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Ein unverhofftes Familientreffen

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So, es geht weiter. Zuvor möchte ich noch eine Sache klären, da ich dies manchmal gefragt werde. Ich werde diese Geschichte nicht abbrechen. Wenn länger keine Updates kommen, habe ich entweder eine Schreibblockade, nicht viel Zeit zum schreiben/bin mit anderen Dingen oder hatte vielleicht auch mal keine Lust. Vor einigen Monaten konnte ich teilweise mehrere Kapitel pro Woche rausbringen, aber inzwischen habe ich einfach nicht genug Zeit. Dafür versuche ich die Kapitel etwas länger zu machen, zuvor waren sie meist an die 10-12 Word Seiten. Sollte ich die Geschichte pausieren, werde ich das irgendwie versuchen anzukündigen. Also keine Panik, wenn mal länger keine Updates kommen. ;-)

Damit viel Spaß! :3 Komplett anzeigen

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Ein ziemlich dämlicher Plan

„Willst du uns verarschen?!”, fauchte Iblis Angel an. „Nach allem, was hier passiert, stellen sich die Grigori immer noch quer?! Was sind das bitte für Arschgeigen?! Und ich dachte immer in Gehenna wäre der Rat zum Kotzen!”
 

Die kleine Gruppe Exorzisten und die Adepten, welche Shura und Angel begleitet hatten, zuckten erschrocken zusammen, sichtlich eingeschüchtert von dem erzürnten Dämonenkönig. Rin konnte ihnen keinen Vorwurf machen. Sogar ihm war mulmig, wenn einer der Baal schlecht drauf oder wütend war. „Iblis, du brennst schon wieder.”, seufzte Samael. „Beruhige dich, bevor du etwas anzündest.” Der Nephilim konnte da nur zustimmen. Momentan befanden sie sich im Maya Hotel, welches sich in Kōbe befand und schon seit Jahren verlassen war. Die Hexenzirkel nutzten es häufig für ihre Treffen, was jedoch nicht bedeutete, dass es Iblis Explosionen aushalten würde. Bei ihrem Glück setzte er das ganze Hotel in Brand, wenn er sich zu sehr aufregte.  
 

Der Feuerkönig schnaubte, jedoch wurden seine Flammen kleiner. „Regt dich das nicht auf?!”
 

„Ich hatte schon damit gerechnet.”, erwiderte der Zeitkönig schulterzuckend. Die Abgesandten der Hexenzirkel tauschten beunruhigte Blicke aus. Zu Rins Verwunderung waren nur drei anwesend, zwei Frauen und ein Mann. Der Mann hieß Akaya und war Japaner mit schwarzen, schulterlangen Haaren und braunen Haaren. Er gehörte zu Azazel. Die Frau neben ihm gehörte zu Egyn und war eine brünette Russin namens Adrijana. Die dritte Hexe hatte aschblonde, lange Haare und grüne Augen. Allerdings sah sie im Gegensatz zu ihren beiden Kollegen äußerst fehl am Platz aus. Während die beiden wirkten, als wären sie zwischen 20 und 30 Jahre alt, sah sie aus wie 12. Sie war außerdem höchstens 1,40 m groß. Natürlich hatte er längst gelernt, dass man das Alter nicht nach dem Aussehen einschätzen konnte, doch befremdlich war es schon. Leider kannte er ihren Namen nicht oder wusste woher sie kam. Er wusste nicht mal zu wem sie gehörte. Sie schien sein Starren zu bemerken, denn ihr Blick richtete sich plötzlich auf ihn. Rin war es etwas peinlich erwischt worden zu sein, doch sie schien es nicht zu stören. Sie grinste ihn an, als würde sie ihn herausfordern zu sagen, was er dachte. Schnell zwang sich der Nephilim dem Clown weiter zuzuhören. „Ich bezweifle, dass die Ritterschaft lange durchhält. Allerspätestens, wenn Lilith mit voller Macht angreift, werden sie angekrochen kommen.”
 

„Wenn es bis dahin nicht schon zu spät ist.”, grummelte Akaya missmutig. „Du solltest nicht immer so negativ sein.”, wies ihn die aschblonde Hexe hin. Sie hatten einen deutlichen Akzent, aber Rin wusste nicht, was es für einer war. „Ich kann schon fast die Gewitterwolken sehen...”
 

„Ach, sei still du Zwerg.”
 

„Hey, das ist jetzt aber ziemlich weit unter der Gürtellinie! Ich bin außerdem älter als du!”  
 

Adrijana warf ihnen giftige Blicke zu. „Genug jetzt, ihr kling wie ein altes Ehepaar.”
 

„Immerhin haben uns andere Exorzisten zugehört.”, warf Shura ein. „Viele in der japanischen Zweigstelle wollen trotz der Entscheidung der Grigori helfen.”
 

„Was auch immer.”, schnaubte Iblis und stand auf. „Wohin gehst du?”, fragte Lucifer.
 

„Ich suche mir ein paar Streuner, Ratten und Tauben, ich muss was umbringen, sonst verliere ich die Beherrschung.” Damit stapfte er aus dem Zimmer, Astaroth folgte ihm. Beelzebub seufzte. „Schätze, ich gehe mal und passe auf, dass er keine Passanten oder Autos anzündet, die sich her verirrt haben.”
 

„Sei so gut.”, murmelte der Lichtkönig, während er sich die Stirn massierte und wandte sich an den Rest. „Wir machen kurz Pause.”
 

Alle nickten. Als der Nephilim zu seinen Freunden gehen wollte, legte Lucifer ihm jedoch eine Hand auf die Schulter. „Kommst du bitte kurz mit? Samael und ich wollten uns nochmal das Siegel auf dem Kōmaken ansehen.”
 

Etwas verwirrt nickte der Halbdämon. Er folgte den beiden älteren Dämonen, dabei kreuzte sich sein Blick mit dem von Yukio, welcher wortlos an einer Wand lehnte. Natürlich schaute er schnell zu Boden. Typisch. Seit ihrem Streit hatten sie kaum ein Wort miteinander gewechselt, doch diesmal würde Rin nicht nachgeben und sich entschuldigen, immerhin gab es keinen Grund. Ohne seinen Zwilling eines weiteren Blickes zu würdigen, verließ er das Zimmer.
 

„Warum wollt ihr euch das Siegel ansehen?”, erkundigte er sich. Die beiden Dämonen hatten es bereits untersucht nachdem die Verbindung zu Satan abgerissen war, doch zu ihrer Verwunderung hatte sich nichts groß daran verändert. Dafür spürten sie, dass die Kraft des Siegels immer mehr abnahm. Allerspätentens in 2 Jahren würde es zerbrechen, vielleicht sogar schon in einem. Theoretisch sollte sich Rins Körper zu diesem Zeitpunkt ausreichend angepasst haben, also waren sie nicht weiter darauf eingegangen. Umso seltsamer, dass sie nun wieder damit anfingen.
 

„Wie du weißt sind Gehenna, die Flammen, Vater und damit auch du miteinander verbunden. Es ist also ziemlich merkwürdig, dass das Siegel keine große Reaktion zeigt, obwohl Lilith das Gleichgewicht komplett durcheinander bringt.”, erklärte Lucifer, während er Kurikara entgegen nahm. „Es kann also gut sein, dass das Siegel stärker beansprucht wird, als es den Anschein hat. Samael und ich haben eine Möglichkeit gefunden das Siegel zu verstärken ohne es vorher zerstören zu müssen. Es wird uns hoffentlich etwas Zeit verschaffen, falls es wirklich zu früh damit beginnt, zu zerbrechen.” Der Vorgang dauerte nur wenige Minuten, danach bekam Rin sein Schwert zurück.
 

„Passe weiterhin gut darauf auf. Vater wäre äußerst ungehalten, wenn du stirbst, weil deine vollständigen Kräfte zu früh entfesselt wurden und wir müssen es dann ausbaden.” schärfte Samael ihm ein. Früher hätte der Nephilim ihn böse angesehen, doch inzwischen wusste er, dass der Zeitkönig seine Zuneigung auf etwas ungewöhnliche Weise zeigte. „Wir werden jetzt gehen, scheinbar möchte Okumura-sensei ein Wort unter vier Augen.”, fuhr der zweitälteste Dämonenkönig fort. Rin war verwirrt bis Yukio tatsächlich hervortrat. Scheinbar hatte er hinter der Ecke gestanden. Genervt fragte sich der Halbdämon, ob er gelauscht hatte. Samael schien die Antwort schon zu kennen. „Es gehört sich nicht, andere Gespräche zu belauschen. Hat Shiro dir das nicht beigebracht?” Yukio biss die Zähne zusammen. „Ich wollte nur mit Rin sprechen.” Auf einmal.
 

„Na, das hat ja gedauert.”, kam es spöttelnd von Samael.
 

„Ist das in Ordnung für dich, Rin?”, fragte Lucifer telepathisch.
 

„Klar, geht ruhig. Ich komme klar.”, antwortete er. Immerhin eine Fähigkeit, die inzwischen gut klappte. Die älteren Dämonen verschwanden mit einer pinken Wolke („Eins, zwei, drei!”) und einem goldenen Leuchten. Für einige Sekunden herrschte unangenehme Stille, dann begann Yukio zu sprechen. „Du scheinst dich gut mit ihnen zu verstehen. Sogar mit Mephisto.” Also schlich er drum herum. Gut, dann eben die Tour. Rin zuckte mit den Schultern. „Er ist nervig, aber ganz in Ordnung, wenn man ihn näher kennt. Auch wenn ich ihn manchmal erwürgen will.” Er sah ihn an. „Was willst du? Ich schätze mal, dass du nicht hier bist, um dich zu entschuldigen.”
 

Yukio schien überrascht von seiner Direktheit, aber kam direkt zum Punkt. „Bist du sicher, dass du ihnen vertrauen kannst? Was wenn sie dich manipuliert haben? Vielleicht haben sie sogar an deinen Erinnerungen rumgepfuscht.”
 

Rin schnaubte. „Wenn du nur mit haltlosen Anschuldigen um dich wirfst, kannst du wieder gehen.” Er drehte sich um und wollte Yukio einfach stehen lassen, doch dieser griff seinen Arm. „Ich mache mir Sorgen um dich! Du warst ein halbes Jahr lang in Gehenna und ihnen dort ausgeliefert-”
 

„Ich war ihnen nicht ausgeliefert-”
 

„Sie haben dich gegen deinen Willen mitgenommen oder nicht? Das nennt sich Entführung und wenn sie sich wirklich um dich sorgen würden, dann würden sie nicht zu solchen Mitteln greifen!”
 

Rin bleckte die Zähne. „Witzig, dass das von dir kommt. Du behauptest, dich um mich zu sorgen, aber richtest bei jeder Gelegenheit eine Waffe auf mich. Und ja, sie haben mich gegen meinen Willen nach Gehenna gebracht, aber sie haben mir nie geschadet oder versucht mich zu manipulieren. Sie haben mich besser behandelt als die meisten in Assiah!”
 

Yukio schüttelte den Kopf. „Für mich klingt es eher, als würdest du unter dem Stockholm-Syndrom leiden und entsprechende Hilfe brauchen. Du weißt wahrscheinlich nicht, was das ist-”
 

„Doch weiß ich, dank Azazels Wikipedia-Obsession.”, knurrte der Nephilim gereizt. „Und ich habe kein Stockholm-Syndrom!” In gewisser Weise verstand er, dass Yukio diese Vermutung hatte. Noch vor einem halben Jahr hatte er Satan und die Dämonenkönige gehasst und nachdem sie ihn dann geholt hatten, war davon plötzlich nichts mehr zu sehen. Dennoch irritierte es ihn, dass der Jüngere derartige Anschuldigungen gegenüber seinen Geschwistern und Satan erhob. Er kannte sie nicht, er hatte kein Recht dazu!
 

„Rin-”
 

„Ich will es nicht hören.”, unterbrach Rin den Brillenträger barsch. „Weder Vater noch meine Brüder haben mich manipuliert oder ausgenutzt. Ganz im Gegensatz zur Ritterschaft für die ich nur eine Waffe war.”
 

„Du nennst Satan "Vater"?! Ist es dir so egal, dass Vater sein Leben für dich gegeben hat?!”, fauchte Yukio. „Ach, jetzt also das wieder?”, Rin zwang sich ruhig zu bleiben. „Natürlich bin ich dem Alten unendlich dankbar. Er wird für mich immer ein Vater sein, aber...” Er schluckte. Hoffentlich lag er mit seiner Vermutung richtig. „Ich denke, wenn er gewusst hätte, wie sie wirklich sind, wäre er bereit zum reden gewesen. Und nun da ich die Wahrheit kenne, denke ich, dass er nicht wollen würde, dass ich meiner Familie den Rücken kehre, wenn sie sich um mich sorgen.”
 

„Tja, wir werden es nie erfahren, da er tot ist. Wegen Satan. Und dann wäre da noch Astaroth, der das Stift zerstört und die anderen angegriffen hat. Was würden sie wohl sagen?”
 

„Sie haben sich auch bereit erklärt uns zu helfen! Ach, vergiss es einfach!”, fauchte er, fuhr herum und stürmte aus dem Raum. Konnte Yukio ihn nicht einmal in Ruhe lassen?! „Blöde, leberfleckige Brillenschlange.”, murmelte er irritiert. „Ärger im Paradies?” Er zuckte zusammen und sah auf. Dummerweise hatte er nicht wirklich darauf geachtet, wo er hinlief und stand nun in einem ihm unbekannten Zimmer. Vor ihm, auf einem Tisch, saß die aschblonde Hexe von vorhin. „Tut mir leid, ich wollte nicht lauschen, aber man hat euer Gezeter bis hier her gehört.”, sagte sie, als sie sein Gesicht bemerkte.
 

Na super.
 

„Schon gut.”, grummelte er. Sie hielt ihm die Hand hin. „Christina Reichmann. Ich bin Hohepriesterin eines großen Hexenzirkels in Deutschland, in Bamberg um genau zu sein. Freut mich sehr, dich kennenzulernen!” Etwas zögerlich schüttelte Rin ihr die Hand. Auf dem Handrücken entdeckte er ihr Hexensymbol. Das Siegel war, wenn er sich korrekt erinnerte, Samaels. Also gehörte sie wohl zum ihm. „Okumura Rin.”
 

Christina grinste. „Weiß ich doch. Dein Vater und deine Geschwister waren damals absolut nicht begeistert, als du nirgends aufzufinden warst. Sie haben dich in ganz Assiah gesucht.” Sie hielt inne. „Ich darf dich doch duzen, oder?”
 

„Klar.” Er wusste nicht, was er sonst sagen sollte, also sah er sich im Zimmer um. Wo wohl seine Freunde waren? „Willst du drüber reden?”, fragte die Hexe plötzlich. Der Nephilim sah sie überrascht an. „Danke, aber ich komme klar.”
 

„Na, wenn du meinst.” Sie legte den Kopf schief. „Warum schaust du mich eigentlich so an?” Also hatte sie es doch bemerkt. „Ähm...es ist nichts.”
 

„Für einen Dämonen bist du ziemlich schlecht im Lügen.”, kommentierte sie. Ihr Blick schien ihn zu durchbohren. Plötzlich wirkte sie trotz ihres Aussehens ziemlich erwachsen. „Lass mich raten: mein Aussehen verwirrt dich. Und warum eine Zwölfjährige Hohepriesterin ist.”
 

„Irgendwie schon.”, gab er etwas peinlich berührt zu. Sie lachte. „Lass dich nicht täuschen. Ich sehe zwar jung aus, aber bin 421 Jahre alt.” Dies überrascht Rin nicht mehr wirklich. Er hatte einmal seine Geschwister nach ihrem Alter gefragt und kaum den Mund zubekommen, als jeder sein Alter genannt hatte. Dagegen war er ein Säugling. Und Christina.
 

„Weißt du zufällig wo meine Freunde sind? Ich habe mich etwas verlaufen.”, murmelte er. Natürlich musste er rot werden. Sie lachte. „Ich zeige dir gerne den Weg. Ich habe momentan sowieso nichts zu tun.” Damit sprang sie vom Tisch und lief voraus.
 

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Shiemi saß mit Izumo auf einem Sofa in einem der scheinbar unendlichen Zimmer, wo sie gemeinsam versuchten ihre magischen Diener heraufzubeschwören. Leider erfolglos. Seit einigen Tagen reagierten sie nicht mehr auf ihren Ruf. Shiemi machte sich große Sorgen um Nii, denn auch wenn er ein Dämon war, betrachtete sie ihn als einen Freund. Sie war nicht sicher, was Izumo empfand, doch meinte Frustration zu erkennen.
 

„Versucht ihr das wirklich immer noch?”, fragte eine Stimme. Überrascht sahen beide auf. Es war Azazel, neben ihm stand Egyn. „Ähm...ja.”, antwortete die Blondine etwas schüchtern. Obwohl sie bereits öfter mit einigen der Dämonenkönige kurz geredet hatte, war sie noch immer sehr nervös in ihrer Gegenwart. Lucifer, Egyn, Beelzebub und Azazel erschienen eigentlich ganz nett, auch wenn letzterer ihr manchmal Gänsehaut bereitete. Mephisto war...nun Mephisto, von Amaimon hielt sie ganz großen Abstand und vor Iblis und Astaroth nahm sie sich ebenfalls in Acht. Sie ließen die Exorzisten ihre Abneigung stets spüren, dennoch blieb sie ihnen gegenüber weiterhin freundlich. Vielleicht würden sie irgendwann nicht mehr so feindseelig sein.
 

„Ihr verschwendet eure Zeit.”, fuhr der Geisterkönig fort. „Sie werden nicht kommen.”
 

„Danke, aber kümmere dich um deinen Kram.”, antwortete Izumo bissig. Azazel zuckte mit den Schultern. „Gut.”
 

Shiemi rang sich nach kurzem Zögern endlich durch, weiter mit ihm zu reden. „Wie geht es dir? Tut dein Kopf noch weh?” In letzter Zeit hatte der Geisterkönig des Öfteren über Kopfschmerzen geklagt, was wohl an der Instabilität zwischen den Welten lag, immerhin war das Geisterreich ebenfalls betroffen. Immer wieder hörte er Stimmen in seinem Kopf und bekam kaum noch Schlaf. Daher hatte er bereits an einigen Treffen nicht teilgenommen. Einmal hatte Shima (er hatte zuvor in Stein, Schere, Papier verloren) versucht ihn aufzuwecken, als sie diesen schlafend auf einem Sofa gefunden hatten. Azazel hatte sich hin und her gewälzt und offensichtlich einen Albtraum gehabt. An diesem Tag hatten sie alle eine wichtige Lektion gelernt: nicht nur schlafende Hunde sollte man nicht wecken, sondern auch keine schlafenden Dämonen. Der Geisterkönig war ohne Vorwarnung hochgefahren, hatte Shima umgeworfen und ihm einen Dolch (woher auch immer er diesen hatte) an die Kehle gepresst. Erst dann war ihm bewusst geworden, wen er da überfallen hatte und ließ glücklicherweise los, während er etwas perplex eine Entschuldigung murmelte. Scheinbar wollten seine Geschwister ihn deswegen nie wecken. Der Geisterkönig nickte nach kurzem Zögern. „Könnte besser sein, aber ich werd's überleben.”
 

Izumo hörte denn beiden nicht zu, sondern zerriss grummelnd das Papier. „Blöde Dämonen.”, grummelte sie vor sich hin. „Die Byakko können nichts dafür.”, kommentierte Egyn, während er sich zusammen mit Azazel mit dem anderen Sofa niederließ. Shiemi war etwas überrascht, denn normalerweise blieb keiner der Baal lange in ihrer Nähe, sondern bevorzugten es unter sich zu sein. Dass sie ihr auch noch einen seltsamen Blick zuwarfen, machte es nicht besser. Hatte sie etwas falsches gesagt oder getan? „Also...”, begann Egyn. „Ihr beiden seid mit Rin befreundet?”
 

„Ja, auch wenn er ein ziemlicher Idiot sein kann.”, grummelte Izumo. „Verstehe. Und ihr kanntet euch seit der Exorzistenschule?”, hakte der Wasserkönig nach. „Na ja, Yuki-chan kenne ich schon länger.” , antwortete Shiemi und errötete. „Wir sind uns begegnet kurz nachdem er Exorzist wurde. Er und der ehemalige Paladin sind oft zu uns in den Laden gekommen. Rin habe ich im Garten meiner Großmutter kennengelernt. Er war mein erster Freund.”
 

Die beiden Dämonenkönige wechselten Blicke. „Und mehr ist da nicht?”, fragte Azazel. Die blonde Adeptin sah ihn verwirrt an. „Was sollte da noch sein?” Neben ihr stieß Izumo ein Geräusch aus, was wie eine Mischung aus einem Schnauben und unterdrücktem Lachen klang. Dies trug nur dazu bei, Shiemi noch mehr zu verwirren. Anscheinend hatte sie wirklich etwas verpasst. Bevor sie nachfragen konnte, kamen auch die restlichen Adepten dazu. Beim Anblick der beiden Baal hielten sie inne. „Was macht ihr denn hier?”, entfuhr es Bon. „Auf dem Sofa sitzen. Sieht man doch.”, erwiderte Azazel trocken, woraufhin das Auge des angehenden Arias und Dragoons zuckte. „Du weißt genau, was ich meine!” Er erhielt nur blankes Starren. Egyn hob beschwichtigend die Hände. „Wir wollen keinen Streit.”
 

„Warum seid ihr dann hier?!”
 

„Sollen wir uns jedes Mal ignorieren, wenn wir aufeinander treffen? Dann wird diese Zusammenarbeit nie was.”
 

„Davon mal abgesehen, sind wir Rins Brüder und ihr seine Freunde. Wir werden also in Zukunft noch öfter aufeinander hocken müssen und da sollten wir uns zumindest halbwegs verstehen. Ob's uns nun passt oder nicht.”, murmelte der Geisterkönig, auch wenn er selbst nicht glücklich darüber schien. Die Adepten sahen sich unsicher an, Azazel verdrehte die Augen. „Egal, ich wollte sowieso noch was erledigen. Man sieht sich.”
 

„Du solltest nicht-”, begann Egyn, doch sein älterer Bruder verschwand bereits in einer schwarzen Wolke. „Ich habe dem Trottel doch gesagt, dass er noch im Bett bleiben sollte.”, murmelte er verärgert. Die Adepten achteten nicht weiter auf ihn. „Hey, Kamiki. Versuchst du immer noch deine magischen Diener heraufzubeschwören?”, fragte Shima.
 

„Natürlich, wonach sieht es sonst aus?”, knurrte sie, doch nach einem weiteren fehlgeschlagenen Versuch gab sie auf. „Das ist nicht fair!”, fauchte sie. „Ich will nicht nutzlos sein!”
 

„Ihr seid nicht nutzlos. Lebende Köder sind immer gut.” kommentierte eine neue Stimme. Astaroth kam dazu und grinste sie gemein an. „Schon Scheiße, wenn man sich immer nur auf andere verlässt und nichts selbst auf die Reihe bekommt, wie?”
 

„H-hey, lass sie in Ruhe!”, verteidigte Koneko sie schnell und sackte etwas zusammen, als er einen bohrenden Blick von dem Verwesungsdämonen bekam. „Exorzisten sollten Dämonen keine Befehle erteilen können. Umso besser, wenn damit endlich Schluss ist.”, knurrte er bedrohlich. Shiemi rutschte nervös auf ihrem Platz umher. „Sagt derjenige, der seine Untertanen alles erledigen lässt!”, fauchte Bon. Der grauhaarige Dämon schnaubte. „Als ob ich den ganzen Tag nichts mache. Ja, ich habe mehr als genug Handlanger und Untergebene, aber ich bevorzuge es wichtige Dinge selbst zu regeln.”
 

„Jetzt hört mit dieser Zankerei auf!”, fuhr Egyn dazwischen. „Du bist alt genug, um dich zusammenzureißen Astaroth!”
 

„Ach, jetzt bin ich wieder Schuld?!”
 

Der Wasserkönig schüttelte seufzend den Kopf. „Du hast angefangen. Wo ist überhaupt Iblis? Ihr wart doch zusammen unterwegs.”
 

„Der lässt 'ne Standpauke von Lucifer über sich ergehen, weil er ein Autowrack in die Luft gesprengt hat.”, antwortete der jüngere Dämon ungerührt. Egyn sah ihn fassungslos an. „Beelzebub war doch bei euch!”
 

„Tja, schätze, er war nicht schnell genug. Und es hat ja keiner gehört, nicht mal ihr.”
 

„Ich schwöre, wenn Gehenna wieder in unserer Hand ist, könnt ihr euch von Vater was anhören!”
 

„Ja, ja.”
 

Die Tür öffnete sich. Herein kam die Hexe von vorhin, gefolgt von Rin. „Ist alles in Ordnung hier? Wir haben laute Stimmen gehört.”, fragte er etwas unsicher.
 

Egyn seufzte. „Schon gut, alle bestens. Komm Astaroth, wir sollten Azazel suchen.” Der Fäulniskönig schien protestieren zu wollen, doch wurde einfach mitgezogen.
 

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Rin war sich ziemlich sicher, dass es mal wieder zum Streit zwischen seinen Geschwistern und seinen Freunden gekommen war, doch beschloss nichts zu sagen. „Hallo Rin.”, begrüßte Shiemi ihn, dann wandte sie sich an Christina. „Entschuldige, aber wer bist du?”, fragte sie etwas schüchtern.
 

„Christina Reichmann, Hohepriesterin des Hexenzirkels in Bamberg, Deutschland. Freut mich, euch kennenzulernen!”, antwortete sie grinsend. „Du bist Hohepriesterin?”, entfuhr es Shima. Christina lachte. „Japp. Ich bin allerdings auch schon 421 Jahre alt.”
 

Suguro runzelte die Stirn. „421? Also wurdest du 1598 geboren. War Deutschland nicht damals katholisch?” Sie nickte und seufzte, schien jedoch nicht genervt zu sein. „Das ist wahr. Ich stamme ursprünglich aus einer sehr gottesfürchtigen Familie.”
 

„Aber warum bist du dann eine Hexe und dienst Dämonen?”, fragte Koneko verwirrt. Das interessierte Rin ebenfalls. Erneut seufzte sie. Wahrscheinlich kam es nicht selten vor, dass sie das alles erzählen musste. „Im Jahre 1610, also als ich 12 Jahre alt war, wurden meine Mutter, meine ältere Schwester Eleanor und ich der Hexerei beschuldigt. Keiner von uns hatte irgendwas mit Hexerei zu tun. Wie ihr vielleicht wisst, waren die Hexenprozesse damals in vollem Gange. Damals regierte Fürstbischof Johann Gottfried I von Aschhausen das Hochstift Bamberg, später auch Würzburg.” Rin hatte keine Ahnung, wo das war oder wer dieser Gottfried war, aber hielt lieber den Mund. Geschichte war nie sein Fach gewesen. Oder Geographie und Religion. Oder Schule allgemein. „Mein Vater wurde getötet, als er uns bei unserer Verhaftung beschützen wollte.”, fuhr Christina fort. Sie klang ruhig, doch in ihren Augen regte sich etwas. „Wir beteten jeden Tag zu Gott und flehten ihn an uns zu helfen, doch nichts geschah. Meine Schwester ertrank bei der Wasserprobe, meine Mutter, welche schon gebrechlich durch eine Krankheit war, starb bei der Folter. Ich betete weiterhin, in der Hoffnung, dass zumindest einige meiner Freunde, welche ebenfalls als Hexen angeklagt wurden, überleben würden. Sie starben alle. Schlussendlich sollte auch ich hingerichtet werden, doch wurde gerettet. Von den Dämonenkönigen. Einige der Angeklagten waren tatsächlich Angehörige eines Hexenzirkels, daher griffen sie ein. Ohne sie wäre ich tot. Ich erkannte, dass es keinen Gott gab. Sollte es ihn doch geben, sind wir ihm egal. Warum sollte er sonst so viel Leid erlauben? Ich wurde von der Kirche, meinem Glauben, verraten. All die Treue wird mit Füßen getreten. Lord Satan und die Baal belohnen hingegen ihre Anhänger. Warum sollte ich Zeit damit verschwenden, jemanden anzubeten, der entweder nicht existiert oder dem ich egal bin? Also habe ich mich für Lord Satan entschieden und es nie bereut. Er allein bringt Freiheit.”
 

Die Adepten sahen sie erstaunt an. Rin war ebenfalls perplex. Er hatte nicht erwartet, dass sie so offen über ihre Vergangenheit sprechen würde. Gleichzeitig war er entsetzt von ihren Erzählungen. Sogar er wusste, dass Hexenverfolgungen richtig übel waren, aber das schien den Rahmen zu sprengen. „Tut mir leid, dass dir sowas passiert ist.”, sagte Shima, offensichtlich nicht sicher, wie er reagieren sollte. „Hast du deinen Vertrag mit Satan gemacht? Du scheinst viel von ihm zu halten.” Die Hohepriesterin schüttelte den Kopf. „Nur wenige haben einen Vertrag mit Lord Satan, da er kaum in Assiah anzutreffen ist. Ich habe meinen Vertrag mit Lord Samael abgeschlossen.”
 

„Na, Gratulation.”, murmelte Izumo. Christina zuckte mit den Schultern. „Wie gesagt, ich habe meine Entscheidung nie bereut. Das einzige, was ziemlich nervt, ist mein Aussehen. Jung auszusehen ist ja schön und gut, aber mit diesem Körper ist es echt unmöglich einen festen Freund zu bekommen. Na, immerhin ist langsam die Grenze erreicht, an der ich wieder altere, wenn auch langsam.” Sie sah auf ihre Uhr. „Ich glaube, wir sollten zurück gehen. Es geht bestimmt gleich weiter.” Ohne ein weiteres Wort drehte sie um und verließ das Zimmer. Rin und die Exwire folgten sie ihr schnell.
 

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Paymon war langsam, aber sicher am verzweifeln. Avalon war als einziges Reich übrig geblieben, welches Widerstand leistete, der Rest war gefallen. Die Randgebiete waren bereits eingenommen, ansonsten standen sie unter Belagerung. Zum Glück hatte Lucifer vor seiner Abreise neue Barrieren errichtet, andernfalls würden sie längst im Dreck kriechen. Die ihm vorliegenden Berichte waren dennoch alles andere als erbaulich. Lilith hatte offensichtlich keine Lust mehr auf Spielchen und griff mit unfassbarer Härte und Grausamkeit an. Gefangene nahm sie nicht. Die Bevölkerung versucht stark zu bleiben, doch alles war äußerst nervenaufreibend. Dass die Dämonenkönige nirgends aufzufinden waren, machte es noch komplizierter. Viele waren froh, dass sie scheinbar entkommen waren, während andere munkelten, dass Lilith sie längst hatte töten lassen. Glücklicherweise glaubten nur vereinzelte Dämonen daran. Wenn schon denn schon würde sie die Söhne Satans öffentlich hinrichten. Dummerweise gab es auch einige, die glaubten, dass die Baal geflohen waren. Obwohl es wenige waren, verbreitete es Unruhe. Ein Teil Paymons hätte die Hilfe der Dämonenkönige sehr begrüßt, aber er wusste, dass sie in Assiah besser aufgehoben waren. Er wollte sich gar nicht ausmalen, was Lilith mit ihnen anstellen würde, wenn sie die Kinder Satans je in die Finger kriegen sollte. Besonders Rin würde es an den Kragen gehen. Der Lichtdämon erinnerte sich nur allzu gut daran, wie aufgelöst der Nephilim nach ihrer Befreiung war. Vielleicht war Satans Blutlinie irgendwie verflucht, sodass jedes Kind mindestens ein Trauma erleben musste. Seufzend setzte er sich an seinen Schreibtisch und begann eine Nachricht an seinen König zu schreiben. Er hasste es, dies zuzugeben, aber es stand nicht gut um Gehenna. Avalon würde nicht mehr lange standhalten und dann würde er eventuell sterben. Er hasste den Gedanken, Lucifer zu enttäuschen, aber er war am Limit. Er hielt die Nachricht kurz, aber aussagekräftig und schickte sie los. ‚Hoffentlich kommt die an.‘
 

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Invidia saß auf einem Felsen am Rande eines riesigen Sees, vor ihr hatte Leviathan seinen Kopf auf den Sand gelegt und genoss ihre Streicheleinheiten mit halb geschlossenen Augen. Die Sünde lächelte vor sich hin. „Ich habe dich so vermisst, mein Liebling. Tut mir leid, dass ich nicht da war, als Agares mit dir gekämpft hat. Aber keine Sorge, sie bezahlt dafür. Sobald Mutter genug von ihrem Widerstand hat, gehört sie ganz dir. Vielleicht kann ich dir auch ein paar Sirenen besorgen. Immer nur Fisch zu essen, ist doch bestimmt langweilig oder?” Das Seemonster brummte zustimmend.
 

„Hier bist du also.” Die grünhaarige verdrehte die Augen. Hatte man denn keine Ruhe? Sie drehte sich um. „Du nervst, Lux.”
 

„Auch hallo. Glaube mir, ich würde eine Pause ebenfalls begrüßen, doch eine Nachricht ist angekommen.” Invidia nahm den Zettel entgegen und las ihn durch, dann grinste sie. „Die Grigori bocken also weiterhin rum, aber der Paladin will helfen? Na, das ist ja mal was neues.”
 

„Ich würde nicht lachen.”, erwiderte Luxuria. „Mutter ist immer noch wütend, weil die Furien versagt haben.”
 

Invidia zuckte mit den Schultern. „Keiner wusste, dass die Dämonenkönige dort sind. Nicht meine Schuld.”
 

„Das ist ihr herzlich egal. Jetzt komm, wir haben einiges vorzubereiten.”
 

Die jüngere Aveira seufzte. „Schon gut, schon gut.” Sie wandte sich an Leviathan. „Keine Sorge, ich komme nachher wieder, ja? Vielleicht bringe ich dir ein paar Bedienstete aus dem Palast mit. Manche von denen sind so inkompetent.” Dies schien Leviathan etwas milde zu stimmen, denn er zog sich ohne weiteres grummeln ins Wasser zurück.
 

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„Dieser Plan ist noch hirnrissiger als der letzte und das will was heißen.”, kommentierte Shura nachdem die Dämonenkönige ihre nächsten Schritte erklärt hatten. Rin war ebenfalls nicht wirklich von dieser Idee überzeugt, dabei hatte er selbst ein Talent dafür, überstürzt zu handeln und immer mit dem Kopf durch die Wand zu krachen. Andererseits hatten sie nicht wirklich eine Wahl.
 

„Glaub mir, wir hatten schon wesentlich bescheuertere Pläne und die haben auch funktioniert.”, antwortete Iblis schulterzuckend. Angels Auge zuckte. „Ihr wollt nach Gehenna zurückkehren, in Satans Palast einbrechen und ihn befreien, auch wenn ihr nicht wisst, ob er wirklich dort ist. Hinzu kommt, dass dort Lilith, diese Avira und was nicht noch alles den Palast besetzen. Wie kann ein Plan noch dümmer sein?!”
 

„Du wärst überrascht, ja das ist der Plan und es heißt "Aveira", nicht "Avira". Avira ist ein deutsches Antivirenprogramm.”, murmelte Azazel. Christina kicherte.
 

„Das ist trotzdem Wahnsinn!”, stimmte Bon den beiden Exorzisten zu. Die restlichen Adepten und sogar Yukio nickten. „Stimmt, aber Wahnsinn bringt einen oft weiter als Rationalität.”, warf Adrijana ein.
 

„Und wie wollt ihr da bitte rein kommen? Durch ein Fenster?”, fragte Shura, die Stimme voller Sarkasmus.
 

„Es gibt jede Menge Geheimgänge, die in den Palast führen, man muss nur wissen, wo sie sind.”, erwiderte Egyn ruhig. „Und von den meisten weiß keiner was, außer wir und Vater.”
 

„Und nachdem Lilith fort war, sind einige dazu gekommen, also kennt sie sich da kaum aus.”, ergänzte Astaroth.
 

„Und warum schleift ihr Rin mit? Ihr hattet doch selbst gesagt, dass er von euch allen am meisten gefährdet ist.”, hakte Shura nach.
 

„Wir brauchen jemanden, der das Gehennator öffnet. Wir haben keine Zeit darauf zu warten, dass sich eins von selbst öffnet. Außerdem sitzen wir in Gehenna fest, falls wir Vater nicht finden.”, erklärte Lucifer. Shura seufzte. „Gut. Dann komme ich mit.”
 

„Shura!”, empörte sich Angel, doch keiner achtete auf ihn. Rin sah die Rothaarige überrascht an, ebenso wie der Rest. „Dann möchte ich auch mit!”, hing sich Shiemi rein. „Ebenfalls.”, bestätigte Bon, woraufhin Shima, Koneko und Izumo nickten. Der Nephilim war baff und Yukio überrumpelt. Warum sollten sie mit nach Gehenna wollen?
 

„Oh, nein! Vergesst es einfach!”, fauchte Iblis. „Ich spiele nicht noch mal Babysitter!”
 

Lucifer sah ihn scharf an, doch stimmte zu. „Ihr könnt nicht viel ausrichten.”
 

„Es sei denn, ihr seid scharf drauf Köder zu spielen. Hätten wir nichts gegen. Wenn nicht, kenne ich 'ne nette Krokodilfarm hier in Assiah. Ist bestimmt bald Fütterungszeit. ”, grinste Astaroth biestig. Diesmal bekam er einen giftigen Blick von Lucifer und Rin. Izumo funkelte ihn ebenfalls an. „Musst du immer so ein Idiot sein?!”
 

„Nervt es dich?”
 

„Natürlich!”
 

„Dann ja.”
 

„Du bist so ein-”
 

„Genug jetzt!”, fuhr Lucifer dazwischen. „Es bringt nichts, ist zu gefährlich und Schluss!”
 

Shura verschränkte die Arme. „Wir lassen Rin nicht alleine!” Der Nephilim wollte ansetzen, um etwas zu sagen, doch Azazel kam ihm zuvor.„Und was sind wir? Pilze?”, grummelte er und verdrehte die Augen.
 

„Außerdem kommen mehrere Hexen und Hexer mit, da können wir nicht noch euch mitschleppen.”, gab Beelzebub zu bedenken. Shura ließ nicht locker. „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ihr uns nur von Rin fernhalten wollt.”
 

Iblis bleckte die Zähne. „Das ist auf jeden Fall ein Bonus!” Ok, jetzt war aber genug. „Hört auf, euch meinetwegen zu streiten!”, mischte Rin sich ein. Alle Augen richteten sich auf ihn. Sie schienen vollkommen vergessen zu haben, dass er mit im Raum war. „Könnte ihr euch nicht wenigstens fünf Minuten vertragen?!”
 

Bon schnaubte. „Wir lassen dich nicht nochmal allein!”
 

„Ich habe Kurikara, meine Flammen und acht Helikopter-Geschwister!”, antwortete Rin erschöpft.
 

„Wie hat er uns genannt?”, murmelte Amaimon, doch Lucifer bedeutete ihm, ruhig zu sein. „Ich komme klar und ich will nicht, dass ihr meinetwegen in Schwierigkeiten geratet!”
 

„Weil das ja auch das erste Mal wäre.”, antwortete Shima trocken. Rin warf ihm einem Blick zu, der wahrscheinlich Satan stolz gemacht hätte. „Was soll das denn jetzt heißen?!”
 

Der Pinkhaarige überlegte kurz. „Tja, da wäre einmal dieser Ghul, der Izumo-chan-”
 

„Nenn mich nicht so, du Idiot!”
 

„-und Paku-chan angegriffen hat, dann das Camp-Fiasko-”
 

Rin hob abwehrend die Hände. „Ok, ok! Ich hab's kapiert. Wobei beides auf Samaels Mist gewachsen ist.”, murmelte er leise.
 

Lucifer rieb sich irritiert den Nasenrücken. Die Handlung erinnerte ihn sehr an seinen Vater. „Ihr lasst nicht locker, oder?” Er seufzte. „Gut. Ihr dürft mitkommen.”
 

Von allen Fraktionen kam gleichzeitig: „Was?!”
 

Beelzebub legte den Kopf schief. „Haben Iblis und Astaroth dich wieder abgefüllt?”
 

Der Lichtkönig verdrehte die Augen. „Natürlich nicht. Wenn sie unbedingt mitwollen, dann gut.” Er wandte sich an die Exorzisten. „Allerdings auf eigene Verantwortung. Wenn einer von euch verletzt wird oder verloren geht, drehen wir nicht um.”
 

Rin wollte protestieren. „Aber-” Lucifer redete einfach weiter. „Wir machen uns morgen Abend auf den Weg. Bis dahin könnt ihr entscheiden, wer mit will. Allerdings solltet ihr euch gut überlegen, ob ihr die Tamer wirklich mitnehmen wollt. Von allen sind sie dort am verwundbarsten.”
 

Shura nickte. „Gut.”
 

„Das geht nicht, Shura!”, fauchte Angel. „Du kannst nicht nach Gehenna gehen und erst recht nicht Adepten mitnehmen!”
 

Shura grinste. „Momentan bin ich nicht für die Ritterschaft unterwegs und technisch gesehen nicht im Dienst. Ich kann also machen, was ich will und wenn sie unbedingt mitwollen, dann gut. Ich bezweifle, dass ich es ihnen ausreden kann.”
 

Währenddessen war Rin zwischen Dankbarkeit und Nervosität hin und her gerissen. Er war dankbar, dass seine Freunde ihm helfen wollten, doch er war auch besorgt um sie. Was wenn jemanden etwas passierte? Das würde er sich nie verzeihen können. Er bekam am Rande mit, wie seine Geschwister mit den Hexen sprachen, doch achtete nicht weiter darauf. Sobald sie in Gehenna waren, würden sich ihre Wege vorerst trennen. Ihre Aufgabe war es, die Hexenzirkel dort zu mobilisieren. Manche waren bereits nach Assiah geflohen, doch der überwiegende Teil saß in der Dämonenwelt fest und wurde wie Tiere gejagt. Ohne Frage wären sie mehr als bereit im Kampf gegen Lilith zu helfen. Inzwischen war es längst dunkel geworden. Die Exorzisten verabschiedeten sich, doch zuvor zog Rin Shura und seine Freunde beiseite. „Was habt ihr euch dabei gedacht?”, zischte er. „Ihr könntet sterben.”
 

„Ich habe es dir schon mal gesagt, Okumura!”, knurrte Bon. „Vergiss nicht, dass du Freunde hast!”
 

„Aber-” Shura verpasste ihm eine Kopfnuss. „Kein Aber. Es ist beschlossene Sache. Schluss, fertig, bis morgen.” Dann waren sie auch schon weg. Anschließend versuchte Rin Lucifer davon zu überzeugen, es sich anders zu überlegen, doch der Lichtdämon ließ sich nicht einmal mit dem Welpenblick erweichen und der Nephilim hatte diese äußerst wichtige Fähigkeit längst gemeistert. „Blöder Leuchtkäfer.”, murmelte er verdrießlich. Zu seiner Schande fiel ihm eine bessere Beleidigung nicht ein. Sie verabschiedeten sich schlussendlich von den Hexen und kehrten nach Hause zurück. Alle verzogen sich sofort ins Bett, denn sie würden ihre Kraft auf jeden Fall brauchen. Amaimon war überraschend schnell eingeschlafen. Rin lag derweil in seinem Bett und starrte die Decke an. Neben ihm schlummerte Kuro und gab leise, schnurrende Geräusche von sich. Wie konnten alle so ruhig bleiben? Ewig wälzte er sich hin und her, dann seufzte er, warf seine Decke zur Seite und stand auf. Leise ging er die Treppe hinunter und stand nun im Wohnzimmer, wo zu seiner Überraschung noch jemand war. Azazel. Der Geisterkönig saß mit dem Rücken zu ihm, doch Rin konnte erkennen, dass er eine Bierdose in der Hand hielt und diese mit schnellen Zügen leerte. Der Halbdämon spielte mit dem Gedanken einfach wieder ins Bett zu gehen, denn ihn beschlich das Gefühl, dass der drittälteste Sohn Satans alleine sein wollte. „Solltest du nicht im Bett sein?” wurde er plötzlich gefragt. Er zuckte zusammen. „Ich konnte nicht schlafen. Du?”
 

„Ebenfalls.” Azazel nickte zu dem Platz neben sich. „Setz dich.” Rin kam der Aufforderung nach. „Also...warum kannst du nicht schlafen?”, fragte Azazel. Der Halbdämon seufzte. „Ich bin einfach angespannt. Wenn morgen etwas schief geht, sind wir alle erledigt. Dann wollen Shura und die anderen mitgehen und Lucifer erlaubt es auch noch. Was wenn ihnen etwas passiert? Sie sind meinetwegen schon oft genug in Schwierigkeiten geraten.”
 

„Sich darüber den Kopf zu zerbrechen, was alles schief gehen kann, bringt nichts und macht dich nur fertig.”, antwortete Azazel ruhig. „Ich verstehe, dass du dir Sorgen um deine Freunde machst, aber du kannst ihre Entscheidung nicht ändern. Sei lieber froh, dass du sie hast. Normalerweise haben Nephilim diesbezüglich selten Glück.” Er trank einen weiteren Schluck. „Außerdem scheinen wir alle bei sowas besonders viel Pech zu haben. So ziemlich 99% meiner damaligen Freunde wollten mich nur ausnutzen und dem Rest ging es nicht besser.”
 

Rin wusste nicht wirklich, was er dazu sagen sollte, also nickte er nur. „Warum kannst du nicht schlafen?” Azazel verzog das Gesicht. „Das Übliche. Kopfschmerzen, Albträume und ein Haufen Stimmen, die mir die Ohren volljammern und einfach nicht die Klappe halten. Als ob ich nicht selbst genug Probleme habe. Die Toten haben's wenigstens hinter sich und vergessen mit der Zeit ihr Leben. Ich kann mich dagegen an jedes beschissene verstörende Erlebnis erinnern und all die Bilder. War ja klar, dass ausgerechnet ich mit 'nem fotografischen Gedächtnis verflucht werde. Damit ich ja nicht meine Fehler und meine Dummheit vergesse.” Er trank die Dose aus und zerquetschte sie. Er bemerkte Rins Blick. „Sorry. Schätze mal die Schlaflosigkeit lässt mich irgendwelchen Mist erzählen. Ich warte grad, dass die Medikamente wirken. Ich will endlich schlafen ohne einen Haufen Leichen in meinen Träumen zu sehen. Oder Stimmen zu hören, die mich verspotten. Das zieht echt runter.”
 

„Ok...”, sagte Rin unsicher. Er machte sich langsam erhebliche Sorgen um den geistigen Zustand des Älteren. „Solltest du wirklich Alkohol dabei trinken?”
 

Azazel verdrehte die Augen. „Im Gegensatz zu dem Zeug in Gehenna ist das hier Kinderhustensaft. Da passiert nichts. Ist sowieso nur eine Dose. Und seien wir mal ehrlich: Ich sehe aus, wie ein Drogenabhängiger auf Entzug. Ich sehe überall Tote und höre ständig ihre Stimmen, ich kann nicht schlafen und habe das Gefühl, dass alles dabei ist, den Bach runterzugehen. Da gibt's nicht mehr viel kaputt zu machen.”
 

„Sag das nicht.”, antwortete Rin. „Wenn wir Lilith besiegen-”
 

Der Geisterkönig schnaubte. „Sobald wir Lilith besiegt haben, wird's ruhiger, aber das Ende ist es nicht. Der Kreis dreht sich weiter. Irgendwann kommt der nächste Krieg, sei es in Assiah oder Gehenna. Und glaube mir, ich weiß wahrscheinlich am besten, wozu Menschen fähig sind. Bei mir kommen jeden Tag unzählige Seelen rein, viele sind nicht durch natürliche Ursachen gestorben. So viele von ihnen mussten alles Mögliche mitmachen oder haben eine kranke Scheiße abgezogen, da würde sogar Alastor den Kopf schütteln. Es wird von Jahr zu Jahr schlimmer und weißt du was? Keinen interessiert's.” Er lachte kalt. „Es mag sich zynisch anhören. Wahrscheinlich sogar schon nihilistisch, aber es ist wahr. Ich sage es ja immer wieder. Die Welt ist am verrotten. Keinen interessiert's. Sterbliche leben vor sich hin und beachten nicht, was sich anderswo abspielt. Wenn sie von hören, lassen sie sich einmal drüber aus und dann geht's weiter mit dem Leben. In Gehenna ist es manchmal nicht anders.” Stille folgte, während Rin den älteren Dämonen anstarrte. Azazel redete selten so viel und erst recht nicht darüber. Ja, ihm war schon öfter aufgefallen, dass der Geisterdämon hin und wieder relativ...dunkle Ansichten hatte. Andererseits war er nun mal der König der Toten, das zerrte sicherlich ganz schön an der Psyche. „Es gibt viele Menschen, die sich einsetzen, um das zu verhindern und zu bekämpfen.”, murmelte er.
 

Azazel schüttelte den Kopf. „Nicht genug. Nicht mal ansatzweise.” Er seufzte und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Tut mir leid. Vergiss einfach, was ich gesagt habe.”, murmelte er und stand auf. „Ich gehe wieder ins Bett. Kommst du mit?” Erneut nickte der Nephilim stumm. Sie sprachen auf dem Weg nach oben nicht, sondern murmelten nur ein kurzes „Gute Nacht.” Dann hielt der Geisterkönig jedoch nochmal inne, drehte sich um und ging zu Rin. „Eine Sache noch. Was auch immer in den nächsten Tagen passiert, ist nicht deine Schuld, ok? Und glaube nicht alles, was man dir sagt. Viele Dinge sind nicht so, wie sie scheinen. Also lass dich nicht unterkriegen.” Nach kurzem Zögern wuschelte er seinem jüngeren Halbbruder einmal durch die Haare, dann ging er in sein Zimmer. Rin starrte ihm hinterher. Was um alles in der Welt sollte das grad? Seufzend ging er ebenfalls zurück in sein Zimmer und legte sich wieder ins Bett. Amaimon und Kuro schliefen nach wie vor. Immer wieder musste er an Azazels Worte denken. Offensichtlich war der ältere Dämon genauso nervös wie er und wurde auch noch von anderen Dingen zusätzlich belastet. Wenn das hier alles vorbei war, mussten sie sich wohl wirklich einmal mit ihm unterhalten. Er zwang sich, nicht länger darüber nachzudenken, sonst würde er morgen auf dem Zahnfleisch laufen. Nach einer Weile schlief er endlich ein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Yuna_musume_satan
2019-02-27T12:52:23+00:00 27.02.2019 13:52
Hammer kapitel ich bin so gespannt auf das nächste und hoffe das sich alles zum guten wenden wird
Antwort von:  Himikko
27.02.2019 15:49
Danke :)
Irgendwann vielleicht, vorerst wird es noch Ärger geben, fürchte ich. ^^°


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