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Things That Should Not Be

Kunikida/Dazai
von

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Kapitel 8

Während des Essens starrte Dazai die meiste Zeit verträumt aus dem Fenster, warf einen beinahe wehmütigen Blick über das Funkeln der Stadt. Kunikida hatte sofort bemerkt, dass er absichtlich ein Gericht ausgesucht hatte, dass keinen erwachsenen Mann sättigen würde. In seinem Kopf arbeiteten sämtliche seiner grauen Zellen auf Hochtouren und er überlegte fieberhaft, wie er aus Dazai mehr herausquetschen konnte, ohne diesem zu nahe zu treten und ihn erneut in ein tiefes Loch zu werfen. Das letzte, das er jetzt gebrauchen konnte, war, dass Dazai sich vom Dach des Hotels warf, nur weil er seine Wortwahl nicht überdacht hatte.
 

Es war anstrengend und all das Nachdenken machte ihn müde. Wie sollte er sich Dazai nähern, ohne dass dieser Verdacht schöpfte? Dazai spielte mit dem Whiskyglas und ließ den Eiswürfel mehrmals laut hörbar gegen das Glas schlagen, so dass ein dumpfer aber eindringlicher Klang entstand. Dazai war so gedankenversunken, dass er gar nicht mal bemerkte, dass Kunikida ihn anstarrte. Er sagte auch nichts, beobachtete ihn einfach nur und zückte dann sein Notizbuch hervor.
 

Dazai gedankenverloren – muss den Grund erfahren
 

Er schrieb seine Notizen nieder. Dazai grinste ihn belustigt an und warf ihn einen neugierigen Blick zu.
 

„Was schreibst du da?“, fragte er dann und gab einen nicht definierbaren Laut von sich, der Kunikida aufsehen ließ. Da Kunikida ihn einfach nur perplex ansah, wiederholte Dazai dieses Geräusch lauter und fordernder.
 

„Nyan~“, sagte er, ohne eine Miene zu verziehen. Als Kunikida klar wurde, dass der Brünette lediglich eine Katze nachahmte und ihn mal wieder an der Nase herumführte, ließ er den Kopf hängen. Ein lautes Knacken ließ sie beide zusammenfahren. Da hatte er doch glatt seinen Kugelschreiber in seiner Hand zerdrückt. Manchmal vergaß er, wie stark er eigentlich war. Seufzend verstaute er den Kugelschreiber und widmete sich erneut Dazai, der immer noch künstlich lachte.
 

„Wo warst du heute eigentlich?“
 

„Oh~, Kunikida-kun ist an meinem Privatleben interessiert? Ich bin mir nicht sicher, ob ich schon bereit dafür bin“, quiekte er und spielte das verstohlene Schulmädchen, nur um im nächsten Moment mit dem Kugelschreiber abgeworfen zu werden.
 

„Das war eine ernste Frage“, knurrte Kunikida, der leicht rot um die Nase geworden war.
 

„Ich war im Museum~“, erklärte Dazai lächelnd.
 

Du lügst... ich weiß, wo du warst. Warum verheimlichst du mir das? Das schlimmste ist, dass wenn ich nicht genau wüsste, dass er lügt, ich ihm dieses Schmierentheater abkaufen würde. Er verzieht keine Miene.
 

Kunikida atmete tief ein. Wie konnte er Dazai dazu bewegen, ihm die Wahrheit zu sagen? Es musste eine Möglichkeit geben. Er warf einen Blick auf Dazais fast komplett leeres Glas. Viele Menschen gaben unerwartet viel von sich preis, wenn sie betrunken waren. Ob Dazai auch zu dieser Sorte Mensch gehörte?
 

„Oh, du hast ja schon ausgetrunken!“, sagte er grinsend und winkte eine Kellnerin heran, bestellte eine weitere Runde für seinen Kollegen, welcher ihn mit großen Augen betrachtete und die Welt nicht mehr verstand. Dabei war Kunikida doch immer so geizig! Und jetzt spendierte er ihm eine zweite Runde? Sehr suspekt. Irgendetwas war hier faul. Dazai kniff die Augen zusammen und sah Kunikida eingehend an.
 

„Willst du mich etwa abschleppen? Ich hätte dich nicht für jemanden gehalten, der seine Begleitung abfüllt, um eine heiße Nacht zu verbringen“, erklärte Dazai und grinste provokant.
 

„So etwas Barbarisches! Das würde ich niemals tun und das weißt du!“
 

„Echt? Wie schade! Ich habe mich schon auf eine unvergessliche Nacht gefreut~“, jammerte Dazai, warf seinen Kopf in den Nacken und unterstrich seine Gestik mithilfe einer abschüttelnden Handbewegung, während er so tat, als würde er Tränen vergießen.
 

„Bei dir klingt einfach alles... falsch. Sehe ich so aus, als würde ich dich abschleppen wollen? Hm? Man könnte ja fast meinen, dass du das mit Absicht machst und das deine verschrobene Art ist, mit mir zu flirten“, entfuhr es Kunikida, der sich leise räusperte und seine Brille hochschob.
 

Dazai war immer gut gelaunt, machte dumme Scherze und es war unglaublich schwer mit absoluter Sicherheit zu sagen, was wirklich in diesem vor sich ging. Vermutlich wollte er ihn einfach nur ärgern und amüsierte sich köstlich über die prüden Reaktionen seines Kollegen. Absolut ausgeschlossen, dass Dazai mit ihm flirtete oder dass seine Bemerkungen eine tiefere Bedeutung hatten. Das passte einfach nicht zusammen. Außerdem war Kunikida ein Mann. Dazai zeigte sonst nur Interesse an Frauen – gut, sein Interesse galt den Damen ausschließlich nur, weil er an einem Doppelselbstmord interessiert war. Je mehr Kunikida darüber nachdachte, desto schwerer fiel es ihm, sich an eine Situation zu erinnern, in der Dazai ehrliches Interesse am anderen Geschlecht gezeigt hatte. Er wirkte einfach nicht wie der Typ, der in der Lage war, sich mit den Pflichten und der Verantwortung einer Beziehung anständig auseinanderzusetzen.
 

Kunikida griff nach seinem Glas und nahm einen Schluck des Kaffees, den er bestellt hatte.
 

„Ah, das tue ich jetzt seit zwei Jahren. Schön, dass es Kunikida-kun endlich auffällt!“, lachte Dazai.
 

Kunikida verschluckte sich an seinem Kaffee, rang nach Atem und hustete lauthals, versuchte verzweifelt wieder seine Fassung zu erlangen, während Dazai mit seinen Wimpern klimperte und ihm ein breites, unschuldiges Lächeln entgegen warf. Machte er sich über ihn lustig?! Das war überhaupt nicht witzig!
 

„Sehr witzig, Dazai“, knurrte er und trommelte verärgert mit seinen Fingern auf der Tischplatte, versuchte seinen Kollegen mit Blicken allein zur Vernunft zu bringen, wissend, dass dieser Kerl mit diesem aufgesetzten Lächeln niemals dazu lernen würde und es mit jeder Faser seines Körpers genoss, ihn leiden zu sehen.
 

„Das war kein Witz~“, antwortete Dazai und blinzelte.
 

„Dazai, hör auf mich zu verarschen.“
 

„Ich verarsche dich nicht. Ich bin schwul und ich mag Männer mit Idealen. ♥“
 

Kunikida erschrak. Ohne es verhindern zu können, stand er fluchtartig auf, warf seine Kaffeetasse dabei um, sodass die heiße Flüssigkeit sich quer über den Tisch ergoss und auf Dazais Schoß landete. Dieser sprang panisch auf und jammerte über die plötzliche Hitze. Kunikidas Herz machte einen Aussetzer und obgleich er um Dazai besorgt war und ihm dieser tollpatschige Fauxpas leidtat, traute er sich plötzlich nicht, seinem Kollegen näher zu kommen und blieb mit einer Serviette bewaffnet ratlos vor diesem stehen. Dazai riss ihm die Serviette aus der Hand und trocknete seine Hose.
 

„Heiß! Heiß! Heiß!“, quengelte er und tänzelte hin und her, bewegte sich schnell auf der Stelle, um die Hitze des Flüssigkeit auf diese Weise abzukühlen. Es war fraglich, ob diese albernen Bewegungen auch nur ansatzweise bei seinem Vorhaben halfen. Kunikida sah ihn an, war aber mit der gesamten Situation überfordert. Dazai glaubte, dass in Kunikidas Kopf gerade sämtliche Lichter ausgegangen war und in dessen Oberstübchen nichts weiter als Stille herrschte. Dann grinste er amüsiert.
 

„Dass du es so eilig hast, mir meine Kleider vom Leib zu reißen“, sagte er dann und kicherte amüsiert. Keine Reaktion. Aus Kunikida war sämtliches Leben gewichen. Er funktionierte nur noch auf Autopilot. Ein Glück, dass er nicht vergessen hatte, zu atmen, sonst hätte Dazai ein weiteres Problem, um welches er sich nicht wirklich kümmern wollte. Ein Kellner kam angelaufen und trocknete den Tisch ab. Da Kunikida wortlos in der Gegend rumstand, packte Dazai ihn an den Schultern und setzte ihn auf seinen Platz zurück, während er selbst zur Herrentoilette verschwand, um die Flecken aus seiner Hose zu entfernen.
 

Dazai. Schwul. Er mag Ideale, ratterte es in Kunikidas Kopf.
 

Unmöglich. Jetzt treibt er es eindeutig zu weit! Das ist echt nicht mehr lustig!
 

Kunikida versuchte sich zu sammeln, atmete tief ein und stützte seinen Kopf an seinen Händen ab, wiederholte Dazais Worte gefühlt zum hunderten Male, nur um sich selbst einzureden, dass dieser einen schlechten Witz machte und das nur gesagt hatte, um ihn zu provozieren. Immerhin liebte Dazai es, Streiche zu spielen und Kunikida zu veralbern. Kunikida war Dazais liebstes Opfer. Immer wollte er seine Aufmerksamkeit und stellte Unsinn an, nur um...
 


 

Kunikida knallte mit seinem Kopf auf die Tischplatte. Seine Seele flog in Geisterform aus seinem Körper.
 

Richtig. Dazai Osamu machte Quatsch und stiftete absichtlich Unruhe, damit Kunikida ihn beachtete und ihm hinterherlief. Er wollte Kunikidas Aufmerksamkeit haben. Und um diese zu bekommen, war ihm jedes Mittel recht. Telefonstreiche? Aus Versehen über das Stromkabel von Kunikidas Computer stolpern, um den Strom zu kappen und ihn somit an seinem Bericht zu hindern? Mal wieder Kunikidas Lunchbox aus dem Kühlschrank verzehren, damit dieser mit ihm ins Café ging?
 

Wie konnte ich nur so blind sein? Vielleicht wollte er mich gar nicht aufziehen... vielleicht ist das seine Art Zuneigung zu zeigen? Ich kenne mich mit Yakuza nicht aus, könnte ja gut sein, dass man das in der Mafia so macht.
 

Wie oft hatte Dazai die Arbeit verweigert, obwohl er genau wusste, dass Kunikida ihn deshalb ausschimpfen würde?
 

Ist das seine subtile Art mir zu sagen, dass ich mehr Zeit mit ihm verbringen soll? Was ist, wenn er es ernst meint? Was ist die ideale Reaktion in so einer Situation? Dazai ist labil, was ist, wenn eine Ablehnung meinerseits seinen Zustand verschlechtert? Aber bin ich bereit, sein Leid mitzutragen? Ist diese Verantwortung nicht etwas zu viel für mich? Mal davon abgesehen... ich und Dazai? Wir sind beide Männer. Das kann nicht funktionieren.
 

Tausende Gedanken kamen ihm in den Sinn und Fragen, die Antworten brauchten, aber wahrscheinlich niemals erhalten würden. Wie sollte er nur mit dieser Situation umgehen. Sein Notizbuch hatte nirgendwo einen Verweis darauf, wie er reagieren musste, wenn ein schwuler Mann ihm seine Zuneigung zeigte. Das war doch etwas zu viel verlangt. Kunikida hatte noch nie in seinem Leben darüber nachgedacht, ob er Interesse an Männern hatte. Immerhin war das ideale Paar Mann und Frau. Sechs Jahre prüfte man, ob die Beziehung funktionierte, dann heiratete man und brachte Kinder in die Welt. Das war es, woran er glaubte. Glauben wollte. Musste. Dass Dazai auf seine eigene Art und Weise anziehend war, konnte er nicht verleugnen.
 

In gewisser Weise ist Dazai schon fast niedlich, wie er versucht, die Arbeit zu umgehen und dass er unglaublich kreativ sein kann, vor allem wenn es ums Schwänzen geht, ist auch eine einzigartige Eigenschaft. Er ist klug, gebildet und wir verstehen uns blind. In Nahkämpfen kann ich mich immer auf ihn verlassen und ich kann nicht verleugnen, dass wir ein perfektes Team sind. Aber das muss nicht heißen, dass eine Beziehung mit diesem Chaoten genauso wäre. SCHEISSE. Kunikida Doppo! Wie kannst du es nur in Erwägung ziehen, mit diesem Taugenichts tatsächlich eine Beziehung zu führen!? Weg mit diesem Gedanken!
 

Kunikida stand plötzlich kerzengerade, raufte sich sein Haar und man hörte noch, wie der Stuhl zu Boden ging, sodass sämtliche andere Gäste in seine Richtung sahen. Erst jetzt bemerkte er, dass Dazai noch immer nicht zurück war. Er blinzelte verwirrt und lief in Richtung der Herrentoiletten. Vor der Tür blieb er kurz stehen, atmete noch einmal ein und sammelte seinen ganzen Mut. Ob Dazai sich hier eingeschlossen hatte, weil es ihm peinlich war, was er gesagt hatte? Befürchtete er, dass Kunikida ihn nicht mehr sehen wollte?
 

„Dazai?“, fragte er und ging hinein, sah sich um. Sämtliche Kabinen waren geöffnet und er stand auch nicht bei dem Pissoirs. Verdutzt sah er sich um. Dazai war nicht hier. Hoffentlich machte der Kerl keinen Unsinn! Mehrmals lief er den Gang entlang und ging zurück zu ihrem Tisch, musste jedoch mit Erschrecken feststellen, dass Dazai noch immer nicht zurückgekehrt war. Was war, wenn er so aufgewühlt war, dass er einfach gegangen war oder sogar in Erwägung zog, sich tatsächlich vom Dach zu schmeißen? Viel zu hastig machte sich Kunikida auf den Weg zum Aufzug, wo er bis ins oberste Geschoss fuhr. Als die Hotelangestellten ihn aufhalten wollte, wies er sich mit seinem Namen aus und erklärte, dass er ein Privatdetektiv aus der Armed Detective Agency war. Dies reichte aus, um ihm Zutritt zu bewähren. Er sah sich auf dem Dach um.
 

Eine sternenklare Nacht. Eine kühle Brise. Der Anblick der leuchtenden Stadt ließ sein Herz höherschlagen. Dazai war auch nicht auf dem Dach. Nackte Panik machte sich in ihm breit. Hatte Dazai die Hotelanlage verlassen? Plötzlich erinnerte er sich daran, dass Ranpo eine Wanze in Dazais Smartphone versteckt hatte. Zügig drückte er die Tasten und wartete ungeduldig darauf, dass der Schwarzhaarige abhob.
 

„HEY! Kunikida, was machst du denn?! Dazai hat das Hotel vor einer halben Stunde verlassen!“, keifte ihm Ranpo entgegen, ohne dass Kunikida auch nur irgendetwas sagen konnte, um seine momentane Lage zu erklären. Erschrocken hielt er das Smartphone etwas weiter weg. Noch immer hörte man Ranpo, der wütete und schimpfte und Kunikida als absoluten Trottel darstellte.
 

„Wo ist er hingegangen?!“, wollte Kunikida wissen, als sich Ranpo endlich beruhigt hatte.
 

„Nicht gegangen! Er fährt! Er ist bereits am Museum of Art vorbei, ich weiß nicht, wo er hinwill, aber er befindet sich gerade auf der Ichi-Dori Ave! Verdammt, du bist ja immer noch im Hotel?!“
 

„Ich laufe so schnell wie ich kann! Ich habe am Museum geparkt!“
 

„Weiß ich doch!“, zischte Ranpo und man hörte im Hintergrund das Quietschen von Rädern. Natürlich hatte Ranpo Kunikidas Auto verwanzt. Was auch sonst. Er hatte keine Zeit, um diesen Gedanken weiter zu folgen und lief erneut zum Fahrstuhl, machte sich auf den Weg, das Hotel zu verlassen und rannte geradewegs auf die Hauptstraße, als er sein Auto beinahe an ihm vorbeirauschen sah, welches dann eine Vollbremse machte und in einen Laternenpfosten donnerte. Schockiert sah er sein Auto an, welches dann kurz rückwärts fuhr. Die Beifahrertür wurde aufgerissen und Ranpo winkte ihn heran. Kunikida packte Ranpo und warf ihn aus seinem Auto, setzte sich selbst ans Steuer.
 

„Wo müssen wir hin?!“, wollte er wissen. Er hörte Atsushi, der von hinten eine Anweisung gab.
 

„Dazai-san befindet sich auf der Minatomirai Brücke, direkt über den Katabira Fluss! Er bewegt sich nicht, entweder hat er dort angehalten oder es gibt einen Stau“, erklärte er und verfolgte fokussiert das GPS-Signal auf dem Laptop.
 

„Wo will er hin?“, grummelte Kunikida und raste davon.
 

„Dazai ist nicht allein. Entweder ist er freiwillig eingestiegen oder er wurde entführt“, stöhnte Ranpo genervt und verschränkte die Arme. Zumindest hob Dazai nicht ab und beantwortete auch seine Textnachrichten nicht.
 

„Am Ende des Minatomirai Odori Boulevard gibt es doch eine Polizeistation – sollten wir nicht um Verstärkung bitten?“, fragte Atsushi schüchtern nach.
 

„BAKA“, keifte Ranpo genervt, sodass Atsushi zusammenfuhr.
 

„Sollen wir aufgrund einer Ahnung die Polizei benachrichtigen? Was ist, wenn es Dazai gut geht und er freiwillig gegangen ist? HM? Weißt du, wie teuer so ein unnötiger Polizeieinsatz ist? Und überhaupt! Bei einem Fehlalarm müsste sich Fukuzawa verantworten und das würde bedeuten, dass wir die Rechnung zahlen müssten und das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass meine Süßigkeitenrationen verringert oder“, Ranpo machte eine dramatische Pause, schluckte hart und kämpfte mit den nächsten Worten, ehe er weitersprach, „sogar gestrichen werden würden!“
 

Dann ließ er den Kopf hängen. Allein der Gedanke ließ sein Herz brechen. Ranpo versank im Beifahrersitz, während Kunikida so schnell fuhr, wie es ihm möglich war.
 

Als er zum Stau kam, biss er sich auf die Unterlippe. Er musste Dazai einholen. Ob Dazai auf der Flucht war, weil er sich schämte, ihm gesagt zu haben, schwul zu sein? War ihm sein Outing peinlich? Kunikida hatte ihm auch nicht gerade das Gefühl gegeben, kein Problem mit einem schwulen Kollegen zu haben. Vielleicht hatte er geglaubt, dass Kunikida ihn nicht mehr bei sich haben wollte? Ranpo hatte recht. Es war denkbar, dass Dazai auf der Flucht war, um weitere Gespräche zu vermeiden und keine weitere Auseinandersetzung fürchten zu müssen.
 

„Er ist wieder zum Stehen gekommen, in der Nähe des Postamts... sie scheinen sich zu dem großen Wohngebiet zu bewegen. Eindeutig! Sie sind im Portside Lower Ichibankan“, erklärte Atsushi nun.
 

„Das ist ein Privatgrundstück, da können wir nicht einfach reingehen“, knurrte Kunikida erbost.
 

„Wir müssen ja nicht nur die Eingangstür stürmen, wir suchen uns einen Hintereingang“, grinste Ranpo und kicherte böse.
 

Kunikida hatte erneut so viele Fragen, auf die er keine Antwort kannte und es machte ihn rasend. Dieser Abend würde unvergesslich werden. Nicht, wegen dem teuren Abendessen im Shikitei, sondern vor allem weil er bereits jetzt die Rechnung für die Reparatur seines Autos vor Augen hatte. Die Beifahrertür war so stark verbeult, dass das Warnlicht blinkte und er hörte, dass er unterwegs einen Außenspiegel verloren hatte. Er flehte inständig darum, dass man ihn nicht an der Polizeistation anhielt, um ihm einen Strafzettel zu verpassen.
 

Sie fuhren an der Polizeistation vorbei. Niemand hielt ihn an. Erleichterung kam auf. Erleichterung, die im selben Moment wich, als sie auf den Parkplatz des Postamts fuhren und dort anhielten. Er warf einen Blick auf das gigantische Hochhaus vor ihnen, in dem sich Dazai mutmaßlich befand. Es war ein Privatgrundstück und das Grundstück selbst war von einer vier Meter hohen Mauer umgeben, sodass niemand Unbefugtes eintreten konnte. Ranpo schien das nichts auszumachen. Fröhlich pfeifend stieg er aus, knallte die Beifahrertür zu, die im nächsten Moment aus den Angeln flog und krachend zu Boden ging. Er zog die Augenbrauen hoch.
 

„Ich an deiner Stelle würde damit ja zur Werkstatt fahren“, erklärte Ranpo und zeigte mit dem Finger auf die am Boden liegende Tür. Kunikida kämpfte mit dem Zorn. Er war kurz davor zu explodieren, dann packte er Atsushi am Kragen und schüttelte ihn durch, warf ihn dann geschickt über seine Schulter und ließ diesen gegen die Mauer donnern. Kunikida schrie vor Zorn. Zum Verrückt werden! Atsushi wimmerte und klagte. Wieso ließ sein Kollege seine Wut an ihm aus?! Ranpo hatte am Steuer gesessen! Wie unfair!
 

Wenige Sekunden später hatte Kunikida sich wieder beruhigt, räusperte sich und holte sein Notizbuch heraus.
 

„Könnte gut sein, dass er beschattet wurde“, murmelte Ranpo und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf.
 

Dazai war im Museum gewesen. War er vielleicht dort nur untergetaucht? Vielleicht hat er sich unter die Menschen gemischt, um unentdeckt zu bleiben. Oder hat er dort einen Informanten getroffen? Dieser Kerl macht mich wahnsinnig! Ranpo trampelte wütend auf und ab und befahl Kunikida nun, einen Weg über die Mauer zu finden. Das Haupttor am Eingang war verschlossen. Am Eingang gab es mehrere Kameras, die sämtliche Personen, die das Grundstück betraten oder verließen, aufnahm, also war es der klügste Weg, sich von hinten hineinzuschleichen.
 

Atsushi kam näher und sah seine Kollegen hilfesuchend an.
 

„Wie kommen wir da rein?“, wollte er wissen und sah abwechselnd zu Kunikida und dann zu Ranpo.
 

„Ja, genau! Wie kommen wir da rein, Kunikida?“, kam es von Ranpo, der frech grinste.
 

„Klettern ist keine Option“, grübelte der Blonde und überlegte.
 

„Tja, könntest du mit deiner Fähigkeit eine Leiter erschaffen, hätten wir ein Problem weniger“, seufzte Ranpo theatralisch, sah dann zu Atsushi, welcher kurz zusammenzuckte. „Lassen wir doch den Stubentiger ein Loch graben“, sagte er und wackelte verwegen mit den Augenbrauen. Einmal mehr fühlte sich Atsushi erschlagen, als würde ein gigantischer Stein ihn in den Boden rammen, dann ein tiefer Seufzer.
 

Ohne weiter auf Ranpos Provokationen einzugehen, öffnete Kunikida sein Notizbuch und kramte seinen Ersatz Federhalter heraus, schrieb die Worte „Greifhaken“ und „Seil“ nieder, ließ diese durch seine Fähigkeit nacheinander entstehen und befestigte das Seil an der Ringschnalle, stellte mehrmals sicher, dass der Knoten fest war. Einmal mehr schob er sich die Brille zurecht, näherte sich der Mauer und überlegte, wie er seinen Greifhaken werfen sollte, damit dieser sich ordentlich verkeilte und er beim Hochklettern nicht wieder runter fiel.
 

Beim zweiten Wurf blieb der Greifhaken oben. Prüfend zog Kunikida am Seil und kletterte die Mauer hoch. Ranpo machte eine abfällige Handbewegung und schnalzte dann mit der Zunge.
 

„Sorry, das ist mir zu anstrengend. Ich warte hier“, erklärte er und ließ sich auf den Boden plumpsen, zog den Laptop näher zu sich heran und holte aus seiner Jackentasche mehrere Headsets, verband diese mit dem Laptop und überreichte Atsushi seine Ausrüstung.
 

„Die Dinger funktionieren nicht in Funklöchern wie Kellergewölben, Höhlen oder Tunneln. Könnte also sein, dass wir zwischendurch den Kontakt verlieren, dann müsst ihr improvisieren und zusehen, wie ihr allein zurecht kommt. Wenn der Kontakt länger als 20 Minuten ausfällt, gebe ich ein Notsignal an die anderen Mitglieder ab“, erklärte Ranpo und erhielt ein folgsames Nicken als Antwort. Atsushi warf einen Blick über die Schulter, dann kletterte er das Seil hinauf.



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