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Ein Austausch mit Folgen

von

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Ein anderer Joey

Ich wurde durch einen sanften Kuss geweckt. Als ich die Augen öffnete, lächelte mir ein Joey entgegen. Seine gute Laune war beinahe schon angsteinflößend.
 

„Ich könnte mich daran gewöhnen, öfter so geweckt zu werden“, schmunzelte ich.

„Ich auch“, grinste mein Freund und drückte mir einen weiteren Kuss auf, bevor er sich neben mich ins Bett legte und mich zu sich zog.
 

„Du bist aber heute kuschelbedürftig.“

„Freust du dich nicht darüber?“

„Natürlich, nur hatte ich mit was Anderem gerechnet.“

„Das da wäre?“
 

Nun, eigentlich hatte ich mit einem wütenden Joey gerechnet, der mir irgendetwas um die Ohren wirft, weil ich mit seiner Mutter gesprochen hatte. Mittlerweile kannte ich meinen Freund so gut um zu wissen, dass eine Erlaubnis seinerseits in solchen Fällen nichts an den emotionalen Ausbrüchen änderte, die er dabei meist erlitt.
 

„Wie wars mit Mum?“
 

Ich blinzelte perplex. Hatte er das wirklich gefragt? Sogar in einem normalen Ton? Was war denn mit dem passiert?
 

„Ganz okay, schätze ich.“

„Schätzt du?“

Joey schrägte den Kopf ein wenig.
 

„Ich weiß nicht, Joey. Sie war ganz nett.“

„Aber?“

„Keine Ahnung. Ich glaube, sie hat schon ein wenig die Hoffnung, dass du sie besuchst.“

„Würdest du?“
 

Ich verstand die Welt nicht mehr. Joey schien wie ausgewechselt zu sein. Er legte vorher auf meine Meinung durchaus großen Wert, aber nicht in der Form, als dass sie ihn umstimmen hätte können. Nun war die Frage, ob ich es auch tun würde. Ich kannte seinen Standpunkt, und ein wenig den von ihr. Serenity konnte man nicht befragen, war sie doch sehr befangen. Das waren beide Parteien zwar auch, aber es ging schließlich auch um sie. Joeys kleine Schwester war außerdem ein herzensguter Mensch, der in jedem das Gute sah.
 

„Hm, ich würde schon. Wenn es mir nicht gefällt, würde ich dann einfach gehen.“

„Würdest du auch mit mir hingehen?“

„Natürlich.“
 

Irgendetwas an Joey war anders. Er wirkte viel ruhiger, gelassener als noch heute Morgen. Ich mochte den verliebten Blick, den er mir schenkte, und auch die zärtlichen Berührungen. Er streichelte mir mit dem Daumen über den Handrücken, schmiegte seine Wange an meine – das hatte er zwar früher auch getan, aber nicht in diesem Ausmaß, so unbeschwert.
 

„Was hat Yugi mit dir angestellt?“, fragte ich und versuchte einen misstrauischen Blick aufzusetzen.

„Nichts“, lächelte der Blonde unschuldig.

„Am Lügen musst du wirklich noch arbeiten.“

„Muss ich nicht!“

„Musst du wohl!“
 

Bevor ich weiterprotestieren konnte, wurden meine Lippen mit einem Kuss versiegelt. Diese Unbeschwertheit musste einen Grund haben; für den Moment begnügte ich mich aber damit, einen glücklichen Joey vor mir zu haben.

Zögerlich erwiderte ich den Kuss, bevor ich mich gänzlich fallen ließ.
 

Ich lag keuchend und durchgeschwitzt auf meinem Liebsten, der mir durch die Haare strich. Unsere Klamotten lagen verstreut im Zimmer herum. Es war noch immer ein wenig seltsam, mit ihm zu schlafen, und es tat auch noch immer weh. Joey bemühte sich aber aus Leibeskräften, mir nicht unnötig Schmerzen zuzufügen.
 

„Hat es dir gefallen?“, fragte er und strich mit seinem Mund an meiner Schulter entlang zur Halsbeuge hinauf.

„Hat es“, lächelte ich und rollte mich herum, sodass ich gänzlich auf ihm lag. Eine angenehme Kombination: Joey, ich, Decke.
 

„Wenn du möchtest, kannst du auch einmal der sein, der…“

„Will ich nicht“, unterbrach ich ihn sofort.

„Warum?“

„Weil es so okay ist. Du hast bisher immer die Führung übernommen, und auch mehr Ahnung als ich.“
 

Ich schlug ein wenig die Augen nieder. Mir brannte etwas auf der Zunge, aber ich wollte den schönen Moment nicht zerstören.
 

„Was hast du denn?“, wollte Joey wissen und schob seinen Zeigefinger unter mein Kinn, damit ich aufsehen musste.

„Nichts.“

„Du musst aber auch am Lügen noch arbeiten, hm?“
 

Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf.
 

„Ich will nur den Moment nicht zerstören.“

„Wirst du nicht. Also, frag einfach.“
 

„Also gut, aber auf deine Verantwortung.“

„Jetzt zier dich nicht so“, brummte der Größere und rollte mit den Augen.

„Sag mal Joey… Ich war sicher nicht dein Erster. Wer war denn dein erster Freund, oder wer war bei deinem ersten Mal…“
 

Hätte ich es nicht besser gewusst, ich hätte vermutet, dass er mit dieser Frage fast schon gerechnet hat. Joey wirkte nicht einmal überrascht.
 

Er überlegte nur kurz, bevor er zu sprechen begann: „Mein erstes Mal war mit einem Mädchen.“

„War es Mei?“

„Nein.“

„War es Tea?“

„Wie kommst du denn darauf?“

„Ihr seid Freunde und habt vielleicht einmal rumprobiert?“

„Nein, es war auch nicht Tea“, schüttelte Joey schlussendlich den Kopf.

„Willst du es mir sagen?“

„Nein.“
 

Joey klang nicht abweisend oder gar böse, sondern einfach nur feststellend.
 

„War es schön?“

„Nicht so wie mit dir.“

„Obwohl ich ein Junge bin?“

„Obwohl du ein Junge bist“, bestätigte er.
 

Natürlich war ich neugierig, wer denn Joeys Erste war. Eigentlich auch, wer sein erster Junge war, aber mein Glück zu sehr herausfordern wollte ich auch nicht.
 

„Dass du mein Erster bist, das weißt du ja…“

„Ich weiß. Ich weiß auch, dass Mei dich gezwungen hat, falls du das vergessen haben solltest.“
 

Mir stieg die Röte ins Gesicht. Es war nicht nur peinlich, sondern bisher hatten wir dieses Thema stillgeschwiegen. Das war mir ganz Recht gewesen, weil ich Joey nicht belasten, und auch nicht meine ersten sexuellen Erfahrungen an die große Glocke hängen wollte.
 

„Wie war es eigentlich? Hat es dir gefallen? Also abseits der Tatsache, dass sie dich dazu gezwungen hat.“

„Ich, hm. Was machst du, wenn ich sage, ein wenig?“

„Nichts.“

„Du gehst nicht an die Decke?“

„Nö.“

„Warum?“

„Weil es normal ist. Mir hat es ja auch gefallen, zumindest am Anfang.“
 

Ich schmiegte mich noch mehr an Joey und schloss dann die Augen. Seine Brust war ein ideales Kissen, vielleicht ein wenig zu hart, aber alles in allem angenehm. Es roch vor allem nach ihm, was ich sehr mochte.
 

„Sie meinte, du hättest sie wegen mir verlassen.“

„Habe ich auch.“

„Aber…“

„Sch, du hast nichts zerstört, was nicht bereits kaputt gewesen wäre. Mei ist eine Bestie, genauso wie ihr Umfeld.“
 

Joey zog mich ein wenig nach oben und umarmte mich fest.
 

„Kannst du einmal etwas für mich sagen?“

„Das kommt darauf an. Was soll ich denn sagen?“

„Für immer.“
 

Nun schlug ich tatsächlich die Augen auf. Ich hatte auf ein „Ich liebe dich“, oder „Ich gebe dir mein gesamtes Erspartes“ getippt, aber nicht darauf.
 

„Warum?“

„Tu mir einfach den Gefallen, ja?“

„Wenn du willst. Für immer.“
 

Joey sah mich überlegend an.
 

„Betone es ein wenig anders.“

„Wie, anders betonen.“

„Entschlossener, ernster.“

„Willst du einen Schauspieler aus mir machen, oder was ist los?“

„Mach einfach. Bitte.“
 

Ich unterdrückte den Reflex, mit den Augen zu rollen.

„Für immer“, sagte ich dann bemüht ernst.
 

„Besser.“ Joey griff neben sich und las meine Boxershorts auf. Bevor ich mich wehren konnte, zog er sie mir, wie auch immer, an und tat bei sich selbst das Gleiche.

„Wir schlafen sonst auch immer im Pyjama oder in Schlafsachen“, beantwortete er meinen fragenden Blick.
 

„David?“

„Hm?“

„Tust du mir noch einen Gefallen?“

„Wenn ich kann, natürlich.“

„Im Finale, sollten wir uns gegenüberstehen, gibst du alles, in Ordnung?“

„Ich werde es versuchen.“
 

„Nicht versuchen“, meinte mein Freund kopfschüttelnd, „sondern auch machen.“

„Aber Joey, ich kann doch nicht…“

„Natürlich kannst du. Ich will, dass du dich so duellierst, als würdest du Kaiba gegenüberstehen“, unterbrach er mich.

„Schatz, das sind zwei verschiedene Dinge. Kaiba ist ein ganz anderer Mensch als du. Dich liebe ich.“

„Ihn magst du auch?“

„Schon, aber nicht so.“
 

Seltsamerweise stimmte ihn diese Antwort noch ein wenig glücklicher.
 

„Was machst du, wenn du gegen Yugi antreten musst?“

„Ich weiß nicht?“, murmelte ich unbehaglich.

„Auch da musst du alles geben. Wir beide wären enttäuscht, wenn du dich zurückhalten würdest.“

„Aber es hängt so viel davon ab, Joey. Außerdem, was, wenn ich echt auch so ein Göttermonster in meinem Deck habe?“

„Dann hat Yugi sicher auch eins, genauso wie Kaiba.“

„Und du?“
 

Joey hmte leise und schaute zur Decke.
 

„Ich werde wahrscheinlich keines haben, brauche es aber auch nicht“, sagte er nach einer Weile.

„Was, wenn ich die eine Karte bekomme, die dich damals ins Koma geworfen hat?“

„Ra?“

„Ja.“

„Was soll dann sein?“

„Joey, ich bin nicht blöd. Ich trage den Ring am Hals und dann auch noch das Monster, das du überhaupt nicht magst.“

„Dann soll es halt so sein. Ich glaube an dich, genauso wie an Yugi.“
 

Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, küsste mein Freund mich auf die Nasenspitze.
 

„Mach dir nicht so viele Gedanken.“

„Das sagt der Richtige.“

„Ich mache mir ein wenig Sorgen um dich, das ist alles.“

„Sorgen?“
 

Nun stützte ich mich auf meinem Freund ab und schaute ihn neugierig an. Warum war Joey auf einmal bereit, so viel von sich preiszugeben? Das war doch sonst auch nicht der Fall? Er wusste um meine Ängste, auch, dass ich sie nicht aussprechen wollte. Da war doch mehr im Spiel als bloße Intuition, oder?
 

„Der Milleniumsring ist böse, genauso wie die Göttermonster böse sind.“

„Ich komme schon klar. Du hast mir versprochen, auf mich aufzupassen.“

„Das werde ich auch, trotzdem – du bist mein Freund, und vielleicht bin ich auch zu schwach?“

„Das glaube ich nicht, und selbst wenn, dann ist da noch immer Yugi.“

„Der aber auch nicht Wunder wirken kann. Ich bin noch immer besorgt, aber zuversichtlich, dass wir ein gutes Team sein werden, zu dritt.“
 

Ich ließ meinen Kopf wieder auf Joeys Brust sinken. Das sollte einer verstehen. Hatte Yugi ihm etwas von unseren Gesprächen erzählt? Eher nicht. Auch würde Mahad dem Pharao nicht verraten haben, was meine Ängste sind, und dieser es dann Yugi erzählt haben, der wiederum mit Joey gesprochen hatte. Da war etwas, aber ich kam nicht drauf. Auf mein geistiges Fragen hin blieb mein spektraler Gefährte ebenfalls stumm.
 

„Was hältst du von einer Pizza, die wir aufs Zimmer kommen lassen und Fernsehen?“

„Viel“, grinste ich und schob meine Gedanken beiseite. Ich würde schon noch dahinterkommen.

„Na dann, machen wir das so.“
 

Wir verbrachten den restlichen Tag im Zimmer, wobei wir dann irgendwann auch einmal die Duel Monsters Karten auspackten und ich gegen meinen Freund verlor. Dieser tadelte mich mehrfach, ich solle mich nicht zurückhalten und anständig spielen. Mein letztes Zögern konnte ich einfach nicht ablegen; für sein Selbstvertrauen war es nicht förderlich, wenn ich ihn aus dem Spiel fegte, was auch mit voller Kraft nicht so einfach gewesen wäre. Joey mauserte sich, und das rasend schnell. Vielleicht war es ja seine Bestimmung, mit Yugi im Finale zu stehen, und nicht meine.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Satra0107
2020-04-09T19:30:44+00:00 09.04.2020 21:30
Ohhhh, sind die beiden niedlich so zusammen. Ganz gelöst ist Joey nun und so ein Gespräch tut auch der jungen Liebe gut.
Ob David noch dahinter kommt?


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