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a dream called life

do I have to wake up one day?
von

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feel's like home

Vielen, vielen Dank an alle, die mir Kommentare geschrieben haben, selbst als ich abgemeldet war und diese FF deshalb auf Eis lag! Dass ich jetzt daran weiterschreibe ist euch zu verdanken...ohne ein Interesse an einer Fortsetzung hätte ich sie wahrscheinlich einfach abgebrochen liegen lassen...

Daher vielen Dank und ein schönes Weihnachtsfest an alle, die dies hier lesen!

Ich hab euch lieb ^___^~

Hikki
 


 

a dream called life
 

chapter 03 ~ feel’s like home
 

alles um mich…diese Kälte

bedeutet mir schlussendlich nichts

das Licht inmitten der Schatten

dieses Leuchten, dem Vergessen gleich

…in deinen Händen
 

ich kann mich nicht verändern

bleibe für immer gleichgültig wie jetzt

oder…?

trägst du noch Hoffnung in dir?

Engel mit zerrupften Federn

kannst du mich retten?
 

dein Schweigen drückt mehr aus

jedes Wort wäre jetzt unangebracht

meiner Vergangenheit wegen

wird das Licht immer kleiner, schwächer

…in tiefster Einsamkeit
 

die Gestalt verändernd, immerfort

wird das Flackern zum Brennen

…in deinen Augen
 

ich kann mich nicht verändern

bleibe für immer so kalt wie jetzt

oder…?

ist diese Hoffnung für mich bestimmt?

mein Engel mit zerrissenen Flügeln

bleiben wir zusammen?
 

ich kann mich selbst nicht verändern

bleibe vielleicht immer so wie jetzt

aber ich will es für dich versuchen

…zu fliegen
 

~ * ~ * ~
 

Bereits eine Woche nach meiner Einlieferung konnte ich das Krankenhaus wieder verlassen. Meine Freunde hatten mich regelmäßig besucht, fast ständig waren sie da gewesen, um mich abzulenken oder aufzuheitern. Dabei war Reita am seltensten gekommen, Uruha am häufigsten. geküsst hatte er mich nicht wieder. Ich wusste nicht einmal genau, ob ich darüber erleichtert oder enttäuscht war. Es verwirrte mich eher.

Doch mehr als enttäuscht war ich von Reitas Verhalten. Es machte mich zunehmend traurig, auch wenn ich es mir nicht anmerken ließ. Bei keinem seiner Besuche, die immer wieder nach demselben Schema verliefen: Er kam, erzählte irgendetwas Belangloses, redete mit mir über Belangloses und ging wieder nach einer knappen Stunde. Er schien es nicht mehr in meiner Nähe auszuhalten und vor allem schien er nicht zu wissen, wie er mit mir über ernstere Themen sprechen sollte…über ein bestimmtes ernstes Thema.

Doch gerade das verletzte mich. Schließlich waren wir früher die besten Freunde gewesen und hatten über alles miteinander reden können. Und nun? Nichts.

Ruki und Kais Besuche waren dagegen ganz anders, man wusste vorher nie, was einen erwartete. Kai brachte mir meistens etwas selber Gekochtes mit, da er der Meinung war, das Krankenhausessen schade meinem Magen, während Ruki immer gute Laune hatte. Besonders, wenn er mal wieder zufällig gleichzeitig mit Kai da war, strahlte er – genauso wie Kai auch. Dazukam, dass sie die erstaunliche Gabe hatten, den anderen immer wieder in Verlegenheit zu bringen. Zwischendurch warfen sie sich jeweils sehnsüchtige Blicke zu, sobald sie glaubten, niemand würde es bemerken. Und so abwesend, wie sie immer mit ihren Gedanken waren, nämlich beim jeweils anderen, den sie für unerreichbar hielten, merkte keiner die Gefühle, die man ihm entgegenbrachte.

Manchmal war ich kurz davor, einzugreifen und sie zu ihrem Glück zu zwingen. Aber ich hielt mich immer wieder erfolgreich zurück, denn ich war davon überzeugt, dass sie auch so bald zueinander finden würden.

Und trotz ihrer eigenen Probleme zu dieser Zeit hatten sie sich beide im Gegensatz zu Reita einen Einzelbesuch lang Zeit genommen, um mit mir über den Grund für meinen Selbstmordversuch zu reden. Ich hatte ihnen es nicht sagen, andererseits sie auch nicht anlügen wollen. Denn sie waren meine Freunde und sorgten sich wirklich um mich. Also hatte ich ihnen so viel bzw. so wenig wie nötig gesagt. Ich war unglücklich verliebt, hatte die Kontrolle über meine Gefühle verloren, etc. Und ich würde so etwas ganz sicher nie wieder tun. Das meinte ich ehrlich und von ganzem Herzen.

Größtenteils hatte ich dies Uruha zu verdanken. Er sorgte sich so rührend um mich, aber entscheidend für mich war, dass er mir als Erster wirklich das Gefühl gab, nicht unwichtig zu sein und geliebt zu werden.

Wenn wir zusammen waren, redeten wir viel miteinander. Nicht nur über mich, meine Gefühle und Probleme, sondern auch teilweise über ihn. Da er wie ich nicht gerne über diese Dinge sprach, hatten wir schnell beide ein Gespür dafür entwickelt, wie weit wir gehen konnten und wann es besser war, nicht weiter nachzufragen.

Ich hatte das Gefühl, ich könnte mit ihm über alles reden und ihm voll und ganz vertrauen. Dies war neu für mich, weil ich früher nie irgendeinem Menschen vollkommen vertraut hätte. Aber mit der Zeit wurde mir mehr und mehr bewusst, dass ich bei Uruha diese Linie früher oder später überschreiten würde. So sehr war unser Verhältnis zueinander gewachsen.

Wahrscheinlich wusste er das ebenfalls, denn er drängte mich nie, noch gab er jemals auf und ging enttäuscht davon, wenn ich ihm wieder einmal nicht geantwortet hatte, ihm nicht antworten konnte. Uruha vermittelte mir trotz meiner Bedenken immer stärker das Gefühl, ich müsste nur mit ihm über meine Probleme reden. Wann war dabei egal.

Und obwohl ich noch Angst hatte, meinem Gefühl nachzugeben und mich fallen zu lassen, genoss ich die Verbundenheit, die zwischen uns entstanden war.
 

Etwas unsicher stieg ich an jenem Tag aus Uruhas Auto aus, sah mich vor dem Wohnblock, in dem Uruha wohnte, neugierig um.

Er hatte durchgesetzt, dass er mein Gepäck trug, obwohl es nur ein Koffer war, da ich im Krankenhaus nicht mehr bei mir gehabt hatte. Aber so war unser Leader-sama nun mal: immer schön vorsorgend. Er hatte befürchtet, die Nähte könnten aufplatzen, wenn ich mich überanstrengte. Ich bezweifelte das stark, war ihm jedoch dankbar für seine Sorge um mich. Eigentlich hatte ich es gar nicht verdient, dass er sich so lieb um mich kümmerte...unglücklich über den Wahrheitsgehalt dieser Feststellung zupfte ich in Gedanken an dem Verband herum, wodurch ich mir sofort einen tadelnden Blick seitens Uruha einhandelte. Ich lächelte kurz entschuldigend und folgte ihm schnell in den siebten Stock.

Uruhas Wohnung war hell und geräumig eingerichtet. Sie strahlte eine freundliche Atmosphäre aus, was man nicht unbedingt von einer schlichten Wohnung wie dieser erwarten würde. Ungläubig blickte ich eine Weile um mich. Kein einziges Staubkörnchen war zu sehen...

„Wow so ordentlich ist es bei mir eindeutig nicht...“

„Das glaub ich dir aufs Wort.“ Uruha lachte leise, als er neben mich trat, meinen Koffer in seiner einen Hand haltend, mit der anderen die Tür hinter uns schließend. Bildete ich mir das ein oder hatten seine Augen gerade einen kurzen Augenblick lang traurig in die Ferne gesehen? Dann fiel es mir plötzlich ein: Er hatte als einziger meiner Freunde meine seit 3 Monaten neu bezogene Wohnung nie betreten. Tatsächlich waren Besuche zwischen uns immer eine Seltenheit gewesen...

„Wenn du willst...kannst du ja vielleicht....also, ich meine...“, druckste ich einige Zeit herum. Was war nur los mit mir? Natürlich würde er wollen, schließlich hatte er selber vorgeschlagen auch weiterhin bei mir zu bleiben, auch wenn der Verband an meinen Armen entfernt wurde. Diese Entscheidung würde jedoch ganz alleine bei mir liegen, während er verlangt hatte, dass ich auf alle Fälle so lange bei ihm einzog, bis der Verband weg war und keine Gefahr mehr bestand, dass die Wunden von selber wieder aufbrachen. Den Verband selber müsste ich nur noch ungefähr zwei Wochen lang tragen, dann musste ich zur Nachkontrolle das letzte Mal ins Krankenhaus. Doch auch wenn der Verband verschwunden war...die Narben darunter würden diesmal für immer bleiben...

Ich atmete einmal ruhig durch, um erneut von vorne anzufangen.

„Was ich sagen wollte...wenn du Lust hast, dann kannst du gerne nach den zwei Wochen noch ein bisschen mit zu mir kommen und dich mit eigenen Augen von meiner Unordnung überzeugen...“ Ich lächelte etwas unsicher, wusste in diesem Moment nicht, was ich mit meinen Händen anfangen sollte, und zupfte deshalb nervös an meinem T-Shirt. Meine Unordnung...klar...etwas Wichtigeres, wie z.B. dass ich wirklich wollte, dass er bei mir blieb, brachte ich nicht zustande zu sagen?!

Uruha jedoch verstand die Absicht meiner Worte und nickte erfreut. Seine Augen strahlten geradezu, was mich auch irgendwie glücklich machte. Achtlos stellte er meinen Koffer auf dem Boden ab und nahm mich an der Hand, zog mich hinter sich her durch die Wohnung.

„Lass uns jetzt erst einmal zusammen Tee trinken...“
 

So kam es, dass wir uns knappe zehn Minuten später nebeneinander auf Uruhas Couch wiederfanden, jeder mit einer frischen Tasse Tee in der Hand, die halbvolle Teekanne auf dem kleinen Beistelltisch und leise Musik im Hintergrund. Wir schweigen für einige Zeit. Nicht, weil wir nicht zu sagen hatten, nein. Wir schwiegen vielmehr, um im Stillen diesen Moment zu genießen. Diesen Moment, in dem wir beide uns bewusst waren, dass der andere für einen da war, auch wenn wir nicht sprachen, sondern unseren eigenen Gedanken nachhingen.

Zufrieden mit mir und der Welt um mich herum schloss ich die Augen und konzentrierte mich auf die Musik. Ich kannte diese Band, da war ich mir sicher, nur wollte mir ihr Name partout nicht einfallen.

„Es ist schon erstaunlich...immer wenn ich diese CD höre, muss ich an früher denken. An die Zeit, aus der sie stammt...an die Zeit vor Gazette...“, erwähnte Uruha nachdenklich neben mir.

Und tatsächlich...jetzt, wo er es sagte, fiel mir wieder der Bandname ein. Es war jene Band, in der er vor Gazette zusammen mit Ruki und Reita gespielt hatte. Aber warum fing er gerade jetzt mit diesem Thema an? Wie schon öfters während der vergangenen Tage fragte ich mich, woher Uruha immer wusste, über was ich grübelte. Fast schon war es mir unheimlich, wie gut er mich durchschaute...jedoch war es auf eine angenehme Art auch beruhigend, denn er schien mich durch diese Fähigkeit immer zu verstehen. Trotzdem war ich in seiner Gegenwart immer hin und her gerissen zwischen meinen Gefühlen sowie unsicher, was ich überhaupt denken oder fühlen sollte.

„Meistens aber denke ich dann daran, wie wir Gazette gegründet haben...“, fuhr er unbeirrt fort als hätte er meine Gedanken nicht bemerkt und trotz meiner geschlossenen Augen war er sich bestimmt meiner vollen Aufmerksamkeit bewusst.

„Es war schon etwas chaotisch...wir drei Junggemüse auf der Suche nach zwei weiteren Bandmitgliedern. Bis wir schlussendlich dich und Yune trafen und euch sofort dazunahmen, ohne zuvor euch besser kennen zu lernen oder genauer zu testen.“

„Ja, von einem Moment auf den anderen waren wir plötzlich dabei...“, an dieser Stelle meiner Erinnerung musste ich lächeln und ich öffnete meine Augen, sah zu Uruha. „Es ist mir noch heute ein Rätsel, dass du, der sonst immer alles hundertmal abwägt und durchdenkt, damals so spontan entschieden hast...“

„Na ja...“ Ein verlegenes Lächeln schlich sich auf seine Lippen. „Ich habe dich spielen sehen und konnte mir niemand anders mehr an deiner Stelle vorstellen. Und ohne Yune wärst du ja sicherlich nicht geblieben...“

„Nein, vermutlich nicht...“ Ich senke peinlich berührt meinen Kopf. „Ihr habt es also die ganze Zeit gewusst, obwohl wir keinem von euch etwas von unserer Beziehung gesagt hatten?“

„Wir haben es vermutet. Später hat Yune sich zudem auf einer Tour durch die Clubs verplappert...Als er dich dann einfach so verließ, hätte ich ihn am liebsten erwürgt.“

Während er sprach, hatten sich Uruhas Hände krampfhaft zu Fäusten geballt. Sein ganzes Verhalten und das, was er sagte...Eigentlich ließ es nur den Schluss zu, dass er schon zu jener Zeit in mich verliebt gewesen war. Aber das alles lag bereits Jahre zurück! Ich konnte kaum glauben, was mir mehr und mehr bewusst wurde, obwohl mir durch diese Erkenntnis auf einmal einiges klar wurde.

Vor allem, warum er mir gegenüber früher immer derart sachlich und zurückhaltend gewesen war, nur manchmal auf der Bühne sich vergessen und mit mir herumgealbert hatte. Es machte plötzlich alles Sinn. Mir wurde jedoch zugleich bewusst, wie sehr Uruha die ganze Zeit über gelitten haben muss, denn ich wusste ja selbst, wie schmerzhaft es sein konnte, heimlich und noch dazu unglücklich verliebt zu sein.

Daher war ich auch um seiner selbst willen froh darüber, dass er mir seine Gefühle gestanden hatte. Dadurch konnte er nämlich nun normal mit mir umgehen und offen sagen, was in ihm vorging, ohne ständig Angst haben zu müssen, er könnte sich verraten.

Das Gefühlschaos jedoch, das er bei mir durch den Kuss ausgelöst hatte, versuchte ich so gut es ging zu verdrängen. Schließlich hatte sich doch eigentlich nichts zwischen uns geändert? Auch mein Verhalten ihm gegenüber war gleichgeblieben, weil es mich nicht störte, dass er mich liebte, ich jedoch ebenso wenig Gefühle für ihn hatte, die über eine innige Freundschaft hinausgingen. Jedenfalls dachte ich dies in jenem Moment...

Noch immer lächelnd umschloss ich seine Hände mit meinen eigenen, löste vorsichtig seine Finger aus der Faust und nahm seine Hände in meine.

„Es ist zwar nett, dass du das sagst, aber...er ist so oder so für immer verschwunden, und es hätte mir auch nichts gebracht, hättest du ihn erwürgt.“

„Das ist mir schon klar“, erwiderte er ebenfalls lächelnd, doch dann wurde er wieder ernst. „Trotzdem bin ich nicht der einzige, der gerne so gehandelt hätte. Reita hasste Yune von dem Augenblick an, als er erfuhr, dass er dir das Herz gebrochen hatte.“

In diesem Moment wäre ich am liebsten einfach weggelaufen und mich vor diesen Worten versteckt, aber Uruha hielt nun meine Hände fest umschlossen wie ich zuvor seine, sodass es bei einem schwachen Losreißversuch blieb. Meine Augen weiteten sich unsicher und mein Blick huschte im ganzen Zimmer umher, nur um nicht Uruha in die Augen sehen zu müssen, während er sprach. Ich wollte das alles doch gar nicht hören oder verstehen. Es verwirrte mich, innerlich wollte und konnte ich nicht glauben, was er mir anscheinend versuchte begreiflich zu machen. Währenddessen ignorierte er meine Reaktion weitgehend, als er weitersprach, nur sein Griff um meine Hände hatte sich verstärkt, ohne dabei schmerzhaft zu werden.

„Er hing schon immer an dir Aoi. Und auch wenn er es sich selbst vielleicht nicht eingestehen will, so liebt er dich doch genauso wie ich...“

„Warum...?! Warum sagst du mir so etwas?“, fragte ich ihn verunsichert.

„Weil ich denke, dass du ihm Unrecht tust mit all deinen stillen Vorwürfen. Ich weiß in Gedanken klagst du ihn an und bist wütend auf ihn wegen seinem abweisenden Verhalten. Wahrscheinlich machst du ihn indirekt auch für deine jetzige Situation verantwortlich...was er sicherlich auch tut. Du musst ihn verstehen, er war dein bester Freund und du hast versucht dich umzubringen – für ihn ist klar, dass er als Freund versagt hat. Deshalb weiß er nicht, wie er mit dir umgehen soll und meidet dich aufgrund seines schlechten Gewissens. Aber eigentlich ist euer beider Verhalten völlig unbegründet, denn das einzige, was ihr braucht, ist etwas Zeit und ein klärendes Gespräch.“

Inzwischen sah ich ihm wieder in die Augen, daher bemerkte ich auch, dass diese im Gegensatz zu seinem aufmunternden Lächeln nur Traurigkeit aussprachen.

„Aber warum sagst du das alles, wenn du selber in mich verliebt bist?“ Ich verstand ihn absolut nicht. Er saß hier und versuchte mir zu erklären, wie sehr Reita mich liebte und dass ich mit ihm zusammen sein sollte. Aber gleichzeitig litt er doch ganz offensichtlich darunter, weil er mich auf diese Art und Weise direkt in die Arme eines anderen Mannes trieb. Denn dass er von meinen Gefühlen für Reita wusste, bezweifelte ich längst nicht mehr.

„Ich hab doch Augen im Kopf,“ meinte er mit einem traurigen Unterton in der Stimme, „Wenn du ihn siehst, wenn er in deiner Nähe ist, wenn du von ihm redest, immer ist dann dieses Strahlen in deinen Augen. Außerdem ist er der einzige, dem du blind vertrauen würdest, zumindest war das früher so. Ich weiß es doch...du liebst nicht mich, sondern ihn. Deshalb möchte ich, dass du mit ihm glücklich wirst.

„Danke...“ war das einzige, was ich über die Lippen brachte, bevor ich Uruha um den Hals fiel. Seine wässrig werdenden Augen waren mir ebenso wenig entgangen wie seine ganze verunsicherte Körperhaltung, die der eines verloren gegangenen Kindes ähnelte. Noch einer Weile jedoch schob er mich wieder von sich weg und lächelte erneut, diesmal nicht mehr ganz so traurig.

„Du musst mir nicht danken. Ich bin schon glücklich, wenn es dir gut geht und du weißt, dass ich immer für dich da sein werde, falls du jemanden zum Reden oder dergleichen brauchst...“

Ich wusste nicht, was ich ihm darauf erwidern sollte. Wäre ich fähig das gleiche an seiner Stelle zu sagen? Sicherlich nicht...diese Selbstlosigkeit bei seiner Liebe machte mich sprachlos. Wie viel er für mich empfand...ich konnte es nicht begreifen, nicht mit meinen Gedanken erfassen. Aber es war ehrlich und überwältigte mich. Am liebsten wollte ich ihn einfach küssen, auch wenn es vielleicht „falsch“ wäre, wäre es doch richtig meinem Gefühl zu folgen, oder? Doch so schnell wie ich den Beschluss dazu gefasst hatte, so schnell wurde mein Vorhaben durch die Türklingel zunichte gemacht.
 

Während Uruha beinahe fluchtartig aus dem Wohnzimmer verschwand und zur Tür ging, seufzte ich erleichtert auf. Was war das nur gewesen? Uruha hatte es anscheinend auch bemerkt...

Wer auch immer dort vor der Wohnungstür stand, er hatte mich vor einem großen Fehler bewahrt, da Uruha mein Handeln womöglich missverstanden hätte. Was hab ich mir auch dabei gedacht, ihn küssen zu wollen?! Trotzdem...eine kleine Stimme in mir hielt mir immer wieder vor, dass es vielleicht doch kein Fehler gewesen wäre, weil ich mich danach sehnte, noch einmal Uruhas Lippen auf meinen zu spüren. Aber...was das nicht ein Zeichen von Liebe?!?! Doch das konnte nicht sein, schließlich liebte ich Reita, das hatte Uruha selbst gesagt!! Und dennoch...meine Gedanken kreisten immer wieder um diese eine Frage. Was, wenn doch...?!
 

Ich kam nicht dazu, länger über diese Möglichkeit nachzudenken. Ein völlig aufgelöster Kai stürmte plötzlich ins Wohnzimmer und fiel mir direkt um den Hals. Verwirrt legte ich meine Arme um das zitternde Bündel neben mir und versuchte Kai so gut es ging zu beruhigen. Uruha kam währenddessen mit einer dritten Tasse Tee aus der Küche, stellte diese zu den zwei anderen auf dem Tisch und setzte sich ruhig neben uns.

Es dauerte zwar etwas, aber nach einigen Minuten hatte sich Kai wieder so weit gefasst, dass er noch leicht zitternd nach der Teetasse griff und ein paar Schlücke des warmen Nasses trank. Obwohl er kaum geweint hatte, waren deutliche Tränenspuren an seinen Augen und Wangen zu sehen. Anscheinend hatte er schon sehr viel auf dem Weg hierher geweint.

„Geht’s wieder einigermaßen?“, fragte ich ihn besorgt und strich ihm durch die Haare. Er nickte und versuchte zu lächeln, was jedoch aufgrund seines Gemütszustandes nicht sehr überzeugend war und seine Wirkung somit kläglich verfehlte.

„Was ist denn passiert?“, erkundigte sich Uruha vorsichtig. Er schien sich ebenso wie ich große Sorgen um unseren kleinen Sonnenschein zu machen, da dieser auf einmal so traurig und hilflos wirkte.

Man konnte es förmlich sehen, wie es nach dieser Frage in Kai arbeitete, bis er endlich in der Lage war überhaupt und in den richtigen Worten zu antworten.

„Es ist wegen Ruki...,“ begann er leise, „Ich war vorhin mit ihm in der Stadt shoppen und als wir in einem Café eine Pause machten, da hat er mich plötzlich gefragt, was mit mir in letzter Zeit los wäre, ich sei immer in Gedanken und so...Er war so lieb und machte sich wirklich Sorgen – ich konnte ihn doch nicht einfach belügen. Also...hab ich ihm gesagt, dass ich in ihn verliebt bin...“

Er sah uns verlegen an, doch ich verstand nun gar nichts mehr. Wenn er es Ruki gesagt hatte, dann müsste jetzt doch alles in Ordnung sein! Dasselbe schien auch Uruha zu denken, denn er warf mir einen verwunderten Blick zu. Warum war Kai so unglücklich, obwohl Ruki unserer Meinung nach seine Gefühle erwiderte?

„Was geschah danach?“, wollte Uruha daher ungeduldig wissen, worauf unser Drummer verwirrt zwischen uns hin und her sah.

„Wie...„danach“?! Seid ihr nicht entsetzt, dass ich in Ruki verliebt bin?! In einen anderen Mann und Bandkollegen!!“

Ich lächelte ihn beruhigend an und schüttelte den Kopf.

„Nein, sind wir nicht. Um ehrlich zu sein...wir haben es uns schon lange gedacht. Ich kenne dich schließlich gut genug, um dein Verhalten ihm gegenüber deuten zu können. Und ganz ehrlich – es war ziemlich offensichtlich, was du für ihn empfindest.“

Kai wurde tiefrot und sagte aus lauter Verlegenheit gar nichts mehr.

„Ja, irgendwie war es uns allen klar,“ stimmte Uruha mir zu, „Ich denke bis auf Ruki selber haben es fast alle um uns herum bemerkt.“

Nach diesen Worten machte sich Kai noch etwas kleiner und fuhr sich unsicher durch die Haare, aber er schien auch erleichtert zu sein.

„Und ich hatte Angst, ihr mögt mich vielleicht nicht mehr und werft mich aus Gazette raus, wenn ihr erfahrt, dass ich schwul bin...“

Uruha neben mir lachte daraufhin leise und zwinkerte mir zu.

„Nach dem Kriterium müssten wir ganz Gazette auflösen...“

Während Kai auf diese Bemerkung hin uns verwirrt musterte, musste sogar ich angesichts dieser Erkenntnis grinsen.

„Aber jetzt sag schon, wie hat Ruki auf dein Geständnis reagiert?“, brachte ich uns nun wieder zum eigentlichen Thema unseres Gesprächs zurück.

„Gar nicht, das ist ja das schlimme...“ Kai begann wieder zu schluchzen. „Er saß einfach nur schweigend da und hat mich angestarrt. Kein einziges Wort hat er gesagt, eine ganze Viertelstunde lang. Dann hab ich es nicht mehr ausgehalten, bin aufgestanden und davongerannt. Ich...ich hab so Angst, dass er mich jetzt hasst oder verachtet...“

Seine Augen wurden wässrig und ich zog ihn schnell wieder in meine Arme, bevor die ersten Tränen über seine Wangen liefen. Uruha war gerade im Begriff etwas zu sagen, da unterbrach uns abermals die Türklingel. Diesmal stand er nur widerwillig auf und ließ fluchend mich und Kai zurück.

Leise konnten wir hören, wie er irgendetwas erklärte, die darauffolgende Stimme war jedoch um einiges lauter und ließ mich aufhorchen. Auch Kai hatte es gehört und kurze Zeit später wurde unsere Vermutung bestätigt, denn niemand anders als unser Sänger selber betrat das Wohnzimmer.

Ruki sah wütend aus und ich hoffte inständig, dass dies nichts mit Kai zu tun hatte, sondern nur daher kam, dass Uruha behauptet hatte, dieser sei nicht bei uns. Langsam stand er auf und ging zitternd auf Ruki zu. Uruha lehnte inzwischen am Türrahmen und beobachtete stirnrunzelnd die ganze Szene, als Kai anfing zu sprechen. Das tat er aber gleich so schnell, dass ich erstaunt blinzelte, denn bei mir und Uruha hatte er kaum einen Ton herausbekommen.

„Ruki, mir tut das alles wirklich ganz arg leid! Ich meine das nicht böse oder will dich verarschen, wirklich! Du musst mir glauben! Ich komm auch damit klar, dass du mich nicht liebst, schließlich bin ich kein Traumtyp und dazu noch ein Kerl. Deshalb erwarte ich auch gar nicht, dass du meine Gefühle erwiderst, aber ich flehe dich an, bleib bitte weiterhin mein Freund! Bitte, hass mich jetzt nicht, weil ich dich liebe....ich– “

An dieser Stelle veranlasste Ruki ihn durch eine unwirsche Handbewegung zu verstummen. Anscheinend war er wirklich sauer. Doch kurz darauf erschien einstrahlendes Lächeln anstelle seines grimmigen Gesichtsausdrucks und verwirrte und, einschließlich Kai, vollends.

„So mein kleiner Baka...“, fing Ruki belustigt glucksend an, „Wenn du nur für einen Moment still bist und einfach mich reden lässt, haben wir das ganze Problem viel schneller gelöst. Das war nämlich auch das einzige, das diese Situation verursacht hat: Das du im richtigen Moment nicht deine Klappe halten konntest.“

Kai schluckte, aber angesichts Rukis Vorfreude auf das, was kommen würde, war ich mir ziemlich sicher, dass sich alles in ein Happy End auflösen würde.

„Vorhin hast du es tatsächlich geschafft, mich vollkommen zu überrumpeln. Nicht nur wegen dem, was du gesagt hast, sondern vor allem wegen der Art und Weise, mit der du es mir mitgeteilt hast. So viele Sachen auf einmal sprudelten aus dir heraus, dass ich gar nicht mitkam alles zu verstehen, und plötzlich mittendrin dieser kleine Satz. Ich dachte zuerst, ich hätte mich verhört oder mir das nur eingebildet. Deshalb habe ich nachgedacht, um sicher zu sein, dass du das wirklich gesagt hast. Aber ich war mir viel zu unsicher, um dich danach zu fragen, also wartete ich ab, ob du es noch einmal sagen würdest. Doch stattdessen bist du auf einmal weggelaufen und mir wurde schmerzlich bewusst, dass es wahr sein musste und dass du wirklich gesagt hattest, was ich mir schon so lange zu hören erhofft hatte...“

„Heißt das...du hasst mich nicht und erwiderst sogar meine Gefühle?“, wollte Kai ungläubig wissen.

„Natürlich! Wer könnte dich denn nicht lieben?!“, erwiderte ihm Ruki mit einem warmen Blick in den Augen und hielt Kai lachend seine Hand entgegen. „Darf ich dich jetzt endlich küssen?“

Kai lief hochrot an, als er zaghaft nickte und seine Hand in Rukis legte. Auch Rukis Wangen bekamen einen leichten Rotton, bevor er Kai zu sich zog, seine Arme um ihn legte und ihn zärtlich küsste.

Uruha und ich grinsten uns an und beobachteten die zwei Turteltäubchen eine Weile, ließen sie den Moment genießen. Dann aber machte sich Uruha mit einem diskreten Räuspern bemerkbar.

„Wir freuen uns ja wirklich für euch, aber...verlegt bitte alles weitere aus meinem Wohnzimmer hinaus in eins eurer Schlafzimmer,“ meinte er grinsend und betrachtete zufrieden Rukis Gesicht, das nun genauso rot wie Kais war. Mit einem letzten glücklichen „Danke“ verabschiedete sich Kai von mir und folgte Uruha zusammen mit seinem neuen Freund zur Haustür. Wenig später stand jener dann wieder vor mir und lächelte verträumt.

„Wenigstens die zwei sind jetzt glücklich.“

Ich nickte nachdenklich, hatte während der letzten Minuten eine Entscheidung getroffen und sah Uruha ernst an.

„Möchtest du wirklich alles wissen, was mich beschäftigt, was mich zu dem gemacht hat, was ich bin?“

Er zögerte kurz, wohl weil er wusste, wie schwer es mir fallen würde, über Vergangenes zu sprechen, aber schlussendlich nickte er.

„Wenn du es mir erzählen willst, ich höre dir gerne zu.“

So setzten wir uns erneut nebeneinander auf das Sofa und ich begann zu erzählen, bis die Nacht schon längst hereingebrochen war und wir beide erschöpft dort auf dem Sofa einschliefen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2007-01-11T14:02:56+00:00 11.01.2007 15:02
Aiaiaiaiaiaiaiai~~~
Es geht tatsächlich weiter~ *_______*~~~
Und es ist wieder so wunderschön~ *nodd*
Hach~ *schmacht* Kai und Ruki~~~ es ist... ZUCKER~ <3
Uuuund~ überhaupt... dein Schreibstil ist nach wie vor seeehr toll~ und wie du alles beschreibst und woah~~~
Ich hoffe sehr das du an dieser FF weiterschreibst...
Mich würdest du damit auf jeden Fall beglücken xD~

Piu~
Von:  -Uruha-
2007-01-04T20:53:21+00:00 04.01.2007 21:53
oh..endlich geht es weiter *-*
*freu*
und es hat nich an qualität oder so eingebüßt...mußte mich zwar nochmal reinlesen..aber das macht ja nixhts^^
hoffe mal fürs nächste kapitel brauchst du nich so lang^^
Von:  MikaChan88
2006-12-31T16:21:31+00:00 31.12.2006 17:21
des kapi is echt total super worden!! mach bitte ganz schnell weiter! bin schon total gespannt wie es weiter geht!! ^-^

cu,
MikaChan
Von:  Maou
2006-12-25T21:59:43+00:00 25.12.2006 22:59
oh mna..is das wundervoll geschrieben...mir stehn hier die tränen in den augen ;___; noch dazu hör ich die piano version von miseien..also eigentlich kei wunder..aba egal xD'' ich muss sagen...ich liebe deinen schreibstil..und iwie beeindruckt mich diese wortwahl..alles immer wieder auf neue. und iwie spricht mir aoi ständig aus der seele..die art wie er denkt..die ahndlung..seine gefühle..oh man...ich glaub so sehr hat mich ne fanfic lange nich berührt... ;___; große klasse, ich freu mich, dass du sie nicht aufgegeben hast und hoffe das ändert sich auch zukünftig nicht ;__; <~~*muss immernoch weinen*
ganz ganz liebe grüße und noch ein schönes weihanchtsfest!!!
maguri


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