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Bloody Eternity

von

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Ausgesprochen

Schon als sie ans Handy gegangen war und sie gehört hatte, worum es ging, war ihr Gesprächspartner wie aus ihren Gedanken gelöscht. Während der Fahrt zum Krankenhaus dachte Jane nicht einmal mehr annähernd an den Vampir, der sie seit schon fast vierundzwanzig Stunden verfolgte. Immerhin war ihre Mutter während der Mittagspause in einen Unfall geraten und schließlich im Chelsea and Westminster Hospital gelandet. Von daher war es wohl nur normal, dass sie sich die ganze Zeit über Sorgen machte und hoffte, dass es Elizabeth gut ging.

Nach gut zehn Minuten hatte die Brünette ihren Wagen im Parkhaus des Krankenhauses abgestellt, sodass sie direkt zum Empfang ging und den Namen ihrer Mutter nannte, um sich so schnell wie möglich zur ihr zu begeben. Dabei dauerte es nicht lange, bis sie herausfand, dass sie noch immer auf der Notfallstation war, sodass sie sofort loslief und in der Tür zur Notaufnahme stehen blieb. Wenn ihrer Mutter etwas schwerwiegenderes passiert wäre…

Sie holte tief Luft, trat durch die Tür und ließ sich von einem Arzthelfer das Zimmer zeigen, in dem Elizabeth wohl untergebracht worden war. In dem luftigen Raum standen zwei sichtbare Betten, von denen eines belegt war, und eines war verborgen hinter einem Vorhang.

"Es ist nicht weiter schlimm. Ich könnte auch nach Hause und mich dort ausruhen.", hörte sie eine nur allzu bekannte Stimme hinter dem Vorhang sagen.

"Bleib wenigstens solange liegen, bis Jane hier ist. Du weißt genau, wie sie reagieren wird, wenn du einfach aufstehst, deine Sachen nimmst und nach Hause fährst."

Kurz runzelte die Jägerin ihre Stirn, ehe sie schwer aufseufzte und direkt das Bett neben dem Fenster ansteuerte und den Sichtschutz beiseiteschob. Wie vermutet. Es war ihre Mutter, die auf dem Bett lag und ihre medizinische Praxisassistentin Lauren, welche die Ärztin zum Bleiben überreden wollte.

"Jane! Liebes, du hättest doch nicht extra herfahren müssen.", sagte Elizabeth sofort, als sie ihre Tochter erblickte.

Dabei konnte man nur zu gut sehen, wie jegliche Anspannung und Sorge aus ihrem Gesicht wich, als sie sich zu ihrer geliebten Mutter ans Bett setzte. Ein kleines Lächeln formte sich auf den Lippen der Älteren der Beiden, ehe sie der jungen Frau über den Kopf strich und ihr einen kleinen Kuss draufhauchte.

"Es ist nur eine kleine Gehirnerschütterung. Ein Autofahrer hat bei einer Ausfahrt nicht richtig geschaut und ist leicht in den Wagen reingefahren.", erklärte sie ihrer Tochter, worauf diese schwer - aber erleichtert - aufseufzte. Es hätte immerhin deutlich schlimmer herauskommen können. Dementsprechend war sie auch dankbar dafür, dass es ihrer Mutter gut ging und sie nach einer weiteren Stunde wieder nach Hause gehen konnte.
 

Nach dem Abendessen hatte sich Elizabeth früh ins Bett gelegt, da man ihr strenge Ruhe verordnet hatte. Selbst wenn es sich 'nur' um eine Gehirnerschütterung handelte, so musste man es trotzdem nicht herausfordern. Außerdem würde sich der Gesundheitszustand schneller wieder einstellen, wenn man sich wirklich an die Vorschriften hielt - und das wusste natürlich niemand besser, als eine Ärztin selbst.

Von daher hatte Jane genug Zeit, sich um sich selbst zu kümmern und da sie den Stoff für die Universität bereits schon aufgearbeitet hatte, ließ sie sich etwas erschöpft auf das Bett fallen, um sich ein wenig zu entspannen. Immerhin war es ein ziemlich anstrengender Tag gewesen. Ihre Mutter hatte einen Unfall gehabt, die Universität hatte heute nicht unbedingt sehr viel Spaß gemacht, was unter anderem daran lag, dass ein uralter Vampir sie auf Schritt und Tritt verfolgt hatte und ... - Moment mal! Genau, sie wollte doch noch recherchieren!

Wie von einer Tarantel gestochen setzte sich die Brünette auf, schnappte sich ihren Laptop und setzte sich an den Schreibtisch, um nach wertvollen Informationen zu suchen. Dabei hatte sie aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Vampirjäger-Zirkel sogar Zugriff auf gewisse versteckte Internetseiten, an die man sonst nicht so schnell rankam.

"Lady Jane Grey... besser bekannt als die Neun- oder Sechstagekönigin, je nachdem, wann man ihre Krönung als legitim ansieht... hm… ", murmelte die junge Frau, als sie zuerst das Belanglose überflog. Jedoch kam sie schnell zu einem Abschnitt, der sie ein wenig stutzen und innehalten ließ. Moment mal. Sah sie da etwa richtig? Ihr Vater hatte zwar erwähnt, dass sie von einem Adelsgeschlecht abstammte... aber gleich so?

Gerade als die Jägerin eine Seite aufklappen wollte, auf der man den eigenen Stammbaum rekonstruieren konnte, konnte sie ein dumpfes Geräusch vernehmen, worauf sie ihren Blick zum Fenster schweifen ließ. Hatte da jemand gerade einen Stein dagegen geworfen? Nein, das konnte unmöglich sein. Warum sollte man auch? Schließlich gab es Haustüren und Klingeln. Dementsprechend scherte sich die Brünette nicht darum und widmete sich wieder dem Laptop, ehe sie erneut das Geräusch vernehmen konnte und schwer aufseufzte. Ohne länger zu warten stand sie auf und öffnete das Fenster.

"Was ist lo...-", setzte sie an; verstummte jedoch sofort wieder, als sie Aiden erblickte. Ihre Augen weiteten sich und der Schreck war ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. Was um Himmelswillen hatte er hier verloren?! Und wie hatte er herausgefunden, wo sie wohnte?

"Was machst du hier?!", zischte Jane schließlich zu ihm runter, wobei sie keinerlei Anstalten machte, ihn in ihr Zimmer einzuladen. Es war bereits schon schlimm genug, dass er schon wusste, wo sie lebte!

"Wir waren mit unserem Gespräch noch nicht fertig.", erklärte er ruhig, eine Hand in der Hosentasche, in der anderen ein drittes Steinchen, das er dann wohl doch nicht hatte schmeißen müssen. Er warf es immer wieder ein paar Zentimeter hoch, bevor er es wieder auffing. "Außerdem war ich besorgt um dich. Was ist denn heute Mittag passiert? Ich hoffe, es ist wieder alles in Ordnung."

Auf Aidens Worte hin knirschte Jane nur mit ihren Zähnen und fuhr sich ziemlich genervt durch die Haare. Natürlich hatte sie gesagt, dass sie das Gespräch verschieben sollten, doch gleich auf heute Abend? Hätte der Kerl denn nicht bis zum nächsten Tag an der Universität warten können? Schließlich wären sie sich da ohnehin begegnet, wenn er wirklich alle Vorlesungen besuchte, die auch die Vampirjägerin gewählt hatte.

"Was heute Mittag passiert ist, geht dich nichts an.", erwiderte die Brünette direkt, da er wirklich kein Recht hatte, sich in ihr Privatleben einzumischen - obwohl er die Grenze mittlerweile schon gefährlich weit überschritten hatte. Immerhin stand er hier in ihrem Garten und hatte ihr aufgelauert. Wenn das mal keine Verletzung ihrer Privatsphäre war...

Als sie sich jedoch bewusst machte, wie aufrichtig Sorgen er sich Sorgen zu machen schien, stutze sie kurz, ehe sie sich auf die Unterlippe biss und die Augen verdrehte.

"Es ist alles wieder in Ordnung und halb so schlimm, wie es zunächst angenommen war. Mehr sage ich nicht dazu.", fügte die junge Frau hinzu, wobei sie sich hinterher fragte, wieso sie ihm eigentlich eine Antwort darauf gegeben hatte. Als nächstes erzählte sie ihm dann wohl, wie wichtig ihre Mutter für sie war und legte dieser verdammten Bestie damit ihre größte Schwachstellte offen. Es war schon schlimm genug, dass der unverschämte Stalker hier war und Elizabeth vermutlich wittern konnte – Geradewegs durch das offene Fenster, an dem Jane so unverbindlich mit ihm plauderte. Sie fragte sich sowieso, warum sie das Fenster nicht einfach zuschlug und sich weigerte, mit ihm zu reden. Verdammt, sie wurde tatsächlich ein klein wenig weich. Das durfte so unter keinen Umständen weitergehen! Sie musste eine Lösung für den ganzen Schlamassel finden, und zwar bald!

Ein Lächeln erhellte Aidens Züge und er nickte. "Das musst du auch nicht. Es freut mich jedenfalls, dass alles gut ausgegangen ist.", teilte er ihr mit, bevor er das Thema wechselte. "Das ist ein sehr schönes Haus. Ist es das von Innen auch?", deutete er an, dass es nicht unbedingt höflich war, ihn hier im Garten stehen zu lassen.

Natürlich bemerkte Jane seine Anspielung und wenn er kein Vampir gewesen wäre, hätte sie ihn sofort ins Haus gebeten, doch weil sie ihn immer noch für eine Gefahr hielt - da konnte er im Moment noch so viel dazu sagen -, wollte sie ihn schlichtweg nicht in ihren eigenen vier Wänden haben. Aber... blieb ihr denn in dem Augenblick überhaupt eine Wahl? Sie hatte ja selbst angedeutet, noch weiter mit ihm sprechen zu wollen, da konnte sie ihn wohl kaum verscheuchen, wenn er darauf zurückkam.

In ihrem Kopf ratterte es und sie dachte über all die Möglichkeiten, die ihr blieben. Sie könnte ihn natürlich nicht reinlassen, worauf er dann entweder Leine ziehen oder sich ganz einfach Zugang verschaffen würde. Sie könnte ihn auch einfach reinlassen, wobei er sich dann aber ein ziemlich gutes Bild von ihrem Zuhause machen konnte - und das wollte sie ja nicht.

Ihr Blick schweifte schließlich kurz über ihr Zimmer, wobei er am Laptop hängen blieb und ihr wieder die Information in den Sinn kam, die sie sich vor wenigen Minuten angeeignet hatte. Vielleicht war es gar nicht mal so schlecht, wenn sie sich kurz mit ihm unterhielt? So würde sie möglicherweise herausfinden, ob ihre Theorie bestätigt oder verworfen werden konnte. Nun gut, welche Möglichkeit blieb ihr also? Wahrlich nur eine.

Einen kurzen Moment lang blickte die Brünette wieder zum Vampir runter, ehe sie das Fenster schloss, ihre Jacke schnappte und dann auch schon das Haus verließ, um sich mit ihm zum Garten zu gesellen. So konnte er sich wenigstens nicht darüber beschweren, dass sie sich im Haus befand und er nicht.

Aiden war bereits auf dem Weg zur Einfahrt – Er hatte wohl gedacht, sie würde das Gespräch wortlos beenden, und mit dem Gedanken hatte sie ja tatsächlich gespielt - als die Gartentür aufging und Jane herauskam. "Danke.", lächelte er, was wohl zeigte, dass er zu schätzen wusste, dass sie extra für ihn heruntergekommen war.

Natürlich hatte Jane gewusst, dass Aiden sich über ihre Reaktion freuen oder gar amüsieren würde. Dementsprechend war sie nicht über sein Schmunzeln überrascht und verdrehte auf seine kleine Verbeugung hin nur leicht die Augen. Wieso hatte sie nicht nur das kleine Messer mitgenommen, nicht eine ihrer Waffen, die groß genug war, seinen Kopf abzuhacken?

"Sprich. Ich höre.", sagte sie nur und blickte Aiden abwartend an. Schließlich hatte sie am Mittag ihren Teil gesagt und da er sie aufgesucht hatte, musste er anscheinend noch etwas zu sagen haben.

Ihr gebieterischer Tonfall machte aus dem Lächeln ein Schmunzeln. "Wie Ihr wünscht...", erwiderte er leise und senkte kurz andeutungsweise den Kopf für eine ironische Verbeugung. "Natürlich hast du Recht, dass ich dir nicht folgen sollte und ich entschuldige mich in aller Form dafür. Aber ich kann nicht umhin, mir Sorgen um dich zu machen. Wie ich bereits sagte; Du siehst aus wie meine Jane..." Mal wieder zuckte seine Hand seltsam, was in Jane die Frage aufwarf, ob er nicht nur ein durchgeknallter Stalker war, sondern auch noch an Epilepsie litt.

"Das mag sein. Jedoch ändert das Nichts an der Tatsache, dass ich nicht diese Jane bin.", entgegnete die Brünette sofort auf seine ersten Worte hin. Schließlich schien er das doch wirklich nicht wahrhaben zu wollen - und daran schien auch das Problem zu liegen. Wenn er wirklich glaubte, dass sie diejenige war, die er einst kannte, dann musste sie ihn unbedingt vom Glauben abbringen lassen. Vielleicht würde er dann von seinem Handeln ablassen und sie nicht mehr verfolgen

"Ich glaube auch nicht, dass du sie bist. Ich denke, du weißt genauso gut wie ich, dass sie seit fast fünfhundert Jahren tot ist."

"Natürlich ist mir das klar. Schließlich kannst du sicher nicht bestreiten, dass ich das am besten fühlen kann. Jedoch erscheint es mir eben doch so, als ob du mich mit ihr verwechseln würdest. Ansonsten würdest du wohl kaum so erpicht darauf sein, an meiner Seite bleiben zu wollen, oder? Immerhin kennst du mich nicht.", erwiderte die Brünette schlicht und mit einer hochgezogenen Augenbraue. Ihr Blick war noch immer auf ihm fixiert und in ihrem Gesichtsausdruck konnte man - trotz der angespannten Stimmung - sehen, dass ihre Frage aufrichtig und ehrlich war. Es interessierte sie wirklich, wie seine Antwort lauten würde. War es Neugierde? Schuld? Oder vielleicht auch einfacher Zeitvertrieb?

"Ich glaube nicht, dass du sie bist.", wiederholte er langsam. "Und ja, ich kenne dich nicht. Aber ich möchte dich gerne kennenlernen. Vielleicht stellt sich dabei ja raus, dass du ihr doch nicht so ähnlich bist wie ich im Moment glaube. Vielleicht will ich das alles einfach nur in dir sehen.", fügte er mit einem nachdenklichen Blick in ihr Gesicht an.

Wenn Jane der Tatsache nicht bewusst gewesen wäre, dass Aiden ein Vampir war und dass solche überhaupt existierten, dann hätte sie seine Aussage als plumpe Anmache hingenommen. Schließlich klang es doch beinahe voll und ganz so. Da er jedoch kein normaler Mensch war und sie davon ausging, dass er sie nicht in dieser Weise kennenlernen wollte, keimte dieser Gedanke nicht einmal in ihr Bewusstsein auf.

"Ich gebe dir in beiden Punkten Recht, wobei ich dich beim Ersteren sogar korrigieren muss: Ich bin garantiert nicht wie sie. Da kannst du dir ziemlich sicher sein. Immerhin befinden wir uns in einer anderen Zeit und dementsprechend wird auch unser Charakter deutlich anders geformt sein. Von daher tust du dir nur selbst einen Gefallen, wenn du dich selbst vom Gedanken abbringst. So wirst du sicher auch keine Enttäuschung erleben - glaub mir.", erwiderte die Brünette schlicht,

"Ich weiß… Und doch kann ich nicht anders. Davon abgesehen, dass du dasselbe Blut hast wie sie. Du musst irgendwie mit ihr verwandt sein... Jedenfalls führt das leider dazu, dass du nur umso anziehender auf mich wirkst.", fügte er noch abschließend hinzu.

"Anziehend oder köstlich?", wollte die junge Frau auf seine folgenden Worte dann auch skeptisch wissen, da es in ihren Augen nur zu gut auch genau das Letztere heißen konnte.

Schließlich war er eine blutrünstige Bestie, die sich wahrscheinlich in einem ungünstigen Moment nicht mehr zurückhalten und zubeißen würde. Ob das wohl auch für ihre Mutter galt? Bei dem Gedanken ballte Jane ihre Hand zur Faust, wobei sie so einen hohen Kraftaufwand verwendete, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Wenn dem so war, dann würde es keine weiteren Diskussionen mehr geben. Dann würde sie unter allen Umständen versuchen, ihn in Asche zu verwandeln - ob sie da dann die Hilfe des ganzen Zirkels benötigte oder nicht, war ihr egal.

Bei ihrer spitzfindigen Frage lächelte er leicht gequält. "Du riechst weiblich und nach einer Frau, die mir sehr viel bedeutet hat. Also würde ich eher anziehend sagen. Aber... Ich gebe zu, dass du auch ziemlich lecker riechst.", fügte er mit einem schuldbewussten Schulterzucken hinzu.

Auf diese Worte hin kam die junge Frau dann nicht umhin, leise zu lachen und den Kopf zu schütteln. Wenigstens sagte Aiden in der Hinsicht die klare Wahrheit. Dementsprechend hatte sie nichts dazu hinzuzufügen, weshalb sie nur kurz nickte.

Bevor sie jedoch etwas anderes sagen konnte, dachte sie über Aidens Worte bezüglich der 'Verwandtschaft' nach und runzelte die Stirn. Moment mal... konnte das wirklich sein? Bestätigte er hier etwa ihre Vermutung? Schließlich hatte sie vor wenigen Minuten herausgefunden, dass die Möglichkeit bestand, dass sie eine direkte Nachfahrin der Lady Jane Grey war. Wenn dem wirklich so war, dann besäße ihre Mutter ganz bestimmt nicht das Blut der ehemaligen Königin in sich - was wiederum bedeutete, dass sie außer Gefahr war. Jedoch konnte Jane natürlich nicht ganz ausschließen, dass dieses Blut von der Seite ihrer Mutter kam, doch soweit sie sich erinnern konnte, hatte ihr Vater einmal erzählt, dass seine Familie von einem Adelsgeschlecht stammte. Von daher war es doch naheliegend, dass das Blut väterlicherseits war. So oder so, sie müsste die Nachforschungen ein wenig vertiefen sobald sie mehr Zeit hatte.

Als er merkte, dass sie das Thema fallen lassen wollte, fasste Aiden sich in den Nacken und rieb diesen mit der Hand, den Blick gesenkt. "Das ist alles nicht dein Problem, ich weiß. Aber glaubst du nicht, dass du es zulassen könntest, mir ein bisschen von deiner Zeit zu schenken? Ich fürchte nämlich, ich kann dich nicht einfach so wieder gehen lassen und es wäre sicher angenehmer, wenn ich dir nicht mehr derart folgen müsste."

"Ganz Recht. Es ist in keinerlei Hinsichten mein Problem, ob ich nun einer Bekannten gleiche oder nicht. Vielmehr ist es mein Problem, wenn du in mein Leben platzt und die Leute um mich herum in Gefahr bringst.", meinte die Jägerin etwas schroff, ehe sie sich schwer seufzend durch die Haare fuhr und ihr Gewicht von einem Bein auf das andere verlagerte. Ihr Blick lag jedoch andauernd auf dem Vampir vor ihr.

„Wenn ich dir oder jemandem aus deiner Umgebung hätte schaden wollen, hätte ich das doch bereits getan, oder?", antwortete er ziemlich ausweichend. "Davon abgesehen, dass DU in MEIN Leben geplatzt bist, indem du mich gejagt hast. Aktion und Reaktion, Jane.", erklärte er mit spielerischem Tadel.

"Das ist kein Vergleich zu deiner Verfolgung. Immerhin musste ich dich von deinem Handeln abbringen, um unschuldige Leute vor dem Tod zu retten. Du hingegen folgst mir aus einem eigenen Grund und Interesse.", entgegnete die Jägerin sofort und verdrehte dabei leicht die Augen.

Dabei dachte sie nicht einmal daran, beide Tatsachen in irgendeiner Weise miteinander zu vergleichen, da sie der Ansicht war, dass ihre Verfolgung mit moralisch richtigen Gründen untermauert war. Schließlich war sie eine Vampirjägerin, verfolgte blutrünstige Bestien, die nichts Besseres zu tun hatten, unschuldige und schwache Menschen zu töten, um ihren Blutdurst zu stillen. Er hingegen folgte ihr einfach so auf Schritt und Tritt - dass er auch an ihrer Seite bleiben wollte, um sie zu beschützen, ignorierte sie gekonnt.

"Glaubst du wirklich, irgendein Mensch sei unschuldig? Sie sind gierig, oberflächlich, selbstsüchtig und lüstern... Und keiner von ihnen ist es wert, dass du dich in Gefahr begibst."

"Das mag sein, doch ihr Vampire seid nicht diejenigen, die solche Menschen deswegen richten dürft - zumal eure Existenz ja gegen die eigentliche Natur der Menschen spricht." Das mochte zwar ein wenig hart klingen, doch in Janes Augen war das Dasein der Vampire alles andere als gerechtfertigt. Menschen gehörten nach dem Tod unter die Erde. Sie sollten nicht als Untote auf der Welt verweilen und sich gleichzeitig vom Blut der Lebendigen ernähren. Das war ihrer Meinung schlichtweg nicht richtig.

Außerdem stand natürlich überhaupt nicht zur Debatte, ob und für wen sie ihr Leben aufs Spiel setzte, deshalb wechselte Jane das Thema. "Und was schlägst du bitteschön vor? Du kannst kaum von mir erwarten, dass ich dich einfach so in meinem Leben akzeptiere. Immerhin ist dir wohl kaum entgangen, dass ich eine Vampirjägerin bin und jeden einzelnen Vampir verabscheue. Es ist also sehr gut möglich, dass ich versuchen werde, dich irgendwie umzubringen, wenn sich die Gelegenheit bietet."

"Und ich könnte dich genauso in einem ungünstigen Moment töten.", erwiderte er leise. "Beides ist nicht in meinem Sinne, genauso wenig, wie ich dein Leben auf den Kopf stellen möchte. Aber ich möchte gerne daran teilhaben und dir ist wohl kaum entgangen, dass ich das tun werde - Mit oder ohne dein Einverständnis. Es wäre mir nur lieber, wenn du sie mir gäbest. Dann musst du dich nicht so sehr darüber aufregen, was besser für deinen Blutdruck ist." Er sah sie mit funkelnden Augen an, was wohl bedeutete, dass das ein Scherz gewesen war.

Jane lachte nicht.

"Als ob du dich wirklich um meinen Blutdruck sorgst.", murrte die junge Frau leise genervt und seufzte schwer auf, weil seine Worte in ihren Ohren einem Ultimatum glichen.

Ihre Hände ballte Jane dabei zu Fäusten, ehe sie ihre Augen schloss und tief durchatmete. Auch wenn sie es wohl unmöglich offen zugeben würde, er hatte in gewisser Weise Recht: Sie würde nicht weiterkommen, wenn sie sich weiterhin aufregen würde. Was blieb ihr also übrig? Sollte sie ihm einfach so erlauben, ein Teil ihres Lebens zu werden?

Wohl kaum!

"Nein.", erwiderte Jane schließlich resolut und schroff, wobei sie leicht mit ihren Zähnen zu knirschte. "Mein Einverständnis kriegst du nicht - da kannst du das Ganze so drehen und wenden, wie du willst!"

Natürlich wusste die Brünette aber auch nur zu gut, dass er es dennoch versuchen und sich in ihre Leben einmischen würde, doch würde sie ihn niemals freiwillig in ihrem Leben willkommen heißen - da musste sie schon irgendwie ihren Verstand verlieren!

Aiden seufzte und fuhr sich mit der Hand durch das Haar. "Wie du möchtest.", beugte er sich ihrem Willen, was in diesem Fall aber wohl nur hieß, dass er sich diesem weiter wiedersetzen und um ihre Akzeptanz werben würde.

Im selben Moment blies jedoch ein kühler Wind direkt an Jane vorbei in Aidens Richtung, so dass sie sich durch die Haare fahren musste, um diese wieder in Ordnung zu bringen. Sobald sie wieder etwas sah, fiel ihr Blick auf den Vampir, wobei sie kurz ihre Augen verengte und ihn bei der Bewegung etwas angespannt und skeptisch zusah. Plötzlich sah seine sonst so lockere Haltung verkrampft aus, seine Augen leuchteten verdächtig irgendwie wirkte er ein wenig größer.

Ach ja... Der Wind und ihr Duft. Er hatte ja gerade eben gesagt, dass sie für ihn ziemlich verlockend roch.

Noch während sie sich an seine Worte erinnerte und er sich ein bisschen zu bewusst zurückbewegte, machte auch die junge Frau einen kleinen Schritt zurück, um ein wenig mehr Abstand zu gewinnen. Zwar hatte sie das Osmium-Messer in ihrer Lederjacke, doch würde eine größere Entfernung bei einem Angriff (sowie auch bei einer Verteidigung) deutlich von Vorteil sein. Dabei entging ihr natürlich nicht, wie für ein kurzer Moment seine spitzigen Fangzähne aufblitzten, weshalb sie ernsthaft mit dem Gedanken spielte, ihre Waffe zu zücken - jedoch hielt sie sich zurück, da sie keinen allzu großen Aufstand machen wollte und weil sie bemerkte, dass er sich langsam aber sicher wieder in den Griff bekam. Trotzdem hielt sie es für besser, diese Zusammenkunft jetzt zu beenden.

"Falls du also nichts Weiteres zu besprechen hast, würde ich dich höflichst darum bitten, dich von meinem Familiengrundstück zu entfernen. Ich möchte wieder ins Haus und dich dabei nicht in meinem Garten oder sonst wo in der Nähe herumlungern sehen."

"Sicher. Du wirst mich heute Nacht nicht mehr sehen." Was natürlich nicht hieß, dass er nicht hier sein würde. "Wir sehen uns dann morgen.", versprach er (Obwohl es für Jane eher wie eine Drohung klang), deutete erneut eine kurze Verbeugung an, um danach in der Nacht zu verschwinden.

Zuerst hatte sie erleichtert aufgeatmete, da sie dachte, dass sie ihn endlich losgeworden war. Jedoch stutzte sie bei seinen und verdrehte genervt stöhnend die Augen. Sie würde ihn also morgen wohl oder übel wiedersehen - na toll. Wenn das so weiterging, würde sie noch wahnsinnig werden und wahrscheinlich sogar versuchen, ihn mit bloßen Händen und am helllichten Tag zu erwürgen. Bevor dies geschah, sollte sie eventuell doch die Hilfe des Vampirjäger-Zirkels in Anspruch nehmen. Vielleicht könnte man dann einen besseren und effizienteren Weg finden, ihn irgendwie aus dem Weg zu schaffen - sei es auch einfach nur mit Verstärkung.

So drehte sich die Jägerin auch langsam um und begab sich wieder ins Haus. In ihrem Zimmer ließ sie das Gespräch nochmal Revue passieren und kam immer wieder auf den Kern des ganzen; Ihre angebliche Ähnlichkeit zu Lady Jane Grey, der Neuntagekönigin. Der Vampir behauptete, sie zu verfolgen, weil sie wie die geköpfte Adelige roch, was in ihren Augen überaus makaber klang.

Dennoch musste sie mehr darüber wissen, um zumindest das Gefühl zu haben, die Wendung, die ihr Leben gerade nahm, im Griff zu haben. So öffnete sie erneut die Internetseite mit der Stammbaum-Option, atmete tief durch und verfolgte die feinen Äste, die von ihrem Namen immer weiter in die Vergangenheit verliefen.

Und tatsächlich, der Ahnenstamm führte direkt zu der hochadeligen Familie Grey.

Eine ganze Weile befasste Jane sich noch mit ihrer Recherche und informierte sich weiter über ihre entfernte Verwandte und deren tragischen Werdegang. Während der ganzen Zeit stieß sie jedoch nie auf den Namen ´Aiden Hunt`. Ab und zu tauchte zwar ein Joshua desselben Nachnamens auf, doch ihr persönlicher Stalker war entweder zu unwichtig gewesen, um namentlich erwähnt zu werden, oder aber er log.

Aber was würde es ihm bringen, zu behaupten, Lady Jane Grey wäre seine Geliebte gewesen? Jane war nach wie vor misstrauisch, was den Vampir anbelangte, zumal sie es auch als überaus beunruhigend empfand zu wissen, dass er erstens bereits so alt (Und entsprechend stark) sein musste, wenn er die Wahrheit sagte, und dass er sie zweitens mit seiner Liebhaberin gleichsetzte. Das war bei einem Fremden, noch dazu bei einer Bestie, einfach nur abstoßend. Sie wollte nicht, dass er sie ansah wie eine Frau, ganz zu schweigen von seiner Frau. Für ihn war sie eine Jägerin, eine Bedrohung, das war alles, an das jede Bestie bei ihrem Anblick denken sollte.

Ganz egal, wie treu doof diese blassblauen Augen dreinblicken konnten.

Gleichzeitig kam die Brünette nicht umhin, ins Grübeln zu geraten. Wenn der Vampir sie tatsächlich in seiner geistigen Verwirrung für Lady Jane Grey hielt, was sie trotz seiner anderweitigen Beteuerungen stark annahm, ergäben sich daraus interessante Möglichkeiten. Zwar würde die Vampirjägerin weiter auf der Hut sein – Wie gesagt; Sie traute ihm nicht. Aber warum nicht seine Fähigkeiten nützen, wenn sie Aiden schon nicht mehr loswerden konnte…?



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  diamondgirl
2017-04-17T02:53:52+00:00 17.04.2017 04:53
Oh wow! Ich bin eben zufällig auf die FF gestoßen und begeistert davon!! Und dachte, ich hinterlasse mal einen Kommi bevor ich zum Weiterlesen komme. Uniprüfungen..*seufz*
Ich liebe deinen Schreibstil wirklich sehr. Diese erste Begegnung zwischen den beiden hats mir auch einfach direkt angetan. Als Aiden Jane fragt "Und wer beschützt dich?"
Auch die Charaktere sind mir schon etwas ans Herz gewachsen, was mir immer sehr wichtig bei Geschichten/FFs ist. Ich muss auch sagen, ich steh auch grad auf so Drama wie Jäger/Vampir Romanzen.. naja, realistisch gesehen wird es wohl noch dauern bis sich die beiden in der Hinsicht näher kommen. Grad Jane, die Traumatisches mit Vampiren erlebt hat.
Und Aiden. Wie er ihr auf den Keks geht. Und dass er sich extra am KCL eingeschrieben hat um sie zu stal- ..besser kennenzulernen xDD Einfach zu gut. Auch wenn sein Interesse an Jane nur verständlich ist. Bin schon mal gespannt, wie es noch so weitergeht, kann nur leider nicht alles auf einmal lesen.
Bis jetzt bin ich hellauf begeistert. Eins noch. Ich hab noch keinen Studenten getroffen,der in London das Auto zur Uni nimmt. Aber ich schätze, sie braucht einen Wagen als Vampirjägerin, also verzeih ich das noch mal XDD
Antwort von:  RedRidingHoodie
17.04.2017 19:13
Vielen, Vielen Dank, ich freue mich wirklich sehr über deinen lieben Kommentar, und dass es dir so gefällt! >///< (und viel erfolg bei deinen Prüfungen, an dieser Stelle. <3 ich kenn das, haha)

Es freut mich besonders, dass dir Aiden und Jane schon gefallen, weil ich die beiden selbst sehr mag. :3 Obwohl Jane zu diesem Zeitpunkt noch sehr, ähm, nennen wir es mal schwierig ist xD Aus dieser "Schwierigkeit" resultiert auch, dass das mit der Romantik noch dauert, da hast du leider Recht x´D Aber hey, mehr zu lesen, würde ich sagen...? (man soll ja das Positive sehen)

Ah, vielen Dank für den Hinweis! Das habe ich einfach so aus dem RPG übernommen und gar nicht weiter darüber nachgedacht... .__. Aber hey, ein bisschen special Snowflake muss Jane schon sein, immerhin ist sie die Heldin xD (Und eine wahnsinnige Diva, wie du beim Weiterlesen noch sehen wirst, lol)

Nochmal herzlichen Dank für den Kommentar, ich freu mich wirklich sehr. <3
Antwort von:  diamondgirl
17.04.2017 22:25
Gern geschehen ^_^ (Und danke dir ebenfalls <33)
Das ist auch wirklich ein Detail, das man ignorieren kann (so wie in Filmen wie Thor 2, haha), aber hast auch Recht, dass sie special ist. Und die Dialoge im Auto würden in der U-Bahn viel weniger wirken, also stelle ich mir gern vor, for the sake of the plot, es gäbe an unseren Unis tatsächlich sowas wie Parkplätze x3
Von:  Zeichenfeder
2016-04-14T10:52:07+00:00 14.04.2016 12:52
Oh ha! XDD
Ich weiß ... eigentlich ging es hier gerade um den Moralischen Twist... aber man hat auch viel übers flirten gelernt XD
Und ja ich schäme mich ein wenig, dass es das einzige ist, dass hängen bleibt XDD Bitte verurteilt mich nicht!
Aber bei "Ich muss zugeben, dass du auch echt lecker riechst" musste ich im Starbucks los lachen.... verdammt ist das grad peinlich .///. Auch sehr elegant "Es ist ein schönes Haus. Ist es von innen auch so schön?" XDDDD Ich wette das kann man abwandeln. "Das ist aber eine schöne Hose. Ist das Unterhöschen auch so schön?" Nein? dann halt nicht XD
Ich nehme an, dass es im nächsten Kapitel eine Wendung gibt. Zumindest kommts so rüber. Ich bin schon gespannt ;)
Ich muss zugeben, dass Jane schon ne starke Frau ist... ich hätte schon längst nachgegeben... aber ich bin auch kein Vampirjäger XDDD

Freu mich aufs nächste Kap^^
Antwort von:  RedRidingHoodie
14.04.2016 19:23
Sie flirten? Wann flirten sie bitte?!! xDD Aiden nervt Jane einfach nur und piesackt sie mit Absicht xD
Du bist so versaut, so war das gar nicht gemeint xDDD Aber vielleicht kommt das später, wenn sie mal zusammen sind, ich merke es mir xDDDD
Was das Nachgeben angeht, das wird noch lange, lange, laaaange dauern .__. Sie ist stur und traumarisiert. Man kann es natürlich auch als "Starke Frau" bezeichnen ;) Jedenfalls ist sie nicht so leicht rumzukriegen, nur, weil er so ein netter Stalker ist xD
Antwort von:  Zeichenfeder
14.04.2016 21:42
Das ist passiv, aggressives Flirten XD Wenn es das nicht gäbe, würde es keine Hass-Liebe in unserer Welt geben XDDD

Schon klar ;) Charas und ihre Traumas ;) Mal gucken wie sie das verarbeitet^^


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