Problems gewesen.
 

Als Kakarott, der Kapitän und er dann versucht hatten den maroden Schlitten zum Postamt zu schaffen, war ein Bürger Zwietrachtingens auf sie zugekommen und hatte 'Klaus' gefragt, ob er denn auch alte Spielzeuge repariere. Da sein Sohn zurzeit so viel Spaß hatte mit den Neuen, welche er immer bekam, hatte ihn die Nostalgie gepackt und er war auf die Suche nach den Spielsachen seiner Kindheit gegangen. Leider hatten Kälte und Frost diesen nicht gutgetan, so dass sie nicht mehr funktionierten. Natürlich hatte Kakarott in seiner gutmütigen Art sofort ja gesagt, wollte helfen, doch Vegeta war dazwischen gegangen. Er könne das kaputte Spielzeug zur Post bringen und für den Portopreis würden sie ihm das Spielzeug dann liefern, wenn es fertig war. Der Mann hatte sofort zugesagt und am nächsten Morgen hatten sie nicht nur kleine Kinder mit Wunschbriefen an Klaus vor der Postamttür, sondern auch Erwachsene mit alten Spielzeugen. Da standen Grobners und Ellbogners dicht beieinander, unterhielten sich über ihre Kindheit, ihre Spielsachen und all der Streit schien einfach vergessen zu sein.

Bei diesem Anblick fiel es auch Vegeta zum ersten Mal wirklich bewusst auf. Die Stadt hatte sich tatsächlich verändert, war fröhlicher geworden, heller, die Menschen zufriedener, gelassener. Ihm konnte das natürlich egal sein, denn das alles trug dazu bei, dass sie ihrem Ziel, dieses Märchen zu beenden, näher und näher kamen … aber so ganz egal … war es ihm dann wohl doch nicht, wenn er schon darüber nachdachte.
 

Die nächsten sechs Tage vergingen wie im Flug. Er half Kakarott mit dem Spielzeug, was natürlich nicht ohne Streitereien vonstattenging, aber da seine Figur, dieser Jesper, keinerlei handwerkliches Geschick besaß, gab er sich irgendwann damit zufrieden, die Holzschnitzereien Kakarotts einfach nur anzumalen. Es entstand ein Status Quo. Sie wollten beide hier raus, wussten beide was sie zu tun hatten, also taten sie es. Das Feuer im mittlerweile, dank Kakarott, reparierten Postamt, knisterte, der Jüngere hatte Tee gekocht, das Pony und die Hühner dösten in einer Ecke und sie saßen gemeinsam am Posttisch. Kakarott schnitzte, er malte, meistens schweigend, bis tief in die Nacht. Draußen fiel der Schnee und auch wenn Vegeta das niemals jemandem sagen würde … es war eine angenehme, friedliche Stimmung und die Monotonie der Arbeit mit seinen Händen … beruhigte etwas in ihm und das fühlte sich gut an.
 

Am Weihnachtsmorgen dann geschah etwas, womit keiner von ihnen gerechnet hatte.

Kakarott war wieder in aller Frühe bei Vegeta im Postamt aufgeschlagen und gerade als sie sich daran machten die letzten Geschenke zusammen zu tragen, um sie auf den Schlitten zu laden, klopfte es an der Tür.

„Wenn das noch jemand mit einem kaputten Spielzeug ist, dann hat er Pech gehabt! Langsam reicht es mal!“ Mit zornig, gerunzelter Stirn riss Vegeta die Postamttür auf. „Feiertag! Wir haben geschlo...“ Er verstummte, starrte den hochgewachsenen Mann auf der durchlöcherten Veranda vor sich an und blinzelte irritiert. „Was...willst du denn hier?“

„Nun“, erklang die tiefe Stimme des Mannes, die Vegeta schon am Anfang dieses Märchens empfangen hatte. „Ich bin hier um dir zu deinem Erfolg zu gratulieren, mein Sohn. Fünftausend Briefe und das in etwas mehr als einem halben Jahr, in einem Teil des Landes, in dem in zehn Jahren nicht mal hundert Briefe geschrieben wurden. Das ist wirklich bemerkenswert.“

„Vegeta? Wer ist denn da?“, erklang Kakarotts Stimme aus dem Postamt und kurze Zeit später tauchte er hinter dem Prinzen auf und wurde von dem streng dreinblickenden Mann mit dem Backenbart gemustert.

„So so, einen Angestellten hast du dir also auch schon gesucht. Nun, anders hättest du diese Menge an Briefen in solch kurzer Zeit wohl auch nicht geschafft.“

„Angestellter?“ Kakarott runzelte die Stirn. „Vegeta, wer ist das?“

„Der Kerl, der für die Fünftausendermarkierung an der Wand verantwortlich ist und mich hierher geschickt hat.“, kam es zerknirscht von dem Prinzen. „Warum bist du hier?“, ging es dann wieder an die Adresse des Vaters von Jesper. Vegeta konnte sich nicht helfen, aber er, das hieß seine Figur, freute sich in keinster Weise ihren Vater wiederzusehen.

„Das sagte ich bereits, Jesper. Ich bin hier, um dir zu deinem Erfolg zu gratulieren und dich nach Hause zu holen. Du hast es dir verdient.“ Der große Mann trat einen Schritt zur Seite und machte den Blick frei für die edle Kutsche, welche hinter ihm vor dem Postamt stand. Vier große Pferde waren davor gespannt und vier Diener standen parat. Einer hielt eine sehr dicke und warme Jacke in den Armen, ein anderer ein Tablett mit dampfendem Tee, der nächste polierte Stiefel und der Letzte schließlich ein Tablett von dem es herrlich duftete. Vegeta runzelte die Stirn und rechnete.

„Da...muss ein Missverständnis vorliegen. Ich habe erst 4553 Briefe und Pakete zugestellt.“

Einer der Diener trat beschwingt nach vorne und überreichte Vegeta ein offiziell aussehendes Postdokument, welches die Abstempelung von fast sechstausend Postgütern in den letzten Wochen bestätigte. Die Falten auf der Stirn des Prinzen wurden noch tiefer. Da stimmte doch etwas nicht. Er konnte sich doch nicht so verrechnet haben.

„Vegeta“, erklang es über seiner Schulter und als er nach rechts sah, blickte er direkt auf Kakarotts Profil, der sich das Dokument auch besah. Eigenartig … normalerweise mochte er diese Nähe zum Jüngeren gar nicht, aber in den letzten Tagen war sie ihm irgendwie … vertraut geworden. „Was heißt das denn jetzt?“

„Scheinbar haben wir das Ziel des Märchens schon erreicht. Fünftausend Briefe, Pakete...“

„Aber...heute Abend...du weißt doch...Weihnachten...“

„Ja, ich weiß, dass heute Weihnachten ist!“ Nun ging er doch von Kakarott weg.

„Und deswegen“, sprach Jespers Vater. „Bin ich auch persönlich gekommen. Ein schöneres Geschenk hättest du mir nicht machen können, mein Sohn. Ich bin stolz auf dich.“

Vegeta presste für Sekunden die Augenlider zusammen, um zu verhindern, dass ihn eine ganz bestimmte Erinnerung einholte. Das konnte er jetzt gar nicht gebrauchen. Er war hin und hergerissen, oder vielmehr seine Figur. Auf der einen Seite hatte er die Aufgabe dieses Märchens erfüllt, die Anzahl, welche gewünscht worden war, war definitiv erreicht worden und dieser ganze Weihnachtmannunsinn, den sich Kakarott ausgedacht hatte, war natürlich nicht das Ziel dieses Märchens gewesen. Er spürte einfach, dass er mitzugehen hatte und das, was ihn noch zurückhielt, waren einzig und alleine seine, Vegetas Ansichten. Er machte einen Schritt auf die Kutsche zu und der Diener mit der Jacke kam ihm sofort entgegen und hielt sie ihm hin. So schön weich, weich und warm …
 

„Vegeta! Aber...aber, was machst du denn?“

„Ich beende das Märchen, Kakarott.“

„Aber wir hatten doch gesagt, die Weihnachtsmanngeschichte ist das Ende von dem Märchen.“

„Das hast du gesagt!“, blaffte er peinlich berührt zurück, denn hier im gräulichen Tageslicht ausgesprochen, hörte sich das einfach nur lächerlich an.

„Und du hast mir zugestimmt!“

„Hab ich nicht! Als ob ich das jemals getan hätte!“

„Vegeta!“

Doch der Prinz drehte sich von Kakarott weg, straffte seine Figur und sah ernst zu seinem Vater. „Lass uns fahren. Mein Gehilfe bekommt den Rest auch alleine hin.“ Er sah nicht einmal mehr zurück und die Kutsche fuhr über die schneebedeckte Straße davon.
 

Ein ganzes Stück vom Postamt entfernt, aber an einer Stelle, von der aus man es gut beobachten konnte, standen ein knollennasiger Grobner und eine spindeldürre Ellbogner nebeneinander und beobachteten das Treiben.

„Das“, krächzte die Grobner. „Wäre es dann also mit dem Postboten gewesen.“

Der Ellbogner lachte knurrend. „Dann müssen wir uns ja jetzt nur noch um diesen Herrn Klaus kümmern und dann ist alles wieder wie früher.“

„Oh ja, das wird es sein.“

Eine bedrohlich wirkende Stille entstand, während sie die Kutsche zwischen den Häusern aus den Augen verloren und die kleine Gestalt des rot gekleideten Kakarotts im Postamt verschwand.

„Können meine Leute jetzt eigentlich aufhören Briefe zu schreiben? Sie beschweren sich, dass ihnen die Finger weh tun.“, fragte der Ellbogner und die Grobner schloss genervt die Augen.

„Hast du eigentlich auch nur irgendein Wort des Planes, den wir besprochen haben, verstanden?“

„Du hast nur gesagt, wir sollen Briefe schreiben und sie auf das Postschiff schmuggeln.“

„Und weiter?“

„Ähhh...“

Die Grobner massierte sich die Stirn, als hätte sie Kopfschmerzen. „Wie kann es sein, dass wir euch nie haben besiegen können?“, murmelte sie zu sich selbst und sagte dann laut: „Briefe schreiben, bis wir den Postboten losgeworden sind. Das sind wir nun, richtig?“

„Äh...ja.“

„Also?“

„Also was?“

„Also müsst ihr keine Briefe mehr schreiben!“, platzte der Grobner der Kragen.

„Und wir haben auch keinen Frieden mehr?“

„Keinen Frieden.“, bestätigte sie und die beiden Oberhäupter sahen sich aus finster dreinblickenden Augen an. „Nachdem wir Klaus losgeworden sind.“

Der Ellbogner lachte.
 

Vegeta konnte es kaum glauben. Über ein halbes Jahr war er nun an diesem Ort gewesen, hatte sich die Hände wund gearbeitet und nun … nun war es vorbei. Das Märchen war vorbei. Sobald er mit der Fähre übergesetzt haben würde, würde Angeama ihn hier rausholen. Nur noch wenige Stunden, dann war es zu Ende. Endlich.

Sich auf die Relling stützend, er war in seiner Zeit in Zwietrachtingen so oft an der Luft gewesen, dass er es plötzlich in der beengten Kutsche mit seinem Vater nicht mehr ausgehalten hatte, blickte er zu den Fischgebeinen empor, die ihn vor so vielen Monaten hier willkommen geheißen hatten. Sein Blick schweifte weiter, über die Häuser, den Berg hinauf. Bunte Lichter waren überall zu sehen und tauchten die Stadt in ein Farbenmeer. Selbst der heute so hell leuchtende Vollmond schien in einem wunderschönen gelblichen Ton auf sie herab. Es war irgendwie beeindruckend, wie sehr sich dieser Anblick von dem unterschied, der ihn damals hier begrüßt hatte. Und das hatte die Stadt wohl ihm zu verdanken, also … ihnen. Kakarott und ihm. Sie hatten das vollbracht. Gemeinsam.

Irritiert schüttelte er den Kopf und richtete sich ruckartig an der Reling auf. Was dachte er da nur?! Wie kam er … wie konnten sich solche Gedanken in seinen Kopf schleichen? Er war eindeutig zu lange mit Kakarott in einem Zimmer gewesen. Gut, dass das nun vorbei war. Mit einem abwertenden Schnauben drehte er der Stadt und damit Goku den Rücken zu.

„Mau.“

Mau?

„Miiiauu.“

Was zum …?

Zu seinen Füßen blickend, entdeckte Vegeta die Quelle des Geräuschs. Nicht zu glauben, da saß ein schwarz-grau getigertes, großes Fellknäuel vor ihm, einen Holzfisch mit Schnur im Maul und maunzte ihn an. Fixierte ihn regelrecht mit seinen großen grünlichen Augen als wolle es ihm etwas sagen.

„Was?“, schnauzte er nach unten.

„Mau.“, kam als Antwort zurück.

Vegetas Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. „…lass mich in Frieden.“

Der Kater legte das Fischspielzeug vor die Füße des Prinzen, blickte wieder zu ihm auf und erneut ertönte ein lang gezogenes „Maaau“.

„Tz. Such dir jemand andern zum Spielen.“ Doch das Katerchen ließ sich von Vegetas abweisenden Worten nicht beeindrucken, stattdessen kam es auf ihn zu, begann seine Beine zu umschmeicheln und zu schnurren.

Die Augen verdrehend fiel Vegetas Blick auf den hölzernen, bunten Fisch am Boden, der dem Prinzen irgendwie bekannt vorkam. Es war doch eines der ersten Spielsachen gewesen, die er bemalt hatte, oder nicht? Die Farben passten nicht zusammen, die Übergänge waren schlampig und da war tatsächlich dieses orangene, durchgestrichene K zu sehen, welches Vegeta vor lauter Zorn gemalt hatte, weil Kakarott es tatsächlich gewagt hatte, seine Arbeit zu kritisieren. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen als er daran zurückdachte, wie der Jüngere daraufhin beleidigt einen Schmollmund gezogen hatte. Moment ...

Vegeta sah wieder zu dem Kater, der sich gerade zwischen seinen Beinen durchschob und zu ihm nach oben sah. Ihre Blicke trafen sich. Dieser Kater … der gehörte doch diesem braunhaarigen Mädchen, dass sich von ‚Klaus‘ ein Spielzeug für ihren Kater gewünscht hatte, weil der immer so traurig aus dem Fenster starrte.

Als Kakarott und er ihr den Fisch mit der Schnur eines Nachts vorbeigebracht hatten, war das Mädchen am nächsten Tag voller Freude durch die Straßen gelaufen, gefolgt von ihrem Kater, der miauend und schnurrend dem Fisch an der Schnur hinterher gejagt war. Und verdammt nochmal, was war das für ein befriedigendes Gefühl gewesen, die beiden so durch den Schnee rennen zu sehen; was er jedoch nie und nimmer auch nur einer Seele gegenüber zugegeben hätte!

Vegetas Hände ballten sich zu Fäusten. Das Mädchen würde tottraurig sein, wenn ihr Kater verschwinden würde. Und … Kakarott, der Trottel, würde bestimmt auf ihn warten. Stundenlang, wahrscheinlich die ganze Nacht und die Arbeit, die er zu erledigen hatte, würde liegen bleiben und ihr Plan würde nicht aufgehen. Verflucht nochmal! Aber, war das nicht egal? Immerhin dürfte das Märchen vorher beendet sein und sie würden sich im Inhaltsverzeichnis wiedersehen. Aber … Vegeta rieb sich fluchend über das Gesicht. Gott, er hasste es unerledigte Dinge zurückzulassen … egal um was es sich dabei handelte.

„Miau.“

Er sah nach unten. Die Katze kratze an seinem Stiefel.

„MIAU!“

„Scheiße, das darf doch nicht wahr sein!“, schrie Vegeta wütend, schnappte sich den Kater, schob sich den Holzfisch in die Jackentasche, blickte über die Relling in das schwarze Wasser, danach zu dem Steg, der immer kleiner wurde, hoch zu den Fischgebeinen, die an den Masten davor aufgehängt waren, zurück zur Kutsche seines Vaters, wieder zum Steg und dann tat er etwas, das er nie erwartet hätte. Er sprang auf das Geländer, balancierte auf dem Mast, der am hinteren Ende des Schiffs schräg nach oben führte, bis zu dessen Ende, ging in die Hocke und sprang. Bekam gerade noch so eine der knöchernen Rippen des riesigen Fisches zu fassen, was das ganze Gehänge in Bewegung setzte. Er schaukelte hin und her, der Kater krallte sich an seiner Jacke fest und miaute, als wolle Vegeta ihm den Hals umdrehen, und dann ließ er los, flog hoch durch die Luft und landete doch tatsächlich schwankend auf dem letzten Balken des Stegs. Völlig perplex blinzelte Vegeta einige Sekunden lang ohne sich zu bewegen, aber ja, er war nicht wie befürchtet im Eiswasser gelandet. Es grenzte schon fast an ein Wunder. Ein Weihnachtswunder, wie es Kakarott mit Sicherheit bezeichnen würde …
 

Kopfschüttelnd setzte Vegeta den Kater ab, nachdem dieser mehrmals seine Krallen in seinen Arm geschlagen hatte und ihn damit von seinen lächerlichen Gedanken an seinen Artgenossen abgelenkt hatte. Er hatte ja schon befürchtet das Katzenvieh die ganze Zeit tragen zu müssen, doch dann war zum Glück auf die glorreiche Idee gekommen das Fischspielzeug wieder aus seiner Tasche zu holen. Die Schnur also festhaltend hatte er ausprobiert, ob der Kater ihm folgen würde und tatsächlich, er trabte hinter ihm her, als sei er ein Hund. Und dabei hatte Vegeta Katzen bisher für intelligenter gehalten. Egal. Die Schnur also festhaltend und die Hände tief in den Taschen vergrabend, stapfte er durch den Schnee und suchte das Haus. Zum Glück hatte er sich als Postbote eine recht gute Karte von Zwietrachtingen in seinem Kopf angelegt, sodass es ihm leicht fiel dieses zu finden.

In einem der beleuchteten Fenster konnte er auch tatsächlich das Mädchen sitzen sehen, wie es traurig und angespannt in die dunkle und kalte Nacht hinausspähte. Vegeta packte den Fisch und warf ihn recht zielgenau in den Lichtkegel des Fensters. Wohl wieder so ein bescheuertes Weihnachtswunder, denn eigentlich war seine Figur nicht gerade geschickt, was das Werfen von Sachen betraf. Wie dem auch immer sein mochte, der Kater sprang durch die Gitterstäbe des Eingangstors dem Spielzeug hinterher. Sich schon dem Weg zum Postamt zuwendend, blieb Vegeta stehen, als hinter ihm ein Freudenquietscher zu hören war, der in den Ohren klingelte.

„BAGIRAAA! DA BIST DU JA WIEDER!“ Das Mädchen hatte das Fenster hochgeschoben und war gerade im Begriff nach draußen zu klettern. Sie schloss den Kater in die Arme, drückte ihn fest an sich und als ihr Blick Vegetas Gestalt streifte, begannen ihre Augen zu strahlen. „Danke! Danke, Herr Postbote! Mein Bagira! Du hast mir meinen Bagira zurückgebracht!“

Vegeta brummte „Gern geschehen.“ als Antwort und wollte endlich weiterlaufen, als die Kleine, dicht gefolgt von ihrem Kater, nun auch noch auf ihn zukam. Sie zupfte an seiner Hose und er sah sich genötigt mit finsterem Blick in die Hocke zu gehen.

„Was?!“, raunzte er, in der Hoffnung sie zu vertreiben. Doch die Kleine, gänzlich unbeeindruckt von dieser schroffen Art, schlang ihre dünnen Ärmchen um seinen Hals und drückte ihm einen Schmatzer auf die Wange.

„Vielen Dank.“, flüsterte sie leise und irgendetwas an der Art, wie sie das sagte, brannte sich schmerzhaft in … in was auch immer da gerade in ihm weh zu tun begann.

„Meike? Meike! Was tust du denn da draußen?“ Die Stimme einer besorgten Frau hallte vom Fenster herüber und ließ das kleine Mädchen sich umdrehen.

„Mami, schau doch mal...der Postbote hat mir Bagira zurückgebracht!“ Die Kleine rannte so schnell sie konnte zum Fenster und Vegeta schaute, dass er davonkam. Das würde ihm jetzt gerade noch fehlen … noch mehr Gefühlskram … aber … irgendwie … fühlte er sich … einfach … besser. Besser als noch auf dem Schiff. Besser als zu der Zeit, als er Zwietrachtingen zum ersten Mal betreten hatte.
 

So setzte er gedankenversunken seinen Weg fort und bemerkte nicht, dass er den großen Platz mit der Glocke ansteuerte. Den Platz, auf welchem sich die Bewohner der Stadt bei seiner Ankunft an die Gurgel gegangen waren. Auch an diesem Abend war der Platz voller Bewohner, doch sie gingen sich nicht an die Gurgel, ganz im Gegenteil. Der Platz war mit Lampions geschmückt, es gab Buden an denen Zuckerwerk verkauft wurde, Kinder rannten umher und spielten gemeinsam, es roch appetitlich und … es schien einfach egal zu sein, wer Grobner und wer Ellbogner war. Die Bewohner von Zwietrachtingen feierten den Vorabend von Weihnachten … gemeinsam.

An allen Ecken wurde er von den Bewohnern gegrüßt, man schenkte ihm viele Lächeln, gut gemeinte Klapse auf seine Schultern und immer wieder wurde ihm ein Keks oder Kuchenstück in die Hand gedrückt.
 

'Eine wahrhaft selbstlose Tat befeuert die Nächste.', kamen ihm mit einem Mal Kakarotts Worte wieder in den Sinn.

War es das? War es das, was mit dieser Stadt passiert war? Hatte diese eine gute Tat von Kakarott, einem traurigen Kind ein Spielzeug zu schenken, dafür gesorgt, dass sich eine ganze Stadt wandelte? Konnte es so etwas geben? Hatte es so etwas nicht auch schon gegeben? War der Unterschied zwischen einer Stadt und einer Person so groß? Selbst wenn diese Person ein Saiyajinprinz war?
 

Ein weiterer Klaps auf Vegetas Schulter riss ihn aus seinen philosophischen Gedanken. Er bekam einen dampfenden Becher mit heißem Orangensaft in die Hand gedrückt, atmete das Aroma ein … und seufzend wieder aus. Ja, wer hätte das gedacht? Vegeta empfand Zufriedenheit. Das … das hier war … es war zu einem Spiegel geworden, zu einem Spiegel seiner selbst und auch, irgendwie zu einem Teil von ihm, zu seiner Stadt. Die Bewohner zu … zu seinen Leuten. Und verflucht noch eins, er wolle verdammt sein, wenn er ihnen heute Nacht nicht alle Weihnachtsgeschenke ausliefern würde, nicht alle reparierten und neuen Spielsachen, die sie in seine Hände gelegt hatten!
 

Voller Enthusiasmus, der für ihn so völlig fremd war, steuerte er ohne weitere Umschweife sein Postamt an. Verdammt, dann war es eben so! Er und Kakarott … sie würden das jetzt durchziehen! Bis zum Schluss! Mit einem Lächeln im Gesicht kam der Prinz beim Postamt an. Doch dort angekommen verschwand langsam … Stück für Stück … das Lächeln wieder aus seinem Gesicht, denn sowohl vom Schlitten mit dem Geschenkberg, als auch von Kakarott fehlte jede Spur. Das durfte doch nicht … war der Kerl etwa ohne ihn losgezogen?!

Wutschnaubend riss Vegeta die Postamttür auf, die Hühner flogen erschrocken auf, Federn fielen zu Boden, es gackerte in allen Ecken, aber tatsächlich, Kakarott war nicht da. Vegeta hatte sich schon wieder umgedreht und wollte die Tür hinter sich ins Schloss werfen, als er innehielt. War da … war da nicht …?

Mit zusammengekniffen Augen wandte er sich nochmal dem Innenraum zu. Scheiße, da war tatsächlich … Blut am Boden. Seine Augen wurden noch schmaler. Da war eine Blutlache und Schleifspuren bis hin zur Tür. Als Vegeta zwischen seine Beine sah, bemerkte er, dass diese dort weiter ging. Sie führte über die Veranda, in den Schnee und erst dort, wo vor wenigen Stunden noch der Schlitten mit den Geschenken gestanden hatte, endete sie. Das … das … was zum Henker war hier in seiner Abwesenheit nur passiert?!
 

Vegetas Herz hatte zu rasen begonnen, seine Gedanken liefen auf Hochtouren und immer wieder schrie eine Stimme in seinem Kopf ganz laut ‚Kakarott!‘.

Den einzigen sinnvollen Gedanken, den sein Hirn in diesem Moment ausspuckte, war, dass er den Schlittenspuren folgen musste, die eindeutig aus der Stadt zu führen schienen. Einem Instinkt folgend, lief er nur noch zu Ponykakarott, sprang auf dessen Rücken und gab ihm die Fersen. Siehe da … dieses Pony konnte tatsächlich laufen. Und wie es lief!
 

Sich an die Mähne Kakarotts klammernd ritt er zur Berghütte im Norden der Insel, hielt aber vor der letzten Biegung an, beruhigte Ponykakarott und spähte vorsichtig um die Kurve. Er hatte sich nicht getäuscht. Das Flackern von Feuer hatte ihm verraten, dass hier jemand war. Zum Glück hatte er das in dieser schwächlichen Postbotengestalt wahrgenommen, sonst wäre er mit voller PKS, also Ponykakarottstärke, in die beiden bekannten Gestalten galoppiert … nun ja, getrabt.

Zwischen Kakarotts Hütte, der Scheune und dem Stall stand der Schlitten, es brannte ein Lagerfeuer und die beiden Anführer der Grobners und Ellbogners waren damit beschäftigt, die Geschenke vom Schlitten direkt in dieses Lagerfeuer zu werfen! Wie … wie konnten sie es wagen?! Kakarott und er, sie … sie hatten Stunden, TAGE!, damit verbracht das alles herzustellen, zu bemalen und zu verpacken. Wutschnaubend krempelte er sich die Ärmel hoch … schwächlicher Postbote hin oder her … für diese beiden Klappergestelle würde es gerade noch reichen!
 

„Hast du es endlich getan?“, ertönte die eiskalte Stimme der Frau, die Vegeta als eine Grobner kennengelernt hatte. Damit war dann wohl der kleinere Kerl der Anführer der Ellbogners.

„Was denn?“, fragte dieser.

„Ob du Klaus endlich aus dem Weg geräumt hast!“

„Hab ihn hinterm Haus im Schnee verbuddelt.“

„Du weißt schon, dass wir ihn nur zusammengeschlagen hatten?“

„Und?“

Die Grobner griff sich laut seufzend an die Stirn. „Vergiss es. Wenn du ihn begraben hast, wird er schon erfrieren, ersticken oder sonst was. Los, schnapp dir die Geschenke und ab ins Feuer damit.“
 

W...was?! Diese beiden hatten Kakarott, der im Körper eines RIESIGEN Holzfällers steckte, zusammengeschlagen?! Das … das … Moment … die Blutspur! Das ganze Blut im Postamt stammte also wirklich von Kakarott!? Das konnte doch nicht wahr sein. Nein. Nein! NEIN! NEIN!!!

Vegeta wusste nicht woher dieses Gefühl kam, ob es sein eigenes war oder das der Figur, die er verkörperte, aber er bekam Panik. Panik, dass Kakarott, dass Klaus, wer auch immer, sterben würde, wenn er nichts unternahm, vielleicht sogar schon tot war. Seine überschnappende Wut und Aggression, die ganz sicher nicht von dem Postboten Jesper stammten, an die Kandare nehmend, beschloss er die beiden Klappergestelle nicht sofort umzubringen, sondern sich erst, und einmal mehr, um Kakarott zu kümmern.

Er schlich lautlos wie eine Katze um die beiden Clan-Anführer herum, hinter das Haus, schaute hektisch in alle Richtungen und erkannte eine Stelle, die sich von dem umliegenden Schnee unterschied. Sie war dunkler, wahrscheinlich vom Vermischen des Schnees mit Erde, Blut oder was auch immer. Rasch war er dort und begann den Schnee zur Seite zu schaufeln. Immer schneller, immer hektischer. Sein Atem beschleunigte sich, sein Herzschlag versuchte dabei seine Atemzüge zu überholen. Und dann … dann berührten seine Finger etwas Festes im Schnee. Er grub weiter und endlich tauchte Kakarotts Gesicht auf. Vegeta schaufelte noch schneller. Schob den Schnee von Gokus Oberkörper, versuchte ihn dann unter den Achseln zu packen und herauszuziehen, doch seine schwächliche Gestalt war dazu nicht in der Lage. Er ließ von Kakarott ab, hockte sich über ihn und blickte auf ihn hinab.

„Kakarott?“ Die Augen des Angesprochenen waren geschlossen, sein Gesicht leblos, seine Lippen blau angelaufen. „Hey…Kakarott?“, fragte Vegeta noch einmal. Seine Hand legte sich auf die Wange des Jüngeren und schlug zu. Gokus Kopf fiel zur Seite und gab Vegeta die Sicht auf dessen Hals frei. Mit zittrigen Fingern strich er sich einen Handschuh ab und legte Zeige- und Mittelfinger an Kakarotts Halsschlagader. Sein Herz machte einen heftigen Sprung als er zwei Sekunden später einen schwachen Herzschlag spürte. Er … er lebte!

Aber der Herzschlag war so schwach, da stimmte etwas ganz und gar nicht. Er beugte sich zu ihm hinab, hielt sein Ohr an dessen Mund und horchte. Und horchte. Nein … nein da war kein Atemgeräusch. Scheiße! Kakarott atmete nicht mehr!

Panisch richtete sich Vegeta auf, rückte Gokus Gesicht wieder gerade. „Du verdammter Idiot! Diesmal…diesmal lass ich mir nicht vorwerfen, dass…dass ich dich hab sterben lassen! Vergiss es! Sonst geht die ganze Scheiße wieder von vorne los!“

Instinktiv schob er den Kopf des Jüngeren ein Stück nach hinten und zog sein Kinn nach unten, sodass sich dessen Mund einen Spaltbreit öffnete. Danach beugte er sich nur noch hinab und … hielt inne. Seine Augen starrten auf Kakarotts Mund, huschten zu dessen geschlossenen Augen, wieder zurück zu seinen Lippen. Er zögerte eine Sekunde, doch dann schloss er einfach seine Augen, holte tief Luft und umschloss Kakarotts Lippen mit den seinen und blies. Danach entfernte er sich nur einige Zentimeter, holte wieder Luft und atmete wieder in die Mundhöhle des Jüngeren aus, ehe er begann Kakarotts Brustkorb zu bearbeiten. Nach dem fünfzehnten Eindrücken … endlich … ENDLICH … regte sich etwas auf Gokus Gesichtszügen. Seine Augenbrauen zuckten, zogen sich zusammen und gerade als Vegeta seinen Mund wieder auf Gokus drücken wollte, drehte sich Kakarott hustend auf die Seite. Vegeta sackte das Herz in die Hose.

Kakarott hustete, als würde er seine komplette Lunge nach draußen befördern wollen. Doch schließlich ließ es nach und er drehte sich zu Vegeta um … seine Augen wurden groß wie Untertassen und Vegeta erkannte, was das bedeutete. Jemand stand hinter ihm.
 

Schneller als er das diesem Schwächling Jesper zugetraut hätte, rollte sich dieser auf die Seite und entging gerade so dem Schlag der Schaufel, den der knollennasige Ellbogner ausführte.

„Sieh mal einer an, wer sich da hierher verirrt hat.“, krächzte die Stimme der Grobner. „Schade, schade, Herr Postbote, dass sie nicht mit zurückgefahren sind. Jetzt müssen wir sie leider auch aus dem Weg schaffen.“

Panik stieg in Jesper nach oben und in Vegeta. Auf dem Hosenboden sitzend robbte er vor dem Grobner zurück, bis sein Rücken an die Wand der Scheune stieß. „Warum“, seine Stimme zitterte tatsächlich. „Warum macht ihr das?“

„Warum?“ Die Grobner tat so als müsse sie überlegen. „Tja, vielleicht um diese ganzen Idioten wieder unter Kontrolle zu bekommen. Um wieder die Herrschaft über sie zu haben und damit wir endlich wieder die einflussreichste Familie von Zwietrachtingen werden.“

Der Ellbogner ließ die Schaufel sinken und wandte sich mit wütendem Gesichtsausdruck zu der dürren Frau um. „Die einflussreichste Familie von Zwietrachtingen sind die Ellbogners!“

Vegeta sah seine Chance gekommen. Er zwang diesen schwächlichen Körper dazu aufzuspringen, schleuderte dem Ellbogner einen Haufen Schnee ins Gesicht, trat ihm ans Schienbein und entwand ihm die Schaufel. Diese als Waffe über seinem Kopf haltend, ging er auf die Grobner zu, die ihren Stock wie einen Degen vor sich hielt.

„Keinen Schritt weiter!“, kreischte sie. Doch Vegeta ließ sich nicht beirren. Er hatte wirklich die Schnauze voll von diesen beiden Verrückten.

„Hau ab!“, schrie er. „Verzieh dich!“ Doch die Alte schien das Feld nicht so einfach räumen zu wollen. Hinter ihm konnte er hören wie Kakarott versuchte auf die Beine zu kommen. Dadurch abgelenkt, merkte er nicht, wie die Alte in den Angriff überging. Vegeta kassierte völlig überrascht einige schmerzhafte Schläge von dem knochigen Stock, ehe er diese mit der Schaufel parieren konnte. Es entstand ein haarsträubend skurriles Duell zwischen ihm mit der Schaufel und der Alten mit ihrem Gehstock.
 

„Achtung!“, rief Goku plötzlich hinter ihm und Vegeta sprang genau rechtzeitig zur Seite, um dem hinterhältigen Angriff des Ellbogners auszuweichen, der dank Kakarotts Warnung einen Bauchplatscher in den Schnee machte, ein Stück weit rutschte und die Grobner von den Füßen holte.

Völlig außer Atem stützte sich Vegeta auf seine Schaufel und sah dem nun entstehenden neuen Kampf der beiden Anführer zu. Die Grobner beschuldigte den Ellbogner als Trottel, dass er sie von den Beinen geholt hatte und der Ellbogner beschuldigte sie als Idiotin, weil sie immer viel zu viel nachdachte und ihr Plan mit den Briefen zu viel Zeit gekostet hatte. Sie hätten die beiden gleich erledigen sollen.

Irritierenderweise drängte sich Vegeta in diesem Moment der Gedanke auf, ob er und Kakarott auch solch ein lächerliches Bild abgaben, wenn sie sich im Beisein eines ihrer Gegner plötzlich in die Wolle bekamen ...
 

„Vegeta!“ Gokus Stimme klag alarmierend und der Prinz drehte sich zu ihm um. Der Größere hatte sich mittlerweile aufgerichtet, lehnte an der Scheune und sah auf den Platz zu dem kleinen Feuer. „Wo…wo ist der Schlitten mit den Geschenken?“

„Was?!“ Die Schaufel hinwerfend rannte Vegeta um die Scheune herum … der Schlitten war weg … ihre Fahrkarte nach draußen war … weg …

Hieß das … würde das … mussten sie etwa dann noch ein ganzes Jahr in diesem Dorf bleiben, bis sie endlich hier rauskamen?! Das … das … Moment … das waren doch Spuren im Schnee!

„Kakarott, schnell! Wir müssen hinterher! Bestimmt hat irgendjemand von der Sippe den Schlitten gestohlen!“ Vegeta wollte schon durch den tiefen Schnee losrennen, als er von Kakarott gepackt wurde und dieser ihn auf etwas aus Holz niederdrückte, das wie ein … kleiner Schlitten aussah. Irritiert sah er zu seinem Rassenmitglied. Dieser grinste ihn an.

„So geht’s schneller.“ Und mit einem ordentlichen Schubs der starken Arme von Klaus, beförderte er sie über die kleine Kuppe. Auf den Spuren des Geschenkeschlittens ging es in rasendem Tempo den Hügel hinunter. Im ersten Moment setzte Vegetas Herzschlag aus, als erst ein Baum, dann ganz viele Bäume in rasendem Tempo an ihnen vorbei sausten. Man konnte deutlich sehen, wo der Schlitten entlanggefahren war, denn immer mal wieder hatte er einen Baum gestreift oder einen Kleineren nieder gemacht. Schneller und schneller wurde ihre wilde Fahrt und irgendwie … machte die ihm sogar richtig Spaß. Kakarott, der Idiot, stieß hinter ihm ein Freudengebrüll aus, die Kopfwunde schien er völlig vergessen zu haben, und dann endlich … endlich sahen sie den Schlitten vor sich, der sich an einem sehr hohen Stein verheddert hatte. Moment … war hinter dem Stein nicht …

„KAKAROTT!! Wo sind die Bremsen an diesem Ding?“

„Was?“

„DIE BREMSEN!!!“ Vegeta zeigte nach vorne.

„Oh...“

Sofort rammte Son Goku seine Beine in den Schnee. Vegeta sah das, verstand das Prinzip und tat es ihm gleich. Sie würden sterben, sie würden sterben, sie würden so was von sterben …
 

Der Abgrund kam immer näher und näher auf sie zu, ihr kleiner Schlitten wurde nicht wirklich langsamer. Sie rauschten am großen Schlitten vorbei, das Nichts vor ihnen kam immer näher und näher und Vegeta kniff nur noch die Augen zusammen, wartete auf die Schwerelosigkeit des Falls, diese kam …

… und er kullerte wild sich selbst überschlagend durch den Schnee.

In weiter Entfernung, unter ihnen, hörten sie den Holzschlitten zerbersten.
 

Heftig atmend, den Blick in den klaren Sternenhimmel über sich, blieb Vegeta einfach auf dem Rücken liegen, als er zu realisieren begann, dass Kakarott sie vom Schlitten gezogen hatte. Ihnen einfach so … mal wieder … das Leben gerettet hatte.

Neben ihm begann plötzlich dieses eigentümliche Lachen, dieses 'Ho Ho Ho', welches auf unwiderstehliche Art ansteckend war. Er blickte zu Kakarott, der ebenso wie er im Schnee lag und sich gar nicht mehr einzukriegen schien. Schmunzelnd kehrten Vegetas Augen zu den Sternen zurück. Das Lachen neben ihm wurde leiser und verstummte schließlich, während sie noch immer schwer und vom Adrenalin vollgepumpt, atmeten.

Stille trat ein, aber eine Stille die beruhigend wirkte, in der man einfach nichts sagen musste, weil jedes Wort überflüssig war. Sie hatten überlebt, mal wieder. Er hatte Kakarott das Leben gerettet, und dieser seins, mal wieder. Dies schienen sie einfach nicht loszuwerden. Egal was sie machten, egal wohin sie gingen, egal was sie taten, egal wer sie waren. Alles brachte sie immer wieder an diesen einen Punkt zurück. Egal was er wollte, egal was er sich vornahm, egal was er sich wünschte …
 

„Kakarott“, durchbrach Vegeta diese eigentümliche Atmosphäre. „…du…wolltest wissen, worauf ich aus bin…“

Die Augen des Jüngeren wurden groß. Seinen Kopf dem Prinzen zuwendend, fragte er vorsichtig: „…ja?“

„…die Wahrheit ist…ich…bin mir...nicht mehr sicher.“

Son Goku schwieg, beobachtete das Profil des Prinzen, dessen Blick an den Sternen über ihnen hing.

„Ich war lange Zeit immer auf etwas ganz Bestimmtes aus. Aber…so…ist es einfach nicht mehr.“

Wieder Schweigen. Seit wann war Kakarott so ein guter Zuhörer? Und seit wann war Unsicherheit für ihn selbst in Ordnung? Und … war es das denn? In Ordnung? Er schätzte schon …

Goku schwieg weiterhin und Vegeta hielt es plötzlich nicht mehr aus, drehte den Kopf und sah, dass der Jüngere ihn die ganze Zeit beobachtet hatte. Schnell wandte er seinen Blick ab und sah zurück zu den Sternen. Vielleicht hatte das ja etwas mit dem schweigsamen Klaus zu tun; das Kakarott endlich mal seine Klappe hielt. Vegeta wusste es nicht, aber … es war auf jeden Fall das Richtige. Es ließ ihn weiter reden …

„Kakarott…du…weißt es, oder? Seit du Freezer besiegt hast…nein, das stimmt nicht. Schon davor…eigentlich seit wir uns das erste Mal begegnet sind…du musst es wissen.“

Der Herzschlag des Angesprochenen beschleunigte sich … meinte Vegeta etwa …?

„…ich war immer darauf aus, dich zu besiegen, dich zu übertreffen, stärker zu werden als du…doch jetzt…“

Wieder Stille, aber nicht lange. Goku konnte einfach nicht mehr anders. Er wollte … er musste es wissen. Musste wissen, was Vegeta ihm da gerade zu sagen versuchte. Vorsichtig richtete er sich auf, stützte sich auf einen Arm und blickte auf den Älteren hinab. Ihre Blicke trafen sich und erst nach einigen weiteren schnellen Herzschlägen schaffte er es zu fragen: „…jetzt…ist es nicht mehr so?“ Da war er wieder, der Kakarott den er kannte. Der Nichts auf sich beruhen lassen konnte. Sekunden verstrichen, während sich ihre Blicke verfingen, sie einander ansahen, nicht wissend, was sie von ihrem jeweiligen Gegenüber in diesem Moment halten sollten.

„Jetzt…“, begann überraschend Vegeta zu flüsternd, während Gokus Augen aufgeregt zu den Lippen des Prinzen wanderten, damit er auch ja kein Wort verpasste. „…JETZT…lass uns einfach die Geschichte hinter uns bringen!“ Vegeta entzog sich dem hypnotischen Moment und Kakarotts Blick und richtetet sich auf, während Gokus Augen ihm völlig verwirrt und vielleicht auch ein wenig zerknirscht folgten. Immerhin hatte er gerade das Gefühl gehabt, dass ihm Vegeta etwas wichtiges sagen wollte. „Aber…!“, versuchte er den Prinzen zurückzuhalten, doch ohne Erfolg.

„Nicht aber! Komm jetzt!“

Resignierend und leise seufzend wandte der Jüngere seinen Blick von Vegetas davonstapfenden Rücken ab und sah enttäuscht auf die Kuhle im glitzernden Weiß, in der der Kopf des Prinzen eben noch gelegen hatte. Mit einem Mal pochte sein Herz ganz laut als er sich an ein Gespräch erinnerte, das sie vor so langer Zeit, noch bevor sie in das Märchen des roten Ettin geworfen worden waren, geführt hatten.
 

‚Du wirst mir damit aber ewig auf die Nerven gehen!‘, waren Vegetas Worte, die in seiner Erinnerung leise widerhallten.

‚Dann geh ich dir halt ewig auf die Nerven!‘

‚Darauf hab ich aber keinen Bock!‘

‚Mir doch egal! Ich bin dir ja auch egal!‘

Gokus Kopf schoss nach oben. Seine Augen suchten den Hang ab, bis sie den Älteren ausmachten, der schon fast beim großen Schlitten angekommen war.

‚Bist du nicht!‘
 

Lächelnd sprang er auf die Beine, klopften sich den Schnee ab und hob seine Hände, zu einem Trichter geformt an seinen Mund. „Du bist mir auch nicht egal, Vegeta!“, brüllte er dem Prinzen hinterher. Er bekam natürlich keine Antwort … aber er hatte auch gesehen, wie Vegeta kurz inne gehalten und seinen Kopf zu ihm zurückgedreht hatte.
 

Gemeinsam schafften sie es den Schlitten zurück zur Hütte zu ziehen, wobei Son Goku, oder der riesenhafte Holzfäller Klaus, die meiste Arbeit verrichtete und Vegeta, in der Gestalt des schmächtigen Postboten Jesper, einfach nur versuchte Steine und Äste aus dem Weg zu räumen. Es dauerte seine Zeit, doch gemeinsam schafften sie es. Während Vegeta in die Scheune ging um nachzusehen, ob sie dort noch ein paar Spielsachen befanden, oder andere Dinge, die sie verwenden konnten, um die verbrannten Geschenke zu ersetzen, sammelte Goku die versprengten Rentiere ein und spannte sie vor den Schlitten.

Wie auch immer es möglich wurde, was auch immer den Zauber … dieses ganzen Humbugs, dieses Tages, dieser Nacht, dieser Zeit ausmachte … Vegeta fand genug Geschenke, Goku die Rentiere und gemeinsam und schweigend konnten sie in dieser Nacht ihren Plan, allen Bewohnern Zwietrachtingens ein Geschenk zu bringen, umsetzen. Vielleicht gelang es ihnen nur, weil sie ohne zu streiten zusammenarbeiteten, vielleicht, weil es keine Fallen und böse Hunde mehr in den Gärten und Höfen gab, vielleicht, weil alle Tore und Türen geöffnet waren und vielleicht, weil in jedem Haus eine kleine Stärkung auf sie wartete. Vielleicht gelang es ihnen aber auch nur, weil Weihnachten war. Und vielleicht … aber wirklich nur vielleicht, weil sie sich ein wenig … ein klitzekleines bisschen … während der Geschichte von ‚Klaus‘ … einander angenähert hatten.
 

In der frühen Dämmerung, als sie beide völlig erschöpft, schweigend und frierend nebeneinander durch den sanften Schneefall zurück zur Poststation gingen, war es Goku, der zuerst die Stufen zur Veranda hinaufschritt und die Tür öffnete.

„Vegeta.“

„Mh?“ Der Prinz blickte von Ponykakarott, mit dem sie die letzten Pakete in die kleinen Gassen gebracht hatten und den er gerade in den Schuppen bringen wollte, auf zum echten Kakarott, der ihn ungläubig anblinzelte. „Was ist?“

Immer noch irritiert dreinblickend, trat Goku einen Schritt zur Seite und gab Vegeta den Blick auf die offenstehende Tür des Postamtes frei. Dahinter war es schwarz.

Vegetas Augen weiteten sich. Das … konnte das wahr sein? War das tatsächlich das Inhaltsverzeichnis von Angeama?! Es kaum glauben könnend, lief Vegeta an Kakarotts Seite und starrte in die vor ihnen liegende Dunkelheit.
 

„Vegeta?“

Er blickte zu dem Größeren neben sich auf, auf dessen Lippen sich ein Lächeln abzuzeichnen begann. „…frohe Weihnachten.“

Der Ältere konnte es nicht verhindern, aber auch über sein Gesicht huschte der Anflug eines Lächelns. Sie hatten es geschafft. Sie hatten Klaus endlich zu einem Ende gebracht.

Sich ein letztes Mal umdrehend, den fallenden, lautlosen Schnee beobachtend und das Schnauben Ponykakarotts wahrnehmend, verabschiedete sich Vegeta innerlich von diesem Ort, von Zwietrachtingen, von all den Kindern und verrückten Einwohnern, denen … denen sie so viel mehr gebracht hatten als Geschenke.
 

„Vegeta? Kommst du?“

Aus seinen Gedanken gerissen, wandte er sich von der Geschichte ab und blickte in das fröhliche Gesicht, welches ihn unter einer roten Fellmütze mit weißem Rand ansah. Dicht vor der Tür zu Angeama stehend und ihm mit diesem vertrauenden Ausdruck tatsächlich schon wieder die Hand entgegen streckend.

Mit einem Gefühl, welches Vegeta nicht richtig zu deuten vermochte, marschierte er auf die Türe zu, auf den Ausgang. Die Hand des anderen Saiyajins ignorierte er natürlich, aber als er an ihm vorbei ging murmelte er etwas, was er selbst niemals für möglich gehalten hätte.
 

„…frohe…frohe Weihnachten…Kakarott.“

Es war einmal ...

Als sich die Tür zu Klaus hinter ihnen schloss, verschwand diese mit einem leisen Puff und einer kleinen Staub-, oder war es eine Schneewolke? Jedenfalls war sie weg. Einfach weg, als ob es sie nie gegeben hätte. Genauso war die blaue Postbotenuniform und der rote Mantel, sowie auch die rote Mütze mit der weißen Pelzumrandung verschwunden. Da standen sie nun, im schwarzen Nichts des Inhaltsverzeichnisses, allein, sich selbst überlassen, auf die Dunkelheit vor ihnen starrend und allem voran wieder sie selbst. Auch von Opa, Cernunnos oder diesem Neuling…Svarog fehlte jede Spur. Und Vegeta und Goku wussten, was das bedeutete. Wie hatte Opa es damals beschrieben? Es war Zeit, über das Gelernte angemessen zu reflektieren. Erst dann würde Angeama ihnen den Weg in das nächste Kapitel freigeben.
 

Doch, wenn Vegeta ehrlich war, wollte er nicht darüber nachdenken. Er hatte genug Zeit in Klaus mit Nachdenken verbracht. Mit reflektieren. Mit …

„Oh schade.“

Mit … Kakarott, dachte der Prinz seinen begonnenen Satz zu Ende. Die Augen für einige Sekunden einfach nur schließend und tief durchatmend, wandte er sich dem Jüngeren zu. „Was ist schade?“

Als ob Vegeta seinen Artgenossen bei etwas ertappt hätte, zog dieser schnell seine Hand unter seinem Trainingsanzug hervor.

„Nichts.“ Das dämliche Grinsen und das lächerliche sich am Hinterkopf kratzen, das daraufhin folgte, machte den Anblick Kakarotts nur noch verdächtiger.

„Es ist NIE einfach nur NICHTS. Bei dir zumindest nicht.“

„Doch, diesmal schon.“ Goku nahm seine Hand herunter und das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. Danach wandte er sich einfach ab, drehte Vegeta den Rücken zu und es wirkte als würde er sich im Inhaltsverzeichnis, dieser elenden Dunkelheit, umsehen. Vegetas Augen verengten sich, fixierten den Jüngeren. Dann zählte er. Eins. Zwei. Drei. Viiier. Füüün-

„Es ist nur…“ -nf. Wusste er’s doch, dass es nie nichts war. Unbewusst begann Vegeta zu grinsen als sich Kakarott zu ihm umdrehte. Doch als Goku jenes erblickte, verstummte er augenblicklich wieder. „Nein…nein, vergiss es. Es ist wirklich nichts.“ Die Arme verschränkend, drehte sich Goku wieder von dem Kleineren weg.
 

Das durfte doch nicht wahr sein! Jetzt hatte es Kakarott doch tatsächlich geschafft, dass er es verdammt nochmal wissen wollte!! Sich innerlich die Haare raufend, sich zwanzig Mal selbst ermahnend es nicht zu tun, nicht nachzufragen … machte er es doch. Er marschierte um Goku herum, stellte sich mit verschränkten Armen vor den Jüngeren und starrte mit finsterem Blick zu ihm auf. „Jetzt sag’s schon.“

Und dann tat Goku etwas, dass völlig untypisch für ihn war. Er wich Vegetas Blick aus. Er ... hatte bis jetzt seinem Blick IMMER standgehalten! Warum zur Hölle wich er ihm aus?! Scheiße, jetzt war Vegeta noch neugieriger und gleichzeitig, irgendwie irritiert.

„Kakarott. Hey!“

„Lass es gut sein, ja?“

Er sollte es was?! Noch verwirrter als zuvor, starrte er den Jüngeren eine Zeit lang, mit blitzenden Augen an. Dann wurden sie finster. „Tz…schön. Von mir aus. Dann eben nicht. Dann, dann erstick dran.“ Eingeschnappt drehte nun er dem Größeren den Rücken zu.
 

„Ähm…“, kam es kurze Zeit darauf von Goku. „Bist du jetzt sauer?“

„Nein.“

„Sicher?“

„Ja.“

„Okay. Alsooo was glaubst du, wann Opa und die anderen wieder auftauchen?“

„Mir doch egal.“

„Mmh, vielleicht sollten wir uns dann einfach mal ein wenig über Klaus unterhalten? Ich mein wir sollen ja darüber nachdenken, was wir gelernt haben und so.“

Stille.

„Vegeta?“

Stille.

„Hey, Vegeta?“ Goku kam um den Prinzen herum, der sofort seinen Kopf zur Seite drehte.

„Ich dachte, du bist nicht sauer.“

„Bin ich auch nicht.“

„Was ist dann los?“

„… … …nichts.“

Überrascht hob sich eine Augenbraue des Jüngeren bis er realisierte, was los war. „Du“ Goku musste sich ein Grinsen verkneifen. „Willst es wirklich wissen, was?“

„Tzz, nein.“

„Also, soll ich es dir nicht verraten?“

„Mach doch was du willst.“

Jetzt konnte sich der Größere das Grinsen wirklich nicht mehr verkneifen. „Okay. Ich sag’s dir, aber, nicht wütend werden, ja?“

Vegeta musste all seine Selbstbeherrschung aufbringen, sich in jenem Moment nichts, absolut nichts anmerken zu lassen. Wie eine Statue stand er da, rührte sich nicht und sah auch nicht zu Kakarott auf. Fixierte angestrengt einen Punkt in der Dunkelheit. „…ich höre.“

„Na schön. Also“ Goku rieb sich über den Nacken, schon wieder, starrte das Schwarz zwischen sich und Vegeta an. „Ich hab während dem Märchen ein paar Stunden Schlaf ausgelassen und naja, an was gearbeitet halt.“

„Und weiter?“

Einen kurzen Blick auf Vegeta werfend und danach wieder zu seinen Füßen starrend, fuhr Goku fort: „Naja, Klaus konnte ja echt gut schnitzen und so…daher konnte ich das eben auch und“ Erneut huschten seine Augen zum Prinzen und gleich wieder weg. „Da hab ich, also ich hab…naja, ich hab dir eben was geschnitzt.“

Stille.

„Ich wollte es dir an Weihnachten geben, aber dann war da so viel los, der Typ, der dich weggeholt hat…die Zwei Clan-Anführer, die mich zusammen geschlagen haben, der Schlitten und all die Geschenke, die wir dann noch ausliefern mussten, ich wollte es dir eigentlich geben, nachdem wir zurück im Postamt gewesen wären, aber da war ja dann schon die Tür ins Inhaltsverzeichnis und dann sind wir da durch und dann wollte ich es dir eben jetzt geben, aber, naja es war in meiner Manteltasche und der Mantel ist weg und es ist eben auch nicht mehr da, deswegen hab ich gesagt, dass…nichts ist. Ist ja auch nichts mehr da…“

„Du wolltest mir also etwas…schenken?“ Mit skeptischem Blick wandte sich Vegeta zum ersten Mal seit Kakarott zu reden angefangen hatte, diesem zu. Bis jetzt hatte er einfach nur zugehört. Eigentlich hatte er mehr versucht bei Gokus Gebrabbel überhaupt mitzukommen.

„Ja wollte ich.“

Eine Augenbraue des Prinzen hob sich skeptisch nach oben. „Warum?“

„Ähm, warum nicht?“

„Ich…wollte kein Geschenk.“

„Ich weiß.“

„Wir haben uns noch nie was geschenkt.“

„Ich weiß.“

„Das ist doch…das ist…geht’s noch? Das ist doch lächerlich, Kakarott!“

„Dann ist es ja gut, dass es weg ist.“ Mit diesen Worten und einem, für Vegeta überaus irritierenden Gesichtsausdruck, der irgendwie, was? Verletzt? … aussah, blickte Goku einfach nur zur Seite.

„Nachdem du das jetzt weißt können wir ja weiter machen.“
 

Verdammt. Was war das nur? Was sollte das? Wie kam Kakarott nur auf so eine bescheuerte Idee ihm … ihm etwas … und überhaupt … wie war das gewesen? Kakarott hatte deswegen auf den ohnehin sehr begrenzten Schlaf verzichtet? Der, der hatte sich doch nicht mehr alle! Der … das …

Scheiße, verflucht noch eins!

„Was, was war es denn?“

„Mh?“

„Was hast du geschnitzt?“

„Ach, nichts Aufregendes.Nur, naja…ich hab das Pony nachgeschnitzt. Hatte das Gefühl, dass du es irgendwie mochtest. Ich dachte, du freust dich vielleicht darüber, so was wie eine Erinnerung daran zu haben.“

Vegeta blinzelte. Und blinzelte. In seinem Kopf herrschte Stille und Chaos zugleich. Und irgendwie … irgendwo … regte sich etwas in dem Prinzen als Bilder von Ponykakarott an ihm vorbeirauschten und Gesprächsfetzen, die er mit diesem Tier geführt hatte und … und …

„Danke.“, rutschte es ihm plötzlich am Ende von dem Chaos in seinem Kopf heraus.

Überrascht ruckte Gokus Gesicht wieder zu Vegeta und für einen kurzen, aber sehr intensiven Moment, sahen sie sich einfach nur an bis ein strahlendes Lächeln auf dem Gesicht des Jüngeren erschien und Vegeta es mit einem minimalen Heben seines rechten Mundwinkels für eine Sekunde erwiderte. Danach wandte er sich sofort ab. Nicht, dass ihm noch ein dankbares Lächeln oder noch mehr solcher bescheuerten Danksagungen rausrutschten. Aber selbst dieses kurze Lächeln Vegetas reichte Goku schon. Es war ohnehin mehr als er erwartet hatte, denn gerade bei Vegeta wusste er irgendwie nie was genau er überhaupt erwarten konnte …

Doch so ein klitzekleines bisschen war er nun doch zufrieden mit sich.
 

„Na sieh mal einer an“, kam es überrascht, aber auch ein wenig beleidigt, in einem anderen teil des Inhaltsverzeichnisses von Cernunnos. „Was sehen meine Äuglein? Haben die beidne tatsächlich miteinander gesprochen ohne sich anzukeifen wie zwei alte Borkenweiber?“

„Es sieht fast so aus.“, stimmte Opa wohlwollend nickend zu.

Svarog richtetet sich stramm auf. „Ich sagen, ich wissen was tun.“

Cernunnos Schwanzquaste pendelte durch die Luft und er äffte den Zar von Thaurien mit gen Himmel gereckten Augen nach. „Und ich sagen, du haben Glück gehabt.“

„Wie meinen?“

„Glück. Gehabt.“, wiederholte der Herr der Anderswelt und erntete einen bitterbösen Blick von Svarog.

„Immerhin Geschichte nicht so Desaster, wie Geschichte von dir!“

„Meine Herren“, mischte sich Opa in seinem Ohrenbackensessel versöhnlich ein. „Nicht streiten. Es ist doch gut, dass unsere beiden Gäste scheinbar einen kleinen Teil ihrer Differenzen beilegen konnten und sich etwas angenähert haben. Wir müssen uns nun überlegen, wie sie dieses Band festigen können.“

Cernunnos verzog das Gesicht. „Ich sag euch, das wird bei diesen beiden nie etwas. Die sind einfach zu stur.“

„Woher du wollen wissen?“

Der kleine, grüne Gnom mit den Ziegenbeinen und dem großen Geweih auf dem Kopf, wackelte mit diesem. „Das sagt mir mein Gefühl. Bis die hier raus sind, dauert es ewig. Bei dem Einen ist viel zu viel vergraben, was er niemals Preis geben will und der andere denkt nicht mal bis zu seiner Nasenspitze und merkt überhaupt nichts.“

Svarog kniff die Augen zusammen und beobachtetet Vegeta und Son Goku weiter, wie sie an ihrem Platz im Inhaltsverzeichnis standen und sich … nichts mehr zu sagen hatten. „Dann vielleicht Zeit für weiteres Märchen aus meiner Hand.“ Er schlug das Buch Angeama auf und begann darin zu blättern.

Cernunnos sprang heran und riss es ihm aus den Händen. „Wag es ja nicht, sie gleich ein zweites Mal hintereinander in eines DEINER Märchen zu schicken!“ Svarog ging finster drein Blickend auf den Herrn der Anderswelt zu. Opa hob beschwichtigend die Hände.

„Bitte, meine Herren. Keinen Streit. Nicht unter uns. Wir haben unsere Meinungsverschiedenheiten, aber wenigstens sollten wie uns von diesem kindischen Gestreite nicht auch noch anstecken lassen.“ Cernunnos grinste breit und wackelte mit seinen buschigen Augenbrauen in Svarogs Richtung, der sich aber davon nicht provozieren ließ und von dem Herrn der Anderswelt abwendete.

„Was du also schlagen vor, Opa?“

„Nun“, überlegte jener und strich sich über seinen wohlgestutzten Bart. „Ich denke, wir können sie noch ein wenig für sich lassen, ehe wir die nächsten Türen schicken und ich denke auch, diesmal sollten wir ihnen die Wahl überlassen und keine bestimmten Türen für sie heraufbeschwören.“

Die anderen beiden traten neben den Sessel und starrten gespannt in die Finsternis und zu ihren Gästen.
 

Son Goku hatte die Finger in seinem Nacken verschränkt und sah sich gespannt in der Schwärze um. Sie warteten nun schon ziemlich lange und ihm war ein wenig langweilig. Eigentlich hatte er ja damit gerechnet, dass Opa, Cernunnos und der andere … dessen Namen er leider vergessen hatte, sie empfangen würden. Das war aber nicht so gewesen und auch jetzt fehlte von den Dreien jede Spur. Seine Augen wanderten zu Vegeta, der nicht weit von ihm stand. Wie könnte es auch anders sein, mit verschränkten Armen und finster vor sich hin blickend. Aber das machte nichts. Goku lächelte noch breiter. Denn zum ersten mal seit sie in dieses Buch gekommen waren, hatte er das Gefühl, dass sie sich irgendwie verstanden hatten.

Also verstanden in dem Sinne hatten sie sich ja eigentlich noch nie und seit Boo … war es zwar friedlicher zwischen ihnen geworden aber auch wirklich nicht mehr. Sie trainierten hin und wieder mal miteinander und Goku war echt froh, dass er Vegeta als Trainingspartner hatte, aber darüber hinaus sahen sie sich nur zu Bulmas Grillfesten. Gokus Augen wanderten wieder zu Vegetas Rücken. Eigentlich gab es da ja schon ein paar Dinge, die er den Älteren gerne gefragt hätte, auch schon länger, doch Vegeta hatte nie den Eindruck gemacht, als würde er mit ihm darüber reden wollen, als würde er überhaupt über irgendetwas mit ihm reden wollen. Aber. sie warteten ja noch immer … und es passierte nichts … und wenn noch eine ganze Weile nichts passierte, dann … dann … könnte er doch auch die Chance jetzt nutzen, oder?
 

„Vegeta?“

„Mhm?“

„Sag mal...früher...also ganz früher,wie...wie war das denn bei uns?“

Mit fragend gehobener Braue drehte der Prinz seinen Kopf. „Werd deutlicher.“

„Ja also“, mit einem verlegenen Lächeln druckste Goku herum. „Da hier nichts passiert und wir uns doch recht gut verstanden haben gerade...ich wollte eigentlich schon länger mal wissen...wie...also wie es dort war wo wir hergekommen sind.“

Die Irritation in Vegetas Gesicht erreichte eine neue Dimension und er rieb sich genervt über die Schläfe. „Ist dein Gehirn jetzt schon so durchlöchert, dass du vergessen hast wie es in deinem zu Hause aussieht?!“

Goku blinzelte bis er verstand, dann hob er abwehrend die Hände. „Nein, neinneinneinnein, so meinte ich das nicht.“

„Wie dann?“

„Na, ich wollte wissen wie es...wie es...in unserer Heimat ausgesehen hat. Auf...auf unserem Heimatplaneten. Dem, den Freezer...“, seine Stimme wurde immer leiser und nervös wendete er den Blick ab. Er wusste, dass dies ein rotes Tuch für Vegeta war. „...zerstört hat.“, kam es nur noch als ein Flüstern über seine Lippen.

Vegeta klappte die Kinnlade nach unten. Er hatte ja mit vielem gerechnet, aber damit nicht. Damit ganz gewiss nicht. Und vor allen Dingen, hatte er nicht erst vor Kurzem genau darüber nachgedacht? Er versuchte sich zu erinnern. In Klaus war einfach so verdammt viel geschehen.

„Vegeta?“, hakte Goku vorsichtig nach als die erwartete Explosion ausblieb und der Ältere so gar nicht auf seine Worte reagierte. „Alles okay?“

Ruckartig schoss der Kopf des Prinzen nach oben und seine Augen, zu schmalen Schlitzen verengt fokussierten Kakarott, der vorsichtshalber einen Schritt zurück machte. „Wie kommst du JETZT auf diesen Kram?!“

Ein Schulterzucken. „Ist mir grad so eingefallen...und da hier nichts passiert dachte ich...ich frag mal.“ Er konnte ihm ja schlecht sagen, dass er das schon sehr lange wissen wollte, aber niemals gefragt hatte, weil er, Vegeta, nun nicht den Eindruck machte, gerne Geplauder über seine Vergangenheit zu betreiben … überhaupt Geplauder zu betreiben. Aber da sie das hier irgendwie mussten, war das vielleicht die Gelegenheit, die nie wieder kam.

Während Goku das dachte, war Vegeta gedanklich mit ganz anderen Dingen beschäftigt. Zum einen fragte er sich echt, wie Kakarott plötzlich auf diesen Mist kam, oder ob er eine andere Technik entwickelt hatte, seine Gedanken zu lesen, oder mit Tieren zu sprechen und Ponykakarott hatte ihm irgendetwas gepetzt! Nach diesem Gedanken stockte der Fluss in Vegetas Kopf und der Prinz schüttelte ihn, rieb sich innerlich verzweifelt über das Gesicht. Was er da schon dachte! Das war ja lächerlich! Diese blöden Märchen mit ihren beschissenen Märchenfähigkeiten und überhaupt … Kakarott und Gedanken lesen … verdammt, er musste hier raus, bevor er wahnsinnig wurde!
 

Den Jüngeren mit seinem üblichen Blick ins Auge fassend und zu einer geharnischten Antwort ansetzend, um Kakarott klarzumachen, dass er sich seine Fragen sonst wohin schieben konnte, machte er einen Schritt auf ihn zu und wäre fast in eine der plötzlich auftauchenden Türen von Angeama gerannt.

„Verdammt nochmal, was soll der Mist?!“, fluchte er und ging um die Tür herum, nur um festzustellen, dass sich Kakarott von der Tür und ihm abgewandt hatte und sich die ganze Masse dieser betrachtete.

„Oh, ich glaube das Buch will, dass wir weiter machen.“, trällerte die Stimme des anderen Saiyajins überfröhlich in seinen Ohren. „Was denkst du Vegeta? Was nehmen wir?“ Und als der Prinz zu Goku sah, war da nichts mehr zu sehen von der verunsicherten Art und der ebenso verunsichert gestellten Frage von eben. Da stand nur wieder der trottelige, ständig fröhliche und zufriedene Kakarott vor ihm, mit diesem wahnsinnig nervenden Grinsen auf dem Gesicht.

„Woher zur Hölle soll ich das wissen?“, gab er barsch zurück.

„Na du willst doch immer die Geschichten aussuchen.“

„Tz...weil deine immer in einer Katastrophe enden.“

Gokus Gesicht versteinerte.

Vegeta klatschte sich innerlich gegen die Stirn und es kam genau die Reaktion, die er beim erkennen seines Fehlers von Kakarott vermutet hatte.

Nach der Versteinerung wurden Gokus Züge für einen Moment sehr ernst und finster. „Das Feuerzeug hast du dir ausgesucht Vegeta. Und da ist es bisher wohl am meisten eskaliert.“ Wo er recht hatte … aber, sollte er darauf jetzt eingehen?

„Ich dachte das hätten wir geklärt?“

„Geklärt?“

Vegeta hob eine Braue. „Besprochen. Erledigt.“

„Haben wir.“

„Was soll das dann jetzt?“

„Warum interessiert dich das plötzlich?“

„Weil ich keinen Bock habe, dass das noch tausendmal zur Sprache kommt!“

Vegeta folgte Goku durch die Reihen der Türe, während sie sprachen. Plötzlich blieb der Jüngere stehen, ballte kurz seine Hände und ließ sie dann wieder locker.

„Wir haben besprochen, warum es passiert ist, ja.“

„Dann ist doch alles gesagt.“

„Nein.“

„Nein?“

„Nein.“

„Das du mir gesagt hast, warum du es getan hast, ist das eine. Das ich damit erst noch klar kommen muss, ist das andere.“

„Verdammt Kakarott, stell dich nicht so an! Es war ein Märchen! Es ist niemals wirklich passiert!“

Goku drehte sich wütend um. „Für mich ist es das!“

„Für mich aber nicht!“
 

Sie starrten sich an, beide wütend, beide frustriert. Son Goku lag so viel auf der Zunge, was er Vegeta gerne an den Kopf werfen würde, doch er schluckte es runter, dachte an die Momente in Klaus, dachte an diesen einen Satz von Vegeta.

'Bist du nicht!'

Und er wusste, er hatte ihn sich nicht nur eingebildet. Er wusste, Vegeta hatte ihn gesagt und er hatte es in diesem Moment auch so gemeint. Und er hoffte, auch die anderen Dinge, die er in Klaus von dem Älteren gehört hatte, hatte dieser so gemeint … nein, falsch, er hoffte es nicht, er wusste es. Tief durchatmend schluckte er alles hinunter. Er würde einfach später nochmal mit Vegeta reden. Später, wenn es besser passte. Wie es aussah würden sie ja noch eine ganze Weile hier drin feststecken.

„Also gut“, sagte er in friedlichem und versöhnenden Tonfall. „Es sind Märchen.“ Was nichts daran änderte, dass die Dinge darin real waren, fügte er im Geiste hinzu.

Vegeta ahnte davon nichts. „Endlich siehst du es ein.“

Goku nickte.

„Können wir dann weitermachen?“

Goku nickte wieder und der Prinz sah sich mit finsterem Gesicht um. Lass die Namen auf der Tür. 'Der goldene Apfel', 'Die sieben Raben', 'Der alte Bumbaadai', 'Die Tochter des Königs Untersee', 'Die kleine Meerjungfrau', 'Die Froschkönigin' … Gott, es gab einfach so viele davon und er hatte absolut keine Ahnung was sie dahinter erwartete.

„Wollen wir das hier nehmen?“ Vegeta drehte sich zu Son Goku um, der vor einer Tür stand auf der 'Schneeweißchen und Rosenrot' geschrieben stand.

„Wie kommst du denn auf die?“

„Weiß und Rot“, Goku grinste. „Das sind die Farben, die ich in Klaus getragen habe und da lief es doch gar nicht schlecht, oder?“

Vegeta trat skeptisch näher und maß den Jüngeren von der Seite mit einem schrägen Blick. Aber abstreiten, dass sie Klaus wirklich ohne größere Katastrophen hinter sich gebracht hatten, konnte er nicht.

„Scheint mir so gut wie jedes andere zu sein.“

„Na dann.“, weiterhin breit grinsend drückte Goku die Klinke herunter. Die Tür schwang auf, der schon fast vertraut wirkende Sog erfasste sie, zog sie hinein und die Türe fiel hinter ihnen zu.
 

„Puh“, Cernunnos stieß die Luft, welche er angehalten hatte wieder aus. „Das war aber verdammt knapp.“

„Sehr streitlustig sie seien.“, stimmte ihm Svarog zu.

„Da hat Angeama gerade noch richtig reagiert. Sonst wären wir Gefahr gelaufen, dass es wieder zu einem Streit zwischen den beiden Herren kommt.“ Die anderen beiden nickten und Opa streckte seine Hand gen Cernunnos aus. „Werter Herr der Anderswelt, wenn ich bitten darf? Es ist eines von meinen.“ Die eine Türe immer noch im Auge behaltend, reichte Cernunnos ihm das Buch. Opa legte es auf seine Beine, lehnte sich in seinem Sessel zurück, richtete seine Brille und schlug es auf.
 

„Es war einmal...“

Schneeweißchen und Rosenrot - Eine Abenddämmerung im Walde

Der Sog der Geschichte trieb sie fort von der Tür des Inhaltsverzeichnisses, ließ sie über Wiesen und Felder fliegen, doch es war nicht so wie in den Märchen davor. Es war beinahe ein sanftes Ziehen, das sie immer weiter forttrug, Seite an Seite. Vegeta blickte hinter sich, betrachtete die Tür, die in der Ferne zu verblassen begann. Goku hingegen sah sich aufgeregt um. Die Landschaft unter ihnen war saftig grün, weit und breit war kein Städtchen oder Dorf in Sicht, nur unendlich anmaßende Natur. Die warme Sommerluft umschmeichelte seine Haut, sodass ihm richtig wohl zumute war, er jedoch irgendwie das Gefühl bekam, er würde gar nichts am Leibe tragen. Ein kurzer Blick an sich hinab, ließ ihn überrascht seine Augen aufreißen. Da … war wirklich nichts. Also nichts an seinem Körper. Er war nackt. Völlig nackt. Ein Seitenblick zu Vegeta war die Folge, der mit verwirrtem Blick hinter sich starrte. Diesem folgend bemerkte auch Goku, was die Aufmerksamkeit des Älteren auf sich gezogen hatte. Ihr Flug hatte einen Schweif aus bunten Partikeln nach sich gezogen. Seiner war orange, Vegetas blau. Seltsam, dachte Son Goku noch, doch dann war ihm auch schon klar, was dies wohl bedeutete. Ihre Kleidung musste sich aufgelöst haben und die Wolke aus diesen Partikeln durch ihren Sog zerstäubt worden sein. Kaum hatte Goku seinen Blick davon abgewandt, traf dieser auf Vegetas, der ihn bereits finster musterte. Der Größere zuckte nur mit den Schultern und sah wieder nach unten, besah sich die Baumwipfel, die unter ihnen vorbeizogen. Ein Schmunzeln legte sich auf Gokus Gesicht. Vegeta wollte bei diesem Anblick sofort einen genervten Kommentar loslassen, öffnete schon seinen Mund, doch eigentlich verspürte er nicht unbedingt das Bedürfnis, dass sich Kakarott noch einmal zu ihm wandte, also ließ er es bleiben. Dass sich ihre Kleidung aufgelöst hatte war neu, andererseits, die restlichen Male waren sie von einem eher starken, gar heftigen Sog erfasst worden und eher brutal in das Märchen geschleudert worden, im Gegensatz zu jetzt, wo es so … ja, fast schon, nun ja, weich vonstatten ging. So besah sich nun auch er die Baumspitzen unter ihnen, die immer näherkamen. Sie befanden sich wohl schon in einem Sinkflug. Doch wohin? Hier schien es nichts zu geben, zumindest hatte er weder ein Haus, ein Schloss noch sonst etwas hinter ihnen ausmachen können. Mit einem Mal kam Vegeta ein ganz mieser Gedanke. In Klaus, da hatte er für eine lange Zeit angenommen, Kakarott wäre dieses Pony gewesen. Hier, verloren sie gerade ihre Kleidung. Es konnte doch nicht wirklich sein, dass sie sich vielleicht gar in Tiere verwandeln würden?
 

Gerade als Vegeta diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, stoppten sie in der Luft. Beide Saiyajins blickten sich irritiert an, sahen gleichzeitig nach unten, erkannten eine Lichtung in dem Wald und im nächsten Atemzug fielen sie auch schon genau auf jene zu. Gokus Aufschrei hallte von den Hügeln und den sie umgebenden Bergen wider, Vegeta versuchte instinktiv zu fliegen, was natürlich nicht ging. Weiße und rote Funken erschienen um ihre Körper, Goku griff schreiend nach seinem Artgenossen, bekam dessen Hand zu fassen, packte zu und beide kniffen kurz vor dem Aufprall nur noch ihre Augen zu, den Schmerz des Aufschlags erwartend, der jedoch ausblieb. Ihre Körper stoppten, die farbenfrohen Funken verdichteten sich, umhüllten ihre Körper und als beide vorsichtig eines ihre Augen öffneten und gen Boden spähten, durchfuhr sie ein letzter, wenn auch eher sanfter Ruck und sie landeten geschmeidig auf der Lichtung, einander immer noch an den Händen haltend.
 

Sie öffneten ihre Augen, blinzelten, blickten sich um. Vegeta war der Erste, der am Waldesrand ein Reh erblickte, das neugierig seinen Kopf zwischen zwei Bäumen hervorreckte und einen Hasen, der unter einem Busch hervorspähte und ihnen sein Näschen schnuppernd entgegenreckte. Jetzt erst vernahm er auch den Gesang von Buchfinken und Eichelhäher, die auf den Ästen saßen und ein fröhliches Lied zu trällern schienen. Ein Rascheln hinter ihnen ließ sie herumfahren, wobei sie ihre Hände losließen. Ein Hirsch war aus dem Gebüsch getreten, warf ihnen einen Blick zu und sprang dann unbehelligt dicht an ihnen vorbei und verschwand an der gegenüberliegenden Lichtungsseite wieder im Wald. Das Reh, welches Vegeta vorhin erst ausgemacht hatte, war nun gänzlich zwischen den Bäumen hervorgetreten und sprang direkt auf sie zu. Der Kleinere wich einen Schritt zurück, spannte sich an, erwartete einen Angriff, im Gegensatz zu Son Goku. Der kam nämlich aus dem Grinsen nicht mehr heraus. Auch er hatte die Tiere bemerkt, sie für ungefährlich befunden und bereits den geflochtenen Korb, den er in der Hand trug, bemerkt, indem sich rote Beeren und allerlei Grünzeug befanden. Das Reh blieb vor ihnen stehen, Goku griff nach einem der grünen Büschel in seinem Korb und hielt sie dem Tier entgegen. Dieses beugte den Kopf, schnüffelte daran und dann begann es auch sogleich dem großen Saiyajin aus der Hand zu fressen. Ein Vögelchen kam herangeflogen, setzte sich auf dessen Schulter und piepste ihm fröhlich ins Ohr.

Vegeta besah sich dieses Schauspiel mit hochgezogener Augenbraue. Das war ja mal wieder typisch. Kakarott schloss natürlich gleich wieder Freundschaft mit den Viechern. Er verdrehte die Augen als dieser auch noch fröhlich lachte, begann mit dem Reh vor sich zu plaudern, es zur Ruhe zu mahnen und dass er doch noch genug dabei hätte. Er wollte sich schon abwenden, sich umblicken, doch seine Augen huschten zurück. Zurück zu Kakarott. Sein Blick wanderte von dessen Schulter hinab. Blieb an dessen Beinen hängen. Kurz sah er wieder hoch, dann wieder hinab. Ein unterdrückter Lachanfall entfleuchte seinen Lippen. „Ka…karott…“

„Mh?“, dieser sah von dem Reh vor sich zu dem ein Stückchen hinter ihm stehenden Prinzen.

„Hübsches Kleidchen hast du da an.“

„Mh? Kleidchen?“, fragte Goku mit nach oben gezogenen Brauen. Ein Blick nach unten ließ seine Gesichtszüge entgleisen. Zarte, wallende, rote Stoffe umschmeichelten sein Bein. Er ließ das Kohlblatt in seiner Hand hektisch los, sprang zurück, fasste sich an den Rock, hob ihn an, zog ihn auseinander. „Nein…“ Er blickte hinter sich, wieder vor, tastete seine Brust ab, nahm den Stoff des roten Kleides wieder zwischen die Finger, zog dran, wandte sich hin und her. „Nein, nein, nein! Nicht schon wieder!“

Vegeta konnte nicht mehr an sich halten und brach in Gelächter aus, was Goku veranlasste mit beleidigtem Blick zu ihm zu sehen. Der böse Gesichtsausdruck verschwand jedoch augenblicklich wieder. Der Ältere hatte sich an den Bauch gefasst, seinen Rücken nach hinten durchgebogen und sich seinem Lachanfall hingegeben, doch genau das hatte Goku den Blick auf dessen Kleidung freigegeben. Ein breites Grinsen legte sich auf seine Lippen.

„Vegeta?“

Immer noch Gelächter.

„Vegetaaa…“, kam es nun langezogen von ihm.

Sich eine Lachträne aus den Augen wischend, sah der Angesprochene zu Goku, der jedoch nur, immer noch breit grinsend und sich überlegen fühlend, auf Vegetas Beine deutete. Mit abklingendem Lachen folgte dieser dem Wink und sah an sich hinab.
 

Danach … hallte nur noch ein schriller Schrei über die Lichtung.
 

„Das ist kein Weltuntergang, weißt du?“, versuchte Son Goku zum zehnten Mal Vegetas Stimmung aufzubessern. Doch der Prinz würdigte ihn nur eines vernichtenden Blickes, hob sein blütenweißes Kleid noch ein Stück höher und stapfte unbeirrt weiter. Die beiden weißen Schleifchen in seinen Haaren hatte er sich sofort herausgerissen, als Goku ihn auf diese aufmerksam gemacht hatte. Er selbst, der ja schon ein wenig Erfahrung mit diesen Kleidern nachweisen konnte, hatte sich seines durch die Beine gezogen und vorne in den Gürtel gesteckt. Das sah zwar aus wie eine weite Pluderhose, aber so hatte er in Aschenputtel wenigstens arbeiten können. Außerdem hatte er das Glück, dass sein Kleid rot war und man nicht gleich jeden Dreckspritzer darauf sah. Vegetas Saum jedoch war schon übel verdreckt, und weil er sich weigerte es Goku mit seinem Kleid gleich zu tun, auch schon eingerissen. Das schien Vegeta jedoch nicht im Geringsten zu interessieren und er stapfte murrend weiter.
 

„Bist du dir sicher, dass wir in die richtige Richtung gehen?“ Mit einem besorgten Blick gen Himmel versuchte der Größere die Zeit einzuschätzen. „Es wird nicht mehr lange hell sein, Vegeta.“ Immerhin war er selbst ja in seiner Kindheit in der freien Natur aufgewachsen. Welche Erfahrungen der Prinz damit hatte, wusste er nicht. Jener schien sich auch nicht dazu genötigt zu fühlen, ihm zu antworten und schritt weiter forsch voraus.

Nachdem der Himmel eine weitere Spur dunkler geworden war und Goku in nicht allzu weiter Entfernung das Geräusch eines Plätscherns vernahm, reichte es ihm. Es hatte immerhin keinen Sinn, blindlings und des Nachts, in einem Wald unterwegs zu sein, den sie nicht kannten. Er machte einige schnelle Schritte, packte Vegeta am Arm und hielt ihn auf. „Jetzt warte endlich!“

Zu seiner Überraschung explodierte der Ältere nicht, warf ihm keinen dummen Spruch an den Kopf und schrie ihn auch nicht an. Alles, was er zu spüren bekam, war ein finsterer Blick und eine verschlossene Miene. Irgendwie wirkte Vegeta in sich gekehrter als sonst. Zumindest mehr als Goku nach Klaus gedacht hätte.

„Hör mal“, versuchte er es mit ruhigerer Stimme und ließ auch den Arm des Prinzen los. „Lass uns dem Wassergeräusch folgen und morgen weiter gehen. Vielleicht finden wir auch noch etwas zu Essen.“ Er konnte erkennen wie Vegeta überlegte, dann nickte und offensichtlich wartete, dass er vorausging. Seltsam, wirklich seltsam. „Ist alles in Ordnung mit dir?“

„Ja.“

„Sicher?“

Als Antwort bekam Goku nur einen weiteren finsteren Blick, was Vegetas in sich gekehrtes Verhalten noch seltsamer wirken ließ, doch Goku beließ es dabei und drehte sich in die Richtung, aus der das Wasser zu hören war. Langsam und seine Schritte im Unterholz vorsichtig setzend, folgte er nun dem Geräusch. Er schob Äste beiseite, wich dichten Heckengewächsen aus und warf immer wieder einen Blick zurück. Vegeta war zwar da, stapfte hinter ihm her, aber er gefiel ihm nicht. Das noch stärker verschlossene Gesicht bereitete ihm Sorgen und sein Blick schien zwar auf den Boden vor sich gerichtet zu sein, aber er hörte ihn immer wieder stolpern, so als würde Vegeta gar nicht sehen, was direkt vor seinen Füßen war. Vielleicht, dachte sich Son Goku, würde er ihn einfach später danach fragen.
 

Es begann merklich zu dämmern, als sie eine kleine Lichtung erreichten, an dessen Rand ein Bach plätschernd über mehrere Steine floss und zwischen ihnen eine Kuhle ausgewaschen hatte, in dem er sich sammelte, ehe er weiterfloss. Auch stand ein kleiner Hain von Apfelbäumen auf der anderen Seite der Lichtung und somit gab es eigentlich keinen besseren Platz, um die Nacht zu verbringen. Der Größere wartete bis Vegeta zu ihm aufgeschlossen hatte und teilte ihm seine Idee mit, der dieser mit einer gebrummten Erwiderung zustimmte.

Während Goku zu den Apfelbäumen ging, um einige Früchte davon zu pflücken, steuerte Vegeta direkt auf den kleinen Teich zu, zog das Kleid aus und ließ sich sofort in das erfrischende Nass sinken. Ihm war heiß. Die Temperatur in diesem Märchen war extrem hoch, mit Sicherheit Spätsommer, was die reifen Äpfel erklärte. Nach dem ganzen Schnee in Klaus war die Umstellung darauf ziemlich extrem. Zumindest war es leichter seine Zerknirschtheit darauf zu schieben. Insgeheim wusste er jedoch ganz genau, warum er die Zähne nicht auseinander bekam und auch sonst am liebsten im Boden versunken wäre. Der kurze Blick in sein Spiegelbild im Wasser, machte es nicht besser und schnell verschwand er bis zum Hals darin, schloss die Augen und blendete einfach alles weitere aus. Auch seine Erinnerungen.
 

Eine Ewigkeit später, so kam es ihm vor, rissen ihn die Schritte Kakarotts wieder aus dieser so wohltuenden, an nichts denkenden Situation und er traute seinen Augen kaum. Binnen eines Blickes auf Kakarott, waren sämtliche nebelhafte Vergangenheitsfetzen aus seinem bewussten Gedankenkonstrukt verschwunden und er musste all seinen Willen aufbringen, um nicht loszulachen. Was er nicht schaffte …

Sich die Hand über die Augen legend, um dieses Bild nicht mehr sehen zu müssen, begann er erst unterdrückt zu prusten, dann zu kichern und schließlich hallte sein Lachen über die ganze Lichtung. Son Goku stand da und beobachtete dieses seltene Schauspiel irritiert, aber durchaus erleichtert. Er fragte sich allerdings schon, was Vegeta so lustig fand. Gut, er hatte den Kleidersaum vorne gehoben und hielt ihn so zusammen, dass er darin die ganzen Äpfel transportieren konnte und während er diese gepflückt hatte, hatte sich allerlei Getier zu ihm gesellt. Ein Vogel saß in seinen Haaren, zwei kleinere auf seiner Schulter und neben ihm gingen ein Reh, ein Hirsch und zu seinen Füßen tummelten sich Hasen, Igel und Eichhörnchen. Aber das war doch schön. Auf seinen Streifzügen als Kind hatten ihn immer Affen in den Bäumen begleitet. Da war doch nichts dabei.
 

Vegeta unterdessen schien sich ein wenig beruhigt zu haben, auch wenn sein Mundwinkel immer noch zuckte. Über ihnen im Geäst der Bäume ließen sich nach und nach immer mehr Vögel nieder und zwitscherten wild durcheinander.

„Schau mal“, Goku beugte sich ein wenig nach vorne, was den Vogel in seinen Haaren flattern ließ. „Ich hab verdammt viele Äpfel pflücken können. Das reicht, um satt zu werden.“

„Und Fleisch hast du auch gleich mitgebracht, wie ich sehe.“

„Fleisch?“

Vegetas Kopf ruckte auf das ganze Getier um sie herum und im selben Moment verstummte alles Gezwitscher. Auch die Tiere hielten in ihrem Herumlaufen inne und starrten zu dem Saiyajinprinzen, als hätten sie ihn verstanden. Okay … DAS war unheimlich.

„Du willst die Tiere doch nicht etwa essen, oder?!“

„Äh...“

Der Hirsch neben Goku senkte sein Geweih ein kleines Stück. Ein stattliches Geweih mit vielen spitzen Enden. Im Normalfall eine lächerliche Drohgebärde, aber in Anbetracht dessen, dass er noch nicht mal einen Ast abbrechen konnte …

„Ich schätze die Äpfel reichen.“

„Sehr gut.“ Goku grinste erleichtert und die Tiere um ihn herum begannen zu grasen, zu flattern, hüpften in wildem Spiel über die Steine des Bachbettes oder kletterten die Bäume hoch. Vorsichtig, um das wertvolle Abendessen nicht zu verlieren, schlüpfte er aus dem Kleid und legte seine Fracht auf einem Stein ab.

„Was dagegen, wenn ich zu dir ins Wasser komme?“ Goku hatte bereits die Zehen seines linken Fußes ins kühle Nass getaucht, hielt aber inne, blickte zu dem Älteren und sah ihn erwartungsvoll an. Vegeta jedoch hatte seinen Kopf bereits abgewandt als Kakarott begonnen hatte sich seines Kleides zu entledigen. Da war etwas, das den Prinzen schon die ganze Zeit nervte, seit sie in dieses blöde Buch gekommen waren. Nie, aber wirklich NIE hatten sie irgendetwas unter ihrer Kleidung an! Als ob sich diese verdammten Figuren in diesen bescheuerten Märchen keine Unterwäsche leisten konnten. Und als hätte es nicht gereicht, dass er Kakarott mehr als einmal nackt gesehen hatte, und dieser ja auch ihn, musste sich dieser Idiot jetzt auch noch, ohne den Hauch eines Schamgefühls, vor ihm entblößen und zu ihm in diesen ohnehin nicht besonders großen Tümpel steigen?!

„Vegeta?“, kam es nochmal fragend von diesem Ärgernis.

Ohne Kakarott eines Blickes zu würdigen, drehte sich der Angesprochene um, murmelte dabei: „Wollte sowieso grade raus…“, und erhob sich.

„Was? Aber“, protestierte Goku und hatte vor einen Schritt auf Vegeta zuzumachen, um ihn zurückzuhalten, rutschte dabei jedoch prompt auf dem glitschigen Stein aus. Er torkelte mit den Armen rudernd vorwärts, verlor auf dem nächsten Stein endgültig den Halt und klatschte bäuchlings aufs Wasser. Durch den Schwung vorwärts landete er allerdings so unglücklich, dass er mit dem Kopf zwischen Vegetas Beine rutschte, dem das Wasser stehend nur bis zum unteren Drittel seiner Oberschenkel reichte. Seine Schultern kollidierten mit den Kniekehlen des Prinzen und das genügte, um den gerade aus dem Tümpel steigen Wollenden das Gleichgewicht verlieren zu lassen. Mit einem überraschten und sehr kurzen Aufschrei knickten seine Knie ein und er landete sehr weich, nämlich mit seinem Hintern auf Kakarotts Rücken.

Das Ergebnis dieses absurden Zusammenstoßes war, dass Vegetas Gewicht Gokus Körper unter Wasser drückte und der größerer Saiyajin, natürlich um Atem bemüht, panisch um sich zu schlagen begann, um wieder aus dem Wasser herauszukommen. Vegeta fluchte, Kakarott mit Sicherheit unter Wasser und in Gedanken auch, und der eben noch so stille Tümpel hatte sich in einen Whirlpool aus Armen, Beinen und schwappendem Wasser verwandelt.

Für einen Herzschlag in diesem ganzen Durcheinander dachte Vegeta darüber nach, einfach sitzen zu bleiben wo er war, was ihm aber schon im nächsten Moment versaut wurde, weil er einfach nicht genug Körpergewicht zustande brachte, um den panisch um sich schlagenden Kakarott zu ersäufen. Dessen Kopf tauchte dann auch schon wie ein Walross schnaubend und mit herabhängenden Fransen zwischen seinen Beinen auf. Vegeta rutschte seitlich von ihm und wollte ihn gerade anfahren, was dieser Mist sollte, als er den panischen und abwesenden Ausdruck in den Augen des Jüngeren sah.

„Kakarott?“
 

Eine schreckliche Erinnerung an Asche, Wasser und Schleim war in Goku hochgekrochen als er nicht sofort wieder an die Oberfläche gekommen war und nun versuchte er dieses Alptraumgespinst wieder aus seinen Gedanken zu bekommen. Keuchend, mit zusammengekniffenen Augen, hielt er sich die Brust, versuchte seinen schnellen Herzschlag zu beruhigen und bekam gar nicht mit, dass Vegeta neben ihm saß und ihn anstarrte als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank.
 

Mit jedem Moment, der verstrich, schaffte er es wieder einen normalen Rhythmus in seine Atmung zu bekommen und im selben Maße kam auch die Oberfläche des Wassers zur Ruhe. Vorsichtig, als könnte jeden Moment Viktoria aus Aschenputtel vor ihm auftauchen, öffnete er eines seiner Augen und blickte in das Gesicht eines Mädchens. Erschrocken, dass tatsächlich diese Furie wieder da war, riss er auch sein zweites Auge auf und zuckte zurück. Das Mädchen tat es ihm gleich und starrte ihn mit Entsetzen im Blick an. Goku blinzelte. Das Mädchen ebenfalls. Noch im selben Moment wurde ihm klar, dass es nur sein Spiegelbild war, dass ihm von der Wasseroberfläche entgegensah. Er lächelte erleichtert und sein Märchen-Ich auch. Ein wirklich schönes Lächeln, wie er feststellte. Jetzt bemerkte er auch die langen, gewellten und rötlich-braunen Haare, die ihr, oder sein?, Gesicht einrahmten. Hübsch, wirklich hübsch und vollkommen lächerlich diese Gedanken. Doch sie lenkten ihn von seiner Panikattacke ab und davon, dass Vegeta ihn sicherlich umbringen oder zumindest anschnauzen würde. Er hatte sich aber auch wirklich wie der letzte Trottel angestellt.
 

Vegeta indes hob skeptisch eine Augenbraue als er sah wie sich Kakarott an seine Wange griff, sein Gesicht hin und her wendete, als wollte er seine Haare betrachten. So lange war er nun auch wieder nicht unter Wasser gewesen, dass dessen Hirn hätte Schaden nehmen können. Aber vielleicht hatte er sich auch den Kopf … seine Gedanken brachen ab. Was hatte der Idiot denn jetzt?! Goku kicherte leise und hätte Vegeta es nicht besser gewusst, dann hätte er behauptet, Kakarott würde rot anlaufen.
 

Son Goku war TATSÄCHLICH rot geworden. Sein Oberkörper ragte aus dem Wasser und als er seinen Blick auf der Wasseroberfläche in diese Richtung hatte gleiten lassen, waren ihm zwei wohlgeformte, nackte und recht große Brüste ins Auge gesprungen. Seine Brüste, das hieß die seiner Figur in dem Märchen. War er eben noch in seiner Panikattacke gefangen gewesen, so hatte sich diese verflüchtigt. Leicht abzulenken war er ja schon immer gewesen. Seine Hand glitt fast automatisch von seiner Wange über seinen Hals, hinab zu diesen weich aussehenden Kugeln. Seine zweite hob sich aus dem Wasser. Er setzte sich aufrechter hin, Rücken gerade, Brust raus, so wie ihm das Rebekka beigebracht hatte.

Seine Hände kamen gleichzeitig bei ihren Zielen an und dann … drückte er zu. Einmal, zweimal. Er spürte dabei zwar nur seine eigene stählerne Brust, aber in seinem Spiegelbild konnte er sehen, wie sein Märchen-Ich ihre Brüste zusammendrückte. Ein Grinsen legte sich auf sein Gesicht. Ein Grinsen, das Vegeta bestätigte, dass Kakarott eindeutig den Verstand verloren hatte. Was zum Teufel trieb der Kerl da?!
 

Es war ja nicht so, als hätte Goku das nicht schon in Aschenputtel fasziniert und er wäre ein Lügner, wenn er behaupten würde, dass er da nicht schon auf Erkundungstour gegangen wäre, aber dann hatten sich dort die Ereignisse überschlagen und er hatte einfach keine ruhige Minute mehr gehabt. Diesen Fehler wollte er jetzt nicht noch einmal machen. Das Ganze fand er einfach zu interessant.

Wenn er an sich hinabsah und sich berührte, war da seine Brust, flach, stahlhart mit seinen Muskeln, ganz so, wie er eben war. Wenn er sich allerdings in einem Spiegel ansah, dann war da dieser andere Körper, welchen er eben in dem entsprechenden Märchen besaß und natürlich tat dieses gespiegelte Bild all das, was er eben mit sich machte. Noch breiter grinsend, drückte er die Brüste zusammen. Das, stellte er fest, war verdammt faszinierend.
 

Als Kakarott begann seine Brust, seine männliche Brust!, seitlich zusammenpresste, reichte es Vegeta. Das … das war ja nicht mit an zu sehen!

„Verdammt, was soll das werden, wenn‘s fertig is‘, Kakarott?!“
 

Erschrocken zusammenzuckend, als ob Vegeta ihn gerade bei etwas Verbotenem erwischt hätte, schossen seine Hände hinter seinen Rücken. „Ähm, also...ich hab nur, also hab nur…mal geguckt.“

„Ge…guckt?“, fragte Vegeta noch skeptischer als er eh schon war.

„Na ja, du weißt schon...“

Vegetas Braue wanderte nach oben. „Ich weiß schon was? Dass du nicht mehr alle Tassen im Schrank hast? Ja, wusste ich.“

Kakarott zog einen Schmollmund. Vegeta blinzelte. Einen Schmollmund? Wirklich? Oder hatte er sich da gerade geirrt? Nein, der Jüngere hatte seine Unterlippe nach vorne geschoben und starrte ihn mit einem treudoofen Blick an, den er sonst auch immer auflegte, wenn er etwas von ihm wollte. „Was?!“, entgegnete er patzig als Erwiderung darauf.

„Findest du das nicht auch irritierend?“

„Dass du an dir herumfummelst? Ja, definitiv.“

„Nein, das mein ich nicht.“

„Was denn dann?!“

„Ich meine“, und bei diesen Worten zog Goku seine Hände wieder hinter seinem Rücken hervor und fuhr an seine Brust noch einmal hinab, seinen Blick dabei auf sein Spiegelbild gerichtet. „Das.“

Langsam begann sich Vegetas Gesichtsfarbe zu verändern, allerdings konnte sich diese noch nicht entscheiden, ob sie nun weiß vor kaltem Zorn, oder rot vor lauter Wut werden wollte. „Jaaa...ein männlicher Körper kann durchaus sehr irritierend sein, Kakarott, da gebe ich dir recht.“, versuchte er seine Verunsicherung über Gokus Verhalten mit Sarkasmus zu überspielen. Und der Jüngere besaß tatsächlich die Frechheit darauf mit den Augen zu rollen.

„Mensch Vegeta, das meine ich nicht. Schau doch mal an dir herunter.“ Der Ältere wollte es nicht, doch aus Reflex tat er es, aber sein Blick schoss sofort wieder zu Kakarott zurück.

„Mein Körper. Und weiter?“ Wieder verdrehte Goku die Augen, überbrückte die Distanz, die sie trennte, packte Vegetas Hinterkopf und bog ihn vor.

„Da! Siehst du das?“ Um zu verdeutlichen was er meinte, legte er seine Hand auf dessen rechten Busen, den er selbst ja auch nur in Vegetas Spiegelbild sehen konnte, denn sie selbst sahen und spürten sich ja so, wie sie in echt waren.

Der Gesichtsausdruck des Älteren wurde ungläubig und gar nicht wirklich realisierend, dass Kakarott gerade eine Hand auf seiner Brust hatte, legte er seine eigene auf die linke. Begann seine Oberweite etwas hin und her zu schieben, während er weiterhin sein Spiegelbild musterte.
 

Gokus Grinsen wurde breiter als er Vegetas verwundertes Gesicht oder eher das Gesicht der blonden Frau, die hier dessen Märchen-Ich war, auf der Wasseroberfläche beobachtete. Sein Blick wanderte zu seinem eigenen Ich, dann wieder zu Vegetas. Dann nahm er die Hand vom Hinterkopf des Kleineren und legte sie wieder auf seine eigene Oberweite.

„Ich hab definitiv die Größeren.“

Noch irritierter, wenn das überhaupt noch möglich war, ruckte Vegetas Gesicht nach oben, sah dass der Jüngere auf das Wasser starrte, blickte wieder hinab und realisierte im selben Atemzug, dass Kakarotts Hand auf SEINER Brust lag.

KLATSCH!

„Aua! Wofür war das denn jetzt?“, maulte Goku, der sich die schmerzende Wange rieb, wo man Vegetas Handabdruck deutlich erkennen konnte. Der Prinz hatte sich komischerweise beide Arme vor die Brüste gelegt, was in Anbetracht der Tatsache, dass Goku nicht in das Spiegelbild, sondern ihn direkt ansah, einfach nur lächerlich anmutete.

„Was fällt dir ein unsere Brüste zu vergleichen! Und überhaupt! Was packst du meine an?! Mach das bei dir selbst verdammt nochmal!“

„Hab ich ja!“, verteidigte sich Goku. „Hat dir auch nicht gepasst.“

„Weil das einfach grotesk aussieht, wenn ein Mann seine Brust zusammendrückt!“

„Du hast es doch auch gemacht!“

„Ich hab...“, Vegeta schnappte nach Luft, während sich seine Gesichtsfarbe entschieden hatte und nun einen tiefroten Farbton annahm. „Ach, halt doch einfach die Klappe, verdammt!“ Beschämt und gleichzeitig die Neugierde unterdrückend, nochmal sein Märchen-Ich und auch Kakarotts mit diesen wirklich verdammt großen Brüsten, nochmal anzustarren, wandte er seinen Kopf zur Seite. Wüsste Goku es nicht besser, würde er behaupten, Vegeta schmollte. Und das war ja nun wirklich niedlich. Am liebsten würde er sich den Kleineren schnappen, ihm durch seine Haare wuscheln und ihm in seine Bäckchen kneifen.

Moment. Gokus Augen weiteten sich immer mehr. Was … was war das denn gerade für ein Gedanke gewesen? Sein Blick blieb am Profil des Prinzen kleben. Vegeta und … niedlich? Überhaupt, NIEDLICH?! Das war so ein Wort, welches er niemals mit dem Prinzen in einem Satz aussprechen, oder auch nur denken würde. Gokus Körper sank auf die im Wasser knieenden Beine zurück, während Vegeta immer noch mit den Armen vor der Brust dasaß und der Wasserpegel gerade noch so seine Leistengegend verdeckte. Aber ja, da war irgendetwas. Irgendetwas, was ihn zu dem Kleineren hinzog. Also nicht auf irgendeine perverse Art und Weise, sondern irgendwie war es dem Gefühl ähnlich, das Goku im roten Ettin verspürt hatte. Nur hatte er hier nicht das Bedürfnis den Älteren eine zu verpassen, sondern eher als wolle alles in ihm mit Vegeta händchenhaltend und trällernd durch die Wiesen hüpfen. Goku schüttelte sich schnell. Was für abwegige Gedanken und Gefühle. Als ob Vegeta das jemals zulassen würde.

Jetzt war sich der größere Saiyajin auch sicher, dass er hier gerade mit den Gefühlen seines Märchen-Ichs konfrontiert wurde. Als sein Blick über ihre Spiegelbilder im Wasser streifte, fiel ihm noch etwas auf. Und diesmal waren es nicht ihre wohlgeformten Brüste, sondern ihre Gesichter. Sie mochten zwar unterschiedliche Haarformen und -farben haben, aber ja, doch, sie sahen sich irgendwie ähnlich. Ob sie wohl wieder Geschwister waren? Nur eben diesmal, Schwestern?
 

„Willst du mich eigentlich verarschen?!“, kam es plötzlich wutschnaubend von Vegeta, was Goku aus seinen Überlegungen riss.

„Was?“, fragte er, sah zu dem Älteren auf und blickte ihn aus großen, unschuldigen Augen an.

„Hast du…hast du schon wieder deine Brüste angeglotzt?!“

„Was? Nein!“, verteidigte sich der Jüngere entrüstet.

„Mhm. Als ob ich dir das glauben würde, du notgeiler Bock.“

„Hey! Was soll das denn jetzt? Ich wollte dir doch nur zeigen, wie es ist eine Frau zu sein!“

„Wie…wie bitte?! Verdammt Kakarott, wir sind KEINE! Wir haben nur die bescheuerten Spiegelbilder von Frauen!“

„Also“, begann Goku mit einem Mal völlig ruhig, „Ich fürchte, in dieser Sache hast du diesmal einfach nicht recht, Vegeta.“ Er zog sein Bein unter sich hervor und stellte es auf. „Ich weiß wovon ich da rede.“ Sich mit der Hand darauf stützend, erhob er sich aus dem Wasser und blickte ernst auf den Prinzen hinab. „Zum einen sind Frauen ziemlich schwach, aber das ist nicht mal das Schlimmste. Die haben nämlich ne Menge Gefühle, die richtig, richtig verwirrend sein können. Und vor allem können die einen in den absolut unpassendsten Momenten“ Goku suchte für einen kurzen Moment nach dem richtigen Wort. „…überwältigen.“

Vegeta wusste nicht warum, aber als er da so im Wasser saß und zu Kakarott aufblickte, tauchte vor seinem inneren Auge das Bild des Jüngeren auf, der vor ihm weglief, in diesem Traum von Silberkleid, und … einen Schuh nach ihm warf.

Nun war es Vegeta, der sich gestützt auf eines seiner Knie aus dem Wasser erhob. Er streckte seine Brust vor, stellte sich breitbeinig vor den Jüngeren. „Das mag ja für dich und deinen schwachen Geist gelten, Kakarott. Aber ICH würde mich niemals von solch einer Gefühlsduselei überwältigen lassen.“

Einen Schritt auf den Kleineren zumachend, streckte nun Goku seinerseits seine Brust vor. „Das werden wir ja sehen.“

Ihre Blicke fraßen sich ineinander, sprühten Funken. Keiner von ihnen wollte zurückweichen, keiner nachgeben. So merkten sie auch nicht, dass sich etwas Großes, Dunkles am Rande der Lichtung herangeschlichen hatte und sie mit lechzendem Blick beobachtete …
 

Mittlerweile war es dunkel geworden und ein kleines Feuerchen prasselte auf der idyllischen Lichtung. Äpfel waren auf Stöcke gespießt und brieten an dessen Rand. Son Goku war in den Anblick der tanzenden Flammen versunken, während sich Vegeta mit angezogenen Beinen und darum geschlungenen Armen an der Hitze des Feuers wärmte.

Da sich alles in dem stolzen Saiyajin dagegen gesträubt hatte, dieses weiße Kleid wieder anzuziehen, hatte er es sich lediglich um seine Hüfte gebunden, um zumindest seine Mitte zu verdecken, was ihn jedoch die Kühle der Nacht ganz deutlich auf seiner Haut spüren ließ. Ganz besonders auf seinem Rücken, der dem Feuer abgewandt war. Auch er war in den Bann des hypnotisierenden Tanzes der Flammen gezogen worden. Die Vögel auf den Ästen hatten ihre Köpfe unter ihre Flügel gesteckt, genauso wie sich das Reh und der Hirsch bereits zur Nacht am Rande der Lichtung gebettet hatten. Es war still geworden und das nicht nur zwischen ihnen beiden.
 

Es war wirklich seltsam gewesen, sinnierte Vegeta völlig in Gedanken versunken, aber dieser Moment in dem Wasser, als er Kakarott so nah gegenüber gestanden hatte, eigentlich dazu bereit seinen Standpunkt auch mit Fäusten zu verteidigen, war so vollkommen anders verlaufen als er sich das erwartet hatte. Sie waren sich nicht an die Gurgel gesprungen. Nicht einmal geschubst hatten sie sich. Nein, sie hatten sich einfach nur dieses elendig lange Starrduell geliefert. Diese tiefe Überzeugung in Kakarotts Augen hatten ihn in seinen Bann gezogen. Solch einen Ausdruck kannte er von dem Jüngeren nur, wenn er sich einem herausfordernden Gegner gegenüber sah. In solchen Momenten war Kakarott wie ausgewechselt. Der sonst so naive und gutgläubige Idiot war dann wie vom Erdboden verschluckt und ließ einen wirklich ernstzunehmenden Krieger zurück. Einen, dem er nur bei ihrer aller ersten Begegnung das Wasser hatte reichen können. Danach war er ihm immer hinterher gehinkt. Aber dieses ernste Funkeln in diesen tiefschwarzen Augen hatte er nie vergessen und es auch nur noch einmal gesehen als … als er diese Menschen bei dem Turnier getötet hatte. Nur da hatte es wieder ihm gegolten. Ihm allein …

Seine Augen lösten sich vom Anblick des Feuers und richteten sich auf seinen Rivalen. Er beobachtete das Lichtspiel auf dessen Gesicht. Auch jetzt sah Kakarott nicht wie der Trottel aus, der er sonst immer war. Sein Blick war zwar nicht mehr so ernst wie vorhin, aber eben auch nicht so naiv wie sonst. Er wusste nicht, warum Kakarott ihr Starrduell im Wasser plötzlich unterbrochen hatte. Er hatte sich ihm nicht erklärt, war einfach aus dem Tümpel gestiegen, in sein Kleid geschlüpft und hatte sich aufgemacht, um Brennholz zu sammeln. Und Vegeta … hatte auch nicht nachgefragt.

War das vielleicht eines dieser Frauengefühlsdinger, von denen Kakarott gesprochen hatte? Einfach weggehen? Verdammt, das … das konnte ihm doch vollkommen egal sein. Er löste seinen Blick vom Jüngeren und wandte ihn wieder dem Feuer zu. Je länger er die tanzenden Flammen fixierte, umso mehr schienen sie sich zu wandeln, zu formen, sich in … Kakarott zu verwandeln. In Kakarott mit diesem silbernen Kleid in Aschenputtel. Dazu kam auch noch dessen Stimme und ein Gesprächsfetzen, der in seiner Erinnerung widerhallte.
 

‚...da war so blanke Angst und Panik, wie ich sie noch nie empfunden habe und...ich wusste einfach, dass ich dagegen nichts tun konnte. Verflucht nochmal ich hab sogar GEHEULT!‘
 

Und Kakarott hatte wirklich geheult. War wütend und frustriert gewesen, hatte aber gleichzeitig Tränen vergossen. Wenn er jetzt so darüber nachdachte, dann hatten die Frauen, die er kannte, und das waren bei Gott nicht sonderlich viele, alle einen an der Waffel. Besonders Kakarotts Frau. Bulma war ja doch hin und wieder ganz gut zu ertragen, auch wenn sie mindestens einmal im Monat richtig eine an der Klatsche hatte und binnen Minuten von einem Wutausbruch in lautes Geheule wechseln konnte. Gut, er hatte auch seine Probleme so manchen Wutausbruch zu kontrollieren, aber die waren wenigstens immer vollkommen berechtigt.

Verdammt, was sollte das? Seit wann dachte er darüber nach ob seine Emotionen BERECHTIGT waren?! Das musste enden. Am besten jetzt. ER würde sicher nicht so verrückt werden! Sich knurrend die Beine enger an den Körper ziehend, schnappte er sich einen der Spieße in seiner Nähe und widmete sich dem Bratapfel darauf.
 

Diese Bewegung riss Goku vom Anblick des Feuers los. Bis jetzt hatten sie noch kein Wort gewechselt, aber das wunderte ihn nicht. Wenn … wenn er nicht redete, dann war es eben still. Aber genau das war es auch, was ihn nun schon seit Stunden verdammt wütend machte. Vegeta, er, er hatte es nicht einmal für nötig befunden, zu fragen, warum er einfach ihr Starrduell unterbrochen hatte. Nicht mal, warum er bis jetzt kein Wort gesagt hatte. War er ihm denn wirklich so zuwider, dass es ihm vollkommen egal war, was mit ihm los war?! Dabei … dabei hatte er sich nur von Vegeta abgewandt, weil er schon wieder dieses drängende Bedürfnis verspürt hatte, den Kleineren an sich zu ziehen und ihm den Kopf zu tätscheln, weil er doch so … so unwissend war in Anbetracht dessen, was es bedeutete in Angeama eine Frau zu sein. Er hatte damit immerhin schon Erfahrung und könnte ihm helfen das alles besser zu verstehen. So wie auch Rebekka ihm geholfen hatte und die hatte immerhin Vegeta zu ihm geschickt.

Als er aber sah, dass der Ältere Apfel um Apfel verschlang und sich dann weiterhin schweigend zum Schlafen hinlegte, griff auch er bei den Äpfeln zu und mampfte sie leer. Am liebsten hätte er Vegeta wieder geweckt und ihm einfach alles, bis ins kleinste Detail erzählt, erklärt und dann natürlich auch ausdiskutiert. Denn er glaubte nicht, dass der Ältere ihm einfach nur zuhören würde ohne etwas zu kritisieren. Da er aber müde war, beschloss er, dass es besser war sich auch hinzulegen. Vegeta zu wecken würde die Diskussion nicht leichter machen und vielleicht war er ja nach einer ordentlichen Portion Schlaf besser gelaunt und bereiter zuzuhören. Son Goku schloss seine Augen. Ja, das war ein guter Plan.
 

Warm, sehr viel wärmer, dachte Vegeta, als zu dem Moment als er eingeschlafen war. Das fühlte sich gut an. Mollig, kuschelig. An seinem Rücken befand sich etwas Weiches und sehr, sehr Warmes, an das er sich anlehnen konnte. So konnte man definitiv die Nacht verbringen. Einen tiefen Atemzug nehmend, wollte er also weiterschlafen, als dieser Atemzug ihn jedoch die Nase rümpfen ließ. Grummelig wurde er wacher. Verdammt, das roch ja, als hätte man die Essensreste eine Woche nicht weggeräumt und in der Sonne gammeln lassen. Er rümpfte seine Nase erneut als ein weiterer Schwall dieser stinkenden, wenn auch warmen Luft über seinen Körper strich. Seine Augenlider öffneten sich träge und er musste mehrmals blinzeln, bis sich sein Blick schärfte. Dann, musste er nochmal blinzeln, denn das Bild, welches sich ihm bot, war doch etwas absurd.

Der Prinz der Saiyajins schaute nämlich direkt auf einen großen Bärenkopf, der vor ihm im Gras lag und mit der Nase in seine Richtung schnupperte. Dazu kam noch, dass dessen kleine, schwarze Knopfaugen mit einem strahlenden und geradezu freudigen Glanz auf seine bloße Brust gerichtet war. Es folgte ein Moment der Stille, als sich die Bärenaugen zu seinem Gesicht bewegten und dann ließ ein abermaliger, sehr hoher, sehr weiblich klingender und sehr schriller Schrei sämtliche Tiere im Umkreis aufschrecken.

Schneeweißchen und Rosenrot - Von Bärchen und Männchen

Ein fürchterlich lauter Schrei riss Son Goku aus seinem wohlverdienten Schlummer und er saß binnen eines Herzschlages kerzengerade im Gras und sah zu Vegeta. Das hieß, er sah das von Vegeta, was man sehen konnte. Der Ältere saß nämlich ebenso aufrecht und steif wie er selbst im Gras, allerdings mit dem Rücken an einen großen, braunen Bärenkörper gelehnt, der seinen Kopf allerdings so gebogen hatte, dass er Vegeta ansehen konnte.

Goku blinzelte … doch das Bild vor seinen Augen änderte sich nicht. Wirklich, da lag ein verdammt großer Bär halb um Vegetas sitzenden Körper herum, seinen Kopf auf Augenhöhe mit Vegetas Brust, also dessen blanken Brüsten, wenn man es aus der Perspektive der zu diesem Märchen gehörenden Figuren sah, und es hatte den Anschein, als könnte der Bär seinen Blick gar nicht mehr davon abwenden. Doch als wäre das nicht schon skurril genug, streckte der Bär plötzlich seine lange, rosa Zunge heraus und schleckte dem Prinzen einmal nun ja, über das, was der Bär eben angestarrt hatte.

Goku presste die Lippen zusammen, ihm war nach Lachen zumute, denn sämtliche Haare Vegetas richteten sich auf wie die Stacheln eines Igels und er verzog das Gesicht zu einer Grimasse, die einfach göttlich war, während die Mimik des Bären den Anschein sichtlichen Vergnügens vermuten ließ. Zumindest bis zu dem Moment, als Vegeta mit hochrotem Kopf, einen Arm vor seine Brust haltend, dem Bären mit der Faust direkt auf die Nase boxte. Das große Tier zog überrascht den Kopf zurück, schielte auf seine Nasenspitze, die es krauste und rieb sich dann mit seiner Tatze darüber.

„Das“, brummte der Bär mit sehr tiefer Stimme. „War aber nicht nett.“ Goku und Vegeta fielen zeitgleich und synchron die Kinnladen herunter.
 

„Und du kannst uns wirklich den Ausgang aus diesem Wald zeigen?“ Der große Saiyajin klang skeptisch, aber durchwegs fröhlich und gut gelaunt. Der Bär, welcher ihm gehend fast bis zur Schulter reichte, bog seinen dicken Hals zu ihm und brummte.

„Jedes Tier findet sich im Wald zurecht. Und ihr normalerweise auch. Ich habe euch schon öfter beobachtet. Ihr habt immer den Weg zurück gefunden.“

Goku rieb sich verlegen lächelnd über den Hinterkopf. „Jaaa, wir hatten da gestern so ein kleines Problem.“

Der Kopf des Bären nickte. „Das habe ich gesehen. Ihr habt euch bisher noch nie gestritten, wenn ich euch beobachtet habe.“

„Und warum hast du uns beobachtet?“

„Menschen kommen selten in den Wald. Sie sagen, er ist verzaubert und ein böser Geist herrscht hier. Außerdem glauben sie an verzauberte Tiere, die sprechen können.“ Er zwinkerte Goku zu.

„Und warum kannst du reden?“

„Eine lange Geschichte.“, erwiderte der Pelzträger brummend.

„Scheint auch noch ein weiter Weg zu sein.“, kam es schnippisch von der anderen Seite des Bären, auf der Vegeta ging, die Arme vor der Brust verschränkt, das Kleid nach wie vor um die Hüften. Der große Bärenkopf schwenkte langsam zu ihm, natürlich in Brusthöhe, was die Augen des Bären funkeln und die Arme Vegetas sich enger um seine ‚Oberweite‘ ziehen ließ.

„Meine hübsche Maid, mich würde eher interessieren, was dich dazu veranlasst in solcher Offenheit herum zu wandeln. Nicht, dass ich mich darüber beschweren möchte, meine Augen sahen schon lange nicht mehr solch wohlgeformte Äpfel. Dennoch muss ich anmerken, es ist doch sehr unziemlich und ihr machtet mir noch nie den Eindruck schamlos zu sein.“

Der Blick des Prinzen wanderte mit gesenkten Brauen zu dem Bären. „Wenn deine Zunge mir noch einmal zu nahekommt, dann mach ich dir einen Knoten rein und brate mir deinen Speck zum Frühstück!“ Das Brummen, welches daraufhin die Kehle des Bären verließ, klang wie ein Lachen. „So schlagfertig mein hübsches Schneeweißchen. Sonst ist das doch eigentlich deine Schwester Rosenrot.“ Die beiden Saiyajins warfen sich schnelle Blicke über den Rücken des Bären zu. Das Märchen war also nach ihnen benannt, nun, das war schon mal gut zu wissen.
 

Während Goku weiter mit dem Bären plauderte, schweiften Vegetas Gedanken zurück zum Morgen, als dieser braune Bettvorleger seine Brust abgeschleckt hatte. Für einen Moment hatte er gedacht, er wäre in einem absolut lächerlichen Traum gefangen gewesen und natürlich nur wegen diesem ganzen Blödsinn mit Kakarott und ihren Brüsten. Dazu kam wohl noch dieser klitzekleine Umstand, dass es ihn wohl doch, zumindest ein ganz klein wenig, beschäftigt hatte, dass der Idiot den ganzen Abend kein Wort mehr mit ihm gewechselt hatte. Er hatte wirklich im ersten Moment gedacht, dass ihm sein Unterbewusstsein deswegen im wahrsten Sinne des Wortes einen sprechenden Bären umgebunden hatte. In diesen bescheuerten Märchen war doch immerhin alles möglich und da hätte es doch durchaus sein können, dass sich Kakarott in der Nacht in einen Bären verwandelt haben könnte und ihm über die Brüste schleckt, aber nein, es war tatsächlich ein echter, lebendiger Bettvorleger gewesen. Diese Märchen wurden aber auch wirklich immer absurder. Ein sprechender Bär! Wo gab’s denn sowas?! Aber der noch viel größere Alptraum war wohl der Moment gewesen, als er ganz langsam aufgestanden war, immer noch mit weit aufgerissenem Mund, und er instinktiv zu Kakarott gelaufen war, um … um … Vegeta schüttelte seinen Kopf.

Mit verstohlenem Blick sah er über den Rücken des Bären hinüber zu seinem Rivalen. Seinem Erzfeind. Diesem Idioten. Ja, er hatte an diesem Morgen instinktiv Schutz bei ihm gesucht. War an seine Seite gelaufen und hatte sich an seinen Arm geklammert wie … wie eine Jungfrau in Nöten. Einfach nur … erbärmlich. Und was hatte Kakarott getan? Ein dämliches Grinsen aufgelegt und mit seiner unerträglich fröhlichen Art einfach mit diesem Flohverseuchten Fellknäuel zu plaudern begonnen.

Ein verächtliches Schnauben entfleuchte der Kehle des Prinzen bei dieser demütigenden Erinnerung, was jedoch Gokus Aufmerksamkeit erregte. Er sah vom Gesicht des Bären über dessen Rücken zu ihm und als sich ihre Blicke trafen, spürte Vegeta wie augenblicklich eine verdammt unangenehme Wärme in seine Wangen schoss, sodass er nicht anders konnte, als schnellstens seinen Kopf in die entgegengesetzte Richtung zu drehen.
 

Vegeta benahm sich WIRKLICH seltsam, schoss es Goku durch den Kopf, aber … war er selbst denn so viel anders? Immerhin war er es gewesen, der den Älteren in dem Tümpel einfach hatte stehen lassen und dann den ganzen Abend über kein Wort mehr über die Lippen gebracht hatte. Demnach … benahmen sie sich beide irgendwie seltsam. Aber Goku ging fest davon aus, dass sie noch genug Zeit haben würden, um darüber nachzudenken, oder, und das hoffte er irgendwie viel mehr, zu reden. Jetzt jedoch war es viel interessanter mit einem Bären, mit einem BÄREN!, zu quatschen. Wie oft im Leben hatte man denn schon die Gelegenheit dazu? Er senkte seinen Blick wieder zu dem sprechenden Bärenmaul, beobachtete es fasziniert und stellte schon die nächste Frage, die ihm auf der Zunge lag. Was trieb ein Bär so den ganzen Tag im Wald?
 

„Eine seltsame Frage, wertes Fräulein. Ich bin immer auf der Suche nach etwas Leckerem zu Fressen.“

Vegeta riss seine Augen auf und blieb augenblicklich stehen. Seine Arme glitten von seiner Brust und fielen wie schwere Steine an seine Seite hinab. Wie … wie dumm waren sie eigentlich?! Sie folgten diesem Monstrum einfach blindlings durch den Wald, dabei lockte der sie mit Sicherheit nur in seine Höhle, um sie dort in Stücke zu reißen! Und so unerträglich schwach und hilflos wie er sich fühlte, hatten sie absolut keine Chance sich gegen diesen riesigen Klumpen Fleisch zu wehren. Sie waren solche Idioten! Solch absolut närrische-

„Vegeta?“

Seine Augen, die abwesend ins Leere gestarrt hatten, fokussierten sich wieder und huschten zu Kakarott, der gemeinsam mit dem Bären stehen geblieben war und ihn anstarrte. Als Vegeta bemerkte, dass dieser Bettvorleger schon wieder seine Brust mit dieser fast schon sabbernden Visage beäugte, lief es ihm eiskalt über den Rücken. Jetzt war es mit Sicherheit gleich vorbei. Er konnte sich genau denken, woran dieses Ungetüm gerade dachte. Gleich würde es sich auf ihn stürzen und seine Hauer in seine Brust rammen. Aber … aber nicht mit ihm!

Sein Kopf ruckte wieder zurück zu Kakarott, der den seinen schief gelegt hatte und ihn immer noch mit diesem fragenden Gesichtsausdruck musterte. Vegetas Augen verengten sich, fixierten den Jüngeren. Irgendwie musste er ihm doch klar machen können, dass sie in Gefahr waren. Mit seinen Pupillen sah er zu dem Bären, dann wieder zu Goku, was diesen jedoch nur verwirrt blinzeln und eine Augenbraue anheben ließ. Einen Schritt rückwärts gehend, wiederholte er das Warnspiel mit seinen Augen, doch Goku legte seinen Kopf nur noch schiefer. Vegeta rollte mit den Augen. Dieser hirnlose Vollidiot!

„Komm her, Kakarott!“

Während sich Goku schulterzuckend auf den Weg zu ihm machte, drehte sich auch der sprechende Bär zu ihnen um. Kaum war Kakarott bei ihm, stellte sich Vegeta an seine Seite, hob seine Hand an dessen Ohr und führte seinen Mund daran. Als Vegeta dem Größeren etwas zuflüsterte und seine bloße Brust dabei gegen Gokus Oberarm drückte, leckte sich der Bär unwillkürlich über die Schnauze.
 

„Du meinst…?“ Gokus Gesicht drehte sich zu dem Prinzen. Überrascht blickte er Vegeta in die Augen.

„Ja verdammt.“, bestätigte dieser nur mit finsterem Blick. Der Jüngere drehte seinen Oberkörper in Richtung des Bären, während Vegeta ebenfalls zu diesem blickte.

Seinen Kopf zu dem Kleineren neigend, flüsterte Goku: „Bist du sicher? Er wirkt doch so nett.“

„Ne…nett? Ist das dein Ernst?!“ Als wollte ihr Begleiter die Vermutung des Prinzen untermauern, schluckte er als wäre ihm gerade das Wasser im Mund zusammengelaufen.

„Aber-“ „Kein aber, Kakarott. Jetzt schalt doch endlich mal dein Hirn ein. Siehst du nicht, wie lüstern er uns anstarrt?“

„Mmh, wo du recht hast…und was sollen wir jetzt machen?“

Vegeta wandte seinen Kopf hin und her, seine Augen suchten nach dem besten Fluchtweg. Links von ihnen ging es im Wald bergauf, rechts von ihnen bergab. Der Weg, auf dem sie unterwegs waren, war schmal, zu schmal als dass sie jetzt noch einfach an dem Vieh vorbei hätten laufen können, ohne dass dieser nur mit seiner riesigen Tatze hätte ausschlagen müssen, um sie nieder zu strecken. Dann blieb nur…

Seine Gedanken brachen ab, denn der Bär machte einen Schritt auf sie zu und das nächste, was der Prinz wahrnahm, war Kakarotts Hand, die sein Handgelenk fest umklammert hielt und ihn bergab in vollem Sprint hinter sich herzog. Gleichzeitig hallte immer noch dessen lauter Schrei „Lauf!“ durch den ganzen Wald und ließ jegliches Getier in ihrer unmittelbaren Nähe aufschrecken.
 

Zweige knackten, Äste brachen, Steine kullerten durch ihren wilden Lauf aus dem Boden gerissen unter ihren Füßen weg. Hinter sich hörte Vegeta das laute Brummen des Bären, verstand es jedoch nicht und schon im nächsten Moment wurde seine Aufmerksamkeit wieder nach vorne auf den Weg gelenkt, als ihm ein dünner Ast schmerzhaft ins Gesicht schlug. Den nächsten Ast, der ihm in Gesichtshöhe entgegenkam, konnte er mit seinem Arm abwehren.

„Verfolgt er uns?“ Goku sah zu ihm und Vegeta wendete den Kopf.

„Glaub nicht. Doch verdammt … da läuft er!“ Und in der Tat erschien in diesem Moment der Bär über der Kuppe und setzte ihnen mit entsetzlich langen und großen Sprüngen hinterher, dabei brüllte er die ganze Zeit etwas, doch sie verstanden es abermals nicht.

Nach vorne sehend schrie Vegeta: „Schneller!“ Und Goku erhöhte noch einmal sein Tempo, zerrte den Älteren, der langsam Mühe hatte mit den langen Beinen seines Artgenossen mitzuhalten, weiter hinter sich her.

Es ging über Stock und Stein, sie durchstießen einen kleinen Bach, ließen mit ihren platschenden Schritten das kalte Wasser nur so neben sich aufspritzen und preschten am anderen Ufer einfach wieder ins Unterholz. Aus einem ihm nicht bekannten Grund hatte Vegeta das Gefühl, dass dieser Teil des Waldes anders war. Die Äste und Zweige kamen ihm knochiger vor, fast wie lange dünne Finger, die nach ihnen greifen wollten und immer öfter waren die Büsche durchsetzt von Dornenzweigen, die sich, mehr noch als die normalen, in ihren Kleidern verfingen und ihnen die Haut blutig kratzten. Als ein besonders hinterhältiges Exemplar Vegeta eine tiefe Schramme auf der Wange verpasste und er den Kopf davon zur Seite drehte, um den Schmerz zu verringern, fiel ihm auf, dass der Bär weit und breit nicht mehr zu sehen war.
 

„Kakarott!“ Goku hörte ihn nicht.

„KAKAROTT!“ Beide Fersen in den Boden rammend, zerrte Vegeta an der Hand des Jüngeren und brachte ihn damit aus dem Schritt. Schwer atmend drehte sich ihm der hochrote Kopf zu.

„Komm schon, Vegeta! Wir müssen weiter, sonst holt er uns ein!“

„Ich glaub er verfolgt uns nicht mehr.“

Son Goku blickte irritiert hinter sich und beide Saiyajins lauschten in den Wald, horchten, ob sie irgendwo das Brechen und Knacken von Zweigen, oder das Brüllen des Bären vernehmen konnten. Doch ihnen antwortete nur die Stille. Überhaupt war es … wirklich sehr ruhig. Kein Vogelgezwitscher, kein Wind. Seltsam. Ob sie die Tiere so verschreckt hatten? Und … was dachte er da nur schon wieder?! Seit wann kannte er sich in Wäldern aus? In diesem Moment fiel Vegeta auch auf, dass seine Hand immer noch die von Kakarott umklammert hatte als gäbe es kein Morgen und mit einem missmutigen Gesichtsausdruck entzog er sie ihm.

„Was glaubst du warum er aufgehört hat hinter uns herzulaufen?“

„Was weiß ich.“, antwortete Vegeta brummend und wischte sich mit dem Handrücken das Blut an seiner Wange weg. Als Goku das sah, machte er ein betroffenes Gesicht und einen Schritt auf den Prinzen zu.

„Warte mal, ich mach das.“ Und als wäre es das Normalste auf der Welt, hob er einen Zipfel seines roten Kleides an, spuckte darauf, hob Vegetas Kinn an und wischte mit dem Zipfel über die Schramme.

Es dauerte einen Herzschlag, einen Zweiten, dann …

„Aua!“ Goku rieb sich über die schmerzende Wange und sah pikiert zu Vegeta. „Wofür war das denn jetzt?“

„Für was wohl?!“ Angewidert wischte sich Vegeta Gokus feuchte Wischspur von der Backe, dabei war es ihm auch egal, dass er den Schnitt wieder zum Bluten brachte. Son Goku zog einen Schmollmund und wenn es der Prinz nicht besser wüsste, dann hätte er jeden Eid geleistet, dass in Kakarotts Augen Tränen schimmerten, während er sich weiterhin seine rote Wange rieb, wo Vegetas Ohrfeige ihn erwischt hatte.

„Ich wollte doch nur helfen.“

„Und wie kommst du auf den absurden Gedanken, dass ich deine Spucke in meinem Gesicht haben will?! Und seit wann bist du so weiner...“

„Pssst.“

Vegeta schnappte nach Luft. „Hörst du wohl auf mich anzupsssn?!“

„Ich meins ernst, Vegeta! Sei doch mal ruhig!“ Der harsche Ton Gokus ließ Vegeta vor Empörung nach Luft schnappen. Was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein ihm den Mund … und in diesem Moment hörte es Vegeta auch. Da war ein Geräusch in der Luft. Ob der Bär sie eingeholt hatte? Schutzsuchend drängte sich der Prinz an Kakarotts Seite und griff nach seiner Hand. Eng aneinander geschmiegt lauschten sie.

Tong … dann war es eine Weile ruhig und dann wieder … Tong.

„Ich kenne dieses Geräusch.“, murmelte der Prinz. „Das hört sich an wie du, als du in Klaus die ganze Zeit Holz gehackt hast.“ Goku sah zum Älteren hinab.

„Dann müsste das doch ein Mensch sein, oder? Holz fällen, du weißt schon, das machen doch nur Menschen, oder?“ Vegeta hob den Kopf und in diesem Moment wurde ihm bewusst, wie nah sie beieinander standen und dass sie schon wieder Händchen hielten. Bestürzt machte er einen schnellen Schritt von dem Jüngeren weg und lauschte dann noch einmal.

Tong … Tong … Tong … ja, ohne Zweifel, das hörte sich wie der stetige Schlag einer Axt auf Holz an. „Keine Ahnung, ob das ein Mensch ist. Ich meine … immerhin hatten wir ja schon einen sprechenden Bären, aber in irgendeine Richtung müssen wir ja und bevor du wieder die Orientierung verlierst…“

„Wieso denn wieder ich? Du wusstest doch auch nicht wo wir waren!“

Vegeta überging den Einwand. „…ist es allemal besser wir gehen einfach auf das Geräusch zu. Schlimmer als der Bär kann es kaum werden.“, setzte er seinen Satz fort und stapfte los, Goku murrend im Schlepptau.
 

Es dauerte nicht lange, da wurde der Boden unter ihren Füßen felsiger, die Bäume knochiger und älter und das Geräusch lauter. Dann hörte man plötzlich einen lauten Schrei und schließlich eine Schimpftriade, die Bulma und Chichi zusammen alt aussehen ließ. Beide warfen sich fragende Blicke zu, schienen einen Moment zu warten, ob der jeweils andere etwas sagen oder anmerken wollte, und als dies nicht geschah, gingen sie vorsichtig weiter. Das Schimpfen und Zetern wurde lauter und immer mehr und mehr Worte waren zu verstehen, die allesamt nichts für Kinderohren waren. Schließlich erreichten die beiden eine kleine Lichtung auf der ein umgestürzter, fast schwarzer Baum lag, an dessen Stamm ein kleines Männchen seine Füße gestemmt hatte und mit den Händen versuchte etwas herauszuziehen, was ihm nicht gelang. Ein weiterer Schwall wüster Worte drang an die Ohren der Saiyajins und sie gingen einvernehmlich näher und blieben dann wie angewurzelt stehen.

Das Kerlchen hatte Ähnlichkeit mit einer Person, die sei beide kannten.

Es war klein, hatte dünne Ärmchen und Beinchen, x-Beine, einen krummen Rücken, eine Knollnase und eine Glatze. Nur um seinen Mund war ein weißer Bart zu sehen und jenen hatte es sich wohl auch unter dem umgestürzten Baum eingeklemmt. Daneben steckte eine Axt, mit der es wohl versucht hatte, den Baumstamm zu zerkleinern. Offenkundig war er dabei gescheitert und hatte sich mit der Axt sein Bärtchen tief in den Stamm getrieben. Es war in abgetragenen Sachen aus Leder und schmutzigem Stoff gekleidet und neben ihm auf dem Boden stand ein kleiner Sack. Außerdem hatte es sie bemerkt und musterte sie aus zusammengekniffenen, schwarzen Äuglein. Natürlich war es Son Goku, der als erster das Wort ergriff.

„Hallo.“, lächelte er freundlich und machte einen Schritt auf das Männlein zu. „Hast du dir den Bart eingeklemmt?“

„Siehst du das nicht, du dumme Gans?“, keifte der Zwerg mit einer hohen und bösen Stimme, räusperte sich dann aber und setzte nach: „Anstatt so zu fragen, könntest du mir besser helfen.“ Son Goku kratzte sich am Hinterkopf und begutachtete das Problem. Dabei trat er nach vorne und der Zwerg wurde Vegeta gewahr, der wohlweislich einige Schritte weiter weg blieb. Immerhin hatte ihm der Bär schon gereicht und als er den stieren Blick des Männleins gewahr wurde, verschränkte er blitzschnell seine Arme vor der Brust.

„Was gibt’s da zu glotzen?!“, keifte er den Zwerg an, der sogleich zurückkeifte.

„Was gibt’s da nicht zu glotzen?! Bedecke dich ordentlich! Hat dir deine Mutter nichts von Anstand und Sitte beigebracht? Oder gehörst du zu den Mädchen, mit denen man PaffPaff machen kann?“

„PaffPaff?“ Vegeta hob irritiert eine Braue.

„PaffPaff kenne ich.“, kam es von Goku, der seine Inspektion des Bart-Baum-Problems abgeschlossen hatte.

„Aha!“, machte der Zwerg triumphierend. „Käufliche Mädchen, dann lasst mich euch eine Belohnung anbieten, wenn ihr es schafft den Bart, ohne ihn abzuschneiden, zu befreien.“

„Ohne ihn abzuschneiden?“ Goku runzelte die Stirn und sah zurück zum Dilemma. „Das wäre jetzt meine Lösung gewesen.“

„Nicht abschneiden!“, kreischte der Zwerg mit überschlagender Stimme und fuhr zu dem Größeren der beiden herum. Vegeta kam vorsichtig näher, um auch einen Blick auf das Problem zu werfen. Immerhin konnte man von Kakarott nicht erwarten, dass er etwas Schwieriges löste.

„Was ist PaffPaff?“, rutschte ihm dabei die Frage heraus, denn es ging einfach nicht, dass Kakarott etwas wusste, was er nicht kannte. Während sich der Jüngere über den Baumstamm beugte, antwortete er ihm. „Etwas, was Muten Roshi und Bulma mal gemacht haben, kurz nachdem wir uns kennengelernt haben. Schien beiden richtig Spaß zu machen.“

„Oh ja, PaffPaff macht Spaß.“, bekräftigte das Männlein.

„Bulma und der Alte?“ Vegeta überlegte, was diesen beiden gemeinsam Spaß machen würde und er kam beim besten Willen auf kein Ergebnis. „Und was ist das jetzt?“

Son Goku richtete sich wieder mit grüblerischer Miene auf. Den Baumstamm und die Axt musternd, antwortete er eher abwesend: „So genau hab ich es nicht mitbekommen, war von einem Feuer abgelenkt.“

Vegeta verdrehte die Augen. War ja klar, dass Kakarott die wirklich wichtigen Dinge nie mitbekam, sondern sich immer nur auf Alltägliches und Nebensächliches konzentrierte. Das Männchen versuchte Vegetas Aufmerksamkeit zu erringen. „Ich kann dir zeigen was PaffPaff ist.“

Misstrauisch beugte sich Vegeta zu ihm hinab. Er traute dem Gartenzwerg keinen Meter über den Weg, aber die Neugier zu erfahren, was seine Frau und der alte Lustkreis einmal zusammen getan hatten, war zugegebenermaßen ziemlich groß.

„Also, was ist nun PaffPaff? Spuck‘s aus.“

„Das ist nicht so einfach in Worte zu fassen, meine Gute. Ich kann es dir nur zeigen. Also los, los, komm nur und knie dich zu mir.“

Skeptisch hob der Prinz eine Augenbraue in die Höhe. Dass dieses Männlein so versessen darauf zu sein schien, ihm dieses PaffPaff zu zeigen, ließ all seine Alarmglocken ertönen. Er richtete sich wieder auf, maß den Zwerg zu seinen Füßen mit argwöhnischem Blick. Das konnte doch verdammt noch mal nicht so schwer in Worte zu fassen sein! War er denn immer nur von Idioten umgeben? Apropos Idioten. Der andere hatte sich gerade neben das Männchen gehockt, seine Hand grüblerisch ans Kinn gelegt und starrte einfach nur blöd und völlig planlos auf den weißen Bart. Für Vegeta war die Lösung des Problems klar. Es gab keine. Ohne einen Teil des Zwergenbarts abzuschneiden, würden sie ihn da nicht herausbekommen, zumal sie hier die Kraft einer … einer Fliege besaßen.

„Was ist denn nun? Willst du es nun wissen oder nicht?“, kam es drängend von dem halben Meter.

Nun hatte auch noch Kakarott zu ihm aufgesehen und meinte völlig naiv: „Was ist denn, Vegeta? Lass es dir doch von dem Kerlchen zeigen, wenn du es unbedingt wissen willst.“

„Ja, lass es dir doch von mir zeigen, Fräulein.“

Das … stank doch alles bis zum Himmel! Doch dann sagte der Zwerg etwas, das Vegeta durch Mark und Bein ging und ihn veranlasste, zu seinem Leidwesen wie sich sogleich herausstellen sollte, seine Vernunft über Bord zu werfen. „Angst?“

Mit einem missbilligenden Zischen hockte sich Vegeta ohne ein weiteres Wort neben das Männchen. „Tz, Angst! Als ob! Na los, mach schon.“

„Ein Stückchen musst du schon noch näher kommen…“

Vegeta zögerte, doch wollte er sich das keinesfalls anmerken lassen, also tat er wie ihm das Zwerglein geheißen. Er rückte näher. Mittlerweile starrte auch Kakarott ganz gebannt zu den beiden. Danach ging alles unglaublich schnell.

Das kleine Männchen packte Vegetas entblößte Brust an beiden Seiten, knallte seinen Kopf gegen dessen Brustbein, drückte von beiden Seiten zu und bewegte seinen Kopf anstößig und schnell zwischen ihnen hin und her. „Paffpaff!!“, rief er dabei auch noch mit einem so derben Grinsen, hätte Vegeta das gesehen, wäre es mit Sicherheit nur halb so gut für den Zwerg ausgegangen.

In der nächsten Sekunde, nein es dauerte nicht einmal so lang, da riss Vegeta seine Augen weit auf als ihm gleichzeitig durch den Kopf schoss, dass Bulma das doch niemals mit dem alten Knacker gemacht haben konnte und dann, dass das doch gerade nicht wirklich passierte, oder?! Dieser grässliche Zwerg konnte es doch nicht wirklich wagen seinen Kopf zwischen SEINE Brüste zu stecken! Sein Kopf nahm eine hochrote Farbe an, nicht des Schams, sondern des puren aufsteigenden Zorns, dann folgte schon ein Faustschlag auf den Schädel des Zwerges, der ihn zurücktaumeln ließ. Gleich darauf sprang Vegeta auf und verteilte wild fluchend Tritte auf das Männchen, das sich nur noch schützend seine Arme um den Kopf schlang. „Du dreckiger, kleiner, perverser Zwerg!!“

„Vegeta!!“ Goku sprang ebenfalls auf, lief so schnell er konnte hinter den zeternden Prinzen, packte ihn unter den Achseln, um ihn von diesem armen Geschöpf wegzuziehen, welches gerade dem gnadenlosen Zorn eines Saiyajins, wenn auch eines schwachen, ausgesetzt war.
 

„Wenn du es noch EINMAL wagst Hand an mich zu legen, dann jag ich dir die Axt in deine hässliche Fresse, du…du abgebrochener halber Meter!!“, keifte Vegeta, während er von Goku immer weiter von dem Zwerg weggezogen wurde. Bis er realisierte, dass es Kakarott gewagt hatte, seine Rache zu unterbrechen, dauerte es eine ganze Weile, in der er ununterbrochen wüste Beschimpfungen ausstieß. Goku hatte indes die größten Schwierigkeiten Vegeta überhaupt von dem umgestürzten Baumstamm wegzuhalten. Als dieser dann plötzlich zu schimpfen aufhörte, sah er seine Chance selbst kurz zu verschnaufen. Sein Griff um den Prinzen wurde lockerer, was wiederum Vegeta ausnutzte, um sich von ihm loszureißen und wieder auf den Zwerg loszustürmen.

Goku stürzte hinterher, doch sein Fuß verhedderte sich in einer Wurzel. Er bekam nur noch Vegetas Kleid zu fassen und riss es diesem während seines Falls von den Hüften. Der kam dabei selbst ins Straucheln, konnte sein Gleichgewicht aber gerade noch halten. Er sah an sich hinab, erkannte die Blöße, der er nun ausgesetzt war. Sein Gesicht lief noch röter an, seine Hände schossen um seine Mitte und als er zu dem Zwerg blickte, wurde ein neuer Ausdruck für die Steigerung des Wortes Zorn geboren. Der starrte nämlich mit offenem Mund genau dorthin, wo sich Vegeta gerade eben seine Hände hinhielt und Sabber lief ihm dabei aus dem Mundwinkel und war das Blut, das da aus der Nase lief?

Der aufkeimende Ekel in Vegeta begann sich mit der Steigerung des Zornes zu vermischen und pumpte derart viel Adrenalin durch seine Adern, dass er mit Sicherheit mit seinen bloßen Händen einen Baum hätte ausreißen können. Und etwas derartiges tat er schließlich auch. Er ließ seine Arme sinken, ballte seine Hände zu Fäusten und überwand die wenigen Meter, die ihn noch von dem Zwerg trennten. Zielsicher schnappte er nach dem Griff der Axt, die neben dem Männchen im Baumstamm steckte, und zog sie mit einem einzigen, kräftigen Hieb heraus. Danach holte er aus, mit der Absicht diesen Lustmolch einen Kopf kürzer zu machen. Währenddessen war allerdings Goku wieder auf seine Füße gekommen und zu ihnen gelaufen, sodass er Vegeta gerade noch zurückreißen konnte als dieser die Axt auf den Zwerg niedersausen ließ. Dem kleineren Saiyajin entglitt der Griff des schweren Beils, das nun ungebremst auf den Zwerg hinabfiel. Dieser konnte jedoch gerade noch einen Schritt zurückmachen. Dann hörte man nur noch ein lautes 'Ratsch'. Danach war es still.
 

Goku lag mit Vegeta zwischen seinen Beinen auf dem Boden und der Zwerg … schrie lauthals los.

„WAS HAST DU GETAN, DU DUMME GANS?! MEIN BART! MEIN WERTVOLLER BART!!“

Denn die Schneide der Axt war auf dem weißen Anhängsel des Zwerges gelandet und hatte ihn ein ganzes Stück kürzer gemacht. Zwar war das Männchen dadurch von dem umgestürzten Baum losgekommen, jedoch schien ihn das im Moment nicht mehr zu erfreuen.

„Sei froh, dass es nur deinen Bart erwischt hat, du…du…Giftzwerg!“, rief Vegeta ihm entgegen, während er sich von Goku herunterrollte und auf seine Füße zurückkämpfte.

Schlagartig wurde das zeternde Männchen still. Seine Augen wanderten den nackten Körper des Prinzen auf und ab. „Nun gut…sagen wir, wir sind quitt, denn entschädigt hättest du mich ja schon mal…“

Als Vegeta den gaffenden Blick des Zwerges auf seinen Körper und dessen dreckiges Grinsen bemerkte, wollte er schon erneut auf ihn zustürmen, doch dieser schnappte sich bereits seinen kleinen Sack und sprang über den Baumstamm hinweg, Vegeta hinterher. Voller Unglauben, dass es einfach sinnlos zu sein schien, den Saiyajinprinzen von irgendetwas, was er sich in den Kopf gesetzt hatte, abzubringen, beobachtete Goku den wilden zickzack Kurs der beiden, den diesen hinter dem gefällten Bäumchen abzogen. Abrupte Bremsmanöver, Hände, die in die Luft schnappten, absurde Quietscher, wüste Verwünschungen, ducken, springen, ausrutschen, aufrappeln, anstarren, taxieren, loshechten. Es war einfach zu grotesk, um es wirklich glauben zu können, doch es spielte sich tatsächlich vor Gokus Augen ab. Und für so einen kleinen Kerl, war der Zwerg verdammt flink. Allerdings war Vegeta verdammt stur, und sauer, und diese Mischung brachte ihm schließlich den entscheidenden Vorteil. Er erwischte den Zwerg an seinem Jäckchen, dieser kreischte in einem panischen Falsett auf, starrte zu Vegeta, griff nach seinem Bärtchen und riss sich eines der Haare aus und grinste dabei hinterhältig, ehe er sich einfach in Luft auflöste.
 

Es dauerte einige Herzschläge, in denen Vegeta dastand und seine Hand anstarrte, in der er nunmehr nur noch Luft hielt. Dann, und hätte es in weitem Umkreis irgendein Tier gegeben, dass es gehört hätte, wäre es panisch und schnellst möglich geflohen, durchstieß der Frustrationsschrei des Prinzen den Wald.
 

„WIE ICH DIESE SCHEISS MÄRCHEN HASSE!!!“

Schneeweißchen und Rosenrot - Eine Schwester zur Seite

Es brach die zweite Nacht an, in der Son Goku und Vegeta im Wald schlafen mussten. Nach der Begegnung mit dem Zwerg hatte sich der Saiyajinprinz die Reste seines Kleides um die Hüfte geschlungen und war missmutig einfach drauflos gestapft. Ihn hatte es geärgert, dass er diesen Zwerg nicht hatte verdreschen können. Außerdem ärgerte es ihn immer noch, dass Kakarott mal wieder gar keine Hilfe gewesen war und noch mehr ärgerte ihn der Gedanke, was Muten Roshi mit seiner Frau angestellt haben könnte. Nein, entschied er, als er einen Stein aus dem Gras aufhob, in welchem er saß, und in den See warf. Das ärgerte ihn nicht, es machte ihn fuchsteufelswild.

Kakarott und er waren schweigend durch den trüb aussehenden Wald gestapft, zurück zu dem Bach, den sie in ihrer blinden Flucht vor dem Bären so eilig durchwatet hatten. Und nun fiel ihnen auf, was sie vorher nicht bemerkt hatten. Auf dieser Seite, der Seite auf der sie den Zwerg getroffen hatten, hatten die Bäume kaum Blätter, waren alt und knorrig, ihre Äste waren wie dünne Finger und die Kronen schief und dürr. Die Büsche bestanden aus schwarzen, dicken Ranken mit Dornen, und Geröll und Steine säumten die Erde. Auf der anderen Seite jedoch stand der Wald in voller frühsommerlicher Blüte. Die Bäume waren hoch und stark, der Wind rauschte in den Kronen, ein dichter Teppich aus Gras bedeckte die Erde und das entfernte Gezwitscher der Vögel drang an ihre Ohren.

Nach einem kurzen fragenden Blick waren sie ausnahmsweise derselben Meinung gewesen und hatten beschlossen auf der schöneren Seite des Flusses diesem zu folgen. Immerhin musste der ja irgendwohin führen. Kakarott zumindest hatte gesagt, dass dies die meisten Flüsse taten und irritierenderweise glaubte Vegeta ihm das. Überhaupt schien er Kakarott in diesem Märchen unglaublich viel zu glauben und auch unglaublich viel zu verzeihen, denn eigentlich war er ihm wegen der Sache mit dem Zwerg schon gar nicht mehr böse, wollte aber seine sauertöpfische Miene noch nicht aufgeben.

Als die Dämmerung über ihnen hereingebrochen war, hatten sie in einiger Entfernung ein beständiges Glitzern gesehen, waren noch ein Stück weitergelaufen und hatten einen See erreicht, der groß und klar, still und friedlich, vor ihnen lag. Ohne sich wirklich verständigen zu müssen, geradeso, als würden sie sich schon von klein auf kennen, war Vegeta klar gewesen, dass er sich um ein wenig Holz kümmern musste und Kakarott war losgezogen, um ihnen etwas Essbares zu besorgen. Das Feuer prasselte schon, als der Jüngere aus dem Wald kam, wieder mit einer wilden Menagerie an Tieren im Gepäck und Vegeta stolz und fröhlich den Inhalt seines nach oben gehaltenen Kleides präsentierte: Beeren, alle möglichen Arten von Beeren.
 

„Wie wär's mit dem da?“, Vegeta beäugte den Hasen zu Gokus Füßen und dabei knurrte ihm der Magen. Der Hase, als würde er das drohende Übel wittern, stellte seine Löffel auf und sein Näschen begann unruhig hin und her zuzucken.

„Lass die Finger von Hoppel!“, protestierte Goku energisch und ließ die Beeren neben das Feuer aus seinem Kleid purzeln.

„Hoppel?“, krächzte Vegeta in einer Tonlage, die nicht so ganz klar machte, ob er nun der Meinung war, dass Goku endgültig den Verstand verloren hatte, oder nicht.

„Ja, Hoppel.“

„Du hast dem Vieh einen Namen gegeben?“

„Irgendwie muss er ja heißen.“

„Wieso? Morgen ist er weg und du siehst ihn nie wieder.“

„Das weißt du doch nicht.“

„Aber…“ Nein, kein ‚aber‘ beschloss der Prinz der Saiyajins. Das würde zu nichts führen, oder halt, doch, es würde zu etwas führen, nämlich zu einer weiteren dummen und hirnlosen Diskussion, die nur ihre Zeit verschwendete. Vielleicht war es besser diese Idiotie Kakarotts hinzunehmen, ihn zu nehmen wie er war, es zu akzeptieren und auf sich beruhen zulassen. Das würde eindeutig seine Nerven schonen und seine Geduld ebenfalls. Also gab er nur ein Brummen als Antwort, nahm sich eine Hand voll Beeren und begann, ins Feuer starrend, eine nach der anderen in seinen Mund zu stecken. Sie waren sauer, bitter und schmeckten ihm überhaupt nicht. Hoppel wäre ihm eindeutig lieber gewesen, aber an den kam er nicht ran. Der saß nämlich in Kakarotts Schoß und ließ sich das Fell kraulen, während der Jüngere seinen Teil der Beeren zu verspeisen begann.

Schnaubend nahm Vegeta eine zweite Hand voll. Es gab wichtigeres über das er nachdenken musste. Dieses Märchen zum Beispiel. Bisher war ihnen nämlich nichts passiert, was sie darauf hätte bringen können, was es hier zu tun gab. Die einzigen beiden Figuren denen sie begegnet waren, war ein keifender Zwerg und ein sprechender Bär gewesen. Ersterer hatte ihn mit den Augen gevögelt und Letzterer versucht sie aufzufressen. Aber keiner der beiden hatte auch nur den kleinsten Hinweis gegeben, was sie hier zu tun hatten. Hatten sie vielleicht etwas übersehen? Vegeta grübelte über ihre erste Nacht nach. Da war diese Ähnlichkeit zwischen ihnen und der Bär hatte etwas von ‚immer gemeinsam im Wald‘ und ‚immer zusammen‘ gesagt. Also vielleicht mussten sie irgendetwas hier im Wald erledigen. Die Frage war nur … was?
 

„Weißt du, Vegeta, ich hab mir überlegt, dass es vielleicht nicht so klug war vor dem Bären davonzulaufen, oder den Zwerg so wütend zu machen.“ Der Prinz hob seinen Kopf und sah, aus seinen Gedankengängen gerissen, blinzelnd zu Kakarott.

„Und wie kommst du darauf?“

„Na ja, wir wissen doch immer noch nicht, was wir in diesem Märchen machen müssen, oder? Die anderen Märchen, ich weiß halt auch nicht, aber da hat es sich immer so angefühlt, als hätte ich eine Aufgabe, als müsste ich etwas machen, oder auf etwas warten, oder bekam eben einfach Aufgaben. Aber hier?“ Vegeta beobachtete wie der Jüngere eine grüblerische Miene aufsetzte, während seine Finger durch das Fell von Hoppel strichen. Eine Amsel ließ sich auf seiner Schulter nieder und hüpfte hin und her. Lächelnd hob Goku seine Hand, gab ihr eine Beere und sie flatterte mit ihrer Beute davon.

„Ist mir auch schon durch den Sinn gegangen.“, murmelte Vegeta während er das irritiert beobachtete.

„Und zu welchem Schluss bist du gekommen?“

„Keinem.“

„Oh…ja dann…“

„Was ja dann?“

„Willst du wissen, zu welchem Schluss ich gekommen bin?“

„Nein.“

„Was? Wieso?“

„Weil er nicht richtig sein kann.“

„Das weißt du doch gar nicht!“

„Natürlich weiß ich das.“

„Woher denn?“

„Er ist von dir.“
 

Son Gokus Augen wurden schmal und er bedachte Vegeta mit einem beleidigten Blick, schob sogar die Unterlippe vor und zu Vegetas absolutem Entsetzen passierte das schon wieder, was er nun schon zwei oder drei Mal in diesem Märchen beobachtet hatte. Kakarotts Augen begannen zu glänzen als würde er jeden Moment anfangen zu heulen und das wiederum versetzte ihm einen so heftigen Stich ins Herz, dass ihm seine Worte leidtaten und er am liebsten zum Jüngeren gegangen wäre, um ihn in den Arm zu nehmen und sich zu entschuldigen. Aber das kam natürlich nicht in Frage und er unterdrückte diesen Impuls. Was er aber nicht unterdrücken konnte, waren die Worte, die ihm schneller über die Lippen kamen, als sein Verstand es verhindern konnte.

„Es tut mir leid, Kakarott. War nicht so gemeint.“

Mindestens genauso überrascht wie es der Saiyajinprinz war, weiteten sich Gokus Augen. Hatte er sich verhört? Hatte … hatte sich Vegeta … VEGETA!, gerade bei ihm entschuldigt?

„Ähm, schon…schon gut.“, erwiderte der Jüngere murmelnd. Vorsichtig. Darauf bedacht jetzt bloß nichts Falsches zu sagen oder zu tun. Dabei trafen sich jedoch ihre Blicke, was die gesamte Situation noch seltsamer werden ließ, also wandten sie sich fast synchron voneinander ab und begannen stumm in den Schein des Feuers zu starren.
 

Erstaunlicherweise war es Vegeta der die eingetretene Stille zwischen ihnen als erster wieder durchbrach. „Zu welchem Schluss bist du denn jetzt gekommen?“

Überrascht wagte Goku einen kurzen Seitenblick, sah aber dann schnell wieder vor sich. „Nun, ähm…ich glaube, dass es einen Sinn hatte, warum wir den beiden über den Weg gelaufen sind. Sonst wären wir ihnen wohl nicht begegnet.“

„Mmh…du meinst also, dass sich dieses Märchen um den sprechenden Flohsack und den Giftzwerg dreht?“

„Ja.“

„Das Märchen ist aber nach uns benannt. Also nach unseren Figuren.“, korrigierte sich Vegeta schnell. „Das heißt, nach…diesen Weibern.“

„Das schon, aber vielleicht sind wir es, die den beiden einfach…“ Goku überlegte für einen Augenblick, ehe er weitersprach. „…helfen müssen.“

„Vielleicht sollten die beiden uns aber auch nur zu dem Ort treiben, zu dem wir müssen.“

„Das glaub ich nicht. Mein Gefühl sagt mir, dass wir vor dem Bären nicht hätten fliehen sollen.“

„Willst du damit behaupten, MEIN Gefühl, dass der uns fressen wollte, war falsch?“, murrte Vegeta aufgebracht in Gokus Richtung.

„Irgendwie schon.“

„Tz.“ Nun war es der Ältere, der beleidigt einen Schmollmund aufwies und seine Knie enger an sich zog. „Dann suchen wir das riesige Fellknäuel eben morgen. Aber wenn wir gefressen werden, dann…dann fress ich dich, wenn wir deinetwegen das Märchen nicht zu Ende bringen können und es nochmal versuchen müssen.“

Bei dieser Vorstellung, dass Vegeta im Inhaltsverzeichnis über ihn herfallen würde, um an ihm zu knabbern, entkam Goku ein leises Kichern. Doch das war nicht das Einzige, dass aus ihm hervorsprudelte. „Du bist süß.“
 

Stille.
 

Und als Goku zwei Herzschläge später klar geworden war, was er da gesagt hatte, wich ihm alle Farbe aus dem Gesicht. Oh verdammt, sowas … sowas konnte er doch nicht zu Vegeta sagen!

„S…sorry, Vegeta. Das, ich…ich hab das nicht so gemeint. Es kam einfach so raus.“, versuchte er sich sofort zu entschuldigen als er den entgeisterten und starren Ausdruck in den Augen des Prinzen sah. Allerdings blieb der erwartete Wutausbruch aus, stattdessen immer noch Stille und dann tat der Ältere wieder etwas, das nicht zu ihm passte.

Anstatt Goku anzuschreien oder sich mit erhobener Faust auf ihn zu stürzen, stand Vegeta abrupt auf, ballte seine Fäuste und verschwand aus dem Lichtkegel des Feuers. Goku sah ihm nach, bis er ihn nicht mehr sehen konnte. Er hatte augenblicklich aufspringen und ihm nacheilen wollen. Hatte das Bedürfnis ihm den Ernst seiner Entschuldigung durch eine Umarmung zu verdeutlichen, doch er hielt sich zurück, indem er sich im Gras festkrallte. Diese Gefühle seiner Märchenperson wurden wirklich immer stärker, aber er wusste in diesem Moment mit absoluter Sicherheit, dass er diesen Gefühlen nicht nachgeben durfte. Jetzt musste er er selbst bleiben.

Allerdings haderte er weiter mit sich, kämpfte gegen die widerstreitenden Gefühle in sich an. Ein lautes Seufzen entglitt seinen Lippen. Er wusste nämlich auch, dass, wenn er dem Älteren jetzt nicht nachgehen würde, es wieder eine absolut stille Nacht zwischen ihnen werden würde und sehr wahrscheinlich auch einen stillen darauffolgenden Tag. Vegeta als süß zu bezeichnen, war mit Sicherheit eine abgrundtiefe Beleidigung für diesen gewesen. Auch wenn er selbst das gerade nicht so empfand, oder es eben seine Figur nicht tat. So stolz wie Vegeta nun einmal war, war es mit einem einfachen ‚sorry‘ wohl nicht getan. Einen weiteren Seufzer ausstoßend und Hoppel von seinem Schoß nehmend, erhob sich Goku und stolperte Vegeta in die Finsternis hinterher. Er hoffte, er hatte ihm genug Zeit gegeben, um sich zu sammeln.
 

Weit hatte sich der Saiyajinprinz allerdings nicht von der Feuerstelle wegbewegt. Nach dem gruseligen Bild des einen Waldteils, hatte er keine sonderlich große Lust, sich nochmal dorthin zu verirren. Dass er Angst verspürte, wollte er nicht einmal sich selbst gegenüber zugeben und schob es ohnehin nur auf dieses dämliche Weibsstück, das er in diesem Märchen verkörperte. Mit verschränkten Armen und vor sich hin brummend, stand er mit dem Rücken zu Kakarott und starrte in die Dunkelheit des Sees, welche das Mondlicht widerspiegelte. Den Jüngeren irgendwo hinter sich zu wissen, gab ihm ein seltsames Gefühl von Sicherheit, das ihn einfach noch wütender machte.

‚Du bist süß. Süß. SÜSS!‘, hallte es immer wieder in seinem Hinterstübchen. Die Bilder, die sich zu diesem Wort immer klarer in seinem Kopf manifestierten, ließen ihn gleichermaßen Wut, Abscheu und Angst spüren. Wäre das Wort ‚Prinzesschen‘ auch noch gefallen, wäre Vegeta mit Sicherheit ausgerastet.

Als ihn jedoch plötzlich eine Hand auf der Schulter berührte, entfuhr ihm ein viel zu hoher Aufschrei und er machte panisch einen Satz vorwärts, fuhr mit den Händen fuchtelnd herum, als wollte er eine Armada an Insekten vertreiben. „Verflucht! Musst du dich so anschleichen?!“, fuhr er Kakarott an, als er realisierte, dass der es war, der ihn fast zu Tode erschreckt hatte und nicht die Schreckbilder seiner Erinnerung.

Erneut entschuldigte sich Son Goku. „Sorry.“ Geknickt ließ er seinen Kopf hängen. „Ich wollte dich nicht erschrecken.“

„Tz…du hast mich nicht erschreckt. NICHTS kann mich erschrecken.“ Um diese Aussage zu untermauern, verschränkte Vegeta seine Arme sogleich wieder vor der nackten Brust.

Goku hob seinen Kopf. Eine Augenbraue hatte sich skeptisch in die Höhe gezogen.

„Was?!“, fauchte Vegeta, dem die Skepsis in Kakarotts Blick nicht entgangen war.

„Ach nichts.“ Den Älteren jetzt darauf aufmerksam zu machen, wie oft er am vergangenen Tag schützend seine Nähe gesucht hatte, wäre das Fatalste, was er jetzt hätte sagen können.

„Gut“, meinte Vegeta knapp und wollte schon an Goku vorbei stapfen.

„Jetzt warte doch mal.“, hielt der Jüngere ihn zurück.

Mit finsterer Miene hinter sich blickend, fragte Vegeta: „Wozu? Willst du mich nochmal beleidigen?!“

„Nein. Ich will mich entschuldigen.“

„Glaubst du mit einem weiteren ‚sorry‘ wäre alles wieder in Ordnung?“

„Ich schätze nicht?“

„Richtig.“ Damit wandte sich Vegeta wieder ab, sein Ziel war das Feuer, denn das würde ihn von Kakarott wegbringen, doch ein plötzlich sehr fester Griff um seinen Oberarm ließ ihn innehalten. Er starrte auf die kräftige Hand hinab, die ihn davon abhielt zu tun was er wollte, und folgte dem dazugehörigen Arm zur Schulter und daraufhin zu Kakarotts Gesicht. Die Brauen sehr tief über seine Augen gezogen, starrte er ihn an. „Lass los.“

„Nein.“

„Lass los!“

„Nein.“

„Kakarott!“

„NEIN!“ Der Ausruf des Jüngeren ließ Vegeta verstummen. Kakarott hatte so laut geschrien, dabei die Augen fest zugedrückt und ihn noch näher zu sich herangezogen. „Mir ist verdammt nochmal klar, dass ein einfaches ‚sorry‘ keine Entschuldigung ist, Vegeta. Aber dann lass es mich doch wenigstens versuchen, mich richtig bei dir zu entschuldigen.“

„Nein.“

„Warum?“

„Weil es nichts bringt.“

„Warum nicht?“

„Weil du es nicht verstehst.“

„Was versteh ich nicht?“

„Warum das...“ Vegeta unterbrach sich, fast hätte er zu viel gesagt. Das ging Kakarott nichts an. Das ging niemanden etwas an. Und wenn es nach ihm ginge, dann würden sie auch nie wieder ein Wort darüber verlieren. Doch leider ging es in diesem Märchen nicht nur um ihn. Es ging um sie, ihn und Kakarott und beide schienen sie die Stärke und den Einfluss der Figuren, die sie verkörperten, zu unterschätzen. Ehe sie es wirklich realisierten und sich noch finster und entschlossen anstarrten, zog Son Goku den Kleineren an seine Brust und umarmte ihn. Nicht kurz, nicht leicht, nein, er drückte ihn regelrecht an sich und barg sein Gesicht auch noch auf dessen Schulter. Vegeta erstarrte, seine Finger zuckten, seine Augen waren vor Überraschung weit aufgerissen. Doch er brachte einfach keinen Ton des Widerspruches über seine Lippen.

„Es ist okay, Vegeta.“, hörte er Kakarotts leise Stimme dich neben seinem Ohr. „Es ist okay, wenn man sich fürchtet, wenn man Angst hat, wenn man weglaufen möchte.“

Nein, nein, das war es ganz sicher nicht. Das bedeutet man war schwach, man verlor, man unterlag, man …

„Denn dafür hat man Freunde und Familie, die einem helfen, wovor auch immer man sich fürchtet.“

Das war eine Lüge. Familie und Freundschaft brachten einem überhaupt ni...

„Ich bin da, hörst du? Ich passe auf dich auf. Wir halten zusammen, so wie wir das schon immer getan haben und dann kann dir auch nichts mehr passieren, ja?“

Nein! Nein, nein, nein. Das war, das ging … die Umarmung von Kakarott wurde noch fester, sein Ton noch eindringlicher.

„Egal wovor du dich da eben gefürchtet hast, Vegeta, und ich hab in deinem Blick gesehen, dass es so war, es ist okay. Lass es los. Lass es einfach los.“ Dieser Arsch hatte gut reden! Wie sollte er denn DAS einfach los lassen ... „Es ist okay, Vegeta. Es ist okay.“

Die Körperspannung des Älteren löste sich in Luft auf. Es war fast so, als hätte man jegliche Spannung aus seinen Muskeln genommen. Stand er bis eben noch stocksteif in Son Gokus Umarmung, fielen seine Hände nun auf dessen Rücken, nein, krallten sich in den Stoff des Kleides und seine Stirn sackte an seine Schulter. Gott, es war fast so, als könnte ihn in diesem Moment wirklich nichts mehr passieren, als würde Kakarotts Umarmung einen Schutzschild zwischen ihm und der Welt bilden. Und egal ob das nun seine Gefühle und Gedanken waren, oder die seiner Märchenfigur … es fühlte sich verdammt gut an.
 

Plötzlich schossen Vegeta Fragen durch den Kopf, die ihn sich noch fester an dem Stoff auf Gokus Rücken festkrallen ließen. Ob damals alles genauso gekommen wäre, wenn neben Radditz und Nappa noch Kakarott an seiner Seite gewesen wäre? Oder wäre alles genauso passiert? Hätten man ihn in Ruhe gelassen, wenn da ein Zweiter gewesen wäre, der ihm an Kraft und Stärke geglichen hätte? Wären sie zu viert stärker gewesen? Wären sie stärker geworden? Hätten sie sich befreien können? Hätten sie sich behaupten können? Hätten sie … „Warum zur Hölle hast du nicht einfach viel früher auftauchen können?“
 

Son Goku blinzelte, als er diese Worte hörte, die für ihn keinen Sinn ergaben und hob den Kopf. Fast war es, als würde er aus einer Trance erwachen, denn er realisierte, dass er Vegeta immer noch im Arm hielt. Was war da nur über ihn gekommen? Und, was hatte er sich bei diesen Worten nur gedacht? Als würde Vegeta jemals …

„Sag einfach nie wieder, dass ich süß wäre.“

Bitte? Hatte Goku sich da eben verhört? Kein egozentrischer Wutausbruch? „Ver…versprochen.“

Vegeta löste die Umarmung, aber er stieß Goku nicht weg, sondern machte einfach einen Schritt zurück. Der Jüngere, ganz die sorgenvolle Schwester in diesem Moment, ließ seine Hände auf Vegetas Armen ruhen, als hätte er Angst, der Prinz würde jeden Moment zusammenbrechen oder eben wieder die Flucht ergreifen. Dieser hatte den Kopf zur Seite gedreht, vermied es Kakarott anzusehen, aber das Mondlicht war hell genug, sodass Goku sein Mienenspiel erkannte. „Hab ich dich damit an etwas erinnert?“

Vegetas Augen zogen sich zusammen, doch er erwiderte nichts darauf. Er brauchte es auch nicht. Goku verstand. „Willst du es mir…erzählen?“

Nein! Ja, vielleicht, vielleicht sollte er … „Erinnerst du dich an Dodoria? Bist du dem auf Namek … nein, vergiss es, den hab ich ja umgebracht.“ Vegeta atmete tief ein, spürte mit einem Mal etwas Flauschiges an seinen Beinen, sah nach unten und erblickte Hoppel, der seine kleinen Pfötchen an Vegetas Bein gestützt hatte und mit schnuppernder Nase zu ihm aufsah. Der Prinz schloss die Augen. Wenn Kakarott jemals IRGENDWEM auch nur ein Sterbenswörtchen von dem erzählte, was in diesem beschissenen Buch passiert war, würde er ihn in seine Atome zerlegen. Langsam, sehr, sehr langsam.
 

Son Goku sah blinzelnd zu wie sich Vegeta plötzlich hinab beugte, um Hoppel aus dem Gras aufzuheben. Er nahm ihn auf einen Arm und begann mit der anderen Hand durch sein Rückenfell zu streichen. Dabei schien er nichts mehr wahrzunehmen, außer den Hasen. „Nein, Dodoria hast du nie getroffen, auch Zarbon nicht. Aber die beiden waren so etwas wie Freezers engste Vertraute und fast so stark wie die Ginyu Force. An die erinnerst du dich noch, oder?“ Er sah fragend zu Kakarott, der darauf nur nicken konnte. „Rikoom? Barta?“ Wieder ein Nicken. „Dann stell dir jetzt einfach jemanden wie Barta vor, nur kleiner, fetter und rosa. Dann weißt du wie Dodoria ausgesehen hat. Allerdings war er einfach nur ein Arschloch. Viel schlimmer als Barta.“ Goku nickte wieder und schwieg. Er traute sich nicht auch nur ein Wort zu sagen, aus Angst, damit könnte er das zerstören, was auch immer hier gerade geschah. Vegeta schien wirklich etwas von sich erzählen zu wollen, nach all den Jahren, die sie sich nun schon kannten. Also hielt er den Mund und wartete, beobachtete wie Vegeta Hoppel streichelte, eine so deplatzierte Geste für den Prinzen, als würde ein Schneemann sich freiwillig an den Grill stellen.
 

Vegeta schnaubte. „Du weißt ja, dass ich recht jung bei Freezer gelandet bin.“

Nein, das wusste er nicht, woher denn auch, aber da er es jetzt wusste, nickte er einfach.

„Ich war damals noch jünger als Goten und Trunks es jetzt sind.“

Ach du scheiße, in dem Alter bei so einem Tyrannen wie Freezer? Das erklärte zumindest einiges.

„Sie wussten natürlich alle, dass ich der Prinz der Saiyajins gewesen war.“

War, nicht bin?, dachte Goku. Normalerweise titulierte sich Vegeta niemals in der Vergangenheitsform. Er war der Prinz der Saiyajins, dass es von ihrem Volk nur noch sie beide und vielleicht ihre Söhne als Halbsaiyajins gab, spielte dabei keine Rolle. Er war der Prinz.

Wieder holte ein tiefer Atemzug Vegetas Goku aus seinen Überlegungen zurück. „Dodoria, und noch so einige andere, machten sich bald einen Spaß daraus mich ständig mit diesem beschissenen s-Wort zu titulieren. Der süße Prinz, das süße Prinzlein, das süße Prinzesschen.“ Vegetas Stimme wurde immer gepresster, zischte fast, und als sich die Hand des Älteren zu fest in Hoppels Fell krallte, machte der Hase einen Satz aus den zitternden Armen, deren Hände sich daraufhin zu Fäusten ballte. „Und das hörte einfach nicht auf. Auch nicht als ich älter wurde, auch nicht als ich erwachsen war. Immer diese beschissenen Verniedlichungen, als wäre ich nur ein dummes Haustier und nicht weiter ernst zu nehmen. Dieses Wort kotzt mich einfach nur an!“ Den letzten Satz hatte Vegeta lauter gesagt und als die letzten Worte verhallt waren, sagte er gar nichts mehr. Sah Kakarott auch nicht an, sondern starrte vor sich hin in die Dunkelheit und hing den Erinnerungen nach, die nicht wieder verschwinden wollten. Er fragte sich auch, warum er das erzählt hatte. Warum er mit Kakarott darüber gesprochen hatte. Was ihn geritten hatte, so etwas Erniedrigendes von sich zu erzählen. Was ihn …

Die Schwere von Kakarotts Hand auf seiner Schulter ließ ihn zu ihm sehen. Er wusste nicht, was er erwartet hatte zu erblicken. Das Eingestehen von einer Schwäche war immer ein Fehler, denn es machte einen angreifbar. Vielleicht würde Kakarott nun anders von ihm denken, vielleicht würde er ihn für einen Schwächling halten, vielleicht … warum machte er sich überhaupt Gedanken darüber, was Kakarott von ihm dachte? Das war ihm doch immer, bisher IMMER vollkommen egal gewesen. Warum war es ihm jetzt, hier, auf einmal so wichtig?

Doch da war einfach nur Kakarotts stets freundlicher Blick, ein Nicken, dann zog er die Hand weg. „Danke, dass du mir das erzählt hast.“ Danke, dass er ihm das …? Das war alles?! Mehr hatte er dazu nicht zu sagen?! „Lass uns zurück zum Feuer gehen und zusehen, dass wir morgen herausfinden, was wir hier machen müssen.“ Wie … bitte?! Als der Jüngere schon an ihm vorbei war, fand Vegeta endlich seine Sprache wieder.

„Was…was soll das?“

Goku blickte über seine Schulter. „Was soll was?“

„‚Danke, dass du mir das erzählt hast?‘“, äffte Vegeta den Jüngeren nach, wobei seine Stimme leicht vibrierte. „Soll das ein Witz sein?!“

Goku drehte sich zu dem Saiyajinprinzen um und antwortete mit kräftiger Stimme: „Nein, eigentlich nicht. Ich mein das ernst, Vegeta.“ Dann legte er instinktiv seine Hand wieder auf dessen Schulter und fuhr fort: „Ich bin echt froh, dass du mir endlich mal etwas von dir erzählt hast.“

„Tz!“ Mit einer erbosten Geste wischte sich Vegeta Gokus Hand von der Schulter. Das konnte doch nicht wahr sein! Irgendwas. Irgendeine Reaktion! Verdammt, dass er gerade etwas von sich preisgegeben hatte, musste doch mehr wert sein als … als DAS! Kakarott konnte sich sein ‚Danke‘ sonst wohin stecken!

„Damit eins klar ist, Kakarott, das war“ „Das letzte Mal, dass du mir etwas von dir erzählt hast?“, führte Goku den Satz schneller als Vegeta es konnte zu Ende. „Und wenn ich es jemals irgendjemanden erzähle, dann bringst du mich um?“ Goku hatte ein so wissendes Lächeln auf den Lippen, dass Vegeta jegliches weitere Wort im Hals stecken blieb. Es waren exakt die Worte gewesen, die er dem Jüngeren hatte an den Kopf werfen wollen. Seine Fäuste ballten sich. Was auch immer er vorhin auch gefühlt haben mochte als er in Kakarotts Umarmung versunken war, es war weg. Doch seine altbewährte Mauer, die ihn sonst vor allem und jedem beschützte, und die er tatsächlich für diesen einen Augenblick hatte fallen lassen, hatte sich zu spät wieder aufgebaut. Kakarott war eingedrungen und jetzt … jetzt fühlte er sich bloßgestellt. Als ob er vollkommen durchschaubar wäre. Als ob er … nicht ernst zu nehmen war und das wiederum … erinnerte ihn erneut an damals.

„Was denn?“, fragte Goku und legte dabei auf seine typische Weise den Kopf zur Seite. „Hab ich ins Schwarze getroffen?“

„Nein.“, erwiderte Vegeta leise. Knurrend. Seine Augenbrauen hatten sich wieder tief in sein Gesicht gezogen und er stierte Kakarott aus bedrohlich funkelnden Augen entgegen. „Wenn du wissen willst, was ich zu sagen habe, solltest du mich nie wieder unterbrechen.“ Mit diesen bebenden Worten machte Vegeta einen Bogen um den Größeren und steuerte auf das Feuer zu, seine Hände immer noch an seinen Seiten zu Fäusten geballt. Da hatte er nun die Antwort auf die Fragen, die ihm vorhin durch den Kopf geschossen waren. Nein, es hätte sich nichts geändert, wäre Kakarott schon damals an seiner Seite gewesen, absolut NICHTS. Das Gefühl von Schutz, Geborgenheit und was auch immer er da sonst noch geglaubt hatte zu fühlen, waren eindeutig nur die Gefühle seiner Märchenfigur gewesen, nicht die seinen. Es war nicht Kakarott, der ihm Schutz bot und das war für ihn Antwort genug. Kakarott hätte ihn auch damals nicht beschützen können. Niemand hätte das gekonnt. Er war allein. War es immer gewesen und … würde es immer sein. Kakarott war einfach nur ein … ein verdammter Idiot!
 

Goku ließ die Schultern hängen und sah Vegeta hinterher. Wie konnte es nur sein, dass … dass er es SCHON WIEDER verbockt hatte?

Im Geiste ging er ihr Gespräch noch einmal durch und suchte nach dem entscheidenden Punkt, an dem es aus den Fugen geraten war. Aber so richtig wollte es ihm einfach nicht aufgehen. Was war daran falsch gewesen, dass er sich dafür bedankt hatte, dass Vegeta ihm von sich erzählt hatte? Wo war das Problem gewesen, dass er dem Älteren gezeigt hatte, dass er sich schon hatte denken können, was er ihm danach sagen wollte? Konnte es denn wirklich sein, dass Vegeta nur sauer war, weil er ihn unterbrochen hatte? Aber irgendwie konnte er sich das nicht so richtig vorstellen. Vielleicht … nun, vielleicht war ihm nur das davor unangenehm gewesen? Diese Umarmung? Er selbst war immer noch überrascht darüber, wie gut es sich angefühlt hatte, Vegeta so fest an sich zu drücken und ihm all diese Dinge zu sagen. Ob es … ob es sich so anfühlte, wenn man Geschwister hatte? Vielleicht sollte er das seine Söhne Son Gohan und Son Goten einmal fragen sobald sie aus Angeama raus waren. Kurz schoss ihm das Bild seines eigenen Bruders durch den Kopf, bei ihrer ersten Begegnung. Damals war wirklich alles schiefgelaufen, was nur irgendwie hatte schieflaufen können und das Ergebnis, nun ja, es katastrophal zu nennen war eigentlich noch geschmeichelt. Apropos katastrophal, wenn er das mit Vegeta jetzt einfach so stehen lassen würde, würde die Nacht und der morgige Tag diesem Wort mit Sicherheit auch alle Ehre machen. Er wusste einfach, dass er zwar nichts falsch gemacht hatte, sich der andere aber wegen seinem Verhalten verletzt fühlte. Musste wohl dieses Schwesterndings zwischen ihnen sein. Also machte er sich auf zum Feuer, bevor sich Vegeta wieder hinter seiner Mauer verschanzen konnte.
 

Besagter Jemand ließ sich gerade vor dem Feuer nieder. Also er plumpste eher auf das weiche Gras, als dass er sich setzte und dies tat er mit verschränkten Armen und grimmigem Gesicht. Er starrte das Feuer so wütend an, als wäre es die Ursache seiner Laune. Dabei war es dieses Märchen! Das ging ihm dermaßen auf die Nerven, das konnte man schon nicht mehr in Worte fassen. Sogar mehr als die ganzen Märchen davor zusammengenommen. Und beinahe, aber wirklich nur beinahe, mehr als Kakarott selbst. Den würde er nämlich am liebsten auf den Mond schießen, nachdem was gerade passiert war, und gleichzeitig wurde dieser elende Drang in ihm immer stärker, dass er sich mit ihm ‚aussprechen‘ wollte. Ihm sagen wollte, dass es ihn verletzt hatte, wie der Jüngere auf seine Geschichte reagiert hatte. Dass er sich mehr gewünscht hatte, dass er … dass er sich irgendeine Reaktion erhofft hatte, irgendwelche Worte, die das würdigten, was er ihm anvertraut hatte. Dass er wissen wollte, was er darüber dachte …

Gott verdammt nochmal! Diese beschissene Weibergefühlswelt!
 

Zu versunken in seinen Gedanken, bemerkte Vegeta nicht, dass Goku zur Feuerstelle zurückgekehrt war und ihn anstarrte, bis ihn dessen Stimme hochschrecken ließ. „Vegeta?“

„Was?!“, fauchte dieser nur zurück.

„Kannst du mir mal bitte erklären, was schon wieder dein Problem ist?“

„Du.“

„Und warum diesmal?“

„Weil du das, was ich dir erzählt habe, so abtust, als wäre es nichts.“, erwiderte der Ältere, ohne vorher über seine Worte nachzudenken. Wie das Wasser einer heißen Quelle waren sie einfach aus ihm herausgesprudelt.

„Das habe ich doch gar nicht!“

„Doch hast du!“

„Nein!“

„Du hast aber ÜBERHAUPT NICHT DARAUF REAGIERT!“

Goku stutzte als ihm klar wurde, dass Vegeta recht hatte. Es war ihm nur wichtig gewesen, dass er es erfahren hatte. Aber um ehrlich zu sein wusste er auch nicht, was er dazu sagen sollte. Vegeta war von Freezers Leuten beleidigt worden und das über Jahre. Tja, wie sich das anfühlte, wusste Goku nur zu gut.

Bei den nächsten Worten zogen sich seine Augenbrauen tiefer in sein Gesicht. „Du willst also wirklich, dass ich etwas dazu sage?“

„JA! Verdammt, nein! Doch. Nein! Mir doch egal!“ Vegeta krallte seine Finger in dem feuchten Gras neben sich fest. Das konnte doch einfach nicht wahr sein, dass er so verflucht unschlüssig und noch dazu so … so … weibisch war!

„Also, Vegeta…“, begann Goku schließlich, nachdem er einige Augenblicke abgewartet hatte, ob sich der Ältere nun doch für eine Variante entscheiden würde. Seltsamerweise war er dabei völlig ruhig. Vollkommen sicher. „Ich glaube nicht, dass du das jetzt hören willst, aber für mich gab es nichts dazu zu sagen.“

Vegetas Finger lockerten sich, seine Augen weiteten sich. Er hatte seine Ohren gespitzt, hörte zu.

„Ich hab dich als süß bezeichnet, was etwas in dir wachgerufen hat. Du hast mir erzählt, was es war und das hat mich echt gefreut. Gerade deswegen, weil du sonst alles für dich behältst. Wie ein Buch mit sieben Siegeln.“

Vegeta blickte stumm zu seinem Artgenossen auf, der seinen Blick von ihm abgewandt und zum Feuer gerichtet hatte.

„Dass dich dieser Dodoria, oder wie er hieß, und die anderen damit geärgert haben, ist natürlich…scheiße. Dass das in deinen Augen eine Beleidigung war, verständlich. Dass du dich damit mit Sicherheit geringgeschätzt und in deinem Stolz verletzt gefühlt hast, nachvollziehbar. Aber soll ich dir mal was verraten, Vegeta?“ Goku sah den Älteren nun wieder direkt an. „Du beleidigst mich andauernd.“

„W…wie bitte?“

„Du sagst mir ständig, dass ich ein Idiot bin. Im roten Ettin hast du mir klar und deutlich gesagt, was du von meinem Leben und meiner Arbeit hältst. Und…du hältst dich für so viel besser. Das tut weh. Jedes Mal. Also ja…ich kann nachvollziehen, wie das für dich gewesen sein muss.“

Vegeta glaubte seinen Ohren kaum, als Goku geendet hatte. War … war das wirklich so? Verdammt, war er … war er etwa wie sie geworden? Wie die, die er über alle Maße verabscheute? Nein. Nein, das konnte nicht sein. Er war anders! Besser! Er … er … und ehe er sich versah, sagte Vegeta etwas, was er niemals für möglich gehalten hatte. „Du weißt, dass du kein Idiot bist, oder?“

„Tu ich das?“, erwiderte Goku.
 

Es kehrte Stille zwischen ihnen ein, in der Vegeta den Jüngeren unentwegt anstarrte. Kakarotts Anblick, dieser verletzte Ausdruck in dessen Augen, der von den tanzenden, roten Flammen, die sich darin spiegelten, noch verstärkt wurde, lösten nicht zu bändigende Gefühle in ihm aus. Unkontrolliert krochen sie aus seinem tiefsten Inneren empor. Keine Mauer, kein Stolz, einfach nichts vermochte das folgende aufzuhalten. Und ehe er sich versah, war Vegeta auf seinen Beinen, packte den Größeren am Oberarm, drehte ihn zu sich herum und nun war er es, der Goku in eine Umarmung zog. Kakarotts Nacken festhaltend, seinen Körper festhaltend, fiel die Stirn dessen auf Vegetas Schulter und sie standen haargenau so da, wie zuvor am See. Nur war es diesmal Son Goku, der sich in Vegetas übriggebliebene Klamotten krallte.

Schneeweißchen und Rosenrot - Ein Zwerg an der Angel, ein Adler in der Luft

Vegeta erwachte am nächsten Morgen träge und ungewöhnlich langsam für seine Verhältnisse. Bisher hatte er bei all seinen Rollen in diesen Märchen die Eigenheiten der Figur gut im Griff gehabt und seine eigenen vorne anstellen können. Nur diesmal schien ihm dies nicht recht gelingen zu wollen. Sei es nun die eigenartigen Gefühlsschwankungen, das Suchen nach Nähe oder einfach nur die Tatsache, dass er ein unglaubliches Mitteilungsbedürfnis verspürte, wie er noch vom vergangenen Abend zu gut wusste. Auch dieses schwerfällige Herüberdämmern in das Reich des Wachseins wollte so gar nicht zu seiner sonstigen Art passen. Aber, wenn er nun so genau darüber nachdachte, warum eigentlich nicht? Warum nicht einfach noch ein paar Momente liegen bleiben und den Gedanken nachhängen, die ihm so wirr im Kopf herumspuckten.

Seine schwarzen Augen richteten sich unter halb geöffneten Lidern auf das zerdrückte Gras neben sich. Die Halme lagen noch eng am Boden, zeigten noch keine Anzeichen dafür sich aufzurichten und dies bedeutete, dass Kakarott noch nicht lange aufgestanden war. Und ja, sie waren nebeneinander eingeschlafen, sogar ziemlich nah beieinander und … er traute es sich ja kaum zu denken, in einer Umarmung. Seiner Umarmung.

Absurd. Eigentlich vollkommen absurd, undenkbar und dennoch war es so. Vegetas Augen folgten einem trocken aussehenden Grashalm bis zu dessen Ende, an dem eine kleine, zerdrückte, lila Blume zu erkennen war. Irgendetwas an ihr fesselte seinen Blick, sodass seine Augen nicht weiterwanderten. Erinnerte sie ihn an etwas? Er war sich nicht sicher, aber irgendwie war dieser Farbklecks unter all dem Grün und Braun des Grases etwas, das ihn anzog. Vielleicht, weil es die einzige Blume war, die unter Kakarotts Körpergewicht gelitten hatte. Vielleicht, weil sich der vertrocknet wirkende Halm gerade aufzurichten versuchte. Allen Widrigkeiten und all dem anderen Gestrüpp, das ihn daran hindern wollte, zum Trotz, schien dieser Blumenhalm nicht einsehen zu wollen, dass es besser war liegen zu bleiben, den Kopf unten zu halten.

Vegeta atmete aus, und sein Atem brachte Bewegung in die Sache. Er wirbelte ein wenig trockene Erde auf, ein paar abgestorbene Grasteile und einige Blätter. Doch das reichte, um die ineinander verschlungenen Halme so zu verändern, dass sich dieser eine halb aufrichten konnte. Als er wieder einatmete, roch er den frischen Duft von leicht feuchter Erde am Morgen, Wasser in der Nähe und eben zerdrücktem Gras. Überrascht stellte er fest, dass er diesen Geruch mochte und noch sehr viel überraschter wurde ihm klar, über welchen Unsinn er hier sinnierte. Ruckartig setzte er sich auf, brummte und rieb sich durch die Haare, um die Schlaftrunkenheit abzuschütteln. Kakarott war tatsächlich nirgends zu sehen, aber Vegeta vermutete, dass er entweder das Frühstück besorgte, oder aber mit dem Viehzeug des Abends irgendwelchen Unsinn anstellte.

Apropos Viehzeug, da war doch dieser Hase gewesen, den Kakarott so lächerlich Hoppel getauft hatte und wenn ihn seine grauen Zellen nun nicht endgültig im Stich gelassen hatten, dann war er sich ziemlich sicher, dieses Vieh auf den Arm genommen und gestreichelt zu haben. Gott verflucht nochmal, wie sollte er das jemals wieder geradebiegen können? Wie sollte er Kakarott unter die Augen treten können, ohne ständig an diese Blößen vom vergangenen Abend erinnert zu werden? Ob er das mit der Ausrede, es wäre nur seine Märchenfigur, abtun konnte? Ob Kakarott ihm das abkaufen würde? Er biss sich auf die Unterlippe, dachte verbissen nach.
 

'Du weißt, dass du kein Idiot bist, oder?'

'Tu ich das?'

Und dann dieser Blick, den der Jüngere ihm zugeworfen hatte. Verdammt nochmal! Warum musste das so kompliziert sein? Warum konnte er nicht einfach über die Sache hinwegsehen wie sonst auch? Es war nie passiert. Punkt, aus, Ende, fertig.

Aber es WAR passiert, verdammt nochmal! Es war passiert und er war nicht so feige sich das nicht einzugestehen, oder sich auch einzugestehen, dass man die Parallelen dessen was Kakarott angedeutet hatte, zwischen ihm selbst und seinem Verhalten dem Jüngeren gegenüber und Dodorias und Zarbons Verhalten ihm gegenüber, gleichsetzen konnte. Immerhin HATTE er Kakarott Jahrzehnte lang beleidigt und es die meiste Zeit davon durchaus ernst gemeint. Das Erschreckende an der Sache war nun allerdings, dass er gar nicht mal bemerkt hatte, wann das aufgehört hatte und wann diese Beleidigungen für ihn eher zu so etwas wie … nun ja, zu irgendetwas anderes eben geworden waren. Klar verhielt sich der Jüngere eben manchmal wie ein Idiot, aber deswegen war er noch keiner. Ergab das Sinn?
 

Knurrend erhob sich Vegeta, klopfte sich die Reste ihres Schlafplatzes aus den Überbleibseln seines Kleides und streckte sich einmal ausgiebig, ließ die Knochen knacken und sah sich dann in allen Richtungen um. Kein Kakarott. Gut, dann würde er jetzt einfach eine Runde schwimmen gehen. Irgendwie musste er diese schwer an ihm haftenden Gedanken loswerden und das ging erfahrungsgemäß am besten, wenn er sich verausgabte. Er hatte doch auch am vergangenen Abend den See gesehen, der war nicht weit weg. Der Mond hatte sich auf der Oberfläche gespiegelt und das Licht zurückgeworfen. Soweit er sich noch erinnern konnte, war er in diese eine Richtung gegangen und dann war das Gras immer höher und höher geworden. Da hatte ihn dann Kakarott gefunden.

Nach einigen Momenten des Umsehens hatte Vegeta dann auch schon die Stelle gefunden, an der sie am vergangenen Abend das Gras bei ihrem Gang niedergedrückt hatten. Er folgte der gut sichtbaren Spur, drückte die höher werdende Flora beiseite und roch schon nach wenigen Metern die nasser werdende Erde. Aufpassend, wo er seine Füße hinsetzte, immerhin hatte er keine Lust sich noch bis zu den Knien in irgendeinem Schlammloch wiederzufinden, schob er nun nicht mehr nur Gräser, sondern auch Schilf zur Seite und blieb plötzlich wie angewurzelt stehen.

Also doch nicht auf Nahrungssuche oder mit dem Viehzeug unterwegs.
 

Unweit vor ihm, auf einem Stein, saß Kakarott, das Kleid nach oben über die Knie geschlagen und mit den Zehen im Wasser spielend. Seine Hände hatte er neben sich auf dem großen, grauen Stein abgestützt und er schien etwas sehr Wichtiges im Wasser zu beobachten.

Vegetas erster Impuls war gewesen, ihn bei seinem Namen zu rufen, doch er war verflogen, ohne dass er es getan hatte. Vielmehr war es jetzt so, dass ihn der Frieden dieses Bildes so zusetzte, dass er einfach keinen Laut mehr herausbrachte. Mit Sicherheit war auch das etwas, was er dieser blöden Märchenfigur zu verdanken hatte, die diese Atmosphäre auf keinen Fall zerstören wollte. Aber wenn er ihn schon nicht rufen konnte, dann musste er sich anderweitig bemerkbar machen. Also schob Vegeta das Schilf gänzlich zur Seite und setzte sich in Bewegung.
 

Kakarott starrte auf sein eigenes Spiegelbild im Wasser, oder mehr das seines Märchen-Ichs, welches immer wieder von den kleinen Wellen bewegt wurde, die seine Zehen machten, wenn er sie das Wasser berühren ließ. Das hatte irgendetwas Hypnotisches und half ihm dabei seine Gedanken zu ordnen. Was nach dem vergangenen Abend auch bitter nötig war. Er hatte Dinge erfahren, die er sich niemals zu träumen gewagt hätte jemals von Vegeta zu hören und auch die Art und Weise, wie der Ältere ihm diese Dinge gesagt hatte, hatte etwas in ihm verändert, hatten ihn dazu bewogen über Dinge nachzudenken, über die er sonst nicht nachdachte. Er war nicht oberflächlich, nein, dafür hatte er sich nie gehalten, aber er ging nun mal vieles mit einer Leichtigkeit an, die einige als unüberlegt auffassten. Auch, dass er sich nun so viele Gedanken über etwas machte, dass ihn früher nie beschäftigt hatte, war eigenartig und hatte vielleicht etwas mit seiner Figur zu tun. Es brachte ihn auf alle Fälle dazu anders über die Geschehnisse des vergangenen Abends zu denken, als er das normalerweise getan hätte. Und vielleicht war das gar nicht so verkehrt.
 

Kurzum, er war so vertieft in diese ungewöhnlichen Überlegungen, dass er gar nicht bemerkte wie sich Vegeta von hinten näherte. Er nahm ihn erst wahr, als das Spiegelbild der blonden Frau neben dem seinen im Wasser auftauchte. Es hätte ihn eigentlich irritieren, verschrecken oder sonst was müssen, aber das tat es nicht. Im Gegenteil, eine Wärme durchfuhr seinen Körper und er fühlte sich … was war das eigentlich für ein Gefühl? War das … Geborgenheit?

Doch im nächsten Atemzug wurde ihm schon klar zu wem dieses Gesicht in Wirklichkeit gehörte und dass das, was gestern zwischen ihnen passiert war, mit Sicherheit verheerende Folgen haben würde, jetzt da Vegeta wohl wieder Herr über seine Gefühle war. Also wandte er sich von dem Abbild der beiden Frauen im Wasser ab als würde er sich von einem Märchen, einer Fiktion, einer Fantasie, in der sie beide irgendwie zusammengehörten, abwenden und blickte zu seinem Artgenossen auf.
 

„Hey Vegeta.“

Von diesem kam nur ein Nicken in seine Richtung, während er den See vor ihnen betrachtete. Er lag so ruhig, so friedlich dar, die wilde, unberührte Natur, die das Wasser einrahmte, ließen ihn wie ein gut behütetes Geheimnis wirken. Und als Vegeta klar wurde, dass er sich schon wieder in diesen absurden Gedanken zu verlieren begann, schloss er seine Augen, atmete einmal durch und richtete seine Aufmerksamkeit auf Kakarott, der ihn immer noch ansah.

„Was treibst du da?“

„Nichts eigentlich.“ Goku zuckte mit den Schultern. „Ich wollte eigentlich eine Runde schwimmen, bevor ich uns was zu essen suche. Dachte, das könnte nicht schaden, bevor wir uns auf die Suche nach dem Bär begeben.“

„Das wollte ich a-“ Vegeta unterbrach sich schleunigst. Beinahe hätte er voller Freude gesagt, dass er genau dasselbe vorgehabt hatte, wie toll das nicht war und dass sie das ja nun gemeinsam machen könnten. Das Lächeln, das er dabei schon auf den Lippen hatte, verbannte er dahin, wo es hergekommen war. Tief in sich hinein. „Und warum bist du dann nicht im Wasser?“, fragte er stattdessen mit möglichst monotoner Stimmlage.

„Ach…die Stelle hier war so einladend und…also…“ Goku wandte sich wieder um. Er wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Würde er erwähnen, dass er hergekommen war, um Vegeta nicht zu wecken, um über den vergangenen Tag nachzudenken, um diesen kurzen Frieden, der letzte Nacht zwischen ihnen geherrscht hatte, so lange wie möglich aufrecht zu halten, dann würde er wohl die nächste Auseinandersetzung provozieren. Und das wollte er nicht. Er wollte viel lieber, und er glaubte kaum, dass er das dachte, einfach mehr von Vegeta und dessen Vergangenheit erfahren. Lange bevor er eingeschlafen war, hatte Son Goku schließlich über Dinge nachgedacht, die er immer, nun, verdrängt war das falsche Wort, aber die ihm eben nie als so wichtig erschienen waren. Über seine eigene Herkunft, über die Familie, die er nie kennengelernt hatte. Es war einfach so seltsam, aber diese Schwestern, die sie hier verkörperten waren so völlig anders als die Brüder, die sie im roten Ettin gewesen waren. Diese Zuneigung und dieser innerliche Frieden waren … unheimlich. Und am liebsten hätte er all das gerade laut ausgesprochen und Vegeta einfach gefragt, ob er sich auch so fühlte.

„Kakarott?“, riss ihn die Stimme des Älteren aus seinen Gedanken.

„Mh? Was?“ Blinzelnd blickte Goku wieder hoch.

„Du hast aufgehört zu reden.“

„Oh…“

„Was wolltest du denn sa-“, begann Vegeta als ihn ein plötzlicher Hilfeschrei, der quer über den See zu ihnen hallte, verstummen ließ. Die Köpfe der beiden Saiyajins ruckten gleichzeitig zur rechten Seite des Sees. Sie horchten in die eingetretene Stille bis ein erneuter Hilferuf Son Goku aufspringen ließ. Es bedurfte nur eines kurzen Blickes zwischen ihnen, eines einvernehmlichen Nickens und die beiden spurteten los, den Schreien entgegen.

Das zwischen ihnen in der Luft hängen gebliebene Gespräch war in den Hintergrund gerückt, war in dem Moment nicht mehr wichtig. Sie spürten beide instinktiv, dass sie den Schreien folgen mussten, wenn sie in diesem Märchen endlich vorankommen wollten, doch der Weg stellte sich als gar nicht so leicht dar. Immer wieder blieben sie im dichten Schilf stecken, mussten Umwege nehmen, stolperten über Steine und irgendwie, sie wussten selbst nicht genau wann oder wie es passiert war, aber die letzten Meter überwanden sie während sie sich gegenseitig an der Hand hielten. Doch es störte sie nicht, sie realisierten es noch nicht einmal wirklich, denn es fühlte sich richtig an und dann, endlich, hatten sie den Ursprung der Schreie erreicht.
 

Der Zwerg, dieser kleine, miese Giftzwerg vom Vortrag, war es, der hier wie am Spieß herumbrüllte und offensichtlich schon wieder in der Klemme steckte. Damit hatte Son Goku also recht behalten. Die Geschichte hatte irgendetwas mit diesem Wesen zu tun. Es dauerte auch keine zwei Sekunden bis die beiden Saiyajins die Situation analysiert hatten. Der Gnom hatte offenbar geangelt, ein Fisch hatte angebissen, der wohl zu groß und kräftig war als dass ihn der Winzling hätte einfach so aus dem Wasser ziehen können und nun kämpfte er mit der Angelschnur. Doch das war nicht das eigentliche Problem, denn da der Zwerg wohl von der Stärke des Wassertiers überrumpelt worden war, und die Angelschnur sich scheinbar davor um seinen langen, wenn auch wegen Vegeta etwas gestutzten, Bart gewickelt hatte, hing das weiße Büschel nun in der Angelschnur fest. Selbst wenn er also die Angel loslassen würde, würde der Fisch ihn mit in den See reißen.
 

„Hilfe! Hilfeee! Wo sind diese unnützen Weibsbilder, wenn man sie mal braucht?!“, brüllte der Zwerg aus vollem Hals, was schließlich auch der Anlass war, der Vegetas Zorn vom Vortag schlagartig zurückkehren ließ. Seine Rechnung mit diesem Giftgnom war schließlich noch nicht beglichen. Immerhin hatte der sich einfach in Luft aufgelöst, nachdem er ihn endlich zu fassen bekommen hatte.

Er riss sich also von Kakarott los und stapfte mit geballten Fäusten auf den Zwerg zu.

„So sieht man sich also wieder, Lustmolch.“, begrüßte Vegeta das Männchen, das seine Füßchen in den Boden gerammt hatte, um den Sturz in den See irgendwie noch verhindern zu können.

Als dieser Vegeta entdeckte, fuhr er allerdings ungeniert mit seinen schamlosen Forderungen fort. „Na endlich! Komm her, du unnützes Stück und hilf-“ Er stockte, denn sein Blick war auf Vegetas entblößter Brust hängen geblieben. Augenblicklich schoss ihm Blut aus der Nase.

Vegeta war inzwischen neben ihm und blickte mit seiner finstersten Miene auf ihn herab. Dass dieser Lustmolch gerade wieder auf seine Märchenbrüste starrte, ließ seine Wut noch höher kochen. Goku war ihm natürlich gefolgt und begutachtete schon hektisch das Schlamassel.

Als die Angelschnur ein weiterer, heftiger Ruck durchfuhr und der Zwerg beinahe sein Gleichgewicht verlor, konnte er sich von diesen herrlichen, nackten Brüsten losreißen und schon ging sein Gemecker wieder los. „Was glotzt du denn so, du Göre?!“, schimpfte er nun in Gokus Richtung, der auf der anderen Seite neben ihm stand. „Hilf mir! Und wehe, du krümmst meinem Bart auch nur ein weiteres Haar, du duselige Kuh!“

Eine Ader begann auf Vegetas Schläfe zu pulsieren, während sein Blick noch düsterer wurde, wenn das überhaupt noch möglich war. Wäre er im Besitz seiner Kräfte gewesen, hätte er einfach mit einem Energiestrahl den bescheuerten Fransenteppich durchtrennt, den der Zwerg einen Bart schimpfte. Und während er sich weitere Szenarien durch den Kopf gehen ließ, wie er dem Zwerg die Leviten hätte lesen können, war es Goku, der die Axt des Männleins neben dessen Beutel zwischen dem Schilf entdeckte. Er holte sie, eilte wieder heran und hatte auch schon die Lösung. Er musste nur die Angelschnur durchtrennen. Konnte ja nicht so schwer sein.

„Keine Angst, ich mach das.“, sprach er beruhigend auf das zeternde Männchen ein und kniete sich zu ihm auf den Boden. „Vegeta, hilf mal und halt die Angelschnur.“

„Einen Scheiß werd ich tun.“, knurrte der Angesprochene. Sein ganzer Körper bebte, seine Fäuste zitterten, während ihm die Bilder des Zwergs durch den Kopf schossen, wie dieser ‚PaffPaff‘ mit seinen Märchenbrüsten gemacht hatte.

„Jetzt stell dich nicht so an, lang wird er das nicht mehr durchhalten!“, rief Goku ihm zu, doch der Prinz der Saiyajins schien ihn gar nicht zu hören. Er hatte jetzt aber auch keine Zeit, Vegeta zur Vernunft zu bringen, also widmete er sich wieder dem Zwerg und setzte die Axt unterhalb des eingeklemmten Bartes an der Schnur an. Dann begann er die Klinge daran zu reiben, doch die Angelschnur wollte und wollte sich nicht durchtrennen lassen.

„So ein Mist, es klappt nicht!“

„Streng dich an, du unnützes Ding du!“, schimpfte der Zwerg ohne Unterlass.

„Ich versuch’s doch!“

„Schneller, du Pute!“

„Ja doch!“

„Kakarott.“

„Mist, mist, mist!“, fluchte Goku, der die Stimme Vegetas nicht wahrnahm und mit immer schnelleren Bewegungen die Klinge über die Schnur zog.

„Kakarott.“

„Wieso reißt die Schnur denn nicht?!“

„KAKAROTT!“

Abrupt stoppte Goku und blickte verdutzt zu dem Älteren auf. Der hatte seinen Arm erhoben, mit der Handfläche nach oben und deutete dem Jüngeren mit seinem Kopf, dass er ihm die Axt aushändigen sollte. Da Goku das Gefühl hatte, dass ihnen so gut wie keine Zeit mehr blieb, immerhin rutschte der Zwerg bereits immer weiter gen See, unterließ er es Vegeta zu fragen, was er vorhatte und warf ihm einfach wortlos die Axt zu. Wenn er diese wollte, dann … hatte er einen Plan. Davon war Son Goku überzeugt. Angespannt beobachtete er, wie sich Vegeta, gefühlt in Zeitlupe, auf ein Knie sinken ließ und die Axt in seiner Hand herumdrehte. Schließlich umfasste er sie mit festem Griff, holte hinter seinem Kopf aus und begann breit zu grinsen. „Du hättest niemals Hand an mich legen sollen, du Kröte.“, zischte er, dann sauste die Axt hinab und für einen winzigen Moment, eine kurze Sekunde, einen Wimpernschlag, überkamen Goku Zweifel, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Was, wenn Vegeta dem Zwerg nun den Kopf abschlug?

Wenn der Ältere wirklich wütend war, dann hatte er schon ganz andere Sachen gemacht. Und der Zwerg hatte ihm allen Grund gegeben wütend zu sein. Ihre Blicke begegneten sich.
 

Da war Gokus Märchenich, welches Vegeta bedingungslos vertraute und sein eigenes Ich, welches nur ganz kurz unsicher gewesen war. Aber das hatte gereicht, Vegeta hatte es gesehen und der Axthieb durchtrennte sauber den Bart des Giftzwerges.

Von dem Zug befreit, purzelten alle drei in den schlammigen Ufermorast, während der Fisch samt Angel und Angelschnur in den Tiefen des Sees verschwand. Es dauerte keine drei Herzschläge da sprang das Männchen auf, griff sich an den nunmehr kinnlangen Bart, der sauber und gerade abgetrennt worden war und begann wild herum zu hüpfen und zu fluchen.

„Ihr dummen Weibsbilder! Ihr dämlichen Kühe! Hirnlose Gänse! Was hab ich gesagt? Was hab ich gesagt?!“ Er wirbelte erst zu Goku, dann zu Vegeta und hielt ihnen die peinlichen Überreste unter die Nase. „Nicht den Bart! NICHT DEN BART! Seid ihr dumm? Taub? Zu nichts zu gebrauchen seid ihr! Ihr, ihr dummen...“ Mit einem Schmatzen rutschte er aus und landete abermals im Matsch.

Währenddessen hatten sich die beiden Retterinnen aufgesetzt und versucht ihre Gesichter, Kleider und Oberkörper vom Uferschlamm zu reinigen. Das Resultat sah mehr als abenteuerlich aus.

„Wenn ich du wäre“, zischte Vegeta und spuckte Schlamm aus. „Würde ich mein Maul nicht so weit aufreißen. Ich hätte dir auch den Kopf abschlagen können. Immerhin“, und dabei sah er zu Kakarott, irritierenderweise deutlich verletzt, „Scheint man das ja von mir zu glauben.“

Son Goku schaffte es nicht dem Blick des Älteren standzuhalten. Er fragte sich selbst, warum er einen Moment geglaubt hatte, Vegeta würde nun das Männchen erschlagen. Zu seiner Verteidigung, die Worte des Prinzen hatten das erahnen lassen, dennoch verstand der Jüngere nicht, wie er an seinem Artgenossen hatte zweifeln können. Er vertraute doch sonst immer allen. Lag das vielleicht an seinem Märchenich? Hatten diese Schwestern, welche sie hier waren, vielleicht doch Grund aneinander zu zweifeln? Aber das war ihm doch bisher nicht so vorgekommen. Und … nein, wenn er in diese fremden Gefühle hineinhorchte, dann war da nur Vertrauen. War es also doch er gewesen, der gezweifelt hatte?
 

Das Gezeter des Zwerges riss ihn aus seinen Gedanken. Der war nämlich auf einen Stein geklettert, um zumindest ansatzweise auf Augenhöhe mit Vegeta zu sein und beleidigte diesen aufs Übelste. Son Goku konnte sehen, wie der andere Saiyajin nahe daran war die Geduld zu verlieren. Seine Knöchel um die kleine Axt traten schon weiß hervor. Schnell kam er hinzu.

„...erst du und dann deine dumme Schwester! Schaut euch meinen Bart an! Schaut ihn euch an!“ Das Männchen hielt erst Vegeta die kläglichen Überreste vors Gesicht und als er wahrnahm, dass Goku herangetreten war, auch ihm. „Mein stolzer, stolzer Bart! Kaum noch etwas da!“

„Kakarott, bist du sicher, dass wir diesen Zwerg brauchen?“

„Jaaa...? Wieso?“

Vegeta beugte sich bedrohlich über den Gnom, welcher für einen Moment perplex und wohl von dem Blick des Prinzen ein wenig eingeschüchtert, den Mund hielt. „Weil ich ihn wirklich gerne an diesen Fisch verfüttern würde.“

Der Zwerg schnappte nach Luft, lief rot an, plusterte sich zu seiner vollen Größe auf, holte Luft, öffnete den Mund … und dann geschahen gefühlt tausend Dinge innerhalb eines Herzschlages.
 

Der hohe, spitze Schrei eines Raubvogels erklang. Die Köpfe aller drei Männer schossen herum und sahen wie ein riesiger Schatten mit Flügeln die Sonne verdunkelte, sie in Schatten hüllte, lange Krallen nach ihnen ausgestreckt. Das Männchen erbleichte, Vegeta hob die Axt, Goku sprang auf ihn zu, riss ihn um, die Krallen schabten über seine Schulter, rissen seine Haut auf, der hohe Schrei des Männchens, Vegeta und Goku landeten im Matsch, sahen sich hektisch atmend an, Sekunden, Bruchteile von Sekunden, dann trat Entschlossenheit in Vegetas Blick und er schob Kakarott von sich herunter, sprang auf, dicht über dem See der Schrei des Raubvogels, das Gezeter des Zwerges in seinen Krallen, der durch das Wasser gezogen wurde, offenbar zu schwer für den Adler, Goku der sich die verletzte Schulter hielt, Vegeta der auf den Stein sprang, auf dem das Männchen gerade noch gestanden hatte. Er hob seinen Arm, zielte, machte sich keine Hoffnung mit diesem schwachen Körper den Adler zu treffen, aber er wollte verdammt sein, wenn er es nicht versuchte! Ein Brüllen, laut und drohend aus einer Bärenkehle ertönte, Son Goku wendete den Blick, sah das große, braune Tier durch das Schilf pflügen, das Maul weit aufgerissen.

„Vegeta!“, versuchte er den Prinzen noch zu warnen, doch da warf dieser seine Axt und wurde fast im selben Moment von Meister Petz vom Stein geholt, landete unter ihm, eine Pfote auf seiner Brust, die ihn gen Boden drückte. Der Schrei des Raubvogels erklang erneut, ein Platschen, dann ein Fluchen, Goku wendete den Kopf, sah wie der Adler ins Wasser klatschte und mit den Flügeln schlug, um nicht unterzugehen. Der Bär brüllte, ließ von Vegeta ab und sprang ins Wasser, schwamm durch den See in Richtung des Adlers, während sich die beiden Saiyajins völlig verwirrt aufrichteten und zusahen, wie der Bär den Adler erreichte, unter ihn tauchte, ihn auf seinen Rücken nahm. Sie sahen auch, wie ein Stück weiter am Ufer der Zwerg aus dem Wasser krabbelte, fahrig, panisch, wie er sich umdrehte, sich an den Bart griff … und sich dann ein weiteres Mal in Luft auflöste.
 

„Was ist hier gerade passiert?“, stammelte Goku.

„Will ich gar nicht wissen. Los Kakarott, lass uns abhauen, bevor das Bärenvieh es sich anders überlegt und uns zum Frühstück verspeist!“

Der Saiyajinprinz drehte sich um, packte die Hand des Jüngeren, ohne es wirklich zu realisieren, und gemeinsam machten sie sich auf und versuchten den Wald zu erreichen. Aber entweder hatten sie Pech und sich für die schlechteste Richtung entschieden, die sie hätten einschlagen können, oder dieses Märchen hatte einfach etwas gegen sie. Vor lauter Schilf und Morast kamen sie nur sehr langsam voran, sanken manches Mal bis fast zu den Oberschenkeln ein und mussten sich mühsam wieder aus diesen Sumpflöchern herausarbeiten. Als der Boden endlich fester wurde und sie das Gefühl hatten der drohenden Gefahr entkommen zu sein, atmeten sie beide auf. Wie sich zeigte, jedoch zu früh. Der Schrei des Adlers erklang hinter ihnen und als sie die Köpfe drehten, sahen sie ihn auf sich zu fliegen.

„In den Wald!“, brüllte Vegeta. „Los!“ Sie rannten was das Zeug hielt, doch gegen die Schnelligkeit eines Raubvogels hatten sie nicht die geringste Chance. Er schoss auf sie hinab, dicht über ihre Köpfe hinweg und riss sie durch den Sog von den Beinen. Sie fielen ins weiche Gras, blieben erschöpft und schwer atmend liegen und schafften es erst sich nach einigen Atemzügen in eine sitzende Position aufzurichten. Zwischen ihnen und dem rettenden Wald, der große, braune Adler … und der war wirklich groß. Son Goku schätzte ihn auf fast dieselbe Größe wie Vegeta, wie er da so vor ihnen stand, und sie mit seinen gelben Raubvogelaugen beobachtete. Hinter ihnen platschte und knackte es und als Goku den Kopf wandte, arbeitete sich der Bär gerade aus dem Schilf. Sie waren gefangen. Instinktiv rutschten sie Rücken an Rücken. Vegeta behielt den Bären im Auge, Goku den Adler … und beide kamen sie näher.

„Vegeta?“

„Was?“

„Sorry, dass ich an dir gezweifelt habe.“

„Wir haben andere Probleme, oder?“

„Schon.“

„Dann lass uns erst die lösen.“

„Okay.“
 

Der Adler öffnete seine Schwingen und schlug einige Male damit, ließ ihre Haare wirbeln und der Bär brummte unwillig, ehe er sich auf seinen dicken Hintern plumpsen ließ. „Warum habt ihr das gemacht?“, brummte er verstimmt.

„Warum haben wir, was gemacht?“, hakte Vegeta nach, der mit dieser Frage nichts anfangen konnte.

„Warum habt ihr eine Axt nach meinem Bruder geworfen?“

„Bruder?!“, kam es aus beiden Saiyajinkehlen gleichzeitig und Goku ließ den Adler aus den Augen und starrte zum Bären. In seinem Kopf spukten plötzlich alle möglichen, phantastischen Bär- Adlerhybride herum und er schüttelte ihn schnell, um diese Bilder wieder loszuwerden.

Der Adler öffnete seinen Schnabel und wo die Stimme des Bären tief und grollend war, war die des Raubvogels hoch und schrill. „Antwortet meinem Bruder, ihr dummen Gören!“

Vegeta schloss die Augen, mussten sie sich eigentlich von allem und jedem in diesem Märchen beleidigen lassen? Erst das Männchen, jetzt der Adler und dieser vermaledeite Bär starrte schon wieder auf seine Brüste! Gott, wie falsch sich das in seinem Kopf anhörte. Er verschränkte provokant die Arme und ja, natürlich hoben sich die Lefzen des Bettvorlegers zu so etwas wie einem Grinsen. „Ruhig Andreas, ruhig. Ich glaube Schneeweißchen und Rosenrot werden uns sagen, warum sie das getan haben. Oder?“

Die beiden Saiyajins warfen sich über ihre Schultern hinweg Blicke zu. Vegeta, der zu dem Bären saß antwortete: „Das geht euch gar nichts an!“ Andreas breitete bedrohlich seine Schwingen aus.

„Vegeta.“, zischte Goku.

„Was?“

„Sag es ihm besser.“

„Ich denk ja nicht dran! Und ich hab dir gleich gesagt, dass dieser Flokati hier uns auffressen wird!“ Andreas Schnabel ragte mittlerweile bedrohlich über Goku auf.

„Vegeta ...“, beschwor der Jüngere den Prinzen eindringlich. Doch der starrte den Bären nur noch missmutiger und störrischer an. Dann starben sie eben. Wie er ja wusste würden sie dadurch einfach ins Inhaltsverzeichnis kommen. Dann machten sie das Märchen eben noch mal. Und dann würden sie dem Bären gleich von Anfang an aus dem Weg gehen, würden sich mit dem Männchen einigen und mit Sicherheit würden sie dann ruckzuck aus diesem Märchen wieder rauskommen.

Der Bär hob seine Pfote. Das war es dann also … doch anstatt die beiden Saiyajins mit einem Schlag seiner Pranke zu töten, machte er eine beschwichtigende Geste zu seinem Bruder. Dieser zog seine Schwingen wieder ein und seinen Kopf zurück. Alles in allem und soweit Goku das sagen konnte, machte er einen beleidigten Eindruck. „Du bist zu nett, Michael. Wenn du so weiter machst, dann werden wir den Fluch nie los!“

„Fluch?“, wollte Son Goku wissen.

„Fluch“, schnappte der Adler und musterte das rothaarige Mädchen vor sich. Wegen der langen Haare und dem roten Kleid war ihm gar nicht aufgefallen wie verletzt ihre Schulter war. Das hatte er bei seinem Ansturm auf den Zwerg nicht gewollt und es tat ihm leid. Er senkte seinen Kopf, es sah fast aus wie eine Verbeugung. „Ich wollte dich nicht verletzten. Mein Ziel war der Berggeist, der uns verflucht hat.“

„Berggeist?“

„Der kleine Gnom, der uns wieder entkommen ist.“, beantwortete Michael die Frage Gokus, während er einfach nicht aufhören konnte das Mädchen Schneeweißchen anzustarren; und deren kleine Rundungen die oberhalb und unterhalb ihrer verschränkten Arme zu sehen waren.
 

Die Blicke des Fellknäuels gar nicht mehr wahrnehmend, durchfuhr Vegeta eine Erkenntnis, die für ihn einfach nur logisch klang, die erklären würde, warum ein Adler und ein Bär sprechen konnten, die anderen Tiere des Waldes aber nicht.

„Dann…seid ihr also eigentlich Menschen und dieser Giftzwerg war es, der…“, begann er seinen Gedanken Ausdruck zu verleihen, „…euch verflucht und zu diesen Gestalten hat werden lassen?“

Der Bär vor ihm nickte euphorisch. „Ja! Ja genau! Und wir jagen ihn schon seit Jahren.“

„Und warum hat er euch verflucht?“, fragte Vegeta, der nun doch skeptisch war. Vielleicht hatten es die beiden ja verdient? Andererseits … hätte es eher dieser Wichtel verdient, verflucht zu werden. Doch als sich plötzlich die beiden Brüder einen Blick zuwarfen, der so aussah, als würden sie versuchen telepathisch miteinander zu kommunizieren, ob sie nun ihr Geheimnis preisgeben sollten oder nicht, hatte Vegeta schon so eine Ahnung, dass dies nicht grundlos geschehen war.

„Nun?“, bohrte er also nach.

Diesmal war es Andreas, der Adler, der antwortete: „Es könnte sein, dass wir den Berggeist verärgert haben.“

„Aha.“, kam es von Vegeta, der spürte, dass er der Lösung des Rätsels, oder eher des Märchens, auf der Spur war. „Und womit?“

Michael brummte und senkte sein Haupt. „Wir haben wohl seine Edelsteine gestohlen.“, gab er zu, doch dann ruckte sein Kopf wieder in die Höhe. „Aber das wussten wir doch nicht! Und als uns der Zwerg angegriffen hat, wollten wir uns doch nur verteidigen.“

„Genau!“, stimmte Andreas zu. „Das gab ihm noch lange nicht das Recht uns in diese Monster zu verwandeln! Ihr wisst nicht wie das ist, wenn man tagtäglich diesem Drang folgen muss, Mäuse und anderes ekelhaftes Getier zu jagen und…“, der Adler verzog das Gesicht, „…zu fressen.“

Vegeta wollte schon loslachen, wollte schon sagen, dass er sehr wohl verstand, wie es war, komischen Drängen folgen zu müssen. Das hatte er immerhin nun schon in einigen dieser bescheuerten Märchen zu spüren bekommen. Doch bevor er noch etwas erwidern konnte, zog Son Goku die Aufmerksamkeit auf sich, indem er sich vom Gras erhob und einfach dem Adler, in seiner typisch unbekümmerten Art, den Schnabel streichelte. „Das war bestimmt hart.“

„Jaa…“, kam es in hoher Stimmlage von Andreas zurück, während er seinen Kopf neigte und diesen, Trost suchend, an Gokus Brust rieb. Dass Kakarott dann auch noch seine Arme um den Kopf des Federviehs legte und ihn beruhigend streichelte, machte das Bild noch bizarrer für Vegeta.

Allerdings beschäftigte ihn etwas völlig anderes. Während er die beiden beobachtete, stellte er sich die Frage, was nun weiter zu tun war. Sie hatten hier zwei verfluchte Menschen und einen unausstehlichen Giftzwerg, der sie aufgrund ihres Verbrechens in Tiere verwandelt hatte.

Und … jetzt? Was sollten sie mit dieser Information nun anfangen? Sollten sie den beiden jetzt helfen, obwohl sie es augenscheinlich verdient hatten?
 

Eine Bewegung vor ihm veranlasste Vegeta wieder zu dem Bären zu blicken. Dieser war nämlich auf seinem Hintern ein Stück näher an ihn herangerückt und starrte ihn mit seinen großen, runden und dunklen Augen, die irgendwie traurig glitzerten, an. Das … das war doch jetzt wohl nicht sein ernst?! Wollte der jetzt etwa auch gestreichelt werden?! Der hatte sie doch nicht mehr alle!

Seine Arme fester um seine entblößte Brust ziehend, stand Vegeta auf, strafte den Bettvorleger mit Verachtung im Blick und wandte sich wieder Kakarott und dem Adler zu. „Was muss getan werden, um den Fluch zu brechen?“, versuchte er diese Situation wieder auf das Wesentliche zu lenken.

„Nur der Zwerg kann den Fluch lösen.“, kam es brummend von Michael. Tief einatmend, drehte sich Vegeta also wieder zu dem Bären, denn dessen Bruder war wohl gerade zu abgelenkt von Kakarotts Märchenbrüsten, an denen er sich rieb. Alle pervers in diesem gottverdammten Märchen!

„Das heißt, wir müssen den Gnom finden und ihn dazu bringen, euch zurück zu verwandeln.“

Wieder nickte der Bär euphorisch. „Ganz genau!“

Seufzend, die Augen schließend und sich mit einer Hand übers Gesicht reibend, während seine andere weiterhin seine Brüste verdeckte, erwiderte der Prinz: „Schön. Da ihr uns ja offensichtlich nicht fressen wollt, werden wir euch helfen.“

Noch bevor er seine Augen wieder öffnen konnte, durchfuhr Vegeta ein Ruck, der ihn von den Beinen riss. Der Bär war voller Freude auf ihn gesprungen, stand nun über ihm und leckte ihm übers ganze Gesicht. „Oh, das werdet ihr nicht bereuen! Ich danke euch! Oohh Schneeweißchen, mein Liebes.“

„Hör sofort auf damit!“, brüllte Vegeta, zappelte und strampelte unter dem Bettvorleger, bis dieser endlich wieder von ihm abließ. Angeekelt wischte sich der Prinz der Saiyajins den Schlabber vom Gesicht und warf dem Bären einen vernichtenden Blick zu, den dieser jedoch gar nicht wahrnahm. Er saß wieder auf seinem Hintern und hechelte, während ihm die Zunge seitlich aus dem Maul hing.

Goku indes grinste über das ganze Gesicht. Der Bär schien einen Narren an Vegeta gefressen zu haben und irgendwie fand er das … süß. Und da war es wieder, dieses Wort. Doch solange er nicht aussprechen würde, was er dachte, würde er den Älteren damit nicht ein weiteres Mal zu einem Ausraster verleiten.

„Also gut.“, sagte er stattdessen und ließ Andreas Kopf nun endlich los, stemmte seine Fäuste in die Seiten und meinte zuversichtlich: „Dann wissen wir ja jetzt, was zu tun ist! Wir suchen den Zwerg und dann wird alles gut!“

Vegeta verdrehte nur die Augen, richtete sich wieder auf und ersparte es sich, Kakarott zu erklären, dass es wohl kaum so einfach sein würde …
 

Irgendwie musste das ein überaus seltsames Bild abgeben, wie die vier, auf der Suche nach dem Zwerg, durch den Wald stapften. Son Goku, der beschwingt voranschritt, hinter ihm der Bär, der bedächtig einen Schritt vor den anderen tat, um seinen Bruder, den Adler, der auf seinem Rücken saß, nicht abzuwerfen und schließlich Vegeta, der mürrisch, mit seinen Armen um seine Brust, das Schlusslicht bildete. Kakarott hielt die Umgebung vor ihnen im Auge, während Michael die rechte und Andreas die linke Seite beobachtete. Und Vegeta? Der starrte auf den unebenen Waldboden, damit er nicht über die nächste Wurzel stolperte. Dabei kreisten seine Gedanken um das Bevorstehende.

Wenn sie den Zwerg nun fanden, was sollten sie dann tun? Ihn festbinden und solange auf ihn einreden, bis der den Fluch löste? Das würde wohl kaum funktionieren. Doch was war dann die Lösung? So wie dieser Raubvogel auf den Zwerg losgegangen war, hatte es so ausgesehen als würde er ihn … nun ja, umbringen wollen. Was, wenn der Fluch nur so aufgelöst werden konnte? Er selbst hatte damit kein Problem, wollte er diesem grauenvollen Männchen doch schon selbst den Gar ausmachen. Doch irgendwie, oder irgendetwas in ihm, hatte das Gefühl, dass das nicht richtig war. Er wusste nicht warum, aber das Feuerzeug kam ihm dabei in den Sinn. In diesem Märchen hatte er, ohne zu zögern, die Hunde auf die Leute gehetzt, weil sie schuldig waren. Und hatte nicht genau das dazu geführt, dass zwischen Kakarott und ihm eine Kluft entstanden war, die kaum mehr zu überwinden war? Dabei fiel ihm auch wieder der Zweifel im Blick des Jüngeren ein, als er die Axt gegen den Zwerg gehoben hatte. Und genau diese Zweifel waren es nun, die Vegeta einfach nicht losließen …
 

„Da! Da drüben!“, riss die schrille Stimme des Adlers den Prinzen aus seinen Gedanken. „Das ist doch die Höhle, in der wir die Edelsteine gefunden haben, Michael!“

„Stimmt.“, bestätigte der Bär brummend.

„Dann gehen wir doch dorthin.“, meinte Son Goku. „Vielleicht taucht der Zwerg ja auf.“

Zustimmend änderte Michael die Richtung und nur ein paar Minuten später standen sie in der riesigen Höhle, an deren hinterster Wand sich ein Haufen Gold, Silber und Edelsteine türmte. Die beiden Brüder waren so fasziniert von diesem Schatz, dass sie mit weit aufgerissen Augen davorstanden und ihnen förmlich das Wasser im Mund zusammenlief. Und genau das war der Grund, warum Vegeta ein weiteres Mal ein komisches Gefühl beschlich. Während sich Son Goku in der Höhle nach einem Anzeichen des Zwerges umsah, beobachtete er Michael und Andreas, doch dann blieb sein Blick auf seinem jüngeren Artgenossen hängen oder besser auf dessen Rücken, wo das Kleid zerfetzt und darunter die roten Kratzer deutlich zu sehen waren. Sein Magen zog sich bei diesem Anblick zusammen, was er auf die Gefühle seines Märchenichs schob, dass es nicht mitansehen konnte, dass seine Schwester verletzt worden war.

Verdammt … war es richtig, das Falsche zu tun, um der Richtigkeit halber? Im Feuerzeug hatte er so gehandelt und war von Kakarott dafür verurteilt worden. Wie … wie würde es wohl diesmal laufen?

Von diesen ganzen Sorgen und Zweifeln völlig eingenommen, war das einzige, das er tun wollte, Kakarott zur Seite zu nehmen und mit ihm darüber zu reden. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen …
 

„Was habt ihr verfluchten Taugenichtse und ihr verdammten Diebe hier zu suchen?!“, ertönte die mittlerweile vertraute, überaus nervige Zwergenstimme am Eingang der Höhle. „Ich hätte euch von Anfang an töten sollen!“

Die vier fuhren herum und wieder passierte alles gleichzeitig. Michael preschte mit seiner enormen Masse auf den Zaubergnom los, Andreas erhob sich in die Lüfte mit seinen riesigen Schwingen, folgte ihm, ... und Kakarott ... Kakarott stürmte ebenfalls los, doch nicht mit der gleichen Absicht wie die beiden Verfluchten, nein, er hechtete vor den Zwerg, mit ausgebreiteten Armen.

„Stopp!“, rief er und veranlasste den Bären dazu sich einzubremsen und den Adler, sich wieder mit einem kräftigen Flügelschlag in die Luft zu schwingen und seinen Sturzflug damit abzubrechen.

„Was mischt du dich denn ein, du blöde Gans? Aus dem Weg, oder dich ereilt dasselbe Schicksal wie die beiden!“, zeterte das Männchen hinter Goku, während es gerade dabei gewesen war, sich ein verkümmertes Barthaar auszureißen.

Ohne ihn anzusehen und die beiden Brüder aus den Augen zu lassen, meinte der gutherzige Saiyajin: „Heb den Fluch auf, dann geschieht dir auch nichts.“

„Den Fluch aufheben?“, lachte der Zwerg. „Dir hat man wohl einmal zu oft gegen den Kopf getreten, du Göre!“

Erneut bat Goku, die Beschimpfungen ignorierend, dass der Zwerg zur Vernunft kommen sollte, dass sie doch miteinander reden konnten und dass es hier nicht zu einem Blutbad kommen müsste, was dieser Gnom erneut mit wüsten Beschimpfungen ins Lächerliche zog.

Es ging hin und her und hin und her, bis es schließlich Vegeta war, der sich in Bewegung setzte und sich vor den jüngeren Saiyajin stellte.

„Kakarott.“, sprach er ihn eindringlich an. Ja, er hatte eine Entscheidung getroffen. „Lass es gut sein.“

„W…was?“

„Wir haben es versucht. Wir haben dem Zwerg genug geholfen.“

„Das kann doch nicht dein Ernst sein, Vegeta!“

Weiterhin ruhig und Goku mit ernster Miene ansehend, fuhr der Saiyajinprinz fort: „Das Böse hat viele Gesichter, die oft nur schwer zu erkennen sind. Und manchmal, sollte man den Dingen ihren Lauf lassen.“

„Aber…!“

„Du kannst sie nicht alle…retten.“ Auf das letzte Wort legte Vegeta eine so eindringliche Betonung, die Goku stutzig werden ließ. Retten. Ja, er hatte immer versucht sie alle … zu retten. Freezer, Cell, selbst Boo … und auch diesen Mann vor ihm. Auch Vegeta hatte er retten wollen. Wie also konnte er nun von ihm verlangen, dass er nicht auch versuchen sollte diesen Zwerg zu retten? Es lag in seinem Naturell, in seinem tiefsten Wesen.

„Kakarott, nicht jeder verdient eine zweite Chance. Und wir haben diesem Kerl mehrere gegeben.“

Das Zögern und die Zweifel in Gokus Augen waren überaus deutlich, doch dann tat Vegeta etwas, dass völlig untypisch für ihn war. Er streckte dem Jüngeren seine Hand entgegen und setzte ein Lächeln auf. „Dieses eine Mal, lass einfach los und…vertrau mir.“

Vertrauen … er … er vertraute ihm doch. Oder? So viele Male hatte er das schon getan, doch dieses eine Mal, damals während Boo, da hatte Vegeta es zerstört. War das immer noch der Grund, warum er dem Prinzen nicht gänzlich über den Weg traute? Aber vielleicht … vielleicht war es wirklich an der Zeit … loszulassen.

Zögernd hob Goku seinen Arm, sah auf die Hand Vegetas hinab, die er ihm so offenherzig entgegenstreckte. Er wollte es. Er wollte ihm doch aus vollster Seele vertrauen. Und dann … griff er einfach zu.
 

Was danach passierte, bekam Son Goku kaum mit. Vegeta hatte ihn zur Seite gezogen und seine Hand einfach nur festgehalten. Da war das Bärengebrüll, der schrille Schrei des Raubvogels und die panischen Schreie des Zwerges, die auch zuletzt noch wüste Beschimpfungen gegen Schneeweißchen und Rosenrot beinhalteten. Dann war es still.
 

Als Goku sich umdrehte, war es vorbei. Der Zwerg war weg und auch der Bär und Adler waren verschwunden und da standen zwei junge Männer, gekleidet in edelste Stoffe. Auf ihren Häuptern prangten Krönen, besetzt mit glänzenden Edelsteinen.

„Wir danken euch von Herzen.“, erklang eine sanfte Stimme aus der Kehle von einem der Edelmänner. „Unser Königreich wird es euch nie vergessen, dass ihr ihm ihre Prinzen zurückgebracht habt, derer sie nun jahrelang beraubt worden waren.“

„Ach, ihr seid also Prinzen?“, kam es ungewollt sarkastisch von Vegeta, während er auf die beiden zuging. Wieso wunderte es ihn nicht, dass auch in diesem verdammten Märchen Prinzen vorkamen?

„Oh holdes Schneeweißchen“, sprach der Größere der beiden sogenannten Prinzen, während er dem „echten“ Saiyajinprinzen entgegen ging. Irgendwie hatte Vegeta das Gefühl, dass es sich hierbei um den Bettvorleger handelte, denn dessen Augen huschten immer wieder zu seiner entblößten Brust hinab. Doch diesmal leckte er sich nicht über die Lippen, sondern löste seinen roten Umhang von seinen Schultern und schwang ihn um Vegetas Oberkörper als sie sich schließlich gegenüberstanden.

Misstrauisch hob der Saiyajin eine Augenbraue. „Ach, jetzt bist du plötzlich höflich, du Lustmolch?“

Der Prinz, definitiv Michael, lachte aus vollster Kehle, die eindeutig an das Brummen des Bären erinnerte. „Hach, wie herrlich erfrischend du doch bist, liebes Schneeweißchen. Ich liebe deine süße, freche Art.“
 

Schon … schon wieder dieses verfluchte Wort! Er war nicht SÜSS! Der aufsteigende Zorn verhinderte zwar, dass Vegeta sogleich wütende Widerworte gab, doch Goku wusste, dass der Ältere kurz davor war zu explodieren. Doch dann geschah etwas, womit wohl keiner von ihnen gerechnet hatte.

Michael packte den Saiyajinprinzen mit einer Hand an der Hüfte, die zweite umschlang seinen Hinterkopf und im nächsten Wimpernschlag schon, lagen seine Lippen auf Vegetas.
 

Goku, der gerade zu Andreas unterwegs gewesen war, stockte mitten im Schritt, starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die beiden. Schon eine Sekunde später löste sich der Thronfolger dieses Märchens von dem Thronfolger der Saiyajins und forderte mit einem breiten Grinsen im Gesicht: „Werde meine Frau, Schneeweißchen!“

„Ich…ich…“, kam es nur stockend von Vegeta, der so perplex war, dass er keinen ganzen Satz herausbekam. Im Nachhinein war es ihm klar, dass das, was er nun gleich tun würde, einzig die Handlungen seines Märchenichs waren, den Gefühlen dieses Schneeweißchens geschuldet, aber in diesem Moment durchströmte ihn ein so heftiges Gefühl der Zuneigung, dass er gar nicht anders konnte, als euphorisch „Ja!“ zu rufen und den Prinzen an sich zu ziehen und … zu küssen.
 

„Rosenrot?“, kam es indes von Andreas, der nun seinerseits den Arm um Son Goku legte. „Würdest du mir auch diese Ehre erweisen und meine Frau werden?“

Doch Goku antwortete nicht, er starrte weiterhin nur auf Vegeta und Michael, deren Kuss … deren Kuss immer leidenschaftlicher wurde, fast so als hätte sich Vegetas Abneigung gegenüber dem einstigen Bettvorleger geradewegs in pure Leidenschaft verwandelt. Der jüngere Saiyajin schluckte, wollte seinen Blick abwenden, doch es war wie ein Unfall, von dem man einfach nicht wegsehen konnte.
 

„Rosenrot?“, sprach ihn der einstige Adler erneut an und Goku hörte sich selbst einfach nur „Ja, ich werde sehr gerne deine Frau“ murmeln, ohne Vegeta aus den Augen zu lassen. Es war so fesselnd und gleichzeitig über die Maßen irritierend, den Älteren bei einem derart leidenschaftlichen Kuss mit … mit einem anderen, größeren Mann zu sehen. Süß, schoss es ihm dabei wieder durch den Kopf, doch dann, zum Glück, erschien hinter Vegeta und Michael eine Tür. Die Tür zum Inhaltsverzeichnis!
 

Andreas wollte Goku gerade zu sich drehen, um auch ihm einen Kuss zu geben und damit ihr Versprechen zu besiegeln, da drückte sich dieser schnell weg und eilte auf Vegeta zu.

Ohne ein Wort packte er ihn am Oberarm und zog ihn von dem Prinzen, in dessen Armen er lag, einfach fort. Völlig von Sinnen realisierte Vegeta gar nicht, was da gerade passierte, starrte nur Michael verlangend an, der sich komischerweise immer weiter von ihm entfernte, bis er plötzlich durch einen Türrahmen gezerrt wurde und die Tür vor seiner Nase zuknallte.
 

Sie waren wieder im Inhaltsverzeichnis und Vegeta … schlagartig wieder Herr über sich selbst.

Es war einmal ...

So standen sie also wieder im mittlerweile bekannten Nichts des Inhaltsverzeichnisses und hingen mit ihren Gedanken den Dingen nach, welche in Schneeweißchen und Rosenrot passiert waren, oder beinahe passiert wären. Während Son Goku versuchte sich über die Frage klarzuwerden, warum er in diesem einen Moment, da Vegeta das Beil gehoben hatte, um die Angelschnur des Männchens durchzuschneiden, an seinen Absichten gezweifelt hatte, versuchte Vegeta zu verarbeiten, dass er sich von einem Kerl hatte küssen lassen, von einem schmierigen, flohverseuchten, lüsternen Kerl, der ihm davor auch schon über die Brust geschleckt hatte. Allein bei der Erinnerung an diese raue Zunge wanderte eine Gänsehaut über seinen Körper, welche als Zittern in seinen Händen endete. Auf diese hinabblickend und sie schlussendlich zu Fäusten ballend, schloss der Prinz die Augen. Dieses Märchen toppte echt alles bisher Dagewesene. Sogar diesen Müll vom Ettin, wo er als Bauernjunge im Schweinedreck hatte wühlen müssen. Das war einfach zu viel … er war von einem Kerl … und hatte es dann auch noch erwidert. Es hatte ihm tatsächlich gefa-, seine Gedanken brachen ab und er schüttelte sich angewidert.
 

„Vegeta?“

„Nein.“, antwortete dieser barsch, denn er wollte mit Kakarott nicht darüber reden. Sich weder erklären, noch einen einzigen, weiteren Gedanken daran verschwenden.

„Aber Vegeta, wir-“

„Nein!“

„Lass mich doch mal-“

„NEIN!“

Die Hand des anderen legte sich auf seine Schulter. „Verdammt Vegeta, du weißt doch gar nicht…“

Abermals unterbrach der Ältere sein Rassenmitglied, indem er sich harsch umdrehte und die Hand von seiner Schulter schlug.

„Ich habe nein gesagt, Kakarott! Ich will mit dir nicht über dieses Märchen reden!“ Ohne Son Gokus Reaktion abzuwarten, wendete er sich ab, ging ein paar Schritte und verschränkte die Arme, den Jüngeren mit seinen Gedanken alleine stehen lassend.
 

Der biss sich auf die Unterlippe und zog seine immer noch erhobene Hand zurück. Da wollte man sich bei Vegeta entschuldigen und erntete so eine Reaktion. Typisch. Goku atmete tief ein, tat es dem Prinzen gleich, wandte sich ab, ging ein paar Schritte und dachte nach. Er vermutete zu wissen, warum Vegeta so aufgebracht war. Immerhin hatte er ihm ständig gesagt, dass er ihm vertrauen würde, dass er sein Freund war, dass sie zusammenhalten mussten, um das hier alles zu überstehen und dann waren ihm diese immensen Zweifel gekommen. Ganz plötzlich waren sie dagewesen und er hatte es in den Augen des Älteren gesehen, dass er sie bemerkt hatte. Goku vermutete, dass Vegetas abwehrende Haltung daher rührte. Nachdem er sich ihm in diesem Märchen ein wenig geöffnet hatte, nachdem er endlich mal ein bisschen was über dessen Vergangenheit und seine eigene Herkunft erfahren hatte, hatte er das ganze Vertrauen genommen und über Bord geworfen. Zumindest kam ihm das jetzt so vor.

Son Goku hatte ja nicht einmal geahnt, dass diese Zweifel noch in ihm gewesen waren. Nach ihren bestrittenen Kämpfen in der realen Welt, nach den ganzen Jahren, die sie zusammen trainiert hatten und auch jetzt nach ihren Abenteuern in den Märchen, er war sich sicher gewesen Vegeta vollkommen zu vertrauen, so wie er eben auch all seinen anderen Freunden vertraute und es hatte ihn schockiert, dass dem offensichtlich nicht so war.

Ob das Feuerzeug daran schuld war? Hatten Vegetas Taten in diesem Märchen diese Zweifel wiedererweckt? Dieses Zurückfallen in alte, Jahre zurückliegende Verhaltensweisen? Aber warum hatte er dann nicht gleich in den anderen Märchen an ihm gezweifelt? Ja, er war verunsichert gewesen, aber er hatte ihm danach doch auch immer wieder gesagt, dass er ihm vertraute.
 

Sich über den Nacken reibend ließ sich Son Goku auf den Boden nieder. Unterschlug die Beine und verschränkte die Arme, während er die Augen schloss. Wer ihn kannte, wusste, dass dies, zusammen mit seinem angestrengten Gesichtsausdruck, seine Denkerpose war. Allerdings löste sich seine verkrampfte Haltung schon nach wenigen Sekunden, er richtete sich im Sitzen auf, atmete tief durch und ging in sich. Es ließ ihm keine Ruhe. Wie konnte er erwarten, dass ihm Vegeta vertraute, wenn er offenkundig an ihm zweifelte? Und da er nicht wusste, wo dieser Zweifel herkam, wurde es Zeit dem auf den Grund zu gehen. Dafür waren diese Momente im Inhaltsverzeichnis doch da, oder? Um herauszufinden, was sie in den letzten Märchen gelernt hatten.
 

„Tz“, Vegeta wendete seinen Blick von Kakarott ab. Da begann der Kerl doch tatsächlich einfach zu meditieren, obwohl sie viel wichtigere Dinge zu tun hatten. Aber was sollte man von einem Unterklassekrieger auch anderes erwarten? Nicht viel zumindest. Kakarott würde nie begreifen, dass es Dinge gab, die getan werden mussten, und die man geschehen lassen musste. Manchmal mussten schlimme Dinge passieren, um noch sehr viel Schlimmere zu verhindern. Aber diese Erfahrung hatte Kakarott nie machen müssen. Diese Erfahrung machte man in der Regel nur auf dem Schlachtfeld, auf dem es um Leben und Tod ging und auf dem sich meistens das wahre Gesicht eines jeden Kriegers zeigte.

Vegeta rieb sich übers Gesicht. Er hatte seine letzten Handlungen in Schneeweißchen und Rosenrot verdrängt und sich dem Kern dieses Märchens zugewandt. Irritiert war er nur darüber, dass ihn dieses immense Zutrauen der Schwestern dazu gebracht hatte aus seiner Vergangenheit zu erzählen. Einer Vergangenheit, die er weit hinter sich gelassen hatte und an die er nie wieder hatte denken wollen. Wie es schien, hatte dieses Buch jedoch anderes im Sinn. Überhaupt hatte es in diesem Märchen für sie beide einige harte Lektionen gegeben, die es zu schlucken und zu verarbeiten galt.
 

Er sah zu seinem Artgenossen, der immer noch in sich zu gehen schien. Mit ihm darüber zu reden kam nicht in Frage, immerhin hatten sie das schon im Märchen getan und Kakarotts Reaktion hatte ihm gezeigt, wie wenig der andere verstehen würde, was er ihm zu sagen hatte und was er versuchen konnte ihm begreiflich zu machen. Dabei war noch nicht einmal das Problem, dass der Jüngere ihm nicht so vertraute, wie er das ständig behauptete, wenngleich Vegeta schätzte, dass Kakarott wohl die Person in seinem Leben war, die ihm, abgesehen von seiner Familie, am meisten Vertrauen entgegenbrachte, nein, das Problem war, das der Kerl einfach nicht verstand, warum er seine Entscheidungen so traf, wie er es tat. Wie sollte er auch?

Kakarott hatte nie die Erziehung eines Saiyajins erlebt, hatte nie mitbekommen was in ihrem Denken Priorität hatte und hatte auch nie Entscheidungen treffen müssen, bei denen so viel auf dem Spiel stand, wie bei einer Schlacht. Obwohl … das nicht ganz richtig war, musste er zugeben. Auch Kakarott hatte seine Kämpfe bestritten, seine Entscheidungen getroffen und damit die Menschen und die Erde gerettet oder in Gefahr gebracht. Aber aus irgendeinem Grund hatten seine Entscheidungen niemals ernsthafte Konsequenzen nach sich gezogen, oder wenn doch, dann hatten sie diese mit den Dragonballs ungeschehen machen können.

Wenn diese Kugeln nicht gewesen wären, sinnierte Vegeta, wären nach sehr viele Entscheidungen von Kakarott Konsequenzen eingetreten, die ihn diese Lektion vielleicht gelehrt hätten. So aber … Vegeta blickte sich abermals zu dem Jüngeren um. Ob er ihm das wohl jemals irgendwie begreiflich machen konnte? Ob er ihm klar machen konnte, warum die beiden Prinzen am Ende den Zwerg zerreißen mussten? Ob er ihm erklären konnte, was es bedeutete Kommandant in einer Schlacht zu sein und aus diesen Erfahrungen heraus Entscheidungen zu treffen?

Und seit wann bitte schön machte er sich solche Gedanken, seine Handlungen Kakarott gegenüber zu rechtfertigen oder sie ihm erklären zu wollen? Das scherte ihn doch sonst auch immer einen feuchten Dreck!

Allerdings, die Vorstellung Kakarott mal mit auf eines seiner Schlachtfelder zu nehmen und ihm zu zeigen, wofür ihre Rasse eigentlich geboren war, ihm zu zeigen zu was er selbst erzogen worden war, die Vorstellung als Anführer, als Prinz einem Heer und auch Kakarott Befehle erteilen zu können, das Rad der Zeit zurückdrehen zu können, bevor ihre Rasse vernichtet worden war, wäre schon eine verdammt geniale Sache.
 

Vegeta seufzte. Wunschträume. Es war Zeit wieder in der Realität anzukommen, oder zumindest in der Realität dieses Buches. Immerhin gab es da mit Sicherheit noch eine Million Türen, die sie öffnen mussten bis sie hier raus waren. Sein grimmiges Gesicht aufsetzend, um sich seine Gedanken nicht anmerken zu lassen, wollte er sich zu Son Goku wenden, doch das leise, hallende Lachen einer Frauenstimme hielt ihn zurück. Er drehte sich um, da war niemand.

‚Hier, mein Prinz.‘ Vegeta drehte sich abermals, nur um in die Schwärze des Inhaltsverzeichnisses zu blicken.

„Verarsch mich nicht!“ Das Lachen erklang wieder.

‚Warum denn immer so wütend, mein Prinz?‘

Er knurrte als Antwort, verengte die Augen. Das Lachen erklang erneut und Vegeta spürte eine kaum wahrnehmbare Berührung an seiner Wange, auf seinen Schultern und an seinem Rücken. Als er aus den Augenwinkeln nach rechts schaute, konnte er die umrissene, geisterhafte und durchscheinende Gestalt einer wunderschönen Frau mit langen, wallenden Haaren sehen, welche ihre Arme von hinten auf seine Schultern gelegt hatte, ihn scheinbar umarmte und sich, dem Gefühl in seinem Rücken nach, an ihn schmiegte.

‚Du wünschst dir wieder als General auf einem Schlachtfeld zu stehen? Ein Heer zu kommandieren, deiner Stellung entsprechend? Und Kakarott an all dem teilhaben zu lassen?‘

Der Prinz unterdrückte seinen ersten Impuls von ihr zurückzuweichen und blieb stehen, beobachtete sie jedoch sehr aufmerksam aus den Augenwinkeln. Woher kannte sie seine Gedanken?

Als Antwort kicherte sie. ‚Oh, ich weiß sogar noch sehr viel mehr, Vegeta. Ich weiß alles über dich, über Kakarott, über eure Vergangenheit, eure Gegenwart und auch eure Zukunft. Das ist meine Aufgabe.‘ Sie zwinkerte.

„Und wer bist du, dass du das alles zu wissen behauptest?“

„Mit wem redest du da, Vegeta?“

Der Prinz wandte den Kopf, sah Kakarott, der mit fragendem Blick näherkam und ganz offensichtlich endlich seine Meditationsspielchen beendet hatte. „Mit ihr“, er zeigte mit dem Finger auf die geisterhafte Frau, die weiterhin wie eine Klette an ihm hing.

„Mit wem?“, Goku blinzelte.

„Mit ihr! Sag mal, brauchst du jetzt auch schon eine Brille, Kakarott?!“

„Aber Vegeta“, versuchte es der Jüngere vorsichtig. „Da...ist niemand.“

Der Prinz drehte den Kopf, sah in das verschmitzt lächelnde Gesicht, welches neben seinem schwebte und ihn ansah. Wunderbar, jetzt war es also offiziell, er verlor den Verstand.
 

Aus der Vogelperspektive betrachteten Opa, Cernunnos und Svarog das Geschehen, seit Son Goku und Vegeta Schneeweißchen und Rosenrot verlassen hatten, durchaus wohlwollend und durchaus zufrieden mit den Gedanken ihrer Schützlinge. Einige Dinge freilich, waren mal wieder völlig von ihnen ignoriert worden, andere zu weit aufgebauscht, aber mit dem Ergebnis dieses Märchens konnten sie durchaus zufrieden sein. Das hieß, zumindest bis sich ihre Kollegin einmischte.

„Das darf doch nicht wahr sein!“, zeterte Cernunnos los und sprang von seinem Holzstamm auf, den er sich als Sitzmöglichkeit herbeigezaubert hatte. „Was will die denn jetzt hier?“ Sein Quastenschweif peitschte durch die Luft und eines seiner Zottelhufbeine schabte auf dem imaginären Boden.

„Nun“, versuchte Opa das Gemüt des anderen Erzählers zu beruhigen. „Wie mir scheint haben die beiden das Interesse von noch mehr unserer werten Kollegen geweckt. Es war zu erwarten, dass die Damen noch zu uns stoßen würden. Immerhin handelt es sich bei diesen beiden um Krieger.“

Cernunnos schnaubte. „Die sollen ihre dämlichen Spielchen bleiben lassen! Gerade wo es endlich ansatzweise mit den beiden funktioniert!“

„Dem ich nur zustimmen kann.“, mischte sich auch Svarog mit tiefer Stimme ein.

„Dem kann ich nur zustimmen.“, verbesserte der Herr der Anderswelt. „Lern endlich reden.“

Svarog trat an den aufgebrachten Cernunnos heran und baute sich eindeutig vor ihm auf. „Dies seien meine Entscheidung.“

„Ach ja?“ Cernunnos wuchs auf Höhe Svarogs heran und funkelte ihn aus seinem verhunzelten, alten Gesicht böse an, dabei wirkte sein großes Geweih nun überdimensioniert und bedrohlich.

Opa seufzte, versuchte zu schlichten: „Meine Herren, ich bitte Sie. Lasst uns doch...“

„Deine Größe machen mir keine Angst.“

„Deine Größe macht mir keine Angst.“, äffte Cernunnos sogleich Svarog nach und sein Schweif peitschte durch die Luft. „Als Erzähler solltest du der Grammatik schon Herr sein.“

Man konnte in Svarogs Zügen erkennen, dass er von dieser provokanten Art nichts hielt, dennoch schien er die ständigen Belehrungen allmählich leid zu werden. Bevor der Streit allerdings ungeahnte Ausmaße annehmen konnte, wurde er von einer leise lachenden, älteren und ebenfalls hallenden Frauenstimme unterbrochen.

„Meine lieben Herren“, sprach sie und aus dem Nichts materialisierte sich eine Frau, mit langen, silbergrauen Haaren, welche sie zu einem Knoten auf ihrem Hinterkopf gebunden hatte. Sie trug eine lange, weiße Toga, die in eleganten Falten gelegt war und deren Säume mit goldenen Stickereien besetzt waren. „Verwerfen wir doch dieses feindliche Gebaren. Immerhin haben wir alle die gleiche Aufgabe.“ Die Köpfe der beiden Streitenden wandten sich der alten Frau zu und der Blick aus ihren tiefschwarzen Augen, der von Weisheit und Erfahrung sprach, schien sie zu maßregeln, ohne dass sie dabei ein Wort aussprechen musste. Opa erhob sich aus seinem Ohrenbackensessel, verneigte sich vor der Frau und griff galant nach ihrer Hand, um ihr mit einem Handkuss seine Ehrerbietung auszudrücken.

„Meine liebe Atropos, wie schön dich wiederzusehen. Es ist lange her.“

Die alte Frau lächelte und ließ sich in den dargebotenen Sessel nieder. „Das ist es in der Tat.“

Ein zweiter Sessel erschien durch Opas Hand und er setzte sich ihr gegenüber hinein. „Was verschafft uns die Ehre deiner angenehmen Gesellschaft?“

Atropos lächelte und zeigte dann mit einer, für ihr Alter sehr eleganten Handbewegung auf das Geschehen unter ihnen. „Ich bin nur meiner Schwester Klotho gefolgt. Sie redet seit mehreren Zeitspannen von nichts anderem mehr als den neuen Besuchern in unserem Reich und scheinbar treibt sie in ihrer Geistform Schabernack mit ihnen.“

„Das ist die Jugend, Atropos.“

„Wie wahr mein Lieber, wie wahr.“

Svarog trat heran und unterbrach die beiden mit einer höflichen Verbeugung. „Wird Schwester von euch, Lachesis, auch noch stoßen zu uns?“ Cernunnos hinter ihm äffte mit verschränkten Armen, und wieder in normaler Größe, seinen Satz in der grammatikalisch richtigen Form lautlos nach.

„Oh, ich glaube das ist sie schon. Seht.“ Sie wies abermals nach unten und tatsächlich war eine dritte Frau erschienen, ebenso gekleidet wie sie, doch im Alter einer erwachsenen Frau, die soeben im Begriff war, nach Son Gokus Hand zu greifen, allerdings machte dieser gerade einen Schritt auf Vegeta zu, sodass Lachesis ins Leere griff. Dann umrundete er den Prinzen, der sich die Hand vors Gesicht geschlagen hatte und betete, dass diese geisterhafte Gestalt wirklich nur einem Hirngespinst entsprungen war.
 

„Echt Vegeta, ich sehe da wirklich ni-“, Son Goku stoppte inmitten seines Satzes. Hatte er da gerade ein Kichern gehört? Er drehte sich einmal um sich selbst, doch auch weiterhin war nichts zu sehen außer der unendlichen Dunkelheit und … Vegeta.

Die jüngste der drei Schwestern, hatte sich indes von dem Prinzen gelöst und tänzelte nun um den größeren der beiden Besucher Angeamas herum, immer genau in dessen Gesichtsfeld, doch verborgen vor seinen Augen.

‚Klotho!‘, kam es plötzlich ermahnend von der erwachseneren Frau, ohne dass die beiden Saiyajins sie hören oder sehen konnten. ‚Was soll das werden?‘

Die Jüngere unterbrach ihren Tanz um Goku und blickte grinsend zu ihrer Schwester. ‚Was wohl, liebste Schwester? Ich spinne ihre Fäden.‘

‚Du weißt doch gar nicht, in welche Geschichten sie als nächstes gehen werden, wie willst du da ihr Schicksal festschreiben?‘

‚Darüber zerbrich dir mal nicht dein hübsches Köpfchen, Schwesterherz. Ich habe da schon so meine Vorstellungen, wie ihre Schicksale aussehen werden.‘

Ganz langsam ließ Vegeta seine Hand sinken und drehte sich zu Kakarott um, aus dessen Richtung er die Stimme der geisterhaften Frau weiterhin vernahm. Was zur Hölle quasselte die da von Schicksal? Und mit wem redete sie da überhaupt? Sich umblickend, ob er eine weitere durchschimmernde Gestalt erkennen konnte, erregte etwas anderes seine Aufmerksamkeit. War das da ein roter Faden, der überall durch die Finsternis schwebte? Was zum …?

Er folgte der Schnur, die bei Kakarott ihren Anfang nahm. Genau gesagt war sie um seinen kleinen, rechten Finger gebunden. Blitzschnell verfolgte Vegeta den Verlauf des durchscheinenden Fadens bis hin zu einem Knoten, von dem aus er in zwei Richtungen weiterverlief. Der einen Richtung mit seinen Augen folgend, machte sich ein ganz merkwürdiges Gefühl in ihm breit, denn die Schnur führte auf ihn zu und … endete bei ihm. Um seinen kleinen, linken Finger.

„Scheiße verdammt!“, rief er aus und versuchte hektisch den Faden von seinem Finger zu ziehen, doch er bekam ihn einfach nicht zu fassen, so als wäre er gar nicht wirklich da. Seine Augen huschten zurück zu dem Knoten, von dem aus er dem Faden, der zu ihm geführt hatte, gefolgt war und besah sich die andere Richtung. Die beiden Fäden entfernten sich nach dem Knoten wieder voneinander, doch nicht lange. In unregelmäßigen Abständen waren sie immer wieder miteinander verwoben.
 

„Ähm…alles okay mit dir?“, fragte Son Goku mit nach oben gezogener Augenbraue. Bis auf das Kichern hatte er nichts weiter gehört oder entdeckt, stattdessen hatte er den Älteren beobachtet, wie dieser, als würde er tatsächlich Gespenster sehen, hektisch hin und her blickte. Dass er jetzt wie verrückt an seinem kleinen Finger zog, machte das Ganze allerdings echt … merkwürdig.

Von Kakarott erschreckt, zuckte Vegeta zusammen, ließ endlich von seinem Finger ab und wandte sich dem Jüngeren zu. „Nein, gar nichts ist okay, verdammt.“

„Was ist denn los?“

„Hab ich das nicht schon gesagt?! Da ist eine Frau, Himmel Herrgott nochmal! Da, direkt neben dir! Und die spinnt irgendwelche Fäden um uns!“ Um seine Aussage zu untermauern, hob er seine linke Hand und hielt sie Kakarott entgegen. „Und jetzt sag mir nicht, dass du das auch nicht siehst.“

Goku blinzelte einige Male. Vegeta schien wirklich aufgebracht zu sein, also blickte er auf dessen Hand hinab. Starrte sie an. Kniff seine Augen zusammen, beugte sich vor, starrte weiter. „Alsooo…nein, da ist nichts. Wirklich nicht. Oh Moment … nein. Nichts.“ Einige Schritte rückwärts machend, betrachtete er den Älteren von oben bis unten, dann meinte er schlicht: „Ich glaub, du drehst grad ein bisschen durch, Vegeta.“

Eine Ader begann ganz gefährlich auf der Schläfe des Prinzen zu pulsieren als Goku planlos mit den Schultern zuckte.
 

„Es ist an der Zeit, verehrte Atropos.“, kündigte Opa in seinem Ohrenbackensessel an. „Wenn eure Schwester den Prinzen noch weiter an der Nase herumführt, erleben wir gleich einen seiner nicht so glorreichen Momente.“

„Den würde ich nur zu gern erleben.“, grinste Cernunnos und rieb sich die Hände.

„Ich auch nichts haben dagegen.“, stimmte Svarog zu und erntete damit ein weiteres Mal das Nachgeäffe des gehörnten Herrn der Anderwelt.

„Meine Herren, bitte.“, ermahnte sie Opa, sichtlich bestürzt über deren Wunsch Vegeta ausrasten zu sehen. „Keine Sorge, mein Lieber.“ Atropos legte sanft ihre Hand auf Opas Unterarm und schenkte ihm ein warmes Lächeln. Dann erhob sie sich aus ihrem Sessel und schwebte anmutig zu den anderen hinab.
 

‚Klotho, Lachesis.‘ Die beiden Schwestern sahen zu der alten Dame, wobei die Jüngste von ihnen, jene die den Faden um Goku und Vegeta gesponnen hatte, schmollend das Gesicht verzog, während die andere erleichtert durchatmete.

‚Kommt, versammelt euch um mich.‘, forderte Atropos sie sanft, aber bestimmt auf.
 

Gerade als Vegeta seinen Artgenossen am Kragen packen wollte, um ihn durchzurütteln und anzuschreien, dass er ihm gleich zeigen würde, was es bedeutete, wenn er wirklich durchdrehte, offenbarten sich die Schwestern hinter dem Saiyajinprinzen. Goku, der seine Hände abwehrend gehoben hatte, um den heranstürmenden Vegeta abzupassen, erblickte die drei Damen und ließ überrascht seine Arme sinken, was definitiv keine gute Idee war. Er wurde von dem wütenden Prinzen gepackt und zu ihm herabgezogen, sodass er nun in dessen funkelnde, pechschwarze Augen starrte.

„Ich zeig dir-“

„Vegeta!“, herrschte Goku ihn sofort an.

„Was?!“

„…hinter dir.“

Eine Augenbraue des Prinzen zog sich fragend nach oben.

„Wirklich, dreh dich um.“, bekräftigte Goku seine Aussage.

Einige Herzschläge lang bewegte sich der Prinz keinen Millimeter, starrte Kakarott unentwegt an, musterte den ernsten Ausdruck in den dessen Augen. Erst als er sich sicher war, dass er nicht zum Narren gehalten wurde, ließ er den Jüngeren los, jedoch nicht ohne ihn unsanft ein Stück von sich zu stoßen. Dann drehte er sich um. Sich seinen ersten Schreck nicht anmerken lassend, als er die drei ungleich alten Damen erblickte, verschränkte er seine Arme vor der Brust.

„Na großartig. Das werden ja immer mehr…“, murmelte er genervt.

„Bitte verzeiht, werter Prinz. Meine Schwester neigt dazu ihren Schabernack mit unseren Besuchern zu treiben.“, meldete sich die Älteste, Atropos, zuerst zu Wort.

„Aber Schwester“, Klotho zog einen Schmollmund und tänzelte an Vegetas Seite. Noch ehe dieser Begriff hatte sie seinen Arm gepackt, ihn an sich gezogen und hatte ihr Kinn auf dessen Schulter gelegt. Mit halb gesenkten Lidern schaute sie ihn verschmitzt an. „Du weißt doch, dass mir solche Krieger gefallen. Ich treibe keinen Schabernack mit ihnen. Ich möchte etwas ganz anderes.“

Die erste Irritation überwindend versuchte der Saiyajinprinz sich von ihr zu lösen, doch diese junge Frau war stärker als sie aussah und das irritierte ihn, zumal sie die Lider halb gesenkt hatte und ihn auf eine Weise ansah, die ein ganz eigenartiges Gefühl in seiner Magengegend entstehen ließ.

„Klotho!“ Lachesis machte einen Schritt auf die Jüngere zu. „Du sollst das doch unterlassen! Das haben wir dir schon so oft gesagt.“

„Ich denke ja nicht dran. Wir bekommen so selten Besucher und noch seltener sind echte Krieger unter ihnen.“ Sie wendete ihren Blick Vegeta zu und klimperte mit den Wimpern. „Da wird einem doch ein wenig Spaß noch erlaubt sein.“ Sie grinste breit und Vegeta zog seinen Kopf noch ein ganzes Stück weiter weg. „Und jetzt tu mal nicht so Schwester, als würde dir der andere nicht auch gefallen. Ich weiß doch, dass du eher die gesetzteren bevorzugst.“ Sie sah von Lachesis zu Goku, der sich das alles bisher nur mit irritiertem Blick angesehen hatte.

„Also, äh … hi?“, brachte er etwas lahm in das Gespräch ein, sichtlich von dem überfordert, was hier gerade geschah.

„Lass endlich meinen Arm los!“ Vegetas Stimmlage unterdes verriet, dass er von diesem Theater die Schnauze voll hatte. Aber er bekam dieses junge Ding einfach nicht von seinem Arm. Das war doch schlicht unmöglich. Wenigstens, dachte er als er beschloss die Klette zu ignorieren, wusste Kakarott jetzt, dass er nicht verrückt war. „Wer seid ihr zum Teufel?!“

„Wir sind die Moiren, auch Schicksalsgöttinnen genannt. Mein Name ist Atropos, das hier ist meine Schwester Lachesis und dies meine jüngste Schwester-“ „Klotho.“, unterbrach diese sie und himmelte Vegeta mit einem Blick von unten an. Dieser verzog sofort das Gesicht. So ein nerviges Weib.

„Schön euch kennenzulernen. Mein Name ist Son Goku und das ist-“

„Vegeta.“, unterbrach nun seinerseits der Prinz der Saiyajins seinen Artgenossen und starrte dabei Klotho unentwegt und mit finsterer Miene an.

„Das können wir nur zurückgeben.“, erwiderte Atropos höflich.

„Und was verschafft uns die Ehre eurer Gesellschaft?“, wollte Vegeta nun wissen, sich von der Klette an seinem Arm abwendend. Er blieb zwar ebenfalls höflich, doch man konnte seiner Stimme durchaus den Sarkasmus anhören … und die Gereiztheit.

„Auch wir sind Erzählerinnen Angeamas.“

Tief durchatmend, seufzte der Prinz: „Wundervoll. Also noch mehr Türen, nehme ich an?“

„Nun, wir sind die Hüterinnen sehr vieler schicksalhafter, heroischer und tragischer Legenden, die nicht nur viele Krieger vor euch vor unbezwingbare Herausforderungen gestellt haben, sondern nun auch euch in Angeama unaufhörlich voranbringen werden.“, offerierte Lachesis.

„Oder auch nicht…“, flüsterte Klotho grinsend, was dem Prinzen der Saiyajins einen unangenehmen Schauer über den Rücken jagte.

„Klasse!“, rief Goku, was ihm einen ungläubigen und zugleich wütenden Blick Vegetas einbrachte. Sich lachend am Hinterkopf kratzend, fragte er jedoch unbeirrt weiter: „Heißt das, es geht jetzt weiter?“

„Oh ich schätze deinen Enthusiasmus sehr. Wenn ihr also bereit seid, dann lasst uns beginnen.“, lächelte Atropos wohlwollend.

„Klar sind wir das, oder Vegeta?“

Die Augen verdrehend, knurrte der ältere der beiden Saiyajins nur, was Son Goku als Zustimmung auffasste und Atropos offensichtlich auch, denn sie wandte sich ihren beiden Schwestern zu und sagte: „Kommt, meine Lieben, verschaffen wir den Herren ihre nächsten Herausforderungen.“

Während Lachesis Son Goku ein freundliches Lächeln und ein Kopfnicken schenkte, verzog Klotho nur ihren Mund. „Ich wäre lieber noch etwas hiergeblieben. Ich mag diesen Prinzen.“ Unverfroren grinste sie zu Vegeta, dessen Blick sekündlich kühler wurde. „Nicht so verkrampft, mein Hübscher.“ Sie gab ihm einen Schmatzer auf die Wange, lachte und schwebte im selben Moment mit ihren Schwestern in die Höhe.
 

Der Prinz wischte sich mit dem Handrücken über die betroffene Stelle, woraufhin Klotho in der Höhe weiter kicherte. „Ist er nicht süß? So böse und grummelig. Hach, ich mag solche Männer.“

„Du hast dich unmöglich benommen, Klotho.“, maßregelte Lachesis sie. „Wir sind die Moiren und sollten über solchen Dingen stehen.“

„Ach, glaubst du, ich habe nicht gesehen, wie du den anderen angeschaut hast?“

Lachesis Wangen färbten sich leicht rötlich. „Du wirst auch noch den Vorteil gesetzterer Männer kennen lernen, solltest du jemals älter werden. Diese hitzköpfigen Kerle mit schwerer Vergangenheit bringen nichts als Ärger.“

„Dafür sind sie nicht langweilig.“

„Meine Lieben“, mischte sich Atropos nun mit einem großmütterlichen Lächeln ein, wusste sie doch nur zu gut, was ihre jüngeren Schwestern durchlebten. „Lasst uns sehen, ob sie wirklich so sind, wie ihr denkt. Denn der wahre Charakter eines Kriegers wird in Feuer und Eisen geschmiedet.“

Für Son Goku und Vegeta gerade noch sichtbar über ihnen schwebend, breiteten die drei Schwestern gleichzeitig ihre Arme aus und nur einen Wimpernschlag später erschienen unzählige Türen. „Das ist unsere Auswahl für euch, werter Prinz, werter Herr Son Goku.“, sprach die älteste der Moiren verheißungsvoll. „Trefft eure Wahl und schreitet voran, Krieger der Saiyajins.“ Und mit diesen Worten verschwanden die Schicksalsgöttinnen vor den Augen der beiden. Das hieß, sie wurden unsichtbar und gesellten sich zu Opa und den anderen Erzählern Angeamas.
 

Vegeta seufzte. Das waren verdammt viele Türen. Wenn das nur die Geschichten dieser seltsamen Frauen waren, dann … ja, dann würden sie garantiert nie wieder aus diesem beschissenen Buch kommen. Neben ihm knackte Goku indes mit seinen Fingerknöcheln und kreiste mit den Schultern. „Also dann. Suchen wir uns die nächste Tür aus.“ Mit diesen Worten verschwand er neugierig und sich umblickend hinter der ersten Reihe und ließ Vegeta allein in der Mitte des Türenmeeres stehen.

In dem Moment da Kakarott nicht mehr zu sehen war, realisierte der Prinzen erst, dass der rote Faden, der um Son Gokus rechten, kleinen Finger gebunden war, nicht mehr zu sehen war. Seine linke Hand hebend und hinabblickend, stellte er fest, dass auch seiner verschwunden war. Seltsam, dachte Vegeta, den hatte er sich doch genauso wenig wie diese Klotho eingebildet.

Seinen Kopf wieder hebend, sprang ihm der Titel der Tür direkt vor ihm ins Auge. ‚Orpheus und Eurydike‘. Er sah zur nächsten Tür. ‚Midas‘, und daneben eine Tür mit dem Titel ‚Äneas‘. Das waren wahrlich seltsam klingende Namen, dachte er, drehte sich um und besah sich den Namen der Tür hinter sich. „Odysseus“, las er nun laut vor und hörte plötzlich Klothos Kichern. Gleich darauf entdeckte er ihre geisterhafte Gestalt neben der Tür hervorlugen. Sie grinste ihn an, zwinkerte und verschwand. Vegetas Gesicht verdunkelte sich. Er wollte sich schon genervt abwenden, doch wenn er herausfinden wollte, was es mit diesen roten Fäden auf sich hatte, war wohl genau diese Frau diejenige, die ihm Antworten liefern konnte. Immerhin war sie es doch gewesen, die sie gesponnen hatte, oder nicht?

Vegeta marschierte los, vorbei an Odysseus‘ Tür und folgte Klotho, die sich immer wieder zwischen zwei Türen blicken ließ. Sie führte ihn nach rechts, geradeaus, wieder nach links, dann rechts, immer weiter und weiter. Vegeta wurde zusehends genervter, seine Schritte schneller, bis er schließlich im Vollsprint hinter Klotho her hetzte.

Gleich, gleich hatte er sie! Er hatte seine Hand erhoben, wollte gerade nach ihr schnappen, doch sie löste sich einfach kichernd in Luft auf und er krachte in eine der Türen. Zurücktaumelnd rieb er sich die Nase. „Verdammtes Weib.“, knurrte er, als wieder Klothos Kichern ertönte. Vegetas wütender Blick entdeckte die schemenhafte Frauengestalt am oberen Rand der Türe, in die er gerade gelaufen war. Sie streichelte über den Rahmen, ließ ihre Finger nach unten gleiten und strich sanft über den Namen darauf. „Mein Feldherr, mein Prinz.“, flüsterte sie verheißungsvoll. „Hier findest du alles, wonach es dich ersehnt.“ Als sie geendet hatte, zwinkerte sie Vegeta zu und verschwand. Sich umblickend, ob sie nicht doch noch irgendwo auftauchte, ließ er seine Hand von seiner schmerzenden Nase sinken und wandte sich wieder zu der Tür. Betrachtete sie. Las den Namen, der … absolut nichtssagend war. Genauso seltsam wie die anderen Titel, die er gesehen hatte.

„Alles, wonach es mich ersehnt, ja?“ Er trat näher heran, strich mit seinen Fingern über den Namen auf der Tür. Dann ließ er seinen Arm wieder sinken, schloss seine Augen und atmete tief durch. „Na dann wollen wir doch mal sehen, was das sein soll.“ Seine Lider schnellten nach oben und gaben den feurigen Ausdruck in seinen Augen frei. Ein Grinsen zierte seine Lippen. Dann rief er lauthals nach Kakarott. „Beweg deinen Arsch hierher!“
 

Es bedurfte einiger Zurufe, bis Goku zu ihm fand. Als er endlich bei ihm war, besah sich der Jüngere neugierig die Tür. „Die soll es sein?“, fragte er.

„Ja.“

„Und warum?“

„…nur so ein Gefühl.“

Goku legte seinen Kopf schief und sah Vegeta einige Augenblicke an, dann zuckte er mit den Schultern. „Ja gut, von mir aus. Das letzte Märchen durfte ja auch ich aussuchen.“ Er wandte sich der Tür zu und las den schwungvoll geschriebenen Titel laut vor. „Tro…Troha. Nein … Troja.“ Wieder zuckte Son Goku mit den Schultern. „Klingt genauso gut, wie jede andere Geschichte auch.“
 

Damit war es beschlossen. Vegeta ergriff die schwere Türklinke und drückte sie nach unten. Sofort nachdem er die Tür aufgezogen hatte, fegte ein Windstoß aus ihr hervor, wirbelte um ihre Körper, ergriff sie und zog sie durch den Türrahmen. Kaum waren sie hindurch, knallte diese hinter ihnen zu.
 

„Das ist doch Schiebung!“, rief Cernunnos aufgebracht. „Klotho hat die beiden doch in diese Geschichte gelockt!“

„Gerade du reden.“, meinte Svarog. „Du haben beide in deine Geschichte geworfen.“

Grummelnd, aber einsehend, dass sein nervender Kollege recht hatte, verschränkte der Gott der Anderwelt seine Arme.

Indes streckte Atropos ihren Arm dem alten Mann in dem Ohrenbackensessel entgegen, die beiden Streithähne ignorierend. „Darf ich bitten?“

„Selbstverständlich.“, erwiderte Opa und überreichte ihr das Buch, das auf seinem Schoß ruhte. Sie nahm es dankend entgegen, stellte sich zwischen ihre Schwestern und gemeinsam läuteten sie die neue Geschichte Angeamas ein.
 

„Es war einmal…“

Troja - Die Feuer des Krieges

Der Wind, welcher Son Goku und Vegeta ergriffen hatte, änderte sich. Dies fiel dem Jüngeren zu aller erst auf. Vegeta hatte er schon vor einer Weile aus den Augen verloren, doch im Gegensatz zu den Märchen davor, machte es ihm diesmal nicht so viel aus. Ihre Wege würden sich früher oder später wieder kreuzen, das war bisher so gewesen und er sah keinen Grund, warum es diesmal anders sein sollte. Also konzentrierte er sich auf das, was er zwar schon fühlen, aber noch nicht sehen konnte.

Wärmer war der Wind geworden, eindeutig, aber auf eine schwer zu beschreibende Weise schwerer; und dichter. Goku sah wenig, eigentlich fast nichts, es war, als würde er sich in einer Nebelwolke bewegen, die beständig dichter wurde. Die Luft um ihn herum wurde noch wärmer, heiß sogar und das Atmen viel ihm zunehmend schwerer. Ohne, dass er es bewusst wahrnahm, bildeten sich kleine Schweißperlen auf seiner Stirn, liefen ihm in die Augen, tropften herab. Rauch begann sich unter die heiße Luft zu mischen. Nicht der Angenehme, welchen man bei einem Lager- oder Kaminfeuer roch, oder bei einem guten Grillabend. Der Rauch hing schwer in der Luft, bestehend aus verschiedenen Gerüchen, so als wären viele Dinge verbrannt worden, wirklich viele.

Seine Füße setzten auf festem Boden auf, mit ordentlichem Schwung, der ihn einige Schritte nach vorne stolpern ließ, ehe er sein Gleichgewicht fand und er in dem seltsamen, weichen Untergrund endlich zum Stehen kam. Irritiert sah er hinab. Ein kratzendes Gefühl war zwischen seinen Zehen und Son Goku brauchte eine Weile, bis er realisierte, dass es sich dabei um Sand handelte, der in seine Stiefel – hatte er überhaupt noch Stiefel an? - gekrochen war. Er bückte sich nach unten, strich mit seinen Fingern über seine Wade, fand irgendwelche Riemen, welche fest darum gebunden waren, kräuselte seine Stirn und richtetet sich wieder auf.

Ein Schrei, wild, panisch und unmenschlich hoch, ließ ihn erschrocken herumfahren, nur um im selben Moment von etwas gerammt zu werden, dass ihn von den Füßen riss und zu Boden schleuderte. Er stemmte sich auf seine Unterarme hoch, sah sich um, als flackernder Schemen im dichten Rauch zu einem davoneilenden Schatten wurden. War das ein Tier gewesen? Oder ein Mensch? Oder was auch immer es in diesem Märchen geben mochte.

Als er sich aufrichtete, spürte er sein Herz schlagen, schnell, hämmernd, das Blut in seinen Ohren rauschte, sein Atem ging stoßweise und er verspürte eine merkwürdige Art der Erregung. Es erinnerte ihn an das Gefühl vor einem Wettkampf, nur war es anders, intensiver, als stünde sein ganzer Körper unter Strom. So hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt, so nervös, so … aufgeregt. Ein weiterer Schrei erklang hinter ihm in diesem dichten Nebel. Diesmal war er schnell genug, sprang zur Seite, drehte sich um. Es war ein Pferd, welches an ihm vorbei galoppierte. In blinder Panik, hysterisch wiehernd und mit brennendem Schweif verschwand es wieder aus seiner Sicht.
 

„Was um alles in der Welt…?“ Die Zeit reichte, damit Son Goku einmal blinzeln und sich in Gedanken die Frage stellen konnte, wo er hier gelandet war, bis sein Körper die Kontrolle übernahm. Es war eine Ahnung, das instinktive Reagieren eines lang geschulten Sinnes, der ihn herumfahren und den Arm heben ließ. Mit einem lauten, klirrenden Geräusch, traf Metall auf Metall, erschütterte seinen Arm, seinen halben Oberkörper, ließ ihn ein Stück in die Knie gehen um den Schlag abzufangen, dann mobilisierte er seine Kräfte, packte das, was er da in einer Hand hielt mit beiden Händen und hebelte seinen Angreifer von sich weg. Jener stolperte, fing sich und stürmte mit einem wilden Schrei wieder auf ihn zu.
 

Der Saiyajin parierte, folgte den Bewegungen, welche sein Körper ihm eingab. Sein bisheriges Training half ihm dabei. Metall schlug erneut auf Metall, seine Muskeln bebten ungewohnt, er wich aus, wollte etwas sagen, fragen was hier los war, beschwichtigende Worte finden, dem Mann zurufen, dass sie doch gar nicht kämpfen mussten, da zischte die Schneide des Schwertes seines Gegners über seinen Oberarm, schnitt tief in sein Fleisch und ließ ihn taumeln. Sein Widersacher nutzte die Chance, rammte ihn mit der Schulter, brachte ihn endgültig zu Fall, kniete auf ihm, hob das Schwert. „Stirb Achilles!“, brüllte er mit wildem Blick und stach zu.
 

Son Goku riss den Kopf zur Seite, das Schwert schlitzte seine Wange auf, er packte es mit der Hand, schnitt sich, doch konnte es so seinem verblüfften Angreifer entreißen. Schneller als sein Verstand es verhindern konnte, brachte sein Körper die Bewegung seiner Hand zu Ende, und hämmerte den Griff des Schwertes seinem Gegner gegen das Gesicht. Knochen knirschten, Haut platze auf, Blut spritzte über Son Gokus Körper. Die Gestalt auf ihm erschlaffte und mit weit aufgerissenen Augen sah der Saiyajin zu, wie sein Gegner zur Seite kippte.

Regungslos starrte er in den dichten Rauch. Seine Ohren begannen nun mehr Geräusche wahrzunehmen: Schreie, das Klirren von Waffen, das Wiehern von Pferden und ganz leise, kaum noch zu vernehmen, das Knistern von Feuer und das Rauschen von Wellen. Hatte er eben einfach so einen Menschen getötet? Hatte er einfach … ein Leben ausgelöscht? Den Kopf zur Seite drehend, erblickte er die weit aufgerissenen Augen einer Leiche. Der Mann sah überrascht aus. Überrascht und vorwurfsvoll. Am Rande seiner Wahrnehmung realisierte Goku die eigenartige Rüstung, die dieser trug. So etwas wie eine Brustplatte, der Vegetas nicht unähnlich, darunter ein in Streifen geschnittener Rock aus dunklem Leder und die gleichen Schnürsandalen, die auch er selbst trug.

Aus der Betrachtung rissen ihn Füße, die über ihn hinweg trampelten. Schnell hob er die Arme, schützte seinen Kopf, machte sich so klein als möglich. Einer der Männer, die über ihn hinweg liefen, stolperte, fiel, sah ihn an. Der Blick wutverzerrt und als er bemerkte, dass Son Goku offenbar noch am Leben war, hieb er im Liegen mit dem Schwert nach ihm.
 

„Warte“, der Saiyajin hob abwehrend die Hände. „Wir müssen nicht-“ Er wich mit seinem Kopf nach hinten aus und konnte spüren, wie die Spitze der Waffe wenige Millimeter an seinem Nasenbein vorbeischrammte. Mit einem lauten Brüllen ging der Krieger auf ihn los. Son Goku verteidigte sich so gut er konnte, dann tauchte jedoch ein zweiter Mann aus dem Rauch auf, größer als der Erste, mit einem langen Speer in der Hand und dann noch einer und noch einer. Er wich zurück, sah sich um. Wo war er hier nur gelandet? Was hatte sich Vegeta da ausgesucht?
 

Hinter ihm erklang ein Schrei, mehrere, er wagte es nicht sich umzudrehen. Sein Herz schlug. Sein Atem raste. Würde er gleich von hinten angegriffen werden? Die Stimmen kamen näher, er erwehrte sich seiner Angreifer, der mit dem Speer stach nach ihm, er wich aus, direkt in den Klingenschlag eines der anderen Männer hinein. Das wars! Er würde sterben. Bereits nach nur wenigen Minuten in diesem Märchen würde er sterben und … ein Speer sauste von hinten an ihm vorbei, traf die Brust des Mannes mit der Klinge und riss ihn von den Füßen. Dessen Schwert viel mit einem dumpfen Aufschlag in den Sand.

Ein Brüllen von vielen Stimmen, doch wie aus einer Kehle, erklang, ließ die Männer vor Son Goku innehalten und zurückweichen. Dann wurde er selbst von diesen Stimmen, dieser Phalanx aus Kriegern hinter sich mitgetragen. Er befand sich zwischen ihnen, wurde ein Teil von ihnen, hob seinen Schwertarm, stimmte in ihren Chor mit ein und ging in den Gefühlen seiner Märchenfigur unter. Blut, alles was dieser Krieger, der er war, wollte, war Blut sehen und mit diesen Männern in die Schlacht ziehen. Jeden weiteren Gedanken, verschluckte der Rauch, das Feuer und der Wahnsinn um ihn herum, denn sie waren im Krieg.
 

Der Rauch lichtete sich langsam. Die Schlacht war vorüber. Die erste kühle Brise fuhr in die Nebelfetzen, riss sie auseinander, strich angenehm über die erhitzten Körper der Lebenden. Es war Son Goku, als würde sich sein Verstand aus den Tiefen seines Geistes an die Oberfläche kämpfen und langsam wieder die Kontrolle erringen über das … was auch immer ihn da übernommen hatte. Er spürte eine Hand auf seiner Schulter, hob den Kopf, ein ihm fremder Mann lächelte ihn an. „Gut gekämpft, Achilles.“ Ein weiteres Klopfen, ein anderer Mann, ein abermaliges, Ehre erbietendes Nicken. Goku rang sich zu einem Lächeln durch, doch danach fühlte er sich nicht. Seine Hand, welche sich um den blutigen Griff seines Schwertes gekrampft hatte, zitterte. Als er sich umsah, sah er roten Sand, übersäht von Leichen und müden Männern, alle blutüberströmt und am Ende ihrer Kräfte, die sich gemeinsam vom Schlachtfeld fortschleppten, in die Richtung aus der sie hierher gestürmt waren. Wo auch immer hier sein mochte.

Seine eigenen Beine dazu zwingen müssend sich zu bewegen, schloss er sich ihnen an. Sie wanderten eine Ewigkeit durch dieses Meer aus Leichen, bemühten sich alle nicht nach unten zu sehen, versuchten krampfhaft nicht die kalten, oder noch warmen Körper zu bemerken, an denen ihre Füße hängen blieben. Doch sie konnten auch nicht blind gehen. Immer wieder sah Son Goku, wie einer der Krieger seine Waffe hob und auf einen am Boden liegenden Körper einstach. Hin und wieder hörte er den Todeslaut, irgendwann wünschte er sich, ihn nicht mehr zu hören.
 

Das Rauschen der Wellen war es, was ihn den Kopf heben ließ. Stimmen erklangen, erst leise und gedämpft, dann immer deutlicher werdend und plötzlich, als hätten sie eine unsichtbare Linie überquert, waren sie aus dem Rauch und dem Nebel heraus, standen auf einer kleinen Anhöhe, sahen einen langen Hügel hinab, der sich zu einem weitläufigen Strand ausdehnte und dahinter das endlose Meer, welches voll von Schiffen war. Eines neben dem anderen. Eine Reihe hinter der anderen, so weit sein müder Blick reichte.

Die Männer um ihn herum sanken auf die Knie, murmelten etwas von Göttern, flehten, weinten, beteten und ihre Stimmen vermischten sich mit dem Meeresrauschen, wurden zu einem Hintergrundgeräusch in Gokus Ohren. Ihm war nicht danach hier zu bleiben, er wollte weiter. Aus irgendeinem Grund wollte er weiterlaufen; also tat er es. Er wollte irgendwohin und wusste doch nicht wo sich sein Ziel befand oder ob es dieses überhaupt gab.
 

Zelte lösten die Leichen ab, Männer, die zwar nicht verletzt und so panisch wirkten, wie jene auf dem Schlachtfeld, aber dennoch unkoordiniert durcheinander huschten. Irgendetwas erregte ihre Aufmerksamkeit und er wand sich dessen zu. Da war ein Geräusch, nein, eine Stimme, die aus dem Hintergrund herausstach. Er umrundete eines der Zelte, kam auf einen freien Platz, sah einen roten Mantel flattern, einen Mann, der mit ausgestrecktem Arm in eine Richtung zeigte, einen Befehl bellte und die Männer um sich herum antrieb. Son Goku lächelte.
 

„Vegeta…“
 

Dieser hatte einen ähnlichen, wenn auch weitaus angenehmeren Start in dieses Märchen gefunden. Auch er war inmitten dieser Schlacht erwacht, doch nicht an vorderster Front, nein, er hatte sich auf einem Hügel wiedergefunden, von zwei Kriegern geflankt und auf die sich bekriegenden Heerscharren hinabblickend. „Seht, mein Fürst“, hatte einer der beiden Männer gerufen, „Achilles und seine Myrmidonen treiben die Trojer zurück!“

Da der zweite Krieger nicht darauf reagiert hatte, war sich Vegeta sicher gewesen, dass er dieser Fürst sein musste. Sein Herz hatte zu pochen begonnen und sofort waren ihm die letzten Worte Klothos durch den Kopf geschossen. ‚Mein Feldherr, mein Prinz. Hier findest du alles, wonach es dich ersehnt.‘

Dann hatte Vegeta seine Gestalt gestrafft und sich mit geschultem Auge einen Überblick verschafft, hatte anhand der unterschiedlichen Rüstungen und derer, die er und die beiden Krieger an seiner Seite trugen, ausgemacht, wer hier gegen wen kämpfte. Zwar hatte er weder gewusst, wer genau er selbst war, noch welchem Volke er angehörte, aber das war nicht wichtig gewesen, die Verbundenheit zu den Männern neben sich und zu jenen auf dem Schlachtfeld war ausreichend für ihn gewesen, dass er diese ‚Trojer‘ als seine Feinde betrachtete. Und damit war er sich auch sicher gewesen, worum es in dieser Geschichte gehen würde. Der Titel der Tür war der Name derer, die es zu bezwingen galt.

Danach hatten seine Augen zu leuchten begonnen als ihm auch schon ein Schwachpunkt in der Aufstellung der Trojer aufgefallen war. Ihre linke Flanke. In diesem Moment war er sich auch der Männer hinter ihm, den Hügel hinab, gewahr geworden. Und da hatte er es einfach gespürt. Gespürt, was zu tun war. Instinktiv hatte er nach dem Griff seines Schwertes gegriffen, es aus der Scheide gezogen und dem Schlachtfeld entgegengestreckt.

Mit fester, tiefer Stimme hatte gerufen: „Achilles mag die Trojer zurücktreiben, doch wir werden es sein, die sie niederstrecken! Folgt mir, Männer!“ Und mit diesen Worten auf den Lippen war er losgestürmt, ein großer Teil des Heeres in seinem Rücken wissend und hoffend, dass Kakarott unter ihnen war …
 

„Vegeta!“, rief Goku quer über den Platz.

Die Augen des Prinzen weiteten sich als die ihm so vertraute Stimme an sein Ohr drang. Er fuhr herum, ihre Blicke trafen sich zwischen dem Gewusel unzähliger Umhereilender und schon im nächsten Atemzug begann Vegetas Herz aufgeregt in seiner Brust zu klopfen. Kakarott!

Er hatte ihn auf dem Schlachtfeld nirgends entdecken können, weder unter den Seinen noch unter ihren Feinden. Doch jetzt, da er den Jüngeren hier in ihrem Lager entdeckt hatte, oder er ihn, war so etwas wie ein Stein von ihm gefallen. Er würde sich hier also nicht mit ihm messen, mit ihm auf Leben und Tod kämpfen müssen, wie er schon angenommen hatte. Nein, sie standen offensichtlich auf derselben Seite. Und gleich als ihm dieser Gedanke durch den Kopf geschossen war, beschlich ihn das Gefühl, dass alles, was er sich im Inhaltsverzeichnis von Angeama ausgemalt hatte, nun zum Greifen nah war.

Er wollte einen Schritt auf Son Goku zugehen, allerdings trat ein weiterer Krieger an seine Seite und hielt ihn davon ab. „Mein Fürst.“, sprach er ihn ehrerbietig an, doch Vegeta hob sogleich seine Hand, gebot ihm damit ihn nicht zu stören. Dieser verneigte sich und schritt von dannen. Sich nicht mehr aufhalten lassend, seinen Helm fester unter seinem Arm einklemmend, eilte der Saiyajinprinz mit beherzten Schritten durch die Menge auf Kakarott zu und dieser ihm entgegen. Auf halber Strecke zwischen der Mitte des Platzes und der ersten Zeltreihe, trafen sie aufeinander.
 

„Kakarott.“ Aus einem Empfinden heraus, streckte Vegeta ihm seinen Arm entgegen, den dieser ergriff, indem er seinen Unterarm packte und Vegeta damit den seinen. In diesem Augenblick, da sich ihre Arme berührten, durchströmte beide gleichermaßen ein starkes Empfinden der Zuneigung, ein Gefühl, das der jeweils andere ein wichtiger Verbündeter war. Dann weiteten sich die Augen Vegetas als er sich der dunklen, klaffenden Wunde an der Wange des Jüngeren gewahr wurde und dem vielen Blut, das an ihm und seiner Rüstung klebte.

Kaum einen Atemzug nachdem sich ihre Arme voneinander gelöst hatten, sprudelte es auch schon aus beiden gleichzeitig heraus. „Das war der Wahnsinn! Wo warst du die ganze Zeit?“, kam es von dem Prinzen, während Goku meinte: „Das war schrecklich! Und du warst nirgends zu finden!“

Beiden schoss eine Augenbraue fragend in die Höhe und wieder ergriffen sie zeitgleich das Wort: „Was?“

Sie starrten einander blinzelnd an, als sie plötzlich von einem heraneilenden jungen Mann, der in eine ähnliche Toga gekleidet war wie die drei Schwestern im Inhaltsverzeichnis, unterbrochen wurden. „Mein Fürst.“
 

„Jetzt nicht!“, fuhr Vegeta diesen an, ohne Kakarott aus den Augen zu lassen.

Doch als sich der Junge nicht fortbewegte und in einer Verbeugung ausharrte, wandte er sich diesem zu und war sichtlich verblüfft, denn dieser hatte sich nicht vor ihm verbeugt, sondern vor Kakarott.

„Ähm…“ Goku kratzte sich am Hinterkopf als auch er realisierte, dass der Jüngling ihn und nicht Vegeta angesprochen hatte. „Ja?“

Sich aufrichtend und lächelnd, erwiderte dieser: „Ich bin froh, dass Ihr so glorreich aus der Schlacht zurückgekehrt seid. Als wir von der Kunde erfuhren, dass Ihr auf dem Rückweg seid, haben wir alles für eine Waschung vorbereitet. Euer Mahl steht auch schon bereit.“

„Ach…ja?“

„Möchte der Fürst Odysseus mit Euch speisen?“, sich dabei Vegeta zuwendend, sprach der Jüngling sogleich euphorisch weiter, „Wie man hört, war es Eurem Heldenmut und Eurer List zu verdanken, dass die Trojer eingekreist wurden und zum Rückzug geblasen haben.“

„Tatsächlich, sagt man das, ja?“, erwiderte Vegeta, dem der Lobgesang sofort zu Kopf stieg und streckte dabei seine Brust hervor. Dass er gerade den Namen seiner Figur erfahren hatte, war dabei irgendwie an ihm vorbei gegangen. Als Antwort erhielt er ein Nicken und eine Verbeugung des jungen Mannes, was Vegeta ein Lächeln ins Gesicht zauberte.

„Also“, begann Goku sichtlich überfordert, „Ja, danke. Wir“ und dabei blickte er zu Vegeta, „Kommen gerne mit?“

„Natürlich“, entgegnete der Ältere, immer noch mit diesem Grinsen im Gesicht, „Nach so einer Schlacht haben wir uns ein Mahl ja wohl mehr als verdient.“

„Gewiss.“, bestätigte der namenlose Jüngling, verbeugte sich vor beiden Fürsten und gebot ihnen mit einer Armbewegung, dass sie ihm folgen mögen.
 

Sie durchwanderten die Zeltstadt, welche ein irritierendes Bild bot. Auf der einen Seite sah man Krieger, die verwundet und unter Schmerzen am Boden lagen, auf der anderen Seite sah man feiernde und jubelnde Krieger, die ihnen zuprosteten und ihnen ihre Aufwartung machten. Es schien weder für Vegeta noch für Son Goku der Zweifel zu bestehen, dass man ihnen diesen Sieg zuschrieb.

Während Vegeta die Grüße huldvoll erwiderte und sich in seiner Haut sehr wohl fühlte, war Goku diese Aufmerksamkeit unangenehm und er kämpfte heftig mit den Gefühlen, welche von seiner Figur ausgingen, und die jenes Lob ebenso genießen wollte. Mehr noch, diese Gefühle standen in krassem Widerspruch zu seinem eigenen Charakter.

„Hör auf so verkniffen zu schauen.“, sprach ihn der Saiyajinprinz kaum merklich von der Seite an und so, dass außer Goku niemand etwas davon bemerkte.

„Ich…will das nicht.“

„Was denn?“

„Diesen Jubel. Da hinten sind…“

„…Soldaten die gekämpft haben, verletzt wurden, aber Dank denen die Schlacht gewonnen wurde. Und jeder Soldat will seine Anführer und Helden nach einem Sieg feiern.“

„Aber…“

„Keiner will daran erinnert werden, wie viele seiner Kameraden gestorben sind. Also erinnere sie nicht daran und tue so, als würdest du dich mit ihnen freuen.“

Irritiert sah der Jüngere zu Vegeta. Dass der so viel mit ihm sprach, auch noch in einem recht vernünftigen Tonfall, zwar belehrend, aber nicht unfreundlich, war … eigenartig. Überhaupt schien der Prinz ihn schon gar nicht mehr wahrzunehmen, sondern grüßte die Soldaten um sie herum mit einem Nicken, hob sogar die Hand und unterhielt sich mit ihnen. Zwar juckte es Goku unter den Fingernägeln Vegeta zu fragen, was denn plötzlich mit ihm los sei, aber er hatte die dumpfe Ahnung, dass dies vielleicht nur wieder in einem Streit enden würde. Und darauf hatte er keine Lust. Er war müde, er war verwundet und auf eine eigenartige Art und Weise erschöpft. Und erst jetzt, nach all dem, fragte sich ein kleiner Teil seines Selbst, ob ihn das, was er auf dem Schlachtfeld getan hatte, nicht störte. Doch diese Stimme war so leise, so abgestumpft, so unwichtig, dass sie in allem anderen unterging.
 

Bei einem Zelt ankommend, welches größer und pompöser wirkte als die anderen, hielt ihnen der Diener den Stoff auf und sie traten in das angenehm schummrige Zwielicht. Sofort traten zwei Jungen heran, die ihnen die Waffen abnahmen, die Helme, ja sogar die Rüstungen. Was zuvor auf dem Weg hierher passiert war, wiederholte sich. Während Vegeta völlig ruhig und gelassen blieb, alles mit stoischer Ignoranz und schweigend über sich ergehen ließ, fühlte sich Goku in seiner Haut überhaupt nicht wohl und nur der immer wieder zu Vegeta huschende Blick hinderte ihn daran, zu versuchen all diese Dinge selbst zu machen.

Danach wurden ihnen Schüsseln mit Wasser gereicht, Tücher und einer der Jungen machte sich daran, Gokus Wunden zu säubern und zu verbinden. Schweigend und mit weitaus weniger Widerwillen als zuvor, ließ Goku das über sich ergehen, hätte er doch eh keine Ahnung gehabt, wie er sich um diese Verletzungen kümmern sollte. In dieser Zeit schien sich der zweite Diener um etwas zu Essen bemüht zu haben, denn er kam mit einer großen Schüssel voll kaltem Braten mit Kräutern zurück und einer Amphore mit Wein. Etwas Brot zauberte er auch noch hervor und servierte den beiden Kriegern beides mit einer Verbeugung.

„Ich werde die Fürsten dann alleine lassen. So ihr etwas braucht, ich bin direkt vor dem Zelt.“ Vegeta nickte ihm zu, ehe er sich zu dem schon essenden Kakarott setzte und sie sich erst einmal schweigend und hungrig darüber her machten. Als Schüsseln und Amphore zur Hälfte gelehrt waren, schaute Son Goku aus den Augenwinkeln zu Vegeta, wieder in die Schüssel mit Fleisch, abermals zu Vegeta.

„Wenn du was zu sagen hast, Kakarott, dann raus damit.“

Goku schluckte den Bissen in seinem Mund in einem herunter, hustete und trank etwas nach, vorwiegend um Zeit zu schinden, da er sich bei seinen Gedanken, die er nicht hatte aussprechen wollen, ertappt fühlte. „Du wirkst…nicht verwundert.“

„Ja.“

„Auch nicht überrascht.“

„Nein.“

„Also wusstest du was uns hier erwartet?“

„Nicht wirklich.“

„Und warum bist du dann so ruhig?“

Vegeta ließ das Bratenstück sinken, welches er hatte essen wollen und antwortete, zu Gokus Überraschung nicht genervt oder unfreundlich, sondern ruhig und gelassen: „Weil das von mir erwartet wird.“

„Es wird von dir erwartet? Das...versteh ich nicht, Vegeta. Woher kannst du denn wissen, was von dir erwartet wird, wenn wir gerade erst hier angekommen sind und du die Leute hier vorher noch nie gesehen hast.“

„Weil es überall gleich ist. Eine Schlacht, diese Art von Schlacht, nicht die Kämpfe die du bisher bestritten hast, sie sind immer gleich. Krieg ist immer gleich. Soldaten sind immer gleich.“

Son Goku sah zurück in die Schüssel, in das in der Soße schwimmende Fleisch und für einen Moment verwandelte sie sich in Blut und das Fleisch darin … er weigerte sich den Gedanken bis zu seinem Ende zu folgen. „Aber, ich verstehe nicht wie du…“
 

Er wurde unterbrochen, als der Zeltstoff zurückgeschlagen wurde und ein großer, imposanter, wenn auch in die Jahre gekommener Krieger zu ihnen trat. Vegeta erhob sich sofort, Goku tat es ihm mit etwas Verzögerung gleich. Dieser Krieger, mit dem schmalen Goldring in den Haaren, hatte Macht, war eine Autorität, dies war ihnen beiden sofort klar geworden und auch ihre Figuren sagten ihnen, dass dieser Person Respekt zu schulden war.

„Odysseus, Achilles“, er nickte ihnen zu und während Goku leicht den Kopf neigte, um den Gruß zu erwidern, tat Vegeta nichts dergleichen, sondern sah diesem Fremden auf Augenhöhe entgegen. Jener ging erst zu dem älteren Saiyajin und legte ihm beide Hände an die Schultern. „Was für ein glorreicher Schlachtplan Odysseus, mein Freund. Wir haben die Trojer vernichtend geschlagen.“ Dann wendete er sich Son Goku zu. Ihm legte er nur eine Hand auf die Schulter und nahm sie auch gleich wieder herunter. „Achilles, die fleischgewordene Skulptur eines perfekten, griechischen Hopliten. Deine Myrmidonen haben gut gekämpft.“ Er wandte sich wieder zu Vegeta. „Doch was esst ihr hier so alleine? Kommt, die Soldaten wollen die Helden der Schlacht sehen und feiern. Sie erwarten Worte von euch. Kommt, kommt mit mir nach draußen und lasst uns feiern.“

Ohne auf ihre Antwort zu warten, drehte sich der Mann um, verließ das Zelt und man hörte draußen lauten Jubel aufbranden, eine andere Stimme verkündete: „König Agamemnon, Fürst Odysseus und Heerführer Achilles.“ Die beiden Saiyajins sahen sich an. Son Goku schluckte.
 

Als Goku hinter Vegeta aus dem Zelt trat, musste er seine Hand schnell vor seine Augen heben, da ihn das gleißende Licht der Sonne blendete. Sie stand tief am Himmel und strahlte ihm direkt ins Gesicht. Mit zusammengekniffenen Augen stellte er sich neben Vegeta und blickte in die erwartungsvollen Gesichter derer, die sich in der Zwischenzeit auf dem Vorplatz versammelt hatten. Sie waren noch in ihre Rüstungen gekleidet auf denen das getrocknete Blut der Schlacht klebte. Einzig ihre Wunden waren mit allerlei Salben und Kräutern versorgt worden. Langsam verklang ihr Jubel und während sich viele von ihnen gegenseitig stützten, sahen sie ihren König und die beiden Fürsten erwartungsvoll an.
 

Vegeta ließ seinen Blick eingehend über die Männer schweifen. An ihren Rüstungen konnten seine geschulten Augen erkennen, dass sie unterschiedlichen Fraktionen angehörten oder zumindest unterschiedlichen Rängen. Es brauchte nicht viel, um eins und eins zusammen zu zählen. Sowohl er als auch Kakarott waren Fürsten in dieser Geschichte, soviel war ihm bereits klar, wahrscheinlich waren sie zwei unter vielen, die unter diesem König Agamemnon einen Krieg gegen ein anderes Volk führten. Das Volk von Troja. Warum war ihm noch nicht klar. Wie lange sie schon hier kämpften ebenso wenig. Er fühlte es jedoch tief in sich, dass sie heute nur eine von vielen Schlachten gekämpft hatten. Auch wenn die Männer eben noch lautstark gejubelt hatten, so sah er es ihnen dennoch genau an, dass sie des Kämpfens müde waren und das obwohl sie heute den Sieg davongetragen hatten. Schon im nächsten Atemzug war ihm klar, was es jetzt zu tun galt.

Sein Herz begann aufgeregt in seiner Brust zu hämmern, nicht vor Nervosität, sondern vor Erregung. Erinnerungen an längst vergangene Zeiten krochen in ihm empor. Erinnerungen an die unzähligen Schlachten, die er einst geführt hatte. Auch damals hatte er einem Herrscher gedient und war unter diesem selbst Anführer einer kleinen Gruppe gewesen. Es war zwar nicht oft geschehen, dass sie gegen ein und denselben Feind mehrere Kämpfe hatten bestreiten müssen, denn meistens hatten sie ganze Planeten in nur einem Tag dem Erdboden gleichgemacht, doch es war vorgekommen.
 

Vegeta stellte sich in die Mitte des Halbkreises, raffte seine Gestalt, atmete tief ein und schloss seine Augen. Er konnte sie genau vor sich sehen. Die Krieger, die innerhalb Freezers Armee unter seiner Führung gestanden hatten. Sah, wie sie voller Schrammen, verrenkter Gliedmaßen und blutüberströmt vor ihm saßen. Gebrochen. Er hatte ihnen zuvor nie Mut zusprechen müssen, sie nie motivieren müssen ihre Ärsche wieder hochzubekommen, doch an jenem Tag hatte er es getan. An jenem Tag als sie zwar den ersten Sieg gegen ihren Feind errungen, dabei aber die Hälfte ihrer Krieger verloren hatten.

Seine Augen wieder öffnend, sah er die Soldaten, direkt vor sich mit eiserner Entschlossenheit im Blick, an. „Männer“, begann er mit fester Stimme. „Ich sehe es euch an, sehe es in euren Augen. Ihr seid müde. Erschöpft. Verletzt.“ Sein Blick wanderte von einem zum anderen. „Viele unserer Gefolgsleute sind heute von unseren Feinden niedergestreckt worden. Doch ihr dürft niemals vergessen, wofür sie ihr Leben gegeben haben. Sie waren es, die uns zum Sieg in dieser Schlacht geführt haben.“ Seine Faust ballend, erhob er seinen Unterarm. „Ja, heute, heute haben wir unsere Feinde wie feige Hunde hinter ihre Mauern gejagt!“

Einige der Männer taten es Vegeta gleich und gaben in einem Chorgesang Bellgeräusche von sich.

„Eines ist gewiss“, fuhr der Saiyajinprinz fort als die zustimmenden Laute abgeklungen waren, „Die Trojer mögen sich für den Moment geschlagen gegeben haben, doch ein neuer Tag wird kommen. Die nächste Schlacht wartet schon auf uns. Doch einen Sieg unserer Feinde werden wir, Achilles und ich, verhindern, mit Gedeih und Verderb! Doch ohne euch, meine Freunde, wird es eine schwierige Reise werden, denn lasst euch eines gesagt sein … ein Regentropfen allein vertrocknet einsam und ruhmlos. Doch gemeinsam, gemeinsam mit anderen, kann er zur tosenden See werden, die alles verschlingt. Wenn wir unsere Kräfte erneut vereinen, wenn wir weiterhin zusammenstehen, zusammenhalten, zusammen dem sicheren Tod entgegentreten, dann werden wir ihm trotzen, ihn besiegen und am Ende … am Ende werden wir diesen Krieg für uns entscheiden! Werden in den ewigen Hallen Ruhm und Glorie ernten! Mögen die Götter uns hold sein, dass die nächste Schlacht die letzte sein wird. Mögen sie uns beistehen, unsere Klingen schärfen, unsere Schilde stählen, unsere Füße beflügeln und unsere Völker eins werden lassen! Doch noch ist es nicht soweit, denn heute … heute Abend lasst uns derer Gedenken, die ihr Leben für unseren Sieg gegeben haben. Lasst sie uns gebührend feiern, denn das sind wir ihnen schuldig. Also trinkt! Trinkt mit mir, mit uns! Auf Tod und Glorie!“
 

„Auf Tod und Glorie!!“, kam es wie aus einem Mund von den Soldaten zurück.
 

Als Vegeta seine Augen unter dem darauffolgenden Jubel der Männer schloss, huschte ein dezentes Lächeln über seine Lippen, denn er sah sie genau vor sich. Nappa, Radditz und die anderen Krieger seiner ehemaligen Truppe. Wie sie nach seiner Ansprache aufgesprungen waren und gejubelt hatten. Wie sie ihre Schmerzen, ihren Frust beiseite geschoben hatten. Wie sie mit ihm trotz ihrer zahlreichen Niederlagen gefeiert hatten und am nächsten Morgen, mit ihm an der Spitze, erneut in die Schlacht gezogen waren.
 

Das Feuer, dass in Vegetas Augen leuchtete als er diese wieder öffnete, steckte nicht nur seine Gefolgsleute in dieser Geschichte an. Auch den Myrmidonen, die offensichtlich Achilles und damit Son Goku folgten, sah man an, dass sie von Vegeta, von Odysseus, regelrecht beflügelt worden waren. Doch nicht nur sie waren von den Worten des Fürsten verzaubert worden. Auch Goku war an Vegetas Lippen gehangen als würde sein Leben davon abhängen. Nachdem der Ältere seine Rede beendet hatte, konnte es Goku kaum glauben. Er hatte das Gefühl diesem Mann, nein, er hatte das Gefühl, dass man Vegeta überall hin folgen konnte. Und als er den Kleineren so von hinten, gehüllt in das warme Licht der untergehenden Sonne, betrachtete, schoss ihm durch den Kopf, dass ER ihm überall hin folgen würde.
 

Diese Erkenntnis erschreckte ihn noch mehr als die Tatsache, dass er heute Menschen getötet hatte. Er liebte das Kämpfen, nicht das Töten wohlgemerkt, allerdings liebte er es genau das alleine zu tun. Doch hier, dieses Empfinden, diese Gemeinschaft, es war einfach … es war überwältigend. Vegeta war überwältigend.
 

Während sich Son Goku noch fragte, ob diese Gefühle die seinen oder die seiner Figur waren, legte sich eine Hand auf die Schulter des kleineren Saiyajin. Unter dem Jubel der Männer, flüsterte König Agamemnon ihm ins Ohr: „Ich bin froh Euch an meiner Seite zu wissen, Odysseus. Diese Männer würden Euch in den sicheren Tod folgen.“

Auch das war Vegeta nicht fremd. Wie viele Krieger hatte er schon in seinem Leben in ihr Verderben geführt? Er wusste es nicht mehr. Ja, selbst Nappa war ihm zur Erde gefolgt, wo er ihn einfach selbst getötet hatte. Seinen eigenen Gefolgsmann, seinen Kampfgefährten, der, wie er selbst, einer der letzten seiner Art gewesen war. War das im selben Leben gewesen, wie in dem jetzigen?
 

Seine Augen wanderten über die jubelnden Krieger. Ohne es zu registrieren hob er die Hand, grüßte sie. Der Jubel schwoll noch einmal an und monoton erwiderte er dem König, während seine Gedanken ganz woanders weilten: „Gewiss. Und ich würde für Euch in den sicheren Tod ziehen, mein König.“

Auch derlei Floskeln hatte er unzählige Mal von sich gegeben. Freezer zu beschwichtigen, zu huldigen, war eine seiner vielen Überlebensstrategien gewesen. Welche würden ihm hier von Nutzen sein? Ein Blick aus den Augenwinkeln zu Agamemnon sagte ihm, dass dieser Kerl, hier in diesem Märchen, ebenso gefährlich war wie Freezer.

Troja - Liebe, die Kriege entfacht

Son Goku lag auf den Fellen und Kissen seines Lagers und starrte die Decke seines Zeltes an. Immer mal wieder bewegten sich die Bahnen in einem kaum zu spürenden Wind. Er hatte einen Arm unter seinem Kopf und den anderen entspannt auf seinem Bauch liegen. Eigentlich sollte er schlafen. Eigentlich sollte er nicht entspannt sein nach diesem Tag. Dennoch fühlte er sich in diesem Moment friedlich. Eigenartig.

Nach Vegetas Ansprache war jener von Agamemnon in dessen Zelt geladen worden. Schlachtpläne ausarbeiten, hatte ihm der Ältere noch zugeflüstert, ehe er gegangen war. Goku selbst war dazu nicht eingeladen worden und scheinbar lag das daran, dass er nicht den gleichen Rang begleitete wie Vegeta.

Schmunzelnd hob sich einer seiner Mundwinkel. Also war Vegeta auch hier höhergestellt als er. Fast wie in ihrer realen Welt. Auch wenn ihn das bisher nie interessiert hatte, war dieses eigenartige Gefühl bei Vegetas Rede schuld daran, dass er sich nun Gedanken darüber machte. Dieses Gefühl, dass er Vegeta überallhin folgen wollte, bis ans Ende der Schlacht, bis ans Ende des Krieges, ja bis ans Ende der Welt, sein Leben lang, wenn es sein musste. Schob er das im ersten Moment noch auf die Figur, welche er hier verkörperte, brachte ihn der plötzliche Gedanke, dass er sich dies auch in ihrem echten Leben vorstellen konnte, aus dem Konzept. Bisher war Vegeta irgendwie immer ihm gefolgt, ohne, dass er dies wirklich wahrgenommen hatte. Er hatte sich nie überlegt, ob er es, wären ihre Rollen vertauscht, auch tun würde.
 

Ohne es bewusst zu bemerken, hatten seine Augen in diesem Moment den Hinterkopf des Älteren fixiert, welcher vor ihm gestanden und in der untergehenden Sonne zu den Soldaten gesprochen hatte. Vegeta hatte so natürlich gewirkt, bis zu dem Augenblick da Agamemnon zu ihm herangetreten war. Es war vielleicht sonst niemandem aufgefallen, aber ihm, der Vegeta schon so lange kannte, war es nicht entgangen.

Die leichte Veränderung seiner Haltung, das minimale Anspannen der Schultern, die kontrollierte Atmung. Vegetas Körper war der Ansicht gewesen, dass man sich vor diesem König Agamemnon in Acht nehmen musste und Son Goku hatte diese lautlose Kommunikation zwischen ihnen verstanden, auch wenn sie ohne das Wissen des anderen stattgefunden haben mochte.

Als er ihnen beim Gehen hinterher geblickt hatte, hatte er sich diesen Gedanken weiter widmen wollen, doch die Soldaten um ihn herum, welche für Vegeta und Agamemnon Platz gemacht hatten und ihnen weiterhin zujubelten, hatten sich danach zu ihm gewandt. Er schien für sie eher einer der Ihren zu sein, denn einer höher gestellten Person.

Sie waren zu ihm gekommen, hatten ihm auf die Schulter geklopft, hatten ihm die Hand gereicht, ihm etwas zu trinken in jene gedrückt und Schüsseln mit Essen dazu. Lachend hatten sie ihn nach dem Verlauf der Schlacht gefragt, sich Witze erzählt und ihn zu sich an die Feuer eingeladen. So war er, irritiert, aber doch zufrieden und glücklich von einer Gruppe Männern zur nächsten gezogen, hatte das Beisammensein genossen, den kühlen, frischen Wind, welcher den Rauch und Gestank der Schlacht landeinwärts wehte und das leise Rauschen der Wellen im Hintergrund.
 

Erst als es schon lange dunkel gewesen war, hatte er sich verabschiedet und war in sein Zelt zurückgekehrt. Mit einem zufriedenen und glücklichen Lächeln hatte er sich hingelegt, die Augen geschlossen und dieses Gefühl des Zusammenhaltes, des Miteinanders, in seinen Gedanken ausklingen lassen. Wie früher, war es ihm durch den Kopf geschossen, wie früher mit Yamchu, Krillin, Tenshinhan und Chao Zu. Gemeinsam hatten sie sich allen Gefahren gestellt, allen Herausforderungen, allen Kämpfen und egal wer von ihnen nun verlor oder gewann, sie waren ein Team gewesen, eine Gemeinschaft, Freunde, Kameraden. Es war das gleiche Gefühl wie hier in diesem Heer, mit diesen Soldaten zu sein und das hatte ihn sehr lange zum Lächeln gebracht, bis seine Gedanken abgewandert waren zu der Frage, oder der Erkenntnis, die ihn nun seither beschäftigte. Dass er Vegeta überallhin folgen würde, so wie seine Freunde ihm gefolgt waren, so wie die Männer dort draußen Vegeta und ihm folgten und so wie wohl auch schon andere Vegeta gefolgt waren, bevor sie sich gekannt hatten.
 

Son Goku rieb sich über das Gesicht. Im letzten Märchen war ihm das schon klar geworden, dass er sich nie für die Vergangenheit des anderen interessiert hatte. Und auch hier ließ ihn dieser Gedanke einfach nicht mehr los. Er grub sich viel mehr noch stärker in seinen Verstand. Er wusste um Yamchus Geschichte als Dieb. Krillin hatte bei den Mönchen in einem Tempel gelebt. Tenshinhan und Chao Zu hatten beim Herrn der Kraniche ihre Ausbildung gemacht. Ja selbst von Piccolo wusste er dessen Geschichte und auch die des Oberteufels war ihm bekannt. Aber Vegeta? Nichts.

Er hatte unter Freezer gedient, hatte wohl für ihn gemordet und Planeten erobert, aber auch das waren nur Vermutungen, die er aus den wenigen Worten schloss, welche der Ältere irgendwann mal hatte fallen lassen. Vegeta war niemand, der von sich aus erzählte oder über sich selbst. Und er, er hatte nie nachgefragt, wie sich Son Goku nun eingestehen musste. Ob er eine Antwort bekommen hätte oder nicht, dies war die andere Frage, aber es hatte ihn auch ehrlich gesagt nie interessiert.
 

Ein Geräusch ließ ihn den Kopf wenden und er konnte an der kühleren Brise, welche in sein Zelt wehte, erkennen, dass jemand den Eingang geöffnet hatte. Kurz darauf erklang die Stimme der Person, die ihm so im Kopf herum gespukt hatte.

„Kakarott?“

Er richtete sich auf und stützte sich auf einen Arm ab. „Ich bin noch wach.“

Da sich seine Augen an die Dunkelheit des Zeltes gewöhnt hatten, sah er wie Vegeta durch jenes hindurch auf ihn zuschritt, sich umsah und offenbar nach etwas suchte, auf das er sich niederlassen konnte.

„Soll ich Licht machen?“ Goku wusste zwar nicht, wie er das hätte machen sollen, aber er wollte zumindest fragen.

„Nein, und sei leise!“

„Warum?“

„Erklär ich dir. Ruhe jetzt!“, zischte Vegeta, während er plötzlich in all seinen Bewegungen verharrte. Er schien zu lauschen, also tat Goku es ihm gleich und wirklich, er konnte die Schritte von mehreren Männern hören, welche sich seinem Zelt näherten. Das war nichts Ungewöhnliches, im Lager herrschte ein reges Treiben, auch zu dieser Stunde, aber die Männer schienen unweit seines Zeltes zu verharren und leise miteinander zu reden. Er konnte nicht wirklich verstehen was sie sagten, aber einmal mehr war es Vegetas angespannte Körperhaltung, die ihm sagte, dass es nun besser war ruhig zu sein.
 

Es dauerte, es dauerte viel zu lange, und Son Gokus nicht vorhandene Geduld wurde stark strapaziert, bis sie beide bemerkten, dass sich die Männer entfernten. „Sagst du mir jetzt endlich, was das soll?“

Die Kissen und Felle seines Lagers bewegten sich, als sich Vegeta setzte und auch der Jüngere endlich gänzlich in die Senkrechte kam. „Sprich leiser!“

„Ja ja, schon gut.“, antwortete Goku mit gedämpfter Stimme. „Wer war das?“

„Soldaten von diesem Agamemnon.“

„Und wieso waren die hier?“

„Entweder sie haben mich verfolgt, oder sie sind zu deinem Zelt gegangen, zu deinen Leuten, um sich unter sie zu mischen.“

„Und warum?“ Goku konnte spüren, wie Vegeta näher an ihn heranrückte.

„Dieser Agamemnon scheint den Oberbefehl über all diese Soldaten zu haben. Er hat die Streitmacht aufgestellt. Aber er traut seinen Verbündeten offenbar nicht.“

„Warum?“

„Keine Ahnung. Von Natur aus misstrauisch, vermute ich.“

„Mhm.“

„Pass auf Kakarott, wir müssen vorsichtig sein. Die ganzen Fürsten, die hier das sagen haben und zu denen auch ich gehöre, sind sich alles andere als wohlgesonnen. Ständig streiten sie, sind sich uneins und drohen damit den anderen in den Rücken zu fallen, wenn sie nicht bekommen, was sie wollen.“

Goku schwieg, versuchte zu verstehen, was Vegeta ihm sagen wollte. Dessen eigener Verstand konnte sich keinen Reim darauf machen, aber der seiner Märchenfigur schon. Er spürte, wie er sich in ihm anspannte, wie sein Körper begann Adrenalin auszuschütten. „Und du, musst besonders aufpassen, Kakarott?“

„Wieso ich?“

„Weil du ihnen ein Dorn im Auge bist?“

„Ich?! Aber warum denn?“

„Du bist ein normaler Heerführer, eigentlich ein bürgerlicher, einfach nur ein Soldat.“

„Und warum bin ich ihnen dann ein Dorn im Auge?“

„Weil die normalen Soldaten dich deswegen bewundern. Du bist für sie ein Held. Jemand aus ihren Reihen, der die Herrscher übertrumpft und das stört sie.“

„Ist ja fast wie bei uns beiden.“
 

Stille.
 

„Vegeta?“ War das Zähne knirschen, welches Goku da hörte? „Ve...geta?“

„Was?!“, fauchte jener etwas zu laut und prompt bekamen beide eine Antwort, die sie erschrocken zum Zelteingang herumfahren ließen.

„Achilles? Darf ich eintreten?“ Es war die Stimme eines Mannes. Eine Stimme, die in Son Goku ein seltsames Glücksgefühl entstehen ließ.

Vegeta sprang vom Lager auf, straffte augenblicklich seine Gestalt, was den Eintretenden erstarren ließ. Er hob die kleine Kerze in seiner Hand und versuchte das dunkle Zelt ein wenig zu erleuchten. Man sah es dem Ausdruck im Gesicht des Mannes deutlich an, dass die Tatsache Son Goku, und damit Achilles, in den späten Abendstunden nicht alleine anzutreffen, völlig aus der Bahn warf. Er hatte himmelblaue Augen und schulterlanges, hellbraunes Haar und ein Gesicht, das anziehender nicht hätte sein können.

„Fürst Odysseus…?“, war alles, was der junge Mann mit aufgerissenen Augen über die Lippen brachte.

„Und du bist…?“, erwiderte dieser mit finsterem Blick.

„Mein Name ist Patroklos, verehrter Fürst.“ Seine Augen huschten zu Goku. „Störe ich?“ Und als ob ihm gerade etwas eingefallen war, fügte er schnell hinzu: „Mein Herr?“

Vegetas Augen verengten sich skeptisch. Er spürte zwar nicht wirklich eine Gefahr von diesem Mann ausgehen, dennoch wurde er das Gefühl nicht los, dass er eine gewisse Feindseligkeit ihm gegenüber ausstrahlte.

Die Gefühle, die hingegen Goku gerade durchströmten, nahmen Überhand und ließen ihn unaufmerksam werden. „Nein, wir waren gerade fertig.“, lächelte er den Fremden und doch irgendwie vertrauten Mann an.

Vegetas Gesicht ruckte zu ihm, er wollte protestieren, doch etwas hielt ihn zurück als er das Leuchten in den Augen des Jüngeren wahrnahm. War dies ein Augenblick in der Geschichte, der … der für Kakarott bestimmt war? Zähneknirschend verschränkte er seine Arme. „Vergiss nicht, was wir besprochen haben.“, knurrte er und drängte sich an dem fremden Mann vorbei ins Freie.
 

Kaum waren die Planen des Zeltes wieder verschlossen, stellte Patroklos die Kerze in einer kleinen Tonschale ab. Dann wandte er sich Son Goku zu und strahlte über das ganze Gesicht. „Ihr wart heute unbeschreiblich.“, meinte er und ließ sich vertraut neben ihm auf seinem Lager nieder.

Sich verlegen über den Nacken streichend, erwiderte Son Goku: „Ach, das war doch nichts Besonderes.“

„Seit wann so bescheiden?“, meinte Patroklos, beugte sich zu ihm und strich ihm sanft mit der Rückseite seine Hand über die Wange. Gokus Augen wurden groß. Diese Berührung, diese Nähe, der Blick dieses Mannes im tanzenden Licht der brennenden Fackel, all das ließ sein Blut in Wallung geraten, sein Herz schneller schlagen und jagte eine Gänsehaut über seinen Rücken. Was war das denn?

„Also…ähm…“, begann er zu stottern und wandte schnell seinen Blick von diesen verführerischen blauen Augen ab. „Der Sieg heute war nicht nur mein Verdienst. Vege…Odysseus hat viel dazu beigetragen und, ähm…“

„Ihr haltet viel von diesem Mann, nicht wahr?“

Gokus Kopf zuckte zurück und plötzlich waren ihm all die Gedanken, die er sich vorhin so intensiv über Vegeta gemacht hatte, wieder präsent. „Ja.“, erwiderte er schlicht und mit völliger Überzeugung. „Ja, das tue ich.“ Und irgendwo tief in sich, wusste er, dass es wahr war, dass er es wirklich tat und auch so meinte. Ob er nun die Vergangenheit dieses sturen Saiyajin kannte oder nicht, ob er ihm nun in ihrem echten Leben folgen würde oder nicht, ob er ihn nun manchmal einfach nicht verstand oder ihn hin und wieder am liebsten einfach zum Mond schießen wollte, wenn er seine verbohrte und unnachgiebige Haltung an den Tag legte, so akzeptierte er ihn dennoch als wichtigen Teil seiner Gruppe, als Teil seines Lebens.

„Was wollte er denn so spät noch bei Euch?“, fragte der jüngere Mann durch seine Gedanken hindurch und drehte ihm seinen in feine Stoffe gehüllten Oberkörper zu. Mit der Hand, die Son Goku eben noch über die Wange gestrichen hatte, stützte er sich hinter diesem ab und legte seine andere behutsam auf Gokus Oberschenkel. Dieser zuckte zusammen, starrte an sich hinab auf die Hand, die sich plötzlich fordernd seiner Mitte annäherte. Oh um Dendes Willen, was sollte das denn jetzt werden?!

Sein Kopf hob sich mit großen Augen um Patroklos anzusehen, der seinem Gesicht gefährlich nahegekommen war. „Nicht, dass es mich etwas anginge, aber, wenn ein anderer des Nachts bei Euch ist, hab ich durchaus ein Wort mitzureden…“, hauchte der Schönling mit tiefer Stimme und presste im nächsten Atemzug seine Lippen auf Son Gokus.
 

In der Zwischenzeit hatte sich Vegeta einige Schritte vom Zelt entfernt und blickte sich um. Es war ruhig geworden, die Feuer waren beinahe erloschen und die Glut der verbrannten Holzscheite spendete nur noch wenig Licht. In den meisten Zelte war es dunkel, eigentlich in allen, die rund um Kakarotts errichtet waren. Er versuchte sich zu orientieren, überlegte, in welcher Richtung sich sein eigenes Zelt befand, da ertappte er sich, wie sich automatisch sein Blick zurück auf das erleuchtete Zelt Kakarotts heftete. Warum … warum kam um diese Zeit noch jemand zu ihm? Gehörte er zu Kakarotts Männern? Oder vielleicht doch zu Agamemnons? Was, wenn, wenn ihm seine Instinkte doch keinen Streich gespielt hatten, und der König, oder auch ein anderer dieser jämmerlichen Fürsten, jemanden zu diesem Achilles geschickt hatte, um sich ihm zu entledigen? Diese Männer waren doch alle nur auf ihren Reichtum, den sie sich mit diesem Krieg zu vermehren erhofften, aus. Die Beute, die ihnen ein Sieg über die Trojer einbringen würde, würde zwischen den Fürsten und unter allen Kriegsherrn aufgeteilt werden, allerdings entsprechend ihrer Verdienste und der ihrer zugehörigen Soldaten. Und offensichtlich überschatteten die Taten des Kriegsherrn Achilles die aller anderen. Dies war etwas, dass sich Vegeta heute auch erschlossen hatte und was er Kakarott eigentlich hatte sagen wollen, dass Achilles in diesem Heer nach all dem auch noch eine Sonderstellung einnahm. Denn er gehorchte scheinbar keinem ihm überstellten Fürsten, wie Vegeta einer war. Er hatte sich des seinen entsagt und weigerte sich direkte Befehle vom König selbst entgegenzunehmen. War also sein eigener Herr. Verdammt, Kakarott musste wirklich aufpassen!

Vegeta hatte nicht nur einmal miterlebt, wie sich Freezer einer seiner Männer entledigt hatte, nur weil ihm dieser nicht zu Gesicht gestanden hatte. Dabei hatte er sich allerdings nur selten selber die Hände schmutzig gemacht.

Verdammt, ärgerte sich Vegeta, wieso hatte er nicht besser darauf geachtet, ob dieser Kerl einen Dolch oder irgendetwas dergleichen bei sich getragen hatte! Kakarott würde so eine Falle garantiert nicht wittern!
 

Seinem Instinkt folgend, huschte er lautlos zurück. Eine Hand um den Griff seines Schwertes legend, schob er vorsichtig den Stoff des Zelteingangs zur Seite, blickte hinein und … erstarrte.
 

Son Goku lag rücklings auf seinem Lager, seine Hände krallten sich in die Felle und dieser unbekannte Schönling lag halb auf ihm. Erst dachte Vegeta, dass der Kerl Kakarott gerade an die Kehle ging. Er zog hektisch die Stoffbahnen des Zelteingangs auf und trat einen Schritt herein, da erkannte er im fahlen Licht der Kerze, dass … dass dem nicht so war. Seine Augen wurden groß, groß wie Unterteller. Er riss sie mindestens genauso weit auf wie es Son Goku gerade tat.
 

Dieser war zurückgewichen als Patroklos ihn einfach geküsst hatte, doch jener hatte sich davon nicht abhalten lassen ihn auf die Laken zu drücken und erneut seine Lippen auf die seinen zu pressen. Son Goku war so irritiert gewesen, hatte den Jüngeren eigentlich von sich stoßen wollen, doch etwas in ihm, seine Figur, kämpfte gegen seine Instinkte an. Es wollte Patroklos Kuss einfach nur erwidern. Die Gefühle, die auf ihn einprasselten, durchbohrten ihn wie ein brennender Pfeilhagel. Er, oder wohl eher Achilles, wollte die Anstrengungen dieses Tages vergessen. Patroklos, dessen war sich Son Goku mittlerweile mehr als bewusst, gehörte zu ihm, zu Achilles. Seine Figur, oder auch er selbst, dass konnte er beim besten Willen nicht mehr wirklich feststellen, wollte sich diesem Mann hingeben. Goku spürte, dass dies schlicht und ergreifend die Belohnung seiner heutigen Taten werden sollte. Doch da war dieser andere Teil in ihm, der vollkommen überfordert mit dieser Situation, mit diesen Gefühlen, war.

Denn was sich da in ihm auszubreiten begann, überwältigte ihn regelrecht. Dieses Kribbeln, das seinen ganzen Körper durchzog, diese Lust, die sich in seinem Zentrum sammelte und die er beim besten Willen nicht unterdrücken konnte. Seine Finger krallten sich fester in sein Lager als sich Patroklos Lippen fordernd bewegten und seine Zunge um Einlass bat. Sein Herz hämmerte wild in seiner Brust, seine Augen weiteten sich noch mehr als sich die Hand des Mannes in seinen Schritt legte und fordernd sein mittlerweile pochendes Glied umschloss. Seinen Lippen entkam ein keuchendes Stöhnen, das Patroklos ausnutzte, um seine Zunge zwischen Gokus Lippen zu schieben. Elektrisierende Impulse jagten augenblicklich durch seinen Körper. Ja, er wollte das. Er … brauchte das. Jetzt. Seine Augenlider senkten sich, eine seiner Hände löste sich von den Fellen und legte sich auf Patroklos Wange. Mit halb geschlossenen Augen begann er den Kuss zu erwidern.
 

Dieses … dieses Bild … das … scheiße verdammt! Das würde er, Vegeta, nie wieder aus seinem Kopf kriegen!! So schnell er konnte, drehte er sich um und suchte hektisch nach der Stoffbahne, die er zur Seite schieben musste, um wieder aus dem Zelt flüchten zu können. Von diesem Rascheln jedoch erschreckt, zuckte Patroklos zusammen und schnellte hoch.

Als die Lippen und die Hand von Son Goku verschwanden, holte jener zum ersten Mal Luft seit ihn der junge Mann geküsst hatte. Dass er sie angehalten hatte, wurde ihm erst jetzt bewusst. Irritiert sah er zu ihm und folgte dessen verwirrten Blick zum Zelteingang. Dann wurden Son Gokus Augen erneut sehr groß.
 

„Ve…geta?“

„Fürst…Odysseus?“, ertönte es gleichzeitig in dem Zelt.

„Verdammt.“, knurrte der Angesprochene. Gerade hatte er den Ausgang gefunden gehabt. Er drehte sich wieder um und begegnete den großen Augen der beiden Männer. Son Goku schluckte, setzte sich ruckartig auf und lief sofort dunkelrot an. Als ob sich Achilles in ihm mit einem Mal verflüchtigt hätte, wurde ihm mit Schrecken klar, dass Vegeta ihn gerade dabei gesehen hatte wie er, na ja, wie er eben, wie er, ach verdammt, wie er eben etwas gemacht hatte, bei dem niemand erwischt werden wollte! Dass sich das Gesicht von Patroklos mit fragendem und misstrauischem Blick auf ihn gerichtet hatte, bekam er gar nicht mit. Seine Augen hafteten einzig und allein auf Vegeta. Was dieser jetzt wohl denken mochte?

„Ich…das…das ist nicht das wonach es…also…aussieht.“, stotterte er nervös.

Skeptisch zog sich eine von Vegetas Augenbrauen nach oben. „Ach ja? Sah ganz so aus als hätte ich euch gerade bei etwas gestört.“

„N…nein, nein!“, meinte Son Goku mit viel zu hoher Stimme. Den Augenblick nutzend, da er wieder Herr seiner Sinne war, fügte er schnell hinzu: „Patro…klos wollte gerade gehen.“

„Was…? Ist das Euer Ernst?“, fragte dieser irritiert, doch Son Goku wagte es weder dem jungen Mann noch einmal sein Gesicht zuzuwenden, noch etwas darauf zu erwidern.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der Patroklos Augen auf Achilles geruht und er auf eine Antwort gewartet hatte, hörte Goku ein leises, wütendes Zischen. Danach erhob sich der Schönling von seinem Lager, schnappte sich auf dem Weg zum Zeltausgang seine mitgebrachte Kerze und steuerte auf Vegeta zu. Dieser trat schlicht einen Schritt zur Seite, ohne Patroklos eines Blickes zu würdigen. Seine Augen lagen weiterhin nur auf Kakarott. Doch als Patroklos den Stoff zur Seite zog, hielt er inne und fixierte den kleineren Saiyajin solange bis dieser ihm endlich sein Gesicht zuwandte. Für den Bruchteil einer Sekunde aktivierten sich alle Instinkte in Vegeta als ihn die hasserfüllten Augen des Griechen ansahen. Vegeta straffte seine Gestalt, hob sein Kinn und begegnete dem jungen Mann mit einer Ausstrahlung, die Patroklos im wahrsten Sinne des Wortes den Schwanz einziehen und das Zelt ohne ein weiteres Wort verlassen ließ.
 

„Puuh.“ Goku strich sich erleichtert über seinen Nacken nachdem es wieder dunkel im Zelt geworden war. „Das war eigenartig. Zum Glück bist du zurückgekommen. Warum eigentlich, Vegeta?“, fragte er in die Richtung, in der er den Älteren vermutete, denn ob sich dieser bewegt hatte, konnte er nicht sagen. Er hoffte aber inständig, da Vegeta gerne und schnell zum Punkt kam, dass ihn diese Frage von dem was gerade passiert war, ablenken würde.

„War nur so ein Gefühl.“, kam es leise aus der Dunkelheit.

„Ein Gefühl?“

„Gefühl, Instinkt, nenn es wie du willst.“

„Und was für ein Instinkt?“

„Dass du in der Klemme steckst.“

„Oh, tja…ähm, also ich denke, damit hattest du schon irgendwie recht.“ Verlegen wandte er den Blick ab. Auch wenn es dunkel war, er hatte das Gefühl Vegeta nicht ansehen zu können, nicht mal seine Silhouette.

„Sah mir nicht danach aus.“

Son Gokus Augen huschten zurück. „Sah es nicht?“

„Nein.“

„Und wonach sah es für dich aus?“

„Das werde ich jetzt nicht aussprechen.“

„Warum?“

„Warum!?“, zischte Vegeta aufgebracht und endlich kam Bewegung in seinen bis eben erstarrten Körper. „Warum?! Ist das dein Ernst?!“

„Ich würde doch sonst nicht fragen.“
 

Die Augenbraue des Älteren zuckte und er hatte schon die ersten Schritte in Richtung seines Artgenossen gemacht, um ihm an die Gurgel zu gehen, oder ihm zumindest eine zu verpassen, doch da beruhigte sich sein aufgebrachtes Gemüt und er hielt inne. Vielleicht lag es an dem kühlen und berechnenden Verstand von seiner Figur Odysseus, dass er sich so schnell beruhigte, oder er hatte einen Punkt erreicht, an welchem er sich an Kakarotts irritierende und naive Fragen und Ansichten gewöhnt hatte und sie ihn nicht mehr so sehr überraschten, wie noch vor diesen ganzen Geschichten. Wie dem auch war, sein kurzer Ausbruch hatte ihn nur direkt vor das Lager des anderen gebracht, wo er nun stand und auf ihn herabsah. Der Jüngere indes war ein Stück auf jenem zurückgerutscht und starrte verwirrt zu ihm auf.

„Kakarott, ich fasse es nicht, dass ich dir diese Frage nun tatsächlich stelle. Aber wie, bei allen Kräften dieses Universums, hast du es geschafft Kinder zu zeugen?“

Son Goku blinzelte. „Was hat das denn jetzt damit zu tun?“
 

Nun blinzelte Vegeta, machte den Mund auf und wieder zu, atmete tief ein, wieder aus und ließ sich mit einem ernüchternden Seufzen neben Son Goku auf dessen Lager fallen. Das Gesicht in seinen Händen vergraben. „Nichts.“

„Und warum hast du es dann gefragt?“

„Geistiger Aussetzer.“

„Also willst du es gar nicht wissen?“

„Nein!“

„Ah, gut. Ich weiß nämlich nicht, ob es Chichi gefallen hätte, wenn ich dir das erzählt hätte.“
 

Stille.
 

Und dann, ganz unverhofft und ganz leise, erklang im Zelt von Achilles etwas, womit dessen aktueller Besitzer niemals gerechnet hätte. Ein zutiefst ehrliches und eindeutig amüsiertes, von Herzen kommendes Lachen, welches anhielt, und erst nach einer kleinen Ewigkeit verstummte. Danach kehrte wieder Stille in dem Zelt ein, eine Stille, die sich warm anfühlte und die man nur ungern durchbrach, so als hätten sich die Beteiligten dieser Stille alles gesagt, was es zu sagen gab und würden nun nur noch das Beisammensein genießen. Ungewohnter weise war es Vegeta, der diese Stille brach.
 

„Ich hätte es niemals für möglich gehalten, dass wir dieses Gespräch jemals miteinander führen, Kakarott.“

Son Goku, der immer noch auf eine eigenartige Weise berührt von diesem ungewohnten Lachen Vegetas war, sah fragend zu ihm. „Welches Gespräch?“

„Das, was wir gerade angefangen haben zu führen.“

„Übers Kinder zeugen?“

„Über das, was wir mit unseren Frauen machen. Über das, was dieser Kerl mit dir beinah gemacht hat.“

Son Goku spürte wie ihm warm im Gesicht wurde und sich sein Unterleib zusammenzog. Er räusperte sich. „Es kam sehr überraschend.“

„Hat man gesehen. Deine Augen waren so groß wie Unterteller.“

„Deine doch auch!“, rechtfertigte sich der Jüngere mit leichter Empörung in der Stimme. „Ich hab ihn nicht dazu aufgefordert!“

„Dazu braucht ein Mann in einem Feldlager auch keine Aufforderung.“

„Was...willst du denn damit sagen?“

„Dass so etwas zu einem Feldzug dazugehört, wie der Schweif zu einem Saiyajin.“

„Dann, hast du so etwas auch schon erlebt?“, fragte Goku zögerlich.
 

Irgendwie war das seltsam. Er hatte den Älteren noch nie so ruhig und offen erlebt. Vielleicht lag es daran, dass er hier in dieser Geschichte in eine Rolle geschlüpft war, welche er wohl auch in der echten Welt innegehabt hatte, oder vielleicht, nein mit Sicherheit, sie sich in einer Situation befanden, welche Vegeta nicht fremd war. Vielleicht lag es aber auch an ihren beiden Rollen, die sehr offensichtlich über alle Ränge und Standesunterschiede hinweg Freunde oder zumindest innerhalb dieses zersplitterten Heeres Verbündete zu sein schienen, auch etwas, was diese Geschichte mit der Realität gemein hatte.

Son Goku wusste nicht was es davon war, oder ob es alles zusammen war, aber er wollte mehr wissen, mehr erfahren, die Chance nutzen, um vielleicht endlich einige der Fragen, die ihm seit einiger Zeit nicht mehr aus dem Kopf gingen, beantwortet zu bekommen. Und er traute seinen Ohren kaum, als auch genau dies, mit Vegetas Antwort, zu geschehen schien.
 

„Natürlich. Bei jedem von Freezers Feldzügen. Immer wenn wir in einer größeren Gruppe zu einem Planeten aufbrachen, oder Freezer gar eine ganze Division ausschickte.“

„Und warum passiert das?“ Son Goku konnte in der Dunkelheit des Zeltes spüren, wie sich Vegeta auf seinem Lager aus Fellen und Decken bewegte. Er stellte sich vor, der Ältere würde ihn ansehen, sich vielleicht auch zu ihm gedreht haben.

„Sag mal, was hast du bisher nach deinen gewonnenen Kämpfen getrieben, Kakarott?“

„Wie meinst du das?“

„Was du gemacht hast, will ich wissen.“

„Oh, ähm...meistens war ich so schwer verletzt, dass ich mich von meinen Wunden erholen musste.“

Vegeta hob eine Braue, was der Jüngere in der Dunkelheit natürlich nicht sehen konnte. „Dir ging es nach keinem deiner Kämpfe gut?“

„Nein, das heißt…“, Goku grübelte. „Mein aller erster großer Kampf, als ich noch ein Kind war...“

Vegeta unterbrach ihn. „Fang mal ein bisschen später an.“

„Später?“

„Ja.“

„Wann denn?“

„Sagen wir, als du ein junger Erwachsener warst.“

„Dann wäre das mein Kampf gegen Piccolo gewesen, da hatte ich keinen heilen Knochen mehr im Leib.“

„Keinen?“

„Nein.“

„Und danach?“

„Kamst du.“

„Danach gings dir auch ziemlich beschissen.“, grinste Vegeta.

„Danach gings uns beiden ziemlich beschissen.“, verbesserte ihn Son Goku.

„Stimmt. Dann kam Namek, oder? Also Freezer.“

„Ja.“

„Da bist du auf Yadrat gesund gepflegt worden. Also gings dir da auch nicht gut.“

„Richtig. Dann die Cell Spiele.“

„Da bist du gestorben.“

„Ja.“

„Danach kann also auch nichts passiert sein. Oder hast du im Jenseits...?“

Son Goku konnte spüren, dass Vegeta ihn mit gehobener Braue fragend anstarrte. „Habe ich im Jenseits...was?“

„Du weißt schon, Dampf abgelassen nach dem Kampf? Dich mit jemandem vergnügt? Das gemacht, was dieser Patroklos mit dir gemacht hat?“

„Nein! Ich habe mit Meister Kaio und Enma Daio den Kampf von Son Gohan und Cell verfolgt.“

Vegeta seufzte. „Gott, ihr seid alle so langweilig.“

„Was meinst du jetzt damit?“

„Egal, kommen wir zu Boo. Nach dem Kampf ging es dir doch gut. Immerhin war ich da dabei. Was hast du danach gemacht?“

„Na, das weißt du doch. Wir sind zusammen zurück zur Erde teleportiert und zu unseren Familien gegangen.“

„Und danach?“

„Sind wir nach Hause.“

„Und dann?“

„Haben wir gegessen.“

„Weiter. Was noch?“

„Ich war im Badefass.“

„Was hat Chichi gemacht?“

„Geschirr gespült.“

„Und als sie damit fertig war?“

„Kam sie zu mir nach draußen.“

„Und hat was gemacht?“

„Ist zu mir ins Fass gestiegen.“

„Und daaa...ist dann was passiert?“
 

Stille.

Eine lange Stille.

Eine sehr lange Stille …
 

Dann ein Räuspern, ein Schlucken, eine Bewegung neben Vegeta, das Ansetzen um einen Satz zu sagen, ein sich Verhaspeln und schlussendlich abermals ein Räuspern. „Also, du willst damit sagen, dass man nach einem Kampf, wenn es einem gut geht, das Verlangen danach hat?“

„Nicht nur nach einem Kampf.“

„Sondern?“

„Auch davor.“

„Ach ja? Warum?“

„Weil man nach dem Kampf tot sein könnte und nicht alle sich den Luxus von Dragonballs leisten können. Selbst dir dürfte bekannt sein, dass auf den meisten Planeten tot auch wirklich tot bedeutet. Also amüsiert man sich davor noch und danach, wenn man es überlebt hat.“

„Verstehe. Also…hast du dich auch...amüsiert?“

„Sicher.“

„Oft?“

„Wer zählt schon.“

„Hattest du denn jemanden?“

„Jemanden? Willst du gerade wissen, ob ich so etwas wie eine Beziehung hatte?“

„Ja?“

Vegeta öffnete amüsiert seinen Mund, wollte schon auf die Frage antworten, doch er hielt sich im letzten Augenblick zurück. Das angedeutete Lächeln verschwand und für den Bruchteil einer Sekunde überlegte er, wie viel er tatsächlich über sich Preis geben wollte. Schließlich beschloss er, dass er bereits mehr als genug von sich gegeben hatte und erwiderte: „Das geht dich nichts an, Kakarott.“ Allerdings war sein Tonfall weder harsch, noch abweisend, aber dennoch bestimmt.

„Mh…“, erwiderte Goku nachdenklich und senkte seinen Blick. Er war wohl einen Schritt zu weit gegangen, doch er wollte auch nicht, dass ihr Gespräch nun endete, jetzt da es endlich soweit war, dass Vegeta etwas von sich erzählte. Außerdem wollte er ebenso nicht, dass der Ältere gleich wieder verschwand. Ob das dem geschuldet war, was er vorhin erlebt hatte und er sich einfach sicherer fühlte solange Vegeta bei ihm blieb, oder ob es etwas anderes war, konnte er nicht sagen. Also versuchte er ihr Thema auf andere Art zu vertiefen. „Wie ist es denn jetzt? Geht’s dir hier auch so?“

„Inwiefern?“

„Naja, wir haben schließlich einen ziemlich anstrengenden Kampf hinter uns. Ich weiß ja nicht wie es bei dir war, aber ich habe heute einige sterben sehen. Auch mich hätte es beinahe erwischt.“

„Und weiter?“

„Naja, dieser…dieser Drang sich zu…ähm …zu amüsieren, der war vorhin echt groß.“

„War nicht zu übersehen.“

„Und dieser Patroklos…“, begann Goku mit einem dezenten Rotschimmer auf den Wangen, den Vegeta in der Dunkelheit natürlich nicht sehen konnte.

„Was ist mit dem?“

„Das, war ein Mann.“

„Tja, auf einem Feldzug, einem Krieg, oder was auch immer, mangelt es eben an Frauen. Im Gegensatz zu uns Saiyajins gibt es bei den meisten Völkern nur selten Kriegerinnen. Für gewöhnlich sind die Frauen anderer Spezies mit der Wundversorgung, dem Kochen oder anderen unterstützenden Tätigkeiten befasst, wenn überhaupt.“

„Mh…sagtest du nicht, dass…dass du dich oft vor und nach deinen Kämpfen amüsiert hast?“

Vegeta riss seine Augen auf. „…ja?“

„Waren denn in Freezers Armee Frauen? Ich kann mich nicht erinnern auf Namek welche gesehen zu haben.“

„Weil du auf Namek auch nur Freezers stärksten Untergebenen begegnet bist.“

„Dann, gab es Frauen?“

„Sag mal, Kakarott…“ Aus einem unerfindlichen Grund schwang plötzlich etwas Bedrohliches in Vegetas Stimme mit, was sich mit dessen nächster Aussage auch prompt bestätigte. „Willst du mit deiner Fragerei irgendwas andeuten?!“

„W…was?“

„Ich bin kein Idiot, du Vollochse! Wenn du wissen willst, ob ich mich auch mit anderen Kerlen amüsiert hab, dann frag doch!“
 

Eine seltsam angespannte Stille entstand zwischen ihnen, die Goku jedoch alsbald mit seiner zögerlichen Frage durchbrach. „…hast du?“
 

„ICH GLAUB ES HAKT BEI DIR! DAS GEHT DICH EINEN VERDAMMTEN SCHEISSDRECK AN!“

„Hey! Du hast doch gesagt, dass ich fragen soll!“, verteidigte sich der Jüngere der beiden schmollend und verschränkte seine Arme vor der Brust.

„Tz!“, zischte Vegeta daraufhin. „Als ob ich dir irgendetwas über mein Liebesleben erzählen würde!“

Seine Arme enger um seine Brust ziehend, rutschte Son Goku heraus: „Du erzählst mir ja auch sonst nichts über dich.“

„Warum sollte ich auch?! Erstens geht es dich nichts an, zweitens hat dich mein Leben nicht zu interessieren und drittens, drittens…hat es dich bisher auch nicht die Bohne interessiert!“

„Aber vielleicht tut es das ja jetzt?“, konterte Goku sogleich.

„Und wieso auf einmal?!“

„Einfach so!“

„Wow, Kakarott.“, meinte Vegeta darauf sarkastisch, „Na, wenn das so ist, dann fange ich doch am besten sofort an, dir alles über mich zu erzählen! Soll ich mit meiner Kindheit starten?! Wie die wenigen Jahre waren, die ich auf unserem Heimatplaneten unter der Herrschaft von Freezers Vater verbringen durfte?!“

„Freezers Vater?“, fragte Goku blinzelnd.

„Ja, Vater! Oder hast du geglaubt, dass unser Volk von einem Kind versklavt worden ist?!“

„Wieso denn Kind?“

Vegeta verdrehte seine Augen, klatschte sich eine Hand ins Gesicht und ließ sie langsam nach unten gleiten. „Du weißt schon, dass Freezer in unserem Alter ist, oder?! Also…war.“

„Nein? Woher denn auch? Wie alt er ist, hat mich bei unserem Kampf auf Leben und Tod am allerwenigsten interessiert!“

Nun war es Vegeta, der blinzelte. „…auch wieder wahr.“, erwiderte er schließlich und atmete einmal tief durch. Ob er es nun wollte oder nicht, aber dieses Gespräch weckte schon wieder Erinnerungen in ihm aus längst vergangenen Zeiten. Erinnerungen, die er beinahe vergessen oder einfach verdrängt hatte. Und jetzt, hier, und in Anbetracht der letzten Jahre, kamen ihm diese Zeiten beinahe fremd vor. Als wäre es ein anderes Leben gewesen, jedoch auch ein Leben, das ihn zu dem gemacht hatte, der er heute war.

„Wie auch immer.“, seufzte er resigniert. „Ich hab jedenfalls nicht das Bedürfnis dich als meinen Seelenklempner zu engagieren.“

„Das will ich doch auch gar nicht sein.“

„Gut.“

„Ich…“, setzte Son Goku an, unterbrach sich jedoch gleich wieder. Er war sich nicht sicher, ob das, was er sagen wollte, die plötzlich so angespannte Situation zwischen ihnen nicht noch weiter verschlimmern würde.

„…jetzt spuck es schon aus!“, forderte Vegeta ungeduldig.

„Es…es interessiert mich einfach.“

Eine Augenbraue des Prinzen hob sich skeptisch nach oben. „…ernsthaft?“

„Denke schon.“

„Du denkst?!“

„Mir ist einfach klar geworden, dass ich so gut wie nichts über deine Vergangenheit weiß.“

„Und weiter?!“

„Das würde ich gern ändern.“

Für eine Sekunde war Vegeta tatsächlich erstaunt und fragte sich für einen kurzen Augenblick, ob er dem letzten seiner Art diesen Gefallen tun sollte, doch schon im nächsten Atemzug sträubte sich alles in ihm dagegen. Warum sollte er ausgerechnet Kakarott, ausgerechnet diesem ihm aufgezwungenen Idioten, auch nur ein Sterbenswörtchen mehr als er es ohnehin schon getan hatte, anvertrauen?

„Tja, ich aber nicht.“

Nun war es Son Goku, der resigniert seufzte. „War klar.“

„Dann hätten wir das ja geklärt.“, beendete Vegeta das Gespräch.
 

Es wurde erneut still zwischen ihnen. Minuten verstrichen, in denen jeder von ihnen seinen eigenen Gedanken nachhing. Die des Prinzen waren dort, wo Kakarott sie mit seinen bescheuerten Fragen und Andeutungen hingetrieben hatte. Bei den dreißig Jahren, die er erlebt hatte, bevor dieser verdammte Saiyajin in sein Leben getreten war. Dreißig Jahre, in denen er einen großen Teil seiner Lebenszeit in einer engen Raumkapsel auf dem Weg zu irgendwelchen zu erobernden Planenten gänzlich allein verbracht hatte.

Seine Augen huschten zu der Silhouette neben sich. Ja, Kakarott hatte sein damaliges Leben gänzlich auf den Kopf gestellt. Hätte sich dieser Vollidiot als Kind nicht den Kopf gestoßen und alles vergessen, wäre er nicht so gutherzig geworden, wäre er dann auch in sein Leben getreten und hätte es verändert? Würde er selbst dann immer noch unter Freezers Herrschaft dienen? Einem Freezer, der es geschafft hätte, sich von den Dragonballs Untersterblichkeit zu wünschen? Hätte Freezer überhaupt jemals von den magischen Kugeln erfahren? Wo wäre Kakarott heute? Wäre er nach der Eroberung der Erde mitsamt den übrigen Saiyajin und ihrem Heimatplaneten gestorben?

Als sich Vegeta die letzte Frage einfach selbst mit einem Ja beantwortete, wandte er sich wieder von dem Jüngeren ab. Was brachte es denn, sich über das was wäre, wenn … Gedanken zu machen. Das war doch auch sonst nie seine Art. Dämlicher Kakarott!
 

Son Goku hingegen ärgerte sich über sich selbst und hatte das Gefühl anstatt sich Vegeta einen Schritt angenähert zu haben, diesen noch weiter von sich gejagt und seine Chance, mehr über ihn zu erfahren, ein für alle Mal zerstört zu haben. Wieso hatte er auch nicht einfach seine Klappe halten können?! Als er dann auch noch das Rascheln der Decken und Felle neben sich vernahm und sah, dass sich Vegeta von seinem Lager erhob, verkrampfte sich etwas in ihm und ehe er es sich versah, sprudelten die Worte schon aus ihm heraus. „Nicht! Geh nicht, Vegeta!“

Irritiert hielt der Saiyajinprinz in seiner Bewegung inne und blickte auf Son Goku hinab. „Wie bitte?“

„Bleib.“

„Wieso sollte ich?“

„Ich…das…es…es ist so ein Gefühl…“

„Wärst du so freundlich und würdest das mal präzisieren, Kakarott?!“, erwiderte Vegeta genervt.

„Ich hab…einfach das Gefühl, dass du jetzt nicht gehen solltest.“

„Von…deiner Figur?“

„Möglich.“

„Na großartig…“ Seufzend ließ sich der Ältere wieder auf das Lager fallen, lehnte sich zurück und verschränkte seine Arme. „Hast du eigentlich eine Ahnung wie spät es ist?“

„Dürfte mitten in der Nacht sein.“, überlegte Son Goku kurzerhand.

„Ja, ganz genau. Und weißt du, was das bedeutet?“

„Was denn?“

„Dass wir längst schlafen sollten! Hast du überhaupt eine Vorstellung was es heißen kann einen Kampf unausgeschlafen zu bestreiten?“

„Ähm, nicht wirklich.“

„Dachte ich mir. Hab nicht nur einmal erlebt, dass ein Idiot deswegen draufgegangen ist.“

Für einen kurzen Moment musste Son Goku lächeln. Ob Vegeta das nun unabsichtlich gesagt hatte oder nicht, aber es war ihm schon wieder eine Kleinigkeit seiner Vergangenheit herausgerutscht. Vielleicht … vielleicht war ja doch nicht alles verloren. „Tja, womit wir wieder beim Thema wären.“, meinte er schließlich lächelnd.

„Welches Thema denn?“, fragte Vegeta verwundert und blickte zu seinem Artgenossen.

„Dass man sich vor und nach einem Kampf amüsieren will, weil man nicht weiß, ob man den nächsten Abend noch erleben wird.“ Und schon kurz nachdem Son Goku diese Worte ausgesprochen hatte, machte sich eine merkwürdige Ahnung in ihm breit. Er konnte nicht genau sagen, was es war, nur, dass es mit Sicherheit von seiner Figur herrührte, die er um genau dieses Erlebnis gebracht hatte. „Sag mal, Vegeta, spürst du es auch? Diesen Drang sich jetzt zu...ich meine, es zu tun? Das, was du gesagt hast, was man halt in so einer Situation tut?“

Vegeta erstarrte augenblicklich. Dann wurde seine Kehle trocken und sein Herzschlag begann sich unwillkürlich zu beschleunigen. Er schluckte, leckte sich über die Lippen. Hatte Kakarott ihm gerade gesagt, dass er sich immer noch … amüsieren wollte? Seine geweiteten Augen ruhten auf den Umrissen des Jüngeren und er meinte zu erkennen, dass dessen Blick auch auf ihm haftete.

„Und was, wenn ich es tue? Was, wenn ich mich jetzt und hier amüsieren wollen würde?“, hörte sich Vegeta selbst fragen. Doch gleich nachdem er diese Anspielung von sich gegeben hatte, blinzelte er irritiert. Waren das gerade seine eigenen Worte gewesen oder jene des Odysseus?

„Naja, ich…könnte es verstehen.“, erwiderte Son Goku und spürte im selben Augenblick, dass es wieder da war, das, was er empfunden hatte, bevor Vegeta in sein Zelt getreten war.

„Tat…sächlich?“

„Ja. Dieser Drang in mir…“, begann Goku, immer leiser werdend, „…wird gerade immer…heftiger.“

„…dann willst du…?“

„Ja“, hauchte Goku kaum noch hörbar. Und da war es wieder. Das Zucken in seiner Mitte als würde sein Körper gerade die nächste Gelegenheit wittern, sich seine Belohnung für den heutigen Tag zu holen.

„Vielleicht solltest du dem Drang dann einfach nachgeben.“, erwiderte Vegeta und aus irgendeinem Grund hatte sich auch die Lautstärke seiner Stimme gesenkt. Was war das denn? Hatte er … hatte er gerade Kakarott aufgefordert …? Nein, nein … NEIN! Halt jetzt bloß den Mund, schrie eine immer leiser werdende Stimme in seinem Kopf. Als Son Goku jedoch erwiderte, dass er nichts dagegen hätte, verstummte diese. Sein Blick wurde glasig und mit einem Mal war er nicht mehr Herr über sich selbst. Konnte seine folgenden Worte weder wählen noch steuern.

„Dann nimm dir doch wonach es dir verlangt.“

„Egal was?“, flüsterte Goku wie von Sinnen.

Und mit tiefer Stimme antwortete Vegeta: „Egal wen.“

Man konnte es auf dem Lager rascheln hören. Die Felle neben dem Prinzen senkten sich. Kakarotts Silhouette näherte sich dem Kleineren, dessen Herz zu pochen begonnen hatte. Als Vegeta dann auch noch, nachdem sich Kakarotts Hand auf seinen Oberarm gelegt hatte, ein Zucken in seiner Lendengegend vernahm, kämpfte sich augenblicklich sein Verstand zurück an die Oberfläche. Er riss panisch seine Augen auf und schreckte zurück. Nein, er zuckte nicht nur zurück, er sprang regelrecht rückwärts und knallte Achilles die Faust ins Gesicht.
 

„Doch nicht mich, du Idiot!“, blaffte er Son Goku an.

„W…was? Ich…! Das…! Ich wollte doch nur…!“, stotterte Goku mit mindestens genauso überrascht aufgerissenen Augen und sich die blutende Nase haltend. Verdammt, er konnte gerade selbst nicht sagen, WAS er da gerade tun wollte!

„Lass ja deine Griffel bei dir!“, herrschte Vegeta ihn weiter an, bevor Kakarott noch in den Sinn kam ihm vorzuwerfen, dass er ihn doch gerade selbst so etwas wie aufgefordert hatte! Aber zur Hölle, hatte er das denn gerade wirklich tun wollen?!

Ohne seinen Artgenossen noch einmal zu Wort kommen zu lassen und ungeachtet dessen, dass Kakarott womöglich das Gefühl gehabt hatte, er sollte jetzt nicht gehen, stürmte Vegeta einfach aus dem Zelt. Dabei räumte er am Weg zum Ausgang mindestens einen Stuhl und, dem Scheppern nach zu urteilen, wohl auch einen Rüstungsständer um.

Kaum war er zurück an der frischen Luft hob er seinen Kopf an und nahm einige tiefe Atemzüge der Seeluft. Seine Augenbrauen waren tief in sein Gesicht gezogen, seine Hände zu zitternden Fäusten geballt. Leise zischte er dem Himmel entgegen: „Warte nur bis ich dich im Inhaltsverzeichnis erwische! Von wegen, alles, wonach es mich ersehnt, du...du verfluchte, dämliche, blöde, saudumme Göre! “ Während er das mit Sternen übersäte Firmament wütend anfunkelte, war es ihm beinahe so als hörte er Klothos leises Kichern durch die Nacht hallen. Was seine Laune nicht zwingend verbesserte.
 

Am nächsten Morgen, die Sonne war gerade erst über den Horizont gekrochen, saß der Prinz der Saiyajins mit dunklen Augenringen im Kreise seiner ihm unterstellten Kriegsherrn, die gerade die letzten Manöver für diesen Tag durchgingen. Er hörte nur mit einem Ohr zu, hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan und wenn er es doch getan hatte, war Kakarott mit halb geschlossenen Lidern, geöffnetem Mund und leise keuchend vor ihm aufgetaucht. Himmel Herrgott, verdammt nochmal! Dieser Idiot! Natürlich war Vegeta klar, dass auch Kakarott so etwas wie ein Liebesleben haben musste, immerhin hatte er zwei Söhne gezeugt, aber zur Hölle davon wollte ER doch nichts wissen! Und schon gar nichts mitbekommen! Und noch weniger wollte er sich ihn dabei vorstellen!! Und dann auch noch mit einem Kerl! Und was danach geschehen war, DARAN wollte er schon überhaupt nicht denken! Doch jetzt … jetzt konnte sein bescheuerter Verstand nichts anderes mehr tun! Verflucht! Dieses bescheuerte Angeama!
 

Er schüttelte seinen Kopf und rieb sich die müden Augen.

„Und wenn wir endlich einen Weg hinter diese Mauern finden würden, um Helena ein für alle Mal aus den Fängen der Trojaner zu befreien?“

Vegeta spitzte die Ohren. „Helena?“, fragte er mit nach oben gezogener Augenbraue.

Augenblicklich erntete er verwirrte Blicke. Verdammt. Das war wohl etwas, dass er hätte wissen sollen. Auch egal, jetzt hatte er schon gefragt. „Ja, Helena.“, wiederholte er also mit finsterer Miene.

„Na, Helena.“, antwortete einer seiner Fürsten, als müsste es Vegeta vollkommen klar sein, worüber er da gerade sprach. „Der Grund, warum wir seit zehn Jahren hier sind?“

„Willst du mir damit sagen, dass wir diesen Krieg führen, weil die Trojaner ne Frau geklaut haben?“

„Ähm…sie ist ja nicht irgendeine Frau! Sie ist schließlich die Frau von Menelaos, König von Sparta und Bruder von König Agamemnon.“

Vegetas graue Hirnzellen sprangen an. Menelaos … Menelaos … ja, stimmt, dieser Typ hatte doch gestern neben Agamemnon gesessen. Dann waren diese beiden also Brüder? Und beide Könige? Dabei hatte Vegeta gedacht, dass es Agamemnon allein war, der sie alle anführte. Aber Moment. War das wirklich ihr Ernst?! Seit zehn Jahren führten sie hier schon Krieg? Und das wegen einer Frau und dem gekränkten Stolz EINES Mannes?!

Einer der Fürsten lachte angesichts des verwirrten Anblicks seines Fürsten. „Hast wohl nicht viel Schlaf abgekommen letzte Nacht, was?“

„Tz…nein, nicht wirklich.“, Vegeta rieb sich den Nacken, stand auf und streckte sich. „Holt mich einfach, wenn es losgeht.“, murmelte er. Er brauchte eine Abkühlung, irgendwie, auch wenn er gerade außerhalb seines Zeltes saß, frische Luft. Zumindest frischere Luft als sie hier in der Zeltstadt war. Etwas Bescheuerteres hatte er wirklich noch nie gehört. Freezer hatte wenigstens sein Imperium erweitern wollen. Hatte zumindest dem Ziel hinterher gejagt, Herrscher des gesamten Universums zu werden. Aber ein zehn Jahre andauernder Krieg wegen … Liebe?
 

Im gleichen Moment schoss ihm wieder die letzte Nacht durch den Kopf und ganz besonders der Blick, den dieser Patroklos ihm beim Verlassen des Zeltes zugeworfen hatte. Dann stellte er sich die Frage, was wohl ein Mann wegen eines anderen Mannes tun würde, wenn ein Mann wegen einer Frau einen ganzen Krieg anzettelte. Er konnte nicht umhin, sich wachsam umzusehen, denn irgendwie beschlich ihn das Gefühl, dass er jeden Moment von hinten überfallen und ihm die Kehle aufgeschlitzt werden konnte. Andererseits, sie waren im Krieg. Da musste man gerade als Befehlshaber immer mit Attentätern rechnen. Seis drum. Es erschien ihm sinnvoll einen klaren Kopf zu bekommen, ob es nun zu einer Schlacht an diesem Tag kommen würde oder nicht.

Zehn Jahre Krieg für Liebe, etwas Bescheuerteres hatte er wirklich noch nie gehört.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallihallo alle zusammen :)

Es war mal endlich an der Zeit, dass wir uns bei Euch melden, nicht Alice? *zu ihr rüber schiel* Das haben wir nun schon echt lange nicht mehr gemacht, oder?

Allerdings Hatchepsut. *ihr zunick* Wir wollten Euch allerdings auch ganz bewusst einfach mal in die Geschichte eintauchen und eure eigenen Erfahrungen mit Angeama machen lassen.

Das stimmt. Unser Melden bei euch hat ja nun auch seinen Grund, jawohl. *gewichtiges Nicken*
Und was für einen! *dazwischen ruf*

Zuerst wollen wir uns bei Euch ganz herzlich für die ganze Rückmeldung, die Empfehlungen und die Favoriteneinträge bedanken. *Alice verbeugt sich ganz tief im Hintergrund*
Als wir diese Geschichte angefangen haben, hätten wir nie gedacht, dass wir damit so eine Lücke treffen und sie Euch so gefallen würde, aber beschweren wollen wir uns darüber natürlich nicht. Ganz im Gegenteil, wir freuen uns extrem! Und das bringt uns auch schon zu dem Grund unserer Meldung bei Euch.

Wie der ein oder andere vielleicht noch weiß, haben wir ganz zu Beginn angekündigt, dass Ihr Euch auch etwas wünschen dürft ... also ein Märchen, in das wir Son Goku und Vegeta stecken. Und dieser Moment … *Alice haut im Hintergrund wie wild auf Trommeln herum, um Spannung aufzubauen* … der ist nun gekommen!!

Wir wollen von EUCH wissen, welches der genannten Märchen Ihr gerne mit unseren beiden Saiyajins lesen wollen würdet! Also rann an die Tastaturen und schreibt es uns. Egal ob in einem kurzen Review oder als private Nachricht an mich oder SaphiraAlice, jede Stimme zählt!!! *Alice bläst ne Handvoll Konfetti in die Luft*

Allerdings muss noch erwähnt werden, dass dieses gewünschte Märchen erst nächstes Jahr veröffentlicht wird. *duckt sich schon mal hinter den Buhrufe- und So-spät-erst?!-Wall und hebt die weiße Fahne*
*Alice bekommt die erste geworfene Katze ab* Autsch…ähm…also um das jetzt ein wenig zu entschärfen…*beschwichtigend die Arme heb*…und um hier weitere fliegende Sachen zu verhindern…aufgrund unseres Posting-Rhythmus (1. und 15. jedes Monats) und unserem fleißigen Arbeiten an Angeama haben wir nun schon bis Dezember vorgeschrieben. Und das heißt ja auch, dass die Geschichte zumindest bis Jahresende im selben Rhythmus weiter geht. *versöhnend grins*

Das bedeutet aber nun auch, dass wir jetzt von Euch das Voting für euer Wunschmärchen brauchen, damit wir es dann sobald wie möglich in den weiteren Verlauf der Geschichte einbauen können. So einfach ist das.

Also kommen wir zum Wichtigsten! *Alice trommelt schon wieder im Hintergrund* Die Geschichten, Sagen und Märchen zwischen denen Ihr euch entscheiden könnt sind:

1. Schneeweißchen und Rosenrot
2. Hensel und Gretel
3. Die Hexe von Fife


*hibbelig hin und her hüpf* Ich kann es kaum abwarten zu erfahren, was wir für sie schreiben dürfen! Du nicht auch Alice? Du nicht auch? *Alice durchschüttel* Wah ... meine Nerven ...

*ganz durcheinander und außer Atem durch das ganze Geschüttle und Getrommle ist* Ja…ja, meine Liebe, ich doch auch, ich auch. *Hatchepsut beruhigend den Kopf tätschel*
Also, dann würde ich mal sagen, wir freuen uns schon auf eure Rückmeldungen und sind unheimlich gespannt darauf, was Euch am meisten interessieren und reizen würde zu lesen. Wir selbst haben da auch überhaupt keine Präferenzen und haben uns schon so ein bisschen in unserem stillen, dunklen, düsteren Oberstübchen zu jeder der Geschichten so unsere Gedanken gemacht, wie es da mit unseren beiden Lieblings-Saiyajins weiter gehen könnte. =)

Also…gibt es noch etwas zu sagen, Hatchepsut?

Nur noch eines: Das Voting startet mit diesem Kapitel und geht bis Ende September.

Klar, ist ja auch noch eine wichtige Information! *sich lächelnd am Hinterkopf kratz*

In diesem Sinne … wir freuen uns von Euch zu hören!
Bis bald,
Eure Hatchepsut und Alice Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallihallo ^^

Wir wollen an dieser Stelle noch einmal an das Voting Eures Wunschmärchens für nächstes Jahr erinnern. Es galt sich zu entscheiden zwischen:

1. Schneeweißchen und Rosenrot
2. Hensel und Gretel
3. Die Hexe von Fife


Wer also diese Geschichte ein wenig mitgestalten will, der darf gerne noch bis Ende des Monats voten, egal ob al ENS oder als eine kurze Rückmeldung. Wer gewonnen hat, das erfahrt Ihr aber natürlich nicht im Oktober sondern erst Anfang Januar 2022. Wir wollen Euch ja nicht die Überraschung verderben. ;) Komplett anzeigen

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Von:  morle1988
2024-01-22T11:26:35+00:00 22.01.2024 12:26
wann geht es denn weiter?
Antwort von:  hatchepsut
24.01.2024 19:27
Hallo Morle =)
Das nächste Kapitel steht schon in den Startlöschern. Wir sind gerade an der letzten Überarbeitung. Tut uns leid, dass es so lange dauert, aber gerade letztes Jahr, bzw. Ende des Jahres war es bei Alice und mir sehr turbulent.
Ich hoffe, dass das neue Kapitel diesen Monat noch fertig wird, spätestens Anfang nächsten Monats geht es aber ganz sicher weiter.
LG
Hatchepsut
Von:  Amy2805
2023-07-09T20:53:38+00:00 09.07.2023 22:53
So :3
Das erste Kapitel hat mir schon einmal gut gefallen ich bin gespannt auf mehr :3
*schnell weiter liest*
Von:  Ragnar89
2022-02-24T13:57:42+00:00 24.02.2022 14:57
So... nun das letzte Kapitel, welches ich heute mittag gelesen habe. Zumindest etwas konnte ich meinen Rückstand aufholen

Nunja. Die Zusammenarbeit klappt, wie zu erwarten, mäßig. Zwar haben sie im Laufe der Zeit dieses Kapitel etwas Frieden geschlossen, aber ich denke, es nagt noch immer unbewusst an ihnen. Bestimmt vor allem an goku. Eine richtige Aussprache würde so vieles erleichtern.
Aber auch net alles. Immerhin reden wir hier von Goku und Vegeta.
Die Szenen in den Gärten, ihre Versuche, die pakete zu zustellen sind halsbrecherisch und urkomisch.
Und bei dem Umgang mit den Kindern, da zeigt sich wieder vegetas strategisches Denken, teils auch seine manipulative Ader. Gefällt mir, ich liebe ihn ;-)
Goku ist einfach zu gut und würde den Kindern definitiv ohne Brief und penny die Spielzeuge bringen. Aber dann saßen die zwei auf ewig da fest.

Ich hoffe, ich kann heute Abend weiter lesen und Kommis da lassen.

Vlg
Von:  Ragnar89
2022-02-24T13:38:36+00:00 24.02.2022 14:38
Hay

Hach ja...
Die beiden....
So unglaublich viele unausgesprochene Dinge, die da in der Vergangenheit passiert sind und nun zwischen ihnen stehen.... es wird fast ein ganzes Leben dauern, eben diese Dinge auf den Tisch zu bringen, zu erläutern und zu klären.
Und bei den beiden.... oh gott... ein beinahe unmögliches unterfangen
Lach
Sorry kopfkino
Stelle mir gerade vor.... die beiden in einer Art psychologischen Paartherapie
Glaube, die verschleißen einen Therapeuten nach dem anderen....

Nunja, wieder zurück zu eurem Kapitel
Die Schneeballschlacht war wieder eine gut gelungene, witzige Szene.
Vegetas aufwachen.
Der arme. Im vorherigen Kapitel die Hühner, nun mit Goku.
Gokus Motivation und so am Ende gefällt mor richtig gut.
Vegeta scheint noch zu zweifeln.

Vlg
Von:  Ragnar89
2022-02-24T13:30:46+00:00 24.02.2022 14:30
Hay

Lange her, dass ich was von mor hören ließ.

Dieses Kapitel hat mich definitiv aufgeheitert.

Zu Beginn, Vegetas kurze Gedanken an seine Vergangenheit und sein gezogenen Vergleich in Zeug auf Luxus zwischen seiner Vergangenheit und Gegenwart.
Tj... wenn er schon sagt, dass er in seinem bisherigen Leben noch nicht in so einer bruchbude hat hausen müssen, dann heißt es schon was, denke ich.
Dank euer guten und detaillierte Beschreibung konnte ich mir eben diese bruchbude richtig gut vorstellen.
Und dann diese Hühner! Mega! Ich kam aus dem grinsen gar nicht mehr hinaus.
Und dann der folgende morgen
Das war ja mal ein Chaos nach dem aufwachen. Ich feier die Stelle noch immer mega richtig gut und witzig.

Ich muss sagen.... an dem nachfolgenden erkennt man gut, daß vegeta die bessere Wahl für den Postboten ist. Nicht auszudenken, was Goku da für einen Mist verzapfen würde. Gut, goku ist nicht weniger hartnäckig als Vegeta.... doch dieser kann auch außerhalb eines Kampfes sehr strategisch und vor allem um die Ecke denken.

Vlg
Von:  Ragnar89
2021-12-21T21:26:25+00:00 21.12.2021 22:26
So....
Schande über moch.
Habe bei Google geschaut und dann gelesen.
War äußerst interessiert und erfreut und dann lese ich euer erstes Kapitel und bin völlig verwirrt.

Google hat mir die falsche Geschichte vorgeschlagen.

Aber gut.

Na das ist ja mal ein toller Start für Vegeta hier in dem Kapitel. Er und Postbote. Mega.
Hoffe, seine Figur kann ihm Einfluss und Wissen geben, denke Vegeta hat nicht wirklich Ahnung von den Aufgaben etc die ihn jetzt erwarten.
Aber vor allen Dingen bin ich auf seine Unterkunft und das Postamt gespannt.

Irgendwie fand ich es witzig und interessant, dass er das Pony Kakarott genannt hat. Und dann noch ausführlich mit diesem redet. Wahrscheinlich hat Vegeta da so viel geredet, wie noch nie in seinem Leben.

Dieses Zwietrachtingen ist ja ein traumhafter Ort!
Wie soll er ds schaffen?
Und wo ist Goku?

Antwort von:  hatchepsut
30.01.2022 16:15
Und nochmal Hallo Ragnar und auch für diesen Kommentar ein ganz herzliches Dankeschön von uns! =)

Oh…das tut uns wirklich leid, dass du da von Google die falsche Geschichte vorgeschlagen bekommen hast. Natürlich freut uns das wirklich ungemein, dass du sogar recherchiert hast, um zu wissen, wo Vegeta und Goku da hineingeraten sind. Wir haben uns bei dieser Geschichte allerdings auf einen Film auf Netflix gestützt. Eine wundervoll animierte Weihnachtsgeschichte. Falls du Netflix hast, dann können wir dir nur empfehlen, dir diesen Film einmal anzusehen. Der ist wirklich toll und hatchepsut und mir gefällt er sooo gut, dass wir eben beschlossen haben Vegeta und Goku zur Weihnachtszeit genau in diese Geschichte zu werfen. =) Nicht hatchepsut? So war das doch? *sie erwartungsvoll anstarr*

Oh und wie das so war! Irgendwie hatte mich der Film total erwischt und dann habe ich angefangen alle anderen in meinem umfeld damit anzustecken. Vielleicht gelingt mir das bei dir ja auch? ^^'
Was uns auf alle Fälle schon gelungen ist, ist wohl dich mit dem gute Pony-Kakarott anzustecken. Der scheint es wirklich jedem angetan zu haben und das freut uns ungemein. Immerhin mögen wir ihn ja auch unglaublich gerne.

Was den Rest deiner Fragen angeht, die dürften sich ja mittlerweile durch das Lesen wohl beantwortet haben. ^^°
Auch an dieser Stelle noch einmal ein großes SORRY fürs Warten und ein großes DANKE für deine Rückmeldungen. Wir werden versuchen uns zu bessern!!!
Von:  Ragnar89
2021-12-21T19:30:15+00:00 21.12.2021 20:30
Guten Abend!

Ich bin noch immer baff.
Baff von dem Ende im Feuerzeug und nun mit dieser Fortsetzung.... monoton.
Ich würde beide am liebsten am Kragen packen, schütteln und einen Klaps auf den Hinterkopf geben.
Wie kann man bloß so stur, stolz und verbohrt sein???
Klar! Wir Leser wissen, warum Vegeta so gehandelt hat.
Gut. Er hätte es etwas weniger blutig und so machen können...aber!
Aber goku!
Er hat noch nicht mal gefragt. Jein mal nach dem Grund, nach dem Motiv des Täters, also vegetas.
Man man man.
Werden die beiden es aus dieser so verdammt verfahren Situation schaffen?
Ich bin gespannt
Der neue Erzähler in angeama klingt interessant.
Und welche Geschichte von Klaus?
Ich muss mich informieren

Bis später
Antwort von:  hatchepsut
30.01.2022 16:10
Hey, Ragnar! =)

Na, das fassen wir ja mal als großes Kompliment auf, dass dich das Ende vom Feuerzeug so baff gemacht hat. Da haben wir ja dann genau das erreicht, was wir wollten. =)

Tjaa, so baff wie du am Ende warst, waren es wohl auch Goku und Vegeta. Klar, dass das da erst einmal eher monoton wirkt und ihnen ja auch zusätzlich, wie du so schon sagst, ihre komplette Verbohrtheit im Weg steht. Und ja, das ist ja schließlich das Problem, oder? Goku hat es eben nicht hinterfragt, und Vegeta hat zum Schluss den Hund dann eben auch nicht aufgehalten…

Ich verstehe dich da vollkommen, dass du die beiden da am liebsten durchschütteln willst. Hatchepsut und ich wollten das auch nicht nur einmal. xD Aber wir freuen uns ja eigentlich auch sehr darüber, dass wir mit diesem Kapitel solche Reaktionen und Emotionen in dir hervorrufen konnten. =)

Jup genau! *zu Alice grins* Das beduetet unterm Strich, wir schreiben nicht langweilig und haben das erreicht, was wir erreichen wollten. Sehr gut. \o/

Ob und wie die beiden da wieder heraus kommen, hast du mit Sicherheit schon gelesen und wohl auch, um welches Klasumärchen es sich handelt. Wir sidn leider diesmal eeextrem langsam mit der Beantwortung unserer Reviews, was uns echt leid tut, aber es war einfach viel zu viel los bei uns. Trotzdem hoffen wir, du hattets mit allem weiteren auch deinen Spaß und die Spannung blieb dir erhalten.
Von:  Ragnar89
2021-11-06T00:07:06+00:00 06.11.2021 01:07
Hay oder eher guten abend!

Du/ihr habt Vegetas Gedanken gut verständlich und plausibel geschrieben.
Er 6nd Goku sind so unterschiedlich... aber andersherum.... wie sagt man? Eine Medaille hat auch zwei Seiten. Das eine kann nicht ohne das andere existieren.

Und wann versteht vegeta oder akzeptiert, dass goku es weder böse meint, noch was macht um ihm absichtlich vor den Kopf zu stoßen. Sondern eigentlich nur, weil er es gut meint oder bzw es macht, ohne drüber nachzudenken.
Ich denke, beide müssen an sich arbeiten. Keiner der beiden ist perfekt.
Na egal.

Vegeta geht das ganze hier mit der alten Frau, dem Baum etc mit so viel gewissenhaft und Intelligenz an, dass ich teilweise echt baff war. Nicht das ich ohm das nie zugetraut hätte. Keinesfalls. Er wird nur leider sehr häufig sehr e wenig vielschichtig, nunha... sehr einseitig dargestellt. Doch er ist so viel mehr. Und ihr habt es hier wunderbar geschafft.
Antwort von:  hatchepsut
30.01.2022 16:04
Hallihallo ^^

Dankeschön für dein Kompliment. =)
Ja, wir wollten Vegeta hier mal ein wenig sinnieren lassen. Zu dieser Zeit der Geschichte mit Sicherheit sehr gut verständlich. Man muss ja auch mal in die Figur reingucken können, um sie zu verstehen, oder? Und gerade bei Vegeta ist das wichtig, sonst hält man ihn am Ende noch für einen absoluten Widerling. ^^'

Und oh man, ich musste so lachen, als du geschrieben hast keiner der beiden ist perfekt. Das sind sie ganz sicher nicht. xD Und ja, die beiden haben noch einen ganz schön langen Weg vor sich und so einige Ecken, die sie abschleifen müssen, schätze ich.

Auf jeden Fall sind wir hier absolut deiner Meinung. Vegeta IST einfach ein sehr intelligenter Kerl und unseres Erachtens steckt eben so viel mehr in ihm, von dem wir im Original einfach nichts serviert bekommen, was halt wirklich schade ist…obwohl, wenn man sich nun die gaaanz, ganz, gaaanz aktuellen Manga Kapiteln von Dragonball Super ansieht, da meine ich aber die, die bis jetzt nur auf Englisch zu lesen sind, bekommt man ja endlich mal, zumindest im Ansatz, etwas mehr von der Tiefe seines Charakters mit, wie ich finde. Aber vielleicht interpretiere ich da auch nur zu viel hinein. ^^° Ähm…okay, genug abgeschweift. xD
Vielen, vielen Dank auf jeden Fall für das Lob, dass wir das mit seinem Charakter so gut einfangen konnten. =)

Ganz, ganz liebe Grüße,
hatchepsut und -Alice-
Von:  Ragnar89
2021-10-30T21:14:33+00:00 30.10.2021 23:14
Guten Abend ihr zwei.


Ich hab hier das Gefühl, als wenn die zwei eher sich voneinander entfernen... und nicht wie von angeama und den beiden Erzählern langsam verstehen lernen.
Wobei, sie sind ja immerhin noch am Anfang der Reise, nicht wahr?

Gut fand ich Gokus vehemente Art. Er kann auch sehr stur sein.
Und Vegeta.... da geht der einfach alleine durch diese verdammte Tür und hat womöglich noch nicht einmal eine Ahnung, in welchen Märchen gelandet ist.

Oh oh.

Da sind die beiden aber baff.
Das ist mit Sicherheit noch nie passiert, dass sich die Auserwählten so sehr zoffen und dann auch noch getrennt in das Buch gehen


Und ich ha von diesem Märchen schon wieder keine Ahnung

Viele liebe Grüße


Antwort von:  hatchepsut
30.01.2022 16:03
Heyho Ragnar,
vielen Dank für dein Review. Die Antwort hat leider etwas länger gedauert, war viel los bei uns in der letzten Zeit. ^^'

Du hast vollkommen Recht, dass an dieser Stelle der Geschichte das Gefühl aufkommt, dass die beiden erst mal auseinander driften. Also nicht nur das Gefühl, sie tun es ja tatsächlich. Allerdings hast du auch damit Recht, dass wir ja erst noch am Anfang der Geschichte stehen und wer weiß, was da noch so alles passieren wird.

Was die Sturheit der Saiyajins angeht, die kennen wir ja zur Genüge und ja, auch Goku ist eben ein Saiyajin und wenn es ihm reicht, dann reicht es. Ebenso auch bei Vegeta, der ja dann gleich mal alleine los zieht. So sind sie halt, die beiden. ^^°

Und jaa, davon können wir wohl ausgehen, dass SOWAS den beiden Erzählern in Angeama noch NIE untergekommen ist. xD Sieht halt immer für ne Überraschung gut, die beiden ehrenwerten Herren Saiyajins. ^^°

Ach und dass du das Märchen nicht kennst, ist ja auch absolut kein Ding, dann erlebst du es eben mit Vegeta und Goku zusammen. Aber…mal so unter uns…vor Angeama haben wir beide es auch nicht gekannt, sondern sind erst bei unseren Recherchen darauf gestoßen. ;-)

Also mach dir nichts drauß und viel Spaß noch beim weiter Lesen. o/
Von:  ChailaMing
2021-07-15T08:00:35+00:00 15.07.2021 10:00
Hallo :)
Bisher gefällt mir die Story sehr gut, es ist mal was anderes!
Ich bin echt gespannt, wie es weiter geht.

Lg Chaila
Antwort von:  hatchepsut
21.07.2021 07:56
Hey,
vielen Dank für dein Kommi. :)
Super nett, dass sie das geschrieben hat, oder Alice? *zu ihr rüber schau*
Und auch super toll, dass es dir natürlich auch so gut gefällt. Ja, etwas anderes, das dachten wir uns auch, als uns die Idee dazu kam. Nicht Alice?

Allerdings, Hatchepsut, da geb ich dir vollkommen recht. Und gerade das macht uns ja auch so unfassbar viel Spaß beim Schreiben. =)
Also, liebe Chaila, es freut auch mich wirklich sehr, dass dir die Geschichte bis jetzt so gut gefällt und hoffe, also wir hoffen, dass sie dir auch weiterhin zusagen wird.

GlG von
hatchepsut und Alice


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