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Bloody Eternity

von

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Was wir wollen

Zu gerne wäre Aiden noch in der Nähe geblieben, aber nachdem er so auf Jane reagiert hatte, zog er sich lieber wirklich erstmal zurück. Dieser feine Windhauch hatte gereicht, um ihn spüren zu lassen, wie die Muskeln in seinem Rücken sich verhärteten, er die Schultern zurückzog und die Fangzähne gegen seine Lippen drückten. Ihr Duft löste Begierde in ihm aus, sowohl nach ihr als Frau als auch nach ihr als Beute. Aber so schnell, wie das Verlangen gekommen war, war es schon von Schuldbewusstsein verdrängt worden. Er wollte nicht so reagieren und er hasste sich dafür, es dennoch zu tun.

Natürlich war Jane als ausgebildeter Jägerin seine Reaktion nicht entgangen, was Aiden überaus unangenehm war. Allerdings hatte sie nicht mit der zu erwartenden Beunruhigung oder Aggression geantwortet, sondern war lediglich ein wenig vor ihm zurückgewichen und hatte behutsam nach ihrer Waffe getastet. Wenn sie ihn wirklich nicht für eine Gefahr hielt, war Jane naiver, als er gedacht hätte – Obwohl der Vampir selbst gar keine Bedrohung für sie sein wollte.

Er wäre gerne jagen gegangen, aber drei Menschen in zwei Tagen wären zu viel gewesen. Außerdem hatten Janes Worte durchaus Wirkung auf ihn; er wollte nicht, dass sie ihn für einen Mörder hielt. Als solchen empfand er sich zumindest selbst nicht, denn sonst wären Menschen an Tieren ja auch des Mordes schuldig. Er war ein Jäger, es wäre wieder seiner Natur gewesen, nicht zu töten, um sich am Leben zu erhalten. Seiner Meinung nach sprach nichts gegen eine Koexistenz von Menschen und Vampiren. Darüber würde er wohl mal eine lange, ausführliche Diskussion mit ihr führen müssen. Wahrscheinlich würde es nicht leicht sein, Jane zu überzeugen, aber sie war intelligent, sie würde es schon verstehen...

Hoffte er zumindest.

Während er diese Überlegungen anstellte, blieb Aiden nicht untätig. Er verfolgte weiter die Spur des Vampirs mit Draht zum Jäger-Zirkel und spürte ihn schließlich in einer abgelegenen Seitengasse auf. Es gab ein paar Missverständnisse, weil Kyle, so der Name des Vampirs, ihn für einen Konkurrenten um seine Beute hielt. Der Mensch starrte die beiden Vampire völlig verängstigt an, als sie sich prügelten - Beziehungsweise ging Kyle auf Aiden los und der versuchte, ihm seine Situation zu erklären, während er auswich. Schließlich konnten sie sich jedoch einigen ( Was dadurch geschah, dass Aiden es endlich leid wurde und den anderen Vampir gewaltsam am Boden fixierte, damit er zuhören musste ) und er erhielt die gewünschten Informationen. Währenddessen war Kyles Beute leider weggelaufen, aber dieser hatte sich immerhin so weit beruhigt, dass er normal sprechen konnte und er erzählte ihm einige sehr interessante Dinge, über die Aiden gerne mehr erfahren wollte. Im Zuge dessen ließ er sich ein Treffen mit Kyles Partner am nächsten Mittag organisieren, gleich nach der Vorlesung.

Nach diesem zweiten nervenaufreibenden Treffen verschwand der andere Vampir in der Nacht. Aiden tat es ihm gleich, um noch einige Stunden zu schlafen, bevor er zur Universität musste.
 

Er hatte es sogar noch geschafft, sich über das Thema der Management-Lesung zu informieren, bevor er aufgebrochen war. Begeistert war er trotzdem nicht. Dennoch wartete er geduldig am Parkplatz auf Jane und lächelte, als ihr Wagen einfuhr. Sie dagegen schien nicht besonders erfreut über das Wiedersehen, aber das war sie ja bisher noch nie gewesen. Entsprechend unbeeindruckt schlenderte er auf sie zu und grinste sie über den Rand seiner Sonnenbrille hinweg verschmitzt an.

"Augenringe stehen dir ganz ausgezeichnet", schnurrte er zur Begrüßung und ging mit ihr los in Richtung des Fakultätsgebäudes, wobei er sich etwas hinter ihr hielt, immerhin wusste er nicht, wohin es gehen sollte.

"Halt die Klappe", murrte sie nur leise seufzend.

Ein wenig verdutzt blinzelte Aiden, als er nicht ganz so laut wie erwartet angeschnauzt wurde. Sie musste wohl wirklich erschöpft sein und er hatte das dumpfe Gefühl, daran nicht ganz unschuldig zu sein, weshalb er während des Wegs über den Hof tatsächlich ihrem Befehl nachkam und still war. Es gab nicht mal den Versuch, ihn davon abzuhalten, ihr zu folgen, also hatte sie wahrscheinlich ähnlich wenig geschlafen wie er - Nur, dass sie das eben nötig hatte, während er als Vampir mit drei, vier Stunden Nachtruhe wunderbar zurechtkam. Irgendwie fand er das fast süß, obwohl er sich natürlich wünschte, es würde ihr besser gehen. Immerhin zeigte diese Müdigkeit nur umso deutlicher ihre menschlichen Bedürfnisse und Schwächen, die sie so oft nicht wahrhaben wollte.

Schweigend genoss er es, neben ihr herlaufen zu dürfen und den Duft ihres Haares, der jetzt im Sonnenschein weniger fatale Auswirkungen hatte. Er war ruhiger und seine Sinne weniger scharf als in der Dunkelheit und während sie ihren schönen, trainierten Körper anspannte, um sich zu strecken, fragte er sich, ob sie ihm während des Tages tatsächlich so unterlegen war. Er zweifelte nicht daran, dass er sie besiegen könnte, aber es wäre sicher ein wenig ausgeglichener als in der Nacht. Aiden fragte sich, ob sie das wusste, ging aber nicht davon aus. Die meisten seiner Artgenossen trieben sich ausschließlich nachts herum, da ihnen das Licht ganz und gar nicht gut bekam.

Er war so in Gedanken versunken, dass er den flüchtig vertrauten Geruch eines Mannes erst bemerkte, als dieser nur noch ein paar Meter neben ihm war. Instinktiv wollte er den Arm um Janes Schulter legen, als er Logan erblickte, welcher lächelnd und mit zwei dampfenden Bechern auf sie zugelaufen kam. Jedoch hielt er sich zurück und ließ es zu, dass ihr Freund Jane mit dem Kaffeebecher gegen die Stirn tippte, obwohl ihm das überhaupt nicht gefiel. Er mochte den Blick nicht, mit dem der Menschenjunge die Frau ansah, obwohl sie das nicht mal zu bemerken schien. Sein Kiefer spannte sich an und hätte er sich nicht sehr konzentriert, hätte er drohend gefaucht.

"Du siehst müde aus. Ich dachte, du könntest das brauchen, bevor der Tag richtig losgeht", meinte Logan schmunzelnd und übergab Jane direkt den Kaffee, worauf diese nur grinste und sofort einen Schluck trank.

"Du bist wirklich ein Schatz, weißt du das?", murmelte die Brünette lächelnd und leise, als sie erneut am Kaffeebecher nippte und sich wieder auf dem Weg zum Vorlesungssaal machte. Dabei übersah sie Aiden weiterhin gekonnt.

Der war es nicht gewohnt, derart aus der Haut zu fahren und es beunruhigte ihn. Das war nicht gut unter einem Haufen Menschenkinder - Vor allem, solange Jane unter ihnen war. Aber diese nannte Logan sogar "Schatz" und schaffte es mit diesem einen Wort, seine vorher noch so tadellose Laune gründlich zu verderben. Er folgte den jungen Leuten in den Hörsaal, wurde jedoch weiterhin nicht beachtet und als Logan sich neben Jane setzten wollte, fasste Aiden ihn an der Schulter. Dabei drückte er fester zu, als unbedingt nötig gewesen wäre, und der junge Mann verzog leicht das Gesicht.

"Oh, tut mir leid. Ich habe meine Kraft falsch eingeschätzt", sagte er, indem er die Hand zurückzog. "Ich wollte nur fragen, ob es ok ist, wenn ich neben Jane sitze. Ich habe noch nicht alle Unterlagen und sie hat gestern Abend gemeint, ich könnte ihre mit nutzen... Geht das in Ordnung? Danke."

Und mit diesen Worten, die bewusst betonten, dass er Jane am Vorabend noch getroffen hatte, setzte er sich neben sie, ohne auf eine Antwort zu warten. Ihre andere Seite war besetzt, sodass Logan noch die Wahl blieb, neben Aiden Platz zu nehmen oder sich zu verziehen - Wobei dem Vampir letzteres deutlich lieber gewesen wäre.

Jedoch sträubte sich Logan keineswegs dagegen und setzte sich stattdessen neben dem Vampir hin, ehe er lächelnd zu Jane rüber sah und kurz mit den Schultern zuckte. Kurz erwiderte die Vampirjägerin auch das Lächeln, ehe sie sich ein wenig zu ihrem 'Feind' beugte und ihn mit böse funkelnden Augen ansah.

"Was zum Teufel sollte das?! Du kannst ihn doch nicht einfach so grob anfassen und regelrecht zur Seite schubsen!", zischte sie ihm dann auch mit leiser und aufgebrachten Stimme zu.

Wahrscheinlich war der junge Mann gar nicht so übel, aber der Vampir konnte generell wenig mit männlichen Menschen anfangen und noch weniger mit solchen, die die Frau anschmachteten, an der er selbst interessiert war. Es ja nicht so, als hätte Logan sie angebaggert oder berührt. Trotzdem mochte Aiden ihn schon aus Prinzip nicht, weshalb er sich bereits ziemlich albern vorkam. Er wusste, dass er bereit gewesen wäre, dem Jungen die Schulter ganz auszureißen, wenn dieser Jane tatsächlich angefasst hätte und dieses Platzhirschgehabe war völlig unpassend. Leider lag es aber nun mal in der Natur seiner Rasse, sehr selbstsüchtig zu sein und ihre Beute zu verteidigen. Und solange Aiden sich für die Jägerin interessierte, würde sie damit leben müssen, dass er sie praktisch als sein ´Eigentum` verteidigte. Dennoch war er jetzt, wo er zwischen den beiden Menschen saß, wieder besänftigt und entspannte sich sogar ein wenig, obwohl die junge Frau ihn anschnauzte.

"Entschuldige bitte. Es wird nicht wieder vorkommen", erwiderte er auf ihren Tadel hin ehrlich reumütig. Bei Logan selbst entschuldigte er sich allerdings nicht, immerhin dürfte dieser nicht ernstlich verletzt sein. Vielleicht würde er ein paar blaue Flecken bekommen, aber er war ein Mann, damit konnte er sicherlich umgehen.

Als sie sich abwandte, ließ er sie in Ruhe, denn dieses Mal war ihre Wut durchaus gerechtfertigt. Er beobachtete die anderen Studenten, die langsam eintrudelten und sich auf ihre Lesung vorbereiteten, und vermied es dabei geflissentlich, den jungen Mann neben sich überhaupt wahrzunehmen. Unter normalen Umständen hätte er sich vielleicht mit ihm unterhalten, so wie mit den beiden Mädchen am letzten Vormittag. Janes Freundeskreis interessiere ihn nämlich durchaus und noch am letzten Tag hätte er wohl tatsächlich mit Logan geredet, wenn die drei Mädchen nicht zwischen ihnen gesessen hätten. Jetzt wollte er sich aber nicht der Gefahr aussetzten, nochmal derart auszuticken, obwohl er das Risiko inzwischen als relativ gering einstufte.

Auch die anderen aus der Gruppe trudelten langsam ein, jedoch nickte Aiden auch ihnen nur knapp zu. Er erhob sich, als die Professorin den Saal betrat, um mit ihr ein paar Details seiner Anwesenheit zu klären, entsprechend bekam er das Gespräch der jungen Leute nicht mit. Er schlüpfte gerade wieder auf seinen Platz neben Jane, als die Dozentin mit ihrer Einheit begann.

Er hörte aufmerksam zu, konnte dem Thema aber nach wie vor nichts abgewinnen. Alles erschien ihm nur kompliziert und die Menschen nahmen so etwas so schrecklich ernst. Der einzige Grund für ihn zu bleiben war der, wissen zu wollen, womit Jane sich so beschäftigte.

Dennoch wanderten seine Gedanken immer wieder ab zu dem Treffen, das er später noch haben würde. Er war sehr interessiert der "Partnerschaft", die Kyle angedeutet hatte. Viel hatte er nicht erzählen wollen, das sei die Entscheidung seines Kollegen. Wenn er die vagen Formulierungen des anderen Vampirs jedoch richtig verstanden hatte, war dieser Pakt oder wie er es genannt hatte genau das, was Aiden in Bezug auf Jane wollte; Die Möglichkeit, auf sie zu achten, wenn sie spielen ging. Natürlich musste er sich noch genauer darüber informieren und er ging nicht davon aus, dass ihr ein derartiges Arrangement zusagen würde. Sie schien ihm mehr eine Einzelkämpferin zu sein - Und wenn es schon ein Partner sein sollte, wollte sie bestimmt keine Bestie.

Sein Blick lag schon eine ganze Weile nicht mehr bei der Professorin. Stattdessen starrte er bereits minutenlang gedankenverloren seine Sitznachbarn an.

Diese bemerkte ihn jedoch erst, als es nach der ersten Stunde klingelte und sie sich zur Seite drehte, um mit Logan zu reden. Im selben Moment zuckte sie kurz zusammen. "Was starrst du mich bitteschön so an?", wollte die Brünette mit leicht aufeinander beißenden Zähnen wissen, ehe sie schwer aufseufzte und sich kopfschüttelnd durch die Haare fuhr.

Ohne auch nur auf die Antwort des Angesprochenen zu warten, schnappte sie sich ihre Notizen, erhob sich und stellte sich gleich zwischen Benjamin und Logan hin.

"Sag mal, verstehst du, wie sie genau auf die Lösung gekommen ist? Irgendwie konnte ich das nicht ganz nachvollziehen. Sie war mal wieder zu schnell", sprach Jane sogleich mit einer deutlich sanfteren Stimme, als sie mit dem Zeigefinger auf den entsprechenden Abschnitt deutete.

"Hmm, zeig mal her", meinte Logan gleich und studierte kurz die Rechnung, ehe er nickte und damit begann, ihr den ganzen Hergang mit der graphischen Darstellung aufzuzeigen, die die Professorin ebenfalls in der Powerpoint drin hatte.

Dabei lächelte sie Logan auf eine Art an, die Aiden die Zähne aufeinander pressen ließ. Er schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch - Was keine sonderlich gute Idee war, denn es roch nach wie vor stark nach Jane - Und zog es dann vor, die Kinder nicht weiter zu beachten. Stattdessen widmete er sich den zuvor so schändlich vernachlässigten Aufzeichnungen, die ihn zwar langweilten, aber immerhin ablenkten.

Ebenso hielt er es während dem zweiten Teil der Vorlesung, während welchem er Jane genauso wenig beachtete wie sie ihn, nur, dass ihm das wahrscheinlich bedeutend schwerer fiel als ihr. Als die Professorin die Stunde beendete, räumte Aiden mit einem Blick auf die Uhr rasch seine Sachen zusammen. Ein bisschen Zeit hatte er zwar noch, aber die wollte er nicht vertrödeln. Auch die anderen aus Janes Freundeskreis machten sich zu gehen bereit und die jungen Leute schienen weniger darauf erpicht zu sein, ihn zum Verschwinden zu bringen. Pure Höflichkeit, nahm Aiden an. So kam es jedenfalls, dass er sich auf dem Weg ein wenig mit ihnen unterhielt.

"Woher kennst du Jane denn jetzt eigentlich?", wiederholte eines der Mädchen die Frage, die sie schon am letzten Tag gestellt hatte, woraufhin der Vampir selbstironisch lächelte.

Die Vampirjägerin blieb schnurstracks stehen. Aus Reflex wollte Jane nach ihm greifen und die Hand auf sein loses Mundwerk drücken, doch Aiden war schneller, sodass sie in einer komischen Bewegung innehielt und ihn nur noch mit geweiteten Augen ansehen konnte, als er sagte: "Nachdem sie sagte, es sei eine ´Lange und langweilige` Geschichte...", fing er an, dabei glitt sein Blick wieder zu Jane, welche er schief angrinste. "...Fürchte ich, ich bin ein abgewiesener Verehrer."

Warum sie seine Worte so schockierten, verstand Aiden ehrlich gesagt nicht, immerhin hatte er nur die Wahrheit gesagt. Glaubte sie wirklich, dass jedes Wort aus seinem Mund eine Lüge war? Nun, so ganz ernst war es auch nicht gewesen, immerhin kannte er sie nicht, aber deswegen war ihre Reaktion doch etwas übertrieben - Was sie aber nicht weniger amüsant machte.

Wieder aus ihrer Starre erwacht, ergriff sie sofort den muskulösen Arm ihres unerwünschten Begleiters und lächelte etwas nervös die Gruppe an. "Ahaha... Er... er scherzt nur. Aiden hat einen komischen Humor, also nehmt bloß nicht alles ernst, was er so von sich gibt", meinte die Vampirjägerin sofort und schielte mit einem stechenden Blick zum Vampir neben ihr, ehe sie wieder zu ihren Freunden blickte. "Eigentlich ist er ein entfernter Verwandter meinerseits, der kurzfristig hierhergezogen ist und na ja... ich wusste bis vor ein paar Tagen auch nicht, dass er existiert, aber da meine Mutter und ich hier die einzigen Bekannten seinerseits sind, muss ich mich die erste Woche ein wenig um ihn kümmern...!"

Er legte mit einem Schmunzeln den Kopf schief und erwiderte ihren wütenden Blick gut gelaunt, während sie sich eine, in Aidens Ohren, wesentlich unwahrscheinlichere Geschichte zurechtlegte. Was war so unglaublich daran, dass ein junger Mann Interesse an ihr haben sollte? Das hätten ihre Freunde sicher geglaubt… Und den kleinen Jungen alias Logan hätte es geärgert, das sah Aiden deutlich. Aber Jane wollte es eben nicht hören, da war nichts zu machen. Immerhin ergab sich daraus die Gelegenheit, sie weiter zu ärgern, und sie konnte dank ihrer eigenen Lüge vor ihren Freunden nicht mal mehr etwas dagegen sagen.

Anscheinend waren diese sich nicht wirklich sicher, ob sie das glauben sollten - und das bemerkte die Brünette, weshalb sie Aiden mit sich zog und sich beim Gehen an die Clique wandte.

"Na los! Kommt schon! Wir wollten doch was essen gehen! Immerhin ist Mittag und einige von uns haben wenig Zeit!", rief sie, während sie eilige Schritte ging. Jedoch blickte sie kurz darauf wieder zum Vampir und presste mit zusammengebissenen Zähnen Folgendes hervor: "Na warte... wenn wir wieder alleine sind, werde ich dir höchstpersönlich die Kehle durchschneiden! Dass du so etwas meinen Freunden erzählst!"

Aiden folgte artig durch das Gewühl von Studenten. "Du planst also schon, wieder mit mir alleine zu sein? Wie reizvoll", schnurrte er zwinkernd und bedauerte sehr, dass sie die Hand von seinem Arm nahm.

Ohne nochmals zurückzublicken, ließ die junge Frau dann auch den Arm des Vampirs los, ehe sie direkt den Ausgang des Gebäudes ansteuerte und in die Richtung eines kleinen, naheliegendes und italienischen Bistros ging. Er überlegte, ob er mit der Gruppe essen gehen sollte, als er ins Freie trat und wiederwillig gegen die Sonne blinzelte. Zwar schmerzte das Licht ihn nicht wirklich, aber angenehm war es auch nicht, also setzte er eine Sonnenbrille auf.

"Aber du hättest nicht unbedingt sagen müssen, wir seien verwandt. Das könnte ein falsches Licht auf unsere Beziehung werfen!", rief er ihr noch neckend nach, als sie davon stapfte. Scheinbar schienen Janes Freunde seine Anwesenheit zu akzeptieren, denn sie schlossen zu ihnen beiden auf und plauderten ungezwungen, bis sie bei dem kleinen Restaurant ankamen.

Aiden blieb vor der Tür stehen und lächelte unverbindlich jeden an, bis sein Blick an Jane hängen blieb. Sie sah immer so grimmig aus… Aber das lag wohl ausschließlich an ihm, hoffte er zumindest. Ein so junger Mensch sollte nicht so bitter sein. "Ich habe leider noch etwas vor und kann euch keine Gesellschaft leisten. Aber euch wünsche ich einen schönen Tag. Wir sehen uns sicher wieder", fügte er mit intensiverem Blick auf die Vampirjägerin hinzu.

Aiden wäre gerne bei den Kindern geblieben, alleine schon, um Jane zu ärgern, doch es würde auffallen, dass er weder aß noch trank, vielleicht noch nicht heute, aber falls er diese Menschen ab und zu sah, würden sie es merken. Außerdem war er verabredet und er hasste Unpünktlichkeit.

Während die Studenten eine entspannte Mittagspause beim Italiener verbrachten, ging Aiden weiter seinen Recherchen bezüglich Jane und ihrem ominösen Nebenjob nach.

Er suchte eine Reinblüterin auf, die angeblich Verbindungen zum Vampirjäger-Orden hatte, doch die Lady war nicht erfreut über den unangekündigten Besuch; Es war äußerst schwierig, sich mit ihr zu unterhalten, während sie versuchte, Aiden die Arme auszureißen. Im Gegensatz zu Jane hatte sie dabei nämlich ganz gute Chancen, obwohl er der Ältere und somit grundlegend Stärkere war; Miss Venice Succi wusste sich durchaus zu verteidigen.

Der Auseinandersetzung fiel nicht nur Aidens Unversehrtheit zum Opfer, sondern auch ein Teil des Mobiliars der Italienerin. Die würde noch Spaß mit der Polizei haben, während ihr unerwünschter Besucher schon auf dem Weg zurück zu seinem Doppelleben als Student war. Leider ohne die gewünschten Informationen, dafür aber noch im Vollbesitz seiner Gliedmaßen. Das verbuchte er als Erfolg.

Aiden tauchte etwas verspätet in der Vorlesung auf, und er sah recht mitgenommen aus, als er sich wie selbstverständlich auf den Platz neben Jane niederlies. Sein sowieso schon wildes Haar stand ab und er hatte Kratzer an den Armen. Das Veilchen am rechten Auge sah man nicht, weil er nach wie vor die Sonnenbrille trug. Ein paar Studenten warfen ihm neugierige, erschrockene Blicke zu, die der Vampir jedoch nicht beachtete.

"Ich hoffe, ihr habt gut gegessen?", fragte er Jane beiläufig, während er ein paar Sachen auf seinen Tisch legte.

Zunächst schien seine Sitznachbarin ihn ignorieren zu wollen, doch als zu vernehmen war, wie einige um sie herum zu tuscheln begannen, runzelte sie leicht die Stirn und riskierte doch einen Blick. Überrascht weitete sie die Augen und hätte er es nicht besser gewusst, hätte Aiden sich für eine Millisekunde sogar eingebildet, so etwas wie Sorge in ihnen aufblitzen zu sehen.

Als hätte sich in ihren Augen gespiegelt, wie unmöglich er aussah, fuhr er sich mit den Fingern durch das Haar, das danach zwar immer noch verwuschelt war, aber zumindest nicht mehr aussah wie frisch aus einem Wirbelsturm. Mehr Aufwand machte er sich morgens nach dem Duschen auch nicht mit seinem Aussehen, aber jetzt, wo Jane neben ihm saß, wurde ihm sein Äußeres übermäßig bewusst.

Er rollte die hochgekrempelten Ärmel seines grauen Pullovers über die zerschundenen Arme, als er ihren Blick darauf spürte, und lächelte sie unbefangen an. "Manche von uns..." - sie wusste sicher, was er meinte - "mögen Besuch wohl nicht so gerne.“

"Was zum Teufel hast du getan? Dich mit ... dieser Person angelegt?", wollte die junge Frau leise zischend wissen.

Er runzelte leicht die Stirn. "Ich habe mich nicht mit ihr angelegt, ich wollte mit ihr reden... Und du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass sie herkommt. Sie war ohnmächtig, als ich ging."

Aiden lächelte gleichgültig: Da weibliche Vampire, anders als Menschenfrauen, nicht schwächer waren als die männlichen, galt die Höflichkeitsfloskel: 'Man schlägt keine Mädchen!' Bei ihnen nicht. Normalerweise mochte Aiden solche Gewalttaten zwar nicht, aber er hing zu sehr an seinen Armen, als das er die Vampirin hätte gewähren lassen.

"Ich wollte mich bei ihr über deinen... Job erkundigen", erklärte er mit dem üblichen missbilligenden Ton. Ihm wäre es immer noch lieber, Jane wäre Kellnerin oder etwas ähnlich triviales, Ungefährliches.

Da sie nicht weiter darauf einging, sondern nur die Augen verdrehte, wechselte er das Thema: „Was habe ich verpasst?", erkundigte er sich dann, und warf einen Blick auf Janes Notizen, um gelangweilt ebenfalls mitzuschreiben. Ihm war es zwar egal, ob er irgendwelche Prüfungen bestand - er hatte schon genug Berufe gehabt - aber wenn er schon mal da war, konnte er es ja versuchen.

"Finanzen und Kapitalanlegung", erwiderte sie auf seine Frage bezüglich des Seminars hin, ehe sie wieder nach vorne blickte und damit begann, weiterzuschreiben. "Wenn du schon meinen Stundenplan kopierst, dann solltest du ihn dir wenigstens einmal ansehen, damit du weißt, wo du landest", fügte die Vampirjägerin leise hinzu.

"Das werde ich, aber bisher war ich zu sehr mit stalken beschäftigt" Als er grinste, spannte sein Auge und er zuckte leicht zusammen. Das war wohl das berühmt-berüchtigte Karma...

Eine einschläfernde Ewigkeit später verließen sie den Hörsaal. Aiden, der Jane etwas Vorsprung gab, strecke sich, wobei er seine zerkratzten Handgelenke musterte. Er würde wohl jagen gehen müssen. Und das würde Jane nicht gefallen, dachte er mit einem Blick auf die junge Frau.

Jane wandte sich erst an ihn, als sie beim Wagen ankamen und sie ihre Tasche auf die Motorhaube abgestellt hatte. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und blickte den jungen - oder vielmehr alten - Mann vor sich an.

"Du meintest gestern, dass du 'ein Teil meines Lebens' sein möchtest, nicht wahr?", begann die Brünette langsam und bezeugte damit, dass sie ernsthaft über seine Worte vom Vorabend nachgedacht hatte. "Wie... darf ich das verstehen? Was meinst du damit genau?"

Er überlegte eine Weile, weil er es so offensichtlich gefunden hatte, dass er noch keinen genauen Wunsch formuliert hatte. "Fürs erste wäre es nett, wenn du aufhören würdest, davon zu sprechen, mir etwas auszureißen", begann er leichthin.

Schwer seufzend massierte die junge Frau dann auch mit einer Hand ihre Schläfe. "Es ist mein Job, solche Kreaturen wie dich auseinander zu nehmen und zu töten. Da kannst du nicht von mir erwarten, dass ich dich anders behandle, nur weil du anscheinend deinen Spaß hast, mich zu stalken und mir versicherst, dass du keinen Unfug anstellst", erwiderte die Brünette.

"Kreaturen", wiederholte er nachdenklich. "Was genau meinst du damit eigentlich? Meinst du die von uns, die gegen ihren Willen verwandelt wurden - Die keine Wahl hatten? Die von uns, die so geboren wurden - Die keine Wahl hatten? Oder meinst du nur die von uns, die es tatsächlich genießen, zu Morden, die sich aussuchen, ein Monster zu sein und von denen es unter euch Menschen auch genug gibt?"

Er sah sie gelangweilt an, was bei ihm Verärgerung ausdrückte. Janes stereotypisierende Meinung über Vampire störte ihn schon die ganze Zeit; Hätte ein Mensch so über eine Person anderer Hautfarbe gesprochen, würde das als rassistisch gelten. Außerdem klang sie für jemanden, der sich mit Vampiren auskannte, ungebildet und bäuerlich und das war ein Gedanke, den Aiden nicht mit Jane in Verbindung bringen wollte.

"Letzteres vor allem", erwiderte die Brünette schlicht, womit dieses Thema wohl beendet war. "Du brauchst mich nicht zu belehren. Ich weiß, dass es bei uns Menschen genug Mörder gibt, die manchmal sogar widerwärtigere Dinge tun. Ich habe aber auch nie von mir aus behauptet, dass ich solche Menschen gutheiße oder nicht hasse", fügte die Brünette hinzu, als sie sich die Haare hinters Ohr strich.

Es war nicht zu übersehen, dass es ihr egal war, ob Vampire eine Wahl hatten. Nun, genau genommen hatten sie wohl auch die Wahl, einfach zu sterben, gab er ihr gedanklich mit einem sehr schmalen Lächeln Recht. Sagen tat er etwas anderes, denn er war noch nicht fertig mit seiner Belehrung:

"Und du nimmst es als Kollateralschaden hin, Unschuldige zu töten? Das ist sehr töricht und arrogant" Dass er mit einem solchen Tadel etwas erreichte, erwartete er gar nicht, aber immerhin unterhielt sie sich jetzt schon seit fünf Minuten mit ihm, ohne einen Wutanfall zu bekommen, das war doch schon mal was. "Ich habe außerdem das Gefühl, dass du mit zwei Maßstäben misst - Immerhin jagst du keine menschlichen Mörder, nicht wahr? Deswegen belehre ich dich sehr wohl", widersprach er gelassen. "Du meinst wahrscheinlich, dass du einen guten Grund für deine Taten hast, aber ist dir schon mal der Gedanke gekommen, dass jeder Mörder so denkt? Wir denken, dass wir ein Recht auf Leben haben" - Er lächelte, weil das etwas ironisch war, wenn man von Untoten sprach - "Ein Dieb, der sein Opfer tötet, denkt, er habe ein Recht auf die Beute… Sogar Hitler dachte, er habe ein Recht auf die Welt, nicht wahr?" Er schnaubte amüsiert über so viel ignorante Dummheit, die jedem Lebewesen mit einem Bewusstsein gleich zu sein schien.

"Dass ich eine Mörderin bin und in der Hinsicht sogar auch ähnliche Gedankengänge wie einige Verbrecher haben könnte, streite ich nicht ab", erwiderte die junge Frau erschreckend schlicht, wobei man ihr ansah, dass sie eigentlich keine Lust hatte, ausgerechnet mit einem Vampir über die Ethik ihres Berufes zu sprechen. "Jedoch kann selbst diese Erkenntnis mich nicht davon abhalten, so weiterzuleben, wie bisher. Sollte ich - nachdem ich mein Ziel erreicht habe - dafür irgendwie zur Rechenschaft gezogen werden, dann werde ich das ohne zu Murren hinnehmen."

Er nahm stark an, dass der einzige Richter über Jane sie selbst war - Oder eine der ihr so verhassten "Kreaturen", der sie unterlegen war. Dass es irgendwann so kommen würde, stand für ihn gar nicht zur Debatte; Aiden hatte schon viel gesehen, das seinesgleichen im Blutwahn angerichtet hatte. Es gab Vampire, die im Blut badeten, weil sie dachten, das würde sie stärken, es gab jene, die Säuglinge bevorzugten, es gab solche, die das Jagen zu einer regelrechten Kunst entwickelt hatten und ihre Opfer quälten, sobald sie sie in ihrer Gewalt hatten. All die verrückten Dinge, die Menschen taten, bloß in schneller, stärker und grausamer, perfektioniert durch Jahrhunderte an Erfahrung und Langeweile. Und mittendrin war sie - Jane. Der Gedanke war beängstigender, als er angesichts der Tatsache, dass sie sich nicht kannten, hätte sein dürfen.

Der volle Parkplatz der Universität war jedoch kaum der richtige Zeitpunkt, sie von einem anderen beruflichen Werdegang zu überzeugen, also neigte Aiden schicksalsergeben den Kopf. "Die Diskussion ist nicht beendet", kündigte er an.

Sie waren von Janes eigentlicher Frage abgekommen, weshalb das Gespräch wohl ebenfalls noch nicht beendet war. Weil er das Gefühl hatte, es wäre höflicher bei so einem direkten Gespräch, nahm er die Brille ab und zeigte ihr sein zerschundenes Gesicht, woraufhin sich leicht zusammenzuckte. Wegen ihr sah er jetzt so aus, aber das war ihm gleich.

"Um auf deine Frage zurückzukommen… Ich würde dich gerne kennenlernen.“

"Kennenlernen… Du hast ohne Probleme herausgefunden, wie mein Stundenplan aussieht, wer meine Freunde sind, wo ich wohne und wie meine Familienverhältnisse sind... Ich denke wohl kaum, dass du mich da noch weiter 'kennenlernen' kannst", entgegnete die Vampirjägerin und Aiden merkte, wie sie erschauderte. Irgendwie verständlich, dass ihr der Gedanke, dass ein Fremder derart viel über sie herausfinden konnte, nicht gefiel.

Viel interessanter fand er aber etwas anderes, und das sprach Aiden direkt an: "Es ist beunruhigend, dass du meinst, jemand würde dich kennen, weil er deinen Stundenplan kennt, Jane", sagte er streng.

Sie gab sich zwar selbstbewusst, aber vielleicht sollte sie nochmal ihr Selbstbild überdenken. Andererseits war sie natürlich sehr jung und sehr auf die Aufgabe fixiert, die sich selbst ausgesucht hatte, wahrscheinlich war es schwer für sie, sich selbst noch hinter der "Jägerin" zu sehen, die sie zu sein beschlossen hatte.

"Ich möchte wissen, was du machst, wenn du dich nicht gerade in Todesgefahr begibst. Ist dieses Studium absichtlich so langweilig, um deine nächtlichen Abenteuer auszugleichen? Woher weißt du von meiner Art? Warum hasst du Vampire so sehr - uns alle", endete er, zum ersten Mal ernst, wobei er ihr tief in die Augen sah, als könne er darin die Antworten lesen.

"Diese Fragen beantworte ich nicht. Das ist ein privates Thema", meinte Jane schlicht, wobei für einen kurzen Moment eine Spur von Trübsinn in ihren Augen aufblitzte. Man konnte erahnen, wie nah ihr das ging und wie schwer es ihr fiel, darüber zu sprechen und Aiden beschloss, sie – Für den Moment – Damit in Ruhe zu lassen.

„Gut. Ich will auch gar nicht, dass du mir einfach so vertraust – Das wäre im Gegenteil sehr dumm“, fügte er mit einem kleinen Lächeln hinzu. Sie wussten beide, dass er gefährlich sein konnte, wenn er es darauf anlegte. „Alles, was ich von dir will, ist, was du mit diesen jungen Leuten, deinen Kommilitonen, hast, nichts weiter. Was ist an diesem Gedanken so beunruhigend? Du bist eine schöne, interessante junge Frau, wieso überrascht es dich, dass ein Mann dich kennenlernen möchte?"

Sie erstarrte eine Sekunde lang, als hätte er ihr eine unglaubliche Neuigkeit erzählt. Sie schien seinen schlichten Wunsch, sie kennen zu lernen, äußerst unverständlich zu finden, aber sie zog es vor, nichts mehr dazu zu sagen, sodass auch Aiden das Thema fallen ließ. Unter normalen Umständen sagte man so etwas natürlich nicht, es war offensichtlich, aber Jane schien die Möglichkeit, dass er mit ihr befreundet sein könnte, für so abstrus zu halten, dass er es eben aussprechen musste. Zudem hatte sie gefragt, was hätte er machen sollen, als zu antworten?

Um sich wieder zu fangen, schloss die junge Frau für einen Augenblick die Augen und atmete ein paar Mal tief durch. Dementsprechend änderte sie auch das Thema und musterte ihn misstrauisch. "Was wirst du gegen die Wunden tun? Du wirst wohl kaum jagen und einen Menschen töten, um Blut zu erhalten, oder?", wollte sie wissen, wobei man schon hörte, dass sie das nicht freiwillig zulassen wollte.

Aiden lächelte, denn ihre Vermutungen trafen den Nagel auf den Kopf. "Hm, du könntest mir natürlich auch freiwillig etwas von deinem Blut geben, Jane…", schnurrte er, jetzt wieder in dem spielerisch-herausfordernden Tonfall, den er ihr gegenüber normalerweise anschlug.

"Als ob. Steig ein. Ich besorg dir Blutkonserven", meinte die Jägerin schlicht, ehe sie ihre Tasche schnappte und auch schon in den Wagen stieg.

Ihr Angebot kam zugegebenermaßen sehr überraschend. Blutkonserven? Er hatte zwar schon davon gehört, dass ein paar Artgenossen es vorzogen, auf diese Art zu trinken, aber er selbst hatte es noch nie in Betracht gezogen.

Trotzdem stieg er zu Jane und schnallte sich an, wobei er sie angrinste. "Ist das jetzt eine Einladung zum Essen?", fragte er scherzhaft, doch da führte sie schon ein recht absonderliches Telefonat, bei dem sie ihre Mutter dazu anhielt, mit ein paar Blutkonserven vor dem Krankenhaus zu waren. Interessante Beziehung hatten die beiden da am Laufen, dass die Ältere nicht mal nachfragte, für was ihre Tochter Blut benötigte.

"Warum greifst du mich nicht an, wo ich geschwächt bin, sondern möchtest mich stärken?", erkundigte er sich gelassen; Mit einer Attacke hatte er fast sicher gerechnet, sobald sie alleine waren. Andererseits waren sie jetzt unterwegs zu einem unbekannten Ziel, vielleicht zu einem verlassenen Waldstück. Der Anruf konnte ja auch nur zum Schein gewesen sein.

Als sie dann bei einer roten Ampel hielt, blickte sie auch kurz zum Vampir, der angeschnallt auf dem Beifahrersitzt saß. "Nimm es einfach hin. Ansonsten werde ich dich wirklich angreifen und die Blutkonserven einfach wieder zurückgehen lassen", meinte die Brünette nur, ehe sie wieder nach vorne blickte und wieder auf das Gaspedal drückte.

"Jaaa, weil ich mir auch nicht anders etwas zu trinken besorgen kann", erwiderte er höchst amüsiert. Er ging mit ihr, weil er das wollte, nicht, weil sie ihn dazu zwang, da unterlag sie offensichtlich einem Trugschluss.

"Aiden“, sprach die junge Frau mit Nachdruck, wobei sie ihn zum ersten Mal beim Namen nannte. "Solange du mit mir zu tun hast, wirst du keinen Menschen töten."

Es war, als hätte sein Name auf ihren Lippen ihm das Lächeln von seinem genommen. Für den Moment wurde er ernst und musterte sie nachdenklich, dann nickte er folgsam. Dass sie nicht wollte, dass er tötete, war Anbetracht ihrer Rasse und ihres Berufes nur zu verständlich, und da er tatsächlich vorhatte, näher mit ihr zu tun zu haben, würde er sich wohl oder übel ihren Regeln beugen müssen. Und seltsamerweise… Wollte er das sogar.

Sie knirschte kurz mit den Zähnen und ihre Augen verengten sich, als sie weiterfuhr. „Außerdem steckt mehr dahinter, dass du hier sein darfst, als du denkst - auch wenn mir das nicht ganz lieb ist. Ich tue das, weil ich dich wahrscheinlich noch benötige", kam es dann auch eher etwas zähneknirschend über ihre Lippen, bevor sie mit dem Wagen vor einem Krankenhaus parkte.

"So? Wirst du das?", fragte er, denn sie klang, als wäre er ein Werkzeug. "Und darf ich fragen, wofür?"

Irgendwie hätte er sich wohl denken können, dass sie nicht völlig ohne Grund Essen auf Rädern für ihn spielte. Auch die Tatsache, dass sie ihre Messer nicht mehr gezückt hatte, hätte ihm auffallen können.

Aiden konnte sich vorstellen, wie sehr es ihr gegen den Strich gehen musste, irgendwie von ihm abhängig zu sein und er fragte sich, was ihr wichtig genug sein konnte, um das auch noch offen zuzugeben. Neugierig sah er die Auffahrt zur Notaufnahme hoch, wer denn da runterkommen würde - Denn er ging schwer davon aus, dass er in Janes Gegenwart nicht ins Krankenhaus gehen durfte.

"Erklär ich dir später. Warte hier", wies sie ihn an, ehe sie kurzerhand ausstieg und im Krankenhaus verschwand und ihn alleine in ihrem Wagen ließ.

Aiden, den ihr ganzes Verhalten ziemlich irritierte, sah sich im Fahrerraum um und ließ die Finger über das gepflegte Armaturenbrett des Audi gleiten. Zur Not konnte er zwar fahren, aber er tat es äußerst ungern, und weil er sich in dem Auto ziemlich unwohl fühlte, stieg er zum Warten aus und lief ein wenig auf und ab, wobei er die Sonnenbrille wieder aufsetzte. Andernfalls hätte ihn mit seinem demolierten Gesicht wahrscheinlich noch eine besorgte Schwester eingeliefert. Allzu lange blieb Jane jedoch nicht weg; schon eine Viertelstunde später kam sie mit einem ungewöhnlichen Päckchen zurück, auf dem Rücksitz verstaute.

Trotz des Plastiks konnte Aiden das Blut in den Konserven riechen, und seine Zähne drückten ihm gegen die Lippen. Nur mühsam riss er die Gedanken davon los und richtete die Aufmerksamkeit wieder auf das Mädchen, neben das er sich wieder ins Auto setzte und das ihm einen schmuddeligen Zettel reichte, den er neugierig studierte. Darauf war ein Siegel und eine bereits verblassende Schicht Tinte, in der einige Worte aufgeschrieben waren. Jane musste ihn schon einige Zeit mit sich herumschleppen und immer wieder betrachtet haben, denn er war öfter gefaltet und abgegriffen.

"Es ist ein Auftrag den ich erledigen will, nur scheitere ich an den Bedingungen", erklärte die Brünette.

Diese Bedingungen besah Aiden sich jetzt genauer. Als Voraussetzung wurde erwähnt, dass man den Auftrag nur annehmen durfte, wenn man mindestens ein Rang 9 Vampirjäger war oder einen Vampir als Partner hatte. Da sie recht offensichtlich keinen Partner hatte – Das sollte ja schließlich Aiden werden – war davon auszugehen, dass sie noch nicht den entsprechenden Rang erreicht hatte.

Den Teil mit der Zusammenarbeit von Jäger und Vampir fand Aiden jedoch wesentlich spannender. Genau diese war nämlich der Grund, aus dem Miss Succi so wütend auf ihn reagiert hatte; ihr Sohn hatte genauso einen Pakt mit einem Jäger geschlossen, nachdem seine Freundin von einem anderen Vampir ermordet worden war. In der Gesellschaft der Unsterblichen war es praktisch unmöglich, sich für etwas derartiges zu rächen, ohne einen Krieg zwischen den Familien anzuzetteln, und da der Vampir Gerechtigkeit für den Tod seiner Geliebten wollte, hatte er sich der einzigen Organisation angeschlossen, die Untote zur Rechenschaft ziehen konnte; der Jägerzirkel. Natürlich war die besorgte Mutter nicht begeistert und da sie dachte, Aiden hätte etwas damit zu tun, war sie auf ihn losgegangen - Außerdem hatte sie es wohl nicht geschätzt, dass ein Unbekannter in ihr Jagdrevier eingedrungen war.

Er las weiter und kam zum eigentlichen Auftrag, bei dem es sich um die Ergreifung genau eines solchen Vampirs handelte, von denen er gerade gedacht hatte, Jane vor ihnen beschützen zu müssen; ein Psychopath, der Menschen in der Sicherheit ihrer Häuser tötete. Noch dazu spielte er dabei offensichtlich mit den Leichen, denn laut der Beschreibung waren die Tatorte stets blutgetränkt. Es gab sogar eine Skizze mit der ungefähren Beschreibung des Aussehens des männlichen Vampirs.

Noch während Aiden den Zettel durchlas, schnallte sich Jane an und fuhr den Wagen raus, damit sie sich an einem ungestörteren Ort unterhalten konnten und er endlich das Blut zu sich nehmen konnte. Natürlich hatte sie ihm das Blut nicht direkt auf dem Parkplatz geben können, das hätte die Patienten sicher irritiert. Trotzdem war der Geruch, der das Auto langsam füllte, überaus ablenkend für den Vampir. So schlug die junge Frau während der Fahrt die Richtung des Waldes an, sodass sie nur wenige Minuten später auch schon am Waldrand ankamen und sie dort den Wagen abstellte.

"Der Beschreibung nach zu schließen, würde ich sagen, es ist ein sehr alter Vampir oder ein sehr wütender", sagte er langsam, blickte kurz von dem Blatt zu Jane. "Du willst ihn jagen?“

"Nein, ich möchte mit ihm spielen", erwiderte sie ironisch auf seine Frage hin, ehe sie die Augen verdrehte.

Aiden musterte sie amüsiert. Die Taktik, mit der sie um Gefallen bat, war… Nun, unorthodox. „Was ich meinte, war, dass du willst, dass ich dir helfe, obwohl ich dir mehrmals gesagt habe, dass ich es nicht gutheiße, dass du die Jägerin spielst? Wirklich?" Sachte legte er das Blatt auf das Armaturenbrett, als würde sich sonst noch jemand daran verbrennen.

Sie fing sich wieder und räusperte sich, während sie die Arme verschränkte. "Also... ja. Ich würde ihn gerne jagen, wenn ich denn dürfte und könnte", korrigierte sich die Brünette, wobei sie sich sichtlich Mühe gab, höflich zu klingen.

Sie bildete sich wohl ein, durch Höflichkeit mehr Chancen darauf zu haben, ihren Willen durchzusetzen, und obwohl das nicht so war - Er war nicht anfällig für Schmeicheleien, dazu war er schon zu lange im Geschäft. Jedenfalls konnte er es ausnutzen, um ein bisschen mehr aus ihr rauszubekommen. Zudem musste er wohl wissen, worauf er sich einließ, wenn er denn mitmachte.

"Ich verstehe. Und warum muss es ausgerechnet dieser Auftrag sein, für den du offensichtlich noch nicht qualifiziert bist?", erkundigte er sich.

"Warum ich diesen Auftrag unbedingt erledigen will, kann ich dir nicht genau sagen. Ich hoffe du kannst es akzeptieren, wenn ich dir sage, dass es aus privaten Gründen ist und ich damit etwas herausfinden will", sprach Jane langsam und eher leise, aber nicht so grob abweisend wie sonst.

Natürlich steckte mal wieder eines ihrer tausend Geheimnisse hinter diesem Auftrag, sodass sie ihm nicht sagen wollte, warum sie ihn überhaupt wollte. Was hatte er sich auch dabei gedacht, überlegte er selbstironisch, zu fragen, warum genau er sich und sie in Lebensgefahr bringen sollte. Dieser Verrückte war nicht zu unterschätzen, das konnte man schon der Jobbeschreibung entnehmen.

Allerdings akzeptierte Aiden fürs erste Janes Geheimniskrämerei. Sein Blick fiel ins Wageninnere zu dem Zettel. Stufe 9… "Was bedeuten diese Stufen? Und auf welcher bist du?"

"Diese Stufen, respektive die Ränge zeigen an, wie stark und qualifiziert ein Vampirjäger ist, beziehungsweise, wozu er fähig ist. Je tiefer die Stufe ist, desto schwierigere Aufträge kann man annehmen und auch das Ansehen und die Belohnung ist dementsprechend höher", erklärte die junge Frau in Ruhe, da sie wohl einsah, ihn ohne ein paar Informationen nicht für ihre Sache gewinnen zu können. "Rang 50-Jäger sind die Schwächsten und Rang 1-Jäger die Stärksten. Ich befinde mich momentan auf der 12. Stufe."

„Mhm… Und wonach ist es gestaffelt, wie qualifiziert ein Jäger ist? Kampfkraft und Erfahrung? Und was für Aufträge bekommen dann die Anfänger? Kinder zu töten?" Andererseits wäre das, in Anbetracht der Mütter, wohl eher ziemlich gefährlich, immerhin hatten die eine Ewigkeit Zeit, sich zu rächen.

"Kampfkraft und Erfahrung sind zwei dieser Messlatten. Dazu kommen auch erfüllte Aufträge und Prüfungen. Es kommt nicht selten vor, dass man vom Hohen Rat zu einer Prüfung einberufen wird, bei der man sein Können unter Beweis stellen muss. Dabei kann es auch gut sein, dass man zurückgestuft wird.", erklärte die Brünette weiter, während sie ihren Sicherheitsgurt löste um eine der Blutkonserven vom Rücksitz holte, um dieses dann dem Vampir auch gleich in die Hände zu drücken.

Der Beutel fühlte sich unnatürlich und glitschig an in seiner Hand und entlockte ihm doch ein leises Knurren, weil der Blutgeruch so intensiv von ihm ausging. Er blinzelte ein paar Mal, bis es wieder ging, dann lächelte er Jane an.

"Danke. Du hast nicht zufällig ein Glas?", erkundigte er sich scherzhaft (Sie gab wie auf die meisten seiner Witze keine Antwort) und stieg aus, wobei er sich neben der geöffneten Tür ans Auto lehnte, um weiterhin mit ihr sprechen zu können. Er wollte einfach nicht neben ihr sitzen, wenn er trank, das kam ihm unschicklich und sogar recht gefährlich vor. Blieb nur zu hoffen, dass sie sitzen blieb, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass sie unbedingt zusehen wollte. Er schraubte den Verschluss ab, musterte amüsiert sein ungewöhnliches Trinkgefäß und sagte: "Auf dein Wohl", bevor er einen Schluck nahm. Fast augenblicklich fühlte er sich besser. Wie immer am Tag war er nicht im Vollbesitz seiner Kräfte, aber die Wunden heilten, langsam, wahrscheinlich, weil es kein frisches Blut war. Es schmeckte etwas eigenartig, wohl wegen dem Plastik, aber er würde sich nicht beschweren, jetzt gab es sowieso wichtigeres zu besprechen.

"Zurückgestuft? Ich nehme an, dir ist das noch nie passiert?", führte er ihr Gespräch fort.

"Natürlich nicht", erwiderte die junge Frau sofort und wie aus der Kanone geschossen, als habe er sie tödlich beleidigt, was den Vampir leicht grinsen ließ.

Scheinbar reichte es Jane jetzt auch, denn sie beendete die kleine Fragestunde, indem sie ihn zu überreden versuchte: "Sieh es doch so: Wenn du mitkommst, kannst du aufpassen, dass ich keine Dummheiten anstelle und dass mir nichts geschieht.“

"So, wie ich das sehe, kannst du ihn überhaupt nicht jagen und dich in Gefahr begeben, wenn ich dich nicht begleite. Also wärest du sicherer, wenn ich nein sagen würde", überlegte er trotz besseren Wissens. Da er davon ausging, dass sie letztendlich diesen Vampir mit oder ohne Auftrag jagen würde, war seine Entscheidung eigentlich schon gefallen. Er spielte einfach gerne.

Und sie machte jetzt ihren Einsatz. "Was hältst du von einem Deal? Wenn du mir hilfst, werde ich nicht mehr versuchen, auf dich loszugehen und... dich als einen meiner 'Kommilitonen' anerkennen - natürlich nur solange du keine Gefahr für meine Mitmenschen darstellst."

Er sah Weile schweigend in den Wald und trank einen Schluck. "Ich BIN offiziell dein Kommilitone, Jane, ob dir das gefällt oder nicht.", sagte er dann unberührt; Immerhin war er eingeschrieben, das machte ihn zu einem Studenten, unabhängig von seiner Ernsthaftigkeit. "Und falls es dir noch nicht aufgefallen ist, sind deine kleinen "Überfälle" bisher immer fruchtlos geblieben."

"Das ist mir mehr als bewusst", stellte Jane klar. "Ich habe mich vielleicht ein wenig missverständlich ausgedrückt. Was ich damit sagen wollte, war: Du wolltest ja 'ein Teil meines Lebens' sein und das haben, was ich mit meinen Freunden habe, nicht wahr? Ich biete dir an, dass wir so etwas wie… uhm.. nicht gerade Freunde, aber vielleicht... 'gute Bekannte' werden? Ich würde dich nicht mehr als Feind betrachten, sondern einfach als jemanden, den ich besser kenne und auch versuchen, dir gleich an die Gurgel zu springen, wenn du mit mir sprichst oder Ähnliches."

Er lachte, doch ihr Angebot klang überaus verführerisch. Der Haken war nur, dass sie zwar sagen konnte, sie würde ihn akzeptieren, es aber im Inneren doch nicht tat, also hätte er überhaupt nichts gewonnen und sie wäre trotzdem in Gefahr. Schwierig.

Inzwischen war die Konserve geleert und er griff in den Wagen, um die zweite zu nehmen. Dabei schlug im Janes Duft wie eine Wand entgegen, die ihn für einen Moment innehalten ließ. Das Blut hatte ihn rastlos gemacht; Er wollte laufen, sich bewegen und dann saß sie da, ganz ruhig. Es wäre so einfach gewesen. Er hätte ihr sogar einen Vorsprung geben können, aber sie wäre sicher nicht weggelaufen… Oh nein, Jane hätte gekämpft, bis das Adrenalin ihr Blut noch süßer gemacht hätte…

Rasch ließ er die Konserve fallen und machte ein paar Schritte vom Auto weg, den Blick starr auf einen Baum gerichtet, aus dem gerade panisch kreischend ein paar Vögel flüchteten. Er musste auch hier weg, und zwar schnell.

"Alles in Ordnung?", wollte die Vampirjägerin aus dem Wageninneren wissen.

Natürlich bemerkte Jane, dass er auf Abstand ging, sie war ja geschult darin, ihre Umgebung genauestens im Auge zu behalten. Diesmal war es an ihm, nicht zu antworten, wenn er es auch im Gegensatz zu ihr mit einem unbekümmerten Lächeln und einem Nicken tat. Er würde sicher nicht ihre soeben erst gefundene Ruhe, was ihn anbelangte, zerstören, indem er ihr sagte, was sie in ihm auslöste… Dass er sie jagen wollte, stellen, auf den Boden drücken, spüren, wie ihr Widerstand schwächer wurde, während das Gift in ihren Körper träufelte.

Aiden hatte die Augen geschlossen, öffnete sie aber wieder, als er leise Janes Herzschlag hörte. Sie war so ruhig, ahnte wohl nichts von seinen Gedanken, blieb aber zum Glück trotzdem im Auto und er zwang sich, sehr flach zu atmen, den Blick jetzt konzentriert auf eine Ameise gerichtet, die ein Blatt an ihm vorbei zerrte. Es war ein Fehler, alleine mit ihr so weitab von Menschen zu sein, und er nahm sich vor, das nie wieder zu riskieren.

"Ich muss darüber nachdenken", sagte er beherrscht, noch immer, ohne sie anzusehen, noch immer auf dem Rückzug. Er hatte noch einige Fragen, er wollte nicht gehen, schaffte es auch nicht. In einiger Entfernung zum Auto setzte er sich auf den Waldboden, den Blick wie hypnotisiert auf die Beifahrertür gerichtet

"Was wären die Bedingungen für eine solche Zusammenarbeit? Der Zirkel lässt ja sicher nicht einfach ein paar Vampire auf seine Jäger los…“, redete er weiter, um sich von seinen eigenen Gedanken abzulenken. Nachdenklich rieb er eine Blutkruste von seinem Arm, unter der jetzt keine Wunde mehr lag. Er könnte eine Dusche vertragen, oder ein sehr langes Bad in einem sehr kalten Fluss.

"Wenn ich ehrlich bin, weiß ich das nicht so richtig. Immerhin hatte ich bisher noch nie eine solche... Partnerschaft und hatte auch nie vorgehabt, eine einzugehen. Ich weiß nur, dass ich dich wohl anmelden und mit dir gemeinsam im Zirkel auftauchen muss, um die Formalitäten zu erledigen. Darunter fällt, soviel ich weiß und gehört habe, auch ein Eid, den wir ablegen müssen", gab die Vampirjägerin ehrlich zu.

"Besonders viele Gedanken hast du dir aber um eine mögliche Partnerschaft noch nicht gemacht, wie es aussieht", stellte er fest, da sie keine Details kannte. Andererseits war die Wahrscheinlichkeit, einem wohlgesonnenen Vampir zu treffen, der auch noch bereit war, einen Pakt einzugehen, recht gering, deshalb war es wohl verständlich.

"Wie gesagt, ich hatte es nie in Erwägung gezogen, jemals mit einem Vampir zusammenzuarbeiten. Dementsprechend hatte ich nie einen Grund, mich darüber zu informieren. Solange ich keine Probleme hatte, war für mich alles in bester Ordnung", erwiderte die Brünette schlicht und mit den Schultern zuckend.

Sein Lächeln blieb, aber seine Beunruhigung und der Wunsch, zu gehen, wurden größer. "Es gibt also eine Anmeldung? Klingt ja sehr offiziell für einen Geheimbund.", spöttelte er trotzdem, ehe er mit wichtigeren Fragen fortfuhr. Er hatte jetzt keinen Kopf mehr für Humor. "Müssen eure Partner auch Prüfungen ablegen?", schoss es ihm dann durch den Kopf: Er hatte nicht wirklich Lust, sich vor irgendwelchen Menschen zu beweisen, denen er wahrscheinlich im Handumdrehen den Kopf umdrehen könnte.

"Ich habe noch nie davon gehört, dass die Vampire ebenfalls Prüfungen oder so ablegen mussten. Jedoch muss ich auch zugeben, dass ich mich nie darüber informiert habe. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass sich diese Kre...- diese Wesen ihre Kraft nicht unter Beweis stellen müssen. Wir wissen ja eigentlich nur zu gut, wozu ihr körperlich fähig sein könnt, wenn ihr wollt. Mich würde es jedoch nicht wundern, wenn sie euch irgendwie auf die Psyche testen würden. Immerhin hängt diese ja oftmals damit zusammen, ob ihr eine Gefahr für uns Lebenden darstellt", erwiderte die Brünette nachdenklich.

„Und was ist der Plan, wie gedenkst du, an den Vampir ranzukommen?"

"Ich dachte, ich würde ihm eine Falle stellen, indem ich den Lockvogel in einer verlassenen Wohnung gebe. Nach meinen Recherchen zu urteilen, schlug der Vampir immer in einem gewissen Bezirk zu. Das Ganze hat sich natürlich rumgesprochen und viele Familien haben die Häuser und Wohnungen fluchtartig verlassen, so dass es sicher kein Problem darstellen würde, da ranzukommen."

Bei ihrer Erklärung, was ihren sogenannten "Plan" anging, verschwand jeder Rest von Belustigung von seinen Zügen. Aiden starrte sie ausdruckslos an, dann sagte er: "Nein." Eine weitere Erklärung brachte er nicht heraus. Sie musste doch wissen, dass das völlig verrückt und inakzeptabel war, dieses dumme Mädchen.

"Fein. Ich werde mir was anderes überlegen, wenn du willst", seufzte die junge Frau leise, wobei er meinte, ein leises Schmunzeln aus ihrer Stimme herauszuhören. Sie fuhr sich durch die Haare und schaute in seine Richtung. "Darf ich fragen, wie lange du brauchen wirst, um dich zu entscheiden?"

Ihr Gespräch näherte sich seinem Ende - Wohl auch, weil er selbst immer angespannter war und immer weniger auf die Konversation einging - Und Aiden stand auf. Er klopfte sich den Staub von der Hose und erlaubte sich einen kurzen Blick auf Jane, wagte es jedoch nicht, ihr wieder näher zu kommen. Darüber, dass sie nicht weiter auf ihrer verrückte Idee beharrte, war er sehr erleichtert, denn angesichts der Brutalität der bisherigen Taten war davon auszugehen, dass Aiden ihr nicht mehr helfen könnte, wenn der andere Vampir sie alleine vorfand. Er hätte sich einfach zu weit weg verbergen müssen, damit der Killer ihn nicht witterte, als dass er schnell bei Jane hätte sein können. Außerdem gab es, wenn man an das Verhalten der Vampirin dachte, die er heute getroffen hatte, eine wesentlich einfachere Methode, den Mörder aus seinem Versteck zu locken. Aiden musste in seinem Revier jagen - Oder zumindest so tun. Da er sich aber noch nicht entschieden hatte, ob er nicht warten sollte, bis Jane tatsächlich auf eigene Faust losziehen würde und ihm somit nichts mehr anderes übrig bliebe, als einzugreifen, sagte er im Moment noch nichts von dieser Idee.

"Da du schon so lange gewartet hast, eilt es doch jetzt auch nicht, oder?", fragte er lächelnd, ehe er darüber nachdachte. "Vielleicht nächste Woche. Bis dahin kannst du ja schon mal versuchen, ob du dein Versprechen, mich nicht mehr wie einen Mörder zu behandeln, einhalten kannst. Wenn du das nämlich nicht kannst, müssen wir uns etwas Neues ausdenken…"

Er stockte, als sie sich weiter zur Beifahrerseite lehnte und ihr Haar im grünlichen Licht des Waldes schimmerte. Gott, wie es duftete… Seine Zähne schnitten in das dünne Fleisch seiner Lippen und sein ganzes Denken begann zu verschwimmen, bis er nur noch die Stelle sah, an der Janes Puls in ihrer Kehle pulsierte.

"Ich muss jetzt gehen, verzeih mir", beendete er ihre Unterredung dann recht abrupt, indem er mit einem Windhauch zwischen den Bäumen verschwand.

Normalerweise hätte Aiden sie nach Hause begleitet - Mit oder ohne ihre Zustimmung - Aber in seinem unruhigen Zustand lief er lieber in die andere Richtung, etwa zwei Stunden lang. Er war in einem Park ein Stück außerhalb der Stadt und ein bisschen außer Atem, als er endlich anhielt. Seine Rastlosigkeit war abgeflaut, trotzdem bekam er den Gedanken ans Jagen nicht wirklich aus dem Kopf. Aber er hatte keinen Durst und er weigerte sich, zu töten, nur um sich zu beruhigen.

Das war doch letztendlich die Frage, wenn er an eine Zusammenarbeit mit Jane dachte; Nicht, ob er sie vor anderen beschützen konnte, denn daran zweifelte er nicht. Sondern ob er sich selbst im Griff hatte. Er hatte schon mal jemanden getötet, der ihr Blut hatte, einfach, weil er die Kontrolle über sich selbst verloren hatte. Und dieser Mann war nicht schön wie die Liebe seines Lebens gewesen. Aiden holte tief Luft und fuhr sich mit beiden Händen durch das Haar, beließ die Finger dann im Nacken und sah eine Wiese hinab.

Wenn sie diesen Vampir wirklich jagten, würde Blut fließen und er würde kämpfen, seine Deckung aufgeben müssen. Natürlich widerstrebte ihm nichts mehr, als der Gedanke, Jane zu verletzen, aber was, wenn ihr doch etwas passierte? Was, wenn ihr eigenes Blut floss? Würde er dann an sich halten können? Und war sie sich der Gefahr überhaupt bewusst, in die sie sich bei so einer Vereinbarung begab? Bisher hatte er sich ihr gegenüber absolut nicht gewaltbereit gezeigt und sie hatte ihre erste Verteidigungshaltung weitestgehend aufgegeben, was ihn freute. Aber dabei hatte sie ja wohl nicht vergessen, was er war. Nein, sie hasste Vampire so sehr, das würde sie nie vergessen, und wenn er sie aus einem brennenden Haus zog.

Noch immer nicht sicher, was er tun sollte, beschloss er, sich erstmal abzulenken und zu tun, was Jane ihm geraten hatte; sich mit seinem Studium zu befassen. Befriedigender war das auch nicht, denn es langweilte ihn und war sehr kompliziert, aber er gab sich redliche Mühe und zwang sich, die halbe Nacht damit zu verbringen, bevor er sich für ein paar Stunden hinlegte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  diamondgirl
2017-04-17T18:18:45+00:00 17.04.2017 20:18
Also hat Aiden ihren Vater getötet? Die Story bekommt ja immer mehr Dramapotenzial! Vor allem weil sie das doch sicher irgendwann erfährt. What goes around comes around. :')

Bin auch ein sehr großer Fan, dass du die moralischen Konflikte aufgreifst, dass Vampirjäger auch Unschuldige töten. Obwohl Aiden auch mal argumentiert hat, dass man Menschen nicht des Mordes an Tieren bezichtigt. Von diesem Standpunkt aus wären Jäger widerum im Recht, weil Beutetiere sich in der Natur schließlich auch mit allen Mitteln gegen Angreifer verteidigen. Interessantes Thema.

Anyway, ich bin froh wie gut du Humor, Drama und diese moralischen Konflikte in dieser Geschichte bisher ausbalancierst. Und ich hoffe da kommt bald ein wenig Romantik hinzu 8D ♡
Antwort von:  RedRidingHoodie
19.04.2017 12:36
Zu Janes Papa sag ich jetzt mal nichts, ich will nicht Spoilern xD Wird gegen Ende des ersten Teils noch ein Thema. :3

den moralischen Aspekt des ganzen finde ich auch sehr interessant, vor allem, weil Jane diesen in ihrer Rachsucht total ausblendet beziehungsweise vor dem Kontakt mit Aiden nie darüber nachgedacht hat, dass es falsch sein könnte, Leute umzubringen, lol. Das wird im Verlauf sehr "Wachstum" zeigen. :)

Freut mich wirklich, dass es dir gefällt. Leider wird das mit der Romantik erst im zweiten Teil (Es werden drei Bücher I´D ) richtig ausgearbeitet. Ich meine, sie kommen sich hier auch schon näher, wie du ja gelesen hast, aber mehr gibt´s erst viel später, weil Jane Aiden in diesem Teil erstmal als Freund akzeptieren lernen muss :/

Dennoch weiterhin viel Spaß und danke für die Kommentare <3
Von:  Zeichenfeder
2017-03-29T20:47:46+00:00 29.03.2017 22:47
"Augenringe stehen dir ganz ausgezeichnet", schnurrte er zur Begrüßung" ich muss gestehen, dass ich diese Bagger Sprüche vermisst habe xD

Solangsam fange ich an Jane und Aiden zu Shippen *,* erst war es nur lustig, dann niedlich und ich nehme an, bald auch richtig spannend ;)

Wenn ich anfange ein Jägerin/Vampir Romanze zu shippen, werde ich dir das ewig vorhalten xD

Bin gespannt wie die Jagd wird und wessen Blut fließt xD

PS: Memo an mich. Auf dem Handy kann man wunderbar lesen, aber nur ganz beschissen Kommis schreiben xDDDD


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