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Sein Blick traf mich wie eine Kugel

von

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No. 26

Es kam genau, wie Kid es befürchtet hatte. Noch am selben Tag begann Kid mit der Arbeit. Er recherchierte im Internet alles, was er über den Politiker rausfinden konnte. Auf welchen Veranstaltungen er sein würde, wo er wohnte, wie sein Familienstand war und alles, was er sonst noch tat. Doch das Internet bot ihm leider nur grobe Informationen. Der meiste Teil war „Feldarbeit“ und die folgenden drei Tage verbrachte Kid damit, den Politiker zu verfolgen, sein gut bewachtes Haus auszuspionieren und nach der perfekten Gelegenheit zu suchen, ihm das Leben zu nehmen. Leider war das alles andere als einfach und er war oft bis spät nachts unterwegs. Für Zärtlichkeiten hatten sie kaum Zeit. Kid kam nachts trotzdem zu Law ins Bett. Er hatte die erste Nacht, in der er spät zurückgekommen war, versucht alleine zu schlafen, um Law nicht zu wecken. Doch es hatte nicht funktioniert, er hatte wie früher keine Ruhe gefunden. Außerdem wollte er wenigstens, wenn sie schon kaum Zeit füreinander hatten, ihn nachts im Arm halten. Law wachte dabei jedes Mal zumindest für einen kurzen Kuss auf, ehe er sich an Kid schmiegte und weiter schlief.

Law vermisste Kid unglaublich in diesen Tagen. Er wusste so gar nichts mit sich anzufangen, wenn Kid unterwegs war. Er schaute viel fern, aber eher gelangweilt. Am liebsten hätte er Kid begleitet, einfach um bei ihm zu sein. Aber er wusste, dass er Kid dabei sicherlich in seiner Arbeit stören würde. Er arbeitete nun mal am besten allein und Law wusste: Der Auftrag war extrem wichtig. Wenn er das nicht schaffte, würde der Don ihn sicherlich zurück nach Tokyo rufen. Wenn Law genau darüber nachdachte war dieser Auftrag wahrscheinlich sogar der Grund, warum der Don einfach nachgegeben hatte, als Law darauf bestanden hatte, dass Kid mit nach Kyoto kam. Im Nachhinein betrachtet hatte der Pate zu leicht nachgegeben, als dass da nicht mehr dahinter stecken würde. Also ließ er Kid sich voll und ganz auf seine Arbeit konzentrieren und freute sich einfach darüber, dass er selbst mitten in der Nacht zu ihm kam und Law morgens neben ihm aufwachen durfte.

Auch an diesem Morgen wachte er neben ihm auf. Kid lag auf der Seite und schlief noch tief. Er war erst in den frühen Morgenstunden zurückgekommen. Also kuschelte sich Law wieder an ihn, er würde Kid noch etwas schlafen lassen. Sein Freund war so schön warm... etwas zu warm, wie Law feststellen musste. Er hob wieder den Kopf und sah in Kids schlafendes Gesicht. Sein Atem war etwas beschleunigt und er hatte leichte Schweißperlen auf der Stirn. Hatte Kid etwa Fieber? Law hob die Hand und legte sie an Kids Stirn. Sie war warm. Nicht arg, aber mehr als sie sein sollte. Wenn Law recht darüber nachdachte hatte er Kid in den letzten Tagen immer mal wieder etwas husten hören. Er hatte sich doch keine Erkältung eingefangen, oder? Law zog seine Hand weg und setzte sich etwas auf.

Kid wachte von der Bewegung des anderen auf, auch weil es plötzlich kalt wurde, als Law sich entfernte. Er zitterte leicht, als er die Augen einen Spalt öffnete und sah hoch zu seinem Freund.

„Hmm, bleib da...!“ murmelte er müde und wollte Law wieder näher zu sich ziehen. Law ließ es zu und legte sich wieder neben Kid.

„Alles okay? Ist dir kalt?“ fragte er sanft und strich ihm die Haare aus dem Gesicht. Kid sah Law noch immer aus müden Augen an.

„Etwas... aber nur, wenn du nicht bei mir bist!“ Kid lächelte, doch ihm fiel der besorgte Blick in Laws Augen auf. „Was denn?“

„Du hast etwas Fieber, Kid...! Oder zumindest erhöhte Temperatur...“ sagte Law besorgt.

„Hm, echt? Ist sicher nichts... nur ein kleiner Infekt, so schnell werde ich nicht krank...!“

Law sah das anders.

„Wenn du Fieber hast, bist du schon krank! Ich geh dir einen Tee holen...!“ Law war im Begriff aufzustehen, doch Kid hielt ihn weiterhin fest.

„Nein, bleib da... ich mag keinen Tee!“

„Aber...“

„Nichts aber... ich... hab keine Zeit, krank zu werden, Law... ich hab heute noch viel vor... auch mit dir!“

„Mit mir?“ Law sah ihn irritiert an. Sollte er ihm etwa helfen?

„Ja, mit dir... in vier Tagen ist das Fest. Und dein Geburtstag... und wir haben noch keine Kimonos! Lass uns heute shoppen gehen!“ Kid grinste etwas und kuschelte sich an Law, stahl ihm einfach einen kurzen Kuss.

Law erwiderte diesen, allerdings sah er ihn danach immer noch irritiert an.

„Shoppen? Ich dachte du musst arbeiten...? Bevor wir shoppen gehen, bleibst du lieber im Bett! Wir können auch noch wann anders shoppen...“, antwortet Law streng.

„Erst Shoppen, dann arbeiten! Ich will das Ding heute Nacht abschließen! Er ist heute den ganzen Tag auf einer Konferenz! Ich werde ihm danach das Licht auspusten... aber vorher will ich endlich mal wieder Zeit mit dir verbringen... außerdem ist heute noch schönes Wetter angesagt, die kommenden Tage soll es eher regnen. Mir geht’s gut, keine Sorge!“ sagte er sanft und lächelte.

„Bitte, Law... lass uns heute den Tag zusammen verbringen... ich hab dich die letzten Tage echt vermisst!“

Laws Blick blieb noch kurz streng, doch lange konnte er ihn nicht halten. Wie Kid ihn darum bat, konnte er kaum widerstehen. Und er würde ja selbst wissen, wie gut oder schlecht es ihm ging.

„Hmmm, na gut... aber wenn es dir nicht gut geht, gehen wir wieder zurück und du ruhst dich bis heute Abend aus, okay?“

Kid musste grinsen und nickte dann.

„Versprochen, Herr Doktor!“

Law ließ sich bei Kids Versprechen nochmal zu ihm ins Kissen sinken.

„Und du wirst ihn wirklich schon heute Abend erwischen?“ fragte Law dann nach, seine Hand legte er wieder auf Kids Brust, als der sich auf den Rücken drehte.

„Ja, ich muss... er geht morgen nochmal für zwei Tage auf eine Auslandsreise... wenn er zurück kommt ist die Abstimmung, ich kann nicht mehr warten!“

Law sah zu ihm.

„Oh... aber... gibt es heute auch eine gute Gelegenheit? Nach der Konferenz?“ Law konnte nicht abstreiten, dass er sich jedes Mal sorgte, wenn Kid weg war. „Wie wirst du‘s tun?“

Kid sah zu Law, lächelte etwas und strich ihm über den Kopf.

„Das verrate ich dir besser nicht, sonst wirst du mich aufhalten wollen...!“ Law gefiel gar nicht, was Kid sagte, setzte sich dann wieder auf und sah zu ihm runter.

„Aber... Kid, bitte geh kein Risiko ein! Ich...“ Law merkte, dass er sich wie eine besorgte Übermutter anhörte und seufzte. Kid bemerkte das und griff nach Laws Hand.

„Mein Job ist immer ein Risiko, Law. Aber mach dir keine Sorgen, ich bin Profi... ich krieg das hin, wie immer ohne dass jemand etwas merkt... und wenn, dann bin ich schon längst verschwunden!“

Laws Blick war immer noch unglücklich, aber eigentlich vertraute er Kid. Immerhin war er der Beste... und seine Arbeit äußerst präzise.

„Ich werde mir trotzdem Sorgen machen. Versprich mir bitte, dass du wohlbehalten heim kommst!“

Kid richtete sich nun auch langsam auf, legte seine Hand an Laws Wange und küsste ihn.

„Ich verspreche dir, dass ich wohl behalten zu dir zurückkomme!“

Law empfing den Kuss und gab sich mit dem Versprechen zufrieden. Immerhin hatte Kid bisher jedes Versprechen gehalten.

„Lass uns frühstücken gehen!“ hauchte Law nach dem Kuss.

„Hmm, gleich...!“ Kid fuhr mit der Hand in Laws Nacken und zog ihn nochmal in einen Kuss. Dieses Mal intensiver und verlangender. Ihm fehlten die Küsse in den letzten Tagen einfach und gerade hatten sie einen Moment Zeit. Am liebsten wäre Kid schon weiter gegangen, nachdem er Law vor drei Tagen so intensiv hatte verwöhnen dürfen. Aber dafür war einfach keine Zeit. Tagsüber war es zu gefährlich und nachts kam er zu spät heim. Auch deswegen wollte er den Auftrag so schnell es ging beenden. Dass er sich körperlich tatsächlich angeschlagen fühlte, ignorierte er weitestgehend und man merkte es ihm auch nicht an. Weder beim Frühstück, das sie kurze Zeit später einnahmen, noch auf dem Weg in die Stadt, den die beiden kurz darauf einschlugen.

Kid fuhr natürlich und schien richtig gut gelaunt.

„Ich bin richtig aufgeregt... weißt du denn, wo wir nach Kimonos gucken können? Ich hoffe, sie haben was in meiner Größe!“

Law fand es süß, wie aufgeregt sein Freund war. Er war froh, dass es ihm jetzt wieder so gut ging und das Fieber vom Morgen vergessen schien.

„Ja, ich weiß einen, ich lotse dich hin. Die haben ganz sicher auch was in deiner Größe. Die verkaufen dort auch viel an Europäer, also keine Sorge!“

„Perfekt! Ich freue mich! Wir haben sicher auch Zeit, danach noch in andere Läden zu schauen und eventuell noch was zusammen zu essen. Ich kenne nen richtig guten Burgerladen in Kyoto! Ich brauche glaube ich mal wieder was gutes, deftig-fettiges amerikanisches!“

Law sah zu Kid, schmunzelte etwas dabei.

„Wie? Kommt dir das gesunde, japanische Essen schon zu den Ohren raus?“

Kid grinste.

„Irgendwann tut es das tatsächlich... und dann brauche ich mal wieder einen guten Schuss Kohlenhydrate! Und der Laden hier in Kyoto ist der beste in Japan, die sind fast so gut wie in der Heimat! Warst du schon mal so nen richtig guten Burger essen?“

Law sah wieder auf die Straße.

„Ich habe schon des Öfteren Burger gegessen, aber so richtig gut fand ich die nie. Aber vielleicht waren es auch einfach die falschen. Ich lasse mich gerne von einem richtig guten mal überzeugen!“

„Oh, dann waren es ganz sicher die falschen. Ich zeige dir heute mal richtig Gute!“

„Na gut, abgemacht!“
 

Kid parkte kurz darauf den Wagen einige Straße entfernt von dem Kimono-Geschäft, das Law anstrebte. Es lag in einer Fußgängerzone, sodass sie ohnehin würden laufen müssen. Er folgte Law und wieder war in ihm der Drang, nach der Hand des anderen zu greifen. Die körperliche Nähe zu ihm war Kid in so kurzer Zeit so unendlich wichtig geworden, dass er sich kaum zügeln konnte. Allerdings wäre das mitten in Kyoto doch etwas zu auffällig. Da stach er ohnehin schon genug durch seine Körpergröße und Haarfarbe heraus, also ließ er es bleiben.

Sie liefen gut fünf Minuten und Kid merkte dabei tatsächlich, dass es ihm nicht so gut ging, wie er es vor Law darstellte. Allein dieser kurze Fußmarsch strengte ihn an und er unterdrückte es, zu husten, oder zu schwer zu atmen. Er war nur froh, als sie das Geschäft endlich erreichten.

„Da wären wir... Hier finden wir auf jeden Fall etwas!“, sagte Law, als sie ankamen. Allein die Auswahl im Schaufenster beeindruckte Kid. Die Kimonos waren wunderschön, sowohl für Herren, als auch für Damen und die Stoffe sahen hochwertig und edel aus.

„Das gefällt mir schon jetzt... lass uns rein!“

Drinnen wurden sie von einer jungen Japanerin begrüßt, die ihnen gleich ihre Hilfe anbot und Kid und Law zu den passenden Größen führte. Kid besah sich einige Kimonos, aber er war, wenn er ehrlich war, modisch nicht sonderlich begabt.

„Ich hab keine Ahnung, was für Farben mir stehen, ehrlich gesagt... ich trage sonst nur schwarz!“ sagte er etwas hilflos zu Law. Die Verkäuferin kümmerte sich gerade um einen anderen Kunden und ließ die beiden erstmal schauen.

„Wär mir jetzt gar nicht aufgefallen, dass du sonst nur schwarz trägst!“, witzelte Law. Kid zog kurz eine Schnute.

„Haha...!“ murrte er und sah wieder auf die Kimonos. Law schmunzelte und kam zu ihm, zog einen dunkelblauen mit schlichtem, rotem Muster raus.

„Wie wär‘s damit? Schwarze gibt es auch genug, aber ein bisschen Farbe an dir würde mir auch gefallen!“ sagte er sanft und lächelte ihn an.

Kids Gesicht entspannte sich wieder und er besah den Kimono. Er gefiel ihm. Der Kragen und das Bindeband waren im selben, dunklen Rot wie das dezente Muster.

„Der ist schön, ja...!“

„Du solltest ihn einfach mal anprobieren, dann kannst du das denke ich besser entscheiden. Wenn er dir nicht gefällt, können wir immer noch einen von den schwarzen probieren!“

„Hm, ja... dann probiere ich ihn mal an. Hast du schon einen für dich ins Auge gefasst?“ Law schmunzelte etwas und ging mit Kids Kimono in Richtung der Umkleide voraus.

„Noch nicht... erst bist du dran, du bekommst den doch alleine gar nicht gebunden!“ Wieder neckte Law ihn grinsend, doch Kid konnte das leider nicht abstreiten. Auch er musste grinsen und folgte ihm.

„Hast du Angst, dass die arme Verkäuferin mir helfen muss?“

„Ein bisschen...“ Law war an der Umkleide angekommen und sah ihn leicht lasziv an. „Früher waren die Männer darunter nämlich nackt... nicht, dass sie noch umfällt, bei deinem...!“ Law sprach es nicht aus, doch er sah kurz, aber deutlich auf Kids Schritt, ehe er grinsend in der Umkleide verschwand.

Kid hatte mit so einer Anspielung nicht gerechnet. Natürlich kannte Law Kids Gemächt schon, sie waren immerhin inzwischen mehr als einmal zusammen baden gewesen. Doch auf seine beachtliche Größe hatte Law noch nie angespielt.

Kid folgte seinem Freund grinsend in die Umkleide, Law hing gerade den Kimono an den Haken, wollte ihn vom Bügeln nehmen. Er stand dabei mit dem Rücken zu Kid und bevor Law den Kimono runter nehmen konnte, griff er ihn an der Hüfte und zog ihn zu sich.

Law stieß mit dem Rücken gegen Kids starke Brust und spürte kurz darauf dessen Atem an seinem Ohr.

„Du weißt, DU darfst da jederzeit hinsehen... und mehr...!“ Die Stimme an Laws Ohr war ein tiefes, rauchiges flüstern. Law überkam eine Gänsehaut, es machte ihn an. Der feste Griff an seiner Hüfte, Kids stark Brust an seinem Rücken... und vor allem spürte er Kids Gemächt durch die Hose an seinem Hintern. Sofort wurde Law heiß und kalt. Er drehte etwas den Kopf, sodass er Kid ansehen konnte. Und auch wenn er noch immer Angst davor hatte...

„Ich weiß... und das will ich...!“ hauchte er flüsternd mit leichter Erregung in der Stimme. Wie schaffte Kid es, ihn so leicht anzumachen?

„Ich will... dich anfassen, Kid... wenn du heute Nacht zurückkommst... dann will ich dich berühren!“

Kid erregten Laws Worte wohl genauso sehr, wie umgekehrt. Law wollte es... sie würden weiter gehen. Kid konnte es kaum abwarten.

„Am liebsten würde ich dich hier und jetzt berühren... aber ich gedulde mich bis später... ich kann es kaum abwarten!“ raunte er leise. Die sexuelle Spannung zwischen den beiden war enorm und Law musste nicht antworten, dass Kid wusste: Auch er würde es am liebsten sofort tun. Der Kuss, der folgte war unausweichlich gewesen. Ihre Zungen fuhren nahezu zeitgleich aus ihren Mündern und sie begannen ein intensives Zungenspiel.

Kid war es, der es nach kurzer Zeit abbrach und sich auch sonst von Law löste.

„Wenn wir jetzt weiter machen, hab ich gleich nen harten, und das sieht man im Kimono!“

Law ging es ähnlich und er grinste schelmisch.

„Dann würde die arme Verkäuferin doch noch umfallen... das lassen wir lieber und heben es für heute Abend auf!“

„Ich kann‘s kaum abwarten!“ Das konnte Kid wirklich nicht. Er wusste, wie viel Überwindung das ganze Law kosten würde. Aber er hatte das Gefühl, Law wollte es wirklich. Für sich selbst und für Kid.

„Dann zieh dich mal aus...!“ Law grinste noch immer und nahm den Kimono vom Bügel.

„Für dich doch immer!“

Gesagt, getan. Kurz darauf half Law Kid schon in den Kimono und band ihn ordnungsgemäß. Kid sah in den großen Spiegel und es gefiel ihm. Nur das schwarze Haarband dazu sah etwas unpassend aus. Auch die hatte er nur in schwarz.

„Hm, vielleicht finden wir noch ein Haarband in Blau... ich finde, das passt irgendwie nicht!“ sagte Kid und fuhr darüber. Law blickte ebenso an ihm vorbei in den Spiegel.

„Warum... gehst du nicht mal ohne?“ fragte Law sanft. Er wusste natürlich, dass Kid damit einen Großteil der Narben versteckte. Law hatte sich inzwischen völlig an sie gewöhnt, abends legte Kid das Haarband immer ab. Vorsichtig griff er an den Knoten an Kids Hinterkopf und löste es. Seine Haare fielen dabei nach vorn in sein Gesicht. Law hatte erwartet, Kid würde ihn aufhalten, aber das geschah nicht. Kid ließ es zu. Doch sein Gesichtsausdruck im Spiegel gefiel Law ganz und gar nicht. Kid blickte traurig und unglücklich in sein eigenes Spiegelbild. Sanft legte dieses Mal Law von hinten seine Arme um seinen Freund und lächelte ihn über den Spiegel an.

„Ich finde du siehst... wunderschön aus, Kid...!“

Die Worte klangen in Kids Ohren seltsam.

„Wunder... schön?“ fragte Kid leise und blickte nicht Law, sondern immer noch sich selbst an. „Ich... bin doch nicht schön...“ Kid konnte selbst Law das nicht glauben. Er konnte sich nicht erinnern, je schön genannt worden zu sein. Nicht mal seine Mutter hatte ihn je wieder so genannt, nachdem sein Vater ihm diese Wunden zugefügt hatte. Wenn er geweint hatte und sich als hässlich bezeichnet hatte, hatte seine Mutter nur auch geweint. Sie hatte ihn in den Arm genommen, ihm gesagt, wie Leid es ihr täte, und einfach geweint. Niemals hatte sie ihm gesagt, er wäre dennoch schön. Law war der erste.

„Doch... du bist schön, Kid!“ Law löste sich etwas, aber nur um Kid umzudrehen, dass er ihn wieder ansah. Vorsichtig hob Law seine Hand und legte sie an seinen Kopf, direkt neben die Narben. Er wusste, wie wenig Kid dort angefasst werden wollte, doch Law wagte es. Er strich mit dem Daumen sanft über die Narben, die nahezu parallel über seine Stirn gingen und sich ab der Augenbraue teilten. Die eine lief über sein Auge bis zur Hälfte seiner Wange. Die andere zog sich über Kids Schläfe, vorbei an seinem Ohr und bis auf seinen Hals, wo sie irgendwann im Kimono verschwand. Law wusste, sie ging noch weiter, über die Schulte, bis zu seiner Brust. Doch Laws Daumen kam ohnehin nicht weiter als bis zu seiner Augenbraue.

Kid griff nach der Hand, hielt sie auf und schloss die Augen. Law merkte am festen Griff um sein Handgelenk, wie schmerzlich die Erinnerung daran für ihn war.

„Deine Haare glänzen wie Kupfer...!“, sagte Law sanft.

„Was?“ Kid verstand noch immer nicht, was genau Law an ihm schön fand, sah ihn aber wieder an.

„Wenn die Sonne dich anstrahlt, glänzen deine Haare wie pures Kupfer... Deine Haut ist so weich... ich liebe deine Muskeln... und am schönsten sind deine Augen... so eine Farbe habe ich noch nie bei jemandem gesehen... und wenn du mich ansiehst, sehe ich darin eine Wärme, die niemand sonst ausstrahlen kann. Alles an dir ist einfach schön... und das solltest du auch endlich erkennen...!“

Kid sah Law ungläubig an. Die Worte taten so gut, und dennoch plagten Kid zweifeln.

„Aber... überall bin ich... meine vielen Narben, sie...“

„...sie gehören zu dir, Kid...!“, unterbrach Law ihn. Vorsichtig löste er seine Hand wieder aus der von Kid, legte sie wieder auf die Narben in seinem Gesicht. „Natürlich wünsche ich mir, du hättest sie nicht... aber nicht, weil ich sie hässlich oder abstoßend finde, sondern einfach weil ich mir wünsche, man hätte dir all das nie angetan. Aber so ist es nun mal... sie gehören zu dir... und ich finde nichts an dir hässlich. Im Gegenteil... ich hätte niemals geglaubt, dass ich einen Mann je so schön finden könnte.“ Law lächelte, und endlich zog sich auch auf Kids Lippen wieder ein gerührtes lächeln.

„I-Ich...!“ Kid wusste nichts zu sagen. Laws Worte überwältigten ihn, und so legte er einfach nur die Arme um ihn, zog ihn fest zu sich.

„Ich... werde zum Kimono kein Haarband tragen...!“ murmelte er leise an Laws Halsbeuge. Law verstand es trotz dem Genuschel und lächelte zufrieden, strich Kid sanft über den Rücken.

„Ich freu mich drauf!“ hauchte Law sanft.
 

Kid brauchte noch einen Moment, bis er sich wieder beruhigt hatte, doch danach strahlte er umso mehr. Er entschied sich für den blau-roten Kimono, den Law ihm ausgesucht hatte, ohne noch einen anderen anzuprobieren. Für Law suchten sie einen schwarzen mit gelben Musterungen aus. Er stand ihm einfach fantastisch, wie Kid fand. Kurz darauf verließen sie zusammen das Geschäft. Kid hatte sein Haarband trotzdem wieder angezogen, er fühlte sich einfach wohler, aber Laws Worte würde er nie vergessen. Dass der Mann, in den er sich verliebte, ihn auch attraktiv, sogar ‚wunderschön‘ fand, beflügelte Kid.

Ihre Shoppingtour zog sich noch durch einige Geschäfte und Kid war danach um ein paar Kleidungsstücke reichen. Vor allem um ein paar, die nicht nur schwarz waren. Law hatte einen ausgezeichneten Geschmack und half Kid, etwas auszusuchen.

Es war bereits Nachmittag, als sie den Burgerladen erreichten und Kid sich an einen freien Tisch setzte. „Ich gehe mal eben auch die Toilette!“ kündigte Law an, noch bevor er sich auf seinen Stuhl gesetzt hatte.

„Okay, bis gleich!“ Kaum war Law verschwunden, brachte die Kellnerin die Karte und Kid bestellte zwei Cola. Doch statt auf die Karte danach zu gucken, ließ Kid den Kopf etwas sinken und stützte ihn mit der Hand ab. Er merkte die Anstrengung langsam immer mehr, es fröstelte ihn auch immer wieder kurz und jetzt da Law einen Augenblick weg war, ließ er ein kurzes Husten zu.

„Scheiße...!“ murmelte er leise zu sich. Jetzt krank zu werden konnte er so gar nicht gebrauchen. Sein Vorhaben heute Abend war äußerst gefährlich und vor allem körperlich anstrengend. Aber er musste es durchziehen, völlig egal was kam.

Als Law von der Toilette wieder kam, sah er Kid etwas zusammengesunken an ihrem Tisch sitzen. War er doch krank? Die Kellnerin brachte gerade ihre Getränke und Kid schien regelrecht hochzuschrecken. Als er Law sah, grinste er ihn an und schien wieder voll da, keine Spur mehr von Krankheit, doch Law glaubte langsam, dass Kid einfach nur ein guter Schauspieler war.

„Alles okay?“ fragte Law, als er wieder am Tisch saß.

„Alles bestens... ich hab dir schon mal ne Cola bestellt.“, antwortete Kid und nahm die Speisekarte in die Hand.

„Danke, aber... bist du sicher? Du sahst von weitem gerade nicht so aus... was ist los, Kid?“

Kid sah von der Karte auf, lächelte aber.

„Nur das übliche Nachmittagstief... aber nach was Gutem zu Essen geht es mir ganz sicher besser, das gibt Energie!“

Law war immer noch skeptisch, aber vielleicht war das ja wirklich der Grund. Law hoffte es.

„Hm, okay...!“ Auch er nahm die Karte zur Hand und sah darauf. Es gab eine riesige Auswahl an Burgern und Law wusste nicht, was er von manchen Kombinationen halten sollte. Er entschied sich für einen Avocado-Burger, Kid wählte den BBQ-Burger mit doppeltem Fleisch, dazu Pommes.

„Du schlägst ja richtig zu!“ sagte Law grinsend, nachdem die Bedienung ihre Bestellung aufgenommen hatte.

„Ja, ich muss ja wie gesagt wieder zu Kräften kommen. Ich habe viel vor heute!“ Kid grinste ebenso und trank einen Schluck Cola.

„Kann ich dich denn mit einem Taxi gleich zurück schicken? Ich würde dich zwar lieber heimfahren, aber ich bin lieber zu früh dort, als zu spät!“

Law lächelte.

„Klar kannst du das, ich bin schon groß, und es gibt eine private Taxifirma hier, mit der ich schon oft gefahren bin. Die rufe ich gleich an... um mich musst du dir wahrlich keine Sorgen machen!“

„Da bin ich beruhigt. Ich hab den Tag heute mit dir echt genossen! Du wärst auch ein guter Modeberater geworden!“ sagte er neckisch grinsend. Law lachte kurz.

„Danke, das nehme ich als Kompliment! Ich hab es auch genossen... mal wieder ganz normal zu sein, irgendwie!“

Kid nickte.

„Ja, irgendwie schon...!“ Ganz normal sein... würde er das überhaupt können? Er sah zu Law und fragte sich, ob der andere sich das wünschte. Wenn sie endlich wieder frei wären, würde Law dann ein ganz normales Leben führen wollen? Kid konnte sich das schwer vorstellen. Er wusste nicht, ob er Law diesen Wunsch würde erfüllen können. Vielleicht war ihre Beziehung schon jetzt zum Scheitern verurteilt, wenn Kid danach weiter ein Leben als Verbrecher führen wollte.

„Was ist?“ fragte Law plötzlich und riss Kid damit aus seinen Gedanken.

„Nichts... wieso?“

„Du hast mich so seltsam angeschaut... alles okay?“

Kid riss sich wieder zusammen und lächelte.

„Ja, alles gut, ich war nur in Gedanken gerade woanders, tut mir Leid...!“

Er wollte darüber jetzt auch nicht weiter nachdenken. Wer wusste schon, wie sich alles entwickelte.

„Wo denn?“ fragte Law weiter nach.

„Bei heute Abend... aber das wird schon alles klappen, ich bin gut vorbereitet, keine Sorge!“

Law machte sich aber Sorgen. Kids Blick war gerade unglücklich gewesen, verbissen, als hätte er ein Problem, aber keine Lösung. Law fragte sich, ob er wirklich an den Auftrag gedacht hatte... oder an etwas anderes.

„Wenn du... Hilfe brauchst, dann... du weißt, ich kann auch...“

„Ich weiß... aber das muss ich alleine durchziehen. Nicht weil ich denke, dass du schwach bist, aber ich muss nah ran und je weniger Menschen, desto unauffälliger!“

Law nickte, auch wenn er kein gutes Gefühl hatte.

„Okay, aber... wenn es dir nicht gut geht... oder es zu gefährlich wird, dann brich bitte ab. Ich weiß, wie wichtig das ist, aber... ER ist es nicht wert.“

Kid wusste natürlich genau, was Law damit meinte.

„Ich weiß... ich gehe kein allzu großes Risiko ein, versprochen!“

In dem Moment wurden auch ihre Burger gebracht und sofort stieg Kid ein wunderbare Duft in die Nase.

„Hmmm, wie hab ich das vermisst!“ Der Geruch von Frittierfett und frisch gebratenem Burger war einfach umwerfend.

„Guten Appetit, lass es dir schmecken!“

Auch Law fand den Anblick seines Essens äußerst appetitlich, das hätte er gar nicht erwartet.

„Danke, du auch!“

So gut, wie es aussah, schmeckte es auch. Law genoss sein Essen in vollen Zügen, klaute auch Kid ab und an eine Pommes. Der teilte sonst nicht, aber bei Law machte ihm der Pommesklau überhaupt nichts aus. Er teilte sogar gerne mit ihm.

Beim Essen sprachen sie über schönere Dinge und lachten viel, vor allem über Laws Unfähigkeit, den Burger ohne kleckern zu essen. Doch als sie das Restaurant verließen, Law hatte bereits das Taxi bestellt, war die Stimmung etwas getrübt.

„Bitte, pass auf dich auf, Kid... Ich werde warten, bis du zurückkommst!“ sagte er leise und griff nach seiner Hand. Ihm war gerade egal, ob man sie hier auf dem Parkplatz vom Restaurant sehen konnte. Er wollte die Minuten, bis das Taxi kam, noch nutzen.

„Es kann aber spät werden... schlaf ruhig, wenn du kannst... ich wecke dich, sobald ich zurück bin!“ sagte er sanft und strich ihm über die Wange, gab ihm einen Kuss auf den Kopf. In dem Moment kam auch schon das Taxi. Etwas unglücklich löste Law sich.

„Okay... dann, bis später!“

Kid lächelte.

„Bis später.“
 

Law stieg in das Taxi und wank Kid nochmal, als der Fahrer schon los fuhr. Trotzdem blieb das ungute Gefühl in ihm, bis er abends im Bett lag. Er hatte von Kid nichts mehr gehört, aber das wunderte ihn weniger. Der Rothaarige hatte sein Handy bei Aufträgen meistens entweder im Auto, oder er machte es aus, um nicht versehentlich durch ein Geräusch des Mobiltelefons entdeckt zu werden. Oder sich selbst abzulenken mit Nachrichten.

Law versuchte zu schlafen, doch seine Gedanken hingen ständig an Kid. Je mehr er an den Auftrag dachte, desto größer wurde die Sorge in ihm. Also versuchte er an etwas anderes zu denken. Zumindest an die schönen Erlebnisse des Tages. Wie sie in der Umkleide fast übereinander hergefallen waren. Sie würden endlich weiter gehen, wenn Kid zurück war. Law konnte es kaum abwarten, er wollte ihn so gerne für den Stress der letzten Tage entlohnen und verwöhnen, das hatte er verdient. Ihn völlig zum Entspannen bringen... und mit den guten Gedanken an Kid und ihre Beziehung schlief er irgendwann doch ein. Kein Traum und kein Geräusch weckte ihn diese Nacht... auch kein Kid. Als Law die Augen wieder aufmachte, war es bereits hell im Zimmer.

„Kid...?“ fragte er leise und drehte sich um, doch da war niemand. Laws Bett war leer...

Kid war nicht zu ihm zurückgekommen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Katsumi-Youko
2020-01-03T14:25:48+00:00 03.01.2020 15:25
Oje oje... Wo steckt denn kid? Armer Law... Ich kenn das auch... (wenn mein Mann Nachtdienst hat und früh um sieben noch nicht im Bett ist)

Ist ja aber auch egal... Schön geschrieben... Die shopping tour fand ich sehr gut und laws einfühlsame worte an kid, bezüglich seiner Erscheinung waren unheimlich schön... In der kurzen Situation davon hab ich im ersten Augenblick gedacht, die fallen gleich im laden übereinander her... Wäre sicher genau so nice gewesen, wie laws versprechen an kid, es nach getaner Arbeit zu machen...

Ich freu mich auf mehr... Bei der Länge des Kapitel war die Wartezeit gar nicht so schlimm... Aber mach dir keinen Stress... Ich warte gern...

Also bis die Tage

Lg Youko
Antwort von:  -MyNameisKid-
03.01.2020 23:12
Ja, das muss ein schreckliches Gefühl sein :( glaub ich dir!

freut mich, dass es dir gefällt >3< ich arbeite schon fleißig am nächsten!


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