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Das Beta-Guard Projekt

Die Vorgeschichte der Alphas
von

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Warten

Wir stehen eine gefühlte Ewigkeit in dem Saal, während wir warten das die Doktoren mit ihren Ansprachen fertig werden damit es endlich losgeht. Seit Tagen spüre ich diese Vorfreude auf die Veränderung die mit uns allen geschehen soll. In der Menge suche ich nach meiner Frau und meiner Cousine. Siobhan entdecke ich ziemlich schnell, sie steht nicht allzu weit von mir, Fynn und William entfernt, bei ihren Freundinnen. Sie tuscheln miteinander und Siobhans Gesicht wechselt von überrascht zu schockiert und zeigt dann ein herzliches Lächeln. Ich wüsste gerne, was ihr gerade erzählt worden ist, aber fürs Erste reicht es mir, wenn sie einfach nur lächelt. Ich beschließe, mich weiter nach meiner Frau umzusehen. Nicky steht bestimmt mit Nathalie zusammen. Sie sind generell ständig zusammen anzutreffen. Ich sehe nach rechts und entdecke ihr langes, braunes Haar hinter Galen und Quardir. Gerade als ich sie entdecke, sieht sie mich an und lächelt mir zu, sodass mir warm ums Herz wird. Für diese Frau, meine Frau, würde ich durchs Höllenfeuer gehen. Das mag vielleicht kitschig klingen, aber ich meine es todernst. Nicky formt eine lautloses: „Ich liebe dich“, welches ich mit einem kurzen Klopfen auf meine Brust erwidere. Das ist unser Ding, seit wir es uns das erste Mal gesagt haben.

Ich merke, wie ich anfange ungeduldig zu werden. Die Reden sollen aufhören, damit ich zu ihr rübergehen und mit ihr zusammen warten kann. Eigentlich bin ich eher ungeduldig und warten ist für mich das Schlimmste überhaupt, aber mit ihr und meinen drei besten Freunden Will, Fynn und Steve, der hier auch irgendwo in der Menge stehen müsste, wird es erträglicher sein. Als Dr. Augustine in die Runde fragt, ob jemand Fragen hätte sehe ich mich erneut nach möglichen Fragenstellern um. Galens Stimme ertönt und viele drehen sich zu ihm um. „Wann kann es endlich losgehen?“, fragt er über die Köpfe der anderen hinweg. Einige kichern und es geht ein pfeifen und klatschen durch die Menge. Er schafft es immer den Klassenclown zu spielen. Ein johlen, ganz in meiner Nähe verrät mir, wo sich Steve aufhält. Er steht direkt hinter Will, der hochkonzentriert zur Treppe sieht, auf der sein Vater steht und ernst in die Runde blickt. Normalerweise verstehe ich mich recht gut mit Peter, aber ich kann einfach nicht verstehen, warum er es Will so verdammt schwer machen muss. Egal, wie sehr sich Will anstrengt und bemüht, es scheint einfach niemals genug für seinen Dad zu sein. Manchmal habe ich den Eindruckt, es würde sogar alles nur noch schlimmer machen. Ich erwische mich dabei, wie ich mein Handy aus der Hosentasche zücke, um meinem eigenen Vater zu schreiben. Allerdings lasse ich diesen absurden Gedanken sofort wieder fallen. Mein Vater und ich haben bereits seit Beginn der High School keinen Kontakt mehr. Damals hatte er meine Mutter mit seiner Sekretärin betrogen, unser Haushaltsgeld gestohlen und ist mit ihr durchgebrannt. Ich half meiner Mutter so gut es ging mit Ferienjobs das Haus zu halten, aber wir schafften es gerade mal ein knappes halbes Jahr, bis uns die Bank das Haus wegnahm und uns zwang am anderen Ende der Stadt in eine enge Wohnung zu ziehen. Zum Glück war ich auf meiner Schule im Schwimmteam gewesen und konnte mir damit ein Stipendium verdienen. Sonst hätte ich vermutlich nie an diesem Projekt teilnehmen können und somit diese einmalige Gelegenheit verpasst. Die Reden finden endlich ein Ende und ich fange an, mir den Weg zu Nicky zu bahnen. Steve folgt mir, gefolgt von seiner Rapmusik. Er trägt sie immer mit sich herum und egal wo er auftaucht, kann man Tupac hören. Spion oder sowas kann er so ganz sicher nicht werden. „Hab dich vorhin gar nicht gesehen“, sage ich ihm, als er in Hörweite ist. Steve zuckt mit den Schultern und nestelt an seinem tragbaren Radio rum. Irgendwann, wenn er nicht darauf achtet, werde ich das blöde Ding aus dem Fenster werfen, oder Tupac durch irgendwas anderes ersetzen. Zum Beispiel kann ich mich erinnern, wie Nathalie neulich ihre alten Kinderhörspiele gefunden hat. Die stehen noch immer in meinem und Nickys Keller rum und warten darauf aussortiert oder wieder von Nathalie mitgenommen zu werden.

Ich komme auf dem Weg zu Nicky an Laura und Allen vorbei. Während Laura irgendwie versucht seine komplette Aufmerksamkeit zu bekommen, ist Allen in seine größte Obsession vertieft: Die perfekte M&M Sorte zu finden. Er trägt immer und überall, wo ich ihn gesehen oder zufällig getroffen habe eine andere Sorte mit sich herum. Dem Geruch nach zu urteilen ist es heute Erdnussbutter.

„Hey Jonathan!“, höre ich Lauren rufen. Am Anfang hat es echt eine Weile gedauert, bis ich Laura und Lauren unterscheiden konnte. Sie beide haben langes, blondes Haar und sehen relativ hübsch aus. Nicht so hübsch wie meine Ehefrau natürlich, aber auf ihre Weise eben hübsch. Sie unterscheiden sich nur in ihrer Größe und ihrem Umgang mit anderen Menschen. Lauren zum Beispiel ist sehr viel freizügiger als Laura, die ich eher schüchtern und zurückhaltend erlebe. Ich drehe mich zu Lauren um.

„Hast du später Lust schwimmen zu gehen?“, Lauren mag vielleicht ganz hübsch sein, aber ich schätze genau das ist das Problem, das Nicky mit ihr hat. Ich weiß, dass Nicky mir vertraut, aber laut ihrer eigenen Aussage traut sie Lauren kein Stück über den Weg. Die zwei können sich einfach nicht ausstehen und Lauren lässt keine Gelegenheit aus, um Nicky zur Weißglut zu bringen. Ich schüttle freundlich den Kopf und lächle sie entschuldigend an. „Sorry, hab schon was vor. Frag doch Darcy, ich bin sicher sie hat Zeit“, schlage ich ihr vor. Sollen doch die beiden versuchen miteinander auszukommen. Ich gehe mit Steve weiter, der endlich seine Kopfhörer von den Ohren gezogen hat. Jetzt kann man mit ihm reden, ohne auf einsilbige Antworten gefasst sein zu müssen. „Die legt es immer wieder drauf an von Nicky eine runtergehauen zu bekommen, oder?“, ich kann Steve nicht widersprechen also nicke ich nur und werfe ihm ein verschmitztes grinsen zu.

„Liebling“, höre ich den Singsang meiner Frau. Sie ist genauso aufgeregt wie ich. Ich lege ihr meine Arme um die Taille und ziehe sie an mich. Als Fynn und Will zu uns stoßen, höre ich wie die ersten Namen aufgerufen werden und die dazugehörigen Leute die Treppe hinaufsteigen um ihre Injektion, des Alpha-Serums zu bekommen. Der Name klingt völlig bescheuert in meinen Ohren und ich hoffe, dass Peter diesen Namen noch ändert.

Es dauert nur wenige Minuten und Nicky und Nathalie werden aufgerufen. Als sie die Treppe gemeinsam raufsteigen, halten sie sich an den Händen. Ich sehe Nicky nach, bis sie durch die Tür verschwindet. Kurz bevor sie hindurchgeht, sieht sie sich nochmal nach mir um und ich werfe ihr eine Kusshand zu, die sie sofort erwidert. Will und Fynn sehen beide betrübt aus. Ich kann mir denken woran das liegt. Während ich das große Glück hatte neben meiner Cousine auch noch meine Frau und meine Schwägerin mit in diesem Projekt zu haben, sind die beiden ziemlich leer ausgegangen. Evelyn hatte mit diesem Projekt von Anfang an nichts am Hut und die Verlobte von Fynn wurde nicht angenommen. „Hey… es wird alles gut gehen und nächste Woche seid ihr wieder bei euren Mädchen“, versuche ich die zwei aufzubauen. Ich habe nicht wirklich das Gefühl es zu schaffen. Allerdings zeigen mir ihre Gesichtszüge, dass sie es dennoch zu schätzen wissen. Während wir uns über unverfängliche Nichtigkeiten unterhalten, wird der Saal immer leerer. Ziemlich zum Ende hin wird mein Name aufgerufen. Ich gehe, wie die anderen vor mir, die Treppe rauf und anschließend durch die Tür. Dort begegnet mit Ana erneut mit ihrer Kamera und sie lächelt schüchtern. Ich lächle zurück und sie schießt ein, vorläufig, letztes Foto von mir.

Jetzt bin ich doch etwas nervös. Ich betrete das Behandlungszimmer und setze mich auf die Liege in der Mitte des Zimmers. Es riecht stark nach Arztpraxis.

Dr. Sasson betritt den Raum, ich habe sie einige Male getroffen. Sie war es, die einigen Studenten dazu geraten hat an diesem Projekt teilzunehmen, unter anderem auch Galen und mir. „Reed, Jonathan“, liest sie meinen Namen aus ihrer Akte vor. „Standen Sie heute unter Einfluss von Alkohol oder anderen gesundheitsschädlichen Substanzen?“, fragt sie, während sie die Akte über mich zur Seite legt und eine gelbliche Flüssigkeit in einer Spritze aufzieht. Meine Nervosität steigt und ein vorfreudiges, besorgtes Zittern fährt durch meine Arme und Beine. Kurz kommen mir die Risiken in den Sinn, aber Nicky verlässt sich auf mich und darauf, dass wir das hier gemeinsam machen. „Nein, nur viel Gemüse und Wasser. Seit einer Woche“, beantworte ich Dr. Sassons Frage. Sie desinfiziert meine Armbeuge und piekst dann mit der Spritze hinein. Ich halte still und sehe zu, wie sie diese gelbe Flüssigkeit in meinen Arm drückt. Sie entfernt die Spritze wieder und gibt mir etwas zum draufdrücken. Die ersten Minuten lang, passiert gar nichts.

Hat es überhaupt funktioniert? Ich weiß nicht, ob ich erwartet hatte sofort eine Veränderung zu spüren, aber gar nichts zu spüren beunruhigt mich dann doch etwas. Dr. Sasson schickt mich raus und Ana nimmt mich in Empfang. Sie führt mich zu einem weiteren Raum, wo ich auf weitere Doktoren treffe, die mich von Kopf bis Fuß genau untersuchen und mir immer wieder die Frage stellen, ob es mir gut ginge und ich schon etwas spürte. Ich muss einen inneren Impuls zurückhalten, um ihnen nicht die Köpfe einzuschlagen. Ein merkwürdiger Gedanke, ich verabscheue jegliche Art der Gewalt. Sicherlich liegt es nur an der Nervosität und der innerlichen Aufregung. Man lässt sich schließlich nicht täglich ein Serum spritzen, das entweder den Tod, eine neue Fähigkeit oder das große Nichts für einen bedeuten könnte.

Plötzlich wird mir schwarz vor Augen und ich höre nichts mehr. Ein komisches Gefühl legt sich auf meinen Rücken und ich habe den Eindruck, als würde jemand versuchen mich in Stücke zu reißen. Ich kämpfe mich aus der Dunkelheit wieder hoch und reiße die Augen wieder auf. Jemand hat mich auf ein Bett gelegt und durchs Fenster scheint hellstes Tageslicht. Ich bin verwirrt und versuche aufzustehen, aber etwas hält mich zurück.

In meinem Finger, meinen Armen und in meiner Nase stecken Schläuche. Wie viel Zeit ist vergangen, seitdem ich in dieser Schwärze steckte? Auf jeden Fall mehrere Stunden, denn das Serum bekam ich verabreicht, als es Nacht war. Ein lautes Pfeifen reißt mich aus meinen Gedanken und ein Ärzteteam und Doktor Wellington stürmen in mein Zimmer. „Jonathan? Wie fühlen Sie sich?“, fragt Wellington. „Sie waren fast drei Tage lang bewusstlos“, fährt er fort als ich ihn verwirrt ansehe.



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