You're mine
Zuerst hatte ich erwartet er würde sich zu mir bücken und mir einen seiner berauschenden Küsse auf die Lippen drücken, doch ich lag falsch. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt.
Nach einem kurzen Moment der Ratlosigkeit über Setos Verhalten spürte ich schließlich seinen Mund nah an meinem Ohr.
Mein Gott! Was hatte er den vor? Bilder von einem Seto, der mir genießerisch in mein Ohr biss und einem Etwas, dass mir auf den ersten Blick unheimlich ähnlich sah, dennoch diesen gewissen Blick der Glückseligkeit im Gesicht trug, schossen mir in den Kopf. Nicht schon wieder! Das war bald nicht mehr lustig.
Glücklicherweise stellte sich dann heraus, dass er mir nur etwas zu sagen hatte. Glück gehabt, Robin! Da hast du deinen Hals mal wieder aus der Schlinge gezogen. Was mir dann immer noch Angst machte, war die Tatsache, dass ich es gar nicht als Glück empfand. Einfach ignorieren. Dann geht das schon vorbei!
„Was hast du wirklich gesucht?“
„Was?“ Irritiert zog ich mich zurück. Wovon redete er nun wieder?
„An meinem Computer. Deine Recherchen, weißt du nicht mehr? Das Ding mit dem Stecker.“
„Ich weiß was ein Computer ist“, gab ich trotzig zurück. „ Aber ich weiß nicht worauf du hinaus willst. Ich habe an neuen Plänen für die Ställe gearbeitet.“
Jetzt grinste er sein typisches Grinsen, dass eindeutig sagte: Ich weiß das du lügst. Aber wirklich ein netter Versuch. Viel Glück beim nächsten Mal. Und tatsächlich.
„Wir wissen beide, dass das nicht stimmt. Also?“ Er sah mich erwartungsvoll an und erwartete offensichtlich eine ehrliche Antwort. Verflucht seiest du Kaiba. Warum konnte er mich nur so gut durchschauen? Also schön. Mokuba hatte mir letztendlich auch gesagt, ich solle Seto fragen. Er würde nur darauf warten.
„Du hast Recht. Ich hab nicht am Park gearbeitet. Ich wollte etwas über dich in Erfahrung bringen.“
Ein Gefühl von Selbstgefälligkeit übermannte mich. Seto sah für einen Bruchteil einer Sekunde ehrlich überrascht aus. Damit hast du wohl nicht gerechnet, was? Eingebildeter Idiot. Du weißt eben auch nicht alles. Nun, dann fiel mir plötzlich ein, dass er es ja doch tat. Ich war gerade im Begriff es ihm zu erzählen. Shit.
Als er sich wieder gefasst hatte, sah er mich interessiert an. Ja beinahe...lüstern? Was ging denn jetzt ab? Schnappte er über? In wie fern machte ihn das an, dass ich über ihn Nachforschungen anstellte? Die Anzahl der Fragen, die ich mir über Seto stellte gingen sicher schon in den Bereich in dem sich auch sein Kontostand befand. Ok, zumindest auf einem seiner Konten. Aber ich war ja noch nicht fertig mich zu wundern.
„Warum hast du mich nicht einfach gefragt?“
Das war jetzt aber schmerzlos. Merkwürdig. Ahnte er etwa, dass ich nichts hatte finden können? Da! Schon wieder eine Frage. Böse Robin! Ich konnte ihm nicht die Genugtuung geben, aber ich musste es irgendwie erklären, wenn ich ihm heute noch antworten wollte. Da ich mit meinem beschränkten Hirn nicht auf die richtigen Worte kam, versuchte ich es mit Ärger.
„Jetzt tu doch nicht so! Du weißt ganz genau, dass ich nichts über dich gefunden habe. Warum eigentlich nicht?“ Ich schluckte hart bei der sich nicht zu unterdrücken lassenden Frage. „Hast du etwas zu verbergen? Krumme Geschäfte vielleicht?“ Keine Fragen mehr, was? Mal ehrlich, Robin, du bist doch total bescheuert. Ich trat mir innerlich bereits gegen mein Schienbein.
„Es wäre viel effektiver gewesen mich einfach zu fragen.“
Oh, sehr schlau du kleiner Spezialist. Meinst du vielleicht ich habe nicht gemerkt, dass du meinen Fragen ausgewichen bist?
„Hättest du mir denn geantwortet?“
Er lächelte mich höhnisch an. Wenn ich jedes Mal einen Penny dafür bekommen würde, hätte ich mir sicher schon ein kleines Vermögen aneignen können. So eine fiese Masche konnte man sich wohl auch nur als Boss einer mega Millionenfirma leisten. Und seine Antwort hätte ich eigentlich erwarten müssen.
„Kommt ganz auf die Frage an.“ Blöder, gerissener Primat.
Er erwartete sicher wieder eine Frage, wie eine von denen, die ich ihm schon gestellt hatte. Pah, Kaiba, so dumm bin ich auch wieder nicht. Also gut, das ist deine Chance, Mädchen. Was wolltest du schon immer wissen? Was kam dir schon immer Spanisch vor? Endlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
„Der Park. Warum?“ Ich war mir sicher, er würde verstehen, was ich gemeint hatte.
„Simpel.“ Mir vielen beinahe die Augen aus dem Kopf. Hatte er Simpel gesagt? In wie fern war es denn simpel, dass ein weltbekannter Spielhersteller und Großunternehmer Japans auf die Idee kommt, einen Naturpark in Großbritannien zu errichten? Ich musste einen entscheidenden Punkt in meinem Vertrag übersehen haben, oder so. Oder war es nur wieder mal zu hoch für mich die abgehobenen Beweggründe für diesen Hammel zu verstehen? Allmählich machte der Typ mich echt wütend.
„Ach, ist es das? Tja, würde es dir sehr viel ausmachen, mir kleinem Botanikermädchen mit meinem vermutlich erkauften Professortitel zu erklären, was deine Beweggründe waren? Ich sehe nämlich nicht wieso es so simpel ist.“ Ich spie die letzten Worte förmlich in sein schönes Gesicht. Vergnügt lachte er auf. Wieder mal eines der seltenen Naturwunder im Hause Kaiba.
„Mokuba. Es war seine Idee.“
Natürlich, dass erklärt natürlich alles. Mokuba? Wieso das denn? Machte Seto sich gerade zum wiederholten Male über mich lustig oder begriff er gar nicht, dass das noch weniger Sinn ergab?
„Dir ist doch hoffentlich klar, dass deine Antwort unlogisch klingt?“
„Nicht wirklich. Mokuba hatte den Gedanken sich in Naturrecht zu spezialisieren. Noch bevor er seiner Karriere als Sänger nachging. Ich schätze, dass hat er von seiner Mutter.“
Ein Schlag, nein ein Sturm, nein, der Untergang eines ganzen Planeten. Seto ich habe keine Vergangenheit Kaiba hatte gerade seine eigene leibliche Mutter erwähnt, bzw. er hatte sie Mokubas Mutter genannt. Unglaublich! Einfach nicht fassbar.
Und Mokuba interessierte sich also für Naturrecht. Aufschlussreich. Das wäre mir nie in den Sinn gekommen.
„Das erklärt aber noch nicht wieso du wegen ihm einen Park eröffnest. Ich meine, hätte er es getan, schön und gut, aber du?!“
„Ihm fehlten die finanziellen Mittel. Du vergisst, dass Mokuba zwar Teilhaber der KC ist, ich aber der Leiter. Mokuba kann keine größeren Summen ausgeben ohne sich darüber mit mir auseinander zusetzten. Im Übrigen, er war so enthusiastisch.“ Er brach kurz ab. Eine Seite an ihm, die ich selten, aber doch bei Gelegenheit zu Gesicht bekam. Der stolze, große Bruder. Offensichtlich war es völlig egal in welchem Alter sich die Beiden befanden. Der Große würde immer den Kleinen beschützen und ihn bei jedem neuen großen Schritt die Hand halten. Mein Mädchenherz pochte heftig.
„Er hatte sich bereits um das nötige Land gekümmert. Ein Naturschutzgebiet in Europa schien perfekt dafür zu sein. All seine Kalkulationen waren korrekt und da es sein Wunsch war, hatte ich nichts gegen ein potenziell vielversprechendes Unternehmen einzuwenden.“
„Ja, aber...“ Völlig unvorbereitet wurde ich plötzlich von Seto näher zu sich gezogen. Zärtlich vergrub er sein Gesicht in meiner Halsbeuge.
„Weißt du, eigentlich ist es mir gelinde gesagt scheiß egal, warum und wieso. Ich hätte da viel reizvollere Dinge im Sinn.“ Er hob seinen Kopf und sah mir direkt in die Augen. „Ich kann beinahe hören, wie dein Herz schlägt“, murmelte er.
In meinen Augen blitzte Argwohn, ich atmete zitternd aus und - als er seine Finger über meine Wange gleiten ließ - hörbar wieder ein. „Ich spüre nun schon so lange das Bedürfnis dich zu berühren.“
Meine Knie wurden weich.
Er begann an meiner Unterlippe zu nagen. „Wie lange wirst du mich noch warten lassen?“ Seine Lippen fuhren über meinen Kiefer. Leise bemühte ich mich einen Seufzer zu unterdrücken, aber auch das gelang mir nicht. Gegen diesen Mund war einfach kein Kraut gewachsen.
Gerade als ich mich ihm wider meines Verstandes hingeben wollte, ging die Bürotür auf und Mokuba trat ein. Ich stieß Seto voller Scham von mir. Dieser dagegen schien gänzlich unberührt von dieser Unterbrechung.
Leicht gereizt, größtenteils wegen meiner eigenen Schwäche, sah ich zu ihm hinab.
Eiserne Beherrschung.
Dann sah ich hinüber zu Mokuba, der etwas überrascht aber nicht geschockt zu seinen großen Bruder blickte. In seiner Hand hielt er eine der Mondblumen, die ich auf meinem Schreibtisch hatte liegen lassen.
„Ich unterbreche euch nur ungern, aber würdet ihr mir die hier erklären?“
* * *
Es war einfach nicht zu glauben. Wie konnte das nur passieren? Nicht möglich! Einfach nicht möglich! Ich hatte mich doch tatsächlich dazu überreden lassen. Eine normale Versteigerung war ja noch akzeptabel, aber diese hier war nichts als eine Farce.
Nicht nur, dass ich Mokuba letztendlich erklären musste, was es mit den Mondblumen auf sich hatte und das er der Grund dafür war, dass ich hier arbeitete, ja dafür das der Park überhaupt existierte; jetzt musste ich mir auch noch von ihm anhören, dass nach der Versteigerung des Fohlens ich es sein würde, die versteigert würde.
Unfassbar!
Was erlaubt sich dieser Mistkerl Kaiba eigentlich? Da spielt er den verärgerten Scheckaussteller, spielte sich auf wegen ein paar Kammermusikern und am Ende spielte Mokuba mit seiner Band. Wozu war ich hier eigentlich angestellt?
Na ganz klar, Robin! Um verhökert zu werden. Verdammt noch mal! Ich war doch kein Stück Vieh!
Noch dazu schien ich die Einzige zu sein, die nichts von dieser Versteigerung wusste. Alle anderen weiblichen Mitarbeiter freuten sich darauf ihren Wert testen zu lassen. Mir wurde beinahe schlecht bei dem Gedanken. Irgendein wildfremder Typ würde Geld dafür bezahlen, dass ich mit ihm ausging. Wer weiß was sich diese Person noch denken würde sich erkaufen zu können. Aber am Schlimmsten hatte ich mit dem Gedanken zu kämpfen gar nicht erst ersteigert zu werden. Immerhin würde das nur beweisen, was ich schon immer wusste. Ich war einfach uninteressant.
Eigentlich eine interessante Idee um neue Kunden anzuwerben, aber trotzdem, wo befanden wir uns denn hier? Fehlten nur noch das Kopftuch und ein Lama. Komischerweise hätte ich mit beidem aushelfen können. Das wirst du mir büßen Seto Kaiba! Oh ja! Dein blaues Wunder wirst du erleben!
Gerade hatte ich mich so richtig in meine Wut hineingesteigert, als ich auch schon Mokubas Stimme vernahm, die vom nächsten Model sprach. Damit musste ich dann wohl gemeint sein. Grundgütiger! Mal sehen wie viel ich der KC einbringe? Bitte? Das habe ich nicht gerade gedacht, oder? Nicht wirklich! Ist mir doch völlig egal! Ja, Robin, rede dir das nur weiter ein. Gib doch zu, dass du neugierig bist! Also gut, ja ich war neugierig. Verdammt neugierig sogar.
„Kommen wir nun zu einem ganz besonderen Stück. Robin Foxx, ihres Zeichens Pflanzen- und Tierexpertin, sehr intelligent, humorvoll und wie sie gleich bemerken werden äußerst nett anzusehen! Sie liebt verträumte Spaziergänge am Strand, liest zu gern Bücher über meinem Niveau und sieht gerne Dokumentarfilme. Aber keine Sorge! Man kann auch mal ins Kino mit ihr gehen und sich amüsieren! Na komm schon raus Robin! Hier beißt dich keiner, es sei den er bezahlt dafür!“
Lachen. Schmieriges Lachen.
Erinnere mich daran, auf dich zurückzukommen, Mokuba Schätzchen!
Gut, ganz ruhig. Lächeln nicht vergessen. Immer nett schauen und bloß nicht weglaufen. Durchhalten!
Ich hatte Mühe meine Augen nicht zusammenzukneifen und sofort den Rückzug anzutreten. Verflucht sollte ich sein, wenn ich vor so einer Lappalie davon lief. Und das noch vor Seto Kaibas Augen. Diese Genugtuung würde ich ihm nicht auch noch geben.
Das Erste was ich sah, war nichts. Nun, zumindest nichts, das ich hätte differenzieren können. Da saßen sie. Fremde. Fremde Gesichter, fremde Stimmen, fremde Menschen. Leichte Übelkeit überkam mich. Beinahe verzweifelt suchte ich nach etwas Bekanntem. Etwas an das ich meine Augen haften könnten, so lange dieser Unsinn von Statten ging. Doch ich fand nur das, was ich nicht zu akzeptieren bereit war. Das Einzige was ich klar erkennen konnte, sollte auch das Letzte auf dieser Bühne sein. Steve.
Diese menschliche Schildkröte, die sich immer nur dann zu zeigen schien, wenn es sicher für sie war, stand vorne in der ersten Reihe und hatte ihre Hand zu einem Gebot hochgehalten. Er wollte mich ersteigern? Wo von denn? Warum?
Oh Gott!
Die plötzliche Erkenntnis schlug zu, so hart, dass ich nicht mal mehr zuckte. Nein! Bitte nicht er!
Ich konnte mein Gesicht nicht von ihm abwenden, mein Gehör schien auch nicht mehr zu funktionieren. Sämtliches, in meinem Körper befindliches Blut machte sich auf den Weg in mein Gehirn, und obwohl ich dadurch mit Sauerstoff versorgt wurde, konnte ich dennoch nicht klar denken. Eine graue Wolke verdeckte mir die Sicht in die Gegenwart. Ich spürte wie die Distanz zwischen Damals und Heute immer kleiner wurde. Wie sie auch zwischen ihm und mir stetig abnahm.
Meine Gedanken drehten sich nur um meine Vergangenheit. Diese eine Nacht in der Gärtnerei. Der Tag an dem mein Leben zerbrach. Bitte nicht schon wieder! Ich kann das nicht mehr! Lass mich in Ruhe!
Als ich schließlich von der Bühne gedrängt wurde, kam ich schleppend wieder zu Sinnen. Es war vorbei. Ich wurde an ihn verkauft. Was hielt mich eigentlich davon ab, mich am nächsten Baum aufzuhängen?
„Robin! Würdest du mir zu hören?“ Jemand schüttelte mich heftig, aber ich wollte nicht darauf eingehen. Mir war alles egal. Ich wollte nicht. Steve würde mich nicht bekommen.
„Hallo? Erde an Robin? Hast du das nicht mitbekommen? Du wirkst irgendwie weggetreten!“
Volltreffer. Gut beobachtet. Und was für eine Intelligenzbestie versuchte sich da gerade als Psychologe?
Erneutes Schütteln ließ mich schließlich erkennen, dass Rika der potentielle Nobelpreisträger war. Was versuchte sie mir denn so dringend mitzuteilen? Nach allem was sie von mir wusste, sollte sie doch wissen, dass ich nicht allzu begeistert sein konnte. Immerhin handelte es sich bei dem Bieter um Steve. Hatte ich sie so falsch eingeschätzt?
„War das nicht total übertrieben? Na ja, scheint dich ja echt umzuhauen!“
Übertrieben? Umgehaunen? War ich denn im falschen Film? Was lief denn hier? Signs? Klar, Rika war in Wirklichkeit ein Alien und wollte mich verrückt machen. Alles andere schien mir zu weit hergeholt.
„Jetzt hat er doch nur bewiesen, wie reich er ist und dass wir auf Kunden nicht angewiesen sind. Typisch!“
„Was?“ Mir blieb Rikas Verständnis von Logik völlig fremd. Was hatte Steve denn mit unseren Kunden zu tun? Seit wann war er reich? Für wie viel wurde ich denn ersteigert?
„Sag mal Robin, hast du überhaupt mitbekommen, was gerade passiert ist?“ Ich schüttelte schwach den Kopf. Ich wollte nicht mehr darüber nachdenken.
„Seto hat dich gerade für über eine Million Pfund ersteigert! Und wie! Ich meine, das war keine Versteigerung mehr, sondern ein einziger Wettkampf zwischen meinem Vater und Seto. Wie kannst du das nicht mitbekommen haben? Steves erstes Gebot war ja schon ein Hammer, aber dann Seto. Diesen Blick hättest du sehen müssen. Das war, als würde ein Hurrikan an deiner Tür klingeln und dich fragen, ob er mal eben dein Haus und Leben zerstören darf.
Immer wieder hat der eine den anderen überboten. Sagte ich Hurrikan ich meinte Orkan. Ich frage mich woher mein Vater das Geld hatte. Die Einsätze waren ganz schön hoch, aber nichts im Vergleich zu Seto. Eine Million Pfund. Überleg mal wie viel Yen das wären. Ich mag es gar nicht ausrechnen.“
Meine Diagnose? Klinisch tot! Meine Schule, mein Studium, meine Praxiserfahrung, alles was ich je gelernt und behalten hatte, sagte mir Rika war verrückt geworden. Dieser Satz war ein einziges Paradoxon. Es machte einfach keinen Sinn. In keiner möglichen Satzstellung. In keiner mir bekannten Sprache. Seto hat dich gerade für über eine Million Pfund ersteigert! Seto?!
Sehr langsam wurden mir die Worte Rikas bewusst. Eine Million?
„War ganz schön aufregend. Aber Seto weiß eben wie man sich und eine Veranstaltung in Szene setzt. Nun ja, ich schätze Seto ist dir sicher lieber als Steve. Ich hatte schon Angst er würde gewinnen. Aber du hättest mal Setos Gesicht sehen sollen. Wahnsinn! Ich glaube ich habe ihn noch nie so verrückt erlebt. Keine Sorge, Robin. Er hätte nie zugelassen, dass mein Vater dich bekommt.“
Nicht mal die Hälfte von dem was Rika mir als nächstes erzählte, blieb mir im Gedächtnis. Nichts außer: Seto hat dich gerade für über eine Million Pfund ersteigert.
* * *
In weniger als einer Stunde hatte ich mich bereit gemacht, mich der Situation entsprechend angezogen und sogar geschminkt. Mit jedem notwenigen Handgriff, stieg meine Wut über Seto Kaiba an bis sie schließlich ins schier Unermessliche reichte.
Der würde mir nicht ungeschoren davon kommen, fluchte ich innerlich. Das lasse ich nicht mit mir machen. Selbst auf der Treppe auf dem Weg in die zweite Etage zu Setos Büro musste ich mich zusammen nehmen, um nicht wie ein wildgewordener Tiger über Angestellte herzufallen, die freundlich mein Aussehen lobten. Es war noch gar nicht lange her, dass er mich so in Rage gebracht hatte. Ich platze beinahe vor Wut und musste meinen Zorn schnellstens loswerden. Und es gab nur einen Menschen, der es verdiente, die geballte Wucht meines Zorns zu spüren.
Ohne anzuklopfen stürmte ich in Setos Büro. „Du miese Ratte!“
Seto hörte auf zu tippen und drehte sich zur Tür um. Eher fasziniert als verärgert beobachtete er, wie ich durch sein Büro stapfte.
„Hallo, Robin“, sagte er, ohne sich zu erheben. Er lehnte sich zurück. „Was für ein netter Besuch. Du kannst es wohl kaum erwarten mit mir essen zu gehen. Setz dich doch.“
„Du hast mich verkauft.“ Ich blieb, meine Hände drohend erhoben, vor seinem Schreibtisch stehen. Ich registrierte die Röte in meinem sonst so blassen Gesicht, die nachtschwarze Wut in meinem sonst so ruhigen Körper. Meine Frisur hatte den Sprint durchs Treppenhaus nicht unbeschadet überstanden. Ich schnaufte heftig. Und das alles wegen ihm. Ich fragte mich, wie weit er gehen wollte. Ob er beschlossen hatte, es einfach mal auszuprobieren.
„Verkauft? Dabei dachte ich, ich hätte dich erkauft.“
„Du weißt verdammt noch mal genau was ich meine!“ Ich stützte die Hände auf den Schreibtisch und beugte mich ihm entgegen. „Das hast du mit Absicht getan!“
„Ich tue die meisten Dinge mit Absicht“, stimmte er mir freundlich zu. Nicht mehr lange und ich würde ihn mit meinen eigenen Händen erwürgen. Und ich hätte meinen Spaß dabei.
„Falls du auf die Auktion, bei der das weibliche Fachpersonal zu ersteigern war, anspielst, dass war allerdings meine Idee gewesen. Allein meine.“
„Du wusstest genau, dass Steve anwesend sein würde.“ Meine Stimme klang schrill vor Wut.
„Und?“ Er verschränkte seine Finger und fixierte mich über seine aufgestützten Hände hinweg. „Möchtest du, dass ich ihm Hausarrest gebe? Das war schließlich eine öffentliche Veranstaltung.“
„Weißt du was das für ein Gefühl war, ihn dort stehen zu sehen, seine Hand ausgestreckt? Ich konnte förmlich spüren wie er immer näher kam.“ Ich ballte wütend die Fäuste. „Du bist abscheulich. Ich habe dir anvertraut was mir wiederfahren ist. Habe dir genau erzählt warum ich in solch einer Situation Probleme habe.“ Meine Augen wurden schmal. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht loszuweinen. Ich hatte ihm vertraut. Tatsächlich vertraut. Erst jetzt da ich mich betrogen und verraten fühlte, bemerkte ich es. „Du hast mich betrogen.“
„Betrogen?“ Er erhob sich und beugte sich weit vor, dass unsere Nasen sich beinahe berührten.
„Seit wann muss ich Rechenschaft vor dir ablegen? Du bist eine Angestellte wie jede andere auch. Es war ein Gag für unsere Gäste nicht mehr und nicht weniger. Niemand hat von dir erwartet dein Leben auf der Bühne preiszugeben. Diese Auktion diente allein dem Sinn und Zweck, dass die Kunden uns in Erinnerung behalten mögen. Die Sorge, dass du mit einem der Bieter Probleme hast, raubt mir sicher nicht meinen Nachtschlaf. Ich zerbreche mir nicht den Kopf über die Vergangenheit.“
Ich ließ ein leises Fluchen hören. „Wir können gerne tauschen.“ Warum nur schmerzten seine Worte so sehr? „Du hättest mir vorher sagen können, was du vorhast.“
„Und du hättest höflich die Hände gefaltet und meinen Anweisung Folge geleistet?“ Er zückte ironisch die Brauen. „Du hättest mir die Kehle aufgeschlitzt, damit du nicht an der Auktion teilnehmen müsstest.“
„Mit Genuss.“
Jetzt lachte er. „Du bist sehr ehrlich, wenn du wütend bist, Robin - und hinreißend.“ Er trat um seinen Schreibtisch herum und kam auf mich zu. Immer näher und näher bis nur noch meine Hände, die ich zum Schutz erhoben hatte, uns trennten.
„Ich will dir mal was sagen, Robin. Was meinst du, wäre passiert, wenn Steve nicht dabei gewesen wäre? Meinst du wirklich, ich hätte irgendjemanden erlaubt dich du ersteigern? Du hast ja keine Ahnung was in mir vorging, als ich sah was Steve vorhatte.“ Seine Augen funkelten zornig. Er drängte mich weiter zurück bis ich voller Überraschung wieder einmal die Wand in meinem Rücken spürte. Déjà-vu! Sein Gesicht kam immer näher. Vor lauter Panik hatte ich meine Wut ganz vergessen. Es rauschte in meinen Ohren, aber seine Worte fanden ihren Weg zu mir.
„Wie einfältig von ihm zu glauben, er könnte mich überbieten. Weiß er denn nicht, dass niemand Seto Kaiba schlagen kann. Und außerdem...“ Er hielt inne und nahm mein Gesicht in seine linke Hand. „Und außerdem...du gehörst mir.“