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No Witch's Land

von

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V

»Laufen Sie!«

Ein Grollen unterstrich ihre Aufforderung, doch da war Leta längst in Bewegung. Scamander sah sie nur in ihrem Augenwinkel. Die Vorsicht, mit der sie den Schnee zuletzt bei jedem Schritt beäugt hatte, war vergessen. Den Zauberstab noch immer in der Hand, raffte sie die Röcke und rannte.

Schnee drang in ihre Schuhe. Egal.

Sie stolperte, mehrfach. Auch egal.

Das Licht in den Hütten vor ihr flackerte und erlosch. Die einzigen Lichter, die blieben, waren die ihrer Zauberstäbe. Selbst das war egal.

Hinter ihnen klirrte der Schildzauber, doch sie blieb nicht stehen, um es sich anzusehen.

Scamander war nicht mehr als das Knirschen von Stiefeln im Schnee. Er schloss nicht zu ihr auf. Wollte es vielleicht nicht. Konnte es vielleicht nicht. Doch er blieb hinter ihr, laufend, japsend, knirschend.

»Leta! Wenn wir-«, ein Klirren übertönte ihn, »-rden wir die Muggel!«

In ihrem Augenwinkel sah sie das blaue Leuchten von Scamanders Zauberstab. Es gestikulierte an ihm vorbei und schwankte bei jedem Schritt. Sie erkannte die Richtung, auf die er wies, auch so - und schüttelte den Kopf.

»Nein« Klirr! »-Friedhof-« KLIRR! »-noch nicht in ein Grab-« KRACK!

Der Schild explodierte in einem Funkenregen. Leuchtende Magiepartikel stoben über sie hinweg und verglommen in der Nacht. Ein neues Geräusch gesellte sich zu ihren Schritten. Pfoten - Pranken - im Schnee.

Scamander vergaß seinen Protest.

Die erste Blechhütte tauchte im Licht ihres Zauberstabes auf.

Noch zwanzig Yards.

Ihre Lungen brannten.

Fünfzehn Yards.

Das Dröhnen von Pranken auf Schnee wurde lauter.

Zehn Yards.

Sie rutschte-

Acht Yards.

-stolperte-

Sechs Yards.

-fiel-

Fünf Yards.

Scamanders Hand schloss sich um ihren Oberarm. Der Boden kam näher. Ein Ruck durchfuhr sie. Einen Moment lang fielen sie beide-

Ihr Fuß fand Halt.

Drei Yards.

Da war ein Schatten in ihrem Augenwinkel.

Zwei Yards.

»NYAUUU!«

Ein Yard.

Ihre Hand schloss sich um die Klinke. Das Metall gab unter ihrem Druck nach. Vielleicht auch unter ihrem Gewicht. Leta knallte gegen die Tür, spürte den Schmerz nicht. Nur vage war sie sich bewusst, wie sich die Klinke erst in ihre Handfläche bohrte, wie sie an ihr vorbeiglitt, der Druck nachließ.

Dann trat sie auf Holz.

Leta wirbelte herum.

Das Licht ihres Zauberstabs fiel auf Scamander, der vor der Tür stehen geblieben war. Vor ihm - eine Katze. Eine riesige, missgestaltete Katze. Obwohl sie vor ihnen kauerte, war sie immer noch so groß wie ein kleiner Drache. Reißzähne ragten aus ihrem Maul. Ihr langer Schwanz peitschte durch die Luft. Schnee stob in alle Richtungen.

Newt hätte sie geliebt.

»NYAN!«

Der Boden unter ihren Füßen bebte. Die Mähne der Katze leuchtete auf und Leta wusste, was kommen würde. Scamander hob den Zauberstab. Mit links. Eine unsichere Bewegung. Linkisch. Leta stürzte sich vor. Als sie Stoff unter ihren Fingern spürte, griff sie zu. Sie hatte nur die rechte Hand, aber sie zog.

Das Wesen sprang.

Scamander verlor das Gleichgewicht. Stolperte. Fiel. Hinter ihr her. An ihr vorbei. Sie riss den Zauberstab hoch-

»Protego Totalus!«

Die Tür knallte zu. Ein dünner Schleier glitt über Holz und Metall.

Dann schlug das Vieh ein.

Die ganze Hütte bebte. das Regal, das man in die Ecke hinter der Tür gezwängt hatte, stürzte um. Staub rieselte von der Decke. Mit einem ohrenbetäubenden Kreischen drangen Krallen durch das Blech, schlugen tiefe Löcher, drückten den Rahmen ein, rissen die halbe Tür aus den Angeln.

Als Letas Denken wieder einsetzte, stand sie in der Mitte der Hütte. Vornüber gebeugt schnappte sie nach Luft, glaubte, nicht genug einatmen zu können. Ihre Schulter pochte, dort, wo sie mit der Tür kollidiert war. Ihr linker Arm, den sie immer noch auf die Tür - die halbe Tür - hielt, zitterte so stark, dass der Lumos an der Spitze ihres Zauberstabs tanzende Achten auf ihre Netzhaut zeichnete. Es ließ nur langsam nach.

Schnee stob durch die Tür. Sie konnte Fell sehen.

»Argh«, kommentierte Scamander das Geschehen.

Oh. Verdammt.

Ihr Blick huschte durch die Hütte, doch obwohl sie ihn hörte, brauchte sie einen Moment, bis sie ihn sah. Er lag auf dem Boden, die gesunde Hand über dem Kopf, den verletzten Arm von sich gestreckt. Sein Zauberstab lag eine Armlänge von ihm entfernt und flackerte.

»Scamander?«, flüsterte sie. »Leben Sie noch?«

Er ließ die Hand von seinem Kopf gleiten und stöhnte.

»Weiß ich nicht«, gestand er. Mühsam drückte er seinen Oberkörper hoch, bis er sie ansehen konnte. Er schüttelte den Kopf, blinzelte mehrfach. »Ugh. Warnen Sie mich das nächste Mal vor.«

Unwillkürlich atmete Leta auf.

Doch die Erleichterung hielt nicht lange. Da war ein Auge vor der Tür. Und es sah sie.

Leta dachte nicht nach.

»Aguamenti!«

Der Wasserstrahl traf erst die Decke, dann die Wand. Die Tür traf sie erst im dritten Versuch. Es war ein Volltreffer, der mit einem Fauchen belohnt wurde. Das Auge verschwand.

»Also?«, fragte sie, während sie den Zauberstab erneut auf die Tür richtete und ihren Blick durch die Hütte schweifen ließ. »Was würde Newt jetzt tun?«

Vier Betten, notdürftig mit einem Paravent voneinander getrennt. Die Decken waren ordentlich zusammengelegt, der Koffer, den sie sehen konnte, geschlossen. Außer ihnen war niemand im Raum. Noch nicht.

Ihr Blick huschte zurück zur Tür. Sie konnte weder Fell noch Augen sehen, doch es grollte verdächtig.

Sie hörte Scamander schnauben.

»Es streicheln?«, fragte er. In ihrem Augenwinkel konnte sie sehen, wie er sich aufsetzte. Vorsichtig betastete er seinen Arm. »Was weiß ich? Bei Tierwesen beschränkt sich mein Wissen auf Hippogreife und auf alles, was in einen Koffer passt.«

Leta schnalzte missbilligend mit der Zunge, doch letztendlich ging es ihr nicht anders. Hogwarts mochte der sicherste Ort Großbritanniens sein - Tierwesen, die größer waren, als ein handelsübliches Klassenzimmer, begegnete man dort in der Regel nicht. Nicht einmal mit Newt.

Und der war nicht hier.

Ihr Blick fiel auf den Hocker, der zu ihrer Linken als Nachttisch fungierte. Er reichte gerade so für einen Krug mit Wasser und eine einsame Photographie. Es war nichts Besonderes. Leta erkannte es nur, weil Stella es ihr vor ein paar Tagen gezeigt hatte. Die Schwestern vom London First General.

Aber wenn das Stellas Photographie war-

»Nyauuuu«, forderte es von der anderen Seite der Tür.

Leta warf ihr nur einen knappen Blick zu. Ein Auge blickte zurück.

Natürlich.

»Aguamenti!«

Der Wasserstrahl zog einmal quer über die Tür. Ein unglückliches Fauchen antwortete ihm, doch Scamander schnaubte nur. Er saß immer noch auf dem Boden, doch sein Zauberstab lag sicher in seiner Hand. Auch das leichte Schwanken, mit dem er sich aufgerichtet hatte, war verschwunden. Langsam ließ er den Stab sinken.

»Das wird Shere Khan nicht ewig aufhalten«, stellte er fest. Shere Khans Grollen nach zu urteilen, hatte er damit recht. »Ich frage Sie ungern, aber fällt Ihnen vielleicht etwas ein?«

»Ich fürchte, mein Wissen über Tierwesen übersteigt auch nichts, was in einen Koffer-«

Sie drehte sich um, zu dem Bett in der hinteren, rechten Ecke.

Hinter dem Paravent konnte sie es kaum sehen, doch sie kannte den Koffer, der am Fußende stand.

Das war ihre Hütte.

Und ihr Koffer.

Leta wirbelte herum.

Mit straffen Schritten durchschritt sie den Raum. Vor ihrem Koffer ließ sie sich auf die Knie fallen. Routiniert öffnete sie die Schnallen.

»Leta, was haben Sie vor?«

»Wonach sieht es aus?« Sie griff nach allem, was ihr in die Finger kam. Bücher, Bleistifte und ein Mieder - alles landete ohne einen weiteren Blick hinter ihr auf dem Barackenboden. »Shere Khan mag nicht Newts Problem sein. Aber ich mache es jetzt zu seinem. Sagen Sie, Lieutenant, wie gut sind Sie in Expansionszaubern?«

»Expan...sions...zau...ber...?«, stotterte er. Ob es das Wort war, an dem er sich verschluckte, oder der Anblick ihrer Unterwäsche, vermochte sie nicht zu sagen. Es war ihr auch egal. Resolut griff sie nach ihrem Koffer und drehte ihn einfach um. Papier flatterte ihr entgegen. Ein beherztes Schütteln später lösten sich noch ein paar Sickel aus der Innentasche. Dann war der Koffer leer.

»Das ist gesetzlich streng reglementierte Magie, Leta.«

»Sind Sie der Auror, oder ich?«

Er öffnete den Mund, doch ein Kratzen von Krallen über Holz schnitt ihm das Wort ab. Nahezu zeitgleich blickten sie zur Tür. Gerade noch rechtzeitig, um einer Pfote, die so groß war wie Letas Koffer, dabei zuzusehen, wie sie sich durch die halboffene Tür schob. Bedächtig, beinahe schon vorsichtig, tastete sie über das Holz.

»Nyauuuuuu.«

In ihrem Augenwinkel presste Scamander die Lippen aufeinander. Er schluckte.

»Ich ... kenne die Grundlagen.«

»Wunderbar« Sie gab dem Koffer einen Stoß. Mit einem lauten Schaben kratzte er über die Holzdielen. »Hier.«

»Was haben Sie vor?«

»Das sagte ich doch schon.«

Leta wandte sich von ihm ab, begutachtete stattdessen das Chaos, das sie auf dem Barackenboden hinterlassen hatte. Kurzentschlossen griff sie nach einem der Stifte. Einen Moment lang fuhr sie über das raue Holz.

Sie hob den Zauberstab.

Wenn Scamander recht hatte und das da draußen wirklich eine überdimensionale Miezekatze war ...

»Sie wollen nicht wirklich-?«, fragte er. »Das ist lebensmüde, Leta.«

Der Stift in ihrer Hand formte sich zu einem Ball. Ein stiller Engorgio ließ ihn zu einer Größe anschwellen, die sie bequem werfen konnte.

»Dann sind Sie ja in bester Gesellschaft, Lieutenant.«

Probeweise warf sie den Stiftball in die Luft und fing ihn wieder auf. In Slytherins Quidditchmannschaft zu spielen, wäre hier sicher von Vorteil gewesen. Doch da Letas Interesse für Mannschaftssport im Allgemeinen und Quidditch im Besonderen sich immer in Grenzen gehalten hatte, musste es so gehen.

»Leta!«

Sie stand auf.

»Hey, Shere Khan!«

Neben sich hörte sie Scamander seufzen.

Noch einmal warf sie den Ball, fing ihn wieder. Das Geräusch, das dabei entstand, war laut genug, damit sie es selbst hörte. Und die Katze hörte es auch. Die Pfote, die gerade noch über den Rücken des Regals tatzte, hielt inne. Über dem Katzenarm schob sich ein Auge in ihr Blickfeld.

Leta warf den Ball hoch, höher diesmal. Das Auge folgte der Bewegung. Auf. Und ab. Sie warf nochmal. Und nochmal.

Die Pfote zog sich zurück. Dafür tauchte ein zweites Auge im Türloch auf.

Auf und ab.

»Na, interessiert dich das?«

Auf.

Und ab.

»Und ob es das tut.«

Und auf.

Und ab.

»Hier.«

Leta streckte ihren Arm aus. Den Ball balancierte sie behutsam auf ihrer Handfläche. Mit der anderen Hand hob sie den Zauberstab. Sie atmete aus. Richtete den Stab auf den Ball. Atmete ein. Der Ball glomm unter ihrem Zauber in einem satten Orange. Sie riss den Stab durch die Luft.

»Fang!«

Der Ball zischte durch den Raum. Er verfehlte den oberen Türrahmen um wenige Zentimeter - und traf. Mit einem leisen Klonk! prallte er an Shere Khans Kopf ab und verschwand in der Dunkelheit. Die Riesenkatze starrte noch einen Moment lang in den Raum, dann setzte sie hinterher. Der Boden bebte. Ein purpurfarbener Schwanz jagte an der Tür vorbei und außer Sicht.

Leta atmete durch.

Der Auror hinter ihr schwieg. Vielleicht war er genauso entgeistert, wie sie.

Sie ignorierte ihn. Langsamen Schrittes ging sie zurück zur Tür. Auf der anderen Seite konnte sie hören, wie einige hundert Kilo Katze durch den Schnee sprangen. Es kostete Überwindung, um den Zauberstab zu heben und durch die Tür zu spähen.

Der Ball leuchtete immer noch. Gerade konnte sie ihn sehen, wie er durch die Luft flog. Mit dem Schlenker ihres Zauberstabes versetzte sie ihm einen Drall. Shere Khan landete, wo der Ball hätte aufkommen sollen. Einen Moment lang starrte er durch seine Pfoten, dann wirbelte er herum. Ein Sprung katapultierte ihn außer Sicht.

Vielleicht konnte sie...

Kurzentschlossen verpasste sie dem kläglichen Rest ihrer Eingangstür einen Tritt. Mit einem leisen Knarren gab er nach. Dumpf landete er im Schnee. Leta folgte ihm hinaus ins Freie, gerade weit genug, um dem dunklen Schatten dabei zuzusehen, wie er nach der kleinen, leuchtenden Kugel schlug.

Erneut hob sie den Zauberstab.

Der Zauber war schnell gesprochen, der Ball genauso schnell unterwegs. Es war einfach.

Rechts.

Links.

Hoch.

Wieder rechts.

Weg von den anderen Hütten. Weg von Billy, Stella und den Patienten.

Bedächtig folgte sie der Katze und ihrem Spielzeug. Katze. Tsk. Miezekatze. Dass ihre ... Freundschaft zu Newt ihr noch einmal den Hals retten würde. Es war beinahe zu einfach.

Sie hätte beinahe gelacht. Sie schwang den Stab.

Hoch.

Links.

Zu spät realisierte sie, das Shere Khan die Bewegung dieses Mal nicht beobachtete. Statt dem Ball zu folgen, setzte er nach rechts und vor.

»Was zum-?!«

Sie spürte noch das Beben des Sprungs.

Dann war das Katzenwesen über ihr. Sie hörte sich nicht schreien. Sie hörte sich nicht fallen. Einen Moment lang hörte sie gar nichts. Wusste sie gar nichts.

Leta schlug die Augen auf.

Ihr Rücken pochte. Ihr Kopf dröhnte. Da war eine Pranke direkt neben ihrem Gesicht. Und überall ein tiefes Grollen.

Sie stöhnte.

Nur langsam hörte die Welt auf, sich zu drehen.

Irgendwo musste ihr Zauberstab sein. Sein Lichtschein drang an der Pfote vorbei zu ihr. Er flackerte gerade noch hell genug, um die Fangzähne glänzen zu lassen, die kaum eine Handbreit über ihr schwebten.

Fangzähne.

Sie riss die Augen auf.

Die Zähne blieben, wo sie waren. Um sie herum materialisierten sich Fell, Mähne, weitere Zähne. Und Augen.

Sie schluckte.

»B-braver S-Shere K-k-khan«, stotterte sie. Die Katze blinzelte, langsam. Das Grollen blieb. »G-Guter Shere K-khan. Friss mich- AH!«

Ihr Schrei ging in einer Katzenschnauze unter, die sich in ihr Gesicht drückte. Eine feuchte Nase drückte gegen ihre Stirn. Fell füllte ihren Mund. Sie konnte nicht atmen-

Leta hob die Arme, drückte, schlug, traf nur Fell-

Gerade, als sie glaubte, zu ersticken, hob sich die Schnauze, gerade weit genug, um sie eine Reihe spitzer Zähne sehen zu lassen. Langsam, wie in Zeitlupe, öffnete das Monster sein Maul-

Es waren nicht die Zähne, die ihr näherkamen.

Einen Moment lang verstand sie nicht, was geschah.

Irgendetwas drückte fest gegen ihre Brust, schob sich hoch bis zu ihrem Kinn und darüber hinweg. Nass und rau fuhr es über ihre Haut, über Mund, Nase, Stirn. Senkte sich wieder. Strich wieder über sie, über ihre Brust, ihre Schulter, ihr Ohr.

Das Grollen wurde lauter.

Zufriedener.

Es erinnerte sie an Newt. Und an ... sie schloss die Augen. George.

Verdammt. Sie wusste nicht einmal mehr, wo ihr Freund den alten, räudigen Knieselkater aufgegriffen hatte. Sie erinnerte sich nur noch daran, wie er ihr damals manchmal in den Gemeinschaftsraum gefolgt war. Morgens war sie dann aufgewacht, einen warmen, fetten Katzenleib auf der Brust und Fell im Mund.

Wieder senkte sich die Zunge über ihren Oberkörper und strich über ihren Wollmantel.

Vorsichtig streckte sie die Hände aus und strich über das lange Mähnenfell. Sie kicherte.

»Du bist wirklich nur eine überdimensionale Miezekatze, hm?«, fragte sie leise.

Ein grollendes Schnurren antwortete ihr.

Leider beantwortete das nicht die Frage, wie sie unter ihrem neuen, pelzigen Freund jemals wieder hervorkommen sollte. Einen Augenblick lang verharrten sie deshalb so. Reglos. Kraulend.

Sie hoffte nur, dass Shere Khan nicht auf die Idee kam, sich auf sie-

»Hey!«, drang eine entfernte Stimme durch all das Fell.

Wer-?

»Suchst du den?«

Scamander.

Theseus Scamander.

Über ihr hob Shere Khan den Kopf.

Leta konnte nicht sehen, was Scamander tat, doch sie sah Shere Khans Reaktion. Langsam drehte er den Kopf. Links. Rechts. Irgendwo außerhalb ihres Blickfeldes leuchtete etwas, das kein Lumos war.

Links.

Es kam Bewegung in Shere Khan. Erst war es Anspannung, dann die Gewissheit, dass sein Schweif zuckte-

Rechts.

Leta riss die Arme über den Kopf.

Eine Woge Schnee schwappte über sie, als sich das Katzenwesen abstieß. Sie hörte ihn aufkommen. Einmal. Zweimal. Scamanders Stimme dazwischen. Schnee hustend wälzte sie sich herum, sah den purpurnen Schweif, die Flanken, Scamander, ein letzter Satz-

Der Ball verschwand vor Scamanders Füßen.

Shere Khan folgte ihm. Tatzen voran verschwand auch er. Kopf. Rumpf. Schweif. Nyau.

Scamander stürzte nach vorn, drückte auf etwas-

Natürlich.

Ihr Koffer.

Leta rappelte sich auf, robbte auf allen Vieren in seine Richtung. Einen Moment lang sah sie dabei zu, wie seine rechte Hand mit den Verschlüssen rang. Sie streckte die Hände aus.

Unter ihren Fingern klackten die Schnallen gehorsam. Unter ihnen fauchte es wütend, dann war alles still.

Die Hände noch immer auf ihrem Koffer, atmete Leta durch. Jeder ihrer Muskeln brannte. Überall - in ihren Schuhen, unter ihren Röcken, in ihrem Mantel, war Schnee.

»Geht es Ihnen gut?«, fragte Scamander, wie sie, über den Koffer gebeugt und japsend.

»Vollgesabbert.«

»Vollgesabbert?«

Leta nickte. Sie konnte förmlich spüren, wie der Katzenspeichel auf ihrem Gesicht festfror.

»Ich bringe Shere Khan heute Nacht nach Paris«, sagte sie in Richtung Koffer. »Wenn ich Glück habe, bekomme ich morgen früh einen Portschlüssel nach London.«

Ihr Gegenüber prustete.

»Sie wollen ihn wirklich zu Newts Problem machen.«

»Haben Sie eine bessere Idee?«

Ihre Blicke trafen sich. Da war dieses belustigte Funkeln in seinen Augen.

»Nun, Sie könnten mich Theseus nennen.«

Leta zog die Augenbrauen hoch. Sie war Slytherin genug, um ein Friedensangebot zu erkennen, wenn man es ihr unterbreitete. Sie schnaubte.

»Sie könnten mich nicht beim Ministerium anschwärzen.«

Scamanders Mundwinkel zuckten. Ein dünnes Grinsen schlich sich auf seine Lippen.

»Einverstanden.«

Dieses Mal erwiderte Leta das Lächeln.

»Einverstanden. Theseus.«



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Puppenspieler
2019-02-28T01:05:07+00:00 28.02.2019 02:05
Jetzt aber. Katze! ♥
Ich finde es so unheimlich klasse, wie du das Tierchen beschrieben hast. |D Sehr katzig. Mei mag. Eliyah würde auch mögen, wenn er lesen könnte. Er schnurrt grad zumindest eifrig.

Dass sie das Problem einfach an Newt vermacht haben, finde ich eine wunderbar clevere Lösung. Und da ist es, wie es klingt, ja auch am besten aufgehoben. Shere Khan scheint sich bei Leta zwar ja sehr wohlzufühlen, aber die hat in ihrer Schwesternhütte doch wohl kaum Platz für einen überdimensionalen Stubentiger - und wohl auch nicht gerade die Zimmernachbarn, die das zu würdigen wüssten.
Antwort von: Arcturus
01.03.2019 22:05
*kicher*
Die Katze war gewünscht, die Katze sollte kommen. :3

Und nein. Ich fürchte, die gute Stella würde aus allen Wolken fallen, würde ihre Zimmergenossin eine überdimensionale Katze in ihrem Koffer halten.

Danke für die Kommentare. :3
Von:  _Delacroix_
2019-02-27T09:09:04+00:00 27.02.2019 10:09
Das ist er also ... der Anfang des Koffers. Ich will gar nicht wissen wie oft seitdem an ihm herumgehext wurde, damit er auch genug Platz für all die Tierchen bietet, die sich so ansammeln. Oh je ...
Obwohl es in Anbetracht der Lage vermutlich wirklich die einfachste Lösung war, das Problem abzutreten. XD
Antwort von: Arcturus
27.02.2019 19:17
Oft Ro. Oft. xD

Und davon gehe ich auch aus. Ich meine, sie wissen beide nicht mal, was es ist...

Danke für die Kommis. ♥


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