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Glücksverfluchte

Die Champions von Asteria
von

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Eisen und Gold Teil 2

Als Nomizon und ihr Vater durch die Pforten schritten, herrschte eine gar gespenstische Stille auf dem Hof; allen war der Atem gestockt, als der Engel der Stadt in einem Kleid zu ihnen trat, das eines Himmelswesens würdig war.

Das Silber ihrer Haare schmeichelte dem weißen Tüll, der als langer, vierlagiger Rock hinunterging bis zu einer weiten Schleppe aus feiner Spitze, die sie hinter sich herzog. Das Oberteil indes ging hinter dem Korsett mit Bustier in den Schnitt eines offenen Kimonos über, dessen Ärmel halb durchsichtig waren, und weit über ihre Fingerspitzen reichten, wodurch ihre Arme zu geisterhaften Schemen wurden. Das Korsett war mit weißer Seide geschnürt worden, so engmaschig und so oft übereinanderliegend, dass der Anschein eines Obi, des zum Kimono passenden Stoffgürtels entstand. Das restliche Band wurde an ihrem Rücken zu einer komplexen, mehrfach gebundenen Schleife, die in ihrer Form einer weißen Blume ähnelte.

Anders als beim Gouverneur war nicht Gold die vorherrschende Farbe des Schmucks, sondern Silber und Blau: Das großzügig präsentierte Dekolleté schmückte ein großes Collier aus purem Silber besetzt mit unzähligen Steinen aus Kobalt und Saphiren, am Rock hingen blitzende silberne Ketten, die mit Saphirstaub gesprenkelt waren und in ihrem Haar waren unzählige leuchtende Blumen der Nacht wie eine Krone eingewoben worden; Mondlichtenziane, violette und schwarze Orchideen, Sternenblüten... die Liste war lang und so mancher Pflanzennarr würde wohl bei dem Anblick einen Herzanfall erleiden.

Zuletzt rundete ihre Maske alles ab: Eine schneeweiße Augenmaske mit einem langen, silbernen Schnabel, die nur an der Stirn eine große, buschige Feder besaß, die im Grundton hellblau schimmerte, aber unzählige silberfarbene Akzente besaß.

Und während sich die Schleppe über den Boden in Richtung Altar bewegte, erblühten aus den Rillen des Holzstegs unzählige Nachtblumen, die die stumm staunenden Beobachter in ein mystisch-bläuliches Licht hüllten, bevor sie kurz darauf wieder erstarben.

Hätte jemand in diesem Moment behauptet, man hätte es mit dem Herabstieg einer Göttin zu tun, dann wären seine Worte sicherlich nicht angezweifelt worden...
 

Ezra hatte in seinem Angriff auf die Canapés innegehalten, und er hielt noch das eine in der Hand, während er mit dem Zerkauen des anderen aufgehört hatte und nun mit halboffenem Mund auf die Schönheit starrte, die an ihm vorbei schritt.

Er kannte schöne Prinzessinnen ebenso wie hässliche und daher gab er nur wenig auf den Ruf des Adelstitels einer Person, doch noch nie zuvor war er jemals der Gouverneurstochter von Shinju begegnet...

Vielleicht war es seiner Nervosität, wahrscheinlich dem umwerfenden Outfit und ganz sicher der einzigartigen Inszenierung ihres Auftritts geschuldet, aber langsam verstand er, warum Enzo befürchtet hatte, dass er sich verplapperte – oder gar schlimmeres machte. Aber was sollte er schon machen, sie traf leider genau seinen Geschmack: Stolz, grazil und doch mit diesem Hauch der schüchternen Unbeflecktheit versehen. Bei aller lüsterner Gafferei, war ihm aber zugleich bewusst, dass er sich möglichst schnell aus diesem Schloss bewegen sollte. Denn in der Nähe dieser Frau konnte er wahrlich nicht garantieren, immer einen klaren Kopf zu bewahren...
 


 

Celeste konnte sich des Neids kaum erwehren, als die Prinzessin unter den minimalistischen Klängen eines Shamisen ihr zunickte. Warum nur hatte sie ihre Maske nach oben geschoben, damit sie besser sehen konnte? Denn nun musste sie Nomizon direkt in ihre goldenen Augen schauen und an sich halten, das Wasser in den ihren zu unterdrücken.

Sie wollte sie hassen, sie wollte sich sagen, dass die Unschuld der Prinzessin nicht mehr als eine Farce war. Doch gerade musste sie vor allem darauf achten, ihrem Anblick nicht selbst zu verfallen, musste den Wunsch unterdrücken, vor ihr auf die Knie zu fallen und für all jene schlechten Gedanken um Verzeihung zu bitten. Es war außer Frage, dass sie in jenem Moment das schönste Geschöpf des ganzen Hofes war, aber noch mehr verkörperte sie in diesem Moment den letzten Rest lieblicher Unschuld, den diese Stadt noch besaß und sie wurde, wie die Steine, die um ihren Hals hingen, zu einem Juwel, das es zu beschützen galt...
 


 

Luren sog tief Luft ein, als seine Angebetete langsam zu ihm schritt, im gleichmäßigen Hüftschwung einen Fuß vor den anderen setzend, als habe sie nie etwas anderes als diese Sandalen getragen. Er hatte sich kaum vorstellen können, wie das Kleid an ihr wirken würde, aber seine Erwartungen waren in jedem Fall übertroffen worden. Sie war nicht einfach nur bezaubernd oder gar atemberaubend, vielmehr beschrieb nur unbeschreiblich sie wirklich.

Vor diesem Moment hatten ihn Zweifel geplagt, ob der Zeitpunkt der richtige war, ob er sich wirklich ausreichend um die Sicherheit gekümmert hatte und nicht zuletzt, ob er für diesen Schritt bereit war, alt genug war, ob er es überhaupt jemals sein würde und noch viele andere negative Gedanken hatten auf seinen Kopf eingetrommelt.

Doch niemals auch nur eine Sekunde hatte er an seiner Liebe zu Nomizon gezweifelt und wenn er sich ob des Schritts in Richtung Ehe (zu dem er nach Caris Geburt ja auch ein wenig gedrängt worden war) vielleicht kurz unsicher war, so blies dieser Anblick alle restlichen Sorgen davon. Und wenn er Nomizons Lächeln so sah, dann wurde ihm auch klar, dass sie genauso fühlte...
 


 

„Es geht los...“, murmelte Arisa und überreichte ihrer kleinen Schwester das Fernglas. Die beiden Harpyien waren auf dem Bauch liegend bis zur Dachkante vorgerobbt und starrten nun auf das Spektakel von oben, um den besten Zeitpunkt abzuwarten. Teeza nickte anerkennend.

„Na bei allen staubdummen Ödniskanninchen, da weiß jemand, wie man investiert.“

„Inszeniert“, wollte Arisa sie bereits korrigieren, merkte dann aber, dass ihre Version auch nicht allzu unpassend klang und fuhr stattdessen fort:

„Fällt dir was auf?“

„Das sind alles ziemliche Schnösel...“, meinte Teeza, mit hochkonzentrierten Blick auf das Geschehen, was bei ihrer Schwester aber allemal ein lauthalses Stöhnen hervorlockte.

„Ich wollte darauf hinaus, dass ihr süßes Baby nicht bei ihnen ist. Was bedeutet, es muss sich noch im Schloss befinden...“

„Die machen uns es wirklich viel zu einfach. Lass uns loslegen!“, raunte Teeza und wollte schon im gleichen Moment aufspringen und sich losmachen, da packte ihre ältere Waffenschwester sie an ihrer Schulter und drückte sie wieder nach unten.

„Nur nichts überstürzen. Aktuell sind alle Augen auf das Paar gerichtet und dort unten ist es mir außerdem viel zu ruhig. Wenn wir uns jetzt dazu bewegen, einzubrechen, wird man uns bemerken. Lass uns noch ein wenig warten, bis zum passenden Zeitpunkt.“

Mit den letzten Worten schaute Arisa auf die Feuerwerkskörper im Hintergrund. Sie hatten den ganzen Tag ausgeharrt, was waren da noch die wenigen Momente...
 


 

Nomizon legte ihre Hände in Lurens, ließ ihn über den weichen Samt streichen. Sie spürte, wie er zitterte und auch wenn seine Maske seinen Mimik verdeckte, hatte sie das Gefühl, dass er vor Aufregung fast in Ohnmacht fiel. Aber ihr ging es nicht anders: Sein Anblick in dem klar geschnittenen Anzug machte sie schwach, am liebsten würde sie sich direkt in seine Arme werfen und ihn nie wieder loslassen.

„Bist du zufrieden?“, fragte er, während er sie langsam zur Plattform führte und ihr hochhalf. Zwei Diener kamen an, um ihnen die Masken abzunehmen und die beiden schauten sich an, als hätten sie sich grade zum ersten Mal gesehen. Nomizon drehte sich noch einmal hin und her, nahm die Atmosphäre des Hofs tief in sich auf.

„Zufrieden ist gar kein Ausdruck. Es ist wunderschön, Luren.“

„Genauso wie du.“
 

Sie lachte kurz, aber das strenge Räuspern ihres Vaters ließ sie verstummen. Das Brautpaar kniete sich nieder, Luren griff nach der Klinge und reichte sie seinem zukünftigen Schwiegervater. Der Gouverneur nahm das Katana an, reckte es in die Lüfte, sodass das Metall im Mondlicht schimmerte. Stumm blieb die Masse und lauschte dem Stadtherren als er mit seiner Ansprache anfing:

„Das Band der Ehe zu schmieden bedarf eben gleicher Fürsorge und Geduld, wie bei einem guten Schwert. Und selbst wenn es geschmiedet ist, braucht es Pflege, um die Qualität des ersten Tages für alle Zeiten zu erhalten. Diese beiden Seelen haben sich in schweren Prüfungen bewehrt und wollen ihr Leben und ihre Ehe der Beziehung zwischen Asterias großen Zivilisationen widmen. Heute Nacht knien sie nun vor dem geschmiedeten Band, um es mit dem finalen Schlag zu vollenden.“

Der Elf drehte das Katana mit der Spitze nach unten und schlug es vor ihnen in den Boden nur wenige Zoll von zwei Ringen entfernt, die aneinander geschmiedet waren. Dann reichte er jedem der beiden je eine Hand und half ihnen auf. Zitternd legte Luren als erster eine Hand um den Griff, dann umfasste auch Nomizon den unteren Bereich des Griffs. Beide schauten einander in die Augen, lächelten leicht. Die Ringe waren das einzige, was die Prinzessin bereits vor der Hochzeit gesehen hatte, denn sie hatten sie zusammen nach alter Tradition geschmiedet – oder zumindest in Auftrag gegeben. Das Schwert hingegen stammte aus Lurens Familienerbe. Sie schauten zum Gouverneur, nickten ihm zu, dass sie bereit waren. Er fuhr fort, hob beide Hände in die Luft:

„Die Ringe sind der Beweis für eure bisherigen Mühen und werden zur Erinnerung an das unsichtbare Band, das euch verbindet, in guten wie in schweren Zeiten. Und in der dunkelsten Stunde wird die Klinge, die die Ringe befreit, euch vor allen Gefahren beschützen.“

Der Hof hielt den Atem an, starrte gebannt auf die im Mondschein blitzenden Goldstücke. Luren und Nomizon hoben die Klinge hoch über ihren Kopf und rammten sie dann nach unten. Mit einem kurzen, hellen Klirren zerriss es die Ringe an der Bruchstelle auseinander, doch das Katana war scharf genug, dass sie nicht durch die Gegend flogen, sondern nur sauber voneinander getrennt wurden. Ein ehrfürchtiges Raunen ging durch die Masse.

Luren nahm die Ringe auf, übergab seiner Gattin einen der beiden und zeitgleich steckten sie sich die Ringe an den Finger der anderen, legten zitternd die Hände ineinander und beendeten mit einem langen Kuss das Ritual.
 


 

In voller Inbrunst applaudierten die Gäste dem Brautpaar, die Bediensteten warfen Nachtblumen zu ihm und auch der Gouverneur besiegelte mit ein paar letzten, fast schon wohlwollenden Worten den Schwur. Doch davon bekamen die beiden nicht viel mit. Ineinander verschlungen vergaßen Luren und Nomizon die Welt um sich herum; in ihrem Kuss blieb die Zeit stehen, obgleich sich die Welt in diesem Moment um sie zu drehen schien. Auch wenn eine scharfe Windböe sie gerade frösteln ließ und auch wenn die scharfen Kanten der Ringe, die erst noch abgeschliffen werden mussten, sich etwas unangenehm anfühlten, waren das Nichtigkeiten und der Moment sollte niemals enden.
 


 

Ezra hatte schon seit langer Zeit nur noch wenig für die Liebe übrig und eine Feier wie diese war im besten Falle ein ganz nettes Ereignis, das man mal so mitnahm, wenn es denn sein musste. Dennoch konnte er sich gerade nicht dagegen wehren, sich von dem Getöse mitreißen zu lassen, selbst in die Hände zu klatschen und sich vom Schauspiel da vorne auf der Bühne angezogen zu fühlen, was wohl sicherlich auch am Blickfang in Weiß lag, Shinjus kleiner Halbgöttin Nomizon.

Aber auch ihr Ehemann, dieser enfanter Elf, schien ein guter Kerl zu sein und bei allem was Recht und billig war, hässlich war er definitiv nicht.

Nein, er musste zugeben, sie waren ein schönes Pärchen, aber dennoch konnte er sich schlecht vorstellen, dass diese beiden einmal die größte Stadt der Welt, den Schmelztiegel der Unmoral, leiten und sogar bekehren sollten.Vielleicht war das ihr Problem: Sie strahlten zu viel Güte aus, als dass sie irgendjemand hier ernst nehmen würde.

Aber eigentlich dachte er daran grade gar nicht, während er das Paar so umschlungen sah... Viel eher spukte in seinem Kopf der Kuss, den er von Severa gestohlen hatte und der erschreckte, fast schon verängstigte Ausdruck auf ihrem Gesicht, als sie sich voneinander gelöst hatten. Er hatte sich bei ihr noch gar nicht dafür entschuldigen können und sie schien es auch nicht anzusprechen – natürlich tat sie das nicht, denn das konnte nur zu bösem Blut zwischen ihm und Lord vei Brith führen.

Ezra konnte nicht sagen, dass er sich unter Kontrolle hatte, als er seine Lippen auf ihre gelegt hatte, hatte wahrscheinlich einfach nur eine Ablenkung und etwas Trost nach den Geschehnissen in Enzos Schlachthaus gesucht, aber...

Verdammt, diese Elf-Zwergin gefiel ihm einfach, das konnte er nicht beschreiten. Sie war die wohl exotischste nicht-menschliche Frau, der er jemals begegnet war. Und sie war schön, ohne wenn und aber, mit ihren tiefgründigen Elfenaugen, dem funkelnd roten Haar und dazu dieser kleine, aber durch und durch erwachsene Körper...

Wenn er sie nur einmal verführen könnte... nein, das stand nicht zur Debatte! Vielleicht könnte sich die Möglichkeit eines Tages ergeben, aber jetzt gab es anderes zu tun. Wenn der Deal mit ihrem Master platzte, dann konnte er sich seine Träumerei schneller abschminken, als ihm lieb war.
 

„Amüsierst du dich gut, ja?“, haute ihn da Enzo von hinten an, legte die Hand auf seine Schulter und zog ihn ein wenig aus der Masse.

„Die beiden machen was her, das muss ich zugeben“, meinte Ezra und sein Partner stimmte ihm mit einem Kopfnicken zu.

„Sie sind wohl sicherlich gute Leute, tüchtig noch dazu, zumindest nach dem was ich die letzten Tage von unserem Herrn Oberst gesehen habe, aber... vielleicht ist genau das nichts, was die Stadt braucht: Ein Paar Heiliger, die auf das kriminelle Fußvolk herabschauen. Einige Gäste scheinen sich auch zu einer eher 'ironischen' Bewunderung für das Brautpaar hinzureißen, von dem, was ich an mancher Stelle gehört habe.“

„Davon habe ich nichts mitbekommen, muss aber auch diesem Eindruck zustimmen. Aber lassen wir das. Haben wir uns jetzt lang genug unter die Leute gemischt?“

„Noch nicht. Aber in wenigen Momenten beginnt das Feuerwerk, dann nehmen wir einen der Hintereingänge, an der südlichen Seite und schleichen uns zum Vorratskeller... und wie aufs Stichwort.“
 


 

Der Nachthimmel wurde mit einem Knall von einer hellroten Fontäne erleuchtet, die nicht nur den Palast sondern viele Teile des Drachenbezirks in seine satte Farbe tauchte, bis sie kurz darauf durch ein strahlendes Weiß, ein knalliges Grün und ein tiefes Blau ersetzt wurden. Viele Anwohner und Besucher, die es auch nicht in den Palast geschafft hatten, starrten wie gebannt in den Nachthimmel, bestaunten das vergängliche Kunstwerk, denn oft sah man Feuerwerke auch hier nicht.
 


 

„Jetzt?“

Teeza schaute zu ihrer großen Schwester und streckte die Flügel aus, stellte sich an den Rand des Dachs. Ihre Silhouette wurde von den Lichtern in buntes Flackern gehüllt, man bekam fast das Gefühl, als würde sie in Flammen stehen. Arisa stellte sich neben sie, spürte unter ihren Krallen die Leere des Abgrunds, von der sie nicht einmal einen Schritt entfernt war.

Ein Gefühl innerer Aufregung stieg in ihren Kopf, ließ ihren Herzschlag bis hinauf in den Hals klettern. Es machte sie betrunken und zugleich dürstend nach Gewalt. Sie gab sich oft sehr weise und kontrolliert, aber wie jede Harpyie liebte sie ihn abgöttisch: den Moment, wenn ihr Blut zu kochen begann und ihre animalische Seite zum Vorschein kam. Im Angesicht der Gefahr fühlte sie sich am lebendigsten.

„Jetzt!“

Mit einem Klaps auf Teezas Rücken und einem hämischen Grinsen auf den Lippen ließ sich die Harpyie nach vorne fallen, stürzte ein paar Fuß, bis der Wind ihre Federn erwischte und sie langsam, dicht gefolgt von ihrer kleinen Schwester zum Balkon des Brautpaars hinunterglitt.
 


 

Celeste hatte sich geschworen nicht in Tränen auszubrechen und sie hielt sich auch dran, obgleich sie einen salzigen Tropfen, der aus ihrem rechten Auge die Wange herunterfloss, gewähren ließ. Sie freute sich für beide, wünschten ihnen in diesem Moment alles Glück der Welt. Dies hieß aber nicht, dass sie nicht unglücklich war. Langsam ging sie zurück, setzte sich etwas ab von der Masse an Leuten, die Schulter an Schulter aneinander standen, denn jeder wollte etwas von dem Zauber des Paares mitbekommen.

Sie brauchte aber grade frische Luft, konnte die Schwüle nicht mehr ertragen. An einen Holzpfeiler gelehnt nahm sie ein paar Züge der angenehm kühlen Herbstluft, um ihr Herz zu beruhigen. Es war vorbei. Gut, sie hatte schon seit langer Zeit keine Chancen mehr bei ihm, aber nun war es auch hochoffiziell besiegelt. Und trotz allen Schmerzes war sie darüber eigentlich erleichtert. Vielleicht, so dachte sie sich, war das hier ein guter Moment sich einen Mann zu suchen, fernab von der Heimat, wo man sie als strenge Kommandantin und unnahbare Comtesse fürchtete. Hier konnte sie vielleicht noch allein mit ihrer Schönheit punkten und musste sich nicht zu sehr verstellen. Wenn es auch nur für diese Nacht war.

Sie schloss die Augen und atmete tief durch, ließ sich von dem Lärm der Umgebung entführen. Langsam wurde ihr wieder angenehmer zumute und sie konnte sich wieder beruhigen, einen freien Kopf kriegen.
 

Gerade wollte Celeste sich wieder vom Holz lösen und ihrem Plan Form verleihen, da fuhr ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken, ungeahnt, als habe ihr jemand einen Eiswürfel in den Nacken gelegt.

Und es kam ihr seltsam bekannt vor: das gleiche Gefühl hatte sie schon einmal gehabt, als sie das erste Mal in Shinju war... als sie in ein paar fremdländisch blauer Augen schaute, die einen Mann fast auf offener Straße zu einem Klumpen Blut geprügelt hatten.

Aus den Augenwinkeln erkannte sie zwei recht große Männer, die sich an den Bambusgärten vorbei hinter das Schloss schlichen, scheinbar unbeachtet von den Wachen. Von der Statur konnte einer der sein, dem sie damals begegnet war – und von dem was sie über ihn wusste, war er ganz sicher nicht hier, um dem Paar zu gratulieren.

Aber sie sollte noch nicht die Wachen alarmieren, solange sie sich nicht sicher war. Verdammte Masken... Langsam schlich sie sich zur Ecke, an der sie die Männer zuletzt gesehen hatte, doch dahinter waren sie nicht mehr zu sehen, lediglich eine Tür, die zufiel. Sie wollten ins Schloss?! Bestimmt war ihr Ziel, die Schatzkammer zu plündern. Oder hatten sie etwa vor, der kleinen Cariléy etwas anzutun?

Celestes Herz schlug schneller, während sie um die Ecke bog. Unter ihrem Kimono spürte sie ihre Amulette. Vielleicht sollte sie versuchen, eines zu verwenden, damit sie nicht völlig wehrlos war. Ihre Hand fuhr in ihren Ausschnitt und griff nach dem Papier, fühlte die raue Oberfläche und die Unebenheiten, wo die Feder die magische Tinte hineingekratzt hatte. Zielsicher griff sie nach einem Beschwörungszauber, „Infanterie des Nichts“... wenn er funktionierte, dann sollte sie so eine Reihe von Gewehren und Pistolen aus dem Amulett ziehen können... naja, falls er funktionierte... aber so fühlte sie sich zumindest etwas gerüstet.

„Hey, was wollt Ihr hier?!“, ertönte es da von ihrer Seite und eine Wache baute sich vor ihr auf. Noch bevor sie sich erklären konnte, packte der Wachmann ihren Arm, in dem sie das Amulett hielt, und riss es aus ihren Fingern.

„Ist das ein Angriff auf unseren Gouverneur?! Identifiziert euch!“ Der Mann war eindeutig nicht in der Stimmung, lange Erklärungen zu bekommen. Celeste kannte das und war bereit möglichst knapp Auskunft zu geben. Mit der freien Hand nahm sie ihre Maske ab und sprach:

„Colonel Celeste de Lacour, sechstes Batallion der Armee von König Gibert II. von Cher Enfant. Zwei verdächtige Männer haben sich gerade durch einen Seiteneingang Zugang zum Schloss verschafft. Ich bin ihnen gefolgt, um herauszufinden, was sie vorhaben.“

„Und das hier?“, fragte der Wachmann mit strengem aber rationalen Ton und deutete auf das Amulett: „Das ist ja wohl eindeutig ein Angriffszauber. Und Ihr wollt noch dazu eine Soldatin im Dienste von Cher Enfant sein? Ich bringe Euch zum Hauptmann, er soll entscheiden, wie mit Euch verfahren wird.“

„Was? Nein, das geht nicht! Bitte schaut Euch die Tür da vorn an, ich bin sicher, hier wurde eingebrochen!“, protestierte Celeste und versuchte sich aus dem Griff um ihr Handgelenk zu winden, aber sie fürchtete, dass die Wache zu viel Gegenwehr als gewalttätige Handlung einstufen könnte und als man ihr den Arm dann noch auf den Rücken drehte, blieb ihr kaum etwas anderes übrig, als sich zu fügen. Sie war unvorsichtig gewesen, wahrscheinlich ihrem Gemütszustand geschuldet. Wenn es nun zu einer Katastrophe kam, dann würde sie die Schuld daran tragen, weil sie irrational gehandelt hatte.
 

„Was ist denn hier los?!“

Im weißen Gewand war es ausgerechnet die Prinzessin, die angelaufen kam, gerade, als der Wachmann nach seinem Vorgesetzten gerufen hatte.

„Prinzessin, diese Frau hat sich im Schatten des Bambusgartens aufgehalten und scheinbar Papiermagie in die Schlossmauern geschmuggelt. Bitte begebt Euch wieder zum Ball zurück, wir haben die Lage unter Kontrolle“, gab der Wachmann routiniert Auskunft, doch Nomizon schüttelte den Kopf und herrschte ihn an:

„Lasst sie augenblicklich los, das ist die ehemalige Mentorin meines Mannes und ein hoher Gast aus dem Cher Enfanter Militär.“

Der Wachmann erschrak, als er verstand, dass Celeste die Wahrheit gesagt hatte, nahm umgehend die Hände von ihr und kniete sich nieder, sprach eine unterwürfige Entschuldigung aus, die Celeste aber ohne weiteres akzeptierte. Sie hätte wohl kaum anders gehandelt.

„Aber bitte erklärt mir, warum schleicht ihr hier herum, Madame Colonel? Ist etwas passiert?!“

„Verzeiht Prinzessin, ich hätte mich direkt an die Wache wenden müssen. Es scheint, als hätten sich zwei zwielichtige Gestalten ins Schloss geschlichen. Ich wollte ihnen folgen, habe sie aber bei einem Seiteneingang verloren.“

Nomizons Augen wurden groß und Celeste konnte sich vorstellen, dass sie vor Allem um ihre Tochter fürchtete.

„I-ich hole Luren!“, meinte sie schnell, doch Celeste hielt sie auf.

„Ich werde vorausgehen und die Sicherheit eures Kindes gewährleisten, wenn ihr mir die Erlaubnis gebt und eine Waffe zur Verfügung stellt.“

„N-Natürlich. Cari liegt im Oberhaus auf der zweiten Etage, Westflügel. Hauptmann, gebt der Colonel eine Waffe und begleitet sie.“

Der am Ort des Geschehens eingetroffene Hauptmann gehorchte umgehend und nahm seinem Untergebenen das Katana ab, übergab es an Celeste.

Schnell machten die beiden sich auf und ließen die Prinzessin zurück, die noch einen Moment schwankte, bis sie erschöpft zusammenbrach, gerade noch vom Wachmann aufgefangen.
 

Schnell baute sich eine Traube um Nomizon auf, Bedienstete betupften ihre Stirn mit Wasser und auch Luren nahm sie zu sich, rüttelte an ihr, fragte den Wachmann, was vorgefallen war.

„Deine... Tochter...“, flüsterte Nomizon noch, bevor sie ohnmächtig wurde. Lurens stockte, gab die Prinzessin zurück in den Arm des Wachmanns und eilte selbst ins Schloss, den Griff fest um sein Schwert gepresst. Warum nur hatten sie sie nicht mit zur Feier gebracht, in seine unmittelbare Nähe? Doch daran konnte er nun nichts ändern. Er hoffte nur, dass es noch nicht zu spät war.
 


 

Arisa entriegelte die Balkontür ohne Mühen. Sie waren nicht speziell mit einem Schloss gesichert, sondern nur mit einem Haken eingerastet, um nicht bei jedem Windstoß sofort aufzugehen, so wie die meisten Balkontüren in Shinju. Man ging wirklich nicht von einem Angriff von oben aus. Das Zimmer vor ihnen war stockfinster, man erkannte kaum die schemenhaften Umrisse des Mobiliars. Und es war still, lediglich der Lärm des Hofs trat nach innen. Langsam kroch die Harpyie voran, wuselte sich nach vorn, bis zur Zimmmertür.

„Toll, wir sind ja komplett falsch“, zischte Teeza, die sich nur kurz hinter ihr bewegte.

„Nein sind wir nicht.“

„Aber das Kind ist doch gar nicht da...“

„Natürlich nicht, du Vollpfosten! Das Zimmer unserer Turteltauben liegt auf der Hof-Seite, wo jeder gehörnte Affe uns gesehen hätte. Wenn wir das gewollt hätten, hätten wir uns auch die ganze Tortur sparen können!“

Sie konnte ihre kleine Schwester nicht sehen, war sich aber mehr als nur sicher, dass sie gerade genervt die Augen verdrehte, aber Arisa gab sich ganz sicher nicht die Mühe, ihr die Logik dahinter jetzt zu erklären.

Vorsichtig lauschte die Harpyie an der Tür, schob sie dann, als sie keinen Laut von der anderen Seite vernahm, auf und schaute in den spärlich beleuchteten Gang. Gut, es war niemand hier. Schnell huschten die beiden durch die Tür, machten mit einem Flügelschlag einen Satz nach oben und hangelten sich die Holzbalken entlang. Keine Patrouille störte sie, nur vor einer Tür, zwei Ecken weiter, waren zwei junge Wachmänner platziert, die müde in den leeren Gang starrten, kurze Worte miteinander wechselten und vor allen Dingen die im Schatten liegenden Kriegerinnen über ihren Köpfen nicht einmal ansatzweise bemerkten. Eindeutig das Zimmer der Prinzessin. Und nur zwei kleine Schachfiguren im Weg. Es war schon zu einfach.
 

Mit einigen kurzen Gestiken sprachen die Waffenschwestern sich ab, dann griff Arisa zu ihrem Dolch und die beiden ließen sich fallen, direkt vor die Füße der Männer.

Noch bevor sie die Zeit hatten, zu registrieren, wer oder was da von oben angerauscht gekommen war, sauste ein Silberstreifen beim ersten am Gesicht vorbei und eine rote Fontäne schoss aus seinem Hals, während Arisa ihm mit der linken Hand den Mund zuhielt, um seine Todesschreie zu unterdrücken und der Dolch in der rechten immer wieder in seine Brust stach.

Der zweite hatte noch einen Hilferuf starten wollen, während er seine Klinge zog, doch ein Tritt gegen seinen Kehlkopf ließ es zu einem krampfhaften Röcheln werden, während er zurückstolperte und auf die Knie fiel. Der Mann rang noch nach Luft, da entlud Teeza aus ihrem Schlagstock einen Blitz in den Arm des Mannes, griff nach der freigewordenen Waffe und enthauptete ihn aus der Drehung mit einem Streich... noch bevor er die Chance bekam, um Gnade zu betteln.

Binnen Augenschlägen war der Boden mit Blut getränkt und die Wachleute lagen ermattet in ihrem eigenen Saft, während ihre Mörderinnen auf sie herabsahen.
 

Teeza, vom ersten Angriff dem Tatendrang verfallen, wollte bereits die große Doppeltür aufschieben, da sprang sie zurück und ließ sich rücklings gen Boden fallen, denn ein blitzendes Stück Metall schoss aus dem Schlitz hervor, jagte der Stirn der jungen Harpyie hinterher und stoppte nur kurz vor ihr.

Teeza fühlte, wie ein dünner, warmer Bach zwischen ihrem Pony hervortrat und starrte, ebenso wie Arisa, die mit dem Angriff nicht gerechnet hatte, auf die schöne, sauber gearbeitete Klinge eines Katana, die durch den kleinen Schlitz geschoben wurde.

Einen Moment passierte nichts, dann zog sich die Waffe zurück und mit einem festen Tritt wurde die Doppeltür aus ihrer Schiene gerissen und aus dem Zimmer sprang mit einem schnellen Schwertschwung auf Teeza eine ältere Frau in voller Rüstung zu, verfehlte die sich wegrollende Harpyie wieder nur knapp und baute sich mit schweigendem, eiskaltem Blick zwischen den Schwestern und ihrem Ziel auf, das sich, nun vom Lärm geweckt, mit einem gequälten Plärren bemerkbar machte. Celicas Elitekämpferinnen begriffen sofort, dass diese Frau vor ihnen ein anderes Kaliber als ihre Kollegen war und das hier alles andere als einfach werden würde.

Doch die Hitze, die in ihrer beider Wangen stieg, das Feuer, das in ihren Augen brannte, war der Beweis, wie viel Freude ihnen dieser Kampf bereiten würde...
 


 

Es war ein kleines Geräusch, ein Klackern, wie das Fallen eines Steins, das den Soldaten von seinem Posten aufschauen ließ, hinein in die Finsternis. Der Schein seiner Laterne erhellte den fahl beleuchteten Gang nur geringfügig mehr und so konnte er nebst dem bisschen Holz links, rechts vorne und hinten nicht mehr erkennen.

„Ist da wer? Jiro? Ken? Seid ihr das?“, fragte er in die Nacht hinein, doch erhielt keine Antwort, was ihn nur noch nervöser machte. Er hasste den Posten in der Vorratskammer, besonders nachts. Da wurde ihm nur noch mulmiger, inmitten dieses Labyrinths aus Kisten, als es ihm schon vorher auf nächtlicher Patrouille war. Und noch dazu vor dieser Sicherheitstür, die nur einmal alle paar Monate geöffnet wurd, um das Asterid, das die ISE angeliefert hatte, in das unterirdische Lager zu bringen. Sie befand sich ganz am Ende des Gangs, wodurch alles nur noch weiter erschien, wie ein endloser Tunnel, dessen Ausgang man nicht einmal erahnen konnte und jeder Ton wurde von den hohen Decken vielfach zurückgeworfen.

Ein zweites Klackern, diesmal von weiter rechts. Zwei weitere folgten. Langsam machte es ihn sichtlich nervös.

„Wenn hier jemand ist, dann möge er sich umgehend zu erkennen geben!“, ermahnte er die Finsternis, aber eine Rückmeldung bekam er auch beim drohenden Ton nicht.

Stattdessen klackerte es noch einmal.

Jetzt musste er sich bewegen. Er griff nach der Laterne hielt den Daumen am Schwertgriff bereit, um im Zweifel schnell die Klinge zum Kampf ziehen zu können. Er stellte sich an die Kreuzung, von der aus er das Geräusch vermutete, schwenkte aber erst in die entgegengesetzte Richtung, um nicht auf den ältesten Trick der Welt reinzufallen. Da war aber nichts, also machte er sich auf in Richtung der Geräuschquelle.

„Letzte Warnung! Gebt Euch zu erkennen! Ansonsten kann ich für nichts garantieren.“

Einen Moment herrschte nur Stille. Dann ein letztes Klackern.
 

Er wollte schon weiter vor, da bemerkte er ein Tippen auf seiner Schulter, schrie wie von der Eisspinne gebissen auf, wirbelte herum und riss das Schwert aus der Scheide, nur um das Gelächter seiner Kollegen zu hören, die im Schein der Laterne vor ihm standen.

„Ihr blöden Wichser!“, war alles was er rausbekam, bevor er das Schwert wieder wegsteckte.

„Hab ich es dir nicht gesagt, Jiro? Seba reißt die besten Grimassen, wenn er sich in die Hosen scheißt!“, meinte einer der beiden und zeigte auf das Ziel seiner Scherze.

„Sehr witzig, Ken. Ich hätte dir auch den Kopf abschlagen können, dessen bist du dir bewusst?“

„Ganz locker bleiben. Ein Spaß unter Kollegen muss doch auch mal sein, außerdem ist es doch sonst hier unten so sterbenslangweilig“, verteidigte Jiro seinen Streichpartner.

„Stimmt schon“, musste Seba knirschend zugeben. „Gerade heute ist hier unten wahrscheinlich noch weniger los als sonst. Aber das macht einen so nervös. Und das habt ihr Ärsche eiskalt ausgenutzt!“

„Komm endlich wieder runter, Mann“, versuchte Ken zu beschwichtigen, als er es schaffte, das Lachen endlich einzustellen. „Außer uns Dreien ist doch keine Seele hier unten.“
 

„Wirklich? Sonst niemand? Den Göttern sei Dank!“

Die raue Stimme erklang hinter Seba und kaum dass er sich wieder umgedreht hatte, schoss eine Faust aus der Finsternis, traf ihn seitlich an der Wange, so hart, dass es ihm ein Stück seines Backenzahns herausbrach. Der Wachmann taumelte für einen Moment um die eigene Achse, dann landete er ermattet mit dem Gesicht zuerst vor den Füßen seiner Kollegen.

Jiro und Ken konnten kaum reagieren, da griffen zwei Hände sie von hinten an den Köpfen und rammten sie gegeneinander. Die Ohren beider klingelten furchtbar und das Bild wurde langsam schwarz, bis sie nur wenige Augenblicke später den Halt verloren und zusammenbrachen.

„Hatte schon fast befürchtet, ich müsste noch mehr von euch umnieten...“

Ezra riss die Laterne aus Sebas Händen und hielt sie in Richtung der Sicherheitstür. Die unzähligen Schlösser waren nicht zu knacken, das wurde ihm umgehend bewusst, während er an seiner Zigarette zog.

„Mit dem Schlag hättest du ihm auch das Genick brechen können, das weißt du schon?“, fragte Enzo hinter ihm und prüfte den Puls des Soldaten, den sein Partner gerade aus den Sandalen gehauen hatte. Aber es schien alles gut, das Herz schlug noch und ein schwacher, feuchter Atem kam aus seinem Mund.

„Mach dir mal keine Sorgen, mittlerweile weiß ich, wie hart ich jemanden schlagen muss, um ihn nicht zu töten. Das ist alles nur eine Frage der... Übung!“

Mit dem letzten Wort trat Ezra gegen die Tür. Ein lautes Dröhnen hallte durch den Raum, gefolgt von verräterischen Rascheln herunterfallenden Putzes. Enzo kniff zähneknirschend die Augen zusammen, ob des unangenehmen Geräuschs, das durch seinen Körper fuhr. Hoffentlich hatte das niemand gehört. Der massive Stahl war deutlich eingedrückt, an der Stelle, wo Ezras Fuß gelandet war, aber die Tür hatte stand gehalten. Nein, hier wurde definitiv kein Reis versteckt.

Wütend warf der Schmuggler seine Zigarette weg, tat einen Schritt zurück und setzte zu einem zweiten Tritt aus der Drehung an, so schnell, dass sein eigener Schatten ihm kaum folgen konnte. Ein lautes Krachen ertönte und brachte den Keller zum Zittern, als sein Fuß die gleiche Stelle traf wie zuvor.

Die Tür selbst hielt stand, riss aber mitsamt seines Rahmens aus dem deutlich schwächeren Gemäuer, schlug gegen eine Wand an der Seite und landete dann mit einem dumpf ächzenden Schlag auf dem Boden.

Einen Moment hielten die beiden inne, und lauschten in die Finsternis hinein, doch es rührte sich nichts, kein laut klapperndes Stampfen der Wachen, kein Rufen oder ähnliches. Sie waren schon ziemlich tief hier unten, da schluckten wohl die Wände einen Großteil des Lärms und was dann nach oben drang, wurde hoffentlich vom Feuerwerk übertönt.

„Hättest du sie nicht erst nach den Schlüsseln durchsuchen können?“, warf Enzo ihm vor, als er sich sicher war, dass sie niemand gehört hatte. Doch der Gegenangriff folgte auf dem Fuße:

„Ihresgleichen hat ganz sicher keinen Schlüssel für diese Tür. Der wird wohl nur im Besitz einiger hoher Tiere der ISE und der Gouverneursfamilie verbleiben. Was bedeutet, wir hätten uns eine Menge Stress sparen können, wenn Lord Hangyaku noch leben würde.“

„Das wirst du mir noch bis zum Ende deiner Tage vorhalten, oder?“

„Mindestens noch bis zum Ende diesen Abends.“

„Na dann hoffen wir mal, dass das nicht das Gleiche ist...“, meinte Enzo und gesellte sich zu seinem Partner. Er hatte alle drei Wachleute durchsucht und tatsächlich hatte niemand einen Schlüssel bei sich getragen, was ihn doch etwas missmutig stimmte, denn er wollte Ezras impulsivem Verhalten nur ungern recht geben. Sie mussten sich wohl mit den Waffen zufrieden geben, die die Männer bei sich getragen hatten...

Sie starrten in den schmucklosen Tunnel vor ihnen, der breit und hoch genug war, dass ein großer Karren ohne Probleme hindurchkam. Ein Hebel an der Seite ließ ein paar Leuchtstoffröhren aufflackern, die die gewaltige Länge des Gangs aus rotem Stein nur noch deutlicher machte.

„Dann wird es wohl Zeit...“, seufzte Ezra und machte sich auf, den unebenen Weg zu begehen. Zwischen dem Schloss und dem Hive lagen Luftlinie an die 8.000 Schritt, und das Asterid-Lager würde sicherlich näher an letzterem liegen als am Schloss – so zumindest würde es Ezra halten, wenn nicht ihr eigenes Lager seit der Gründung direkt unter dem Fuchsbau wäre. Sie hatten in jedem Fall einen anständigen Fußmarsch vor sich, aber dennoch fühlte sich der blonde Mann wie auf der Zielgeraden.
 

Nicht mehr lang und er könnte endlich mit Asterias Rettung fortfahren...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Phinxie
2019-08-20T16:07:27+00:00 20.08.2019 18:07
Einfach nur, damit hier ein Komi drunter steht.
So.

Da wir schon telefoniert hatten und ich dir eh nichts mehr zu sagen habe...

Schönes Kapitel.
Gefällt mir gut :)
Ich mag die Spannung, die du aufbaust.
Uuuuund ich bin echt neugierig, wie es weitergehen wird D:

(Wow, solch konstruktive Kritik von mir! Diese Art gefällt mir aber nicht, nächstes Mal schreibe ich wieder mehr :P )

Bis zum nächsten Kapitel dann~


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