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Sein Blick traf mich wie eine Kugel

von

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No.27

Nachdem Kid sich von Law verabschiedet hatte, zündete er sich noch eine Zigarette an, bevor er zu seinem Auto zurückging. Ihm fiel dabei auf, dass er deutlich weniger rauchte, seit er mit Law zusammen war. Eigentlich tat er das auch nur, wenn er gestresst war und bei Law war er die meiste Zeit so entspannt, wie noch nie in seinem Leben.

Heute schmeckte die Zigarette kein bisschen und er musste davon husten. Er schmiss sie weg, noch bevor er sie halb aufgeraucht hatte. Er stieg in seinen Wagen und atmete einmal tief durch, ließ den Kopf einen Moment auf das Lenkrad sinken. Nur noch heute Abend, dann würde er sich ausruhen und auskurieren können. Aber er musste das durchziehen, also richtete er sich wieder auf und startete den Motor.

Kid fuhr auf direktem Weg zu seinem Zielort: Der extrem stark bewachten Villa des Politikers. Er hatte in die letzten Tage auf Schritt und Tritt verfolgt. Der Mann war niemals alleine. Offenbar wusste er, dass man es auf ihn abgesehen hatte, seine Security war stets in hoher Anzahl in seiner Nähe und bot Kid keine Möglichkeit, ihn zu eliminieren. Die einzige Zeit, in der er nicht bewacht wurde war, wenn er nachts im Bett neben seiner Ehefrau lag. Zumindest standen keine Security unmittelbar um sein Bett. Das Haus und das große Grundstück drum herum waren voll mit Wachen. Und mit Überwachungskameras. Kid hatte die letzten Nächte vor allem damit verbracht, die Laufwege, Schichtwechsel und Bewaffnung der Wachen rund um das Haus, und so gut er konnte durch die Fenster auch im Haus, abzuchecken. Er hatte jede einzelne Kamera, und die exakte Ausrichtung, den Einfallswinkel und wann welche Kamera sich wohin drehte, erfasst. Kid wusste ganz genau, welchen Weg er zu welcher Zeit gehen musste und an welcher Wand er nach oben ins Schlafzimmer im ersten Stock klettern konnte. Und natürlich wusste er auch, wie lange genau er Zeit hatte, um den Rückweg anzutreten.

Hätte er Law davon erzählt, hätte er ihn sicher abhalten wollen. Und eigentlich hätte er damit auch recht gehabt. Normal wagte Kid sich nie in Gebäude, solange er es nicht musste. Doch von außen zu schießen war keine Option gewesen. Die Villa stand frei, bis zu den nächsthöheren Gebäuden war es zu weit, und wenn es eines gab, konnte er von dort aus nicht das Schlafzimmer einsehen. Also musste er wohl oder übel rein.

Natürlich liebte Kid auch irgendwie die Herausforderung, aber anders als bisher im Leben hatte er jetzt etwas zu verlieren. Jemanden zu verlieren. Kid war sein Leben nicht mehr egal, und deswegen würde er besonders vorsichtig sein. Er wartete in etwas Entfernung bis die Uhr Mitternacht schlug, dann verließ er sein Auto und machte sich auf den Weg zur Villa. Er hatte nur eine einzige Waffe dabei, natürlich mit Schalldämpfer, dem besten, den es auf dem Markt gab. Er war komplett schwarz gekleidet, die Haare unter der Mütze versteckt und ein Halstuch um den Mund, sodass man nur seine Augen sah.

Schnell hatte er sich an der Mauer entlang zu der Stelle geschlichen, wo er sie gefahrlos überqueren konnte. Kid sah auf die Uhr: Nur noch wenige Sekunden, dann war es exakt viertel nach Zwölf. Schichtwechsel war um halb eins, diese Zeit würde er abpassen, um zu verschwinden. Erfahrungsgemäß waren Wachen an ihrem Schichtende besonders unaufmerksam, was Kid natürlich in Vorteil brachte. Er sah nach oben auf die Mauer, die Kamera drehte sich weg und in dieser Sekunde sprang Kid mit einem enormen Satz so hoch, dass er sich an der Kante der Mauer festhalten und hochziehen konnte. Er blieb eine Sekunde flach auf ihr liegen, sah nach unten. Die Wachen entfernten sich gerade von ihm und er rollte sich zu Seite, landete kaum hörbar hinter einem Gebüsch und war auf dem Gelände. Vorsichtig und leise schlich er sich Stück für Stück durch den Garten, suchte Schutz hinter Hecken und Bäumen, bis er unbemerkt die Stelle erreicht hatte, an der er in den ersten Stock klettern konnte. Direkt über ihm war ein kleiner Balkon, hinter dem das Schlafzimmer lag. Kid schaute nach links und rechts, es war niemand in Sicht, genau wie geplant, und wieder kam ihm seine enorme Größe und Kraft zu gute. Er kletterte ungesehen in den ersten Stock. Allerdings merkte er dabei deutlich, dass er nicht seine ganze Kraft aufbringen konnte. Als er oben ankam und hinter der Brüstung Schutz suchte, keuchte er angestrengt. Er versuchte, sich wieder so schnell es ging zu fassen, doch ihm war für einen Moment schwindelig. Er griff sich an die Stirn, merkte unter der Mütze die Hitze, die davon ausging.

„Nicht jetzt...!“ ermahnte er sich in Gedanken und sah zu der großen Balkontür. Dahinter lag das Schlafzimmer im Dunkeln. Er sah die beiden Gestalten im Bett liegen. So wie erhofft.

Leise brach er die Tür auf und schlich in das Schlafzimmer.

Er hörte ein recht lautes schnarchen, schloss die Tür deswegen wieder leise hinter sich. Als er neben das Bett trat, war allerdings nicht er, sondern SIE diejenige, die schnarchte. Kid verzog kurz das Gesicht, die Waffe hatte er bereits in der Hand und richtet sie auf den Kopf des Politikers. Kid sah auf die Frau. Sie schlief wie ein Stein, doch wenn sie aufwachte, würde er sie auch töten müssen, bevor sie einen Mucks machte.

Kid zögerte. Er hatte noch nie gezögert, doch das schlafende Ehepaar tat ihm Leid... vor allem die Frau. Wenn sie seelenruhig weiter schlief und Kid sie verschonte, würde sie morgen neben ihrem toten Ehemann aufwachen. Er stellte sich vor, wie er sich fühlen würde, würde er neben Law aufwachen und dieser wäre tot. Was war nur los? Bisher hatte er noch nie solche Gedanken gehabt, er hatte noch nie Mitleid gehabt... sicherlich hatte auch dieser Mann vor ihm jede Menge Dreck am Stecken... welcher Politiker hatte das nicht. Und dennoch war er ein geliebter Ehemann, Sohn oder Bruder.

Aber Kid hatte keine Wahl. Er hatte keine Zeit zu trödeln und schon gar keine Möglichkeit abzubrechen. Also drückte er ab. Der Schuss war kaum zu hören, der Mann zuckte nicht mal groß. Sein Blut verteilte sich einfach auf dem Kissen und Kid zielte in derselben Sekunde schon auf die Frau. Sie rührte sich nicht. Kid war kurz davor, trotzdem abzudrücken, um ihr das Leid am kommenden Morgen zu ersparen, doch er tat es nicht. So hatte die Familie wenigstens nur einen Tod zu betrauern.

Kid schlich wieder nach draußen, schloss die Tür hinter sich kaum hörbar und war wieder auf dem Balkon. Er sah auf die Uhr. Kurz hatte er befürchtet, zu lange gebraucht zu haben, doch es war ganz genau halb eins. Er sah hinab in den Garten: Niemand war zu sehen. Also kletterte er so schnell und so leise es ging wieder nach unten. Er spürte, wie er kaum noch die Kraft hatte, seinen nicht gerade leichten Körper, zu halten. Als er unten ankam war ihm schon wieder schwindelig. Schnell fing er sich wieder und schlich zurück zur selben Stelle an der Mauer, über die er gekommen war. Nur noch drüber und dann hatte er es geschafft.

Kid sah sich um, noch immer keine Wache in Sicht. Also sprang es. Es war zwar hoch genug, dass er die Kante greifen konnte, doch als er sich hochziehen wollte, schaffte er es kaum. Er sah zur Seite, die erste Wache kam wieder in Sicht. Kid mobilisierte seine allerletzten Kräfte und zog sich hoch. Er rollte über die Mauer und zur anderen Seite runter. Seine Landung hier war allerdings keineswegs elegant, er landete unsanft auf dem Boden. „Shit...!“ fluchte er leise. Hier auf der anderen Seite war glücklicherweise niemand, die Straße war verlassen und keine Menschenseele in Sicht.

Unsicher und wacklig rappelte er sich wieder auf und wankte zu seinem Auto zurück. Er zog das Halstuch vom Mund und hustete. Sein Atem war beschleunigt und ihm war unfassbar schwindelig, als er endlich den Wagen erreichte. Müde ließ er sich auf seinen Sitz sinken und schloss einen Moment die Augen. Alles drehte sich... wie sollte er den Heimweg nur schaffen? Das Onsen lag am anderen Ende von Kyoto in den Bergen, er brauchte mindestens 45 Minuten. Aber hier zu bleiben war definitiv zu gefährlich, weswegen Kid nach kurzer Pause den Motor startete und zurück fuhr.

Der Weg kam ihm endlos vor und mehrfach hatte er das Gefühl, beim Fahren ohnmächtig zu werden. Irgendwie schaffte Kid es dennoch, sicher an seinem Ziel anzukommen. Mit dem Chip, den er von der Familie bekommen hatte, öffnete er das Tor und fuhr auf den Parkplatz vor dem Onsen. Wieder machte er kurz Pause, bevor er den Wagen verließ und das Haus betrat. Leise und langsam bahnte er sich den Weg zu seinem Zimmer. Er wollte zu Law, aber nicht in seinen dreckigen Klamotten... sie hatten Blutspritzer und Schmauchspuren, also betrat er zuerst sein eigenes Zimmer. Als Kid die Mütze abzog merkte er, wie verschwitzt er darunter war. Sein Haar klebte an seiner glühenden Stirn. Das Umziehen dauerte ewig, Kid saß dafür sogar auf dem Bett. Als er endlich fertig war, wollte er aufstehen, um zu Law zu gehen, der würde ihm sicherlich auch helfen können. Doch wieder packte ihn der Schwindel, so sehr, dass er zurück aufs Bett sank.

„Scheiße...!“ fluchte er leise und ließ sich für einen Moment in sein Kissen sinken. Er brauchte eine kurze Pause... Er fragte sich, was das war... er hatte seit Jahren kein Fieber mehr gehabt, geschweige denn dass er krank gewesen war. Nicht mal ein Schnupfen. Kid wollte eigentlich wieder aufstehen, rüber zu Law gehen. Doch er konnte nicht. Er schloss die Augen und driftete augenblicklich weg. Er lag ohne Decke und nur halb auf seinem Bett, das Fieber hatte ihn völlig im Griff.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Katsumi-Youko
2020-01-05T17:58:52+00:00 05.01.2020 18:58
Die Frau des Politikers kann einem schon geringfügig Leid tun...

Schön das kid 'zuhause' angekommen ist und ihm auf dem Weg nichts passiert ist... Blöd nur, dass das fieber ihn so außer Gefecht gesetzt hat und er es leider nicht mehr zu law geschafft hat... Ist wirklich schade

Mal wieder sehr fesselnd und mitreißend

Freu mich auf mehr, also bis die Tage

Lg Youko
Antwort von:  -MyNameisKid-
12.01.2020 21:20
gerade geht es leider sehr schleppend voran, aber ich hoffe du freust dich über das neue kapitel >3<
liebe grüße, Kid <3
Antwort von:  Katsumi-Youko
13.01.2020 07:02
Ich freu mich sehr... Bin leider gerade in einer ähnlichen Situation wie Kid und liege gänzlich entschärft im Bett...
Antwort von:  -MyNameisKid-
13.01.2020 20:56
oh nein, du arme! gute besserung >3<
Antwort von:  Katsumi-Youko
13.01.2020 21:14
Danke *hust, schnief, thermometer ausspuckt und tee trink*

Ich hasse den winter echt so hart...


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