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Ronin

Der gefallene Samurai
von

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Kapitel 8.

Kapitel 8.
 


 

Naruto stand seufzend, mit der einen Hand an einem Geländer lehnend, vor Inos Haus. Sie hatte ihm, wie vorhergesagt, noch zwei Tage bei sich behalten. Jetzt waren die Schmerzen auf seinem Rücken beinahe erträglich. Er schaute sich müde in dem kleinen Garten um, der sich rings um ihr Haus erstreckte. Viele Kräuter überwucherten die Beete und die herrlichsten Blumen sonnten sich im hellen Licht. Naruto genoss den Duft, der in der Luft lag. Dieser Ort war friedlich, leise und ruhig. Er mochte es hier, hier bei ihr. Ino hatte sich so hingebungsvoll um ihn gekümmert, dass er beinahe vergessen wollte, was Isuma ihm angetan hatte. Doch die Wut, der Hass auf den Ronin stieg ins unermessliche. Er wollte ihn töten, ihm zeigen, dass er den falschen Mann bestohlen hatte.
 

„Er sollte wieder passen.“ Ertönte ihre helle Stimme hinter ihm und ruckartig drehte er sich um. Sie hielt seinen dunklen Mantel in ihren Händen. Eine schwere Naht war Zeuge der Verletzung, die Isuma ihm zugefügt hatte. Vorsichtig nahm er ihn ihr ab und als sich ihre Finger berührten, fühlte er, als gäbe es einen kleinen Schlag. Sie lächelte ihn wissend an und half ihm, da er seinen linken Arm nicht richtig bewegen konnte, beim Anziehen. Ihre Hände ruhten auf seiner Schulter.
 

„Bist du wirklich schon soweit?“ fragte sie leise und er spürte ihren warmen Atem in seinem Nacken, was ihm sofort eine Gänsehaut bescherte.

„Nein.“ Antwortete er ehrlich. Er konnte sie niemals anlügen, zu schnell hatte sie ihn durchschaut, zudem wollte er sie auch nicht täuschen. Ihr Blick, dieses enttäuschte Schimmern in ihren Augen waren strafender, als jedes schlechte Gewissen.

„Bleib hier,… bei mir.“ Flüsterte sie und lehnte ihre Stirn an die Seine. Er wusste nicht, warum sie dies tat, doch der Versuch, ihn zu stoppen scheiterte.
 

„Ich… Ich kann nicht.“ So schwer fielen ihm diese Worte. Die Tage, die sie zusammen verbracht hatten, waren wunderbar. Er hatte so viel Spaß, so viel zu erzählen. Sie hörte ihm zu, half ihm mit dem, was er bisher erlebt hatte, zurechtzukommen. Er wusste nicht warum sie dies tat. Warum sie ihm zuhörte, ihm half. Er hatte auch keine Ahnung, wieso er ihr das Erlebte anvertrauen konnte. Sie war einfach zu vertrauenswürdig. Jederzeit versuchte er, ihr ein Lächeln zu entlocken. Er wollte, dass sie ihn mag und dennoch, wusste er, dass es hier vorbei war. Er könnte nicht bei ihr bleiben, nicht mit dem Wissen, dass Isuma noch da draußen war.
 

„Nichts kann dich überzeugen? I-Ich kann dich nicht überzeugen?“ hauchte sie leise und Enttäuschung schwang in ihrer Stimme mit. Er seufzte und deutete ein Kopfschütteln an. Zu gerne wäre er bei ihr geblieben. Jede Sekunde machte es schwieriger für ihn, sie zu verlassen.

„Nein… Ich muss es tun.“ Murmelte er und drehte sich zu ihr. Ihre Augen zeigten ihm ihre Enttäuschung. Ihre Mimik wirkte traurig und sie schaute ihn nicht an. Sanft legte er ihr eine Hand an die Wange und fuhr über ihre weiche Haut.

„Danke für alles, Ino. Ich verspreche dir, dass ich zurückkehre und mich für deine Hilfe ordentlich bedanke.“ Es überraschte ihn beinahe, wie leicht ihm diese Worte fielen, wo doch der bisherige Abschied so schwer war.

„Das musst du nicht… Ich habe dir gerne geholfen…“ Ihre Stimme war leise und der Unterton ließ ihn sich sofort schuldig fühlen. Endlich konnte er ihr in ihre türkisenen Augen schauen. Ihre Pupillen zuckten hin und her und glänzten im Sonnenlicht.

„Ich verspreche es dir. Ich werde wiederkommen.“ Er trat näher an sie heran. Ihr vertrauter Duft stieg ihm in die Nase. Sie legte ihre Arme um seinen Nacken und zog ihn in eine Umarmung. Auch sie schien nicht zu wissen, warum sie so vertraut mit ihm war. Doch stören tat sie es ebenfalls nicht. Verlockend nahm er ihre Wärme auf, doch der Zorn überwiegte erneut. Vor seinem inneren Auge sah er Isuma, wie er lachte, wie er trank und sich auf seine Kosten amüsierte. Wütend ballte er seine Hand zur Faust. Die Knochen traten hervor und färbten seine Haut weiß.
 

„J-Ja… Viel Glück.“ Sie klang wenig überzeugt davon. War es Angst in ihrer Stimme? Bestimmt. Naruto fühlte sich noch schlechter. Sie schien nicht daran zu glauben, dass er zu ihr zurückkehren würde. Es traf ihn ein wenig, dass sie so wenig Vertrauen in seine Fähigkeiten hatte. Andererseits war er es, der noch vor wenigen Tagen halb tot in ihren Gemächern lag. Vielleicht war ihre Sorge nicht unbegründet. Er schwor sich deshalb, nicht unvorsichtig, nicht planlos, Isuma zu stellen. Der alte Ronin würde zwar nicht vorbereit sein, wahrscheinlich mit dem Wissen, dass er tot sein müsste, doch die vielen Jahre haben ihn paranoid und vorsichtig werden lassen.
 

Naruto spürte, wie ihre Lippen seine Stirn trafen. Sie hat es in den letzten Tagen oft gemacht und er wehrte sich nicht dagegen. Anscheinend war es ihr Zeichen, ihm zu zeigen wie wertvoll der Andere war. Er schloss kurz die Augen. Genoss die Wärme und das Gefühl ihrer weichen Lippen. Dann wusste er, dass es Zeit für den Abschied war.
 

Er löste sich sanft von ihr und schob sie von sich. Sie wehrte sich nicht dagegen. Er nahm seinen alten, geklauten Strohhut, der achtlos auf dem Tisch neben ihm lag und zog ihn auf. Ein breiter Schnitt am Hinterkopf zeigte jedem, dass Naruto hart getroffen worden war. Doch er schämte sich nicht dafür. Seine Verletzung, seine Niederlage hatte ihm gezeigt, dass er noch nicht am Ende seiner Reise war. Er wusste, dass er noch viel zu lernen hatte. Doch dieser Fall hatte ihn wieder aufstehen lassen. Er hatte ihn zu ihr gebracht. Es war also keine Niederlage… eher ein Wink des Schicksals.
 

Jeden Schritt den er weg von ihr ging, ließ ihn leichter werden. Er wusste, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Er wäre nicht glücklich geworden, wenn er bei Ino geblieben wäre. Sie hätte ihm zwar alles geboten, was er gebraucht hätte, doch es war nicht sein Weg. Sein Weg führte ihn zu Isuma und zu seiner Rache.
 

Seine Schritte gaben sanft Geräusche von sich, als er über den Kiesweg schritt. Er mochte ihr Haus. Es war das, was er immer haben wollte und nie bekommen hatte. Die Balken, die mit Moos überzogen waren. Das leicht schiefe Dach, welches trotz seines Alters den Regen zuverlässig abhielt. Der große Garten in dem die Blumen und Kräuter wuchsen, die ihr diesen unvergleichlichen Duft gaben. Bäume, die wie Riesen in den Himmel ragten und das Haus vor jedem neugierigen Blick schützte, der nicht freundlich gesinnt war. Hinein in den Wald führte der geschwungene Weg, der schon bald nicht mehr aus Kies bestand. Eine kleine steinerne Brücke, die wirkte, als wäre sie älter als die Welt, führte ihn über einen Bach. Er spürte Moos und Blätter unter seinen Füßen. Der Wald und die Bäume um ihn herum waren ganz still. Der Duft der Natur stieg in seine Nase und blieb dort haften. In weiter Ferne konnte er einen Specht vernehmen, der gerade das Holz eines Baumes bearbeitete. Einige Vögel hatten seine Anwesenheit noch nicht bemerkt und zwitscherten im Blätterdach. Dieser Ort wirkte so friedlich und unschuldig, dass es ihm beinahe Leid tat, ihn zu verlassen.
 

Mit einem Ruck schulterte er sein Schwert. Es schmerzte kurz auf seinem Rücken, doch er ignorierte das brennende Gefühl. Er konnte es nicht mehr an seiner Hüfte tragen. Zu unwürdig fühlte er sich nun, wo er ein Kopfgeldjäger werden würde. Ein Ronin hatte noch eine gewisse Verbindung zu einem Samurai. Ihre Wege waren nicht mehr gleich, doch kreuzten sich dennoch einige Male. Ein Kopfgeldjäger hatte nichts mehr mit einem ehrbaren Krieger gemein. Jeder konnte für Geld töten – Man war nichts Besonderes mehr. Aber vielleicht war es genau das, was Naruto suchte. Er hatte keine Lust mehr darauf, etwas Besonderes zu sein. Seine Zeit als Wächter, als Kämpfer im Licht war vorbei. Er hatte sich damit abgefunden, es akzeptiert. In Konoha zeigte er gerne jedem, WAS er war. Jetzt hielt er es lieber geheim.
 

Die Sonne ging hinter den Baumwipfeln schon beinahe unter, als Naruto ein kleines Dorf erreichte. Es war fast schon mickrig und bestand aus nur vier Häusern. In der Ferne konnte er einige Reisterrassen entdecken und auf einer kleinen Waldlichtung grasten ein paar Tiere. Ihre Geräusche konnte er in der Entfernung vernehmen.
 

Die Türen der Häuser waren verschlossen und am Brunnen, der in der Mitte des Dorfes stand, konnte er eine Anzeigetafel erkennen. Anscheinend war es genau das, was Ino ihm gesagt hatte. Das Holzgestell, welches von einem kleinen Dach geschützt wurde, war alt und musste dringend erneuert werden. Einige Zettel flatterten hier im Wind und sahen schwer mitgenommen aus. Sorgsam las sich Naruto die Personenbeschreibungen durch. Einige echt gefährlichen Typen waren darunter. Zum Beispiel ließ Iwagakure nach einem Vierfachmörder suchen und Kumo bezahlte einen Haufen Goldmünzen für einen Vergewaltiger. Doch er interessierte sich nur für Isuma. Auf einem kleinen, gelben Zettel wurde er fündig. Ein Bürgermeister eines Dorfes suchte den Ronin und versprach vierhundert Münzen für seinen Kopf. Tod, versteht sich. Anscheinend hatte er doch mehr verbrochen als anfangs gedacht. Auch ein weiteres Dorf ließ nach ihm suchen. Ganze fünfhundert Münzen dieses Mal. Laut der Beschreibung hatte Isuma mit einer Frau geschlafen und den Ehemann anschließend getötet- Laut dem Zettel geschah dies nicht ganz einvernehmlich…
 

Naruto widerte ein solches Verhalten an. Auch wenn er kein Samurai, kein Ronin und schon lange kein Wächter mehr war, so hatte er, als Mann sich dennoch zu benehmen. Nach seiner Auffassung, sollte ein Mann seine Frau beschützen, sich um sie kümmern und um sie Sorgen. Natürlich ließ dieser Gedanke in den letzten Monaten nach, da er so viele Kurtisanen kennengelernt hatte. Dennoch musste besonders ein Mann seine Gelüste und Triebe unter Kontrolle haben. Isuma war aber niemals ein Mann von Ehre gewesen. Wenn er irgendwann einmal, so etwas wie Ehre besaß, so war dies lange her. Naruto kritisierte nicht seinen Lebensstiel. Wenn man jeden Tag sterben könnte, so war der warme Schoß einer Frau vielleicht ein Mittel, um Trost zu finden. Vielleicht war es aber auch der Gedanke, seine letzte Nacht, nicht alleine verbracht zu haben, kräftig genug, um in dieser Welt zu überleben. Nein, es war nicht der Lebensstiel, den er an dem anderen Ronin kritisierte. Viel mehr war es seine Geringschätzung für das menschliche Leben. Nichts war Isuma heilig. Nicht das Leben eines Tieres, dass eines Mannes oder einer Frau oder gar das eines Kindes. Um an Geld zu gelangen, und so war sich Naruto sicher, würde er auch ein Neugeborenes töten.
 

Angewidert schaute er weg von der Tafel. So viel grausame Menschen an einem Ort. So viel Gesindel, was frei und ohne Angst draußen herumlaufen konnte. Ohne es zu bemerken, schwor er sich in seinem Inneren, niemals einen Verbrecher ein leichtes Leben zu schenken. Er würde sie jagen und wenn es nötig war auch töten. Wieder wanderten seine Gedanken zu Ino. Sie war so zierlich, so zerbrechlich und er wusste nicht, ob sie sich gegen so jemanden verteidigen konnte. Dennoch lebte sie länger in dieser Welt, als er. Wahrscheinlich kannte sie Mittel und Wege, ihr Leben zu beschützen. Auch für sie wollte er diesen Abschaum vernichten. Er wollte das Gewissen, dass sie Nachts ruhig schlafen konnte, ohne Angst, ohne sich zu verstecken.

„Was sucht ihr, junger Freund?“ ertönte eine Stimme hinter ihm. Ruckartig drehte Naruto sich um und erkannte einen alten Mann, der auf einem Gehstock gestützt, näher kam.
 

„Ich verfolge einen Mann. Er hat schreckliche Dinge getan, die bestraft werden müssen.“ Antwortete Naruto ruhig. Er musterte den Mann kurz und stellte zufrieden fest, dass von ihm keine Gefahr ausging.

„Das Jagen von Köpfen ist dennoch Mord, junger Mann.“ Murmelte er und trat an ihn heran. Er fühlte, wie ihn der Mann mit seinem Blick zu durchleuchten versucht. „Wollt ihr wirklich das Blut anderer an euren Händen haben?“

„Das habe ich schon… Dieser Mann verdient den Tod.“

„Ihr seid euch dessen sehr sicher. Doch wer seid ihr schon, dass ihr über Leben und Tod entscheiden dürft?“ fragte der Mann und suchte mit seinem Blick die Steckbriefe ab.

„Dieser hat es sich selbst ausgesucht.“ Zischte Naruto leise und blickte auf den Alten, der ihm nur bis an die Brust ging.

„Diese Wut in eurer Stimme… Ihr sucht ihn nicht nur, weil ihr das Geld wollt. Ihr habt eine Vorgeschichte… Rache führt nur in die Dunkelheit.“ Der Mann erhaschte mit zittrigen Fingern einen kleinen, gefalteten Zettel.

„Rache ist das Einzige, was mir geblieben ist.“

„Das glaube ich euch nicht… Sucht weiter im Süden nach ihm. Ein Späher des Kaisers hat seine Spur in den dunklen Wäldern verloren. Er wird dort ein Versteck haben. Die Bäume bieten Schutz und der Wald hat genug Nahrung. Er wird untertauchen und versuchen den Fängen seiner Häscher zu entkommen. Ihr solltet euch beeilen, denn er kennt sich dort besser aus als ihr. Wenn er zu tief im Wald ist, verliert ihr ihn.“ Der alte Mann hielt ihm den Zettel hin, auf dem eine kleine Nachricht verfasst worden war.

„Ich danke euch.“ Naruto schaute kurz zu dem Mann, ehe er wieder seinen Rucksack schulterte.

„Ich werde die Hoffnung nicht aufgeben, dass es auch für euch einen Platz in dieser Welt gibt.“ Rief ihm der Alte hinterher. Kurz überlegte er, ob er etwas erwidern sollte, doch er wollte dieses Dorf nur noch verlassen.
 

Die Bäume vor Naruto reichten hoch in den Himmel. Ihre Stämme, Blätter und Äste warfen gigantische Schatten und ließen das Holz mehr wie bösartige Waldgeister wirken, als harmlose Pflanzen. Wie sie ihn anschauten mit ihren Fratzen, tief in der Rinde. Ihre ausdruckslosen Gesichter zeigten einen Schmerz, der ebenso wenig da war, wie die Gefahr, die von ihnen ausging. Angewidert wendete er sich ab. Er konnte nicht länger hier bleiben, die Fratzen anschauen. Wut stieg in ihm auf. Wut auf Isuma, der sich wie eine feige Ratte versteckte, Wut auf diese Welt, die ihn zu solchen Taten drängte, Wut auf sich. Das er schwach genug war, das Paradies zu verlassen, um einer so minderwertigen Lust der Rache nachzugehen. Eine Frau zu verlassen, die ihn verstand, ihn akzeptierte. Er wünschte sich so sehr, dass er stärker wäre - klüger wäre. Sie und ihren Hof zu verlassen, nach alldem, was passiert ist, war einfach nur dumm. Leise fluchend setzte er einen Schritt vor den anderen, in der Hoffnung, endlich fündig zu werden.
 

Ein Feuer in der Ferne, gut geschützt von Ästen und Stämmen, sprang förmlich in sein Sichtfeld. Er wusste nicht, wie lange er schon unterwegs war, doch die Sonne stand nicht mehr am Himmel. Sterne leuchteten kalt über seinem Kopf und legten eine Ruhe über die Welt, wie es nur die Nacht konnte. Wütend ballte er seine Faust, als er das Feuer sah. Der warme Schein flackerte und Funken stiegen zum Himmelszelt auf. Er kam langsam zum stehen. Er wusste, dass Isuma nicht leichtfertig einen Lagerplatz aussuchte. Der alte Ronin war zu klug, zu gerissen, um sein Leben leichtfertig zu riskieren. Alles, was er tat, hatte einen Zweck, einen Sinn. Ablenkung und die Unaufmerksamkeit waren sein Feind. Dennoch hatte er sich diesen Platz ausgesucht, nachdem er gejagt wurde. Er hatte keine Zeit, seine Stellung zu befestigen oder Fallen auszulegen. Naruto war sich nie sicher, warum er noch nicht mitbekommen hatte, dass sein ehemaliger Gefährte ein gesuchter Mann war. Er hatte Isuma zwar nie wirklich getraut, doch ein Gefühl der Freundschaft war dennoch in ihm aufgekommen. Sein Verrat war nicht wirklich das, was schmerzte. Nein, Naruto war viel wütender auf sich, da er es schon wieder zugelassen hatte, dass man ihn verletzten konnte. Er hatte in Isuma eine Art Mentor gesehen - Jemand, der ihm gezeigt hatte, wie die Welt funktionierte. Jetzt war er ein Verräter, den er jagen, den er töten wollte.
 

Naruto robbte sich leise über den Waldboden. Die kalte Erde, das Moos und die vielen Blätter lenkten ihn ab. Er schaffte es, einen Busch zu erreichen und schob die Zweige auseinander. In sein Sichtfeld trat Isuma, der neben dem Feuer saß und sich an eine Sakeflasche klammerte. Die beiden Pferde waren nicht weit weg an einen Baum gebunden. Erneut flammte Wut in Naruto auf. Das der Ronin die Frechheit besaß, sein Pferd zu stehlen, als wäre nichts dabei.
 

Sein Blick wanderte umher, als würde er ein Bild betrachten. Naruto suchte die Waffe, die den Älteren so unglaublich gefährlich machte. Sie lehnte an seinem Bein. Er biss die Zähne zusammen. Er hatte sich so sehr erhofft, dass Isuma unaufmerksam war und seine Deckung fallen ließ, doch falsch gedacht. Mit seinem Katana wurde es fast unmöglich, ihn zu besiegen. Naruto hoffte, dass der Sake seine Aufgabe nicht verfehlt hatte und den Ronin müde und träge hat werden lassen. Eigentlich wollte der Namikaze noch warten, doch die Wut übermannte ihn. Er wollte keinen feigen Hinterhalt legen, nein, er wollte dem Mann in die Augen schauen, wenn er ihm seine Klinge in den Wanst treiben würde.
 

Langsam erhob er sich. Das Laub raschelte unter seinen Händen, ließ Isuma Aufsehen und erstarren. Seine dunklen, trüben Augen hatten sich vor Schreck geweitet. Seine gebräunte Haut war plötzlich sehr weiß und die Finger zitterten am Griff seines Schwertes.
 

"Jetzt sehe ich schon die Geister der Toten. Bin ich wirklich verflucht?" fragte er mehr sich selbst, als Naruto, der aus der Dunkelheit trat, wo er vom warmen Schein des Feuers empfangen wurde. Die Stimme des Ronin war müde und rau. Das reden fiel ihm anscheinend schwer und er rieb sich über die stoppelige Wange.
 

"Wenn du das nächste Mal jemanden töten willst, mach es richtig. Warte bis sein Körper kalt wird und seine Seele ihn verlässt... Warst nicht du es, der mir beigebracht hat, dass jemand nur dann tot ist, wenn man ihn sein Leben aushauchen sieht. Du vergisst deine eigenen Grundsätze, Isuma. Ich nehme es dir nicht übel... Deine Gedanken waren vom Verrat benebelt, dass verstehe ich nur zu gut. Da muss man nicht darauf achten, dass sein eigener Freund verblutet. Doch ich verzeihe dir nicht, mich von hinten angegriffen zu haben. Du warst einmal ein Samurai - ein Krieger. Jetzt stichst du Leute schon von hinten ab, dass ist... wirklich erbärmlich."
 

Isuma schien sich zu sammeln. Er hatte mitbekommen, dass Naruto kein verlorener Geist seiner getöteten Feinde war und daher flaute seine Angst etwas ab. Er erhob sich fixierte den jungen Mann, der ihm gegenüberstand - nur durch das Feuer getrennt.
 

"Und das Gift?" fragte der Ronin etwas unsicher. Er umklammerte den Griff seines Schwertes und zwang sich augenscheinlich zur Ruhe. Naruto grinste leicht, als er sich bewusst wurde, welche psychische Macht er auf sein Gegenüber ausstrahlte.

"Das... war wirklich sehr feige. Ich habe mich gefragt, ob du wirklich so eine Angst vor mir hast, dass du sogar ein seltenes Gift einsetzt... Doch Gift ist nur so gefährlich, wie es Unwissende sind. Eine geschickte und fähige Heiler sieht darin kein Problem." Narutos Hand wanderte langsam zu dem, mit leder umwickelten Schwertgriff. Mit einem schleifenden Geräusch befreite er die Schneide aus der Scheide. Das Wort ´Schande´ strahlte ihm entgegen, erinnerte ihn an sein versagen. Doch Konoha verbannte er aus seinen Gedanken. Jetzt zählte nur Isuma.
 

"E-Eine Heilerin? Das muss diese verdammte Hure gewesen sein... Ich werde sie dafür umbringen." fluchte der Ronin leise. Trotz seines Ausbruches, hatte er seine Maske perfekt unter Kontrolle. Naruto bewunderte diese Fähigkeit.

"Du wirst es nicht mehr schaffen, irgendjemanden etwas zu tun. Ich habe nicht vor, dich laufen zu lassen. Ob du es glaubst oder nicht, ist auf deinen Kopf ein angenehmes Kopfgeld ausgeschrieben... Doch mir geht es nicht um Geld. Ich will Rache. Du bist ein verdammter Verräter, Isuma. Du würdest dir wünschen, diesen einen Fehler nicht begangen zu haben." zischte Naruto und ließ sein Schwert durch die Luft wirbeln. Ein Surren durchschnitt die stille Nachtluft, die nur ab und zu durch das Knacken des Feuers unterbrochen wurde.
 

"Du bist dir deiner Sache recht sicher, Naruto. Ich bewundere deine Entschlossenheit. Doch sie bringt dich hier auch nicht weiter. Ich will dein Blut, alles andere ist mir egal." Auch der Ronin hatte sein Schwert gezogen. Naruto kannte diese Klinge beinahe genauso gut wie seine Eigene. Das Leid und den Schmerz, die sie verursacht hatte, war ihm nur zu gut bewusst. Plötzlich hasste er dieses Stück Metall beinahe genauso so sehr, wie er sein Gegenüber hasste.
 

"Bevor wir uns bekämpfen, möchte ich noch wissen, warum du mich verraten hast? Bitte sag mir nicht, dass es nur an dem verschissenen Gold lag. Ich weiß, dass du über so etwas stehst." Naruto schaute den alten Ronin fest an. Seine Augen ruhten auf dem Gesicht des Anderen. Hass lag darin und die vollkommene Verachtung für ihn.
 

"Ich wünschte, ich könnte dir sagen, dass ich Angst vor deiner Stärke hätte, doch es wäre gelogen. Du hattest dir ein Vermögen angehäuft, dem ich nicht widerstehen konnte. 700 Stücke! Was man damit alles anstellen kann... Doch du! Du willst einen verkackten Bauernhof! Ein Weib, Bälger... Naruto für 700 Goldstücke liegen dir die Huren zu Füßen. Du könntest jeden Tag eine andere ficken und keinen würde es stören! Nein, du bist so dumm und lehnst dieses göttliche Geschenk ab, willst vernünftig sein... Doch das ist nicht vernünftig - Das ist dumm! Ich hätte dieses Vermögen haben sollen, doch du... Du funkst mir dazwischen." rief der Ronin aufgebracht und fuchtelte mit seinem Schwert in der Luft herum.
 

"Dein Geld?! Du spinnst, Isuma. Wir haben immer die Hälfte geteilt. Wenn du deinen Schwanz und deine Gelüste unter Kontrolle haben würdest und nicht alles besteigst, was bei Zwei nicht auf dem nächsten Baum ist, hättest du auch ein solches Vermögen. Du bist derjenige, dessen Lebensstil uns ins Verderben treiben würde, wenn ICH nicht aufgepasst hätte." Wütend versuchte Naruto den Anderen niederzustürzen, doch es misslang ihm.
 

"Du kleiner Bastard. Meine Lehren hätten von dir bezahlt werden müssen... Ich habe dir alles beigebracht, auf dich aufgepasst, dein Leben gerettet..." polterte der Ronin und ballte die Hand zur Faust, wurde allerdings von Naruto unterbrochen.

"... Ich habe dir oft genug den Arsch gerettet! Ich habe meine Schulden bezahlt, Bastard! Deine Geldsucht, kaufe ich dir nicht ab... Ich glaube viel mehr, dass du bemerkt hast, dass ich der bessere Ronin war... Du konntest es nicht ab, dass ein jüngerer deinen Platz einnimmt. Doch lass mir dir etwas sagen, alter Mann: Du bist nicht mehr der Ronin von früher! Du bist nur noch ein Schatten deiner selbst."
 

Isuma schaute ihn angewidert an und spuckte ihm vor die Füße. Er zog ein Gesicht, in dass Naruto nur zu gerne schlagen würde. Oh ja, er würde seinen Tod genießen!
 

"Wir sollten endlich loslegen, Kleiner. Möge der bessere Ronin gewinnen."
 

Naruto nickte nur leicht. Er trat einen Schritt nach vorne und ließ seine Klinge sprechen. Das silberne Metall durchschnitt die Luft und krachte mit einem Knall auf die Schneide von Isumas Katana. Sie übten ein kleines Machtspiel aus und drückten von beiden Seiten aufeinander. Dann ließ der Jüngere blitzartig ab. Naruto drehte sich leicht und ließ seinen Gegner an sich vorbei laufen. Er schaffte es, sein Schwert nachzuziehen und ritzte Isuma den halben Rücken auf. Seine Kleidung hing in Fetzen und er schrie laut in die Nacht hinein. Es war eine unglaubliche Genugtuung für Naruto, zu sehen, wie sein ehemaliger Mentor Schmerzen erleidet. Dieser drehte sich um und schlug nach Naruto. Doch sein Schlag war unpräzise und zu hoch. Es war ein Einfaches für ihn, die Klinge abzublocken. Wieder und wieder schlug Isuma auf Naruto ein, für den es immer einfacher wurde, die Hiebe abzuwehren. Oft brauchte er nur einen Schritt nach hinten, um auszuweichen. Er genoss es, wie sein Gegner zunehmend frustrierter wurde und seine Schläge noch kraftloser und unpräziser wurden.
 

Ein weiterer Hieb von oben kündigte sich an. Naruto drehte das Schwert in seiner Hand und blocke ihn geschickt. Er schaute kurz zu seinem Gegner, ehe er eine gewaltige Schwachstelle fand. Wutentbrannt und mit voller Kraft trat er Isuma gegen das Knie. Sofort und mit einem Knacken, ging der Ronin keuchend zu Boden. Staub, Erde und Laub wurde aufgewirbelt. Isuma schrie in den dunkeln Haufen Blätter, in dem sein Gesicht gelandet war und hielt sich sein schmerzendes Gelenk. Fast hätte Naruto Mitleid mit dem älteren Mann gehabt, doch soweit würde er es nicht kommen lassen. Angewidert schaute er Isuma dabei zu, wie er sich an einem Ast hochzog. Sein Bein hing einfach nur schlapp an seinem Körper.
 

"Du kämpfst unfair, Naruto." zischte er unter Schmerzen, "Ein Wächter kämpft nicht unfair."
 

"Gut, dass ich kein Wächter mehr bin." flüsterte der Namikaze leise und hob sein Schwert. Mit beiden Händen am Griff, schlug er auf den Ronin ein. Die ersten Beiden Hiebe konnte dieser noch halbwegs Blocken. Doch seine Kraft verließ Isuma und die Klinge in seiner Hand federte bei jedem weiteren Schlag mit. Er war viel zu sehr mit seinem Bein beschäftigt, als dass er die Angriffe Narutos abwehren konnte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er seine Schwachstelle offenbarte und seinem Gegner seine verwundbarste Stelle zeigte. Nur noch schwach, das Katana in einer Hand halten, klammerte sich der Ronin an den Baum. Naruto drehte sie Klinge leicht und ließ Isuma ins Nichts schlagen. Er machte einen Schritt nach links und drehte sich um die eigene Achse, ehe er die Hand des Ronin erreichte. Fast schon zu einfach konnte er seinen Gegner um sein große Pranke erleichtern. Isuamas Klinge fiel zu Boden und mit ihr auch die Hand. Den Blutenden Stumpf halten, konnte der Ronin sich nicht mehr an dem Baum festhalten und sackte zusammen.
 

Seine Schreie hallten durch den Wald, doch wurden von der Schwärze der Nacht einfach nur aufgesaugt und verschwanden in der in der Weite des Geästs.
 

Keuchten schob sich der ältere Ronin an den Baumstumpf hinter sich hoch. Sein Kopf kippte nach vorne blieb mit dem Kinn auf der Brust gestützt. Mit seiner linken Hand hielt er seinen rechten Arm, der inzwischen vom vielen Blut rotgetränkt war. Naruto kam langsam auf ihn zu. Das Schwert in seiner Hand zeigte Richtung Boden. Blut tropfte an dem hellen Metall hinab und zeigte den Anwesenden, dass es der Namikaze war, der seinen Gegner besiegt hatte. Ruhig und Still war es in dem Wald. Nur das leichte Keuchen und Stöhnen von Isuma störte im Hintergrund. Naruto schaute seinen ehemaligen Mentor mit all seinem Hass und all seiner Abscheu an und nahm den Griff seines Katanas in beide Hände. Er legte die Schneide in den Nacken des Ronin. Das kalte Metall berührte die Haut und ein Zittern ging durch seine Gegner.
 

"Du hast gewonnen, Kleiner." stöhnte der ältere Mann und hob seinen Kopf dabei nicht.

"Soweit hätte es nicht kommen müssen." flüsterte Naruto und schaute auf die Klinge seines Schwertes.

"V-Vielleicht." antwortete Isuma schwach. Sein Blick ging zu dem Stumpf, wo sich normalerweise seine Hand befinden sollte. "Ich war einmal ein Samurai, auch wenn es lange her ist... Gebe mir einen Tod, bei dem ich mich nicht schämen brauch. Lass mich nicht ehrlos in die Gefilde gehen."

Naruto wand seinen Blick ab. Eigentlich hatte sein ehemaliger Mentor einen solchen Gefallen nicht verdient. Verrat verwirkt jegliches Recht auf Ehre. Doch er hatte dem Ronin auch viel zu verdanken. Es stimmte, dass Isuma ihm viel beigebracht, ihm viel gelehrt hatte.

"Du wirst nicht ehrlos sterben." hauchte Naruto leise und schaute auf das Blut, welches an seiner Klinge hinab lief.

"Danke... Jetzt bist du ein echter Ronin."
 

Der junge Namikaze stockte, ehe er mit beiden Händen ausholte und ein Surren die Luft durchschnitt. Das Metall blitzte in der Dunkelheit auf. Isuma senkte seinen Kopf ein wenig mehr, damit Naruto es etwas leichter haben würde, sein Ziel zu treffen, auch wenn er es eigentlich nicht nötig hatte. Der junge Namikaze atmete kurz stockend ein und aus. Ein Kloß hatte sich in seinem Hals gebildet, doch nichts konnte ihn von seinem Vorhaben abbringen. Ein Gefühl der Leichtigkeit durchströmte ihn und zeigte ihm die nächsten Sekunden. Er schaute auf die Klinge, die rechts neben seinem Kopf in die Höhe ragte.
 

"Lebe wohl, Isuma."
 

Die Klinge blitzte ein weiteres Mal auf und Naruto zog sie geschmeidig nach unten. Fast schon zu leicht, traf sie ihr Ziel. Der leblose Körper sackte zusammen und verschwand in der Dunkelheit. Naruto atmete leicht ein und aus, ehe er die Augen schloss und die ersten Regentropfen auf seinem Gesicht spürte. Er wagte es nicht, seinen ehemaligen Mentor anzuschauen und verharrte noch einige Minuten, ehe das inzwischen ausgegangene Feuer ihn in die Schatten führte.
 

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Vielen Dank fürs Lesen und auch für die Kommentare unter dem letzten Kapitel. Ich werde erst einmal diese Geschichte weiterschreiben, da ich bei SzH einfach vor einer riesigen Schreibblockade sitze, die mir generell die Lust am Schreiben nimmt.

Zudem habe ich auch nicht mehr so viel Zeit, wie ich es gern hätte und muss diese daher so gut es geht einsetzen.
 

Bis dahin

Amogan



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  didiboy
2019-05-23T16:32:38+00:00 23.05.2019 18:32
Super wider ein tolles Kapitel weiter so
Schreib bitte schnell weiter
Von:  lula-chan
2019-05-23T05:58:14+00:00 23.05.2019 07:58
Ein tolles Kapitel. Sehr gut geschrieben. Gefällt mir. Echt gut dargestellt. Ich bin gespannt.

LG


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